Top Magazin Ruhr Frühling 2018

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VON ESSEN NACH NIJMEGEN: GRÜNER GEHTS 2018 NICHT Text: Markus Pließnig

Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (2. v. l.) schlägt gemeinsam mit Vertretern der EU, der niederländischen Regierung und von Nijmegen eine neue Seite im Buch der Grünen Hauptstädte auf

Das grüne Herz Europas schlägt 2018 eindeutig in den Niederlanden. Denn die Stadt Nijmegen ist seit Januar offizielle Grüne Hauptstadt Europas. Diese Auszeichnung der Europäischen Kommission geht jedes Jahr an eine andere europäische Stadt, die nachweislich hohe Umweltstandards erreicht hat und fortlaufend ehrgeizige Ziele für die weitere Verbesserung des Umweltschutzes verfolgt. Nijmegen tritt die Nachfolge der Stadt Essen an. Das ganze Jahr 2017 spielte sich das grüne Europa mitten im Ruhrgebiet ab: 453 Projekte – davon 187 Eigenprojekte, 56 Tagungen und Konferenzen und 210 Bürgerprojekte – wurden realisiert. Rund 200.000 Besucherinnen und Besucher kamen zu den Veranstaltungen. Die Grüne Hauptstadt Europas – Essen 2017 war ein nachhaltiger Motor für die zukünftige Entwicklung der Stadt und der gesamten Region. „Es ist uns gelungen, Essen als pulsierende, zukunftsfähige und moderne Grüne Hauptstadt Europas zu präsentieren, auf die die Bürgerinnen und Bürger zu Recht stolz sein können“, bilanzierte denn auch Thomas Kufen, Oberbürgermeister von Essen, im Rahmen der Abschluss-Pressekonferenz im Rathaus.

Am 19. Januar 2018 war es dann soweit für Nijmegen: Kufen übergab den Titel an seinen niederländischen Amtskollegen Hubert Bruls. Die stimmungsvolle Zeremonie fand in der mittelalterlichen Stevenskerk der City von Nijmegen statt. In die Gästeliste reihten sich der zuständige EU-Umwelt-Kommissar Karmenu Vella, Raymond Johansen aus Oslo als Bürgermeister der zukünftigen Grünen Hauptstadt Europas 2019 sowie Vertreter der niederländischen Regierung ein. Vella begleitete 2017 das Hauptstadt-Jahr in Essen und fand noch einmal lobende Worte für den scheidenden Titelträger: „Der Erfolg europäischer Umweltpolitik hängt stark von Städten und Regionen ab. Das Beispiel Essen zeigt, wie sich unsere Lebensqualität verbessert, wenn Städte unsere Ziele durch kreative Ideen ergänzen.“ Gemeinsam eröffneten die beiden Oberbürgermeister dann ein neues Kapitel der Grünen Hauptstädte Europas – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn alle Gewinnerstädte erhalten eine eigene Seite in einem überdimensionalen Buch der EU-Kommission. Thomas Kufen schlug die als Pop-up-Silhouette gestaltete Nijmegen-Seite für seinen Amtskollegen Hu-

bert Bruls auf. Schöne Idee am Rande: Im Rahmen der Zeremonie übergab der Essener Oberbürgermeister noch ein besonderes Geschenk. Es handelte sich um die sogenannte „Plastik aus Plastik“ in Gestalt einer Emschergroppe. Diese Groppe ist ein Umwelt-Überlebenskünstler, ein kleiner Fisch, der trotz der früheren immensen Verschmutzung der Emscher über die Jahre in einigen Zuflussbächen überlebt hat. Kufen schenkte der Stadt Nijmegen ein von Künstlern aus gebrauchten Plastiktüten geschaffenes Abbild dieser Emschergroppe und sagte: „Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und ein Jahr mit besonderen Einblicken, neuen Erfahrungen und interessanten Gesprächen und Begegnungen. Ihre Ideen und Projekte finden 2018 europaweit Aufmerksamkeit. Nun können Sie als Grüne Hauptstadt Europas Vorbild sein. Sie können zeigen, wo Sie heute stehen und wo Sie noch hinwollen.“ Grüner geht´s nicht (Zo Groen Kan Het Zijn) lautet sinngemäß nun das Motto in Nijmegen. Aber stimmt das wirklich? Was macht die Stadt an der Waal so grün und nachhaltig, dass sie in einer Reihe mit der Ruhrgebietsmetropole sowie mit Stockholm, Bristol, Nantes oder Kopenhagen als frühere Titelträger steht? Zunächst ist Nijmegen eine sogar für niederländische Verhältnisse beeindruckende Fahrradhochburg – die Stadt hat echte „Pedal-Power“. In den Jahren 2016 und 2017 durfte sie sich Cycling City of the Netherlands nennen. 250.000 Drahtesel fahren durch Nijmegen, es gibt 5.800 bewachte Fahrradparkplätze und rund 65 % aller Fahrten in die Innenstadt oder zur Universität werden mit dem Rad unternommen. Und sind die Bürgerinnen und Bürger mal nicht strampelnd unterwegs, gelangen sie bequem zu Fuß ins Grüne. Denn der Weg zum nächsten Grün soll in der Stadt nie länger als 300 Meter sein. Der Hauptgrund für den Gewinn der Grünen Hauptstadt Europas liegt aber wohl in einem der größten Bauvorhaben der vergangenen Jahre in den Niederlanden. Hinter dem eher niedlich klingenden Ruimte voor de Waal verbirgt sich ein echtes Megaprojekt. Die Waal, ein wasserreicher Mündungsfluss des Rheins in die Nordsee, fließt durch Nijmegen und sorgte regelmäßig für massive Überschwemmungen. So mussten beispielsweise in den Jahren 1993 und 1995 wegen Hochwasser knapp 250.000 Menschen aus der Stadt und dem

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