Deutschlandfunk – Hintergrund 26.03.2015 18:40 Uhr URL dieser Seite: http://www.deutschlandfunk.de/germanwingsunglueckdiemedienundderabsturz.724.de.html? dram:article_id=315423
GERMANWINGSUNGLÜCK
Die Medien und der Absturz Von Bettina Schmieding Auch Medien vermeintlich höherer Qualität bekleckern sich in diesen Tagen nicht mit Ruhm. (picture alliance / dpa / Marc Müller)
Das Haus des CoPiloten wurde im Fernsehen gezeigt, sein voller Name in verschiedenen Medien veröffentlicht. Hinzukommen die mehr als voreiligen Spekulationen ganz zu schweigen von Formulierungen in äußerst schlechtem Stil. Festzuhalten bleibt: Abgestürzt ist nicht nur ein Flugzeug mit 150 Menschen an Bord, sondern leider auch der Journalismus. Wenn sich ein Fernsehsender wie N24 bei Twitter derartig in den Staub wirft, muss er schon einiges ausgefressen haben: "Es tut uns leid, dass wir das Haus des GermanwingsCoPiloten im TV gezeigt haben. Wir werden in Zukunft auf diese Bilder verzichten." Doch auch Medien vermeintlich höherer Qualität bekleckern sich in diesen Tagen nicht mit Ruhm. So titelt die Wochenzeitung "Die Zeit" heute. "Absturz eines Mythos – Wenn eines sicher war, dann die Lufthansa. Das furchtbare Unglück der Germanwings rührt am Selbstverständnis des Konzerns – und der Nation." "Ob dieser verunglückte Titel wohl auch am Selbstverständnis der Zeitung rührt", fragte der Medienjournalist Stefan Niggemeier heute Mittag. Da hatte die stellvertretende Chefredakteurin der Zeit bei Twitter schon zugegeben, dass der Titel wohl irgendwie daneben war. Und noch darauf bestanden, dass die Ursache der Katastrophe ja schließlich auch noch ungeklärt sei. Dies zu einem Zeitpunkt, als der französische Staatsanwalt in einer Pressekonferenz den CoPiloten bereits für den Absturz verantwortlich gemacht hatte im Original unter Nennung von dessen vollständigem Namen. Eine Gelegenheit, die sich internationale aber auch deutsche Medien nicht entgehen ließen. Und nicht nur den Namen mehr oder weniger verhohlen wiederkäuten, sondern auch gleich sein Haus im Westerwald zeigten – siehe oben. Kollege Niggemeier beobachtete derweil weiter die "AmokJournalisten von der Bild bei der Arbeit". Deren journalistisches Bemühen mündete heute Nachmittag in dieser an Schlichtheit kaum zu überbietenden Bild.de Schlagzeile: "Der Amok Pilot von Germanwings. Er unterbrach die Pilotenausbildung für mehrere Monate" Und weil es in diesen reflexhaften Zeiten eigentlich nicht anders zu erwarten war, haben die Kollegen auch gleich ein Video dazugestellt. Zu sehen und zu hören ist der unvermeidliche Nachbar/Bekannte/Mitläufer. Auf jeden Fall ein Mann mit Augenklappe, der in einem fragwürdigen Bekanntschaftsverhältnis zum CoPiloten steht.
"75 Euro für ein Interview"