G DIENStag der NEUNundZwanzigste November
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NUMMER SECHS
Fotograf: Patrick Slesiona
Letzter Widerstand in Laase Kurz vor Ende des Castor-Transports kam es noch einmal zu Auseinandersetzungen in Laase. Auf dem sogenannten „Kreuzfeld“ eskalierte die Situation, als die Polizei versuchte, mit Wasserwerfern Strohfeuer zu löschen. In Laase, 4 Kilometer von Gorleben entfernt, trafen sich knapp 1200
Leute zu einer genehmigten Protestaktion von „Castor Wegbassen“. Die Stimmung war ruhig und die Leute feierten zur Musik. Als es dunkel wurde, wurden jedoch auf dem Feld einige Heuballen angezündet. Diese löschte die Polizei mit Wasserwerfern. Einige der Demonstranten fühlten sich daraufhin provoziert und warfen Gegenstände in Richtung der Polizeikräfte. Die Stimmung verschärfte sich deutlich
als der Platz von einer Pferdestaffel betreten wurde. Immer wieder sollen auch einzelne Demonstranten von Beamten gewaltsam aus der Menge gegriffen worden sein. Die Polizisten blieben jedoch nicht lange auf dem Platz und zogen sich wieder zurück. Die Veranstaltung ging vorerst friedlich weiter. Die Situation verschärfte sich, als die Polizei erneut eingriff, da Demonstranten erneut Strohballen und Feuerwerk entzündeten. Weiter auf Seite Drei
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UNSERE STIMME Fotografin: Nina Weymann-Schulz - Autor: David Stumpp
Keine Einzelkämpferaktion Tag und Nacht standen sie in der Küche der Scheune. Die Küchenfeen. Sie schnibbelten Gemüse, schmierten Brote und ja, sogar unser Geschirr wuschen sie ab. 24 Stunden gab es heißen Tee und warme Suppe. Ohne die Küchenfeen hätten wir nicht rund um die Uhr im Einsatz sein können. Es gibt wenige Orte, an denen sich Menschen nicht über das Essen beschweren. Über die Küche der Scheune beschwerte sich niemand. Wer die Jungjournalisten fragt, wie sie das Essen fanden, stößt auf allgemeine Begeisterung. Morgens gab es ein riesen Frühstücksbuffet, den ganzen Tag köstliche Suppen und hin und wieder Kuchen, die den bitteren Beigeschmack des Tages vertrieben. Das hat seine Gründe. Zweidrittel des Essens war biologisch. Die Suppen wurden von Matthias gekocht, einem echten Lebensmitteldesigner. Die Kuchen waren allesamt hausgemacht. Morgens gab es kleine Essenspakete für den Tag. Hinter all dieser Organisation steckt eine große Managerin, Sabine. Sie organisierte, wer die Kartoffeln für die nächste Suppe schälte. Sie rief den Bäcker an, damit am nächsten morgen genug Brot da war. Zudem übernahm sie die Nachtschicht - von 22 bis 9 Uhr morgens. Seit Beginn des Camps schlief sie insgesamt nicht mehr als vier Stunden. Das forderte seinen Tribut. Die gelernte Krankenschwester sah müde aus. “Nach dem Camp werde ich mich zwei Tage zurück ziehen”, sagte sie. Noch viele andere Menschen waren Teil der hochwertigen Gastronomie. Sie kamen von der “Castor-Gruppe Breese/Gümse und Umgebung.” Im Sommer hatte die Gruppe entschieden, dieses Jahr das
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Pressecamp der DJU zu bewirten. Einer, der viel an Sabines Seite war, ist Uli. Er ging mit Sabine einkaufen und fuhr mit ihr zu den Biohöfen in der Region. Über Sabine sagte er: “Sie hat ein Helfersyndrom.” Wahrlich, das hat sie. Zwei Wochen bevor das Camp begann, klapperte sie die Häuser in vier Dörfern ab und bat um Spenden. Die Menschen spendeten gerne und so hatte sie genug Geld für das Projekt. “Wir haben einen guten Ruf, was die Versorgung angeht”, sagte Siggi, der Hofbesitzer. Erfahrung hatte die Gruppe während der kulturellen Landpartie gesammelt. Seit 1989 öffnen Künstler und Handwerker im niedersächsischen Wendland zwischen Himmelfahrt und Pfingsten ihre Hoftore und präsentieren ihre Arbeiten. Siggi stand auch hin und wieder in der Küche und wusch Tassen und Teller ab. Sein eigentlicher Job bestand darin, die Scheune sauber zu halten. Über die Versorgung des Camps sagte er: ”Das ist keine Einzelkämpfer-Aktion. Unser Motto ist: Jeder tut soviel er kann.” BEvor das Camp losging, brachte ein Bauer Strohballen, auf dem die Journalisten schliefen. Bauern spendeten Gemüse. Ein Tischler half beim Umbau der Scheune. Der Motorradclub “Kuhle Wampe” brachte die Journalisten dann an jeden gewünschten Ort - entgegen aller Hindernisse. Über 25 Menschen kümmerten sich darum, die hungrigen Bäuche nicht nur zu füllen, sondern zu verwöhnen. „Hier ist noch nie soviel Kaffee getrunken worden,“ sagt
Für euren unermüdlichen Einsatz sind wir euch sehr dankbar. Angelika, Brigitta, Silga, Norman, Carmen, Bernd, Hannes, Thorsten, Walter, Ulli, Gerd, Kai, Kai und Claudia, Waltraut und Gesa, Martina, Sabine, Werner, Dagmar, Sigmund, Siegfried, Ute W., Jens, Tanja, Achim, Marco, Matthias, Alina, Ela, die Wampen und allen, denen wir den Erfolg des Projekts verdanken.
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REPORTAGE Fotograf: Patrick Slesiona - Autor: Niklas Golitschek Fortsetzung von Seite Eins Wasserwerfer rückten wieder vor um die Feuer zu löschen und richteten die Strahlen teilweise auf die Demonstranten. Ein juristischer Vertreter der Occupy-Bewegung, der sich als „MC“ vorstellte, trat mit einem Megaphon zwischen die beiden Fronten und versuchte zu schlichten. Er forderte die Polizei auf sich vom Gelände zurückzuziehen und den Einsatz der Wasserwerfer zu unterlassen, da sie keine rechtliche Grundlage für dieses Handeln hätte. Gleichzeitig wendete „MC“ sich an die Demonstranten, die aufhören sollte sich zu vermummen und Steine zu werfen. Ein vorgerückter Wasserwerfer zog sich daraufhin sogar zurück. Der Jurist klärte die Polizei weiterhin über die begangenen Rechtswidrigkeiten auf. Wenig später richtete sich das Licht eines Wasserwerfers auf ihn und schoss – ohne Vorwarnung. Scheinbar erprobt in solchen Situationen wich er aus. Nach Aussage einzelner Polizeibeamter war dieser Wasserwerfereinsatz eine Präventivmaßnahme, da der Rauch der Gesundheit
der Teilnehmer schaden und die Arbeit der Polizei erschweren würde. Ein Pressesprecher stand nicht zur Verfügung. Obwohl die Veranstaltung nicht offiziell aufgelöst worden war, betraten Polizeigruppen das Kundgebungsgelände. Demonstranten protestierten lautstark dagegen.
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Mehrere juristische Vertreter forderten die Polizei auf, das Geschehen nicht zu filmen, da noch keine Räumung angekündigt wurde. Wenig später eskalierte die Situation. Nach Zeugenaussagen hatten die Polizisten den Auftrag eine Person aus der Menge zu holen. Sie stürmten gewaltsam in die Menge und kesselten eine kleine Gruppe bei einem Bauwagen ein. Demonstranten in der Nähe wurden teilweise mit Tritten abgehalten. Daraufhin flogen mehrere Flaschen und Steine von Seiten der Aktivisten. Anschließend stürmten die Beamten das Sanitätszelt, in dem es vorher keine Vorfälle gab. Die Sanitäter stellten sich geschlossen vor ihre Absperrung, um ihre Patienten zu schützen. Ein Mitarbeiter sagte, dass wenn außerhalb des Zeltes Verletzte behandelt worden wären, diese mit Sicherheit noch mehr verletzt worden wären. Schließlich kam die Polizei der Aufforderung der Juristen und Pressevertreter nach und zog sich zurück. Weitere Ausschreitungen gab es dabei nicht.
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REPORTAGE
Strömender Regen und orkanartige Windböen setzen den Demonstrierenden zu. Fotograf: Christian Werner
Greenpeace-Aktivistin in LKW festgekettet, Straßenblockade Klein Gusborn. Fotografin: Franziska Senkel
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REPORTAGE
Kundgebung in Laase am Nachmittag des 28.11.2011. Fotografin: Natalie Becker
Polizei & Aktivistin in Reih und Glied. Fotograf: Marcel Wogram
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MACHT DER BILDER
Fotografin: Jana Euteneier
Fotograf: Danny Schreiber
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MACHT DER BILDER
Fotografin: Jana Euteneier
Fotograf: Lennart Helal
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Ausnahmezustand in der Landidylle Fachwerkhäuser und weite Felder prägen das Wendland. Kühe und Pferde grasen friedlich auf ihren Weiden. Ein Trecker schiebt sich langsam übers Feld. Kinder spielen auf den Höfen. Das Leben hier ist meist ruhig und friedlich. Doch seit vielen Jahren wird diese Idylle immer wieder zerstört. Denn hier im Wendland liegt das Zwischenlager für Atommüll - Das vorläufige Ziel der Castortransporte. In der Zeit der Transporte verändert sich das Wendlandbild dramatisch. Es herrscht eine Art Ausnahmezustand. 20.000 Polizisten und noch mehr gelbe Kreuze prägen nun die Landschaft. Gelbe Kreuze stehen auf Feldern. Gelbe Kreuze hängen von Bäumen. Gelbe Kreuze sind an Türen genagelt. Das gelbe Kreuz ist zum Symbol des Widerstandes gegen Atomkraft geworden. Auch die Polizei ist allgegenwärtig. An jeder Abzweigung stehen Einsatzwagen. Polizeikolonnen mit Wasserwerfern und Räumfahrzeugen sind alltäglich. Die Gleisstrecke wird
von Hundertschaften abgesichert. Über die ganze Region verteilt sind Camps aufgebaut, die Demonstranten aufnehmen und Aktionen planen. Das „Widerstandsnetz Metzingen“ hat die Straßen dicht gemacht. Trecker und Anhänger versperren der Polizei die Zufahrten. Die Straße zum Zwischenlager ist durch viele Sitzblockaden gesperrt. Lagerfeuer spenden Licht. Brennende
Autoreifen liegen auf der Straße. Im Wald um die Schienen versuchen Vermummte die Polizeiketten zu durchbrechen. Schlagstöcke und Pfefferspray werden eingesetzt. Die Demonstranten wollen den Castortransport stoppen - die Polizei hat den Auftrag den Castor zu sichern. Autorin: Luisa Meyn
IMPRESSUM Reaktion: the gorleben project c/o breese in der marsch 12 29451 Dannenberg
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