Die Kirche »St. Trinitatis« in Camburg Der trutzige Bergfried der Camburg auf dem Turmberg prägt das Bild der Stadt. Als Karl der Große im 8. Jahrhundert an der Saale die Grenzen seines Frankenreiches befestigen ließ, beherrschte die ursprünglich aus Holz errichtete Befestigungsanlage die Saalefurt. Die Könige Heinrich I. und Otto I. bauten dann eine feste Burg mit diesem massiven Wehrturm. Das garantierte ihnen Wegezölle und erleichterte es, nach Osten ins Slawenland zu expandieren. Ab 1088 regierte hier der Wettiner Graf Wilhelm von Camburg. In Erkenntnis des sündigen Lebenswandels auf ihr Seelenheil bedacht, ließen Adelige damals Kapellen und Kirchen bauen. Vor diesem Hintergrund entstand unterhalb Camburgs eine dreischiffige romanische Pfeilerbasilika, deren Rudiment, die Cyriaksruine, als bedeutendes Zeugnis frühmittelalterlichen Kirchenbaus und als Quelle vieler Legenden gilt. Wilhelm von Camburg stiftete große Ländereien an das Bistum Naumburg unter seinem Bruder Günther. Er verewigte sich so als eine der berühmten Stifterfiguren im Naumburger Dom. Auf der Camburg selbst entstand 1210 eine Burgkapelle. Um 1200 herum datiert auch der Bau der ersten „steinernen“ Kirche am heutigen Kirchplatz. Der wehrhafte Turm der jetzigen stammt noch aus dieser Zeit. Kurz vor der Reformation, die 1539 in Camburg Einzug hielt, erfolgte ihr Umbau zur Hallenkirche im spätgotischen Stil. Eigentlich ein Anbau an den alten Turm. 1701 schlägt während des Gottesdienstes der Blitz ein und erschlägt sechs Menschen. Die Kirche brennt nieder, nur der alte Turm widersteht der Katastrophe. Sie erhält ein neues Schiff und wird 1708 zum Dreifaltigkeitsfest am Sonntag nach Pfingsten als „St. Trinitatis“ geweiht. Der damalige Superintendent Nathanael Mylius entwarf den kostbaren Kanzelaltar, den ein Jenaer Bildhauer namens Poppe 1712 fertigstellte – vor genau 300 Jahren. In dem kunstvollen Schnitzwerk versinnbildlichte er das streitbare und das siegreiche Christentum: Christus reicht dem Streitenden mit Schwert, Schild und Helm zu seiner Rechten die Bibel als geistliche Waffe und dem über das Böse Siegreichen links, mit Palmzweig und Lorbeerkranz, die Krone. Über dem Christus der Jahwe glorifizierende Strahlenkranz, unter ihm die Taube – Symbol für den Heiligen Geist. Die Gebrüder Poppe, aus der in Jena, Altenburg, Schleiz und Roda ansässigen
Orgelbauerdynastie, bauten 1885 eine neue Orgel. Im Jahre 1890 erlitt die Kirche wiederum schwere Schäden, diesmal infolge eines verheerenden Hochwassers. Durch den unumgänglichen Neubau entstand sie 1899 in ihrer jetzigen Gestalt, mit dem wiederum standhaft gebliebenen alten Turm. Auch der Kanzelaltar überstand die Sündflut. Die Trinitatiskirche beeindruckt als ein in einer Kleinstadt unerwartet imposantes Bauwerk. Durch seine noch eimal fast turmhohe schlanke Haube ragt es über sechzig Meter in den Himmel. Wie ein Fingerzeig des Herrn: „Seht, da ist euer Gott“. Den architektonischen Wegweiser ergänzt die Kanzelinschrift: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid – ich will euch erquicken“. Die Kirchgemeinde nimmt das wörtlich und öffnet ihr Gotteshaus sommers wie winters, täglich von 7 Uhr bis zur Dunkelheit. „Unsere Kirche ist eine in festem Stein, dunklem Holz und warmen Farben Gestalt gewordene Predigt, die zur Stille führen will – und aus der Stille Kraft vermitteln. Vielleicht suchen Sie sich einen Platz, an dem Sie sich wohlfühlen. So wie Sie vielleicht gerade unterwegs sind, so sind wir alle unterwegs durchs Leben. Viel in Bewegung. Aber Ruhe brauchen wir auch. Zeit zum Innehalten, für uns selbst, für Gott. Aber dann geht es wieder auf den Weg. Gestärkt durch die Stille an diesem Ort“, lädt Pfarrer Michael Greßler den vorübergehenden Wanderer und den rastenden Radler auf dem Saale-Radweg zur Einkehr, zur Besinnung in einer ruhelosen Gesellschaft, die selbst den Schlaf auf seinen ökonomischen Nutzen reduziert. Wer das 1998/99 sorgsam renovierte Kircheninnere betritt, spürt die spirituelle Ausstrahlung, die von den altehrwürdigen Hinterlassenschaften ausgeht, von Altar und Orgel, von Taufstein und Passionsrelief, vom freundlichen Licht, das spärlich durch die Buntglasfenster mit den Porträts von Luther und Melanchthon fällt. Wer Glück hat, trifft dabei auf das kirchenmusikalische Camburg. Neben den musikalisch begleiteten Gottesdiensten finden jährlich etwa 20 Konzerte statt. Meist in der Stadtkirche, aber zu besonderen Ereignissen auch in der Cyriaksruine und den Dorfkirchen. Gestaltet überwiegend durch eigene Ensembles
und Gruppen der Camburger Kantorei unter der Leitung von Kirchenmusikerin Dorothea Greßler: Von Kirchenchor, Liturgischem Chor, Kinderchor, Gospelchor, Instrumentalkreis, Flötengruppen. Oft gastieren Gesangssolisten, Soloinstrumentalisten, Chöre und Orchester von Rang in der Kirche. Diesen anspruchsvollen, musikalischen Ereignissen möchten die Camburger nun durch die Erneuerung der Orgel weiteren Glanz verleihen. Der Poppe-Orgel, 1899 von Oscar Ladegast aus Weißenfels umgebaut und 1967 von Gerhard Kirchner in einem neuen Gehäuse auf die untere Empore versetzt, verlieh zwischen 1970 und 1983 Tischlermeister und Orgelbauer Siegfried Schenke aus Frauenprießnitz bereits eine neue klangliche Qualität durch ein drittes Manual und 9 weitere Register. Viele Umbauten, zuletzt mit mangelbedingt minderwertigem Material, dazu der natürliche Verschleiß, führten zu teilweise irreparablen Schäden. Mit den 83% noch hochwertigen Pfeifen soll ihr „historischer“ Klang erhalten bleiben, ergänzt durch ein „Solowerk“ mit besonderen, der Moderne angepassten Klangfarben. Für 400.000 €. Ein Viertel dieser beachtlichen Summe spendete und sammelte die Kirchgemeinde bereits, ein weiteres soll ein Kredit decken. Für die fehlende Hälfte hofft sie auf Spender, Sponsoren und Stifter. Dazu beitragen sollen Konzerterlöse und der beliebte, nach neun Jahren schon traditionelle Kirchplatzmarkt. Die Kirchgemeinde mit Handarbeiten, Gewerbe, Trödler und Imbissbuden sorgen für Umsatz, reges Leben und Treiben. Kinderprogramme, Theater und Live-Musik im Pfarrgarten für frohe Stimmung. Mit Christine Lieberknecht als Schirmherrin über die „Königin der Instrumente“ gelingt es den Camburgern ganz gewiss, für Thüringen ein weiteres wertvolles Kulturgut zu erhalten, um es zu nutzen. Spendenkonto: Kirchgemeinde Camburg – Konto 800 0271 bei der EKK Eisenach – BLZ 520 604 10
Evangelisch-lutherisches Pfarramt Camburg-Leislau Kirchplatz 8 · 07774 Dornburg-Camburg · Telefon 03 64 21/3 11 68 Pfarramt.Camburg-Leislau@web.de 9