ECO, LUVATA, MODINE

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ECO, LUVATA, MODINE

Für die Unternehmensentscheidungen von ECO galt das Versprechen eines Plöckentunnelbaus als ein wesentlicher Anreiz, in Kötschach-Mauthen zu investieren Trotz der peripheren Lage und begrenzten Infrastrukturanbindung

CONFINIUM

Enzo Unfer, Timau, Luxemburg Ingo Ortner, Mauthen, Wien

1) Kurzüberblick (Abstract)

Die am östlichen Ortsrand von Kötschach-Mauthen gelegene Wärmetauscherfabrik prägte über vier Jahrzehnte (spätestens seit Mitte/Ende der 1970er-Jahre) die industrielle Identität des Oberen Gailtals Unter wechselnden Eigentümern – ECO Wärmeaustauscher (später in internationale Gruppen eingebunden), Luvata Gailtal GmbH und zuletzt Modine Gailtal GmbH – wurden in einer bis zu 18 000 m² großen Produktionshalle Wärmetauscher und Kältetechnik-Aggregate für globale Märkte gefertigt Nach einer Phase beachtlicher Beschäftigung (spätestens seit den 1990ern und 2000ern) trafen die Finanz- und Absatzkrisen ab 2008, strukturelle Überkapazitäten und Konzernkonsolidierungen den Standort hart. Am 13. November 2017 kündigte der US-Konzern Modine die Schließung an; bis Jahresende 2017 wurde die Produktion eingestellt Betroffen waren – je nach Quelle – rund 146 bis 170 Arbeitsplätze. In den Jahren danach wurden Halle und Areal von einer lokalen Eigentümergruppe übernommen und als Industriepark Kötschach-Mauthen bzw „Karnische Werkstätten“ neu belebt.

2) Gegenstand und Quellenbasis

Gegenstand ist die Historie des Werkes (Gründung/Ansiedlung, Eigentümerwechsel, Produktprofil), die Beschäftigtenentwicklung in Eckpunkten, eine Standortanalyse (warum Kötschach-Mauthen?), sowie Schließungszeitpunkt/-gründe und Nachnutzung.

Quellen:

● Unternehmens- und Konzernmitteilungen (Modine-OTS 2017), Qualitätsmedien (Die Presse), ORF-Berichte (2009, 2013, 2020),

● Behörden- und Kommunalquellen (Chronik der BH Hermagor, Marktgemeinde),

● Studien/Projektberichte (Energieautarkie/JOANNEUM-RESEARCH 2009),

● Exposés/Unterlagen zur Nachnutzung (BABEG/Industriepark),

● Enzyklopädische Einträge zur regionalen Infrastruktur (Gailtalbahn) und kommunale Struktur

3) Historischer Abriss: Eigentümer und Meilensteine

3.1 Frühphase und Ansiedlung (spätestens 1976/1978)

● Zeitpunkt: Die BH-Chronik Hermagor verzeichnet „Fa. ECO in Kötschach errichtet“ im Jahr 1978 – mit dem Hinweis, dass dies den größten Industriebetrieb im Bezirk markierte. Demgegenüber nennt ein ORF-Rückblick 2020, dass „der Betrieb seit 1976 im Ort produziert“ habe Die Differenz ist plausibel erklärbar: Baubeginn/Errichtung (1978) vs. Vorläufer-/Anlaufproduktion bzw. unternehmerische Aktivität ab 1976 In lokalen Industrieansiedlungen jener Jahre sind Bau- und Produktionsstart oft versetzt. Für die vorliegende Studie werden beide Daten transparent berichtet

● Standort: Das Werk entstand im heutigen Industrieareal an der Industriestraße 450 (Ostseite von Kötschach, nahe der B111) Die Liegenschaft ist bis heute als Industriegebiet gewidmet; die Halle misst 18 000 m², die Gesamtliegenschaft rund 55.000–55.470 m²

3.2 Produktprofil und Marke „ECO“

Unter ECO wurden Wärmetauscher und Komponenten der Kälte-/Klimatechnik gefertigt (u. a. Verflüssiger, Verdampfer, Trockenkühler). Diese Produktlinie wird in der Modine-Markenwelt bis heute als ECO™ Heat Transfer Coolers fortgeführt (Produktfamilien: luftgekühlte Verflüssiger, Unit-Cooler, CO₂-Gas-Cooler etc.). Das belegt die technologische Kontinuität der Marke

3.3 Übergang zu Luvata (2007/2008 – 2016)

In den 2000ern gehörte der Standort zur Luvata-Gruppe (einem weltweit aktiven Kupfer-/HVAC-/Schweißtechnik-Konzern). Ein ORF-Bericht von 2009 nennt für Luvata in Kötschach-Mauthen „fast 300 Beschäftigte“ (Kurzarbeit infolge der Finanz- und Absatzkrise) Ein Landesreport (2010/11) führt Luvata Gailtal GmbH (vormals ECO) und listet 212 Beschäftigte (Einordnung: Maschinen- und Stahlbau) 2013 meldete der ORF für den Standort „bis zu 230 Mitarbeiter, zuletzt 173“ – mit angekündigten 70 Kündigungen (Konjunkturschwäche, gescheiterte Investitionsausweitung) Diese Abfolge zeigt bereits sinkende Beschäftigung und strukturellen Druck

3.4 Übernahme durch Modine und Schließung (2016/2017)

Am 30. November 2016 erwarb Modine die Luvata Heat Transfer Solutions; der Standort Kötschach-Mauthen wurde Teil der Modine-Familie. Am 13. November 2017 gab Modine die Schließung der Modine Gailtal GmbH bekannt – Begründung: Abbau von Überkapazitäten und Konzentration der Produktion im Konzern (Langfriststrategie).

Medien berichten von 146 bis 150 (Die Presse) bzw rund 170 verlorenen Jobs (ORF) Der Produktionsstopp erfolgte bis Jahresende 2017.

4) Spezialisierung: Technologie und Märkte

Die Fertigung umfasste die klassische Palette industrieller Wärmetauscher für Kälte-/Klimatechnik und industrielle Prozesskühlung – luftgekühlte Verflüssiger, Unit-Cooler, CO₂-Gas-Cooler, Trockenkühler u. ä. Das Portfolio ist in der Modine/ECO™-Produktfamilie gut dokumentiert und erklärt die transnationalen Abnehmer (Handel/Kältetechnik, Lebensmittelkühlung, Industrieanlagen, ggf. CO₂-Transkritik). Damit war Kötschach-Mauthen Weltmarkt-integriert – ein Vorteil in Boomphasen, aber ein Risikofaktor in globalen Krisen (Nachfragerückgänge schlagen direkt durch).

5) Beschäftigtenentwicklung (Zeitstrahl & Eckdaten)

Eine lückenlose offizielle Zeitreihe liegt öffentlich nicht vor; aus journalistischen Meldungen, Landesreports und Konzernangaben ergibt sich jedoch eine belastbare Chronologie von Eckpunkten:

● späte 1970er / frühe 1980er: ECO errichtet und wird größter Industriebetrieb im Bezirk Hermagor (qualitativer Indikator; absolute Zahl nicht genannt)

● 2009 (Luvata): „fast 300 Beschäftigte“ (Kurzarbeit)

● 2010/11 (Luvata): 212 Beschäftigte (Landesreport; Branche Maschinen-/Stahlbau)

● 2013 (Luvata): Historischer Peak „bis zu 230“ , zuletzt 173; 70 Kündigungen angekündigt

● 2017 (Modine): Schließung; Betroffene ca. 146 (OTS) bis 150 (Die Presse) – teils als rund 170 beziffert (ORF)

Interpretation: Der Standort erlebte Aufbau und Expansion bis in die 2000er, gefolgt von Kontraktion nach 2008. Zwischen 2009 und 2017 zeigen die Werte eine deutliche Reduktion (von ~300 auf <200), ehe 2017 die Endeinstellung folgte

Hinweis zur Datenqualität: Die Zahlen 2009–2017 sind quellenbasiert; frühere Jahrzehnte sind in öffentlichen Online-Quellen nur qualitativ (Größenordnung „größter Industriebetrieb“) belegbar Für eine exakte Langzeitreihe wären interne Betriebsstatistiken oder Kammer-/AMS-Archivdaten heranzuziehen

6) Warum wurde die Fabrik in Kötschach-Mauthen errichtet?

Die Standortwahl wird in den zugänglichen Quellen nicht in einem einzigen offiziellen Statement „begründet“ Aus kontextuellen und amtlich belegten Faktoren lässt sich jedoch ein plausibles Standortbündel rekonstruieren:

1. Verfügbarkeit eines Industrieareals & Erreichbarkeit

Die Halle liegt 100 m von der B111 und nur ~600 m vom Ortskern entfernt; die Flächenwidmung Industriegebiet ist dokumentiert. Das entspricht den Anforderungen einer mittelgroßen Serienfertigung (Ein- und Ausbringung, Lkw-Logistik, Werksverkehr)

2 Arbeitskräfte- und Gewerbetradition

Kötschach-Mauthen wird (kommunale und enzyklopädische Einträge) als regionaler Produktionsstandort mit traditioneller Metall-/Handwerkserfahrung beschrieben; die Produktion von Wärmetauschern wird als wirtschaftlich bedeutend genannt. Dies deutet auf verfügbares technisches Personal bzw Qualifizierbarkeit hin

3 Regionale Entwicklungspolitik Ende der 1970er

Die BH-Chronik vermerkt 1978 die Errichtung von ECO und die Rolle als größter Industriebetrieb – ein Indiz, dass die Industrieansiedlung ausdrücklich gefördert bzw. politisch gewollt war (Strukturstärkung Oberes Gailtal). IWF wird dabei in der Chronik erwähnt, was zeittypisch auf Industrie-/Wirtschaftsförderung hinweist

4 Energie- und Nachhaltigkeitsverbund (später)

Bereits vor 2010/2009 war die Gemeinde energiepolitisch aktiv (AAE Ökostrom, Biogas Würmlach) Eine JOANNEUM-RESEARCH-Studie (2009) prüfte für Luvata die Versorgung mit Prozesswärme aus Biogas (technisch/ökonomisch grundsätzlich möglich; ~390 t CO₂ Einsparpotenzial p a ) Das belegt: Der Standort konnte „grüne“ Energiekopplung nutzen – ein Plus für Betriebskosten und PR-Wirkung

5. Infrastruktur: Bahnanschluss (bis 2016)

Die Gailtalbahn verband Hermagor und Kötschach-Mauthen seit 1916, der Abschnitt wurde allerdings am 11. Dezember 2016 eingestellt. Für die Ansiedlungsphase und Jahrzehnte danach war die Schiene jedoch in Funktion, was bei Material- und Produktlogistik in den 1980/90ern vorteilhaft war.

6. Grenznahe Lage / Alpen-Adria-Bezug / Plöckentunnel-Versprechen

Kötschach-Mauthen liegt nahe zur italienischen Grenze (Plöckenpass) Für eine exportorientierte Kälte-/Klima-Industrie begünstigt das Alpen-Adria-Netzwerk

Einkauf/Vertrieb (Norditalien gilt als starker HVAC-Markt) Dieser räumliche Vorteil wird – indirekt – auch heutiger Standortkommunikation (Industriepark) zugeschrieben Das Hauptargument für die Ansiedelung war allerdings das Plöckentunnel-Versprechen in den 1970er-Jahren

Fazit Standortwahl: Flächen, Erreichbarkeit, Arbeitskräftepotenzial, regionale Förderung und eine infrastruktur-/energieseitige Einbettung (Straße, Bahn bis 2016, Ökostrom-/Biogasoptionen) bilden zusammen ein stringentes Standortnarrativ – stimmig für eine mittelgroße Serienfertigung mit internationaler Absatzorientierung

7) Der Weg in die Krise: Auslöser und Dynamik

● Der Plöckentunnel kam bekanntlich nicht

● 2008/09 verschlechterte sich der Markt für industrielle Kälte/Anlagenbau spürbar; Kurzarbeit wurde 2009 bei Luvata eingeführt (fast 300 Beschäftigte) Das verweist auf Auftragsrückgänge

● 2013 folgte eine weitere Anpassungswelle: „bis zu 230, zuletzt 173“ , 70 Kündigungen angekündigt – und Hinweise auf gescheiterte Investitionspläne zur „neuen Produktionsschiene“. Das zeigt: Innovations-/Skalierungsvorhaben fanden keine ausreichende Kapitaldeckung oder keinen belastbaren Business Case

● 2016/2017: Nach dem Konzernkauf (Luvata → Modine) kam die Strategie der Kapazitätsbündelung zum Tragen; Modine benannte 2017 explizit den Abbau von Überkapazitäten und die Konzentration auf stärkere Werke In Summe führte die Kombination aus zyklischem Druck, Überkapazitäten und Konzernpriorisierungen zur Standortaufgabe

8) Schließung: Zeitpunkt und Gründe

● Ankündigung: 13. November 2017 (Modine-OTS).

● Produktion eingestellt: bis Jahresende 2017.

● Betroffene Stellen: 146 (Modine-OTS), 150 (Die Presse), rund 170 (ORF-Rückblick 2020)

● Begründung laut Modine: Überkapazitäten abbauen, Produktion konzentrieren, Langfriststrategie

● Kontext (ORF 2020): Der Betrieb sei bereits „mit Wirtschaftskrise 2008 in die roten Zahlen geschlittert“.

Plöckenpass - Seite 9 - Passo di Monte Croce Carnico

Bewertung: Der Standort Kötschach-Mauthen fiel nicht wegen lokaler Faktoren (Arbeitsdisziplin, Qualität) – dafür gibt es keine Hinweise – sondern weil er in der globalen Werksnetz-Optimierung eines Großkonzerns nicht mehr priorisiert war Die Skaleneffekte größerer Werke, Transportkosten, Investitionsbedarfe und bedarfsgerechte Auslastung gaben den Ausschlag

9) Folgen für Region und Beschäftigte

● Arbeitsmarkt: Zur Abfederung richtete das Land Kärnten eine Arbeitsstiftung ein (Berichte: „knapp 150 Mitarbeiter“).

● Regionale Wirkung: Die Schließung galt als „Katastrophe“ für das Obere Gailtal / Lesachtal / Oberes Drautal – so der damalige Bürgermeister Dies unterstreicht die monostrukturelle Prägung durch den Leitbetrieb

10) Nachnutzung: Vom Modine-Areal zum Industriepark & „Karnische Werkstätten“

● 2020: APRICUM GmbH (lokale Investorengruppe) erwirbt das Areal (55 000 m², davon 18.000 m² Halle) – „Asset Deal“ mit Modine.

● 2022: Ex-Modine-Werkshalle geht per 01. April 2022 an eine Investorengruppe; die 18.000 m²-Halle wird als Industrie- und Innovationsstandort positioniert

● 2023–2025: Formierung des Industrieparks Kötschach-Mauthen (IPK); Exposés nennen 55.470 m² Grundstücksfläche, Industriewidmung, Lagevorteile zur B111, und eine Modernisierung (inkl PV) Integriert ist ein Bildungs-, Innovations- und Gründungszentrum („Karnische Werkstätten“), offiziell September 2024 eröffnet

Diese Nachnutzung zeigt eine regionale Resilienzstrategie: Diversifizierung (mehrere Mieter/Startups/Produktion), Qualifizierung (SmartLab, 3D-Druck), Energieeffizienz (PV), und Vernetzung mit regionalen Betrieben

11) Einbettung in die Gemeinde- und Energiegeschichte

Kötschach-Mauthen hat sich – parallel zur Industrialisierung – zu einer energiepolitisch ambitionierten Gemeinde entwickelt (AAE – Alpen Adria Energie, Biogasanlage

Würmlach, Photovoltaik, e5-Auszeichnung) Die Energie-Autarkie-Bestrebungen wurden medial überregional rezipiert (z. B. Der Spiegel 2010). Für den Industrie-Leitbetrieb ergaben sich dadurch Kooperations- und Kostensenkungspotenziale (Biogas-Prozesswärme, Ökostrom-Nutzung), wie die JOANNEUM-RESEARCH-Studie 2009 konkretisierte.

12) Zusammenfassende Bewertung

1 Industriegeschichtliche Bedeutung: Das Werk ECO/Luvata/Modine war über vier Jahrzehnte der wichtigste industrielle Arbeitgeber des Bezirks – faktisch eine strukturprägende Ankerinvestition seit Ende der 1970er

2 Technologie & Märkte: Mit Wärmetauschern für die Kälte-/Klimatechnik und CO₂-Technologien operierte der Standort Weltmarkt-integriert – zyklisch und preis-/kostensensibel.

3. Beschäftigtenentwicklung: Eckwerte zeigen Höchststände um/über 200–300 Beschäftigte (2009 bis zu ~300; 2010/11: 212; 2013: bis 230, zuletzt 173) – danach Shrinkage bis zur Schließung 2017 (146–170 Betroffene).

4. Standortlogik: Industriefläche, B111-Anbindung, lange Zeit Bahnanschluss, Arbeitskräfte und eine aktive regionale Förderkulisse sprechen für die Ansiedlung. Energiekooperationen (Biogas/Ökostrom) erhöhten längerfristig die Standortqualität

5 Schließungsursachen: Keine lokalen Qualitätsmängel, sondern Konzernstrategie (Kapazitätsabbau, Produktionsbündelung) vor dem Hintergrund globaler Überkapazitäten und Nachwirkungen der Finanzkrise Externe Zwänge dominierten gegenüber lokalen Stärken

6 Nachnutzung & Perspektive: Mit IPK/Karnische Werkstätten erfährt das Areal eine breitere wirtschaftliche Basis (Vermietung, Innovation, Ausbildung). Das mindert Monostruktur-Risiken und kann langfristig mehr Resilienz schaffen

13) Detaillierter Anhang

13.1 Chronologie in Daten (ausgewählte Fixpunkte)

● 1976: ORF-Rückblick nennt Produktionsbeginn „seit 1976“ (Einordnung: früheste Tätigkeit/Produktion)

● 1978: BH-Chronik: ECO in Kötschach errichtet; größter Industriebetrieb im Bezirk

● 2005–2010: Marke/Gruppe ECO/Luvata im HVAC-Universum etabliert; ECO wird in späteren Modine-Produktlinien fortgeführt (Kontinuität).

● 2009: Kurzarbeit, fast 300 Beschäftigte (ORF)

● 2010/11: Landesreport: 212 Beschäftigte (Luvata Gailtal)

● 2013: bis 230, zuletzt 173, 70 Kündigungen (ORF)

● 30. 11. 2016: Übernahme Luvata HTS durch Modine; Werk Kötschach wird Modine-Standort.

● 13. 11. 2017: Schließungsankündigung Modine; Gründe: Überkapazitäten, Konzentration Betroffene: ca 146

● Ende 2017: Produktionsende; Medien berichten 150 bzw rund 170 Jobs weg

● 2020: Arealverkauf an lokale Investorengruppe (APRICUM)

● ab 2022: Industriepark Kötschach-Mauthen (IPK); Ex-Modine-Halle 18 000 m²

● 2024/25: Karnische Werkstätten als Bildungs-/Innovationshub am Standort

13.2 Beschäftigten-Eckwerte (Tabelle der gesicherten Punkte)

Jahr(e) Eigentümer/Phase Quelle

Beschäftigte (genannt)

Bemerkung

1978 ECO (Errichtung) BH-Chronik Hermagor – „größter Industriebetrieb“ im Bezirk (qualitativ)

2009 Luvata ORF „fast 300“ Kurzarbeit wegen Krise 2008/09

2010/11 Luvata Landesreport Ktn. 212 Maschinen-/Stahlbau; Firmeneintrag „vormals ECO“

2013 Luvata ORF „bis 230“, zuletzt 173 Angekündigt: 70 Kündigungen

2017 Modine OTS / Die Presse / ORF 146–170 Schließung bis Jahresende 2017

Methodischer Hinweis: Schwankungen ergeben sich aus Zeitpunkten der Erhebung (Stichtag), Zählweise (Kernbelegschaft vs befristet/Leiharbeit) und Rundungen in Medienberichten. Die Größenordnung ist konsistent: ~300 → ~200 → <200 → Schließung

14) Kontext: Verkehr & Energie (Standortfaktoren)

● Straße: B111 (Gailtal Straße) direkt am Areal – 100 m laut IPK-Exposé

● Bahn: Gailtalbahn bis 2016 – historisch wichtig; seit 2016/17 touristische/Notfall-Reservierung

● Energie: AAE (Ökostrom), Biogas Würmlach, Photovoltaik-Initiativen, e5-Auszeichnung; Luvata-Option Biogas-Prozesswärme (390 t CO₂ p. a. potenziell)

15) Lehren aus dem Fall Kötschach-Mauthen

1 Global eingebundene Nischenindustrie: Wärmetauscherfertigung ist investitionsund materialintensiv; Wettbewerb über Kosten, Qualität, Lieferfähigkeit Konzernstrukturen verlagern Kapazitäten dort, wo Skalenvorteile maximal sind

2. Regionale Resilienz: Die Nachnutzung als Industriepark und Innovationsstandort verteilt das Risiko auf mehrere Unternehmen und stärkt Wissens-/Gründungsökosysteme – sinnvoll in peripheren Räumen.

3. Energiepartnerschaften: Koppelung an lokale erneuerbare Energien kann Standortkosten und CO₂-Profil verbessern – wird aber allein konzernstrategische Entscheidungen nicht immer kompensieren.

16) Der Plöckentunnel: Versprechen, Standortfaktor und Realität

16.1 Historischer Hintergrund des Plöckentunnels

Der Plöckenpass verbindet Kötschach-Mauthen (Kärnten) mit Palüz/Timau und Tolmezzo in Friaul-Julisch Venetien Bereits in den 1960er- und 1970er-Jahren wurde – politisch wie wirtschaftlich – intensiv über einen Basistunnel („Plöckentunnel“) unter dem Plöcken diskutiert

Ziel: eine ganzjährig sichere und leistungsfähige Verbindung von Kärnten nach Italien, die den grenzüberschreitenden Warentransport sowie die Integration in den Alpen-Adria-Raum erleichtern sollte.

16.2 Das „Versprechen“ bei der Industrieansiedlung

Lokale Zeitzeugen und Regionalpolitiker berichten, dass die Errichtung der ECO-Fabrik Ende der 1970er auch unter dem Eindruck erfolgte, dass ein Plöckentunnel zeitnah gebaut werde.

● Das Tunnelprojekt wurde als strategischer Standortfaktor kommuniziert: Die Fabrik im entlegenen Gailtal hätte durch den Plöckentunnel eine direkte Exportachse nach Norditalien – einem der wichtigsten Märkte für Kälte-/Klimatechnik – erhalten.

● Für die Unternehmensentscheidungen von ECO galt dieses Versprechen als ein wesentlicher Anreiz, in Kötschach-Mauthen zu investieren – trotz der peripheren Lage und begrenzten Infrastrukturanbindung.

● Auch in regionalpolitischen Dokumenten der Zeit wird die Erwartung Plöckentunnel mehrfach thematisiert: Er sollte das Gailtal an die Alpen-Adria-Entwicklungsachsen anschließen

16.3 Die nie erfüllte Infrastrukturhoffnung

Bis heute ist der Plöckentunnel nicht gebaut

● In den 1980er/1990er-Jahren wurde das Projekt zwar immer wieder geprüft, aber aufgrund hoher Kosten, naturschutzrechtlicher Bedenken und politischer Prioritäten nie realisiert

● Der Plöckenpass blieb eine saisonale und kapazitätsschwache Verbindung mit Serpentinen und Wintersperren – für den Schwerverkehr ungeeignet.

● Damit blieb Kötschach-Mauthen verkehrlich benachteiligt: Zwar gab es die B111 und bis 2016 die Gailtalbahn, aber die erhoffte direkte Alpen-Adria-Verbindung blieb aus.

16.4 Folgen für die ECO-/Luvata-/Modine-Fabrik

Das Ausbleiben des Tunnels hatte mehrere Konsequenzen:

● Logistiknachteile: Der Transport von Vorprodukten (Kupfer, Aluminium, Bauteile) und Fertigprodukten in internationale Märkte war umständlicher und kostenintensiver als ursprünglich kalkuliert

● Wettbewerbsnachteile: Mit der Globalisierung der Produktion ab den 1990ern wuchs die Bedeutung schlanker Logistikketten. Standorte mit direkter Anbindung an internationale Achsen (Autobahnen, Häfen) waren klar im Vorteil

● Politisches Versprechen, wirtschaftliche Realität: Dass der Plöckentunnel nie realisiert wurde, schwächte die Langfristperspektive des Standortes Zwar konnte das Werk über Jahrzehnte erfolgreich produzieren, doch im Konzernvergleich fehlte stets die verkehrliche Optimierung, die ursprünglich in Aussicht gestellt worden war.

16.5 Symbolwert für regionale Industriepolitik

Der nicht gebaute Plöckentunnel ist bis heute ein Symbol:

● für verpasste Infrastrukturchancen in peripheren Räumen,

● für die Kluft zwischen Standortversprechen und Realität,

● und für die Verwundbarkeit industrieller Investitionen, die auf politische Infrastrukturzusagen vertrauen.

Für Kötschach-Mauthen bedeutete dies: Die ECO-/Luvata-/Modine-Fabrik wurde in Erwartung eines grenzüberschreitenden Tunnels errichtet – musste jedoch über vier Jahrzehnte ohne diesen Vorteil auskommen Das hat die Standortentscheidung im Rückblick ambivalent geprägt.

17) Schlusswort

Die Geschichte von ECO → Luvata → Modine in Kötschach-Mauthen erzählt vom Aufstieg eines industriellen Leitbetriebs, seiner Integration in globale Produktionsnetze, den Verwerfungen internationaler Krisen – und der regionalen Fähigkeit, einen Schlag in eine Chance zu verwandeln Die Arbeitsplätze gingen 2017 verloren; die Produktionshalle und das Know-how-Umfeld werden heute als IPK/Karnische Werkstätten neu interpretiert Damit bleibt Kötschach-Mauthen ein Produktions- und Innovationsort – wenn auch diversifizierter als zuvor

Literatur- und Quellenverweise (Auswahl)

● Modine-OTS (13 11 2017): Schließung des Werks Kötschach-Mauthen, Gründe (Überkapazitäten/Konzentration), Betroffenenzahl. (OTS.at)

● Die Presse (30 11 2017): „US-Konzern Modine sperrt in Kärnten zu – 150 Jobs weg“. (Die Presse)

● ORF Kärnten (2009): Luvata Kurzarbeit, „fast 300 Beschäftigte“ (2013): „Konjunktur schwach: 70 Kündigungen … bis zu 230, zuletzt 173“. (2020): Rückblick auf Schließung 2017 („rund 170“, Produktion seit 1976) (ORF KTNV)

● BH Hermagor – Chronik: 1978 „Fa ECO in Kötschach errichtet, größter Industriebetrieb“ (Kärnten)

● Land Kärnten – Finanz-/Wirtschaftsreport 2010/11: Luvata Gailtal GmbH (vormals ECO), 212 Mitarbeiter (Kärnten)

● JOANNEUM-RESEARCH (2009): Energieautarkie-Projekt Kötschach-Mauthen; Biogas-Prozesswärme für Luvata ~390 t CO₂ p. a. potentiell. (Nachhaltig Wirtschaften)

● Modine/ECO™ Produktseiten: Bestätigung der Produktfamilie und Markenkontinuität (Modine Coolers)

● Gailtalbahn (Wikipedia): Historie, Einstellung Abschnitt Hermagor–Kötschach (11. 12 2016) (Wikipedia)

● IPK/BABEG-Exposés und MeinBezirk/Gailtal-Journal: Hallenfläche 18.000 m², Grundstück 55.000–55.470 m², Nachnutzung (Industriepark, „Karnische Werkstätten“ 2024) (Standortdatenbank Kärnten)

CONFINIUM Plöckenpass Passo di Monte Croce Carnico

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