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Unterwegs mit

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«Schöne Kurven von damals und Technologie von heute»

Die französische Firma Retrofuture Electric Vehicles will auch in der Schweiz Oldtimer elektrifizieren. Das auf dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft basierende Verfahren zielt darauf ab, den Motor eines Verbrennerfahrzeugs durch einen elektrischen Antrieb zu ersetzen.

TEXT ALINE BEAUD

Ich liebe Oldtimer, doch sie sind sehr launisch», erklärt Arnaud Pigounides, Gründer und Direktor von

Retrofuture Electric Vehicles.

Während im Jahr 2015 «sein alter Engländer» ständig eine

Panne hatte, funktionierte sein Elektrofahrzeug einwandfrei … aber es bereitete kein Vergnügen. «Ich wollte das Beste aus beiden Welten miteinander verbinden», erinnert sich Arnaud Pigounides, der damals in Kalifornien lebte. Da war Retrofit bereits stark verbreitet, und der Unternehmer nahm als

Kunde einen ersten Umbau an einem Porsche vor. Danach erfreute er sich an seiner schönen, mit moderner und leistungsfähiger Technologie verbesserten Retrokarosserie. «Mit einer Reichweite von 200 Kilometern konnte ich meinen Porsche 914 von 1973 täglich nutzen, es hatte nur Vorteile», fügt Arnaud Pigounides an.

Retrofit legalisieren

Als er vor fünf Jahren nach Frankreich zurückkehrt, ist das Konzept Retrofit nicht nur unbekannt, sondern auch verboten. Also gründet er den Verband AIRe (Acteurs de l’Industrie du Rétrofit électrique), um die Reglementierung voranzutreiben und Retrofit in Frankreich zu legalisieren. Seit April 2020 ist es nun soweit, und die Serienzulassung ist genehmigt. Auch die Begegnung mit Marc Tison, einem früheren Kadermitarbeiter der PSAGruppe, ermöglichte die Gründung von Retrofuture. Ohne Zeit zu verlieren, erschliesst das Unternehmen unter der Führung der beiden Schweizer CoDirektoren Julien Payan und Bertrand Brême einen zweiten Markt in der Schweiz. «Als Autofan war ich sofort vom Konzept überzeugt», erklärt Julien Payan. «Retrofit vereint die schönen Kurven von damals mit der Technologie von heute.» Strategisch möchte der Schweizer Co Direktor die französischen Erfahrungen nutzen und mit den Schweizer Bundes und Kantonsbehörden ins Gespräch kommen, um Retro fit im Alltag zu verankern und die Zulassungskosten zu senken. «In der Schweiz ist nur die Typenzulassung gestattet», erläutert er. Und diese kostet mit 16 000 Franken nicht gerade wenig, dazu kommen die Kosten für das Retrofit. «Die Kosten für die Zulassung bleiben ein Hemmschuh», bedauert Julien Payan, der fest entschlos sen ist, die Dinge zu ändern. Gleichzeitig ist im ersten

Ein Porsche 912 als Elektroversion

Das Team von Retrofuture präsentiert einen umgerüsteten Porsche 911 Turbo

Retrofuture baut auch Porsche 914 um

Halbjahr 2021 eine Schweizer Tournee mit fünf Fahrzeugen zum Ausprobieren geplant. Aufgrund des Corona virus sind die Daten aber noch nicht bekannt.

Interesse steigt

In Frankreich verfügt das Konzept bereits über ein gut etabliertes Ökosystem und interessiert auch die Autohersteller – etwa Renault. Retrofuture spricht von einem dynamischen Markt. «Wir haben rund 8000 Unique Visites auf unserer Website und bereits 150 Vorbestellungen in Frankreich», verrät Arnaud Pigounides, der mit einem potenziellen Markt von 120 000 Fahrzeugen in fünf bis zehn Jahren rechnet. Auch in der Schweiz, wo es bereits vor Ankunft von Retrofuture drei Unternehmen gab, die Ähnliches anbieten, scheinen die Kunden von der Idee begeistert: Rund 200 Offertanfragen und acht Vorbestellungen liegen vor. Die Auslieferung der Fahrzeuge in die Schweiz ist im März 2022 vorgesehen. Retrofuture hat vor, seine Dienstleistungen auf ganz Europa auszuweiten. Aktuell baut das Unternehmen rund zwanzig Modelle um. Zu den Bestsellern gehören Fiat 500, Porsche, Austin und MG B. «Es gibt kein neueres Elektrocabrio, aber dank Retrofit kann man mit Freude in einem vierzigjährigen Fahrzeug unter freiem Himmel fahren, ohne Lärm und Umweltverschmutzung», argumentiert Arnaud Pigounides.

Sinkende Emissionen

Preislich ist der Umbau eines Fiat 500 ab 17 000 Franken möglich (Zulassungskosten ausgenommen). Das Fahrzeug wird dabei mit einem Motor ab einer Leistung von fünfzehn Kilowatt und einer Batterie ab fünfzehn Kilowattstunden ausgestattet. Die Reichweite betrage schätzungsweise rund 180 Kilometer. «Der Umbau kostet nicht mehr als halb so viel zeug, und berge so enormes Potenzial.

Elektrischer Jaguar

Auch die Herzogin und der Herzog von Sussex sind Retrofitfans

wie ein neues Elektroauto», führt Arnaud Pigounides aus. Als weitere Vorteile ermögliche Retrofit die Senkung des CO2-Ausstosses des bestehenden Autobestandes und reduziere den Industrieabfall, da die alten Fahrzeuge umgebaut und nicht vernichtet werden. In einer Zeit, in der einige Stadtzentren Fahrzeuge ausschliessen, bietet sich Retrofit als ökologische Lösung an. Zudem könne die Elektrifizierung auch bei allen möglichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor durchgeführt werden, vom Zweirad bis zum Nutzfahr-

Der Citroën DS ist Teil des RetrofutureKatalogs …

… wie auch der Peugeot 504.

Insgesamt sind rund zwanzig Modelle darin verzeichnet Kein Gebastel

Trotz der Vorteile von Retrofit bleibt die Umrüstung auf Elektrizität die Angelegenheit eines kleinen Kreises qualifizierter Fachleute und folgt genauen Reglementierungen. Daher möchte Retrofuture mit der Zeit ein Netzwerk anerkannter Partner- garagen für die Umrüstung der Fahrzeuge aufbauen. Sobald das Batteriesystem eingesetzt ist, dauert das Retrofit eines Autos zwischen zwei Tagen und einer Woche. •

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