Public Private Studie

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und Imageträger. Diese Doppelfunktion macht die Typografie zu einer der zentra­ len Säulen für die überzeugende Gestaltung eines Geschäftsberichts – zugleich aber zu einer der größten Herausforderungen. Denn trotz 6.000 Jahren Schriftgeschichte: Die optimale Schrift gibt es nicht. Eine gut lesbare Schrift kann, falsch eingesetzt, miserable Ergebnisse liefern und einen hervorragenden Inhalt konterkarieren, während eine exzellente Gestaltung auch mit einer vermeintlich schlecht lesbaren Schrift überzeugende Resultate liefern kann. Diese herausragende Bedeutung der Typografie zeigt sich auch bei Tabellen. Gerade weil bei ihnen der Gestaltungsspielraum begrenzt scheint, sind sie eine gestalte­ rische Herausforderung. Hier gibt es ebenfalls keine Standards, jedoch Kriterien der Lesbarkeit und der Systematik, die es zu beachten gilt. … Informationsgrafiken eröffnen Raum für das Setzen von einprägsamen visuellen Eckpunkten im Geschäftsbericht …

Eine wichtige Rolle spielen zudem Informationsgrafiken – sie ermöglichen dem Leser das schnelle Erfassen komplexer Zusammenhänge und eröffnen dem Ge­ stalter die Möglichkeit, für das Unternehmen einprägsame visuelle Eckpunkte im Geschäftsbericht zu setzen. Eindeutigkeit und Klarheit der Informationsvermitt­ lung stehen dabei an erster Stelle, was aber nicht Gleichförmigkeit und Langeweile bedeuten darf. Wenn der Gestalter um die Anforderungen einer gut lesbaren In­ formationsgrafik weiß, bieten sich ihm eine Menge Möglichkeiten, um aus einem einfachen Diagramm einen Imageträger zu machen. Das gilt gleichermaßen für den Einsatz von Bildern. War früher das Vorstands­ foto oft die einzige Fotografie, die extra für den Geschäftsbericht angefertigt wurde und man sich ansonsten aus dem Archiv bediente, so ist ein professionelles Bildkonzept mittlerweile unumgänglich. Ob durchgehend einheitliche Bild­ sprache oder Patchwork – das Konzept und die Authentizität sind entscheidend. Dauergrinsende Fotomodelle mit Telefon in der Hand oder bedeutungsschwan­ gere Metaphern wie Brücken sind zwar bei Bildagenturen schnell besorgt, aber der Glaubwürdigkeitsfaktor solcher Bilder geht gegen null. Viele Produktfotos bergen die Gefahr, aus dem Geschäftsbericht tendenziell eine Produktbroschüre zu machen, und eine Bildstrecke mit den schönsten Ansichten der Unternehmens­ zentrale ist noch lange kein Bildkonzept. Fotografie ist als Imageträger zu wichtig, als dass man sie auf die Funktion der visuellen Auflockerung reduzieren darf. Ein intelligentes Bildkonzept und dessen professionelle Umsetzung sind ein zentraler Bestandteil eines Geschäftsberichts – wobei der Begriff „Bild“ nicht nur auf die Fotografie beschränkt sein darf; auch Illustrationen können ein spannendes Bild­ konzept ergeben. Um seine Funktion als Imageträger des Unternehmens erfüllen zu können, muss sich ein Geschäftsbericht in das Corporate Design eines Unternehmens einfügen. Oder vielleicht doch nicht? Bei der Beziehungsfrage zwischen Geschäftsbericht und Corporate Design gibt es zwei Lager: Für die einen ist das Corporate Design verbindliche Grundlage für die Erstellung aller Unternehmenspublikationen, fast schon mit dem Charakter eines unumstößlichen Gesetzes. Die Unterordnung des Geschäftsberichts unter diese Regeln bedeutet oftmals ein in Stein gemeißeltes


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