Ballett Theater Basel 25/26
The truest expression of people is in its dance and its music. Bodies never lie.
Agnes de Mille
The truest expression of people is in its dance and its music. Bodies never lie.
Agnes de Mille
Das Ballett ist eine der höchst entwickelten Ausdrucksformen menschlicher Kunstfertigkeit. Es verbindet Tradition mit Innovation und die Vergangenheit mit der Gegenwart. In diesem Sinne sehen wir unsere Verantwortung darin, das hohe Niveau und die kreative Vielfalt, die am Ballett des Theater Basel bisher gepflegt wurden, weiterzuführen. Jede:r von uns bringt eigene Erfahrungen und Kompetenzen, Aufgabenfelder und Perspektiven mit, doch vereint uns die gemeinsame Leidenschaft für die Kunstform Tanz. Unser Ziel besteht darin, der Compagnie erneut die Handschrift eines Hauschoreographen zu geben. Indem wir aber sehr bewusst auch die Werke weiterer Künstler:innen zeigen, bleiben wir offen für den Blick nach aussen. Für Tänzer:innen ist es stets bereichernd, wenn sie neben den Einstudierungen bewährter Werke etwas Neues erarbeiten dürfen – Choreographien, die ‹massgeschneidert› sind und damit das individuelle Potential des Ensembles reflektieren.
Das Programm, das wir gemeinsam für die erste Spielzeit in Basel erdacht haben, verstehen wir leitmotivisch: inspirierend, tiefgründig und dynamisch – der Tanz als Kraftwerk, welches Menschen inspiriert und verbindet. Es ist uns wichtig, die Kunstform in ihrer ganzen Tiefe erlebbar zu machen. Gleichzeitig wird das Ballett Basel – so wünschen wir es uns – seine familiäre Atmosphäre aussenden, und so zu einem sozialen, offenen Ort werden, an dem Menschen zusammenkommen, sich und uns begegnen, um sich auszutauschen und sich zu verbinden.
Beim Aufbau der Compagnie verfolgen wir das Ziel, ein Solist:innen-Ensemble zu etablieren. Obwohl die Mitglieder ihre individuellen Persönlichkeiten entwickelt haben und unterschiedliche Hintergründe mitbringen, agieren sie gemeinschaftlich. Alle Tänzer:innen besitzen eine exzellente klassische Grundausbildung sowie umfangreiche Erfahrungen in zeitgenössischen Tanztechniken. Da viele der Arbeiten sehr expressiv sind, teilen die Tänzer:innen das Interesse und Potential für die darstellerische Gestaltung ihrer Rollen.
Wir laden Sie ein, mit uns gemeinsam in diese an- und aufregende Reise zu starten – geprägt von Leidenschaft, künstlerischer Vielfalt und einem tiefen Glauben an die transformative Kraft der Bewegung. Wir würden uns freuen, wenn dieser Wandel nicht allein neue Wege ebnet, sondern auch die Begeisterung für Kunst und Tanz in Basel und darüber hinaus bestärkt.
Herzlichst, Ihr
Marco Goecke, Nadja Kadel, Ludovico Pace
Auf welches der bevorstehenden Projekte freust Du Dich am meisten?
Nadja Kadel: Natürlich freue ich mich unglaublich auf die gesamte Spielzeit, aber am meisten vielleicht auf den dreiteiligen Abend mit Werken von Hans van Manen, Jiří Kylián und Marco Goecke. Diese drei Choreographen sind für mich künstlerisch und persönlich herausragend und einzigartig.
1997 konnte ich ‹The Old Man and Me› mit dem Nederlands Dans
Theater III in der Originalbesetzung mit Gerard Lemaître und Sabine Kupferberg in Nijmegen erleben, wo ich damals studiert habe.
Ein einmaliger Auftritt, der sich tief ins Gedächtnis eingebrannt hat.
‹Bella Figura› habe ich mit verschiedenen Compagnien gesehen und es ist jedes Mal wieder pure Schönheit, Zerbrechlichkeit,
Reinheit – zu dieser wunderbaren Musik von Pergolesi. Und dann natürlich Marcos ‹Spectre de la Rose›, für mich eines seiner Meisterwerke. Ein unvergesslicher Kreationsprozess im Sommer 2009 in Monte Carlo, die nächtlichen Beleuchtungsproben auf der OpenAir Bühne, hinter dem Casino mit Blick auf das Meer, die wehenden Rosenblätter, der Geist der Ballets Russes. Das Foto hier im Heft auf S. 30 stammt aus dieser Zeit mit dem völlig ausser sich tanzenden
Rosengeist Jeroen Verbruggen und dem träumenden Mädchen
Natalie Nordquist. Ich bin jetzt schon gespannt auf unsere Besetzung in Basel!
Hartmut Regitz
Der erste Eindruck trügt. Marco Goecke hat nichts Abweisendes, auch wenn er seine wachen Augen meist hinter einer Sonnenbrille verbirgt. Im Gegenteil. Wo immer ihn die Leute kennen, sei es in Stuttgart, in Hannover oder in München, wird er auf offener Strasse angesprochen, und das mit einer Herzlichkeit, die überrascht. Niemand scheint dem künftigen Ballettdirektor der Basler Theater irgendetwas Vergangenes zu verargen. Vielmehr wünscht man ihm viel Gutes auf den Weg und hofft, an seiner ganz und gar eigenen Kunst auch künftig teilhaben zu können.
Nein, Marco Goecke ist kein Schwarzseher, auch wenn sein Erscheinungsbild das auf den ersten Blick noch vermuten lässt, und er eher Dunkles choreographiert. «Eigentlich bin ich ein sehr aufgeweckter, lustiger Mensch», meint er und kommt wie von selbst auf seine Probenarbeit zu sprechen, die zumindest für die Tänzer und Tänzerinnen manchmal etwas Entspannendes hat. Das steckt viel Komik drin, ein kreativer Unernst, der die Zusammenarbeit ganz unbewusst erleichtert und die Atmosphäre lockert. «Nur so überlebt man den Erwartungsdruck», den man nicht zuletzt an sich selbst stellt. Das Werk soll ja in sich stimmig sein. Es soll etwas da sein.
Auch wenn viel gelacht wird beim Erarbeiten eines Stücks, hat Marco Goecke deshalb die Augen überall. «Ich bin kein Schreibtisch-Choreograph», so seine Selbsteinschätzung. Aller Vorbereitung zum Trotz ist er offen für alle Eindrücke, die ihm der Tag und seine Mitmenschen so bieten. Sie bleiben nicht ohne Einfluss auf sein Werk. «Ich nehme mir nicht das, was ich mir vorstelle, sondern das, was ist», so charakterisiert er seine Art zu choreographieren – und das kann ein eigenartiges Kichern sein, eine Geste, ganz unbewusst, so wie das Heinrich von Kleist in seinem Essay ‹Über das Marionettentheater› beschreibt. Oder eine Bewegung, die sich zwischendrin wie von selbst «ereignet».
Natürlich erklärt das noch lange nicht die Art und Weise, wie die Marco Goecke weltweit zu einem gefragten, weil unverwechselbaren Choreographen werden konnte. Denn natürlich fällt ihm ein Schritt, eine Gebärde, ein Mienenspiel nicht einfach zu, auch wenn er sich das so erklärt. Ein Einfall muss erst zum Ausdruck geformt, in einen Zusammenhang, in einen Ablauf gebracht werden, der sich der Zuschauerschaft auch als Botschaft mitteilt. Und die ist nicht gar so eindeutig, wie sie einem vielleicht auf den ersten Blick erscheint. Sie ist dunkel, nicht begreifbar in der kurzen Zeit, die einem der Choreograph zum Schauen lässt. Seine Tänze scheinen oft heftig erregt, impulsiv, vibrierend vor Lust. Sie können im selben Moment sowohl ex- wie implodieren.
Die Kulturwissenschaftlerin Christina von Braun spricht im Zusammenhang mit ihrem und Tilo Helds Buch ‹Kampf ums Unbewusste› ¹ von einem kreativen Potenzial, «das der Mensch nicht ganz beherrscht, das womöglich aber ihn beherrscht.» Ähnliches könnte man von vielen der kürzeren Arbeiten Marco Goeckes sagen, die sich vielleicht einer «vernünftigen» Betrachtung entziehen. Meist sind sie raffiniert umschattet, und aus dem dunklen Hintergrund treten dann und wann Tänzer und Tänzerinnen – meist einzeln,
nicht selten zu zweit, gelegentlich blockhaft zu einem Gruppenganzen geformt.
Wie auch immer man das Bühnenambiente deuten mag, als das Unbewusste oder das kollektive Gedächtnis: es entzieht sich einer Eindeutigkeit und lässt den eigenen Gedanken viel, viel Spielraum, der den jede:r für sich unterschiedlich füllen kann (oder auch nicht). Gerade Kinder können aus seinen Choreographien ganz Unterschiedliches herauslesen, und sie tun es ohne Hemmung; ihre Interpretationsmuster sind noch nicht so fixiert oder fremdbestimmt wie die der Erwachsenen.
Der Einbildungskraft setzt Marco Goecke jedenfalls keine Grenzen. Das Theater hat für ihn schon immer etwas Unerklärliches gehabt, etwas Magisches, und deshalb erhellt er es nur insoweit, als es unbedingt vonnöten ist. «Etwas zu erahnen, ist manchmal spannender», sagt er – egal, ob es sich dabei um etwas Sicht- oder Hörbares handelt, eine Geste oder ein Geräusch. Aber sobald es nötig ist, so Goecke, sieht man dem Gesicht die vielen Dramen an, die sich in ihm abspielen. Und wenn nicht, ist ihre Körperlichkeit immer zu spüren. Das verlangt Konzentration. Viel Konzentration. Das macht seine Stücke aber letztlich auch so spannend, gerade weil sie sich einer banalen Lesbarkeit so entziehen.
Seit 2003 arbeitet Goecke kontinuierlich mit dem Beleuchtungskünstler Udo Haberland zusammen, und in all den Jahren haben sie ein «clair-obscur» entwickelt, das sich alle blendenden Effekte versagt. Haberlands Licht hat etwas Organisches, es «atmet». Und ohne dass es einem gross bewusst wird, scheint es sich mit dem Tanz zu bewegen, ihm manchmal folgend, ihn manchmal fordernd, mal weitend, mal verengend: ein ganzheitliches Zusammenspiel, um das die beiden oft beneidet werden.
Viel mehr braucht es nicht, um die Phantasie zu beflügeln. Ein paar hereinwirbelnde Rosenblätter in ‹Spectre de la Rose› genügen, um in seiner Version aus dem Jahr 2009 das alte Fokine-Ballett zu assoziieren. Ein undefinierbares Stimmengewirr, und schon fühlt man sich an jenen Schauplatz entrückt, an dem Marguerite Duras in ihrem Roman zum ersten Mal dem ‹Liebhaber› begegnet. Goecke genügen gestische «Stichworte», um dem Publikum etwas Greifbares in die Hand zu geben. Ansonsten überlässt er es seiner Choreographie, eine Geschichte zu imaginieren, ohne sie erzählen zu wollen. Das wird auch bei Tschaikowskys ‹Nussknacker›-Ballett der Fall sein, das er neben den beiden Übernahmen aus Monte-Carlo ² und Hannover ³ als veritable Uraufführung an seinem neuen Wirkungsort ankündigt. In Stuttgart hat er 2006 seinen ersten Abendfüller noch in der Art eines Adventskalenders vorgestellt, hinter dessen Türchen sich seinerzeit nicht wenige Überraschungstänze verbargen. In Basel, so sagt er, wird alles anders.
Choreographisch bleibt sich Goecke allerdings sicher gleich. Aber was heisst schon «gleich»? Er selbst ist, obschon in Wuppertal geboren und sozusagen von Natur aus ein Bewunderer von Pina Bausch, nie ein «moderner» Tänzer gewesen.
Das nicht. Ausgebildet am Königlichen Konservatorium in Den Haag und an der Münchner Heinz-Bosl-Stiftung, fühlt er sich vielmehr dem Ballett nicht einfach nur verbunden, sondern dort wie zu Hause. Das klassische Training ist die Basis seiner Arbeit, auch wenn das seinen Choreographien nicht im ersten Moment anzusehen ist. Formelhafte Ballettposen wird man in seinen Stücken vergeblich suchen, auch wenn sie Haltung bewahren. Auch keine typischen Jetés, obwohl es durchaus zwischendurch Sprünge geben kann, blitzartig abschnellend vom Boden.
Sein Augenmerk richtet sich nach wie vor auf den Oberkörper, seine Extremitäten. Hier scheint Goeckes Erfindungskraft
schier unerschöpflich und ganz und gar neuartig, was die Fingerfertigkeiten des Körpers betrifft, seine fächelnden Hände, rotierenden Arme, expressiven Rückenmuskeln. So hat man Ballett zuvor noch nie getanzt, schon gar nicht in einem Tempo, das einem schon beim blossen Zuschauen den Atem verschlägt. Aber es gibt sie auch: die «Bedeutungsinseln», wie Angela Reinhardt das 2016 einmal ebenso zutreffend wie bildhaft in der Einleitung zu der GoeckeDokumentation ‹Dark Matter› ⁴ nennt. «Bedeutungsinseln», die urplötzlich in Goeckes rastlosem Bewegungsfluss auftauchen und nach Erkennen und Verstehen verlangen. Solchermassen fokussiert, gewinnen seine Ballette eine Intensität, die noch lange nachwirkt, selbst wenn die oft kurzen Ballette längst ein Ende gefunden haben.
Einfach sind die Choreographien Marco Goeckes nie. Eher komplex, hintergründig und auf eine ungewohnte Weise virtuos. Sie lassen die Tänzer und Tänzerinnen immer gut, ja besonders ausschauen, und das ist natürlich mit ein Grund, weswegen sie sich in ihnen immer ganz geben. Klar, dass das dem Publikum nicht verborgen bleibt. Für Kenner und Liebhaber ist das Dunkel darin Licht genug. Warum sollte das in Basel anders sein als in Stuttgart oder sonst wo auf der Welt? Umso mehr, als Marco Goecke mütterlicherseits in der Schweiz verwurzelt ist.
¹ Tilo Held, Christina von Braun, ‹Kampf ums UnbewussteEine Gesellschaft auf der Couch›, Aufbau Verlag, Berlin 2025
² ‹Le Spectre de la Rose›, Uraufführung 14. Juli 2009, Les Ballets de Monte Carlo
³ ‹Der Liebhaber›, Uraufführung 5. Juni 2021, Staatsballett Hannover
⁴ ‹Dark Matter› Achtzehn ausgewählte Choreographien von Marco Goecke 2003 – 2015, Nadja Kadel (Hrsg.), 2016, Verlag Königshauen & Neumann
Blick: Marco Goecke
Mit Beginn der Spielzeit 2025/26 übernimmt ein neues Leitungsteam das Ballett am Theater Basel. Dieses besteht aus – und das ist ein Meilenstein in der Geschichte des Hauses – einem Kollektiv: Drei erfahrene Tanzschaffende werden gemeinsam die künstlerische und strategische Ausrichtung der Sparte prägen und dabei ihre durchaus unterschiedlichen Kernkompetenzen einbringen. Die künstlerische Kontinuität der letzten Jahrzehnte soll bewahrt werden, nicht ohne gleichzeitig innovative Impulse zu setzen und virulente Themen auf der Bühne zu verhandeln. Das Ballett Basel ist ein lebendiges Zentrum für zeitgenössischen Tanz und bildet eine Plattform für den offenen künstlerischen Austausch.
Marco Goecke als kreativer Kopf widmet sich ausschliesslich seiner Rolle als Hauschoreograph und konzentriert sich so auf die Entwicklung der Compagnie. Seine emotional aufgeladenen Werke in einzigartiger choreographischer Handschrift prägen das Profil des Ensembles und bilden die Grundlage für die künstlerische Arbeit. In jeder Spielzeit wird das Publikum eine Uraufführung Goeckes zu sehen bekommen, die das ohnehin breite Repertoire des Ballett Basel bereichern wird. Für die Tänzer:innen ist es besonders wertvoll, einen festen Choreographen an ihrer Seite zu haben – das schafft Vertrauen, Tiefe und Authentizität in der künstlerischen Arbeit.
Ludovico Pace zeichnet die beeindruckende Kombination aus künstlerischer Leidenschaft und Organisationstalent aus. Als erfahrener Tänzer, langjähriger Ballettmeister und choreographischer Assistent von Marco Goecke sorgt er dafür, dass jede Produktion reibungslos abläuft. Er ist die zentrale Schnittstelle zwischen den Tänzer:innen, Choreograph:innen und dem gesamten Team, sorgt für eine klare Kommunikation und fördert die kreative Zusammenarbeit. Er behält den Überblick, um den täglichen Ablauf von den Proben bis zu den Vorstellungen perfekt zu planen und die Zeitpläne einzuhalten. Besonders hervorzuheben ist seine Fähigkeit, schnell und effizient auf unvorhergesehene Situationen zu reagieren: Ob bei technischen Problemen, kurzfristigen Änderungen oder anderen Herausforderungen –Ludovico findet stets die passenden Lösungen. Seine internationale Erfahrung und sein grosses Netzwerk in der Tanzwelt machen ihn zu einer vertrauensvollen und inspirierenden Persönlichkeit.
Nadja Kadel ist eine erfahrene Kulturmanagerin und künstlerische Partnerin von Marco Goecke seit 2004. Ihre vielfältigen Aufgaben umfassen die strategische Planung, Vertragsmanagement und die Budgetierung für zahlreiche internationale Produktionen. Durch ihre Expertise in den Bereichen Tanzdramaturgie, Kuratierung und Redaktion fördert sie den Austausch mit internationalen Partner:innen und stärkt die Vernetzung der Ballettcompagnie in Basel mit anderen kulturellen Institutionen. Zudem unterstützt sie die Organisation und Umsetzung der Produktionen. Durch ihre umfassende, weltweit verankerte Erfahrung trägt sie massgeblich zur internationalen Sichtbarkeit des Hauses bei.
Das Besondere: Dieses Team garantiert durch seine vertraute und langjährige Zusammenarbeit eine familiäre Atmosphäre, die das Fundament eines kreativen und inspirierenden Arbeitsambientes bildet. Das kooperative und kollektive Denken und
Agieren soll als Funke überspringen und das Zusammenwachsen des ‹neuen› Ensembles fördern, das aus 26 talentierten Tänzer:innen besteht — wobei zehn Ensemblemitglieder bereits in Basel unter der vorangegangenen Direktion engagiert waren.
Die Leitung des Ballett Basel verfolgt die Vision, mit dem Tanz eine lebendige, emotionale Sprache zu schaffen, die verbindet und berührt. Die Tänzer:innen leben ihre Kunst mit Leidenschaft und Überzeugung – sie setzen ihren Lebenstraum für die Schönheit, die Energie und die Ausdruckskraft des Tanzes ein. Die erste Spielzeit ist eine Reise, zu der wir das Publikum einladen möchten, eine Reise, die es überraschen, berühren und anregen soll.
Basel! Ein bisschen hast Du die Stadt, Kultur und Menschen während der Vorarbeit schon kennengelernt! Was war Dein erster Eindruck?
Was macht das Besondere der Kunstform Tanz Deiner Ansicht nach aus?
Nadja Kadel: Meine erste Vorstellung mit dem Ballett Basel habe ich vor über 20 Jahren erlebt. Das war ‹Le sacre du printemps› von Richard Wherlock an einem heissen Sommertag. Am Ende einer grossartigen Vorstellung ist der Dirigent in voller Montur erschöpft in ein Wasserbecken gesprungen, das Teil des Bühnenbildes war.
Eine prägende Erinnerung!
So wünscht man sich ein Theater: hochprofessionell, aber auch spontan, mit Herz.
Ludovico Pace: Tanz hat die einzigartige Kraft, sich über Sprachen, Kulturen und Generationen hinweg zu setzen. Tanz lebt im Körper und atmet Emotionen. Was ihn so besonders macht, ist seine Fähigkeit, nicht nur den Tanzenden, sondern auch das Publikum körperlich und emotional zu berühren. In einer einzigen Geste kann sich eine ganze Geschichte entfalten.
Ein Ballett von Marco Goecke frei nach Marguerite Duras
Schweizer Premiere 11. Oktober 2025 , Grosse Bühne
Choreographie: Marco Goecke
1 Stunde 10 Minuten
Interessant für Menschen ab 16+
‹Vor der Premiere› am 6. Oktober 2025
Ein Werk über die ewig währende Liebe
Im ehemaligen Indochina zur französischen Kolonialzeit, Grossstadt in Dunst und Hitze, lebt eine junge Frau mit rosafarbenem Männerhut und Goldschuhen. Der Vater hat die Familie verlassen, die Mutter ist labil, die Brüder sind höchst problematisch. Im Lärm der Stadt begegnet sie einem reichen Chinesen. Aussichtslos ist ihre Liebe, die dennoch über alle Konventionen hinweg ein Leben lang währt, obwohl sie das Land verlässt. Funkstille – bis auf ein einziges Telefonat am Ende. Eine Choreographie, die das Innerste der Existenz trifft und den Kern aller menschlichen Gefühle freilegt.
«Hommage an die Literatur, Hommage an den Tanz: Marco Goecke gelingt beides mit Bravour.» Süddeutsche Zeitung
Wer wagt, durch das Reich der Träume zu schreiten, gelangt zur Wahrheit.
Ballett von Marco Goecke nach dem Märchen von E. T. A. Hoffmann
Musik von Pjotr Iljitsch Tschaikowski
Uraufführung 13. Dezember 2025 , Grosse Bühne
Choreographie: Marco Goecke
Sinfonieorchester Basel
1 Stunde 15 Minuten
Interessant für Menschen ab 12+
‹Vor der Premiere› am 10. Dezember 2025
Mit freundlicher Unterstützung durch unseren Medical Partner, das Kantonsspital Baselland
Ein neu offenbarter Klassiker
Dieser ‹Nussknacker› lässt jeglichen Pomp und Kitsch einer blumigen Märchenwelt zurück. Psychologische Tiefenschärfe löst die Harmlosigkeit der Weihnachtsgeschichte auf, und sogar Tschaikowskis Musik offenbart sich neu. Nach seiner legendären Interpretation von 2006 erschafft Marco Goecke eine ganz neue Choreographie für Basel –ohne Zuckerguss, aber mit geheimnisvoll tiefem Zauber.
Uraufführung 5. Februar 2026, Schauspielhaus
Choreographie: Lilit Hakobyan, Anne Jung
Neukompositionen von Samuel van der Veer und Kirill Richter
1 Stunde 30 Minuten
Interessant für Menschen ab 10+
‹Tanzwut› und ‹Elusive Appearance›
Zwei aufstrebende Choreographinnen präsentieren ihre neuen Kreationen. Lilit Hakobyan macht sich seit 2011 einen Namen als interdisziplinäre Künstlerin: Ihr filmisches Schaffen beeinflusst das Choreographieren, und in der Photographie sucht sie nach dem dynamischen Element des Tanzes. Auch die international gefeierte Anne Jung schafft starke Bilder. Während Lilit Hakobyan sich in ‹Tanzwut› mit der ungeschönten und ritualisierten Seite des Tanzes auseinandersetzt, lenkt Anne Jung den Blick auf die Flüchtigkeit des Moments. Spielerisch bewegt sich ‹Elusive Appearance› in kunstvoll inszenierten Unschärfen zwischen Realität und Illusion.
Premiere 13. März 2026, Kleine Bühne
Choreographie: Marco Goecke
1 Stunde ohne Pause
Interessant für Menschen ab 12+
Fünf Stücke von Marco Goecke
Fünf Kreationen – eine unverwechselbare choreographische Handschrift. Das intime Solo ‹Tué› setzt zur Musik der Chansonnière Barbara drei aussergewöhnliche Frauen in Beziehung. ‹Midnight Raga› führt in eine mystische, indische Nacht und ‹Äffi›, ein Repertoireklassiker, machte Goeckes Stil 2005 schlagartig bekannt. Zu Nina Simone und Lady Gaga schaffen ‹All Long Dem Day› und ‹Nachtmerrie› kraftvolle Szenen über menschliche Beziehungen, Trennungen und Verlust. Mal tiefdunkel und dramatisch, mal heller und lyrisch, manifestiert sich dunkle Materie auf brillante Weise.
Premiere 25. April 2026, Grosse Bühne
Choreographie: Marco Goecke, Jiří Kylián, Hans van Manen
2 Stunden mit 2 Pausen
Interessant für Menschen ab 6+
‹Vor der Premiere› am 22. April 2026
Mit freundlicher Unterstützung durch unseren Medical Partner, das Kantonsspital Baselland
Ein Abend mit drei Meisterwerken
Mit Augenzwinkern betrachtet Hans van Manen in ‹The Old Man and Me› das Älterwerden eines Paares, lässt es aber auch gefühlvoll die gemeinsamen Erinnerungen Revue passieren. Titelgebend ist der gleichnamige, melancholische Blues-Song von JJ Cales. In seinem zarten Ballett ‹Bella Figura› interessiert Jiří Kylián der Umgang mit Maskierungen. Zu Klängen alter und neuer Musik leuchtet er die Grauzone zwischen Wunschbild und Wirklichkeit aus. Der Klassiker ‹Le Spectre de la Rose› erzählt den poetischen Traum eines Mädchens, das vom Geist einer Rose zum Tanz verführt wird. Marco Goeckes durchaus ironische Lesart erschafft eine geheimnisvolle Welt voller Liebessehnsucht zu Kompositionen von Carl Maria von Weber.
Marco Goecke war langjähriger Hauschoreograph des Stuttgarter Balletts und des Scapino Balletts, Associate Choreographer am Nederlands Dans Theater, Resident Artist bei Gauthier Dance und von 2019 bis 2023 Direktor des Staatsballetts Hannover. In 25 Jahren hat er mehr als 100 Werke geschaffen. Darunter sind Auftragsarbeiten für viele internationale Compagnien wie Les Ballets de Monte Carlo, das Ballett der Pariser Staatsoper, das Wiener Staatsballett, das Norwegische Nationalballett, das Pacific Northwest Ballet Seattle, das Staatstheater Nürnberg Ballett, das Staatsballett Berlin, das Hamburg Ballett, das Ballett Zürich, die São Paulo Companhia de Dança, das Bayerische Staatsballett u.a. Viele seiner Werke werden von anderen Compagnien einstudiert. Marco Goecke hat zahlreiche internationale Auszeich-
nungen erhalten, darunter den Prix Dom Perignon 2003, den Kulturpreis des Landes BadenWürttemberg 2005, den Nijinski Award 2005, den Niederländischen Tanzpreis Zwaan 2017. Im Jahr 2017 sowie 2021 wurde er in der internationalen Kritikerumfrage des Magazins Tanz zum Choreographen des Jahres gewählt. Im Jahr 2022 wurde er mit dem Kylian-Ring ausgezeichnet. Ab Sommer 2025 ist Marco Goecke Künstlerischer Leiter und Hauschoreograph des Balletts am Theater Basel.
Nadja Kadel hat in Deutschland und den USA Kulturmanagement studiert. Seit 2004 ist sie Managerin des Choreographen Marco Goecke und kooperiert durch ihre Agentur für Künstlermanagement mit vielen Tanzschaffenden. Sie arbeitet ausserdem international als Tanzdramaturgin, als Referentin für Tanz (u. a. 2006–2009 Festspielhaus Baden-Baden), als Kuratorin von internationalen Ballettgalas sowie als Redakteurin und Autorin. Im Januar 2013 hat sie das Buch ‹Uwe Scholz. Zeitsprünge› konzipiert und herausgegeben, im März 2016 erschien im Verlag Königshausen & Neumann ihre Publikation ‹Dark Matter› über ausgewählte Choreographien von Marco Goecke. Ab der Spielzeit 2025/26 ist sie Teil des Leitungsteams des Balletts Basel.
Ludovico Pace begann seine Ballettausbildung im Alter von neun Jahren an der Académie Chaptal in Paris und an der Ballettschule der Pariser Oper. Er setzte seine Ausbildung am Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse in Paris fort und machte seinen Abschluss an der John Cranko Schule in Stuttgart, wonach er direkt in das Stuttgarter Ballett aufgenommen wurde. Seit 2018 studiert Ludovico Pace als Ballettmeister für Marco Goeckes Werke international ein und assistiert bei neuen Produktionen – z.B. an der Pariser Oper. Von 2019 bis 2024 war er unter der Ballettdirektion von Marco Goecke als Probenleiter am Staatstheater Hannover tätig. Ab der Spielzeit 2025/26 ist er Teil des Leitungsteams des Balletts Basel.
Lucie Machan studierte Komparatistik, Englische Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte an der Bertold-Brecht-Universität Augsburg. Nach verschiedenen Weiterbildungen im In- und Ausland war sie zwischen 2008 und 2023 als Dramaturgin für das Ballett Augsburg, Tanz Luzerner Theater, die Tanzcompagnie von Konzert Theater Bern und dem Staatstheater Nürnberg Ballett engagiert, wobei sie an zahlreichen Uraufführungen mitwirkte. Zudem war sie in weiteren Bereichen des Theaterbetriebs wie im Künstlerischen Betriebsbüro, im PR & Marketing, Sponsoring & Fundraising und als Produktionsleiterin tätig. Lucie Machan ist ab August 2025 Dramaturgin für das Ballett Basel und Verantwortliche für Sonderveranstaltungen.
Carla Wieden Dóbon ist eine erfahrene Kulturschaffende mit über 15 Jahren Bühnenerfahrung als professionelle Tänzerin an Häusern wie dem Ballett Salzburg, Ballett Mainz und der Oper Halle. Parallel zur künstlerischen Laufbahn hat sie sich im Bereich Kultur- und Theatermanagement weitergebildet und einen Master in Cultural Management, einen Bachelor in Ballettpädagogik sowie in Tourismus absolviert. Sie sammelte zudem Praxiserfahrung im Kulturmanagement, unter anderem als Assistentin des Intendanten der Oper Halle und im Bereich PR & Marketing am Maxim Gorki Theater Berlin. Aktuell ist sie als Junior Casting Managerin tätig. Ab August 2025 übernimmt sie die Position der Direktionsassistenz und Produktionsleitung beim Ballett Basel.
Die Belgierin Ralitza Malehounova wurde an der Königlichen Ballettschule Antwerpen ausgebildet. Nach Abschluss ihres Studiums erhielt sie ihr erstes Engagement beim Stuttgarter Ballett unter der Leitung von Reid Anderson. Anschliessend tanzte sie beim Mannheimer Ballett bei Kevin O’Day und am Scapino Ballet Rotterdam unter Ed Wubbe. Im Laufe ihrer Karriere arbeitete sie mit verschiedenen Choreographen zusammen und tanzte Werke vom klassischen bis zum zeitgenössischen Repertoire. Seit 2013 ist sie freischaffende Künstlerin und choreographische Assistentin, u.a. am Nederlands Dans Theater, an der Codarts Hochschule der Künste Rotterdam. Sie studiert regelmässig Stücke von Marco Goecke für andere Compagnien ein. Ab 2025/26 ist sie als Ballettmeisterin am Ballett Theater Basel. Team
Die gebürtige Japanerin erhielt ihre Ausbildung unter anderem an der Tokyo Ballet School und an der Ecole Supérieure de Danse de Cannes Rosella Hightower. Sie tanzte im Cannes Jeunes Ballet, bei Ed Wubbe am Scapino Ballet Rotterdam, Introdans Arnhem unter der Leitung von Roel Voorintholt und ballettmainz geleitet von Pascal Touzeau. Von 2014 bis 2018 unterstützte Takako Nishi die Gauthier Dance Company des Theaterhaus Stuttgart als Ballettmeisterin, wo sie Stücke von zahlreichen namenhaften Choreographen betreute, darunter auch Marco Goecke. 2019/20 wurde sie Ballettmeisterin des Staatsballett Hannover und ab 2025/26 des Ballett Theater Basel. Als Gasttrainerin unterrichtet Takako Nishi u.a. bei der Dresden Frankfurt Dance Company, beim Hessischen Staatsballett und der Akram Khan Company.
Feiza Bessard
Eva Blunno
Sandra Bourdais
Ana Paula Camargo
Lydia Caruso
Michelangelo Chelucci
Filippo Ferrari
Dayne Florence
Parker Gamble
Maurus Gauthier
Rosario Guerra
Chisato Ide
Carlos Kerr Jr.
David Lagerqvist
Elliana Mannella
Floris Puts
Anthony Ramiandrisoa
Rachelle Scott
Veronica Segovia
Louis Steinmetz
Tana Rosas Suné
Jamal Uhlmann
Lisa Van Cauwenbergh
Mariana Vieira (a. Gast)
Cheng-An Wu
Giada Zanotti
Nikita Zdravkovic
Julie L. Bjelke (Erasmus-Programm)
Worauf freust Du Dich in Deiner ersten Spielzeit in Basel am meisten?
Marco Goecke: Ich freue mich einfach sehr auf diesen Neubeginn. Darauf, neue Menschen zu treffen und mit ihnen etwas Neues zu schaffen. Ich freue mich besonders auf die Tänzerinnen und Tänzer, die bereits vorher in Basel waren und die ich noch nicht so gut kenne.
Wie bleibst Du in herausfordernden Zeiten motiviert und inspiriert?
Ludovico Pace: Mich inspirieren die Menschen: die Widerstandsfähigkeit der Künstler:innen, das Feuer kreativer Zusammenarbeit und der Glaube daran, dass das, was wir tun, wichtig ist. In herausfordernden Zeiten denke ich oft über Integrität, Neugier und die Verwirklichung mit Herzblut nach. Künstlerisch zu arbeiten, fällt einem nicht einfach zu, aber gerade in schwierigen Momenten wachsen wir am meisten. Dann erinnere ich mich immer wieder selbst daran: Wir arbeiten als Teil eines grösseren Ganzen.
Die Basler Ballett Gilde gibt es seit 1982. Die Stiftung mit rund 300 Gönner:innen engagiert sich für die Förderung des Balletts. Sie bietet ideelle und finanzielle Unterstützung künstlerischer Projekte. Eine Besonderheit ist die Nachwuchsförderung von Tänzer:innen. Gönner:innen der Ballett Gilde treffen sich zu Sonderveranstaltungen oder beim Besuch von Bühnenproben und Balletttrainings. In Gesprächen mit Künstler:innen erhalten sie Einblick hinter die Kulissen. Je nach Gönnerschaftsmodell sind Vergünstigungen und exklusive Anlässe vereinbart. contact@baslerballettgilde.ch baslerballettgilde.ch
Impressum
Herausgeber
Theater Basel
Postfach
CH-4010 Basel
Spielzeit 25/26
Intendant:
Benedikt von Peter
Textnachweise: Der Text ‹Mit offenem Blick› von Hartmut Regitz ist aus einem Interview mit Marco Goecke am 23. Mai 2025 in Hannover entstanden und ein Originalbeitrag für dieses Heft. Die Vorstellung des Leitungsteams wurde von Lucie Machan für dieses Heft verfasst.
Photos:
Carlos Quezada (S. 4/5)
Nadja Kadel (S. 8)
Lilit Hakobyan (S. 14, 18/19, 40)
Ralf Mohr (S. 22)
Dominik Mentzos (S. 26, oben)
Thomas Maximilian Jauk (S. 26, unten)
Robert Robinson (S. 28)
Hans Gerritsen (S. 30)
Rahi Rezvani (S. 32)
Lilit Hakobyan (S. 33, Nadja Kadel)
Staatsballett Hannover (S. 33, Ludovico Pace)
Julia Puder (S. 34)
Bühnen Halle (S. 34, Carla Widen Dobón)
Clemens Heidrich (S. 35, Takako Nishi)
Graphik: Claudiabasel
Druck: Steudler Press AG Gedruckt in der Schweiz.
Diese Drucksache ist nachhaltig und klimaneutral produziert nach den Richtlinien von FSC und Climate-Partner.
Wir danken unserer Kulturpartnerin
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Die bz – Zeitung für die Region Basel ist Medienpartnerin des Theater Basel.