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Hüttenwerk-Macher frustriert: "Die Kleinen beißen die Hunde"
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Der Michelstädter Hüttenwerk-Macher Achim Tischler und seine Frau sind durch die aktuelle Corona-Lage gezwungen, ihre Eventlocation geschlossen zu halten. Das frustriert beide. Von Thomas Wilken
Achim und Michi Tischler hadern mit den verschärften Bedingungen. (Foto: Thomas Wilken)
MICHELSTADT - Für Achim Tischler ist es wie eine Szene aus dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“, in dem Bill Murray ein und denselben Tag immer wieder aufs Neue durchlebt. Die aktuellen Corona-Beschränkungen zwingen ihn und seine Frau Michi nach dem vergangenen Winterhalbjahr 2020/21 wieder dazu, die Eventlocation Hüttenwerk geschlossen zu lassen. „Es geht weiter mit den staatlichen Hilfen“, sagt Tischler
frustriert. Die werden übers Steuerbüro beantragt und funktionierten bisher perfekt. Das ist die rein wirtschaftliche
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Betrachtung. Die Psyche steht auf einem anderen Blatt. „Wir bekommen das Leben genommen“, spricht er Künstlern und Veranstaltungsmachern aus der Seele. „Das ist, wie wenn man einem Fußballer verbietet, Fußball zu spielen.“
„Dafür muss ich erst gar nicht die Heizung anmachen“ Theoretisch könnten die Tischlers das Hüttenwerk offenlassen, denn es wird mit einer Gastronomielizenz betrieben. Praktisch lohnt sich das aber nicht, weil sie nur wenig mehr als 20 Gäste reinlassen dürfen. „Dafür muss ich erst gar nicht die Heizung anmachen“, meint Achim Tischler sarkastisch. Und: Die Besucher müssten erst einmal kommen, was sich die meisten aktuell sowieso nicht trauen.
Ein Bild aus besseren Zeiten: Wohnzimmer-Konzert im Hüttenwerk mit den „Swinging Angels“ . (Foto: Thomas Wilken)
Die Entwicklung war bereits im Herbst zu spüren. Da liefen nach dem Sommer im Hüttenwerk gerade wieder erfolgreich die Wohnzimmer-Konzerte weiter. Nach den ersten „Schreckensnachrichten“, als die Fallzahlen wieder in die Höhe gingen, brachen die Gästezahlen ein. „Von einer Woche auf die
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nächste“, so der Veranstaltungsmacher. Kurzerhand wurden die noch ausgemachten Events gecancelt, „weil keine Leute mehr kamen“. Dieses Phänomen kennt Tischler auch von der Michelstädter Innenstadt-Gastro. Wo sonst während des Weihnachtsmarkts immer alles ausgebucht war, gab es dieses Mal noch freie Plätze. Wenn das Ergebnis von 2019 zu 50 Prozent erreicht wird, wäre das noch gut, weiß er. Geplant wird von ihm derzeit nichts, zu unsicher ist die Lage. Er will nicht laufend Termine bekannt geben und dann wieder verschieben müssen.
„Wenn sich was ändert, geht es wieder los“ Auf der anderen Seite steht das Team aber in den Startlöchern. „Wenn sich was ändert, geht es wieder los“, verspricht er. Allerdings ist seine Hoffnung darauf, dass sich bald was tut, klein. „Bis zum Ende der Hilfen im März wird das wohl nichts“, befürchtet der Hüttenwerk-Macher. Aktuell ist in der Branche „komplett tote Hose“. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als alles auf sich zukommen zu lassen. Veranstaltungen sind sein Leben. Den Verleih von Veranstaltungstechnik betreibt Tischler seit 1989, 2023 jährt sich zum 20. Mal die Übernahme des Hüttenwerks und der Betrieb als Eventlocation mit seiner Frau Michaela. Da tut es einfach nur weh, zur Untätigkeit verdammt zu sein. Nach der Veranstaltungsreihe „Spielplatz der Kulturen“ in Michelstadt „gab es vielleicht noch drei oder vier Jobs“, bedauert er. Der letzte war ein Weihnachtsgottesdienst auf dem Steinbacher Sportplatz, als Michi Tischler sang und ihr Mann sich um den Ton kümmerte. „Es ist genauso ungerecht wie am Anfang der Pandemie“, blickt Achim Tischler frustriert zurück. Für den Besuch der Supermärkte „gelten keine Regeln außer Masken“, beobachtete er reges Treiben kurz vor Weihnachten. Anderswo dagegen erschweren immer https://www.echo-online.de/lokales/odenwaldkreis/michelstadt/huttenwerk-macher-frustriert-die-kleinen-beissen-die-hunde_25068780
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schärfere Auflagen den Weiterbetrieb oder machen ihn so gut wie unmöglich. „Die Kleinen beißen die Hunde“, nimmt er von den ganzen Verordnungen mit.
„Wir können froh sein, dass es uns noch gibt“ Zusammen mit Sohn Nico kümmert sich Achim Tischler derzeit ums Lager. „Da kann man nicht davon leben, aber es ist ordentlicher“, scherzt er. Irgendwann ist aber auch genug aufgeräumt. Schon 2020 war das Team nur noch zu dritt, jetzt zu zweit. Sein Glück ist es, dass die 450-Euro-Kräfte bei Veranstaltungen den Job nur als Hobby machen, nicht aufs Geld angewiesen sind und dem Hüttenwerk deshalb erhalten bleiben. Er rechnet jedoch damit, dass in der Veranstaltungsbranche die Preise hochgehen werden, weil es nach der Pandemie Personalmangel gibt. Denn gerade die Altgedienten haben sich krisensichere Jobs „mit festen Zeiten gesucht“. Je länger die Schließungen dauern, desto prekärer wird es. „Wir können froh sein, dass es uns noch gibt“, meint Tischler. Denn es gab zum Glück keine Leasingverbindlichkeiten. Gerade Betreiber von Pachtobjekten haben es sehr schwer, weiß er, noch mehr, wenn der Verpächter auch auf sein Geld angewiesen ist. Deshalb befürchtet der Hüttenwerk-Mann, dass noch einige Schließungen kommen werden. Ganz davon abgesehen, dass sich keine Pächter mehr für Gastronomie-Objekte finden.
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