Saison 03/10

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P.b.b. | VERLAGSORT: 6020 INNSBRUCK | 10Z038387M

TOURISMUSMAGA ZIN | AUSGABE 03/10 | SOMMER 2010

AN MORGEN DENKEN Nachhaltigkeit als Zukunftsperspektive


MAX WEILER (1910-2001)

DIE GROSSEN WERKE

Fresken · Mosaike · Gemälde – Vom Entwurf zur Ausführung Bis 31. Oktober 2010, Di-So 10-18 Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Museumstr. 15, 6020 Innsbruck www.tiroler-landesmuseen.at


3 StiCHWort saison

, die NACHHALTIGKEIT tigkeitsdefini-

„Die Gemeinsamkeit aller Nachhal bzw. bestimmtionen ist der Erhalt eines Systems , sei es die Proter Charakteristika eines Systems ems oder des Syst duktionskapazität des sozialen ems. Es soll Syst chen ogis lebenserhaltenden ökol Wohl der zum en werd ahrt bew s also immer etwa zukünftigen Generationen.“ it?“, 1999 Bernd Klauer: „Was ist nachhaltigke hunderten an„Das in der Forstwirtschaft seit Jahr ist unter dem it tigke hhal Nac der ip Prinz e gewandt schaftens zu Wirt Aspekt der Ökonomik als Art des rfnisse beBedü e eitig derz bezeichnen, bei welcher onen die erati Gen en nftig zukü e ohn friedigt werden, Deveble (Sustaina Lebensgrundlagen zu entziehen orien g fristi lang h lopment). Kennzeichnung durc hgegleic Fließ ein um , deln tiertes Denken und Han zu erreichen.“ wicht der natürlichen Ressourcen n xiko ftsle scha Wirt Gabler

Glücklicher sieger Der Happy Planet index, der die Lebenszufriedenheit der Bürger eines Landes mit ihrem ökologischen Fußabdruck kombiniert, reiht COSTA RICA auf Platz 1.

„Der Touristiker ist ja nicht dumm, der wird sich diesen Rahmenbedingungen stellen, denn schließlich will er ja Gewinn machen und das steht ihm auch zu. Deshalb halte ich recht wenig von Appellen, sondern viel mehr von klaren Bedingungen, mit denen sich jeder Wirtschaftsteilnehmer ausrechnen kann, wie er am besten abschneidet.“ Für FRANZ FISCHLER ist in sachen nachhaltigkeit zuerst die Politik gefordert.

sozialer aspekt

im schweizerischen ANDERMATT soll ein ganzes nachhaltiges Feriendorf entstehen. Mit 500 Wohnungen, 25 Villen und einem 18-Loch-Golfplatz. Wie das gehen soll? Zwei Drittel der 1,46 Quadratkilometer Gesamtfläche werden erst gar nicht angetastet (=ausgleichsflächen).

nachhaltigkeit beschränkt sich nicht auf Ökologie. auch der soziale aspekt spielt eine entscheidende Rolle. Etwa der Umgang eines Unternehmers mit seinen Mitarbeitern. „Wir kümmern uns 365 Tage im Jahr um das Wohlbefinden unserer Mitarbeiter. Der Gast geht im Gegensatz dazu ein paar Tage oder Wochen ein und aus. Das ist eine andere Relation“, sagt KARL C. REITER, Eigentümer des Posthotels in achenkirch.

Klimarechner

1,6 Tonnen CO₂ PKW-Jahresfahrleistung von 10.000 km

0,6 Tonnen CO₂ Hin- und Rückflug innsbruck–London

1,2 Tonnen CO₂ 1 Woche strandurlaub auf Mallorca

© anDERMaTT sWiss aLPs aG

Megaprojekt

Die LoHas

Baumkiller

soziologen lieben die Beschreibung von Lebensstilen. LoHas ist ein akronym für LIFESTYLE OF HEALTH AND SUSTAINABILITY (Lebensstil für Gesundheit und nachhaltigkeit) und beschreibt einen Konsumententyp, der durch sein Konsumverhalten die Welt beeinflussen will. Er zeichnet sich häufig durch ein überdurchschnittliches Einkommen aus, interessiert sich im touristischen Bereich etwa für naturund outdoorurlaube.

Der richtige Umgang mit den Ressourcen ist keine Herausforderung der Moderne. schätzungen zufolge haben DIE UREINWOHNER DER OSTERINSEL mehr als zehn Millionen Palmen gefällt, um ihren Holzbedarf zu befriedigen. als die ersten Europäer auf die insel kamen, war sie bereits komplett baumlos, was auf Grund der Bodenerosion massive auswirkungen auf das Leben der Menschen hatte.


4 EDiToRiaL

Das richtige Maß

S

chön ist es, weise Maß zu halten“, formulierte einst schon sophokles. angesichts globaler wirtschaftlicher Verwerfungen mit unerlässlichen Folgen für staaten und Gesellschaften – wie etwa volatile Märkte, rigide sparprogramme und sinkende Haushaltseinkommen – liegen altbekannte Gedanken zu den Grenzen von Wachstum wieder im Trend. Tatsächlich kann man über die Maßlosigkeit unserer Zeit, die nicht zuletzt die grenzenlose wirtschaftliche Gier und schlussendlich auch den Kollaps der Märkte sowie ganzer staaten provozierte, in unterschiedlichsten Kategorien nachdenken. Mediziner, Ethiker, Gesellschaftstheoretiker haben in ihren Disziplinen die negativen Folgen von „zu viel“ längst beschrieben – nun aber dreht sich auch der Zeitgeist in der Betrachtung maßloser Wirtschaftssysteme. Wurde in oliver stones „Wall street“ der junge Gordon Gekko als skrupelloser Finanzhai noch als Held stilisiert, so stellt der starregisseur in der heuer präsentierten Fortsetzung Werte wie Loyalität und familiären Zusammenhalt in der Vordergrund.

© TiRoL WERBUnG/PETER UMFaHRER

Realistische Ziele. nach den aktuellen auswüchsen scheinen sich ganze Gesellschaften wieder mehr und mehr nach Balance zu sehnen – nach einem richtigen Maß in allen Bereichen. Für die Tourismuswirtschaft bedeutet das: Realistische Ziele fokussieren, rascher erfolgreiche Entwicklungen vor dem Hintergrund gegenwärtiger Trends analysieren und die Frage stellen: in welchen Grenzen bewegen wir uns? Dabei in den Chor eindimensionaler Wachstumsverweigerer einzustimmen, wäre falsch. Erfolg einzig und allein an quantitativen Messgrößen festzumachen, allerdings ebenso. Tirol hat sich in vielen Jahrzehnten als erfolgreichstes alpines Tourismusland positioniert, die Fakten sprechen eine eindeutige sprache: Über 43 Millionen nächtigungen bei rund 300.000 Betten werden gezählt, statistisch betrachtet betritt alle paar sekunden ein Gast Tirol und nachweislich verlässt auch der überwiegende Teil der Urlauber unser Land hochzufrieden. Diese Zahlen ins Unermessliche steigern zu wollen, wäre der denkbar fal-

sche ansatz und zielte wohl auch eindeutig an aktuellen Rahmenbedingungen vorbei. Wachstum hingegen künftig noch viel stärker als bisher an qualitativen Parametern wie langfristiger stabilität, Wertschöpfung und Harmonie mit unseren regionalen Wurzeln zu orientieren – das ist unser Tiroler Weg, den auch unsere Gäste goutieren. sie suchen in unserem Land das Unverwechselbare in natur und Kultur gepaart mit der einzigartigen Qualität in der von Gastfreundschaft geprägten familiären Dienstleistung – sie suchen sehnsuchtsbilder wie die einst von Ludwig steub beschriebenen „schön gekämmten Bergwiesen“. Der Genuss regionaler Produkte, unserer naturlandschaft zählt hier eindeutig an vorderster stelle dazu. Gerade auch deshalb blickt der Tourismus sorgenvoll auf die Tiroler Landwirtschaft, die nicht zuletzt auch aufgrund verfallender Milchpreise zunehmend wirtschaftlich unter Druck gerät. so wollen wir dort, wo die Partnerschaft im richtigen Maß sinnvoll weiter zusammenwachsen kann, auch noch viel enger zusammenrücken. Weil wir damit unsere identität und unsere anziehungskraft in der Welt weiter stärken. Egal ob wir die almkäserei wieder beleben oder aktuell 150 Tourismusbetriebe rund um die initiative „Bewusst Tirol“ zusammenrücken – wenn wir unsere Wurzeln neu beleben, kurbeln wir auch nachhaltiges, qualitativ geprägtes Wachstum an.

Am Ende stimmt nichts mehr.

Welche Fallen rein quantitatives Wachstum haben kann, erlebt übrigens gegenwärtig so manches Kreuzfahrtunternehmen. Vom Erfolg getrieben wurden immer neue Luxusschiffe geordert – Kapazitäten, die gefüllt werden wollen. angesichts ausbleibender Gäste in der Wirtschaftskrise müssen auslastungen nun vermehrt über Diskont-Preise erkauft werden. am Ende dieses Weges stimmt nichts mehr: nicht der Gästemix, nicht die Marke, nicht das Urlaubsversprechen, nicht der Preis. Zurück bleiben wirtschaftlich angeschlagene Unternehmer, die über das „Zuviel“ an Kapazitäten stolpern, und Gäste, die deshalb „zu wenig“ an Urlaubsfreude erleben. Eben deshalb ist das richtige Maß essenziell – auch und gerade am Tiroler Weg! ×

JosEF M aRG REiTER , DiREK ToR TiRoL WERBUnG


5 Editorial saison

Mediziner, Ethiker, Gesellschaftstheoretiker haben in ihren Disziplinen die negativen Folgen von „zu viel“ längst beschrieben – nun aber dreht sich auch der Zeitgeist in der Betrachtung maßloser Wirtschaftssysteme.

Nach den aktuellen Auswüchsen scheinen sich ganze Gesellschaften wieder mehr und mehr nach Balance zu sehnen – nach einem richtigen Maß in allen Bereichen. Für die Tourismuswirtschaft bedeutet das: Realistische Ziele fokussieren, rascher erfolgreiche Entwicklungen vor dem Hintergrund gegenwärtiger Trends analysieren und die Frage stellen: In welchen Grenzen bewegen wir uns?

Wachstum hingegen künftig noch viel stärker als bisher an qualitativen Parametern wie langfristiger Stabilität, Wertschöpfung und Harmonie mit unseren regionalen Wurzeln zu orientieren – das ist unser Tiroler Weg, den auch unsere Gäste goutieren.


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7 INHALT SAISON

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PROJEKT O3

ALLEINSTELLUNGSMERKMAL TOURISMUS

© NHT, TIROL WERBUNG / FREUNDENTHALER, FOTO MARIO, RATHMAYR (2)

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„UNSERE GENERATION HAT EINIGES VERSÄUMT“

„FÜHL MICH IN DEN BERGEN SAUWOHL“

LEBEN IM DENKMAL

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DER ÖKOBOOM

THEMA: NACHHALTIGKEIT „Unsere Generation hat einiges versäumt“ Franz Fischler im Interview zur Bedeutung von Nachhaltigkeit

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Nachhaltig in der Praxis Nachhaltigkeit eröffnet dem Tiroler Tourismus neue Perspektiven.

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Projekt O3 Das neue Olympische Dorf in Innsbruck – ein Großprojekt, das sich an Nachhaltigkeitskriterien orientiert

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Die Impulsgeber Tiroler Tourismusforum: Die Preisträger des Tirol Touristica

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„Nicht nur den Niedergang sehen“ Gerlind Weber, Professorin an der Universität für Bodenkultur Wien, im Interview

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Qualitatives Wachstum Infografik: Weniger Betten, aber mehr Nächtigungen

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Der Ökoboom Was bedeutet nachhaltiges Verhalten von Konsumenten für den Tourismus?

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Blick über den Tellerrand Überall auf der Welt entstehen nachhaltige Tourismusprojekte. Beispiele aus benachbarten Ländern

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Ein Leben fürs Hotel Seit sechs Generationen führt die Hotelier-Familie Seyrling das Fünf-Sterne-Haus Klosterbräu.

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Abgestempelt Ökosiegel: Ein Überblick über CO₂-Abdruck, Ökobilanz & Co.

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Servus Christl Die ehemalige „Servus“-Herausgeberin Christl Horn im Interview

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Adieu Litfaßsäule Neue Lösung für Besucher-Infos

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Leben im Denkmal Ein Stück Hotelgeschichte erzählt das Hotel Berghof in Seefeld.

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Alter Stoff – neues Kleid Schriftsteller Alois Schöpf im Interview

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Verspielte Tiroler Tirol ist ein Land der Schauspieler, was anhand der Aufführungen im Sommer besonders deutlich wird.

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Kommentare

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Nachgefragt

MAGAZIN 40

Alleinstellungsmerkmal Tourismus Tirols Tourismus als „Fels in der Brandung der Wirtschaftskrise“

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„Fühl mich in den Bergen sauwohl“ Schauspieler Daniel Brühl macht Werbung für Wandern in Tirol

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Fast alles auf Schiene Land Tirol und ÖBB forcieren das Radwandern.

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Gruppendynamik Reisegruppen eilt ein wenig schmeichelhafter Ruf voraus. Zu Unrecht.

IMPRESSUM SAISON – Tourismusmagazin, Nr. 3/2010 (62. Jahrgang)

SAISON-Abohotline: 0512/58 6020

HERAUSGEBER: Tirol Werbung, Maria-Theresien-Straße 55, 6020 Innsbruck • MEDIENINHABER UND VERLEGER: target group publishing GmbH – Zielgruppen Verlag, Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck • CHEFREDAKTEUR: Matthias Krapf • REDAKTION: Steffen Arora, Stefan Becker, Sarah Boyks, Dipl.Kulturw. Univ. Julia Brugger, Florian Gasser, Mag. Nina Heizer, Esther Pirchner, Dr. Michael Riedler, Mag. Barbara Wohlsein • AUTOREN: Ernst Molden, Alois Schöpf • FOTOGRAFEN: Gerhard Berger, Michael Rathmayr • ILLUSTRATIONEN: Philipp Frenzel PRODUKTION: NERO WerbeGmbH, www.nerografik.net • LAYOUT: Philipp Frenzel • ANZEIGENVERKAUF: Thomas Pilgram, t.pilgram@zielgruppenverlag.at • ANSCHRIFT VERLAG/PRODUKTION: Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck, Tel. 0512/58 6020, Fax DW -20, redaktion@zielgruppenverlag.at • GESCHÄFTSFÜHRUNG VERLAG: Mag. Andreas Eisendle, Michael Steinlechner • DRUCK: Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten


8 nachhaltigkeit

Š michael rathmayr

saison


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„Unsere Generation hat einiges versäumt“ Was bedeutet Nachhaltigkeit für die Gesellschaft und den Tourismus und wie können wir uns dem Ideal annähern – der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler im Interview. D a s I n t e r v i e w f ü h r t e F lo r i a n G a s s e r .

S

AISON: Herr Fischler, der Begriff Nachhaltigkeit ist allgegenwärtig, aber woher kommt er eigentlich? Franz Fischler: Das Wort Nachhaltigkeit hat im Laufe der Zeit einen gewissen Wandel durchgemacht. Ursprünglich stammt es aus der Forstwirtschaft und war recht einfach definiert. Nachhaltigkeit hieß: Man kann aus einem Wald nur so viel Holz herausnehmen wie nachwächst, wenn der Holzbestand in Summe derselbe bleiben soll. Das war die erste Verwendung von Nachhaltigkeit. Bekannt geworden ist der Begriff dann 1987 durch den so genannten Brundtland-Report. Gro Harlem Brundtland, eine frühere norwegische Ministerpräsidentin, leitete im Rahmen der UNO die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. In dem Report wird Nachhaltigkeit als Gleichgewicht zwischen Ökologie, Ökonomie und sozialer Verantwortung definiert. Naturressourcen sollen also nur in einem Ausmaß genutzt werden, dass man damit nicht die Chancen für die künftigen Generationen zerstört. Heutzutage wird Nachhaltigkeit oft übersetzt mit Zukunftsfähigkeit. Nachhaltig ist ein System, etwa ein Wirtschaftssystem, dann, wenn es zukunftsfähig ist. Nachhaltigkeit ist inzwischen fast ein Modewort. Ja, das ist leider ein Problem geworden. Für alles und jedes wird dieses Wort eingesetzt, zum Teil auch falsch. Aber es ist nach wie vor die beste Ausdrucksweise für ein gutes System, mit dem man auch in der Zukunft reüssieren kann. Nehmen wir einmal an, wir würden in einer nachhaltigen Welt leben. Wäre un-

sere heutige Lebensqualität beeinträchtigt? Das ist eine große Frage. Die hängt aber auch damit zusammen, dass man zwischen Wohlstand und Lebensqualität unterscheiden muss. In Wirklichkeit ist es so: Unser bisheriger Wohlstand ist sehr stark auf Wirtschaftswachstum aufgebaut. Nur wenn die Wirtschaft wächst, so sagt man, ist der Wohlstand gesichert. Aber gleichzeitig ist dieses Wirtschaftswachstum sehr stark an den Verbrauch von Ressourcen gebunden. Und nachdem die Ressourcen nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, gibt es zunehmend Probleme. Erstens: Je höher entwickelt eine Wirtschaft ist, desto schwieriger wird es, Wachstum zu erzeugen. Eine Wirtschaft wie China tut sich da natürlich leichter und ein Entwicklungsland erst recht. Aber in einer hoch entwickelten Wirtschaft wie unserer noch zuzulegen, wird immer schwieriger. In den 1960erund 1970er-Jahren war es auch in Österreich überhaupt kein Problem, jährlich fünf Prozent Wirtschaftswachstum zu haben. Wenn wir heute zwei Prozent hätten, würden wir schon glauben, wir wären ungeheuer gut. Das andere Problem ist: Wirtschaftswachstum und damit mehr Wohlstand bedeutet nicht automatisch mehr Lebensqualität. Und deswegen ist eine große internationale Debatte entstanden, ob man nicht zusätzliche Messgrößen einführen müsste, mit denen man Lebensqualität und qualitatives Wachstum messen kann. Mehr Freizeit bedeutet mehr Lebensqualität, lässt sich aber nicht im Bruttoinlandsprodukt ausdrücken. Lebensqualität lässt sich nicht nur mit Konsum und Euro messen.

Was bedeutet Nachhaltigkeit für Tirol? Gerade im Bereich der Planung und der Energieeffizienz ist hierzulande noch einiges aufzuholen. Eine energiebewusste Raumplanung und Architektur rechnet sich. Außerdem ist Tirol ein Land mit langen Wintern und gut isolierte Häuser zahlen sich aus. Auch im Bereich der Verwendung von Biomasse, vor allem von Holzabfällen für Wärmeenergieproduktion, ist Tirol durchaus noch entwicklungsfähig. Da sind andere Länder wie die Steiermark weiter. Beim Verkehr hat sich in letzter Zeit durch zusätzliche Angebote zwar einiges getan, aber auch das ist noch sehr ausbaufähig. Vor allem was zum Beispiel „Park and Ride“ betrifft. Was bedeutet Nachhaltigkeit für den Tiroler Tourismus? Zum einen, dass es eine wachsende Nachfrage an Gästen gibt, die Wert darauf legen, dass das Urlaubsangebot nachhaltig ist. Es gibt eine wachsende Gruppe von Leuten, die sagen, „Ich will in meinem Urlaub nicht zusätzlich als Umweltverschmutzer dastehen“. Das ist allerdings ein relativ schmales Segment und nicht die große Masse. Auf der anderen Seite ist die Frage nach der Energieeffizienz eine sehr bedeutsame. Wie kann man die Unterkünfte energieeffizienter gestalten, etwa durch Wärmerückgewinnung und andere technische Dinge? Da gibt es viele Möglichkeiten. Ich glaube aber auch, dass die Gäste die Vorstellung haben, dass in einem Land wie Tirol, das sehr stark auf Erholungstourismus setzt, die Angebote so gestaltet werden, dass es nicht zu Schäden in der Natur kommt und die Landschaft nicht an Qualität verliert.


10 nachhaltigkeit saison

Ist das bei über 40 Millionen Nächtigungen möglich? Wir sind sicher ein sehr tourismusintensives land, das ist schon richtig. aber bei entsprechend intelligenten lösungen und einsatz von Know-how ist das sehr wohl möglich. Was bedeutet das für einen Tiroler Touristiker? Wie würden Sie ihm das schmackhaft machen, nachhaltig zu arbeiten? am ende des tages geht es nicht ums schmackhaftmachen, das ist eine illusion. missionare durch das land zu schicken, die die hoteliers davon überzeugen sollen, dass sie jetzt nachhaltig werden müssen, davon halte ich ehrlich gesagt gar nichts. es kommt auf etwas ganz anderes an. nämlich auf die wirtschaftlichen rahmenbedingungen und die steuergesetzgebung. Die sollten so gestaltet werden, dass sich nachhaltiges Verhalten auszahlt. es muss einfach so sein, dass es für den touristiker interessanter ist, eine Wärmerückgewinnung zu installieren, als einfach beliebige mengen heizöl zu verbrauchen. Das ist der Punkt.

ZUR PERSON Der am 23. september 1946 in absam geborene Franz Fischler studierte landwirtschaft an der Wiener Universität für Bodenkultur und war dort bis 1979 als Universitätsassistent am institut für landwirtschaftliche Betriebswirtschaft tätig. anschließend begann er seine politische Karriere in der tiroler landwirtschaftskammer, arbeitete dort als Direktionsassistent und stieg 1984 zum Direktor auf. 1989 wurde er landwirtschaftsminister in der Großen Koalition unter Bundeskanzler Franz Vranitzky. Bei den eU-Beitrittsverhandlungen in den frühen neunzigerjahren erlangte Fischler als versierter Verhandler europaweites ansehen. nach dem Beitritt 1994 wurde er als Kommissar für landwirtschaft und ländliche entwicklung in die Kommission von Jacques santer berufen. Vranitzky betitelte ihn ob seiner zahlreichen zurufe aus Brüssel als „Dauerkommentierer“. seit sich Fischler 2004 mit den Worten „es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut!“ aus Brüssel verabschiedete, arbeitet der „überzeugte anhänger des europäischen Gedankens“ von seinem heimatort absam aus. er ist einer der maßgeblichen Unterstützer der Global marshall Plan initiative, Vorsitzender des „Ökosozialen Forums“ und hält regelmäßig Vorträge.

© michael rathmayr

Die Politik ist mehr gefordert als der Tourismus? absolut, ja. ich glaube, die politischen rahmenbedingungen müssen richtig gesetzt werden. Der touristiker ist ja nicht dumm, der wird sich diesen rahmenbedingungen stellen, denn schließlich will er ja Gewinn machen und das steht ihm auch zu. Deshalb halte ich recht wenig von appellen, sondern vielmehr von klaren

Bedingungen, mit denen sich jeder Wirtschaftsteilnehmer ausrechnen kann, wie er am besten abschneidet. Was wären solche Rahmenbedingungen? Wenn man sich die österreichische steuerstruktur anschaut und mit dem eU-Durchschnitt vergleicht, stellt man fest, dass wir insgesamt eine sehr hohe steuerbelastung haben, die im Übrigen durch die steuerreform nicht weniger geworden ist. zweitens gehören wir zu den eU-ländern mit den höchsten Belastungen der arbeit – lohnsteuer, arbeitgeberanteile, sozialabgaben und so weiter. Drittens sind wir aber bei den Ökosteuern weit unter dem europäischen Durchschnitt. tourismusunternehmen

sind in der regel aber sehr lohnintensiv. es sollte also durch eine andere steuerstruktur gelingen, die menschliche arbeit zu entlasten, was eine entlastung für das tourismusunternehmen ist, und die energiesteuern höher anzusetzen. Das würde bedeuten, dass es für mich als touristiker wesentlich interessanter wird, in energiesparmaßnahmen zu investieren. eine solche Umstrukturierung des steuersystems wäre, aus meiner sicht, für den tourismus eine interessante Geschichte. Das kann nur der Bund machen. Was kann Tirol selbst leisten? tirol als land kann zum Beispiel die raumplanung energieeffizienter gestalten. eine schlechte raumplanung


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Soziales

Ökologie

NACH HALTIG KEIT

Wirtschaft

„Nachhaltigkeit – für alles und jedes wird dieses Wort eingesetzt, zum Teil auch falsch. Aber es ist nach wie vor die beste Ausdrucksweise für ein gutes System, mit dem man auch in der Zukunft reüssieren kann.“

ist gleichzeitig ein energiefresser. Das hängt zum Beispiel mit unnötigen Verkehrswegen und dergleichen zusammen. Da kann das land eingreifen. Ähnliches gilt für die Bauvorschriften. eigentlich sollte kein neubau mehr genehmigt werden, der nicht die anforderungen eines Passivhauses erfüllt. Das land kann aber auch durch anreize eingreifen. etwa indem das isolieren von häusern attraktiver gemacht und gefördert wird. Das sollte nicht nur im rahmen der Wohnbauförderung möglich sein, sondern genauso für gewerbliche Bauten. Nachhaltigkeit klingt immer sehr schön, aber ist das überhaupt ein erreichbares Ziel oder doch eher eine Utopie? natür-

lich steckt ein gewisses ideal dahinter und in der regel ist die erreichung eines ideals nicht zu hundert Prozent möglich. aber in Wirklichkeit geht’s ja gar nicht um hundert Prozent, sondern um eine annäherung daran. möglichst nah dranzukommen, das muss die eigentliche zielsetzung sein. Und das ist möglich. man muss aber auch fairerweise sagen, dass die junge Generation hier viel weiter ist als die ältere. Die Studie „Grenzen des Wachstums“ ist vor fast vierzig Jahren erschienen. Die Endlichkeit der Ressourcen ist auch keine neue Entdeckung. Hat Ihre Generation nicht ziemlich viel versäumt? natürlich hat unsere Generation viel versäumt.

Nämlich? erstens: man hat zu lange zugeschaut und nicht frühzeitig damit begonnen, die Wirtschaft und die wirtschaftlichen ziele anders zu formulieren. Und zweitens: man war viel zu lax und ist viel zu wenig energisch vorgegangen. Das hält nach wie vor an. Wir tendieren in Österreich noch immer dazu, dass wir zwar ambitionierte ziele aufstellen, die wir aber dann nicht erreichen. anstatt jedoch die anstrengungen zu verstärken, ein ziel doch noch zu erreichen, machen wir neue ziele, die weniger ambitioniert sind. so funktioniert das hierzulande. Vielen Dank für das Gespräch.

×


12 NACHHALTIGKEIT SAISON

T

irol steht noch am Anfang von nachhaltigem Tourismus. Doch der Weg ist das Ziel und die Ressourcen für einen Strategiewechsel sind reichlich vorhanden. So streben das Land Tirol und die Tirol Werbung innerhalb der gegebenen Möglichkeiten eine Vorreiterrolle im internationalen Tourismus an. Und das mit nachhaltiger Entwicklung. Wer in Tirol nachhaltigen Tourismus sucht, der wird auch fündig. Erste Hotels der Spitzenklasse und regionale Projekte bemühen sich um eine zukunftsfähige Entwicklung, die den Menschen, der Wirtschaft und der Umwelt guttut.

Nach einem Megaevent Müll einzusammeln oder den Gästen einen Transfer vom Flughafen anzubieten, ist noch kein nachhaltiger Tourismus. Es umfasst vielmehr eine weitreichende Umstrukturierung und Neuorientierung im sozialen Umgang, im wirtschaftlichen Handeln sowie bei der Verwendung von Umweltressourcen. Dementsprechend ist es ein Ding der Unmöglichkeit, sofort auf allen Ebenen nachhaltig zu sein. Doch nicht zuletzt aus Wettbewerbsgründen strebt Tirol dorthin. Genaue Kriterien und Indikatoren werden in nächster Zeit erstellt, diskutiert und vielleicht auch politisch verbindlich gemacht. Im Folgenden einige nachhal-

Nachhaltig in der Praxis „Nachhaltige Entwicklung“ ist ein geflügeltes Wort. In seiner eigentlichen Bedeutung eröffnet es dem Tourismus in Tirol jedoch neue Perspektiven. Wohin die Reise gehen kann, zeigen folgende Beispiele. VON JULIA BRUGGER

Aus Vollholz und in harmonischer Form wurde die neu eröff nete Waldsauna im Biohotel Grafenast erbaut.

tige Beispiele, die in Tirol bereits Schule gemacht haben.

Im Kleinen ganz groß.

Er ist die kleinste Einheit im Tourismus: der Betrieb. Hier gibt es in Tirol bereits erfolgreich nachhaltig wirtschaftende Hotels, wie beispielsweise das Naturhotel Grafenast in Schwaz. Seit Mitte der 80er-Jahre ist es ein Biohotel. „Wir arbeiten in Richtung 100 Prozent Bio, beim Essen, Trinken und bei Baumaterialien“, erläutert Juniorchef Peter Unterlechner. Regionale, saisonale Lebensmittel haben Priorität, auf artgeschützte oder ökologisch sinnlose Lebensmittel wie Thunfisch oder Kaviar wird gerne verzichtet.


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SMALL IS BEAUTIFUL SOZIALE ÖFFNUNG Der Tiroler Tourismus beginnt sich auch für sportliche Menschen mit körperlicher Einschränkung zu öffnen. „Barrierefreies Tirol“ lautet hier die Devise. Die Hotels haben viel in eine adäquate Infrastruktur investiert. Beispielsweise das Hotel Weisseespitze im Kaunertal, das in dieser Hinsicht als Pionier gilt. In Tirol sind es mittlerweile 25 Hotels, die sich gezielt für Menschen mit Handicap zugänglich machen. Auf www.tirol.at finden sich ausführliche Informationen zum Urlaub „ohne Handicap“. SONNENLIFT Die Skiwelt Brixen im Thale baute einen 205 Meter langen Schlepplift. Die dazugehörige Photovoltaikanlage produziert 12.000 Kilowattstunden pro Jahr. Damit kommt man noch lange nicht den Hang hinauf, für die Überquerung der Ebene reicht es aber allemal. SUNNALM Derzeit ist sie das höchstgelegene Passivhaus in den Alpen. Auf 2.300 Metern Seehöhe wird das Restaurant im Pitztal mit Solar- und Erdwärmetechnik betrieben. Dadurch erspart sich der hoch gelegene Betrieb 35.000–36.000 Liter Heizöl im Jahr. Der Passivhausstandard wird mehr und mehr in den Alpen umgesetzt. Er ist ökonomisch zunächst zwar etwas teurer, rechnet sich allerdings bald.

Für den Hang reicht die Entwicklung noch nicht. Doch immerhin über die Ebene zieht der durch Photovoltaik betriebene Schlepplift in der Skiwelt Brixen im Thale.

Investitionen in die Infrastruktur ermöglichen körperlich behinderten Menschen den barrierefreien Zugang zu Wellnessangeboten.

© HOTEL GRAFENAST, SKIWELT BRIXEN

Holz und Lehm sind die ökologischen Baustoffe, mit denen im Grafenast vornehmlich gebaut wurde und wird. Schon in den 30er Jahren, als das Holz für den Bau des Hotels geschlagen wurde, achtete man auf den rechten Zeitpunkt und holte das Holz aus den nahegelegenen Bergwäldern. Die Hotelzimmern sind mit Vollholz-Lärchenböden ausgelegt, Polster, Bettdecke sowie Matratze bestehen aus hochwertigen Naturmaterialien. In erneuerbare Energien hat die Familie ebenso früh investiert: bereits in den 1970er Jahren beheizte das Hotel sein Schwimmbad mit Solarenergie. Vor vier Jahren ließ die Familie ein Biomasse-


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FÖRDERUNG FÜR NACHHALTIGKEIT • Nachhaltige Entwicklung im Tourismus rechnet sich. Ökonomische Einsparungen und Effizienz steigernde Maßnahmen werden von kompetenter Stelle vermittelt. • Die Wirtschaftskammer Tirol informiert über Energiesparmaßnahmen sowie über mögliche Förderungen. Ein kostenloser Energiecheck dauert zwei Stunden, eine Kurzberatung vier Stunden und umfasst eine Analyse der Dämmung, des Heizsystems sowie des Verbrauchs von Energie für Lüftung, Klima und Kältetechnik. • Entsprechende finanzielle Unterstützung im Bereich Energieeffizienz bieten zahlreiche Banken. „Wer sich für energieeffiziente Investitionen entscheidet, den unterstützen wir gerne mit maßgeschneiderten Finanzierungslösungen“, so Markus Hildmann, Bereichsleiter Firmengeschäftskunden in der Hypo Tirol Bank. Dazu steht 2010 ein Topf im Gesamtwert von rund 140 Millionen Euro zur Verfügung. Weitere Infos unter: www.wko.at/tirol/wu

Heizwerk errichten, das insgesamt sechs Häuser mit Biowärme versorgt. Die zusätzlichen Investitionen für einen nachhaltigen Hotelbetrieb rentieren sich für das Hotel allemal: „Wir gehen mit allem viel bewusster um, so haben wir bespielsweise in der Küche gar nicht erst soviel Abfall“, so Peter Unterlechner. Auch das Naturhotel Waldklause in Längenfeld schlägt in diese nachhaltige Kerbe auf gehobenem Niveau.

Gemeinsam stark sein. Respektvoller Führungsstil sowie offene Kommunikation über Betriebszahlen, Tagesabläufe und Entwicklungen erhöhen die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Betriebswohnungen in der Nähe des Hotels sorgen für kurze Wege, falls die Mitarbeiter nicht sowieso mit ihren

Familien im Dorf leben. Gerade die soziale Nachhaltigkeit wird häufig vernachlässigt, wobei sie längerfristig eine wesentliche Rolle spielt. Zufriedene Mitarbeiter tragen viel zu einem Wohlfühl-Ambiente bei. Das Posthotel in Achenkirch geht diesen Weg seit vielen Jahren konsequent. Die eigenen Mitarbeiter begegnen der Leitung und dem Gast auf Augenhöhe. „Wir kümmern uns 365 Tage im Jahr um das Wohlbefinden unserer Mitarbeiter. Der Gast geht im Gegensatz dazu ein paar Tage oder Wochen ein und aus. Das ist eine andere Relation“, so Karl C. Reiter, Eigentümer des Posthotels. Wird ein Mitarbeiter respektlos behandelt, kann er mit der Rückendeckung durch die Geschäftsführung rechnen. So entsteht ein fruchtbringender Kreislauf zwischen Leiter, Mitarbeitern und Gästen.

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s geht weder um ein Produkt noch um eine Strategie. In erster Linie geht es um eine neue Denk- und Sichtweise. Diese wird mit speziellen Strategien vermittelt und mit Leben gefüllt“, erklärt Roger Aerni, oberster Hüter der Marke Tirol und maßgeblicher Mitgestalter der Nachhaltigkeitsstrategie der Tirol Werbung. „Studien kommen zu dem Schluss, dass Nachhaltigkeit in Zukunft ein Kriterium bei der Destinationswahl sein wird.“ Demnach führt nachhaltige Entwicklung auch zu einem positiven Image des Bundeslandes, von Gemeinden und einzelnen Betrieben. In den vergangenen zwei Jahren wurde der Status quo erhoben, nun soll die Aktionsphase beginnen.

„Studien kommen zu dem Schluss, dass Nachhaltigkeit in Zukunft ein Kriterium bei der Destinationswahl sein wird.“ ROGER AERNI, TIROL WERBUNG

Das Tirol Haus Gemäß dem Motto „tue Gutes und rede darüber“ möchte die Tirol Werbung bei sich selber beginnen, das heißt im Tirol Haus. Der Energiehaushalt des Gebäudes wird dabei ebenso unter die Lupe genommen wie der Fuhrpark oder das Papier bei Werbemitteln bis hin zur Geschlechtergleichstellung. Verbesserungsmaßnahmen sollen bis Ende 2010 in die Wege geleitet werden.

Green Events Sie sind noch ein weißer Fleck in Tirol, doch sie bergen großes Potenzial, gerade auch finanziell. Die Tirol Werbung tritt sowohl als eigener Veranstalter auf als auch als Sponsor anderer Events. „Unser Ziel ist es, dieses Jahr noch Nachhaltigkeit in den Kriterien zu verankern, die als Voraussetzung für unser Sponsoring zu

erfüllen sind. Dabei geht es beispielsweise um Anreisemöglichkeiten und Besucherlenkung oder die Verwendung regionaler Produkte im Catering“, so Aerni.

Tirol Q Das Qualitätszertifikat soll um nachhaltige Aspekte erweitert werden. So würde es dann von Bedeutung sein, ob ein Betrieb Nachhaltigkeit in seinen Planungsunterlagen verankert hat oder nicht.

Kulinarik Die regionale Wertschöpfung und somit Produktion von Lebensmitteln fällt ebenso unter die Prioritäten der Tirol Werbung. ×

© TIROL WERBUNG

Nachhaltiger Tourismus in Tirol


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„Wir stoßen auf natürliche Grenzen“ Ganze Regionen.

Wie eine neue Denkweise durchzieht Nachhaltigkeit verschiedene Ebenen und beginnt beim einzelnen Menschen. Durch entsprechende Kooperationen kann ein Anstoß für eine ganze Region erreicht werden. Derart geschehen bei „Bergsteigerdörfern“, die in ganz Österreich zu finden sind. In Tirol gehören Vent im Ötztal und Ginzling im Zillertal zu diesen speziellen Dörfern. „Alpinismus im Einklang von Mensch und Natur“ lautet das Motto. Beschrieben als klarer Gegensatz zum event- und actionorientierten Sölden, bietet Vent Ruhe und Beschaulichkeit in den Alpen. Auf lärmende Betriebe, Seilbahnen und Schlepplifte wird verzichtet und die Straßen sind in erster Linie für den öffentlichen Verkehr geöffnet. Die Erhaltung eines intakten Naturraumes als Ruhe-, Wander- und Skitourengebiet oder als ökologischer Ausgleichs- beziehungsweise Pufferraum ist Sinn und Zweck. Kennzeichnend für diese Gebiete: Sanfter Tourismus in Schutzgebieten, in denen die Häuser und Stadel nicht nur urig alt aussehen, sondern auch wirklich noch sind. Etliche Naturpark-Partnerbetriebe im Zillertal bieten geführte Wanderungen im Nationalpark an und führen in der Küche mindestens vier Produkte aus der Region.

Bus und Pellet. Die Region Lech/Zürs, wenn auch nicht mehr in Tirol gelegen, so doch in allernächster Nähe, setzt stark auf ökologische Nachhaltigkeit. Damit erspart sich die Region zum einen längerfristig Energiekosten und fördert zudem die regionale Wertschöpfung. Das gesteckte Ziel: zur energieautarken Region werden. Pelletheizungen, Solarenergie, geothermische Heizungen und Biomasse-Heizwerke versorgen bereits 223 Betriebe in Lech. Das Hackgut und die Rinde stammen zum Teil aus heimischen Sägewerken, bei denen sie als Abfallprodukt anfallen. Das Gebiet verfügt über ein eigenes Umweltmanagementsystem, das viel Energie und Geld einspart. Immerhin werden alljährlich vier Millionen Liter Heizöl ersetzt. In der Mobilität setzt das Dorf auf die blaue Flotte, das heißt auf öffentliche Verkehrsmittel. Die Fahrt mit dem Bus ist kostenlos, sobald man in Lech übernachtet. ×

Das Land Tirol arbeitet gemeinsam mit Stakeholdern eine Nachhaltigkeitsstrategie aus. Der Tourismus spielt dabei eine wichtige Rolle. Sowohl der sanfte als auch der intensive.

S

AISON: Herr Rauter, Sie sind maßgeblich an der Erstellung einer Nachhaltigkeitsstrategie für Tirol beteiligt. Was bedeutet das? FRANZ RAUTER: Nachhaltige Entwicklung ist die Zukunftsstrategie schlechthin. Der Begriff wurde in den letzten Jahrzehnten leider häufig falsch verwendet. Lange Zeit war die Ökologie das einseitig bestimmende Paradigma. Das kann nicht sein. Zukunftsfähige Entwicklung muss sowohl die Frage nach Sozialem wie, sagen wir, adäquater Kinderbetreuung einschließen wie auch wirtschaftlichen Erfolg und eben auch den schonenden Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen. Es geht um Lebensqualität in der Gegenwart und eine Perspektive für die Zukunft. Wohin führt das im Tourismus? Es bedeutet unter anderem eine behutsame Inszenierung ohne Substanzverdrängung. Das ist sowohl bei intensivem als auch bei sanftem Tourismus möglich. Als Beispiel fällt mir der Naturpark Kaunergrat und genau gegenüberliegend das intensiv genutzte Gebiet Serfaus-Fiss-Ladis ein. Beides kann nebeneinander bestehen. Es geht aber auch darum, dass man sich gegenseitig respektiert und im Tourismuskatalog bewirbt. Gibt es in der Entwicklung also no limits? Auf beschränktem Raum stoßen wir ganz natürlich auf Grenzen, die wir respektieren müssen. Und man darf auch nicht den wirtschaftlichen Nutzen unberührter Natur unterschätzen. Ist ein Kinderpark im Skigebiet im Sommer nachhaltig? Der Familie wird einerseits ein bewusstes Naturerlebnis geboten und es wird zudem bereits erschlossenes Gebiet weiter genutzt. Ja, es kann – gut gemacht – nachhaltig sein. Grundsätzlich ist es besser, einen bereits erschlossenen Bereich auszuweiten, als neue Gebiete zu erschließen. Ein alpines Disneyland ginge am Ziel aber vorbei, weil es die gegebenen Ressourcen zerstört.

„Es geht um Lebensqualität in der Gegenwart und eine Perspektive für unsere Zukunft.“ FRANZ RAUTER LEITER DER ABTEILUNG RAUMPLANUNG IM AMT DER TIROLER LANDESREGIERUNG

Wer sind die zentralen Akteure für nachhaltige Entwicklung im Tourismus? Das geht von der Unternehmerin über Tourismusverbände, die Tirol Werbung bis hin zu politischen Akteuren. Im Grunde betriff t es jeden, der im Tourismus tätig ist. Gibt es konkrete Kriterien, ab wann ein Betrieb oder eine Region sich nachhaltig nennen darf? Wir sind dabei, Indikatoren zu entwickeln, die eine Art Leitfaden darstellen können. In einem Jahr wissen wir mehr dazu. Ob die einmal zu verbindlichen Kriterien werden, ist letztlich eine Entscheidung der Politik. Vielen Dank für das Gespräch.

×


16 NACHHALTIGKEIT SAISON

Projekt O3 Gute Nahversorgung, günstige Energiekosten, ausreichend Grünflächen. Das neue Olympische Dorf in Innsbruck ist ein städtebauliches Großprojekt, das sich an Nachhaltigkeitskriterien orientiert. VON JULIA BRUGGER

D

ie Verglasung ist dreifach, die Dämmung 30 Zentimeter dick. Das Warmwasser wird mittels Solarzellen am Dach aufbereitet und eine Pelletsheizung sorgt in jedem der 13 Blöcke für einen warmen Boden. Mit rund 8 Kilowattstunden pro Quadratmeter setzt das neue Olympische Dorf, das 2012 bei den Olympischen Jugendwinterspielen (YOG 2012) Athleten und Betreuer beherbergen wird, im Heizwärmebedarf europaweit neue Maßstäbe. „Wir haben um vier Prozent höhere Baukosten, dafür sind wir aber unabhängig von der Pipeline aus Novosibirsk, nutzen regionale Brennstoffe und ermöglichen Mietern wie Käufern langfristig niedrigere Heizkosten“, erklärt Klaus Lugger, Geschäftsführer der Neuen Heimat Tirol, die der Bauträger des Großprojektes ist. Das Teuerste seien die

Wartungskosten, sagt Lugger. Die Wertschöpfung bleibe dabei jedoch im regionalen Wirtschaftskreislauf, da heimische Unternehmen mit der Wartung betraut würden. Die Heizkosten lägen zudem 30 Prozent unter denen eines Niedrigenergiehauses. Damit ist der höchste Stand im Passivhausbau erreicht. Um derartige Erfolge zu erreichen, benötigt es entsprechendes Know-how vom Ausschreiber über den Bauleiter zum Statiker, Elektro- und Installationsplaner bis hin zur Baufirma. Von Vorteil ist zudem, dass Energieeffizienz auch von der Politik forciert wird – um weniger CO₂ in die Atmosphäre zu blasen und damit letztlich auch Kosten zu sparen.

Ökologisch bauen.

Die Möglichkeiten im nachhaltigen Bauen sind damit

jedoch noch lange nicht ausgeschöpft. Dämmmaterialien aus nachwachsenden Rohstoffen oder Holzbauten hätten einen wesentlich geringeren ökologischen Fußabdruck. Doch „die Entwicklung ist hier noch nicht weit genug, denn mit Hanf oder Flachs als Dämmung kommt man einfach noch nicht auf die 8 Kilowattstunden Energieverbrauch pro Quadratmeter“, erklärt Ralf Eck, Leiter des Architekturbüros eck & reiter architekten und maßgeblich verantwortlich für die Planung und Ausführung des O3. „Natürlich hätten nachwachsende Baustoffe eine bessere CO₂-Bilanz und es ist auch stark an der Zeit, dass ökologisches Bauen weiter vorangetrieben wird, aber momentan ist der Bau eines Holzhauses beispielsweise aus Brandschutzgründen auf eine bestimmte Geschoßan-


17

„Wir haben um vier Prozent höhere Baukosten, dafür sind wir aber unabhängig von der Pipeline aus Novosibirsk, nutzen regionale Brennstoffe und ermöglichen Mietern wie Käufern langfristig niedrigere Heizkosten.“

© NHT (2), CHRISTIAN FORCHER

KLAUS LUGGER, GESCHÄFTSFÜHRER NEUE HEIMAT TIROL

HEIZWÄRMEBEDARF IM VERGLEICH • Konventioneller Bau • Niedrigenergiehaus • Passivhaus • O3

ab 65 kWh/m² 15–50 kWh/m² 10–15 kWh/m² 8 kWh/m²

Voraussetzung für Wohnbauförderung in Tirol • seit 2010 Heizwärmebedarf unter 25 KWh/m² • ab 2012 Heizwärmebedarf unter 20 kWh/m²

zahl beschränkt“, so der Tiroler Architekt. Eine derart große Anlage wie das O3 wäre damit nicht umsetzbar gewesen. Der Stadt als Verkäuferin des Grundstücks war jedoch nicht nur der Passivhausstandard wichtig. Das neue, eng verbaute Areal sollte zudem so freundlich und wohlwollend wie möglich gestaltet werden.

den Maßnahmen geschaffen werden: ein großzügiger und damit Kommunikation fördernder Eingangsbereich, ein breites Stiegenhaus und ein gemeinschaftlicher Rasenbereich im Innenhof. Im neuen Olympischen Dorf wird Wohnraum für Jung und Alt, für Familien und Singles zur Verfügung gestellt. „Wir erwarten uns eine soziale Durchmischung. Verbunden mit hoher Wohnqualität soll ein gedeihliches Zusammenleben bewirkt werden“, so Erika Schmeissner-Schmid, Leiterin der Stadtplanung, Stadtentwicklung und -integration im Stadtmagistrat Innsbruck. Deshalb wird es sowohl geförderte Miet- als auch Eigentumswohnungen geben. Die Innsbrucker Sozialen Dienste werden betreutes Wohnen für ältere Menschen anbieten, weshalb auch auf barrierefreie Architektur Wert gelegt wurde. Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen können sich im O3 somit ohne größere Hindernisse bewegen.

Hallo Nachbar. Je mehr Infrastruktur in der umliegenden Nähe des Siedlungsgebietes, umso belebter wird die Gegend. Was vor dreißig Jahren der Greißler ums Eck an sozialem Treff- und Austauschort

Kurze Wege. Auch wenn unter der gesamten Anlage eine Garage mit 509 Parkplätzen gebaut wird, bietet das O3 auch eine günstige Anbindung an die Stadt und den öffentlichen Nahverkehr. Bushaltestellen sind ebenso direkt vor der Haustüre wie die Innpromenade für Radfahrer und Fußgänger. ×

YOUTH OLYMPIC GAMES INNSBRUCK 2012 Vom 13. bis 22. Jänner 2012 werden jugendliche Athleten aus der ganzen Welt im neuen O3 in Pradl untergebracht. Durch die YOG wurde der Bau des O3 erheblich beschleunigt. Nach den Spielen werden die Wohnungen professionell gereinigt, neu ausgemalt von der Neuen Heimat vermietet oder verkauft. Eigentumswohnungen bleiben während der YOG zur Gänze ungenutzt.

Soziale Durchmischung.

Damit ist nicht nur der Passivhausstandard von Bedeutung. Das gemeinnützige Wohnbauprojekt, in das nach den YOG 2012 Innsbrucker Wohnungswerber einziehen werden, sollte umfassendere Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Soziale Wärme und kollegialer Umgang unter den Mitbewohnern kann jedoch nicht auf dem Reißbrett entstehen. Ein paar Voraussetzungen dafür konnten allerdings mit entsprechen-

bot – das letzte Exemplar der aussterbenden Tante-Emma-Läden befindet sich übrigens in der Pestalozzistraße in Pradl –, ist heute ein Supermarkt, eine Bäckereifiliale oder in seltenen Fällen noch ein Metzger. Auch wenn der Lebensmittelhandel aufgrund seiner Größe und Anonymität nicht mehr diese soziale Dynamik und diesen Informationsumschlagplatz wie früher bietet, wird der geplante, am Areal des O3 gelegene MPreis-Markt dennoch zu nachbarschaftlicher Begegnung und damit dem einen oder anderen Gespräch über den vollgepackten Einkaufswagen hinweg beitragen. Kommunikation, gewisse Nähe und nachbarschaftliche Hilfe soll mit dieser Planung erleichtert werden. Schule und Kindergärten befinden sich ebenso in der nächsten Umgebung des O3 wie Friseure oder der kleine Wochenend-Bauernmarkt.

www.innsbruck2012.com

DAS O3 Der von der Arge reitter-eck & reiter geplante Gebäudekomplex besteht aus 13 Würfeln mit sechs bis acht Stockwerken. Platz finden dort 260 Miet-, 69 Eigentumsund 62 Mietkaufwohnungen (sowohl klassische als auch geförderte) sowie 53 von den Innsbrucker Sozialen Diensten (ISD) betreute Wohnungen. Integriert ist außerdem eine Polizeistation. Ralf Eck & Peter Reiter


18 NACHHALTIGKEIT SAISON

Tirol-Touristica-Preisträger: Die Impulsgeber Das Tiroler Tourismusforum hat sich als Muss-Treffpunkt der Branche etabliert. Bei der Veranstaltung unter dem Motto „Nachhaltigkeit“ wurde auch der Tirol Touristica vergeben. Die Preisträger heuer: Hubert Klingan, „Urlaub am Bauernhof“, das Hotel STAY.inn, das Internationale Hahnenkammrennen und der WildeWasserPark Stubai.

© TVB STUBAI, TIROL WERBUNG (2), INNSBRUCK TOURISMUS, STAY.INN HOTEL GMBH & CO KG, MEDIA LOUNGE

VON MICHAEL RIEDLER

KR Dr. Hubert Klingan wurde für sein touristisches Lebenswerk ausgezeichnet.

Der „Gigant der vier Jahreszeiten“ – die Plastik von Alois Schild ist die „Mutterfigur“ für den Tirol Touristica.


19

T

irols Tourismus hat die letzten Monate trotz Wirtschaftskrise überdurchschnittlich gut bewältigt. Verantwortlich dafür war der vergleichsweise hohe Qualitätsstandard der heimischen Branche. Diesen zu stärken, war auch immer Sinn und Zweck des Tiroler Tourismusforums, das heuer unter dem Generalthema „Nachhaltigkeit“ stand. So reisten die Tirol Werber allesamt mit dem Bus und nicht mit dem Auto nach Igls. Die Einladungen zum Tourismusforum wurden auf umweltfreundlichem Papier gedruckt, die Kuvertfolien konnten über den Biomüll entsorgt werden und das Buffet stellten Bauern aus den Naturparkregionen Tirols. Außerdem machte die Tirol Werbung beim Tourismusforum auf E-Bikes, E-Scooter, E-Golfcars und Elektroautos aufmerksam. Ein Höhepunkt des Forums mit Landeshauptmann Günther Platter und Tirol Werbung Geschäftsführer Josef Margreiter war die Verleihung des „Tirol Touristica 2010“. Der Tiroler Künstler Alois Schild gestaltete die verliehenen Setzlinge des „Gigant der vier Jahreszeiten“. Die Auszeichnung, gesponsert von der Hypo Tirol Bank, wurde an herausragende Projekte und beispielhafte Impulse im Tiroler Tourismus vergeben. Geehrt wurden Hubert Klingan für sein Lebenswerk, die Initiative „Urlaub am Bauernhof“ für ihr Marketing, das Hotel STAY.inn in Schwaz für sein innovatives Konzept, der WildeWasserPark Stubai für die Angebotsentwicklung und das Internationale Hahnenkammrennen in der Kategorie Großveranstaltungen.

DER TRACHTENEXPERTE für Damen, Herren & Kinder

Leopoldstraße 28, 6020 Innsbruck, Tel.: + 43 512 578691, Fax: 573738 Mo - Fr: 9:00 - 18:00 Uhr, Sa: 9:00 - 13:00 Uhr Erster Samstag im Monat: 09:00 - 17:00 Uhr

Einsatz für Hauptstadt der Alpen. Klingan war von 1988 bis 2009 ehrenamtlich als geschäftsführender Obmann des Tourismusverbands Innsbruck tätig. Er hat die Großregionsstrategie für den TVB Innsbruck und seine Feriendörfer mit Konsequenz und Fairness umgesetzt. Dabei blieb der ehemalige Chef der Tiroler Sparkasse immer seiner Linie als Gegner von zentralistischen Stukturen treu. Die von ihm installierten Ortsausschüsse mit eigenständigen Ortsbudgets waren Vorbild für Regelungen im Tiroler Tourismusgesetz. Erfolgreich betrieb und förderte er auch den Ausbau wichtiger

www.heuundstroh.com


20

© tirol werbung

Künstler Alois Schild (Mitte) mit Josef Margreiter (links) und Herbert Waltl vom Sponsor Hypo Tirol Bank mit den Setzlingen, die beim Tourismusforum überreicht wurden.

Infrastrukturbauten wie der Patscherkofelbahn, Muttereralmbahn, Innsbrucker Nordkettenbahn, Bergisel. Golfplätze, Reitanlagen und Schwimmbäder in den Feriendörfern wurden weiterentwickelt. Klingan nützte sein internationales Netzwerk, um Innsbruck als Hauptstadt der Alpen starkzumachen. Er war Initiator und Mitbegründer des Innsbrucker Sommers (Tanzsommer, Promenadenkonzerte, Festival der Träume, Innsbrucker Filmfestival) und förderte neue Trends wie die Projekte „Single Trail“, „Air & Style“ sowie Kunstraum, Osterfestival und Klangspuren. Er war Begründer der Hofkirchenkonzerte der Wiltener Sängerknaben und des Hoffestes Kaiser Maximilian I. in der Altstadt. Klingan gründete die ARGE Museen und holte so zahlreiche Sonderausstellungen nach Innsbruck. Und auch die Innsbruck-Card und der SightSeer-Bus tragen seine Handschrift.

UaB: Authentisch und nachhaltig. Die Initiative „Urlaub am Bauernhof“ (UaB) erhielt den Tirol Touristica in der Kategorie „Marketing“. Die Strategie der Initiative greift nach wie vor: Mit einer durchschnittlichen Jahresauslastung von 120 Vollbelegstagen wird auf einem guten Preisniveau ein beachtlich gutes Ergebnis erzielt. Die Tiroler Bäuerinnen und Bauern verstehen es exzellent, den Tiroler Urlaubsgästen authentische Urlaubserlebnisse auf ihren Bauernhöfen zu vermitteln, aber auch die intakten Natur- und Kulturlandschaften Ti-

rols, die Bräuche und Traditionen im Land. Eine regelmäßige Qualitätskontrolle sorgt bei den Gästen für Sicherheit.

Das andere Hotel für Geschäftsreisende. Ein Hotel der anderen Art ist das STAY.inn Comfort Art Hotel Schwaz. Das Haus mit 123 Betten hat sich in einer Weise auf Geschäftsreisende spezialisiert, die ungewöhnlich und impulsgebend ist. Dafür gab es den Tirol Touristica in der Kategorie Infrastruktur und Bauten. Seit Mitte 2009 ist das „beste Businesshotel Österreichs“ (Eigendefinition) in Betrieb. Die Schwazer Unternehmer Martin Winderl und Andreas Jenewein bieten hier hohen Service- und Qualitätsstandard zu einem optimalen Preis: Modernste Ausstattung und Technik, Businessservices ohne Zusatzkosten, Komfort statt Luxus. Feng-Shui und urbane Materialien sorgen für die richtige Balance zwischen Wohlfühlen und modernem Lifestyle. Das Hotel nützt die hauseigene Solaranlage sowie das Energiespar-Know-how des IKB-Contracting. Die Initiative wurde nicht nur durch die Klimaschutzstadt Schwaz, sondern auch durch das Land Tirol entsprechend gefördert. Das Hotelkonzept ist bereits auf reges Interesse in der Branche gestoßen. Es gibt bereits Anfragen und mögliche weitere Standorte in Form einer Franchise-Kette.

Wilde Wasser im Stubai. Ein preisgekröntes Angebot ist der WildeWasser­

Park Stubai, der allen Wanderern die unvergleichlichen Gewässerschönheiten des Stubaitals zugänglich macht. Das Kernstück des Parks ist der WildeWasserWeg, der bei Klaus Äuele beginnt und am GrawaWasserfall vorbeiführt zur Sulzenauhütte über Gletscher zur Dresdner Hütte, vorbei am Mutterberger See zur Regensburger Hütte mit Hochmoor und zurück nach Klaus Äuele. Ein Highlight sind die beiden Aussichtsplattformen am Grawawasserfall. 14 WildeWasserSchauplätze führen den Wanderer zu Wasserfällen, Bergseen und auf die Gipfelplattform Top of Tyrol. Beim WildeWasserPark kooperieren der Tourismusverband Stubai Tirol, die Stubaier Bergund Wanderführer, die Kinderbetreuer im BIG Family Stubai, der österreichische und der deutsche Alpenverein, die Hüttenwirte, Bergbahnen, öffentliche Verkehrsunternehmen und die Hoteliers miteinander.

Institution Hahnenkamm. Das wohl heißeste Rennwochenende im alpinen Skizirkus findet immer in Kitzbühel statt. Seit 1931 gibt es den HahnenkammSkirennklassiker (Abfahrt, Slalom, Alpine Kombination). Die „Streif“ und der „Ganslernhang“ sind weltweit bekannte Pisten. 100.000 Zuschauer, darunter 700 Journalisten und zahlreiche VIPs sorgen dafür, dass Bilder aus Kitzbühel weltweit ausgestrahlt werden – unbezahlbare Werbung für den Tiroler Wintertourismus. Für die Region Kitzbühel selbst bedeutet das Hahnenkammwochenende viel. Die Wirtschaftskammer geht von einer Umwegrentabilität von rund 50 Millionen Euro aus. Anerkennungsurkunden. Aus den Einreichungen nominierte die Jury neben den fünf Siegerprojekten auch noch einige Projekte, die eine Anerkennungsurkunde erhielten: die Kooperation „Alpine Gastgeber“, das Projekt „E-Bike-Region Kitzbüheler Alpen“, die „Tiroler Familiennester“ mit ihren Kinderprogrammen, die Alpbachtal Seenland Card, die Kletterveranstaltung „Challenge the Wall“ und der Wintersportbewerb „Der Weiße Rausch“ am Arlberg. „Im touristischen Geschäft sind Impulsgeber und innovative Köpfe wichtig. Der Tiroler Tourismus kann auf beides zurückgreifen und das ist auch der Schlüssel zum Erfolg“, freut sich Josef Margreiter, Geschäftsführer der Tirol Werbung, über die Qualität der Einreichungen zum „Tirol Touristica“: „Die Jury war hochkarätig besetzt. Wir haben es uns nicht leicht gemacht.“ ×


Happy Busday. Vor genau 60 Jahren verließ der erste VW Bus die Werkshallen. Er wirkte am wirtschaftlichen Aufschwung mit, leistete seinen Beitrag, die 60er Jahre zu den „Goldenen“ zu machen, wurde zum Kultauto der Hippie-Bewegung und blieb bis heute das, was er immer war: ein verlässlicher, langlebiger und sicherer Begleiter durch bewegte Zeiten. Jetzt feiert er seinen 60. Geburtstag und hat nichts von seiner Beliebtheit verloren. In alter Gewohnheit nennt man ihn immer noch VW Bus, obwohl er mittlerweile auf die Namen Transporter, Caravelle, Multivan und California hört. Höchste technische Kompetenz beweißt nun die jüngste Generation mit den neuen Common-Rail-Motoren und einer Vielzahl an Sicherheitsfeatures. Als Dankeschön für Ihr Vertrauen gibt es jetzt bis zu 60 Monate Garantie* bei Finanzierung im

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22 NACHHALTIGKEIT SAISON

„ Nicht immer nur den Niedergang sehen“ Können Schrumpfungsphasen auch Chancen sein und wie kann man sich darauf vorbereiten? Gerlind Weber, Professorin an der Universität für Bodenkultur in Wien, im Interview. D A S I N T E R V I E W F Ü H R T E F LO R I A N G A S S E R .

S

AISON: Frau Weber, was ist die „neue Interpretation“ von Schrumpfungsprozessen, die Sie fordern? GERLIND WEBER: Wir glauben, in einem ständigen wirtschaftlichen Wachstumsprozess zu sein, der nie enden wird, und akzeptieren rückläufige Entwicklungen einfach nicht. Das ist aber eine völlige Fehlinterpretation, weil ökonomische Wachstumsphasen, historisch gesehen, immer schon durch Schrumpfungsphasen abgelöst wurden. Sie plädieren auch dafür, dass sich die Wirtschaft auf Schrumpfungsprozesse vorbereiten soll. Wie soll das funktionieren? Indem man nicht das ganze Know-how auf Wachstum fokussiert. Unser ganzes System ist auf Wachstum ausgerichtet. Kommt es dann einmal zu einem rückläufigen Prozess, werden alle Anstrengungen darauf gerichtet, dieser Phase entgegenzuwirken und sie zu überwinden, was nicht in jedem Fall gelingen kann. Daher ist es besser, sich auch ein Know-how zuzulegen, wie man Schrumpfungsprozesse gestalten kann. Wie kann eine Schrumpfung gestaltet werden? Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Es gibt einige Regionen in Österreich, die seit Jahrzehnten schrumpfen – etwa in der Steiermark, in Niederösterreich, aber auch in manchen Seitentälern Tirols. Die Bewohner, die Arbeitsplätze werden dort weniger und ebenso dünnt die Nahversorgung aus. Alle Bemühun-

gen gehen in die Richtung, dass es dort wieder zu einem Wachstum kommt, doch das passiert nicht. Gleichzeitig sind diese Regionen aber überhaupt nicht auf einen weiteren Rückgang vorbereitet. Aber gerade für diese Räume müssen wir uns Gedanken darüber machen, wie wir Überkapazitäten geordnet abbauen, die Lebensqualität vor Ort dennoch sicherstellen können, mit leer stehenden Gebäuden verfahren et cetera. Allein durch den Bevölkerungsrückgang werden in absehbarer Zeit die schrumpfenden Gemeinden nicht weniger, sondern immer mehr. In strukturschwachen Räumen kann das nicht durch Zuwanderung kompensiert werden. Dort wird gerade auch vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise sich die Situation rasch verschlechtern und darauf müssen wir uns einstellen.

Aber gerade in rückläufigen Zeiten hat meist die Angst ums wirtschaftliche Überleben Priorität. Für kreative Antworten fehlen oft schlicht und einfach die Kapazitäten. Zweifellos besteht die Gefahr, gewissermaßen noch mehr Gas zu geben, weil man glaubt, nur so den Schwierigkeiten begegnen zu können. Aber oft liegt die Lösung eher im Entschleunigen, denn Kreativität braucht Zeit, um sich entfalten zu können.

Kann ein Rückgang auch Chancen in sich bergen? Ja, natürlich. Man darf nicht immer nur den Niedergang sehen. Schrumpfung soll vor allem als Keimzelle für etwas Neues gesehen werden, das zukunftsfähig ist. Es ist immer auch eine Chance darin zu sehen, neue Antworten zu suchen und die Kreativität einzusetzen.

Trotzdem möchte ich als Unternehmer am Ende des Tages Gewinn machen. Wie soll das bei rückläufigen Entwicklungen funktionieren? Indem ich mich mit den Megatrends auseinandersetze und frage, was bedeuten diese für meine Region und meinen Betrieb? Der Klimawandel ist beispielsweise eines dieser großen Themen.

Wie kann sich ein Unternehmer auf eine Schrumpfung vorbereiten? Indem er als Unternehmensziel nicht das Wachstum, sondern die „Gesundheit“ des Betriebes in das Zentrum seiner Bemühungen stellt. Letzteres bedingt mitunter auch, dass bewusst auf Kapazitätsausweitungen verzichtet oder das Angebot zurückgenommen wird.


23

Dann informiere ich mich eben, welche Klimaszenarien für meine Region existieren und überlege mir, welche Konsequenzen sich daraus für mein Unternehmen abzeichnen, aber auch, wie ich mich einem Gremium anschließen kann, das Strategien für die Region zu diesem Thema ausarbeitet. Insgesamt gilt natürlich auch in diesen

Wie kann man darauf reagieren? Da gibt es ganz unterschiedliche Ansätze. Etwa eine neue Ausrichtung des Angebots, die das Authentische, Regionale, Bescheidene und aber qualitativ Hochstehende mehr in den Vordergrund rückt. Man kann hier Werfenweng in Salzburg nennen, wo die sanfte Mobilität stark forciert wird. (Urlauber

„Unser ganzes System ist auf Wachstum ausgerichtet. Kommt es dann einmal zu einem rückläufigen Prozess, werden alle Anstrengungen darauf gerichtet, dieser Phase entgegenzuwirken und sie zu überwinden, was nicht in jedem Fall gelingen kann.“ Kontexten der Satz von Gorbatschow: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Wie kann der Tourismus Schrumpfungsprozesse begleiten? Wie gesagt: Man muss sich Gedanken darüber machen, wie man Überkapazitäten abbauen oder umstrukturieren kann und so auch für eine geringere Nachfrage attraktiv bleibt. Denn natürlich: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann auch die Nachfrageseite zurückgehen.

in Werfenweng geben ihre Autoschlüssel beim Tourismusverband ab und erhalten dafür die Möglichkeit, vor Ort Fahrräder, Elektrofahrzeuge aller Art, Pferdekutschen etc. zu benützen, Anm.) Auf Nachhaltigkeit zu setzen, hat natürlich auch mit Konsolidierung zu tun, weil sich hier nur besondere Gäste auf dieses Prinzip einlassen und man sich in der betreffenden Gemeinde sagt: Wir wollen nicht besonders viele Gäste, sondern nur solche, die beispielsweise

klima- und energiebewusst in ihren Ferien leben wollen. Wie würden Sie einem Tourismusbetrieb empfehlen, sich auf eine Schrumpfung vorzubereiten? Es geht darum, das rechte Maß, eine Balance zu finden, zwischen Ökologie, Ökonomie und gesellschaftsrelevanten Momenten. Das ist wahre Nachhaltigkeit. Was nützt das tollste Skihotel, wenn durch den Klimawandel der Schnee vor der Haustür wegschmilzt? Wir müssen sehen, dass die Natur letztlich zurückschlägt, wenn wir nur die Kapazitätsausweitung in ökonomischer Hinsicht fokussieren. Und es geht natürlich auch darum, dass nicht immer das größere das bessere Hotel ist. Meist macht es mehr Sinn, das Haus zuerst mal ordentlich zu isolieren, bevor es weiter ausgebaut wird. Das gesamte Wirtschaftssystem ist auf Wachstum ausgerichtet. Warum soll ich mich auf Schrumpfungen vorbereiten? Um krisensicherer zu sein, um mich selbst aus dem Wachstumszwang zu befreien und damit einen neuen Blickwinkel einnehmen zu können. Bei dem dann nicht das Mehr, sondern „das Andere, Zukunftsverträglichere“ im Vordergrund steht. Der Klimaschutz, die Energiefrage, die Wirtschaftskrise, die Alterung der Bevölkerung und andere Dinge rufen schier nach Veränderung.

© BOKU WIEN

Vielen Dank für das Gespräch.

ZUR PERSON Gerlind Weber leitet das Institut für Raumplanung und Ländliche Neuordnung an der Universität für Bodenkultur in Wien. Seit 1991 ist die Oberösterreicherin Professorin für Raumforschung und Raumordnung. Sie war Gastprofessorin unter anderem an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und an der Kyoto University in Japan. Seit 2001 ist sie Vorstandsmitglied des „Ökosozialen Forums“. In Vorträgen und Publikationen weist Weber immer wieder auf die Chancen von Schrumpfungsprozessen hin und betont die Notwendigkeit, sich auf diese besser als bisher vorzubereiten.

×


24 NACHHALTIGKEIT SAISON

Nachhaltiges Wachstum Die Zahl der Betten ist in den letzten zwanzig Jahren gesunken, jene der Nächtigungen hingegen gestiegen. Überspitzt gesagt, schrumpft und wächst der Tiroler Tourismus zugleich. Und auch bei den Übernachtungen nach Kategorien lässt sich eine interessante Entwicklung ablesen. QUELLE: TIROL WERBUNG

ÜBERNACHTUNGEN STEIGEN, BETTENSTAND SINKT

Anzahl der Übernachtungen und Bettenstand in den Wintersaisonen von 1989 bis 2009 30.000.000

+ 22,1%

25.000.000

20.000.000

360.000

350.000

340.000

- 3,9%

15.000.000

330.000

10.000.000

320.000

5.000.000

310.000

1989

1991

1993

1995

1997

1999

Übernachtungen

Wintersaison Übernachtungen Bettenstand

Wintersaison Übernachtungen Bettenstand

1989

1990

1991

1992

1993

2001

2003

2005

2007

1996

1997

2009

Bettenstand

1994

1995

1998

1999

20.954.921 20.266.707 21.490.136 22.377.182 22.911.322 22.173.234 21.393.240 20.771.251 20.180.186 20.714.438 21.680.068 354.842

348.802

353.845

355.781

357.307

356.358

355.592

354.448

352.191

346.668

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

22.400.614 23.503.160 23.870.576 24.345.343 24.648.277 25.047.404 24.767.245 24.062.672 25.612.058 25.579.556 345.181

341.405

337.759

335.298

334.345

334.279

339.965

338.787

341.022

341.022

346.605

+ 22,1 % - 3,9 %


25

QUALITÄTSTOURISMUS AUF DEM VORMARSCH

Anzahl der Übernachtungen nach Kategorien in den Wintersaisonen von 1989 bis 2009 8.000.000

8.000.000

+ 127,1 %

7.000.000

7.000.000 6.000.000

+ 237,5 %

5.000.000 4.000.000

5.000.000

+ 9,6

%

- 49,0

%

- 55,4 %

2.000.000

+ 5,3 %

1.000.000

1989

1991

1993

1995

1997

*/**-Hotels Ferienwohnungen

*/**-Hotels

4.000.000 3.000.000

3.000.000

Wintersaison

6.000.000

1999

2001

***-Hotels Privatquartiere

2003

2005

2007

2.000.000 1.000.000

2009

****/*****-Hotels Restl. Unterkünfte

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

6.082.930

6.002.555

6.232.088

6.356.217

6.314.304

5.892.119

5.392.078

5.091.566

4.706.279

4.344.383

4.261.955 4.538.282

***-Hotels

4.569.087

4.410.915

4.596.245

4.801.211

4.696.222

4.486.025

4.375.008

4.207.816

4.078.195

4.260.228

****/*****-Hotels

3.400.632

3.318.400

3.431.778

3.738.390

4.004.747

4.079.530

4.175.020

4.241.407

4.419.188

4.793.954

5.076.229

Ferienwohnungen

2.104.785

2.144.704

2.509.518

2.756.324

3.143.871

3.323.632

3.401.672

3.497.164

3.503.839

3.970.027

4.456.769

Privatquartiere

3.973.035

3.600.605

3.819.464

3.821.839

3.786.332

3.450.136

3.138.103

2.859.913

2.636.268

2.506.077

2.512.746

824.452

789.528

901.043

903.201

965.846

941.792

911.359

873.385

836.417

839.769

834.087

Restl. Unterkünfte

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

*/**-Hotels

4.066.261

4.001.991

3.889.891

3.769.192

3.586.846

3.471.121

3.369.171

3.066.680

3.204.060

3.104.722

***-Hotels

4.776.675

5.136.999

5.203.306

5.429.893

5.451.413

5.473.545

5.124.047

4.929.058

5.120.370

5.006.333

+ 9,6 %

****/*****-Hotels

5.436.415

5.858.311

6.089.898

6.161.634

6.400.023

6.722.611

7.112.639

7.162.276

7.715.904

7.722.487

+ 127,1 %

Wintersaison

- 49,0 %

Ferienwohnungen

4.860.081

5.249.191

5.406.439

5.777.797

6.026.797

6.187.584

6.177.479

6.238.104

6.859.973

7.104.459

+ 237,5 %

Privatquartiere

2.441.825

2.449.003

2.430.899

2.369.418

2.314.842

2.293.996

2.106.577

1.858.945

1.868.325

1.773.715

- 55,4 %

819.357

807.665

850.143

837.409

868.356

898.547

877.332

807.609

843.426

867.840

+ 5,3 %

Restl. Unterkünfte


26 NACHHALTIGKEIT SAISON

Der Ökoboom Nachhaltiges Verhalten ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Auch am Tourismus geht die Entwicklung nicht spurlos vorüber. V O N F LO R I A N G A S S E R

G

erade am Anfang haben uns schon viele den Vogel gezeigt“, sagt Irene Auer. Vor fünf Jahren eröffnete sie mit ihrer Familie das Naturhotel Waldklause in Längenfeld, ein Haus mit hundert Betten, mitten im Wald, das komplett aus Holz gebaut wurde. „Als wir mit der Planung angefangen haben, war Nachhal-

tigkeit noch kein so großes Thema und auch die Klimadiskussion war noch nicht so präsent wie heute.“ Doch trotz der um rund vierzig Prozent höheren Baukosten hat es sich rentiert. Das Naturhotel Waldklause gilt als Vorzeigebetrieb, wurde reihenweise mit Auszeichnungen bedacht und von der Zeitschrift „GEO Saison“ bereits zum

dritten Mal in Folge zu Europas schönstem Ökohotel gekürt.

„Echter Aufwind“. Seit die Diskussion um den Klimawandel auch den Stammtisch erreicht hat, stellt sich die Frage nach einem nachhaltigen Tourismus immer stärker. „Jeder Fußballfan weiß heute, dass er seine Bierflasche nicht in die Natur wer-


27

© CHRISTIAN SCHNEIDER, FOTO MARIO (2)

Das Naturhotel Waldklause in Längenfeld wurde zum dritten Mal in Folge zu Europas schönstem Ökohotel gekürt.

fen soll“, sagt Karlheinz Wöhler, Professor für empirische und angewandte Tourismuswissenschaft an der Leuphana Universität Lüneburg. „Das Umweltbewusstsein ist durchgesickert, sogar Lidl und Hofer führen Bioprodukte und Fair Trade.“ Diese Änderung der Einstellung schlägt sich auch im Tourismus nieder. „Seit einigen Jahren ist ein konstanter

Aufwärtstrend in der Nachfrage nach nachhaltigem Tourismus zu beobachten“, sagt die Münchner Trend- und Freizeitforscherin Felizitas Romeiß-Stracke. Und die heutige Nachfrage unterscheide sich stark vom sanften Tourismus, der in den 1970er-Jahren einsetzte. „Diese erste Welle war nicht durch eine Einsicht der Bürger gestützt, sondern durch ein schlechtes

Gewissen, das einem gemacht wurde, wenn man reiste.“ Heute sei das anders. „Der Green Tourism hat einen echten Aufwind, weil eine Einsicht dahinter ist. Auch bei Leuten, die sich selbst vielleicht gar nicht als ‚grün‘ bezeichnen würden.“

Spaß und Nachhaltigkeit. Grüner Tourismus ist daher schon lange kein Ni-


28

„Landwirtschaft war immer schon nachhaltig, das mussten wir nicht bewusst predigen.“ „Gerade am Anfang haben uns schon viele den Vogel gezeigt.“

KLAUS LOUKOTA GF URLAUB AM BAUERNHOF

IRENE AUER NATURHOTEL WALDKLAUSE

„Ich als Gast bezahle für ein grünes Label und darf deshalb auch ein gutes Gewissen haben.“ FELIZITAS ROMEISS-STRACKE FREIZEITFORSCHERIN

schenprodukt mehr, dessen Anhänger mit selbst gestrickten Pullovern und Juterucksäcken daherkommen. „Öko“ wurde zum Lifestyle einer jungen, urbanen Schicht, der sogenannten LOHAS, ein Akronym für Lifestyle of Health and Sustainability (Lebensstil für Gesundheit und Nachhaltigkeit). „Das sind oft sehr junge, kritisch orientierte Gäste, die wahnsinnig viel hinterfragen“, sagt Irene Auer vom Naturhotel Waldklause. „Sie wollen zwar wieder zurück zum Ursprung und sind gerne in einer Holzhütte, aber auch die muss gestylt sein.“ Die Waldklause vermarktet sich demnach auch nicht als Biohotel, sondern als Lifestyle-Hotel. „Sonst hätten wir sicher das klassische Ökopublikum mit Birkenstock-Sandalen“, meint Auer. In dieselbe Kerbe schlägt auch Freizeitforscherin Felizitas Romeiß-Stracke: „Früher durfte man ja keinen Spaß haben. Heute ist das anders. Ich als Gast bezahle für ein grünes Label und darf deshalb auch ein gutes Gewissen haben.“ Spaß und Nachhaltigkeit schließen sich nicht mehr aus. Für immer mehr Menschen ist es eine Selbstverständlichkeit, Kaffee, Bananen und anderes aus fairem Handel zu kaufen und bei der Urlaubsreise darauf zu achten,

dass der Reiseveranstalter ein CorporateSocial-Responsibility-Zertifikat besitzt. „Grün“ verkauft sich, wobei es inzwischen oft schon schwierig sei, zwischen „green und green-washing“ zu unterscheiden.

Urlaub am Bauernhof. Echtes Grün möchte Klaus Loukota seinen Gästen anbieten. Trends hinterherzulaufen war noch nie das Seine. „Landwirtschaft war immer schon nachhaltig, das mussten wir nicht bewusst predigen“, sagt der Geschäftsführer von Urlaub am Bauernhof Tirol. 3200 Tiroler Bauern vermieten derzeit Privatzimmer oder Ferienwohnungen, 375 davon sind Mitglied von Urlaub am Bauernhof und erwirtschaften jährlich rund 60 Millionen Euro Umsatz, bei 820.000 Nächtigungen. „Die Gäste erwarten sich, dass nichts verändert wird. Sie wollen sich aktiv, in einer möglichst unberührten Natur erholen“, sagt Loukota. Das Klientel sei jünger als der Durchschnittsgast und vor allem Ökotouristen seien ein Wachstumsmarkt, darunter auch „die Alt-68er und auch deren Kinder“. Doch der Trend ist nicht nur auf Mitteleuropa beschränkt. Nachhaltiger Tourismus hat längst auch die entlegensten Winkel der Erde erreicht. In Bangladesch kann

der Gast im Designhotel „Hôtel de la Paix“ in der Nähe der Tempelanlage von Angkor Wat Urlaub machen und gleichzeitig Entwicklungshilfe leisten: von der Schulbeihilfe (15 US-Dollar) bis zum Hausbauprojekt (1000 US-Dollar). Auch in Ostafrika ist Nachhaltigkeit bereits ein Thema: Am See Bunyonyi im Süden Ugandas kann der Rucksacktourist im Resort Byoona Amagara absteigen, mit einem Ruderboot statt einem benzinfressenden Motorboot den See erkunden und mit seinem Aufenthalt noch die benachbarte Schule mitfinanzieren. Auch beim Flugverkehr, dem größten Umweltverschmutzer im Urlaub, hat ein Umdenken stattgefunden. Durch Spenden können Fluggäste ihre CO₂-Emissionen neutralisieren. Nachhaltigkeit kann zum Erfolgsrezept werden, wie das Naturhotel Waldklause zeigt. Das in Holzmassivbauweise mit Holzdübeln gebaute Haus hat eine der besten Auslastungen des Ötztals. „Am Anfang war es nicht leicht“, erzählt Irene Auer. „Außer uns hat eigentlich niemand an den Erfolg geglaubt und viele haben uns sogar davon abgeraten.“ Doch das Nachhaltige hat gewirkt. „Die Leute kommen genau deswegen zu uns.“ ×


29

DER GAST DER ZUKUNFT Wie sieht der Urlaub 2015 aus? Fast Future Research führte dazu im vergangenen Jahr eine große Umfrage durch. 48 Prozent wollen ihre Reisen kürzer gestalten. 70 Prozent wollen es günstiger, 20 Prozent luxuriöser. Die große Mehrheit, 80 Prozent, legt Wert auf Naturbelassenheit und sucht Orte mit sauberer Umwelt. Unter den europäischen Befragten können sich 66 Prozent vorstellen, im Jahr 2015 den Zug dem Flugzeug vorzuziehen – in den USA nur 19 Prozent.

TOURISTISCHER KLIMA-FUSSABDRUCK Der touristische Klima-Fußabdruck bei einem CO₂-Verbrauch von ...

1221 kg

422 kg

(entspricht circa einem einwöchigen Strandurlaub in Mallorca)

925 kg

An- & Abreise

© CHRISTIAN SCHNEIDER

Landschaftsökologe Christian Baumgartner von respect: Institut für Integrativen Tourismus & Entwicklung über den wirtschaftlichen Nutzen von Nachhaltigkeit.

S

AISON: Woher kommt die erhöhte Nachfrage nach nachhaltigem Tourismus? CHRISTIAN BAUMGARTNER: Ich glaube gar nicht, dass es die in dieser Form gibt. Es werden wohl nur die wenigsten Leute in Reisebüros gehen und gezielt nach nachhaltigen Angeboten fragen. Was aber schon nachgefragt wird, sind die Inhalte: Umweltschutzmaßnahmen bei Hotels etwa oder lokale Küche – das sind Dinge, die von vielen schon als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Dass am Frühstücksbuffet die Butter nicht portioniert abgepackt, sondern offen ist, am besten noch mit einem Hinweis, von welchem regionalen Bauer sie kommt.

296 kg

Unterkunft

85 kg

91 kg

Verpflegung

32 kg

58 kg

Aktivitäten vor Ort

10 kg

148 kg

„Es fehlt eine Strategie“

(entspricht circa einem einwöchigen Skiurlaub in Österreich)

QUELLE: „DER TOURISTISCHE KLIMA-FUSSABDRUCK WWF-BERICHT ÜBER DIE UMWELTAUSWIRKUNGEN VON URLAUB UND REISEN“

Würden Sie mit Nachhaltigkeit werben? Nein, eben nicht. Ich würde sehr wohl nachhaltigen Tourismus betreiben, aber nicht damit werben, sondern zum Beispiel sagen: „Bei uns haben Sie ein authentisches Erlebnis“ oder: „Mit einem Urlaub bei uns helfen Sie, die Umwelt zu schonen“. Das funktioniert und das wird auch nachgefragt. Rentiert sich Nachhaltigkeit? Bei Umweltschutzmaßnahmen kann man relativ gut argumentieren, weil die sich rasch rentieren.

der nächsten Saison wieder und so weiter. Doch da ist die Branche noch weit hinten. Ehrlicherweise muss man sagen, dass die Arbeitssituation im Tourismus vielerorts wenig prickelnd ist und in diese Richtung auch noch eher wenig gemacht wird. Wie kann nachhaltiger Tourismus gefördert werden? Es gibt unglaublich viele touristische Förderungen und in einige davon könnte man einfach Kriterien für Nachhaltigkeit einbauen. Man könnte im Marketing die guten Beispiele noch stärker herausheben.

„Es fehlt grundsätzlich eine übergeordnete Strategie für Nachhaltigkeit im österreichischen Tourismus.“ CHRISTIAN BAUMGARTNER

Man kann bei Heiz- oder Abfallkosten einfach schnell Geld sparen. Im Sozialbereich tue ich mich schwerer, deshalb ist hier auch weniger umgesetzt. Ich bin aber davon überzeugt, dass man auch hier wirtschaftlich argumentieren kann. Wenn es den Angestellten gut geht und sie sich wohlfühlen, dann bringt das sehr wohl etwas. Sie haben weniger Krankheitstage, kommen auch in

Das deutsche Umweltministerium hat etwa eine Broschüre mit dem Titel „Naturnahe Tourismusangebote in Deutschland“ herausgegeben. So etwas gibt es in Österreich nicht. Es fehlt grundsätzlich eine übergeordnete Strategie für Nachhaltigkeit im österreichischen Tourismus. Vielen Dank für das Gespräch.

×


30 NACHHALTIGKEIT SAISON

Blick über den Tellerrand

1

Feriendorf der Zukunft

Es ist eines der ambitioniertesten nachhaltigen Tourismusprojekte: Andermatt Swiss Alps soll ein komplett nachhaltiges Feriendorf werden. 18-Loch-Golfplatz inklusive.

I

n Andermatt, am Fuße des Gotthardmassivs, entsteht derzeit ein neues Feriendorf: 500 Wohnungen in 42 Häusern und 25 Luxusvillen, dazu noch sechs neue Hotels im 4- und 5-SterneSegment werden von der Andermatt Swiss Alps AG auf 1,46 Quadratkilometern gebaut. 2013 soll eröffnet werden. Andermatt Swiss Alps AG ist eine Tochterfirma von Orascom Hotel and Development (OHD) des ägyptischen Multimilliardärs Samih Sawiris. Nachhaltigkeit war dem Unternehmen von Beginn an wichtig und man zeigt sich überzeugt davon, dass dies auch bei einem Projekt in dieser Größe möglich ist. „Am Beginn haben wir uns überlegt, wie wir uns neben den ganzen anderen bekannten Tourismusorten positionieren können“, sagt Ursi Ineichen, Leiterin der Kommunikation von Andermatt Swiss Alps. „Was Andermatt als Ganzjahresdestination bietet, ist die Balance zwischen hochklassiger Hotellerie, maßgeschneiderten Immobilien- und Freizeitangeboten und einer guten Infrastruktur für Kultur und Kongresse einerseits und anderseits die raue, unberührte Natur in den Alpen. Und genau das entspricht dem derzeitigen Markttrend.“

Ökologische Ausgleichsflächen. Die gesamte Energieversorgung wird CO₂-neutral sein. Strom kommt aus erneuerbaren Energiequellen und geheizt wird mit Erdwärme. Alle Häuser werden dem Minergi-Standard entsprechen, dem Schweizer Standard für Niedrigenergie-

häuser. Auch der 18-Loch-Golfplatz soll dem Aspekt der Nachhaltigkeit Genüge tun. Zwei Drittel der 1,46 Millionen Quadratmeter Fläche werden ökologische Ausgleichsflächen sein, die völlig der Natur überlassen werden. Um leer stehende Häuser zu vermeiden, werden die Wohneigentümer zudem motiviert, ihre Wohnungen bei Nichtgebrauch vermieten zu lassen. Fünfzig Prozent der verkauften Einheiten sollen in diesen sogenannten „key-pool“ aufgenommen werden.

Keine Schnäppchen. Für Andermatt selbst könnte das Projekt neben der ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit auch einen großen gesellschaftlichen Nutzen darstellen: Hatte der 1200-EinwohnerOrt vor einigen Jahren noch mit einer starken Abwanderung zu kämpfen, so ist heute bereits ein kleiner Aufwärtstrend bei den Einwohnerzahlen festzustellen. Das sei nicht zuletzt auf das Projekt Swiss Alps und die damit verbundene Schaffung von Arbeitsplätzen zurückzuführen, ist Ineichen überzeugt. Schnäppchen sind in dem neuen Feriendorf keine zu finden. Wer sich hier eine Ferienwohnung kaufen möchte, der muss tief in die Tasche greifen. 11.000 Euro kostet durchschnittlich ein Quadratmeter Wohnfläche. „Wir wollen mit unserem Angebot Leute ansprechen, die sich gerne etwas Schönes leisten und gleichzeitig auch etwas für ihre Gesundheit und die Umwelt tun wollen“, sagt Ineichen, „und die aber auf nichts verzichten möchten.“ ×


31

Ob autofrei, energieautark oder sozial engagiert – Nachhaltigkeit rechnet sich, wie Beispiele in Tirol, aber auch anderswo zeigen. Vier Beispiele aus benachbarten Ländern. V O N F LO R I A N G A S S E R

2 Die Vorreiter Lange bevor Nachhaltigkeit ein Begriff wurde, hat Zermatt bereits auf eine autofreie Mobilität gesetzt.

M

© ANDERMATT SWISS ALPS AG (3), ZERMATT TOURISMUS

obilität ist einer der Knackpunkte der ökologischen Nachhaltigkeit. Flugzeuge und Autos hinterlassen den größten Anteil am ökologischen Fußabdruck im Urlaub. Dass es zumindest im Urlaubsgebiet auch ohne Auto geht, beweist neben Serfaus mit seiner U-Bahn seit fast 80 Jahren Zermatt im Kanton Wallis in der Schweiz. Seit 1931 sind die Straßen des 5700-Einwohner-Ortes für Autos mit Verbrennungsmotor gesperrt. Sie müssen am Eingang des Tals abgestellt werden. Im Ort sorgen Elektrobusse und Kutschen für die Mobilität der Gäste. Die Fahrten sind während des Winters (1. November bis 30. Mai) mit sämtlichen Tickets der Zermatter Bergbahnen des Gebietes Süd (Matterhorn glacier paradise) gratis. 2009 verzeichnete der Ort zwei Millionen Nächtigungen. ×


32

© HOTEL HOCHSCHOBER (2), ALPINE PEARLS

3

Wertschätzung auch bei kleinen Dingen Soziale Nachhaltigkeit rechnet sich, wie das Beispiel Hotel Hochschober zeigt.

D

ie Tourismusbranche gilt nicht immer als rücksichtsvoller Arbeitgeber. Doch im Hotel Hochschober auf der Turacher Höhe an der Grenze zwischen Kärnten und der Steiermark trudeln über 200 Bewerbungen ein, wann immer der Vier-SterneBetrieb eine Lehrstelle ausschreibt. Das Haus ist als Arbeitgeber begehrt und die Leiterin, Karin Leeb, überzeugt davon, dass sich auch soziale Nachhaltigkeit rentiert: „Das kommt alles mehrfach zurück“, sagt sie. Im Jänner dieses Jahres erhielt das Hotel Hochschober als erstes Hotel überhaupt den Knewledge-Sonderpreis „Employer Branding“ vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend

für die Förderung der Mitarbeiter. „Wir nennen es das goldene Dreieck: Mitarbeiter, Unternehmerfamilie und dann natürlich der Gast, der im Mittelpunkt steht“, erklärt Leeb. „Alle müssen sich wertgeschätzt fühlen und wenn auch die Mitarbeiter merken, dass man ihnen mit einer menschlichen Einstellung begegnet, dann spürt das natürlich auch der Gast auf eine positive Weise.“ Diese Wertschätzung beginnt bei Hochschober mit kleinen Dingen. Etwa damit, dass alle Mitarbeiter auf der Homepage des Hotels mit Namen und Foto zu finden sind. In der Küche wurde die Blockarbeitszeit gestrichen und seit 2003 koordiniert eine eigene Mitarbeiterakademie

„Frauenfreundlichkeit ist ein ganz heißes Eisen. Wir aber haben Führungskräfte, die sich noch trauen, eine Familie zu gründen.“ KARIN LEEB, HOTEL HOCHSCHOBER

über hundert verschiedene Kurse, die den Mitarbeitern als Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Beste Bewerber. „Die Mitarbeiter sollen sich bei uns wohlfühlen“, sagt Leeb und dazu gehöre auch, dass der Betrieb auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie Rücksicht nimmt. „Frauenfreundlichkeit ist ein ganz heißes Eisen. Wir aber haben Führungskräfte, die sich noch trauen, eine Familie zu gründen“, sagt Leeb. Durch den Ruf als guter Arbeitgeber kann der Betrieb regelmäßig aus den besten Bewerbern auswählen. Die Mitarbeiter bleiben im Durchschnitt länger als in vergleichbaren Häusern. Leeb ist von ihrem Weg überzeugt. Zwei bis drei Prozent des Umsatzes gibt der Betrieb für die Weiterbildung der Mitarbeiter aus. „Natürlich rechnet sich das“, sagt Leeb. „Man muss sich nur einmal die Mühe machen, sich hinzusetzen und das alles zusammenzurechnen.“ ×


33

4

Alpine Perlen Zwanzig alpine Tourismusorte haben sich zusammengeschlossen und wollen einen Urlaub ohne Auto ermöglichen.

A

lpine Perlen“ nennen sich zwanzig Tourismusdestinationen in den Alpen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ihren Gästen einen Urlaub ohne Auto zu ermöglichen. Die Orte, die unter der Dachmarke „Alpine Pearls“ versammelt sind, bieten ihren Gästen eine Mobilitätsgarantie sowohl für die An- und Abreise als auch vor Ort. Neben dem öffentlichen Nahverkehr sorgen Shuttle-Taxis, Elektroautos und -fahrräder oder Pferdekutschen für umfassende Bewegungsfreiheit. Zudem bieten die Orte sanft-mobile Pauschalen und Zusatzleistungen wie Verbundkarten für den Nahverkehr („Mobilcard“). Alpine Pearls setzt sich für die Bewahrung der regionaltypischen, ästhetischen Ortsbilder mit alpinem Charakter ein. Zu

den Hauptaufgaben des Vereins zählen die fortlaufende Überprüfung der Kriterieneinhaltung, ein permanenter Erfahrungsaustausch über die Staatsgrenzen hinweg und die Organisation eines Marktauftrittes. „Alpine Pearls“ wurde im Jänner 2006 von 17 Orten aus fünf Alpenstaaten gegründet. 2007 bis 2009 wurden weitere neue Mitglieder aufgenommen. Die zwanzig Orte befinden sich in Frankreich, Italien, Deutschland, der Schweiz, Slowenien und Österreich, das mit vier Orten vertreten ist. Einer davon ist Werfenweng im Pongau im Salzburger Land. Der Ort konnte die Zahl der Bahnanreisenden in den vergangenen acht Jahren um 19 Prozent steigern. Jeder vierte Gast reist inzwischen mit der Bahn an. ×

„Regulierungen machen nichts populärer“ Jonathan B. Tourtellot, Gründer und Direktor des Center for Sustainable Destinations von National Geographic in Washington D.C., über internationale Regulierungen und fliegende Ökotouristen.

S

AISON: Sehen Sie Unterschiede zwischen den USA und Europa darin, wie weit der nachhaltige Tourismus bereits entwickelt ist? JONATHAN B. TOURTELLOT: Ja, es gibt schon ein paar. Europa tendiert eher dazu, sein kulturelles Erbe und historische Reiseziele zu erhalten. Hier in Nordamerika wird mehr darauf geachtet, die Natur zu konservieren. Bei den Küstengebieten sind beide eher schlecht. Welches Land verfolgt die beste Politik für nachhaltigen Tourismus? Norwegen ist ziemlich gut, außer wenn es um Kreuzfahrtgeschichten geht. Österreich ist laut unseren Daten auch nicht schlecht. Aber am besten ist vermutlich Bhutan. Braucht es internationale Regulierungen, um nachhaltigen Tourismus zu fördern? Regulierungen machen zwar nichts populärer, können aber sehr wohl finanzielle Anreize schaffen. Es sind die Tourismusunternehmen, die nachhaltigen Tourismus populär machen müssen. Erfolgreich sind hier internationale Projekte, die sich auf die ganz herausragenden Besonderheiten der jeweiligen Regionen beziehen. Projekte, die allerdings nur darauf aus sind, immer größere Resorts, mehr Villen und neue Golfplätze zu schaffen, werden nicht erfolgreich nachhaltig sein – auch wenn sie mit Solarenergie oder sonst etwas betrieben werden. Halten Sie Ökoabgaben auf Flug-, Bahn- und andere Tickets für sinnvoll? Bei Kreuzfahrtschiffen zum Beispiel schon. Die Höhe der Abgabe sollte hier vielleicht auch daran gekoppelt werden, wie viele Häfen angelaufen werden. Auch bei kurzen Strecken, die mit dem Zug oder Bus zurückgelegt werden, können solche Abgaben sinnvoll sein. Beim Fliegen können sie aber nach hinten losgehen. Wenn etwa die lokale Flora und Fauna auf Ökotouristen angewiesen ist, die mit dem Flugzeug kommen. Wenn die nicht mehr kommen, wird auch nichts mehr erhalten. Dasselbe gilt natürlich auch für historische Attraktionen und Weltkulturerbe-Destinationen. Vielen Dank für das Gespräch.

×


34 NACHHALTIGKEIT SAISON

Abgestempelt Im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit schwirren die unterschiedlichsten Begriffe und Siegel durch den Sprachgebrauch. Ein Überblick über CO₂-Abdruck, Ökobilanz & Co. VON BARBAR A WOHL SEIN

ÖKOBILANZ Eine Ökobilanz beschreibt die Umweltwirkung eines Produktes während seiner gesamten „Lebensdauer“, also von seiner Entstehung über die Benutzung bis zur Entsorgung. Sie umfasst sowohl den Verbrauch von Ressourcen als auch die Auswirkungen auf die Umwelt (durch Abfälle, Emissionen etc.) und kann als Vergleichsinstrument eingesetzt werden.

ÖKOLOGISCHER FUSSABDRUCK Darunter wird jener in Hektar gemessene Teil der Erdoberfläche verstanden, der notwendig ist, um den aktuellen Lebensstandard eines Menschen zu erhalten. Eingerechnet werden etwa die Produktion von Nahrung, Kleidung und Energie, aber auch der Abbau von Müll und das verursachte CO₂. Experten gehen davon aus, dass der Mensch derzeit im Schnitt 2,2 Hektar Land- und Wasserfläche verbraucht, verfügbar sind allerdings nur 1,8 Hektar. Spitzenreiter beim ökologischen Fußabdruck sind die USA mit etwa 9,7 Hektar pro Einwohner.

CO₂-RUCKSACK BERECHNEN Den eigenen CO₂-Rucksack pro Jahr kann man auf der Greenpeace-Website berechnen: http://greenpeace.klima-aktiv.com

NACHHALTIG UNTERWEGS Wie viel CO₂ eine konkrete Flugreise oder das eigene Auto verursachen, kalkuliert www.globe-climate.com


35

HAPPY PLANET INDEX Auf Platz eins liegt überraschenderweise Costa Rica, das eine verhältnismäßig hohe Lebenszufriedenheit mit einem geringen ökologischen Fußabdruck pro Bewohner kombiniert. Das bestplatzierte europäische Land sind die Niederlande auf Rang 43, Österreich liegt an 57. Stelle. Die USA sind aufgrund ihrer schlechten Ökobilanz auf Platz 114 gereiht. Insgesamt sind die Studienautoren so unzufrieden mit dem Ergebnis, dass sie ihren Report bereits in „The (Un)Happy Planet Index“ umbenannt haben. www.happyplanetindex.org

ÖKOLOGISCHER RUCKSACK Jene Menge an Ressourcen, die von der Herstellung bis zur Entsorgung eines Produkts oder einer Dienstleistung benötigt wird, wird als ökologischer Rucksack bezeichnet. Verschiedene Stoffe besitzen verschiedene „Rucksack-Faktoren“, für ein Kilo Kunststoff werden beispielsweise fünf Planet Kilo Ressourcen Happy Index aufgewendet, bei Gold liegt der Faktor gar bei Beim CO₂-Rucksack, Im550.000. Gegensatz zusogenannten anderen Indizes kombi- der vor allem bei weit transportierten Lebensmitteln berechnet wird, wird niert der „Happy Planet Index“ bekannte nur der verursachte Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid berücksichtigt.Messzahlen (Lebenserwartung und Zu-

friedenheit der Bevölkerung eines Landes) mit dem ökologischen Aufwand, der zur Erreichung dieses Lebensstandards notwendig ist. Errechnet wird der Index von einem britischen Thinktank namens „The CSR-TOURISM New„CSR-tourism-certifi Economics Foundation“ Basis Das Gütesiegel ed“ wirdauf seitder 2009 an Reisevervon UN-Daten. Nach ersten anstalter verliehen und bewertet diedem Umweltund„Happy Sozialverträglichkeit von Urlaubsangeboten. Das2007 Bewertungssystem Planet Index“ von wurde 2009 umfasst eine zehn Kernindikatoren, darunter Rangliste die CO₂-Emission pro Gast/Tag, aktualisierte veröffentlicht. Auf die CO₂-

Emission im Unternehmen und den Papierverbrauch pro Buchung. Alle CSR-zertifizierten Unternehmen verpflichten sich, regelmäßig einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen und ihre Fortschritte in Sachen Nachhaltigkeit zu dokumentieren.


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MAGAZIN

©ALPENPARK KARWENDEL/HERMANN SONNTAG

38

Die Legende lebt Nach 19 Jahren Pause findet heuer im August zum zweiten Mal wieder der Karwendelmarsch statt.

W

andern und zugleich die Einmaligkeit der Landschaft des Naturparks bewusst wahrnehmen – und dies unter größtmöglicher Schonung der wertvollen Ressource Natur, so lautete die Devise beim letztjährigen Karwendelmarsch. Die verantwortlichen Stellen, allen voran die Umweltschutzabteilung des Landes Tirol, zollten der Veranstaltung großen Respekt und gaben grünes Licht für die heurige Auflage des Karwendelmarschs am 28. August. „Uns ist nach dem gelungenen Auftakt im vergangenen Herbst ein großer Stein vom Herzen gefallen“, so die beiden Geschäftsführer Markus Tschoner (Olympiaregion Seefeld)

und Martin Tschoner (Achensee Tourismus). „Durch den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung und die große Disziplin der Teilnehmer konnten wir die verantwortlichen Stellen von der Nachhaltigkeit dieses ganz besonderen Marschs in der ganz besonderen Naturparkregion überzeugen. Somit konnten wir bereits im letzten Herbst mit den Vorbereitungen für die diesjährige Veranstaltung starten, die inzwischen natürlich auf Hochtouren laufen.“

Bewusstseinsbildung.

Neben dem sportlichen Aspekt steht die Bewusstseinsbildung für den Alpenpark Karwendel, der übrigens seit diesem Jahr auch als Tiroler

Naturpark firmiert, im Mittelpunkt. Der Karwendelmarsch mit Startpunkt in Scharnitz führt über die Larchetalm, das Karwendelhaus, die Ladizalm, Falkenhütte, Eng, Binsalm, den Gramai Hochleger, die Gramaialm und die Falzthurn bis nach Pertisau am Achensee. Die Strecke mit insgesamt 52 km verläuft ausschließlich auf bestehenden Wegen. Auch in diesem Jahr gibt es wieder eine Teilnehmerbeschränkung – 2.500 Wanderer und Läufer dürfen mit. Als Partner sind Alpenpark Karwendel, der Tiroler Sparkassenverband, Tiroler Steinöl (stellt das Finisher-Paket) und BIO vom Berg (Verpflegungsstationen) mit an Bord. × www.karwendelmarsch.info

BUCHTIPP

Nah am Himmel „Almgeschichten“ von Irene Prugger IRENE PRUGGER: „Almgeschichten. Vom Leben nah am Himmel“, Loewenzahn, 256 Seiten, 17,95 Euro

Sehnsuchtsort Alm oder vielmehr Ort des kargen Lebens und der harten Arbeit? Die Schriftstellerin und Journalistin Irene Prugger hat Almen besucht und mit Menschen gesprochen, für die Almen zu ihren vorrangigen Lebens- und Erlebenswelten geworden sind. Vom Almauftrieb im Frühsommer bis zum Almabtrieb im Herbst und zum winterlichen Ausflug auf die trendige Alm-Skihütte geht’s im Jahreskreis almauf, almab. Dabei eröffnen sich zahlreiche Geschichten über das Almleben und die „Alminger“, die – so unterschiedlich sie auch sind – alle eines gemeinsam haben: Sie fühlen sich auf ihrer Alm sehr nah am Himmel. Meistens jedenfalls. Denn auch von schlechten Zeiten, verregneten Sommern, verletzten Tieren oder unsinnigen EU-Verordnungen können die Almleute etwas erzählen.


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KULTURTIPPS

Antiker Geschmack. In Gaststätten entlang der Via Claudia Augusta werden diesen Sommer Gerichte wie zur Römerzeit angeboten.

© INNSBRUCKER FESTWOCHEN DER ALTEN MUSIK

VON ES THER PIRCHNER

FANFAREN VOR ORT

© WWW.VIACLAUDIA.ORG

© INNSBRUCKER PROMENADENKONZERTE

Mit den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik halten einmal mehr Renaissance- und Barockmusik Einzug in Innsbruck. Zu Opern und Konzerten im Landestheater und auf Schloss Ambras gesellt sich Musik an vielen öffentlichen Orten der Stadt. 6. Juli bis 29. August 2010, Innsbruck

Römisch Essen. Diesen Sommer werden auf Speisekarten

BLECH VORM MUND Die Innsbrucker Promenadenkonzerte machen die Hofburg Innsbruck wieder zum festlichen Aufführungsort für Bläsermusik und andere Klangereignisse unter freiem Himmel – ein immer schöner sommerlicher Konzertreigen. 7. Juli bis 1. August 2010, Hofburg Innsbruck

© ASTRID KARGER

und Menüplänen zahlreicher Häuser entlang der Rad- und Fernwanderroute Via Claudia Augusta wieder Gerichte wie zur Römerzeit zu finden sein. Das Culinarium Via Claudia Augusta ergänzt die reichen regionalen Küchen der Gegenwart mit Speisen, wie sie vermutlich vor 2000 Jahren entlang der Route gekocht und gegessen wurden. Die Via Claudia Augusta trägt damit noch besser den Trends zu Aktivurlaub und authentischer Erfahrung Rechnung. Geschichte, Natur und Kultur erradeln und erwandern – bis in den Gastbetrieb hinein. Möglich wurde das durch das enge Zusammenwirken der ARGE Gastlichkeit an der Via Claudia Augusta mit der Hotelfachschule Villa Blanka, Fachleuten der Universität Innsbruck und dem Handelshaus Wedl. www.viaclaudia.org

BLAU-WEISSE GEWINNER.

©HYPO TIROL BANK

Über 100 Fotografen hatten am Fotowettbewerb von Hypo Tirol Bank und SAISON teilgenommen – Werner Pfeifer, Vorstandssprecher der Hypo Tirol Bank, überreichte Mitte Mai den Gewinnern ihr Hypo-Sparbuch mit den Siegesprämien. Jasmin Duregger (3. Platz) freute sich über 200 Euro, Emiek van der Vijgh (2. Platz) über 300 Euro. Der 1. Platz und 1000 Euro gingen an Christian Auer (nicht im Bild).

KRACH VORPROGRAMMIERT Hier ist der Name Programm: „Lautstark“ sollen die Teilnehmer der von den Klangspuren initiierten Musizier- und Komponierwerkstatt für Kinder lernen, sich musikalisch auszudrücken. Der Imsterberg ist dazu der richtige Ort. 14. bis 22. August 2010, Volksschule Imsterberg

WEITERE VERANSTALTUNGEN Tiroler Dramatikerfestival bis 2.7.2010, Tiroler Landestheater, Westbahntheater, Innsbruck; TPZ Hall www.landestheater.at, www.westbahntheater.at, www.tpz.at Nordkette Wetterleuchten 17. und 18.7.2010, Seegrube, Innsbruck www.wetterleuchten.at Tiroler Volksschauspiele Telfs 22.7. bis 29.8.2010, www.volksschauspiele.at Olala –Internationales Straßentheaterfestival 27. bis 31.7.2010, ganztägig, Lienz, www.olala.at


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Alleinstellungsmerkmal

Tourismus

„Der Tourismus war der Fels in der Brandung der Wirtschaftskrise“ – so kommentierte Landeshauptmann Günther Platter das Ergebnis der vergangenen Wintersaison. Wie stark ist er wirklich? Von Michael Riedler


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„Tourismus als Fels in der Brandung der Wirtschaftskrise“ – etwa wie jener bei Peggy’s Cove, Nova Scotia, Kanada?

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ie Aussichten für den Sommer sind gut: Die Hälfte der Betriebe hält heuer bei ähnlichem Buchungsstand wie im Vorjahr, die positive Grundstimmung im Tourismus hat zugenommen.“ So fasst die Tirol Werbung die Zahlen der Wintersaison 2009/10 zusammen – nicht nur Nächtigungszahlen (es war der drittbeste Winter in der Tiroler Tourismusgeschichte), sondern auch die Daten einer Umfrage unter 350 Tiroler Beherbergern. Für Landeshauptmann und Tourismusre-

ferent Günther Platter war der Tourismus „ein Fels in der Brandung der Wirtschaftskrise, die Leistung des Tiroler Tourismus stimmt, Tirol ist mit seinen Winterergebnissen vorne“. Doch nicht alle Experten teilen diese Einschätzung: „Dass der Tourismus ein stabilisierender Faktor in der Wirtschaftskrise war, stimmt ja gar nicht“, sagt etwa Egon Smeral, Tourismusexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo. Mengenmäßig sehen die Zahlen zwar gut aus, die Nächtigungen liegen „auf dem niedrigen

Niveau des Vorjahres“, aber das habe der Tourismus eben nur mit massiven Preiszugeständnissen geschafft.

„Massive Preiszugeständnisse“. Smeral gibt zu, dass dieses Urteil vor allem für die Stadthotellerie gilt. „Wenn man einen hohen Anteil an Geschäftsreisenden hat, spürt man die Wirtschaftskrise sehr unmittelbar.“ Für die Ferienhotellerie gelte das weniger. Smeral rechnet auch für den Sommer mit leichten Rückgängen und im nächsten Jahr vielleicht mit einer Stagnation.


42 smerals Einschätzung wird freilich von vielen nicht geteilt: Hubert siller, Leiter des Tourismusstudiums am Management Center innsbruck (MCi), sieht den Tourismus in einer deutlich besseren situation, als das vielfach am Beginn der Krise befürchtet wurde: „Der Tourismus hat keine schweren Einbrüche erlitten. Das ist Gott sei Dank ausgeblieben.“ Die Betriebe hätten aber bis zu 20 Prozent weniger Ertrag. Die Gäste seien in ihrem Konsumverhalten zurückhaltend gewesen. „aber das alles kann man bei Weitem nicht vergleichen mit den Einbrüchen, die es in den industriebranchen gegeben hat“, resümiert siller. Reisen seien das Letzte, was die Leute streichen. Tirol hat sich dennoch sehr gut gehalten. Denn in anderen Tourismusregionen, etwa spanien, gab es massive Einbrüche:

stabilisierend“, berichtet Markus Hörmann von der Volksbank Tirol. Tirols Hotellerie-sprecher Harald Ultsch (schwarzer adler, innsbruck) sieht die aktuelle Lage aus der sicht des stadthoteliers: „Die Wintersaison war ein Riesenerfolg.“ aber: Die Vertriebskosten steigen, das Buchungsverhalten wird immer noch kurzfristiger. „Wer da die nerven wegwirft und im Preis nachgibt, verspielt viele Chancen“, meint Ultsch. Der Preisdruck war in städtischen Destinationen natürlich besonders stark: „Es gibt einfach keine schmerzgrenze nach unten mehr“, resümiert Ultsch. Die Gründe: Es wurden in den letzten Jahren riesige Kapazitäten aufgebaut, vor allem für den sommertourismus im Mittelmeerraum, aber auch für den Winter. Dazu kommt die aktuelle Geiz-ist-geil-Mentalität. „Der Gast

„Die Wintersaison war ein Riesenerfolg. Aber: Die Vertriebskosten steigen, das Buchungsverhalten wird immer noch kurzfristiger. Wer da die Nerven wegwirft und im Preis nachgibt, verspielt viele Chancen.“ HaRaLD ULTsCH, TiRoLER HoTELLERiEsPRECHER

„Wir haben als naherholungsland profitiert, das über kurze Wege erreichbar ist und relativ hohe stabilität in jeder Hinsicht hat.“

„Das muss verkraftbar sein“. „Wir waren eigentlich alle überrascht, wie gut sich der Tourismus in der Wirtschaftskrise gehalten hat. niemand hätte sich getraut, dieses Ergebnis vorherzusagen. Dass die Preise nicht gehalten haben, ist ein Faktor, aber ein Rückgang der Umsätze um zwei bis vier Prozent nach Jahren der steigerung muss verkraftbar sein“, bestätigt auch Tourismusberater Manfred Kohl. sicher: Die stadthotellerie hat um 17 bis 20 Prozent weniger Umsatz gemacht. aber: „Viele unserer Kunden haben 2009 das beste Betriebsergebnis seit Jahren“, sagt Kohl: „Weil sie von vorneherein mit zehn Prozent weniger gerechnet und vorsorglich die Kosten gesenkt haben. Diese Befürchtungen sind dann nicht eingetroffen.“ Die Tiroler Tourismusunternehmer haben in der Krise ihre Kosten angepasst und zudem von der geringen Zinsbelastung profitiert. „Der Tourismus finanziert sich jetzt auf einem niveau, wie es die letzten zehn, 20 Jahre nicht möglich war. Für die Tiroler Wirtschaft war der Tourismus in den letzten Monaten sicher

will Qualität zum möglichst günstigen Preis.“ Und das alles im internet-Zeitalter mit seiner vollen Preistransparenz („Wir können unsere Preise nicht mehr nach Märkten differenzieren“).

„Extreme Gefahr“. neue Vertriebswege (Hofer, Lidl, Ebay) und einzelne Preisdrücker-Hotels führen dann die ganze Branche in den Preiskampf. Ultsch: „Das ist eine extreme Gefahr, das Geld fehlt dann für investitionen.“ Fünf Prozent des Tiroler Wirtschaftsprodukts könnten laut Ultsch wegbrechen, wenn alle Preisdämme brechen sollten. Martina Entner, Hotelierin und neue Vizepräsidentin der Tiroler Wirtschaftskammer, sieht für die Ferienhotellerie die situation noch nicht so dramatisch: „Man sollte den Preisdruck nicht unterschätzen, trotzdem sehe ich das nicht so kritisch wie andere: Wenn niedrige Preise helfen, die auslastung zu erhöhen, kann das durchaus auch sinn machen. Der Erfolg ist nächtigung mal Preis. Der empfehlenswerte Weg ist aber sicher, Zusatzleistungen anzubieten und den Preis zu halten.“ Betriebe, die vor der Krise schon gute Preise hatten, würden sich hier leichter tun. Der Tourismus hat sich also

in der Krise tatsächlich besser gehalten als befürchtet. Freilich hat die Krise manche Tourismusmärkte, wie die stadthotellerie, besonders hart getroffen. Und sie trennt zunehmend die spreu vom Weizen, das heißt die Betriebe, die vor der Krise schon gut dastanden, von denen, die vorher schon wackelten. Wie geht es weiter? Der Tourismus hinkt konjunkturell immer sechs bis acht Monate der investitionsgüterbranche hinterher, meint Manfred Kohl. Er legt also auch im aufschwung nicht so fulminant zu. Das bedeutet immerhin: Er ist insgesamt ein Faktor der stabilisierung. Warum? Kohl: „Weil die Tourismuswirtschaft nicht auf Lager produzieren und vom Lager dann verkaufen kann“ (was bei den Zulieferbranchen dann zu massiven Einbrüchen führt). Und was passiert, wenn die Zinsen heuer wieder zu steigen beginnen? „Wir berechnen bei allen Wirtschaftlichkeitsberechnungen mit einem Zinssatz von fünf Prozent, auch wenn es jetzt nur drei Prozent sind“, empfiehlt Kohl schon jetzt Vorsicht in strategie und Kalkulation. Man sollte immer eine Reserve von drei bis vier Prozent für investitionen haben.

Überraschend krisenfest. Der Tourismus scheint für diese Phasen durchaus auch gerüstet: Er hat, und das bleibt als Resümee, unter dem strich die Wirtschaftskrise bisher vergleichsweise gut bewältigt: „Der Tourismus hat sich als überraschend krisenfest erwiesen, die befürchteten Einbrüche sind nicht eingetroffen, fasst Prof. Peter Zellmann vom institut für Freizeit und Tourismusforschung (iFT) in Wien zusammen. „Das angebot an sich stimmt, die Menschen kommen gerne nach Österreich.“ Dass manche Tourismusbetriebe „in vorauseilendem Gehorsam“ mit den Preisen heruntergingen, habe nichts mit dem Gästeaufkommen zu tun, meint Zellmann: „Die Gäste sind nicht deshalb gekommen, weil wir billiger waren.“ Und er appelliert: „Wenn wir für den Tourismus mehr täten und das Tourismusbewusstsein stärker wäre und die volkswirtschaftliche Bedeutung realistischer gesehen würde, auch die Rolle als Jobmotor und Produktionsfaktor, wären wir noch krisenfester. Wir haben für das alleinstellungsmerkmal Tourismus keine alternative in Österreich. Die Jobs in diesem Bereich sind nicht in Billiglohnländer auslagerbar, es ist eine standortgebundene Branche. Das müsste man noch viel stärker in den Vordergrund stellen. Die Krise hat gezeigt, dass es sich auszahlt, an diese Botschaft zu glauben.“ ×


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© TIROL WERBUNG/FREUDENTHALER

SAISON

„Ich fühl mich in den Bergen sauwohl“ Zuletzt war er an der Seite von Brad Pitt im Kino zu sehen. Diesen Sommer wandert der spanischdeutsche Filmstar Daniel Brühl über den Adlerweg. Die Tirol Werbung hat damit einen Werbecoup gelandet, der Authentizität ausstrahlt. VON JULIA BRUGGER

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ir wollten einen Botschafter, der den Zeitgeist der Jugend triff t: dynamisch, sympathisch, mit interkultureller Erfahrung und kritisch-offener Geisteshaltung“, erklärt Anita Heubacher, Leiterin des PR&Medien-Teams der Tirol Werbung. „Mit Daniel Brühl schlägt die Kampagne genau in diese Kerbe“, ergänzt sie mit berechtigtem Stolz. Schließlich wirbt ein Filmstar nicht alle Tage für die Bergwelt, schon gar nicht mit derart echter emotionaler Verbundenheit. Der 31-jährige Deutsch-Spanier mit Wurzeln in Barcelona und wohnhaft in Berlin machte in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Karriere als Schauspieler. Mit Filmen wie „Das weiße Rauschen“ (2001), „Die fetten Jahre sind vorbei“ (2004) sowie dem im Herbst in den Kinos anlaufenden „Die kommenden Tage“ (2009) lernte Daniel Brühl die Tiroler Bergwelt als Drehort kennen und lieben. „Es ist eine herrliche Natur und ich treffe auf offene, gastfreundliche Menschen“, meint der Schauspieler. Bereits bei den Dreharbeiten am Achensee zu „Die fetten Jahre sind vorbei“ sind Daniel Brühl die Berge ans Herz

gewachsen. „Sie sind schon etwas ganz Besonderes. In Berlin gibt es das einfach nicht. Und wenn ich wieder mal ein paar Tage zwischen meinen Drehs Zeit habe, komme ich auch gerne mit Freunden nach Tirol zum Wandern“, sagt Brühl zur Freude der Tirolwerber, die darauf hoffen, mit dem bekannten Botschafter die Generation der 20- bis 35-Jährigen zum Wandern und zu gemütlichen Hüttenabenden nach Tirol zu bringen.

Barfuß über Almwiesen.

In einer Zeit, in der Jugendliche bei meditativen Sportarten wie Yoga, Surfen oder Klettern einen Ausgleich suchen, könnte auch Wandern einen neuen Aufschwung erleben. Der Schauspieler gibt schließlich auch offen zu, dass er lieber barfuß über Almwiesen zur Hütte läuft statt in einem überfüllten Yogastudio zu schwitzen. „Ich fühle mich in den Bergen einfach sauwohl. Für mich ist Wandern besser als Yoga.“ Die Werbepartnerschaft ist damit eine gelungene Verbindung mit einem aufsteigenden Star, der mit den Füßen fest am Boden geblieben ist. Im September kommt Daniel Brühl wieder nach Tirol und wandert mit Fans über den Adlerweg. ×

TIROLS BOTSCHAFTER Daniel Brühl ist diesen Sommer Botschafter der Tiroler Bergwelt. Zuletzt mimte er an der Seite von Brad Pitt und Till Schweiger einen deutschen Soldaten in Quentin Tarantinos Streifen „Inglourious Basterds“. Für die Sommer-Werbekampagne der Tirol Werbung drehte er an zwei Tagen im Wilden Kaiser sowie in der Wildschönau, gab Interviews und stand Modell für Fotoshootings. „Wir haben als Ort bewusst den Tiroler Adlerweg ausgewählt. Er ist der drittbekannteste Wanderweg in Europa“, so Anita Heubacher von der Tirol Werbung.

MEDIALE VERBREITUNG DER KAMPAGNE Im deutschsprachigen Raum: PRINT: Süddeutsche Zeitung, Cosmopolitan, Gala, Woman, Wienerin Gesamtauflage: 2,8 Millionen RADIO: Deutschlandfunk, Klassik Radio, Ö3 TV: ORF, ARD, ZDF, RTL, Servus TV, Schweizer Fernsehen

WANDERN MIT DANIEL BRÜHL Im September kommt Daniel wieder nach Tirol. Seine Fans haben dann die Chance, mit dem Schauspieler gemeinsam den Tiroler Adlerweg zu erkunden. Die Tirol Werbung verlost über die Homepage www.mitdanielbruehlintirol.at ein exklusives alpines Meet & Greet mit dem Star in den Bergen.


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er Inntalradweg. Er führt fast lückenlos von der Schweiz kommend über Landeck und Kufstein bis nach Passau. Dabei passieren die GenussRadler auf den 517 Kilometern viele kulturelle Schönheiten – oft ohne es zu wissen. Doch das war gestern. Diesen Sommer starten Land und ÖBB Tirol eine Offensive mit anfangs drei neuen Radrouten rund um den etwas müden Klassiker. Zwar gebe es den Inntal-Radweg mittlerweile seit 20 Jahren, doch sei er ein wenig aus dem Fokus der Freizeit-Aktivitäten geraten, sagt Ekkehard Allinger-Csollich. Der Mobilitätskoordinator des Landes verfolgt mit der Initiative gleich mehrere Ziele: „Wir wollen ein interessantes Freizeitangebot für die Tiroler entwickeln und dies mit dem Gedanken der Nachhaltigkeit verbinden, und dazu zählt das Reisen mit der Bahn“, sagt der Mann mit dem Faible fürs Fahrrad. Sein Fazit auf einem ersten kleinen Symposium im Landhaus: Wenn die Tiroler ihren Inntalradweg wieder für sich entdecken, dann ziehen die Touristen mit. Denn vermeintlich bekannte Dinge oder Orte für die Einheimischen sind definitiv interessante Hotspots für Gäste. Da auch die Radler über einen zünftigen Einkehrschwung verfügen, wie das gleichnamige Kaltgetränk nahelegt, haben die Tirol Werbung und der Verein der Tiroler Wirtshauskultur ein kulinarisches Angebot für die GenussRadler kreiert. Auf diese Weise kann jeder ganz entspannt die Tiroler Blockbuster erkunden, wie den grünen Riesen der Swarowski Kristallwelten in Wattens oder das Abenteuer-Eldorado namens Area 47 im Ötztal. Tourinfos für die fünf Etappen mit Einkehrtipps können kostenlos von www.tirol.at heruntergeladen werden. Die Tourinfos und die Rezeptesammlung sowie einen Speisen-Gutschein erhält man um 15 Euro im Tirol Shop.

Fast alles auf Schiene Mit den Radrouten rund um den Inntal-Radweg forcieren Land Tirol und die ÖBB das Radwandern in Kombination mit dem Bahnverkehr. V O N S T E FA N B EC K E R

„Der Radtourismus ist für uns sehr wichtig, denn über den Inntal-Radweg gelangen viele Gäste zu uns und besuchen die größte Altstadt in Westösterreich. Auf dem Weg werden dann gerne noch andere Ziele mitgenommen wie die Kristallwelten in Wattens. Da bietet sich die Tour 2 mit dem Fokus auf das Mittelalter optimal an und ergänzt sich gut mit den bestehenden touristischen Angeboten.“ MARTIN FRIEDE, MARKETING-LEITER TVB REGION HALL-WATTENS

Ein weiteres Beispiel ist die Tour von Hall nach Kufstein, über Schwaz und Rattenberg. Sie erzählt die Geschichte von Tirols erster Blüte im späten Mittelalter, als via Bergbau und Schifffahrt das Silber aus den Schwazer Gruben nach Augsburg gelangte, weil Kaiser Maximilian I. bei den Fuggern immer in der Kreide stand. In Hall florierte der Salzhandel, die dortige Münzprägestätte setzte mit dem Guldiner neue europäische

„Unser Gasthaus liegt direkt am Inntal-Radwanderweg und so leben wir sehr von den Radfahrern. 90 Prozent unserer Besucher sind Einheimische, sie schätzen das kulinarische Angebot der Tiroler Wirtshauskultur und natürlich die erfrischende Lage am Wasser. Wenn im Sommer durch die Bewerbung des Inntal-Radweges noch mehr Radler bei uns einkehren, so sind sie herzlich willkommen.“ THERESIA MAIR, GASTHAUS SCHLOSS MITTERHART

Standards und an den Kais machten die Lastkähne fest. Wem der Weg dann doch zu weit ist bis zum nächsten großen Halt, kann die Tour nach Wunsch via Bahn abkürzen: Rein in den Regional-Express und mit dem Rad auf der Schiene pausieren.

Von A nach B. Dazu seien die Nahverkehrszüge namens Talent wie geschaffen, sagt Alexander Jug von den ÖBB. Er leitet in Tirol den Personenverkehr und hoff t, dass das „Einfach-Raus-Ticket“ dem Ausflug mit dem Rad neue Impulse geben wird (siehe Interview rechts). Denn oft scheitere die Idee von der Fahrt ins Grüne allein an den Vorstellungen vom Wesen der Radtour, sagt Allinger-Csollich. „Für viele bedeutet Radtour, mit dem Rad von A nach B zu fahren und wieder retour nach A. In Verbindung mit der Bahn aber muss sich das niemand antun, ganz im Gegenteil.“ Was besonders Familien entgegenkommt, die nicht länger ihre


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„Deutliche Zunahme“ Alexander Jug, Leiter des ÖBB Personenverkehrs Tirol, im Interview

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Standardtour abstrampeln, sondern etwas Neues erleben wollen. „Etliche Oberländer wissen relativ wenig über das Unterland und umgekehrt, das wollen wir ändern“, sagt Rainer Krismer von max2. Damit die Strecken eine möglichst große Vielfalt an spannenden Stätten bieten, sind die Scouts der Tourismus-Agentur ständig auf Achse und komponieren aus den sogenannten „Points of Interest“ illustre Routen rund um den Inntal-Radweg. Wie auf der Schlösser- und BurgenTour von Volders nach Rattenberg. Da wechseln sich schmucke Schatzkisten ab mit rauen Ruinen, fast jeder Fels am Wegesrand posiert mit einem Häuschen für Burgfräuleins und Ritter: Schloss Friedberg, öffentlich-gastlich, Schloss Aschach, privat, Ruine Rettenberg, öffentlich, Schloss Siegmundslust, privat, Schloss Mitterhart, öffentlich-gastlich und es folgen noch weitere neun Abstecher zu prächtigen Anwesen. Eine weitere Tour führt rund um Imst und widmet sich dem Wasser. Denn davon gibt es reichlich, weshalb Imst auch die meisten Brunnen im ganzen Land zählt. Und wo sich viel Wasser seinen Weg über die Jahrtausende gebahnt hat, dort gibt es auch viele Schluchten, allen voran den Zammer Lochputz – kurz und knackig der Steig durch die Klamm, brachial der Wasserfall, mystisch die Höhle mit Glockenklang. Retour geht es dann auf Wunsch mit der Bahn, und das im 15-Minuten-Takt. ×

AISON: Wird das neue Angebot an das „Einfach-Raus-Ticket“ der ÖBB gekoppelt? ALEXANDER JUG: Das „Einfach-Raus-Radticket“ um 35 Euro für fünf Personen ist eine Option, die insbesondere für Gäste sehr interessant ist. Daneben gilt auch der Tiroler Familienpass (VorteilsCard Familie) plus VVT-Fahrradtageskarte für Tiroler Familien. Gilt das Angebot auch für die Zillertalbahn und die Achenseebahn? Das „Einfach-Raus-Ticket“ gilt nur in den Nah- und Regionalverkehrszügen der ÖBB-Personenverkehr AG. Wie groß ist der Rad-Wander-Tourismus aktuell in Tirol, können Sie die Zahl differenzieren nach Einheimischen und Gästen? Hauptattraktion ist bis dato die Kombination Rad und Bahn zwischen Lienz und Innichen mit rund 115.000 Fahrradfahrern pro Saison, das sind bis zu 4000 Fahrradfahrer pro Tag. Der überwiegende Teil sind dabei italienische Gäste, im Mai und Juni auch viele Kärntner. Dieser Fahrradverkehr ist in Sachen Nachfrage und Angebot österreichweit einzigartig. Dabei nutzt ungefähr die Hälfte der Radler ein Leihrad. Wenn wir 20 Prozent davon im Inntal erreichen könnten, wäre das ein Riesenerfolg. Für Nordtirol habe ich leider keine Zahlen vorliegen, wobei in den letzten Jahren auf einzelnen Strecken eine deutliche Zunahme erkennbar ist, zum Beispiel die Mountainbiker auf der Brennerstrecke und der Karwendelbahn. Erhalten die Züge noch extra Waggons für den Transport der Fahrräder? Wir starten mit den bestehenden Kapazitäten, das heißt primär mit den im Inntal im Einsatz befindlichen hochmodernen Talentgarnituren, die insbesondere einen komfortablen, niveaugleichen Einstieg mit dem Fahrrad ermöglichen. Vielen Dank für das Gespräch.

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„Hauptattraktion ist bis dato die Kombination Rad und Bahn zwischen Lienz und Innichen mit rund 115.000 Fahrradfahrern pro Saison, das sind bis zu 4000 Fahrradfahrer pro Tag.“ ALEXANDER JUG LEITER DES ÖBB PERSONENVERKEHRS TIROL


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Gruppendynamik: Das Geschäft mit der Masse Sie sind laut, nervig und sparsam. Reisegruppen eilt ein wenig schmeichelhafter Ruf voraus. Zu Unrecht. Denn ohne die touristischen Herden würde in der heimischen Tourismusbilanz ein riesiges Loch klaffen. VON S TEFFEN AROR A

onja Klosterhuber kennt die Vorurteile, die die Tourismusbranche gegenüber ihren in Gruppen reisenden Gästen hegt. „Aber das stimmt doch alles nicht!“, nimmt die Chefin des Karlingerhofes in Achenkirch ihre Klientel in Schutz. Seit 1965 führt die Familie Klosterhuber ihren Betrieb als sogenanntes Gruppen- oder Selbstversorgerhaus. Das Zielpublikum des Karlingerhofes lässt herkömmlichen Hoteliers die Haare zu Berge stehen: Vereine, Schüler- oder Jugendgruppen und Familienverbände, mehrheitlich bundesdeutscher Herkunft, steigen gerne im Familienbetrieb am Achensee ab. Doch von Unannehmlichkeiten keine Spur, versichert die Chefin: „Auch wenn das Haus voller Jugendlicher ist, gibt es kaum einmal einen Schaden. Alle unsere Gäste, durch die Bank, verhalten sich während ihres Urlaubes sehr rücksichtsvoll.“ Die Spezialisierung auf Reisegruppen, die sich selbst verköstigen, kann Hausherrin Sonja Klosterhuber nur weiterempfehlen: „Weil es eine sehr angenehme Form des Vermietens ist.“ Den Stress, der in herkömmlichen Hotels meist herrscht, kennen die Klosterhubers nur vom Hörensagen: „Diese Nische mit den Reisegruppen passt uns ganz gut so, wir wollten auch nie ein richtiges Hotel werden.“ Denn gerade aus Sicht des Unternehmers bringe diese Spielart der Zimmervermietung zahlreiche Vorteile mit sich: „Wir brauchen nur sehr wenige Angestellte, was die Kosten niedrig hält. Wir haben zum Beispiel nur zwei Damen, die Putzarbeiten erledigen. Um den Rest kümmern sich mein Mann und ich selbst.“ Bei insgesamt 23 Zimmern, die gut 60 Gästen Platz bieten, sowie den Zusatzeinrichtungen wie Kletter- und Mehrzweckhalle beachtlich wenig Personalaufwand. Und der größte Vorteil, so Klosterhuber: „Wir haben viel mehr Freizeit als herkömmliche Hoteliers.“ Der gut etablierte Karlingerhof lebt heute vor allem von seinen zahlreichen Stammgästegruppen: Vom Kegelverein, der seit Jahren am idyllischen Achensee urlaubt, über die Wandergruppen, die in immer neuer Konstellation wiederkommen. Bis hin zum Gospelchor, der die neue Kletterhalle als idealen Proberaum für sich entdeckt hat. „Und das Beste daran: Wir müssen kaum Werbung machen, weil die Mundpropaganda unter den Vereinen derart gut funktioniert“, erklärt Sonja Klosterhuber. Einzige Werbemaßnahme des Karlingerhofes: eine gut eta-


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blierte Homepage. „Und zu guter Letzt“, streicht die Chefin des Gruppenhotels am Achensee noch einen Vorteil ihres Konzeptes heraus, „sind wir nicht auf Reisebüros angewiesen.“ Während sich herkömmliche Hotels Saison für Saison mit den Preisdrückern aus der Reisebürobranche herumschlagen müssen, lehnen sich die Klosterhubers entspannt zurück und vertrauen auf ihre Stammkundschaft.

Fußballklubs & Städtetourismus. Die Vorzüge von Reisegruppen haben sich längst auch in der Spitzenhotellerie herumgesprochen. Spätestens seit dem EM-Jahr 2008 ist etwa das Stubaital in Sachen Fußballtourismus ein Begriff. Hier nächtigten die späteren spanischen Europameister während des Turniers. Doch schon vorher haben internationale Fußballklubs das Tal für sich entdeckt. So urlaubt etwa der italienische Erstligist Genoa CFC seit 2005 jährlich hier. Daneben haben die niederländischen Kicker von Feyernoord Rotterdam, jene vom belgischen RSC Anderlecht und auch die Mannen von Spartak Moskau die Vorzüge des Trainingsurlaubes in Tirol entdeckt. Zuletzt begrüßte man die Nationalelf Südkoreas für ihre fast zweiwöchige WM-Vorbereitung im exklusiven FünfSterne-Haus Jagdhof in Neustift. Für die Hoteliers eine willkommene Einnahmequelle, die nebenbei einen beachtlichen Werbeeffekt für das Haus und die Region abwirft. Gruppen ganz anderer Art sind im Städtetourismus längst zur fixen Größe avanciert: Überseegäste. US-Amerikaner und Japaner, die in Bussen europäische Städte abklappern, sind für urbane Gebiete wie Innsbruck zur Überlebensfrage geworden. Sie reisen zu gut 90 Prozent im

Rahmen organisierter Bustouren. Gerade die Vier-Stern-Hotellerie in Tirols Landeshauptstadt wäre ohne die Reisegruppen aus Fernost und Nordamerika nicht überlebensfähig. Das bestätigt eine Studie des Innsbrucker Tourismusexperten Günther Lehar von der Fachhochschule MCI. „Schon in den 1990er-Jahren waren ein Drittel der Nächtigungen in Innsbruck Busnächtigungen“, erklärt Lehar. Doch Bustouristen haftet das hartnäckige „Billig-Image“ an. Zu Unrecht, wie der Experte weiter ausführt: „Die Wertschöpfung daraus machte im Vier-Sterne-Bereich schon damals gut 40 Prozent aus.“ Diese Zahl, so der Experte, dürfte seither sogar noch angestiegen sein. Anders als die Bustouristen aus Übersee, deren Ansprüche mindestens Vier-Sterne-Hotels zur Unterbringung voraussetzen, machen Individualtouristen im Städtebereich nur einen kleineren Teil des Umsatzes aus. „Die gehen nämlich auch in Drei-Stern-Betriebe oder Pensionen“, so Lehar.

Publikum wird jünger. Neben der Hotellerie sind es die Busunternehmen selbst, die von Reisegruppen profitieren. Oliver Lair, Leiter der Marketing- und Incoming-Abteilung bei Dietrich Touristik in Telfs, spricht von einem „Markt im Kommen“. Derzeit bringt die Incomingschiene von Dietrich gut 30.000 Nächtigungen oder knapp 6000 Gäste pro Jahr nach Tirol. Das Zielpublikum werde immer jünger und anspruchsvoller. Gefragt seien vor allem qualitativ hochwertige Kurzoder Rundreisen durch ganz Europa. Mit einem Pauschalpreis von rund 2100 Euro pro Person hat etwa die Nordkap-Fahrt im Angebot von Dietrich nichts mit Billigtourismus zu tun. „Wir haben uns eine kleine, aber feine Nische geschaffen“, so

Lair. Gefahren wird dabei in luxuriösen Bussen mit Bordservice und ausgesuchter Bordunterhaltung, genächtigt wird in ebenso hochwertigen Hotels. Letztere, so Lair, hätten mittlerweile ihre Scheu vor Busreisegruppen abgelegt und deren Wert erkannt. Dass die Branche noch immer unter einem Imageproblem leidet, bestätigt auch der Innsbrucker Busunternehmer Franz Rindfleisch: „Daran hat sich leider noch nicht viel geändert. Dabei geben unsere Gäste sehr viel Geld aus.“ Rindfleisch und Lair beklagen, dass Busunternehmen gerade gegenüber Fluglinien benachteiligt würden, weil diese steuerliche Begünstigungen beim Treibstoffkauf genießen, während die Busunternehmer seit Jahren unter den massiven Spritpreiserhöhungen leiden. Zudem, so Oliver Lair von Dietrich Touristik, fehle es nach wie vor an Verständnis für die Branche: „Wir haben jahrelang darum kämpfen müssen, damit wir zumindest Aus- und Zustiegsmöglichkeiten im Stadtzentrum von Innsbruck erhalten.“ Vor zwei Monaten wurden nach endlosen Querelen in der Heiliggeiststraße entsprechende Haltestellen für Busunternehmen geschaffen. Angesichts der oben beschriebenen Wertschöpfung eine unverständlich lange Wartezeit. Oliver Lair hoff t, dass in Zukunft seiner Branche mehr Verständnis entgegengebracht wird: „Denn im Prinzip bedarf es nur sehr einfacher Maßnahmen, etwa der Miteinbeziehung von Branchen- oder Interessensvertretern, um deutliche Verbesserungen zu erzielen.“ Die Praxis zeigt also, dass kein Grund zur Panik besteht, wenn vor dem Hotel ein Reisebus anhält. Im Gegenteil: Egal ob Pension oder Fünf-Sterne-Tempel – Touristengruppen bringen allen was. ×

GRUPPENREISEN IN ZAHLEN Wie viele Reisegruppen beziehungsweise Bustouristen pro Jahr in Innsbruck urlauben, ist nicht bekannt, da der Tourismusverband keine Statistiken dazu führt. Die Studie von Günther Lehar zu diesem Thema kam jedoch zum Schluss, dass in Städten wie Innsbruck oder Salzburg Gruppenreisende rund 40 Prozent der Gäste in der Vier-Sterne-Hotellerie ausmachen. Insgesamt, so Lehar, machen Bustouristen gut ein Drittel der Nächtigungen in der Landeshauptstadt aus. Ihr Anteil am Bruttoproduktionswert und der Wertschöpfung liegt bei rund 36 Prozent. Diese Zahlen stammen aus den 1990er-Jahren und dürften, so der Experte, mittlerweile noch angestiegen sein. Es sind in erster Linie „Überseegäste“, also US-Amerikaner und Japaner, die per Bus die europäischen Städte besuchen. Maßgeblichen Anteil an der Bedeutung der Reisegruppen für die Branche haben die heimischen Busunternehmen. Dietrich Touristik aus Telfs zum Beispiel beschäftigt allein in Tirol knapp 40 Mitarbeiter. Mit insgesamt 20 Reisebussen bringt der Reiseveranstalter über seine Incoming-Schiene mehr als 30.000 Nächtigungen nach Tirol – das entspricht rund 6000 Gästen.


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DIE GESCHICHTE DES HOTELS KLOSTERBRÄU 1516 | Kaiser Maximilian I., der „letzte Ritter und erste Kanonier“, stiftet das Seefelder Kloster, um Reisende und Pilger zu bewirten. Fast 100 Jahre wird gebaut. 1604-1620 | Ausbau und Vollendung des Klosters. Augustinermönche bieten Reisenden und Pilgern Bewirtung und Unterkunft an. Die Mönche betreiben die Seefelder Fischerei und brauen Bier – daher der Name „Klosterbräu“. 1620 | Erbauung des „Fürstenhauses mit Kaisersaal“ durch Erzherzog Leopold, Landesfürst von Tirol. 1647-1648 | Ausmalung des Klosters durch den Innsbrucker Hofmaler Hans Schar. (Die Originalfresken sind gut erhalten im 1. Stock des Hotels zu sehen und erzählen die Geschichte des Hostienwunders). 1785 | Aufhebung des Klosters durch Kaiser Josef I. 1807 | Die bayerische Regierung hebt das Kloster endgültig auf (Säkularisierung). Die letzten 15 Mönche gehen ins Kloster nach Stams (45 km von Seefeld entfernt). Die Tradition der Gastwirtefamilie Seyrling nimmt hier ihren Anfang … 1809 | Die bayerische Regierung verkauft das säkularisierte Kloster an Anton Härting, Posthalter zu Seefeld, und Nikolaus Seiler, Metzger zu Seefeld, anlässlich einer Versteigerung für 23.000 Gulden. Sigmund Seyrling, Angehöriger eines alten Seefelder Geschlechtes, welches schon 1530 erwähnt wird, heiratet die Witwe Anna Härting. 1889 | Seit einigen Jahren ist Seefeld Fremdenverkehrsort und wird vor allem von den Innsbruckern gerne als Sommerfrische frequentiert. Ab 1890 kommen die ersten deutschen, dann auch die ersten englischen Sommergäste nach Seefeld. 1943 | Nach einem schweren Luftangriff auf Innsbruck wird das inzwischen zu einem modernen Hotel ausgebaute Klosterbräu von der Medizinischen Universitätsklinik Innsbruck bezogen. 1953 | Am 1. März 1953 wird die Klinik nach Innsbruck zurückverlegt. Sigmund Seyrling und sein Sohn Alois („Bubi“) restaurieren und modernisieren die alten Gebäude und schaffen ein Hotel, welches mit 30 Zimmern und einem Etagenbad seinen Anfang nimmt. 1964-1999 | Olympische Winterspiele. Seit dieser Zeit ist das Hotel weit über die Landesgrenzen hinaus ein Begriff für Entertainment und Gastlichkeit. In den 70er-Jahren war das Klosterbräu durch seinen Nachtclub „Kanne“ berühmt. 2005 | Die 6. Generation, Alois Seyrling, übernimmt den Betrieb der Vorfahren und führt das Hotel mit seiner Mutter Cristina Seyrling unter Mithilfe seiner Schwestern Laura und Linda.

Mit 26 Jahren übernahm Alois Seyrling die Leitung des Seefelder Luxushotels mit 26.000 Nächtigungen im Jahr.


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Ein Leben fürs Hotel Alois Seyrling übernahm nach dem plötzlichen Tod seines Vaters mit 26 Jahren das renommierte Hotel Klosterbräu in Seefeld. Seit sechs Generationen führt die Hoteliersfamilie das Fünf-Sterne-Haus. Der junge Chef erzählt von den Herausforderungen seiner Zeit und einem Familienleben für das Hotel. VON NINA HEIZER

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ung, fesch, dynamisch sitzt der 30-jährige Chef in der kalten Bar seines Hotels Klosterbräu. Momentan ist Frühlingspause, überall wird gehämmert, renoviert, die mehrere Jahrhunderte alten Fresken werden überarbeitet und Pläne geschmiedet. Davon hat Alois Seyrling viele. Im Interview verrät er allerdings noch nichts darüber. „Mehr dazu im September“, grinst er. Das Hotelierdasein wurde ihm vermutlich in die Wiege gelegt. Seit 200 Jahren und sechs Generationen dreht sich bei den Seyrlings alles ums Hotel Klosterbräu. Im 17. Jahrhundert brachte es die Ur-ur-urGroßmutter in die zweite Ehe mit Sigmund Seyrling mit. Seither steht es im Mittelpunkt der Familie. „Bei uns gibt es nur wenige Gespräche außerhalb des Hotels“, sagt Alois Seyrling. Er führt das Haus seit dem frühen Tod seines Vaters, unterstützt von seiner Mutter Cristina und seinen beiden Schwestern Laura und Linda. Abwechselnd werden die ältesten Söhne, die das Hotel weiterführen, auf die Namen der Großväter, Sigmund oder Alois, getauft. Traditionsbewusst wird auch die 500 Jahre alte Geschichte des Klosterbräus einmal pro Woche im Get-together mit Gästen im Kellergewölbe beim Aperitif nur von Familienmitgliedern erzählt. Dafür in verschiedenen Sprachen.

© MICHAEL RATHMAYR

Das Zehn-Jahres-Projekt.

Mit 26 Jahren, „zehn Jahre früher, als normal wäre“, musste Alois in die Fußstapfen seines plötzlich verstorbenen Vaters treten. Er war noch mitten in seiner fünfjährigen Ausbildung in einer Hotelfachschule in Luzern. „Die Kluft zwischen Theorie und Praxis ist schon sehr groß“, weiß der junge Hotelchef jetzt. Ein Bekannter erklärte ihm damals, dass es zehn Jahre dauern würde, bis ein Betrieb so laufe, wie man es sich wünsche. „Anfangs dachte ich, das könne schneller gehen, aber den Zeitraum wird es ziemlich genau brauchen.

Die Prognose ist sehr treffend“, sagt Seyrling, „ein paar Jahre bleiben mir ja noch, bis die zehn Jahre voll sind.“ Unter anderem arbeitet er daran, die Zwischensaison von früher fünf Monaten auf nur noch eineinhalb zu verkürzen. Sein Ziel ist, Jahresangestellte beschäftigen zu können, die zwar die Qualität der 100 Mitarbeiter heben, denen man aber eine Fünf-Tages-Woche bieten müsse. „Mit einer langen Pause von mehreren Monaten sind solche Anstellungen nicht finanzierbar.“ Daneben warten weitere

und Incentive-Geschäft um. 50 Veranstaltungen im Jahr organisiert Seyrlings Freundin, die mit ihm im Hotel wohnt. Er hat sie natürlich im Haus kennen gelernt. „Sie war mit einer Gruppe bei uns zu Gast. Hat also Umsatz gebracht und war daher gleich sympathisch“, sagt er lachend. Auch die Freunde seiner Schwestern arbeiten mit. „Es wäre vermutlich schwierig, einen Partner zu haben, der nicht mit im Betrieb arbeitet“, meint Alois Seyrling. Das war bei den Seyrlings schon immer so. Der Opa war zum Beispiel der

„Vor 20 Jahren war der Standort Seefeld das Nonplusultra, dort musste man hin. Die junge Generation fragt heute, wo dieser Ort überhaupt ist.“ Umbauten. Seyrling steckt gerade mitten in einer weiteren Planung. Die Konferenzräume und der Eingangsbereich wurden schon unter seiner Führung neu gestaltet.

26.000 Nächtigungen pro Jahr. Es gibt immer was zu tun auf 17.000 Quadratmetern Nutzfläche, in 77 Zimmern und 20 Suiten. „Inzwischen haben wir 15 Kategorien von Zimmern, weil alles in Etappen umgebaut wurde und jede Epoche ihren eigenen Stil hat“, sagt Alois Seyrling. Rund 26.000 Gäste übernachten pro Jahr in den ehemals heiligen Hallen. Die Besucher kommen hauptsächlich aus Deutschland, Italien, Holland, Belgien und der Schweiz. 5,5 Millionen Euro Umsatz macht das Hotel jährlich. 20 Prozent davon setzt das Hotel Klosterbräu im Seminar-, Tagungs-

Mann im Hintergrund, der sich um die Finanzen, die Umbauten und die politischen Entscheidungen gekümmert hat. Die Oma repräsentierte als „Grand Dame“ das Haus. Sie lebt auch heute noch im und mit dem Hotel. „Sie hilft mir mit Ratschlägen“, sagt der Enkel.

Die Olympia-Lorbeeren. Alois Seyrling beneidet seinen Großvater, weil dieser noch nicht zu Meetings musste und alles dreimal wöchentlich am Stammtisch besprechen konnte: „Da sind sie alle zusammengekommen, haben Karten gespielt und niemand musste zu Sitzungen gehen.“ Heute ist er selbst im Tourismusverband tätig und versucht, die Zukunft der Gemeinde Seefeld mitzugestalten. Er hoff t, dass sie in einigen Jahren wieder dort sein


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© HOTEL KLOSTERBRÄU SEEFELD

Mit Mutter Cristina und seinen beiden Schwestern Laura und Linda repräsentiert Alois heute die Familie Seyrling, die seit 200 Jahren das Hotel Klosterbräu führt.

kann, wo sie vor 20 Jahren war. „Damals war der Standort Seefeld das Nonplusultra, dort musste man hin. Die junge Generation fragt heute, wo dieser Ort überhaupt ist.“ Seyrling hat große Hoffnungen auf den Bürgermeister und den Tourismusverband, dass sie gemeinsam ausbügeln können, dass man sich zu viel auf den „Olympia-Lorbeeren“ ausgeruht hat. Der Bürgermeister unterstütze die Unternehmen sehr und der TVB sei jung und gemeindepolitisch gut. „Früher konnten wir uns das Marketing sparen, weil der Ort für

sich sprach. Heute müssen wir als Hotel die Leute anziehen, die Infrastruktur von Seefeld sehen die Gäste dann als Extra an.“ Alois Seyrling ist trotz oder vielleicht gerade wegen lebenslanger TourismusBeschallung von allen Seiten durch und durch Gastronom und Touristiker. Er passt in seinem lässigen, rustikalen Look auch gut in sein Haus. „Wenn ich das Klosterbräu nicht hätte, wäre ich trotzdem im Gastgewerbe tätig“, sagt er. Er brauche Menschen um sich, die Arbeit sei jeden Tag anders, er müsse immer kreativ denken – die Arbeit

im Hotel sei perfekt für ihn. „Außerdem habe ich nicht gerne viel Freizeit. Ich weiß nicht, was ich damit tun sollte.“ Irgendwann will Alois Seyrling sich in einen Bauerhof zurückziehen. Sein ältester Sohn Sigmund wird das Hotel übernehmen und er kann seinen Lebensabend genießen. Im Bewusstsein, dass er alle seine Ziele erreicht hat. Das heißt, dass das Klosterbräu mit Gästen und Mitarbeitern gefüllt ist, die sich freuen, dort zu sein. Und es eine nächste Generation Seyrlings gibt, die das Haus übernehmen und weiterführen kann. ×



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Zur Person

© michael rathmayr

Vor 30 Jahren hat die Kitzbühelerin Christl Horn „Servus“ während eines Jamaika-Urlaubs gemeinsam mit ihrem Mann Michael ins Leben gerufen und damit die erste Gästezeitung Tirols gegründet. Sie ist Mutter von drei Kindern und inzwischen fünffache Oma. Mit Michael ist sie seit 44 Jahren verheiratet. In seiner Zeit als Platzsprecher beim Hahnenkamm-Rennen war sie seine Assistentin und verantwortlich für die Ranglisten und Abfahrtszeiten. Das Zeitungswesen liegt in der Familie: Ihr Großvater war Gründer des Kitzbüheler Anzeigers, welcher nun das „Servus“ übernahm.


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servus Christl Christl Horn hat 30 Jahre die Kitzbüheler Gästezeitung „Servus“ herausgegeben. Vor Kurzem verkaufte sie das Magazin an den Kitzbühler Anzeiger. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge. DA S INTERVIEW FÜHRTE NINA HEIZER .

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AISON: Vor 30 Jahren gründeten Sie gemeinsam mit Ihrem Mann Michael das „Servus“. Warum? CHRisTL HoRn: „servus“ wurde während unseres Urlaubs auf Jamaika im april 1980 geboren. Damals gab es noch kein internet oder große globale Fernsehstationen. Damit wir auf der insel etwas vom Weltgeschehen mitbekamen, wurden nachrichten auf Din-a4-Zettel gedruckt und verteilt. auf unserer nächsten station in new york kamen wir das erste Mal mit einer Gästezeitung in Kontakt, da war uns klar, dass das auch etwas für Kitzbühel wäre. Und so gründeten wir die erste Gästezeitung in ganz Tirol. Wie wurde die Idee in Kitzbühel aufgenommen? sehr gut. 55 Prozent unserer anzeigenkunden vom anfang waren bis zum schluss treue Kunden. Das „servus“ wird in alle Welt verschickt. eltern senden es an ihre Kinder im ausland. Manche Hoteliers verwenden es als Weihnachtskarte für ihre stammkunden. Die Zeitung erscheint fünfmal im Jahr, dreimal im Winter und zweimal im sommer. Wir haben eine auflage zwischen 10.000 und 15.000 stück, je nach saison. Worauf haben Sie Wert gelegt, was war Ihnen wichtig? ich wollte nie Politik in die Zeitung bringen. obwohl mein Mann extrem-ÖVPler ist (lacht). ich habe immer darauf geachtet, dass wir keine streitereien abdrucken. Das will der Gast nicht, Probleme hat er daheim. Das interessiert ihn im Urlaub nicht. er soll nach der Lektüre des Buches wissen, wo er hinwill, was er sich anschauen möchte. Wo er Tiroler Küche findet und wo es sushi gibt. Wobei die Besucher die Tiroler Küche schon bevorzugen. Der Trend geht wieder zurück zur natur. aber in „servus“ findet er auch, wo er sein Glas Milch und ein BauernButterbrot bekommt. Warum jetzt der Abschied? 30 Jahre sind genug. es war eine tolle und schöne Zeit,

aber alles ist schnelllebiger geworden und wir älter. Wenn wir ein Foto von der in-Disco „Take Five“ machen wollten, müssten wir uns zuerst schlafen legen und uns einen Wecker für mitten in der nacht stellen. ich freue mich auf einen wohlverdienten Ruhestand. Und das „servus“ ist beim Kitzbüheler anzeiger in sehr guten Händen. Mein Großvater war ja ein Gründer der Zeitung. Uns war schon vor 20 Jahren klar, dass das ein Weg für unser „servus“ sein kann. Die Verhandlungen haben zwar eine Zeitlang gedauert, aber wir sind mit dem ergebnis sehr zufrieden. Und unsere inserenten auch. Was hat sich im Tourismus in den letzten 30 Jahren verändert? Der Gast selber hat

Was raten Sie dem Tiroler Tourismus? Wohin soll die Reise gehen? Wir sollten uns wieder mehr auf die Bodenständigkeit und das Tirolerische konzentrieren. Wir müssen acht geben, dass unsere Kultur nicht verloren geht. nicht „Tschüss“, sondern „Grüß Gott“ und „auf Wiedersehen“. Bei uns ist alles lockerer als zum Beispiel in nord-Deutschland. Unter anderem deswegen macht der Gast ja Urlaub bei uns. sonst könnte er daheim in Balkonien bleiben. Der Gast will die einheimischen sehen und unsere Bräuche kennen lernen. Wir müssen ihn vermehrt einbeziehen und am Leben teilhaben lassen. Und auf Freundlichkeit müssen wir setzen. außerdem sollte jeder Mitarbeiter oder angestellte das „servus“ seines ortes lesen,

„Wir sollten uns wieder mehr auf die Bodenständigkeit und das Tirolerische konzentrieren. Wir müssen Acht geben, dass unsere Kultur nicht verloren geht. Nicht ‚Tschüss‘, sondern ‚Grüß Gott‘ und ‚Auf Wiedersehen‘.“ sich verändert. er beschäftigt sich nicht mehr von alleine, sondern erwartet eine Rund-um-animation. er weiß nicht mehr wirklich, was er mit sich selbst anfangen soll. Daher sind die Club-Urlaube auch so beliebt geworden, da steht ständig ein animationsprogramm bereit. Der individuelle Gast ist auch anspruchsvoller geworden. Mit einem Frühstück aus semmel und Marmelade geht nichts mehr. er muss wesentlich mehr arbeiten, damit er sich den Urlaub leisten kann. Dann will er auch alle Viere von sich strecken können und Unterhaltungsmöglichkeiten serviert bekommen. Wenige unternehmen aus eigeninitiative eine Wanderung.

damit er auskünfte geben kann und weiß, was in seinem Umfeld los ist. Was machen Sie nun mit so viel Freizeit? ach, es gibt noch viel zum aufarbeiten. Bis alles abgeschlossen ist, die letzten Kunden gezahlt haben, wir die steuer erledigt haben. Und als fünffache Großmutter finde ich sicher immer etwas zu tun. es war eine wunderbare Zeit mit „servus“. ich war für alle die Christl. Gäste sprachen mich auf der straße an und begrüßten mich, weil sie mich als Herausgeberin wiedererkannten. aber jetzt war Zeit zu gehen. Vielen Dank für das Gespräch.

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Adieu Litfaßsäule Ein kleines Salzburger Unternehmen bietet eine innovative Lösung für Besucher-Infos. V O N S T E FA N B EC K E R

„GOMONIKATION“ IN AKTION • Drei Infostelen im Salzburger Einkaufszentrum Europapark erleichtern den Kunden das Finden von Geschäften und Restaurants, auf Wunsch präsentiert der Touchscreen die Neuigkeiten des Hauses oder informiert über das Kulturprogramm. • Zwei von Porsche-Design gestaltete Gondeln der Schmittenhöhebahn AG bieten das erste Seilbahn-TV der Welt, bei jeder Einfahrt in die Stationen erhalten die Multimedia-Daten ein Update. • Ein Netz von Elektro-Tankstellen betreibt die Salzburg AG in der Mozartstadt und neben den Steckdosen liefert Gomo dazu die Display-Technik mit allen Infos über Tanktarife, Leihstationen und Konditionen. • Start: Brixlegg leistet sich eine erste Infostele und bedient Bewohner wie Besucher so mit den aktuellsten Infos, seien diese touristischer Natur oder direkt aus dem Rathaus.

ne. Auf Wunsch lassen sich die Daten via Bluetooth auch gleich aufs Telefon laden.

Neue Lösung alter Probleme. „Wir bieten den Kunden komplette Lösungen, das ist unsere Philosophie, wir möchten mit unseren Geräten die Welt für den Einzelnen etwas einfacher machen“, sagt Klaus Markart. Der Geschäftsführer des kleinen Unternehmens reist rund um die Welt und wo er anklopft, wird ihm aufgetan – offensichtlich besteht ein dringender Bedarf an neuen Lösungen für alte Probleme. Ob Brixlegg oder Bremen, auf den ersten Blick seien alle Bürgermeister begeistert, sagt Markart, dann folge manchmal ein wenig Skepsis: „Wer pflegt die Daten, bedarf es dafür extra Personal?“ „Über Schnittstellen lassen sich alle Inhalte problemlos synchronisieren und so kommt es zu keinem zusätzlichen Aufwand für die Betreiber, egal ob Hotel oder Gemeinde.“

Thema Sicherheit. Bleibt die Sicherheit, die der Stele wie auch die der virtuellen Inhalte. Das System sei hacker-sicher, sagen die Hersteller und auch das Glas der Scheibe widerstehe so mancher Attacke. „Sollte es an der Sollbruchstelle doch knacken, so wird die Scheibe einfach ausgetauscht, Monitor und Prozessor sind separat geschützt und bleiben unbeschädigt“, sagt Oskar Kern. Der Techniker akkumuliert mit seinem Team die Komponenten, konstruiert die Geräte und gemeinsam mit dem Kunden wird die Tiefe der Informationen abgestimmt. „Weggehen gibt’s nicht. Wenn wir ein Projekt beginnen, betreuen wir den Kunden die ganze Zeit, denn das Potenzial von Gomo besteht gerade in dem permanenten Prozess, aktuelle Inhalte optimal anbieten zu können“, sagt Markart. ×

© STEFAN BECKER

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ommunikation – ein großes Wort und weil jeder etwas anderes darunter versteht, bleibt selbige oft auf der Strecke. Man denke nur an die mittlerweile mittelalterlich anmutende Hotelinfo-Blinkbarrikade am Straßenrand oder monumentale Stadtpläne in Litfaßsäulen meist in den Herzen der Gemeinden. Brixlegg wagt jetzt etwas Neues und stellt eine multifunktionale Infostele mit multimedialen Inhalten auf den multikulturellen Marktplatz . Mit der sogenannten „Gomonikation“: Als handle es sich um zwei überdimensional große und übereinander stehende iPhones, zeigen die Touchscreens den Interessierten auf Druck jede Art von gewünschter Information. Ob Wetterbericht oder Zimmerbelegung, ob Speisekarten oder Spielplä-


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GF Klaus Markart vor einer Infostele


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Stilvoller Aufenthalt: Damals wie heute schätzen Gäste des Berghofs die Architektur des Hauses.

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anch andere 80-Jährigen würden sich freuen, so viel Modernität und Frische auszustrahlen: Das Hotel Berghof ist nicht nur einer der bedeutendsten Hotelbauten der klassischen Moderne in Tirol, sondern auch einer der ganz wenigen, die weitgehend so erhalten geblieben sind, wie es ihr Architekt erdacht hat. Das liegt zum einen daran, dass das Haus seit 1986 unter Denkmalschutz steht, vor allem aber an der liebevollen Pflege des Baus durch die Eigentümerfamilie Woldrich. 1930 war Seefeld ein aufstrebender Urlaubsort für Gäste, die ihre Sommerfrische hier verbrachten oder dem noch recht jungen Wintersport des Skifahrens frönten. Die Ansprüche des auch damals schon internationalen Publikums fanden direkt Eingang in die Architektur des Berghofes: Mitten in einer grünen Wiese, mit vorgelagerter Terrasse, Balkonen bei (fast) allen Zimmern und weitem Ausblick auf die Berge, reagiert der Bau auf seine ländliche Umgebung, ohne dass jedoch auf die Vorzüge der damals aktuellen urbanen Architektur mit ihren klaren Linien und ihrer Großzügigkeit verzichtet werden musste.

Hotelleben. Wer in den 1920er- und 1930er-Jahren auf Reisen ging, suchte nicht nur eine Übernachtungsmöglichkeit, sondern lebte in dem Hotel, in dem er abstieg. Davon, dass man in den Beherbergungsbetrieben der damaligen Zeit alle Mahlzeiten einnahm, sich Jahr für Jahr mit anderen Gästen aus aller Welt traf und die Abende gemeinsam verbrachte, anstatt wie heute im Zimmer (vor dem Fernseher), zeugen im Berghof noch etliche Räume und Einrichtungsgegenstände: der Speisesaal, ein großer Holzherd in der Küche, auf dem bis vor wenigen Jahren noch gekocht wurde, und vor allem die geräumige Hotelhalle. Parkett, „Pitchpine“-Furniere – ein inzwischen kaum mehr zu findendes Material aus amerikanischer Kiefer –, niedrige Tische, in kräftigen Farben bezogene Fauteuils und nicht zuletzt der Ausblick ins


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Leben im Denkmal Ein Stück Hotelgeschichte erzählt das Hotel Berghof in Seefeld, das 1929/30 nach Plänen des Architekten Siegfried Mazagg errichtet wurde. Das Ambiente des unter Denkmalschutz stehenden Baues ist noch (fast) dasselbe wie vor 80 Jahren.

©MICHAEL RATHMAYR (4)

VON ES THER PIRCHNER


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©MICHAEL RATHMAYR (2)

Bis vor wenigen Jahren lenkte Ingrid Woldrich die Geschicke des Berghofs.

BEGEISTERTE ZEITGENOSSEN „Wie schmuck nimmt sich schon die äußere Gestalt des Hotels aus … Auch sämtliche Innenräume [sind] von dem künstlerischen Geist des jungen Architekten gestaltet und erfüllt. … Schon in den ersten Tagen haben sich zahlreiche Kaffeegäste in der Halle des Berghofes eingefunden und ihre Bewunderung über die erstklassige, künstlerisch vornehme Ausführung des Hotelbaues geäußert. Auch viele Seefelder haben ihre Neugierde befriedigt und den Eindruck gewonnen, dass da wirklich etwas geschaffen worden ist, das nicht nur den eigenen Interessen des Besitzers dient, sondern ganz Seefeld als Fremdenverkehrsplatz zur Ehre gereicht.“ Innsbrucker Nachrichten, 24. Dezember 1930

Grüne durch große Fenster an drei Seiten des Raumes – das alles geht auf die Pläne Mazaggs zurück, der damit nicht nur ein Bauwerk, sondern ein umfassendes Hotelkonzept umsetzte. Dabei war der Berghof ursprünglich wesentlich größer – für etwa 60 Gäste – konzipiert gewesen und musste, da die Mittel des Bauherrn Ferdinand Woldrich sen. begrenzt waren, während des Baus zu einem Haus mit etwas mehr als 40 Betten umgewandelt werden.

Lazarett und Pferdestall. Dem heutigen Hotel sieht man diese späte Änderung der Grundrisse nicht an – es wirkt wie aus einem Guss –, auch nicht, dass es in den Kriegsjahren seiner Funktion enthoben wurde und als Lazarett diente, in den Nachkriegsjahren die amerikanische und französische Besatzungsmacht beherbergte und unter anderem als Pferdestall genutzt wurde. Seit den 1950er-Jahren von der Familie

Woldrich wieder als Hotelbetrieb geführt und in der Folge nur wenig verändert, wurde das Haus 1986 unter Denkmalschutz gestellt – für die Hoteliers eine nicht immer einfache Vorgabe, wenn es darum ging, den Betrieb am Laufen zu halten. Denn längst haben sich die Ansprüche der Gäste an „ihr“ Hotel verändert. Kaum jemand könnte sich finanziell – und zeitlich – noch monatelange Aufenthalte zur Sommerfrische leisten. Auch genießt man nicht mehr die Abende in großer Runde, sondern bleibt lieber unter sich, sozusagen „en famille“. Eine Erweiterung um ein Café im Erdgeschoß und einige Zimmer in den darüberliegenden Stockwerken war aufgrund des Denkmalschutzes nicht möglich, auch scheinbar kleine Umstellungen wie die Montage einer Satelliten-Antenne auf dem Dach des Hauses können nur in Absprache mit dem Denkmalamt durchgeführt werden.


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Stolze Gäste. Den sich wandelnden tou-

© Stubaier Gletscher

ristischen Anforderungen wurde im Berghof aber auf andere Weise Rechnung getragen, mit der Umstellung zuerst auf Halbpension und schließlich – seit der Übergabe des Hauses an die nächste Generation vor wenigen Jahren – auf die Führung als Frühstückspension und Appartement-Haus. Während im ersten Stock noch Doppel- und Einzelzimmer mit den von Mazagg entworfenen Möbeln erhalten geblieben sind, wurden in den Geschoßen darüber jeweils drei bis vier Zimmer zu großzügigen Appartements zusammengelegt und diese mit neuen Bädern ausgestattet. Die Möblierung wurde, wo nötig, ergänzt. Dabei wurde besonders darauf geachtet, möglichst nahe an den Ideen des ursprünglichen Entwurfs zu bleiben: Die schöne Schlichtheit der Zimmer, ihre Helligkeit und die klaren Linien wurden scheinbar

mühelos auf die Appartements übertragen. Dazu kommt, dass überall im Haus Verbindungen zur Geschichte des Hauses und Hinweise auf die Architektur zu finden sind: Gemälde von Ferdinand Woldrich sen. und Siegfried Mazagg sowie Entwurfsskizzen des Architekten zieren die Wände, in der Hotelhalle liegt der Bildband von Joachim Moroder und Benno Peter zur Hotelarchitektur der 1920er- und 1930er-Jahre auf. Bleibt nur die Frage, ob die Gäste des Hauses auch zu würdigen wissen, in welcher besonderen Umgebung sie abgestiegen sind. „Wenn sie es nicht ohnehin schon vorher gelesen haben und man sie vorsichtig heranführt“, erzählt Ingrid Woldrich, die das Haus bis vor wenigen Jahren geführt hat, „beginnen sie es zu sehen und nehmen es wahr. Die meisten sind dann auch interessiert und sogar ein bisschen stolz, dass sie hier wohnen.“ ×

SIEGFRIED MAZAGG (1902–1932) Trotz seines frühen Todes zählt der Architekt Siegfried Mazagg – neben Lois Welzenbacher und Franz Baumann – zu den bedeutendsten Vertretern der klassischen Moderne in Tirol. Auf ihn gehen Industrieanlagen, Wohnhäuser und Hotelbetriebe zurück, darunter das AchenseeKraftwerk in Jenbach und das auf der Innsbrucker Hungerburg gelegene Hotel Mariabrunn, das nach einer Revitalisierung heute als Mehrfamilienwohnhaus genutzt wird.

PUBLIKATION ZUM THEMA Joachim Moroder, Benno Peter (Hg.): Hotelarchitektur. Bauten und Projekte für den Tourismus im alpinen Raum 1920–1940, Haymon Verlag, 1993.

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60 MAGAZIN SAISON

„Ich beneide Leute, die Sprache in Notentext umsetzen können, maßlos.“ ALOIS SCHÖPF

BERÜHMTE OPERNEINAKTER • Igor Strawinsky: The Rake’s Progress • Giacchomo Puccini: Gianni Schicchi • Béla Bartók: Herzog Blaubarts Burg • Leoš Janáček: Tagebuch eines Verschollenen Gustav Kuhn wird „Die Hochzeit“ voraussichtlich gemeinsam mit „Gianni Schicchi“ auch an anderen Orten aufführen.

INFO Ernst Ludwig Leitner, Alois Schöpf: Die Hochzeit (UA) Freitag, 30. Juli 2010, 20.00 Uhr Tiroler Festspiele Erl www.tiroler-festspiele.at

© GERHARD BERGER

Haben Sie bestimmte Vorstellungen davon, welche Melodie zu einem Text passt? Von der Melodie nicht, aber die Rhythmik denke ich immer mit – und daran hält sich Leitner, ohne dass ich ihn je dazu aufgefordert hätte. Die Taktart ist immer dem Sprachrhythmus angepasst und es gibt viele Rhythmuswechsel.

Alter Stoff – neues Kleid Bei den Tiroler Festspielen Erl dirigiert der künstlerische Leiter Gustav Kuhn die Uraufführung des Operneinakters „Die Hochzeit“ von Alois Schöpf und Ernst Ludwig Leitner. Esther Pirchner sprach mit dem Librettisten und SAISON-Kolumnisten Schöpf über sein drittes Opernprojekt.

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AISON: Herr Schöpf, nach der „Sennenpuppe“ und „Hofers Nacht“ ist „Die Hochzeit“ Ihre dritte Oper, die zweite mit dem Komponisten Ernst Ludwig Leitner. Haben Sie das Metier des Musiktheaters für sich entdeckt? ALOIS SCHÖPF: Ich habe einfach viel Oper gehört, das kommt mir beim Schreiben zugute. Und es ist eine Freude, nach so langer Beschäftigung mit Musik auf diesem Gebiet selbst etwas zu machen. Aber natürlich hängt es auch von den Aufträgen ab. Es wäre ja sinnlos, eine Oper für die Schublade zu schreiben. Die Zusammenarbeit mit Ernst

Ludwig Leitner – auch mit Florian Bramböck, mit dem ich „Hofers Nacht“ gemacht habe – ist sehr unkompliziert. Wir haben einen ähnlichen Zugang zu Musik und Kunst, wir schätzen einander sehr, da muss nicht viel geredet werden. Worin unterscheidet sich das Schreiben eines Librettos von dem eines Prosatextes? Wenn ich für die Oper schreibe, singe ich die Texte innerlich mit. Leider fehlt mir die Fähigkeit, das, was ich denke, in Notentext umzusetzen, und ich beneide Leute, die das können, maßlos.

Wie „Die Sennenpuppe“ basiert auch „Die Hochzeit“ auf einer alten Sage. Was interessiert Sie daran? Hinter diesen alten Stoffen stehen nicht nur oft moderne Themen, sie haben auch eine ungebrochene Emotionalität. Bei der „Sennenpuppe“ ging es um das Begehren, bei der „Hochzeit“ geht es um die Frage: Verpasse ich das Leben, wenn ich nach dem Absoluten suche? Wie kann ich meine Rolle als Ehemann/ Ehefrau, als Familienvater/Mutter und so weiter wahrnehmen, wenn ich gleichzeitig Künstler oder Wissenschaftler bin? Das Beeindruckende an Leitners Komposition ist, dass auch sie Altes und Aktuelles in sich vereint. Er verarbeitet zum Beispiel BachChoräle und schaff t trotzdem heutige Musik. Er ist wirklich ein Fuchs! Das klingt danach, als würden Sie auch weiterhin gerne zusammenarbeiten. Ja, wir haben auch schon ein neues Projekt – Orpheus kehrt zurück –, aber dafür suchen wir noch einen Auftraggeber. Vielen Dank für das Gespräch.

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Tirol ist ein Land der begeisterten Schauspieler, was anhand der (Freiluft-)Aufführungen im Sommer besonders deutlich wird. Auf den Bühnen des Landes tummeln sich dann vor allem begeisterte Amateure und semiprofessionelle Schauspieler.

Manfred Schild setzt dem „Kanzler Bienner“ (Werner Klikova, im Bild mit Claudia Lugger als Claudia von Medici) in Rattenberg ein literarisches Denkmal.

VON ES THER PIRCHNER

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in Blick in den Kalender des Theater Verbandes Tirol beweist: In jedem Tal, in jeder Stadt und in etlichen Dörfern wird Theater gespielt, was das Zeug hält. In Rum feiert man das 20-jährige Bestehen des Theatervereins mit der Aufführung von „Campiello“ von Peter Turrini nach Carlo Goldoni, für die Schlossbergspiele in Rattenberg hat Regisseur und Autor Manfred Schild die Geschichte des „Kanzlers Bienner“ neu geschrieben und inszeniert, im Gasthof Sonne in Imst spielt das Sunne Theater Imst Gerhart Hauptmanns „Der Biberpelz“, auf der Festung Kufstein wird „Die Dreigroschenoper“ von Bert Brecht und Kurt Weill gegeben, auf der Geierwally Freilichtbühne in Elbigenalp „Eine Handvoll Heimat“, am Glockenhof in Tulfes „Romed und Julia“, beim Festival „Stummer Schrei“ mehrere Eigenproduktionen, darunter das Krimifreilichtspiel „Für immer Stumm“ von Ulli Brée.

Mit Enthusiasmus.

Es versteht sich von selbst, dass hinter all dem Textlernen, Kostümeschneidern, Schminken und Büh-

nenbildbauen großer Enthusiasmus steht, schließlich geht der Großteil der bei den Amateurtheatern beschäftigten Leute acht Stunden am Tag „gewöhnlichen“ Jobs nach und schlüpft erst in der Freizeit in die unterschiedlichsten Rollen. Carlo Krismayr, der seit 2006 das von ihm gegründete Sunne Theater Imst leitet und für ein Telefoninterview die Arbeit an einem Regal unterbrechen muss, das er für die Aufführung baut, engagiert sich das ganze Jahr über fürs Theater. Ist das eine Stück abgespielt, kommen die ersten Vorschläge fürs nächste Jahr. Auf die Auswahl eines passenden Theaterstoffes folgen zwei Monate der Textadaption. Manche seiner Kollegen würden den Fehler machen, dass sie klassische Stücke in Originallänge spielten, meint er, und dann gingen die Leute um halb zwölf verärgert nach Hause. Deshalb wird auch „Der Biberpelz“ des Sunne Theaters nicht mehr als 85 Minuten dauern und – so wie im Original im Berliner Dialekt – in Imst im Oberländer Dialekt zu hören sein. Im Idealfall studieren die Schauspieler dann zu Hause ihren Text, darüber

hinaus erstrecken sich auch die Probenzeiten über einen längeren Zeitraum als bei professionellen Bühnen. Dreieinhalb Monate sind bei den Tiroler Bühnen ein durchaus üblicher Probenzeitraum, bis alles sitzt. Dies ist auch eines der wesentlichsten Dinge, die ein Theaterensemble wie jenes der Schlossbergspiele Rattenberg, das auf sehr hohem Niveau agiert, von einem professionellen Theater unterscheiden, meint Manfred Schild, Leiter des Innsbrucker Kellertheaters und zum dritten Mal bei den Schlossbergspielen als Regisseur beziehungsweise Autor tätig.

Dem Ort angepasst. Wie in Rattenberg gehört es auch sonst in Tirol längst zum ambitionierten Schauspiel, dass sich Amateurtheatergruppen mit professionellen Autoren, Regisseuren, Kostümbildnern oder Technikern zusammentun. Damit einher geht auch eine Entwicklung weg vom reinen Sommertheater „hin zur semiprofessionellen Theaterkultur in Tirol“, wie Ekkehard Schönwiese vom Theater Verband Tirol konstatiert.

© GABRIELE GRIESSENBÖCK

Verspielte Tiroler


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Rund um den Campiello geht’s beim Forum Rum rund.

Dramatische Szenen spielen sich beim Gasthof Sonne ab, wenn das Sunne Theater Imst Gerhart Hauptmanns Biberpelz spielt.

© THEATERVEREIN RUM, JOHANNA DROST, GABRIELE GRIESSENBÖCK

Autor und Regisseur Manfred Schild im Kreise der Darsteller bei den Schlossbergspielen Rattenberg


Große Erwartungen kann man unter diesem Gesichtspunkt in die Aufführung des Theatervereins Rum setzen, der sich für „Campiello“ mit dem Regisseur Markus Plattner zusammengetan hat und mit ihm das bisher größte Projekt seiner 20-jährigen Geschichte verwirklicht. Die Auswahl des Stückes hat unmittelbar mit dem Spielort zu tun, dem Freiluftbereich des Forums in Rum: Denn der dem Theaterstück seinen Namen gebende Campiello ist ein Platz in Venedig, rund um den sich Szenen von „Unterhaltung und Streiterei, Eifersucht und Liebschaften, Betrug und Lust“ abspielen – ein ganz normaler Ort kleinbürgerlichen Zusammenlebens also, wie er in jedem Dorf zu finden ist und auch auf der mehrstöckigen Freiluftbühne in Rum entstehen wird. Das verbindet die Rumer mit den Stummern, denn eines der Hauptprojekte des Theater- und Kulturfestivals „Stummer Schrei“, das alle zwei Jahre im Zillertal stattfindet, ist die Uraufführung des Auftragswerkes „Für immer Stumm“ von Ulli Brée. Der Autor, der unter anderem für Fernsehproduktionen wie „Vier Frauen und ein Todesfall“ und „Der schwarze Löwe“ verantwortlich zeichnet, hat für den Verband Zillertaler Volksschauspiele (VZV) eine Art moderne Bauernkrimiposse mit Gesang entworfen, die als Spiel im Spiel konzipiert ist und somit quasi in der realen Welt des Zillertales als ländlicher Krimi in Szene gesetzt wird.

Geschichte spielen.

Dass sich die Schauspieler des VZV gegenseitig an die Gurgel gehen, muss man trotzdem nicht fürchten. Dass man auf den Tiroler Bühnen aber durchaus auch Ernstes zu sehen bekommt, zeigen die Aufführungen in Tulfes und bei den Geierwally Freilichtspielen in Elbigenalp. Für den Glockenhof hat Ekkehard Schönwiese aus Shakespeares „Romeo und Julia“ „Romed und Julia“ gemacht, Claudia Lang bespielt ihre „Hausbühne“ in Elbigenalp mit dem Stück „Eine Handvoll Heimat“, das von der Emigration von Tirolern und Rheinländern nach Pozuzo in Peru Mitte des 19. Jahrhunderts erzählt. Damit knüpft Lang an eine ganze Reihe von Sozialdramen bei den Geierwally Freilichtspielen an, die sich mit der Geschichte Tirols beschäftigten. Und vielleicht gelingt es auf diese Weise ja am besten, die Menschen auf und vor der Bühne mit ihrer eigenen Geschichte in Verbindung zu bringen und die Erlebnisse der dargestellten Figuren nachfühlen zu können. ×

© NORBERT VALENTA

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„Der Anspruch der Bühnen verändert sich“ Priska Teran vom Theater Verband Tirol im Interview

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AISON: Wie viele Theatergruppen und Schauspieler gibt es in Tirol? PRISKA TERAN: Dem Theater Verband Tirol gehören zirka 300 Mitgliedsbühnen an, insgesamt spielen ungefähr 7000 Personen regelmäßig, manche von ihnen einmal, manche dreimal pro Jahr. Sind vor allem Laien im Theater Verband organisiert? Rund 90 Prozent der Schauspieler sind Laienspieler, die in ihrer Freizeit Theaterarbeit betreiben.

Welche Fortbildungen bietet der Theater Verband Tirol an? Wir veranstalten einmal pro Jahr die Bildungstage am Grillhof, bieten Schauspieltraining, Regielehrgänge, Kurse für Maskenbildner, Clowntheater, Kindertheater usw. an. Das Angebot richtet sich nach den Bedürfnissen der Spieler. Schlägt sich dieses Angebot in der Arbeit der Laientheater nieder? Ja, wir bemerken, dass sich der Anspruch der Bühnen verändert. Die Auswahl der Stücke geht immer mehr vom Bauerntheater weg – hin zu Boulevardkomödien, klassischen Komödien und ernsten Stücken. Auch ein Trend zur Moderne ist feststellbar. Vielen Dank für das Gespräch.

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SOMMERTHEATER STADTTHEATER KUFSTEIN: Bert Brecht/Kurt Weill, Die Dreigroschenoper, Festung Kufstein, 5. Juni bis 8. Juli 2010 THEATERVEREIN RUM: Carlo Goldoni/Peter Turrini, Campiello, Forum, Rum, 11. bis 26. Juni 2010 SUNNE THEATER IMST: Gerhart Hauptmann, Der Biberpelz, Gasthof Sonne, Imst, 12. Juni bis 11. August 2010 SCHLOSSBERGSPIELE RATTENBERG: Manfred Schild, Kanzler Bienner, Rattenberg, 2. Juli bis 7. August FREILICHTSPIELE AM GLOCKENHOF: Ekkehard Schönwiese, Romed und Julia, Glockenhof, 2. Juli bis 7. August 2010 GEIERWALLY FREILICHTSPIELE: Claudia Lang, Eine Handvoll Heimat, Elbigenalp, 9. Juli bis 28. August 2010 FREILICHTTHEATER SCHLOSS STUMM: Stummer Schrei, Stumm, 10. Juli bis 29. August 2010 Die Termine aller Veranstaltungen finden sich auf www.theaterverbandtirol.at


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Urlaub in Tirol wird mit einer Gesamtauflage von 290.000 Stück der Presse am Sonntag und der Süddeutschen Zeitung beigelegt. Die nächste Winter-Ausgabe erscheint am 17. Oktober 2010. Nähere Informationen: office@zielgruppenverlag.at oder 0512/58 6020.


65 KOMMENTARE SAISON

Was sagt der Hund, wenn er bellt?

D

V O N A LO I S S C H Ö P F

ie Umgebung von Reith im Alpbachtal ist eine Idylle. Die Höfe liegen inmitten von Feldern und schauen aus, als kämen sie aus dem Kramsacher Höfemuseum. Dabei werden sie noch immer bewirtschaftet, und das mit viel Gespür für Schönheit. Und mit viel Gespür für den Gast, der daran vorbeigeht. Denn nicht nur die Wege sind bestens markiert, auch kein Hund passt auf, um die Bewohner vor bösen Fremden zu schützen. Nur ein paar verschlafene Katzen streifen herum oder liegen faul in der Sonne. Dass dies nicht selbstverständlich ist, bestätigte mir das französische Ehepaar, mit dem ich in Reith unterwegs war: In

Daher gestehe ich auch, dass ich jedes Herrl, das mir mit sadistischem Grinsen versichert, noch niemals habe sein Viecherl jemanden gebissen, am liebsten auf den Mond schießen würde. Ich will nicht nur nicht gebissen werden. Ich will auch nicht angebellt werden. Und ich will auch nicht Angst haben müssen. Da es viele Leute gibt, die sich vor Hunden fürchten, ist es nicht unerheblich für den Tourismus eines Landes und für die Qualität seiner Gastfreundschaft, ob ein Gebiet hundeverseucht ist oder nicht. Ich statte daher all den Tiroler Bauern, Villen- und Hausbesit„Es ist nicht unerheblich für den Tourismus eines zern, die dem Spaziergänger und Wanderer einen Landes und für die Qualität seiner Gastfreundschaft, kläffenden Köter ersparen, meinen herzlichen Dank ob ein Gebiet hundeverseucht ist oder nicht.“ ab. Und ich begrüße es, was alle anderen betriff t, mit Freude, wenn die Einführung des HundeführerFrankreich gehören aggressive Kettenhunde zu jedem Hof. Und scheins, kombiniert mit saftigen Strafen, in immer mehr Ländern ich erinnere mich an Hape Kerkelings Buch über seine Pilgerreise zumindest ein gesteigertes Problembewusstsein erkennen lässt. nach Santiago de Compostela: Wenn es richtig brenzlig wurde, Denn in einer Gesellschaft, in der bestimmte Zeitgenossen waren es meist streunende Hunde, die ihm den Weg verstellten. auszucken, sofern jemand im Nichtraucherbereich zur Zigarette Oder ich erinnere mich an die Promenadenmischungen in Abgreift, ist es höchste Zeit, dass angesichts jährlich Hunderter von bano und Montegrotto, die aus betonierten Palladio-VorstadtBissen und nicht wenig Totgebissener der Hund auch als das beimitaten hervorschießen und penetrant in den Himmel kläffen: trachtet wird, was er noch immer mehr oder weniger ungestraft Hau ab! Du bist hier unerwünscht! sein darf: eine äußerst gefährliche Waffe! × Ich habe mit Hunden Probleme. Ich fürchte mich vor ihnen Alois Schöpf lebt als Journalist und Schriftsteller in Lans. und das merken sie natürlich, was alles noch schlimmer macht.

M

Im Donauknie

VON ERNS T MOLDEN

eine Liebste und ich haben nach unglaublichen spanntheit bedacht, gönnt er diese auch dem Nächsten, wobei acht Jahren im Dienste unserer Brut den ersten er sich grundlegend vom Wiener, zweihundert Donaukilometer zweisamen Kurzurlaub unternommen, es ging aufwärts, unterscheidet, der, äh, andere Vorzüge hat. nach Ungarn. Wir bezogen in Budapest zwei Unsere Tage in der ungarischen Kapitale vertieften diesen unglaublich komfortable Nächte lang das einmalige Jugendstilhotel Eindruck, ebenso wie die lange, verzögerte, staunende Heimfahrt Gellert, ein Haus, das mit seinem angeschlossenen, grottenartigen durch das Donauknie. Thermalbad wirkt, als habe der Architekt seinerzeit ein MärchenDer touristische Ansatz der Ungarn scheint zu sein, alles buch aus seinen Kindertagen in die dritte Dimension überführt. das, was man selbst am meisten genießt, dem Besucher genauso Vielfarbige Glasfenster, auf denen sich magyarische und maurische anzubieten. Die Ungarn lieben das Dampfbad, der Reisende wird Motive begegnen, Türmchen, Treppen und geheimnisvolle Lifte, die, von al„Der touristische Ansatz der Ungarn scheint zu sein, ten Budapester Damen gesteuert, in alles das, was man selbst am meisten genießt, dem dämmrige Gegenwelten abtauBesucher genauso anzubieten.“ chen. Endlose Korridore, dämpfende Teppiche, hallende Stiegenhäuser, enorme Säle. Ein Hotel ebenfalls dazugebeten. Die Ungarn verzehren für ihr Leben gern wie eine Geschichte von Roald Dahl. Und dann Wels in unglaublich geiler, paprikalastiger Sauce, man reicht das dieses Bad: Die Therme im Gellert ist öffentlich, jeGericht auch dem Touristen. Der Tourist fährt ins malerische der Budapester darf sie besuchen, den Hotelgästen Donaudörflein Szentendre, dort ergeht sich auch der Magyare steht allein das Privileg frei, im plüschigen Bademantel bei Speis, Trank und Donaukorso. mit einem dieser exklusiven Aufzüge direkt in die Welt des In der Welt des so verfeinerten, vielfältigen, hochkompeDampfes abzutauchen. tenten Austro-Fremdenverkehrs taucht dann doch immer wieder Und da unten hockt oder dümpelt oder das gespenstische Gefühl eines Potemkinschen Dorfes auf, dass schwimmt man dann, von feuchten Schwaden also hier etwas her- und vorgezeigt werde, was es (für die Hieumwabert, Seite an Seite mit dem badensigen) eigentlich nicht gibt. Da wären die Ungarn, genauso wie den Budapester. Und dieser ist, wie der beim Thema Entspanntheit, willige Lehrmeister. × Budapester im Allgemeinen, ein hochErnst Molden lebt als Dichter und Songwriter in Wien. Eben wurde sein Singfreundlicher Mensch. Auf eigene Entspiel „Häuserl am Oasch“ am Rabenhoftheater uraufgeführt.


66 NACHGEFRAGT SAISON

15 FR AGEN AN ...

Hansi Neuner DREI SCHÖNE ORTE AUF DER WELT (AUSSERHALB TIROLS): Pucon – Chile, Bariloche – Argentinien, Fuschl am See DIE GRÖSSTEN TUGENDEN IM TOURISMUS: Gästebindung durch Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Begeisterung für die eigene Region DIE GRÖSSTEN SÜNDEN IM TOURISMUS: Kirchturmdenken, Fließbandabfertigung, den Wandel der Ansprüche negieren WO HÖRT EXTREM AUF UND FÄNGT VERRÜCKT AN: Selbstüberschätzung und neurotische Selbstdarstellung führen gerne zu Produkten oder Aktionen, die nur mehr peinlich und lächerlich sind DIE GRÖSSTE HERAUSFORDERUNG MEINES LEBENS: Schicksalsschläge zu bewältigen DAS BRAUCHT EIN VERANSTALTER NEBEN GUTEN NERVEN: Ein super Netzwerk und das Gespür, die richtigen Acts am richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt zu planen DIE STÄRKEN DES TIROLER TOURISMUS: Einzigartige Infrastruktur, eine erschlossene Natur und eine über Generationen erlernte Dienstbarkeit am Gast DIE SCHWÄCHEN DES TIROLER TOURISMUS: Dass wir uns von unseren Stärken abwenden, den Tourismus oft als Belastung, als Sündenbock sehen, dass von unserer ehrlichen Gastfreundschaft nicht mehr viel übrig ist und immer weniger im Tourismus arbeiten wollen DAS LANGWEILT MICH: Menschen, die in ihrer naiven, konservativen Art alles kritisieren, alles verhindern, nichts bewegen, aber auf ihr Recht auf Arbeit, Strom, Auto etc. pochen DA HABE ICH MICH DAS LETZTE MAL GEFÜRCHTET: Wenn einem durch Umweltkatastrophen wie die lecke Ölplattform vor den USA wieder mal bewusst wird, wie dumm die Menschheit und wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass menschliche Gier den ganzen Planeten zerstört DIE BESTE IDEE DER LETZTEN FÜNF JAHRE: Börsenspekulanten den Garaus zu machen, da sie mit Arbeitsplätzen und somit Menschenleben gambeln LETZTER URLAUB (WANN UND WO): Jänner 2009 in Pucon, Chile RESPEKT HABE ICH VOR: Persönlichkeiten, die was bewegen, was verändern, was tun, von der Politik über die Wirtschaft bis hin zum Tier- und Umweltschutz ICH LERNE VON: Allem und jedem um mich herum, da heißt’s gute Dinge annehmen und weitergeben, schlechte Dinge abstellen und zu verhindern suchen DAS KÖNNEN TIROLS TOURISTIKER GUT GEBRAUCHEN: Den Pioniergeist und die positive Einstellung zum Tourismus ihrer Väter und Großväter

Hansi Neuner ist Ideengeber und Geschäftsführer des kürzlich eröffneten Outdoor-Erlebnisparks Area 47 am Eingang des Ötztales.


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