Kirchenschätze

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Die Kirche in Gösen Zwischen Äckern und Hügeln liegt das Dorf Gösen. Ursprünglich eine kleine slawische Ansiedlung. Die erste Erwähnung fand sich in einer Urkunde aus dem Jahre 1219, als das Zisterzienser Nonnenkloster zu Eisenberg Land bei „Gisen“ geschenkt erhielt. Die Urkunde erwähnt auch schon eine Kirche. Wohl nicht in Gisen. Darüber fehlen jegliche Dokumente. Im 15. Jahrhundert gehörte „Gosen“ als Vorwerk den Schenken zu Tautenburg, die es 1484 an einen Eisenberger namens Conz verkauften, der es Mitte des 16. Jahrhunderts den Herren von Plausigk vermachte. Die damals allgemeine Sorge edler Herrschaften um ihr Seelenheil lässt vermuten, dass zum Rittergut eine Kapelle gehörte. So zitieren die Kirchenchronisten Conon und Julius Löbe in ihrer Kirchenund Schulchronik des Herzogtums Sachsen – Altenburg aus einem Protokoll der 1. postreformatorischen Kirchenvisitation im Jahre 1529 : „Gosen hat eine Capelle, ist kein sunderliche Pfarr, hat vorzeiten gen Konigshofen gepfarrt, wäre nachmals auch wieder dahin zu legen. In diesem Dörflein ist Melchior von Plausigk gesessen“. Auf dessen Bitte wurde das Dörflein denn auch nach Königshofen geschlagen. Die Löbes schreiben weiter“… die Kirche in Gösen, ziemlich in der Mitte des Dorfes, umgeben von dem Gottesacker gelegen, ist ein einfacher Bau von 15 Ellen Länge und 4 Ellen Breite und im Jahre 1811 reparirt worden“. Dass bereits 1697 eine gründliche Reparatur des Kirchleins stattfand, belegen Rechnungen von diversen Handwerkern aus der Gegend und von einem Zeitzer Glockengießer. Die überlieferte Prüfung der Rechnungen deutet darauf hin, dass sich die Gösener schwer taten, sie zu bezahlen. Die Gutsbesitzer scheinen nie sonderlich spendable Patrone gewesen zu sein. Dabei spielte sicher die jeweilige wirtschaftliche Lage des Gutes eine Rolle. Als am 7. Juni 1746 abends dort der Blitz einschlug, schrieb. Christoph Heinrich von Plausigk, der letzte seiner Sippe auf Gösen, an seinen Herzog: „… daß es der göttlichen Majestät gefiel, mich auf eine harte Probe zu stellen. Ein hitziger Donnerschlag war schon genug, alle meine Wirtschaftsgebäude nebst darin befindlichen Vorrath an Heu und Stroh, auch Wagen, Pflüge, Geschirre, in Summa alles und jedes, in Flammen zu setzen, daß weiter nichts übrig blieb als glimmende Asche“. Das bedeutete das Aus für die

Herrschaft der Plausigks. Sie verkauften 1748 das Gut, das danach häufig den Besitzer wechselte. 1811 begann der Umbau des verfallenden Gotteshauses in seine heutige Gestalt. Der damalige Pfarrer Johann Christoph Trautmann, zuvor Kantor in Camburg und seit 1801 in Königshofen für das Filial Gösen zuständig, holte bereits 1809 einen Kostenvoranschlag für die Reparatur der Orgel ein, „...die ihrer jetzigen Beschaffenheit nach der Andacht mehr hinderlich als beförderlich ist“, und 1810 einen vom Maurermeister Heidenreich aus Hainchen. Kirchenprotokolle sagen aus, dass Gösen die anfallenden Kosten nicht tragen konnte. Ungeachtet dessen genehmigte das Herzoglich Sächsische Konsistorium in Altenburg das Vorhaben. Das Rittergut sollte danach das Holz liefern und die Fuhren leisten, die Fröner die unentgeltlichen „Handdienste“ und dem Orgelbauer Verpflegung und Bett gewähren. Das Rittergut kam den Auflagen offenbar nicht nach, die Fröner wohl oder übel, denn nachdem die „Mauer gegen Mitternacht“ und die „an der Abendseite neu gemacht“, das Kreuzgewölbe abgerissen, der Turm abgetragen und wieder aufgebaut worden war, erfolgte 1812 die Weihe der quasi neuen Kirche. Allerdings konnte Gösen die Rechnungen für die Gewerke erst 1821 mit Hilfe des Konsitoriums, Spenden anderer Gemeinden und nur zur Hälfte begleichen. Der Königshofener Dachdeckermeister Friedrich Leopold Kirsch musste offenbar nicht so lange auf seinen Lohn für die 1867 ausgeführten Arbeiten warten, denn er reparierte 1886 und 1892 wieder das Kirchendach. 1904 übernahm das sein Sohn Huldreich, 1953 sein Enkel Fritz und 1988 und 1991 sein Urenkel Hans. Als nun 2012 erneut die Dachdeckung anstand, führt das Andreas Kirsch in fünfter Generation aus. Wegen eines weiter schallenden Geläutes ließ die Gemeinde 1861 die Glocken aus dem Jahre 1697 in Apolda umschmelzen. Am 2. Mai fand ein 24stündiges Probeläuten statt. Die kleine Bronzeglocke mit der Inschrift „Lasset die Kindlein zu mir kommen“ hängt heute noch im Turm, also seit 150 Jahren. Die große Glocke erlitt das Schicksal vieler Kirchenglocken: Im I. Weltkrieg eingeschmolzen, danach wieder ersetzt, im II. Weltkrieg der gleiche Nutzungswechsel von Frieden zu Krieg. 1963 bewirkte dann ein „Förderkreis zur

Beschaffung einer neuen Glocke“ den Guss einer eisernen in Apolda. Die Gösener sorgten auch in schwierigen Zeiten stets dafür, dass ihre Kirche im Dorfe bleibt. Mit dem erfreulichen Ergebnis, dass der Rat des Kreises Eisenberg die „Kapelle in Gösen, nordwestlich“ 1983 zum Denkmal erhob. Anett und Norbert Schreiber aus Gösen recherchierten die Chronik „ihrer“ Kirche und stellten sie freundlicherweise für diesen Text zur verfügung. Hartnäckig nagt der Zahn der Zeit an einem so altehrwürdigen Bauwerk. Mindestens so hartnäckig halten die Gösener dagegen. Zwischen 1988 und 1990 renovierten sie es erneut, verlegten Sandsteinplatten, setzten neue Fenster ein und installierten eine Elektroanlage. Da schlug am 30. August, während der Vorbereitungen für die Neueinweihung, der Blitz ein. Gott sei Dank entstand kein Brand, aber doch erheblicher Schaden. Nach dessen weitgehender Behebung tropfte es nur noch bei Regen durch das Turmdach in darunter aufgestellte Schüsseln. Petrus zeigte sich gnädig: ein niederschlagsarmer Winter bewahrte die Kirche vor größerem Schaden. Im Frühjahr deckte Hans Kirsch den Turm neu ein, der nun einen Blitzableiter bekam. Nach der Erneuerung des Glockenstuhles 2007 geht es jetzt um die Sanierung des Turmes selbst und um die Beseitigung des Hausschwamms. Wieder sind „Handdienste“ wie edle Spender aus der Gemeinde und anderswoher gefragt, als erforderliche Eigenleistung für Zugaben aus Lotto-Überschussmitteln und von der Landeskirche. Gelegenheit für jedermann, ein Scherflein dazu beizutragen, besteht zum Ostergottesdienst, zum traditionellen Himmelfahrtsgottesdienst unter freiem Himmel und zu Benefizkonzerten. Damit die kleine Gösener Kirche auch künftig das Dorf ziert, von alten Bäumen überragt, neben den schmuck renovierten Gebäuden des einstigen Rittergutes und der 140 Jahre alten, mächtigen, prächtigen Stieleiche.

Evangelisch-lutherische Kirchgemeinde 07607 Gösen Nr. 5 · Telefon 03 66 91/4 34 65 no.schreiber@t-online.de 16


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