The Gap 197a – Sonderausgabe: Diagonale 2023

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SONDERAUSGABE — THE GAP IST KOSTENLOS UND ERSCHEINT ZWEIMONATLICH. VERLAGSPOSTAMT 8000 GRAZ, P.B.B. | MZ 18Z041505 M N ° 197 a — Diagonale 202 3 Katharina Mückstein Feministisches Filmschaffen auf Augenhöhe

MERMAIDS DON’T CRY

AB 30.6. IM KINO

EIN
FILM VON FRANZISKA PFLAUME

Editorial Soldat _ in oder Veteran

Dass Feminismus keine alte Leier ist, hat sich im letzten Jahr mal wieder vollends bestätigt. Ob im In- oder Ausland, ob Angriffe auf Abtreibungsrecht, Transphobie oder blutige Niederschlagung von Protesten: Bei all den emanzipatorischen Hiobsbotschaften wäre zu hoffen gewesen, dass zumindest manche, kleinere Kämpfe langsam Fortschritt erahnen ließen. Etwa der Diskurs rund um Sexismus und Machtmissbrauch in der Filmbranche. Immerhin arbeitet Hollywood bereits eifrig daran, die Anfänge der aktuellen Bewegung in Filmen wie »She Said« zu mythologisieren. Anhaltende Kritik wird so untergraben. Denn ein Mythos ist Geschichte, ein abgehaktes Problem. Gleichzeitig reißen die Berichte von Übergriffen nicht ab und strukturelle Änderungen lassen sich mit der Lupe suchen.

In Österreich sind wir noch nicht einmal bei der Mythologisierung angelangt . Zu wenig hat sich der Diskurs hierzulande überhaupt niedergeschlagen. Gerade im Verlauf der letzten zwölf Monate hat sich allzu deutlich gezeigt, wie inkonsequent die Filmbranche an ihren Missständen gearbeitet hat. Die neueste Welle an Berichten lässt hoffen, dass sich endlich etwas tut. Aber all das Engagement von Vereinen, Initiativen und Einzelpersonen – vielfach ja schon seit Jahrzehnten – nützt nichts, wenn es nicht in die versteinerten Strukturen einsickert.

Die Diagonale ist – wie kaum ein anderes Filmfestival in Österreich – Szenetreff und wäre der ideale Ort für diesen Diskurs. Nicht von oben programmiert, sondern in all den offiziellen und inoffiziellen Vernetzungstreffen. Den Gesprächen vor und nach den Filmen, den Frühstücken und Abendessen, den Planungstreffen und Agenden. Feminismus ist kein Nischenthema. Feministische Forderungen müssen von Anfang an Teil jedes Budgets, Teil jedes Strukturplans, Teil jeder Projektförderung sein. Feminism FTW!

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Herausgeber

Manuel Fronhofer, Thomas Heher

Chefredaktion

Bernhard Frena

Gestaltung

Markus Raffetseder

Autor*innen dieser Ausgabe

Barbara Fohringer, Susanne Gottlieb, Sandro Nicolussi, Victor Cos Ortega

Fotograf*innen dieser Ausgabe

Carolina Frank, Teresa Wagenhofer

Coverfoto

Carolina Frank

Lektorat

Jana Wachtmann

Anzeigenverkauf

Herwig Bauer, Manuel Fronhofer, Sarah Gerstmayer (Leitung), Thomas Heher, Martin Mühl

Distribution

Andrea Pfeiffer

Druck

Grafički Zavod Hrvatske d. o. o.

Mičevečka ulica 7, 10000 Zagreb, Kroatien

Geschäftsführung

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Heftpreis

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Erscheinungsweise

Sonderausgabe zur Diagonale – Festival des österreichischen Films; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 8000 Graz

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Die Redaktion von The Gap ist dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserates verpflichtet.

Alexander Galler
#Diagonale23 #FestivalOfAustrianFilm Diagonale’23 Festival des österreichischen Films Graz, 21.— 26. März 2023 diagonale.at VIENNA CALLING © Fruitmarket/AMOUR FOU Vienna/Max Berner
© PANAMAFilm
STAMS
FAMILY DINNER © Capra Film/Gabriel Krajanek

Magazin

006

»Ich hoffe, der Film macht schlau, aber auch wütend«

Katharina Mückstein im Interview zu »Feminism WTF«

017 Bretter, die die Welt bedeuten

»Turtle 3« und die rollende Vermessung der Stadt

020 Auf der Suche nach der Kindheit

»27 Storeys« von Bianca Gleissinger

028 Diagonale-Essentials

Weitere Filmempfehlungen

034 Diagonale-Rahmenprogramm

Kunst, Musik, Diskurs und Kino

Rubriken

Wir vertreten die Rechte von Regie, Kamera, Filmschnitt, Szenenbild, Kostümbild, Schauspiel & Voice. vdfs.at

Film, TV & Media –Creation and Distribution

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Wissen, was morgen zählt.

Carolina Frank 003 Editorial / Impressum 014 Golden Frame 022 Wortwechsel 024 Workstation
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Verwertungsgesellschaft der Filmschaffenden GenmbH Collecting Society of Audiovisual Authors
Dritter Akt
©
ST. PÖLTEN UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES

»Ich hoffe, der Film macht schlau, aber auch wütend«

Katharina Mückstein

im Interview zu »Feminism WTF«

In ihrem neuen Dokumentarfilm wirft Katharina Mückstein einen Blick auf feministische Themen und lässt unterschiedliche Expert*innen sowie Aktivist*innen zu Wort kommen. Im Interview spricht die Regisseurin über ihre Definition von Feminismus, Dreharbeiten auf Augenhöhe sowie ihre Hoffnung für eine feministische Zukunft. ———— In den Spielfilmen »Talea« und »L’Animale« erzählte Katharina Mückstein Geschichten über komplexe Frauenfiguren. In ihrer neuen Dokumentation »Feminism WTF« widmet sich die Regisseurin und Drehbuchautorin nun dokumentarisch dem Feminismus Sie bat zahlreiche Expert*innen und Aktivist*innen zum Interview und ließ diese erzählen. Von Geschlechtervielfalt und Care-Arbeit bis hin zu europäischem Kolonialismus und rassistischen Stereotypen reichen die Themen; dazwischen gibt es Tanzszenen unterlegt mit Musik von Tony Renaissance. The Gap traf die Regisseurin zum ausführlichen Gespräch.

Wie ist dein feministisches Bewusstsein entstanden und wie lautet deine Definition von Feminismus?

Mein feministisches Bewusstsein ist in der Pubertät entstanden: Da merkte ich zum ersten Mal, dass ich als Mädchen anders behandelt werde als Jungs. Ich verspürte einen gewissen Rollendruck, denn als Mädchen sollst du dich klein ma-

chen, lieb sein und gefallen wollen – das widerstrebte mir sehr. Zudem ist meine Mutter Feministin und ich habe zwei ältere Schwestern, die starke und gebildete Personen sind. Als Teenager war ich in der Punkszene involviert und kam mit Themen sozialer Gerechtigkeit in Berührung, und Feminismus ist Teil davon. Später studierte ich eine Weile Philosophie und Gender Studies. Mir eröffnete sich nicht nur der Zugang zu feministischer Theorie, sondern ich begann mich auch zu fragen, wie mein Verständnis von Geschlecht aussieht.

auf die Seite verletzlicher Personen stellt und auch die eigene Machtposition hinterfragt. Schlussendlich haben mich vor allem Schwarze Feministinnen wie bell hooks und Audre Lorde1 sowie die queer-feministische Community geprägt. Außerdem begann ich die Relevanz einer Community zu verstehen, denn diese ermöglicht es, solidarisch handeln zu lernen und sich selbst zu hinterfragen. Auch das ist Feminismus für mich: eine Offenheit dafür, andere Menschen zu sehen, sich mit ihnen zusammenzuschließen und einander zu stärken.

In »Feminism WTF« sprichst du mit Expert*innen aus der Wissenschaft sowie mit Aktivist*innen. Was war dir bei der Auswahl deiner Gesprächspartner*innen wichtig und welche Inhalte der Gespräche sind dir besonders im Gedächtnis geblieben?

Als ich auf die Filmakademie kam, war das wie ein Kulturschock, denn die Branche ist patriarchal geordnet und sexistisch. Das hat meinen Feminismus stark befeuert und daraus hat sich meine aktuelle feministische Position entwickelt: Feminismus bedeutet für mich, Machtstrukturen ständig zu analysieren und immer wieder Perspektiven zu suchen, mit denen man sich

Ich wusste, dass meine eigene Perspektive einer weißen europäischen cis Frau mit gewissen Privilegien eine eingeschränkte ist, daher war mir Folgendes klar: Ich werde keinen Film produzieren können, der alles abbildet, was Feminismus ist. Darüber hinaus war es mir wichtig, das Thema intersektional zu denken und Menschen, deren Leben durch verschiedene Formen von Diskriminierung geprägt ist, zu Wort kommen zu lassen. Allerdings kann Intersektionalität nie zu 100 Prozent erfüllt werden. Ich habe also viele Personen

Carolina Frank
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»Ich wünsche mir, dass Feminismus auf den Ruinen des Kapitalismus erblühen kann.«
— Katharina Mückstein

kontaktiert und sie gefragt, was ihrer Ansicht nach im Film enthalten sein muss.

Das ist für mich auch eine feministische Art, Filme zu machen: Ich habe die Mittel und das Handwerk, allerdings bin ich auf die Perspektive anderer angewiesen. Eigentlich haben mich alle Interviewpartner*innen geprägt. Personen wie Nikita Dhawan, Expertin für Postkolonialismus, oder Persson Perry Baumgartinger aus den Trans Studies, haben mich mit meiner Sozialisation und meinem Denken konfrontiert. Ich hatte Glück, dass sie alle Teil meines Films sein wollten, unter anderem, weil sie mein Anliegen teilen: Ich wollte einen Film machen, der Themen der Gender, Trans und Queer sowie Postcolonial Studies sichtbar macht und für ein

Mainstream-Publikum aufbereitet. In den Massenmedien gibt es meist polemisierte Debatten über Feminismus und dieser wird oft als Kampf gegen Männer stilisiert. Ich wollte dem einen Film entgegensetzen, der mit Leichtigkeit, Freude und Stolz zeigt, wie großartig Feminismus ist.

Zwischen den Interviewszenen sind Tanzeinlagen zu sehen, unterlegt mit Musik von Tony Renaissance. Warum? Wenn über feministische Themen gesprochen wird, wird meist auf die Theorie

fokussiert und nicht darauf, dass Feminismus eine gewisse Körperlichkeit in sich birgt. Ich kenne viele tolle Leute, die ihren Körper politisch einsetzen, und die habe ich gefragt, ob sie Lust auf das Projekt haben. Auch hier wollte ich auf deren Wünsche eingehen. Ich schlug ihnen Musik vor, wir bauten das Set auf und suchten Kostüme aus. Den gemeinsamen Dreh wollte ich lustvoll gestalten und so sind die Performances entstanden. Denice Bourbon war für das Casting verantwortlich. Es war total schön, sie als Partnerin zu haben, da sie in der queeren Szene sehr gut connected ist. Tony Renaissance stieg später in das Projekt ein und komponierte zu allen Performances eigene Tracks. Das war cool, denn Tonys Musik ist sehr vielschichtig. Die Musik gibt dem Film nun viel Emotionalität und Kraft, das gefällt mir.

Der Film zeichnet sich auch durch seine Optik aus. Immer wieder sind Zitate zu lesen und alle Interviewpartner*innen harmonieren – etwa durch ihre Kleidung – mit dem Szenenbild. Wieso war dir diese optische Gestaltung wichtig?

Mir ist es wichtig, Filme zu drehen, die gut aussehen. Ich hatte also die Idee, den Film in verlassener kapitalistischer Architektur zu drehen. Meine Vorstellung von Feminismus ist immer eine Kritik des Kapitalismus. Mir gefiel daher die Idee, anhand der Location die Überreste von Kapitalismus zu zeigen. Ich bin davon überzeugt, dass wir das kapitalistische Zeitalter irgendwie überwinden müssen, wenn wir eine gute und feministische Zukunft haben möchten. Ich wünsche mir, dass Feminismus auf den Ruinen des Kapitalismus erblühen kann. An unserem Set mochte ich auch, dass ein Haus ein Symbol für Community ist, ein Ort, an dem alle zusammenkommen. Alle Menschen, die an »Feminism WTF« mitgewirkt haben, vereint ein feministisches Grundverständnis und alle kamen dann in dieses Haus, um den Film zu drehen.

Betrachtest du den Film als Aktivismus und wenn ja, was ist dein Ziel mit »Feminism WTF«?

Ich wollte einen Film drehen, den ich selbst gerne sehen würde. Ich wünsche mir, dass der Film Informationsquelle ist und zugleich das Zusammenspiel von verschiedenen Unterdrückungsformen in unserer Gesellschaft aufzeigt. Mir ist es wichtig,

Machtstrukturen zu hinterfragen ist für Mückstein zentral – auch ihre eigenen.

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Carolina Frank
»Wo Geld wartet, ist die Männerdominanz meist nicht weit.«
— Katharina Mückstein

dieses Zusammenspiel mitzudenken, denn verschiedene Formen von Diskriminierung gehen Hand in Hand: Zum Beispiel ist die Ausbeutung von Arbeitskraft nicht zu trennen davon, wer Care-Arbeit macht, und Rassismus ist nicht zu trennen von Kapitalismus.

Wir leben in einem Gesellschaftssystem, das darauf aufbaut, dass es privilegierte und weniger privilegierte Menschen geben muss. Wir haben zwar einen starken Diskurs über soziale Gerechtigkeit, haben jedoch zugleich ein Wirtschaftssystem, das eben nicht gleiche Voraussetzungen für alle schafft. Wenn wir alle gleich wären, dann würde dieses System nicht funktionieren. Ich hoffe, der Film macht schlau, aber auch wütend. So gesehen ist er natürlich Aktivismus. Ich kann mir nicht vorstellen, diesen Themenkomplex in meiner Arbeit fürs Kino zu ignorieren, da er zentral für das Verständnis unserer Welt ist.

Die letzen Jahre sind durch einen antifeministischen Backlash gezeichnet. Warum müssen die Rechte von Frauen und marginalisierten Gruppen immer wieder verhandelt werden? Wieso kommen wir nicht schneller von der Stelle?

Ich denke nicht, dass wir bei diesen Kämpfen immer von vorne anfangen. Das merke ich schon, wenn ich mein Leben

mit dem meiner Mutter oder meiner Oma vergleiche. Wir haben uns von Generation zu Generation immer mehr Freiheiten erkämpft. Die Backlashes zeigen, dass emanzipatorische Fortschritte immer erkämpft werden mussten. Wir leben in einer spannenden Zeit: Einerseits gibt es viele progressive Bewegungen, man merkt zum Beispiel, wie sehr ein Thema wie Trans-Rechte im Bewusstsein angekommen ist. Andererseits stellt ein Thema wie Geschlechtervielfalt unsere Gesellschaft dermaßen in Frage, dass natürlich sehr stark zurückgeschlagen wird. Die Kämpfe von marginalisierten Gruppen werden lange ignoriert oder es wird so getan, als seien diese nur Nischenprobleme. Zugleich kommt große Panik auf, wenn diese marginalisierten Gruppen sich etwas erkämpft haben, denn dann muss das wieder unterdrückt werden. Trotzdem werden in den emanzipatorischen Kämpfen ständig neue Menschen mit diesen Ideen angesteckt.

Feminismus gilt in letzten Jahren – zumindest innerhalb gewisser Kreise – wieder als modern, viele Marken geben sich feministisch und Promis äußern sich vermehrt zu Feminismus. Journalistinnen wie Beate Hausbichler (»Der verkaufte Feminismus«) oder Andi Zeisler

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Mückstein erprobt mit ihren Filmen, wie feministisches Arbeiten auf Augenhöhe aussehen kann.
© Ruth Beckermann Filmproduktion MUTZENBACHER STREAMEN AUF VODCLUB.ONLINE
„ES IS SEHR VIEL DERBER SEX IM KELLER UND AUF DACHBÖDEN.“
WEIL
WIR KINOS LIEBEN

(»We Were Feminists Once«) haben sich diesem Phänomen gewidmet. Wie beurteilst du diese Entwicklung?

Das sehen wir seit ca. 20 oder 30 Jahren, dass Subkulturen unschädlich gemacht werden, indem sie kommerzialisiert werden. Man erhebt etwas, das eigentlich am Rande der Gesellschaft steht, zur Mode oder man integriert es in eine kapitalistische Logik und macht es dadurch unschädlich. Ich bin zum Beispiel eine Befürworterin von Quoten, aber mir ist auch klar, dass man dadurch nur auf der repräsentativen Ebene etwas ändert. Repräsentation, also die Frage, welcher Körper anwesend ist, spielt zwar eine Rolle, wenn jedem Körper bestimmte Erfahrungen eingeschrieben sind. Gleichzeitig wissen wir aber, dass zum Beispiel nicht jede Frau Feministin ist. Wenn jetzt im Vorstand eines börsennotierten Unternehmens drei Frauen sitzen, heißt das nicht, dass das drei Feministinnen sind.

Man muss das halt so sehen: Es ist okay, dass es so eine Art Enttabuisierung gibt, zugleich muss man sich ansehen, welche Art von »Feminismus«, und damit meine ich nun Feminismus unter Anführungszeichen, da eben in der Gesellschaft als akzeptabel erachtet wird. Man sieht ja zum Beispiel beim Girlboss-Feminismus, dass dieser sich total gut ausgeht mit kapitalistischer Logik, denn er bezieht sich auf privilegierte, weiße, heterosexuelle Frauen. Mein persönlicher Feminismus endet eben nicht bei Repräsentation, sondern er stellt immer die Frage nach den Machtverhältnissen.

Du kritisierst auf deinem InstagramProfil die österreichische Filmbranche und verschaffst Betroffenen von Sexismus Gehör. Sexismus gibt es bekanntlich überall, jedoch gab es in den letzten Jahren besonders viele Berichte über den Sexismus in der Filmbranche. Hat diese – nicht nur in Österreich – ein besonders großes Problem mit Sexismus, Hierarchien und Machtverhältnissen? Und falls ja, warum?

Ja, und das ist aus verschiedenen Gründen so: Einerseits geht es um viel Geld und Anerkennung. Wo Geld wartet, ist die Männerdominanz meist nicht weit.

Bildet Banden!

Katharina Mückstein im Porträt Katharina Mückstein wurde 1982 geboren und wuchs in Bad Vöslau auf. In ihrer Jugend war sie in der Punkszene unterwegs. Dort begann sie auch ihr Verständnis für soziale Gerechtigkeit und Feminismus zu entwickeln. Später schrieb sie sich für die Studien Philosophie und Gender Studies ein, bevor sie anschließend Regie an der Universität für Musik und darstellende Kunst studierte. Die Filmakademie beschreibt sie im The-Gap-Interview als »Kulturschock«, denn sie merkte schnell, wie patriarchal die Filmwelt noch immer geprägt war. Eine Änderung dieses Zustandes scheint seither eines ihrer zentralen Ziele zu sein. 2010 gründete sie – gemeinsam mit Flavio Marchetti, Natalie Schwager und Michael Schindegger – die Produktionsfirma La Banda Film. Der Name ist zugleich – erinnernd an den Spruch »Bildet Banden« – eine Ansage, denn gemeinsam lässt es sich besser gegen die Missstände in unserer Welt kämpfen. 2013 kam schließlich Katharina Mücksteins Spielfilmdebüt »Talea«, eine Mutter-Tochter-Geschichte, in die Kinos. »Ein grandioses Debüt über zwei Außenseiterinnen auf der Suche nach Halt und Identität«, berichtete etwa Sonja Neufeld (ORF). 2018 folgte ihr zweiter Spielfilm »L’Animale«, in dem abermals Sophie Stockinger die Hauptrolle spielt. Der Film feierte seine Premiere bei der Berlinale in der Sektion Panorama und erreichte dort den dritten Platz beim Panorama Publikumspreis. Bei der Diagonale 2018 wurde das gesamte Ensemble mit dem Schauspielpreis ausgezeichnet. Über ihre Filme sagte Katharina Mückstein damals gegenüber The Gap: »Wenn ich also ein Genre für meine Filme finden könnte, dann würde ich es Coming-of-Awareness nennen.« Bewusstsein für Themen wie Feminismus und soziale Gerechtigkeit zu schaffen, ist der Regisseurin ein Anliegen – nicht nur in ihren Filmen, sondern auch in den sozialen Medien. Auf Instagram (@katharina_karli_pincopallina) postet sie zu Themen wie Sexismus, Rassismus und LGBTQIA*-Rechten. Als wir sie zum Interview trafen, arbeitete sie gerade an einer Wiener Folge des »Tatort«. Die Beauftragung darf als Anerkennung ihrer Arbeit verstanden werden. Leise und angepasst wird Katharina Mückstein deshalb künftig wohl dennoch nicht sein.

Die Herstellung eines Films verlangt eine gewisse Hierarchie und es braucht eine große Verantwortung, die eine Person –meist ein Mann – tragen muss. Die Person mit mehr Verantwortung steht dann in gewisser Weise in Hierarchie zu den Menschen, die weniger Verantwortung haben, und diese Art von Arbeitshierarchie wird oft missverstanden als persönliche bzw. zwischenmenschliche Hierarchie. Das führt zu Machtmissbräuchen und Übergriffen. Betroffene können sich schlecht wehren, ohne die eigene Existenz gefährdet zu wissen.

Mit der Digitalisierung und dem Aufkommen von Streaming haben Kinos und die Fernsehbranche eine Krise erfahren, aber ich sehe das als Chance, sich neu zu ordnen. Wir müssen anerkennen, dass die Gesellschaft, für die wir produzieren, eigentlich viel progressiver ist als unsere eigenen Strukturen. Wir befinden uns grundsätzlich hinsichtlich Sexismus und

sexueller Gewalt in einer Art Zeitenwende. Sexismus und sexualisierte Gewalt zu thematisieren und zu bekämpfen, war bis vor Kurzem sehr stark tabuisiert. Die #MeToo-Bewegung hat vieles aufgebrochen und es bricht noch immer auf. Das ist noch lange nicht abgeschlossen, doch es gibt keinen Weg zurück.

Dem Filmemachen ist zudem eingeschrieben, dass es immer um das schauende Subjekt hinter der Kamera und um das angeschaute Objekt vor der Kamera geht. In der Filmgeschichte war das schauende Subjekt ein Mann und das angeschaute Objekt eine Frau. Da ist unsere Kulturgeschichte so sexistisch, dass es einen langwierigen Prozess des Verlernens braucht. Die Frage, was eine feministische Filmsprache ist und wie ein feministisches Arbeiten – also Kooperation auf Augenhöhe – aussehen kann, das steht ja nun sehr stark im Raum. Einerseits sehe ich viele FLINTA*-Personen, aber auch Männer, die sich sehr stark damit

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Carolina Frank

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befassen. Andererseits sehe ich eine Industrie, die ihre Strukturen dahingehend noch nicht ausreichend verändert hat.

#MeToo wurde in den sozialen Netzwerken weitergetragen, das Bewusstsein für Sexismus scheint zumindest größer geworden zu sein und mittlerweile gibt es in der österreichischen Kulturszene Initiativen wie #we_do! oder Vera*. Hinsichtlich Geschlechtergerechtigkeit: Mit welchen Gedanken und Gefühlen blickst du in die Zukunft?

Veränderungen passieren in Wellen und nicht auf einen Schlag. Es ist extrem wichtig, dass es nun diese Anlaufstellen gibt, gleichzeitig brauchen wir aber einen Kulturwandel. Wir müssen aufhören, die alten Strukturen aufrechtzuerhalten und zu rechtfertigen. Es muss Priorität werden, faire und sichere Bedingungen für alle zu haben. Das muss eine kollektive Aufgabe sein. Ich denke, dass Betroffene von Diskriminierungen und Übergriffen nun anfangen, sich zusammenzuschließen, zu sprechen und sich zu wehren. Das wird der Auslöser für Veränderung sein.

In den letzten Monaten hat sich viel verändert: Ich selbst habe gemerkt, dass der Kampf gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt anstrengend ist und viele Risiken mit sich bringt, gleichzeitig gibt es viel Solidarität. Diese Kämpfe und Diskurse zeigen sich in der Filmbranche genauso, wie in der Gesellschaft. Vieles passiert gleichzeitig. Es gibt progressive Menschen, die früher eventuell keine Stimme hatten, die sich nun zusammenschließen und solidarisch sind. Und es gibt Menschen, die wollen, dass alles so bleibt, wie es bisher war. Es ist jedoch in der Gesellschaft nie alles so geblieben, wie es war, also kann man nur optimistisch sein.

»Feminism WTF« von Katharina Mückstein ist bei der Diagonale am 24. März um 18:15 Uhr im KIZ Royal Kino 1 und am 25. März um 11 Uhr im Annenhof Kino 6 zu sehen.

1 Zuordnungen in Bezug auf Hautfarben sind gesellschaftlich konstruiert. Um diese Konstruktion zu verdeutlichen, wird »Schwarz« in diesem Text großgeschrieben. Die Kleinschreibung von bell hooks begründet sich hingegen in (afro-)feministischen Diskursen der 70er-Jahre. Aus Respekt vor den Wünschen der 2021 verstorbenen Autorin und ihren politischen Forderungen verwenden wir diese Schreibweise.

Ein lustvoller Film über Feminismus

Katharina Mücksteins »Feminism WTF«

»We Should All Be Feminists« ließ Dior 2016 – inspiriert vom gleichnamigen Essay der Autorin Chimamanda Ngozi Adichie – auf T-Shirts drucken; zwei Jahre davor trat Beyoncé bei den MTV Video Music Awards auf, auf der Bühne war riesengroß das Wort »feminist« zu lesen. Beispiele wie diese zeigen: Feminismus – oder zumindest eine gewisse, gut verkäufliche Art davon – ist seit den 2010er-Jahren wieder cool. Zugleich erleben wir weltweit eine kontinuierliche Beschneidung von Frauenrechten. Gewalt gegen Frauen und weitere marginalisierte Gruppen ist trauriger Alltag. Und in den Kommentarspalten diverser Social-Media-Plattformen bekommen manche Schnappatmung, wenn sie irgendwo einen Genderstern erspähen. In ihrer Doku »Feminism WTF« spricht Katharina Mückstein mit verschiedenen Expert*innen aus Politik- und Sozialwissenschaften, Männlichkeitsforschung, Gender, Queer und Trans Studies. Sie alle sprechen unter anderem darüber, welche Arten von Feminismus es überhaupt gibt, wie Feminismus zu einer solidarischen Gesellschaft beitragen kann, welche Rolle Machtverhältnisse spielen und warum Kapitalismus und Feminismus einander widersprechen (müssen). Katharina Mückstein wollte einen lustvollen Film über Feminismus machen, die Ästhetik (monochrome Sets, die auf die Outfits der Interviewpartner*innen abgestimmt sind) sowie die Musik von Tony Renaissance sind Zeugnis dafür. Alles kann in den 96 Minuten natürlich nicht abgedeckt werden, an manchen Stellen wünscht man sich eventuell eine vertiefende Abhandlung und vieles mag den Personen, die sich bereits länger mit Feminismus befassen, nicht neu sein, aber »Feminism WTF« ist ein wichtiger Film, dem man ein großes Publikum wünscht.

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Die Tanzeinlagen von »Feminism WTF« setzen den Fokus auf Körperlichkeit.
»Unsere Kulturgeschichte ist so sexistisch, dass es einen langwierigen Prozess des Verlernens braucht.«
Stadtkino
— Katharina Mückstein
Filmverleih

Kult. Klassiker. Kostbarkeiten.

DER ÖSTERREICHISCHE FILM
17. Staffel - 15 neue Filme auf DVD oder als VoD Aufzeichnungen aus der Unterwelt TIZZA COVI, RAINER FRIMMEL Hochwald EVI ROMEN Bretter, die die Welt bedeuten KURT GERRON Luzifer PETER BRUNNER Waren einmal Revoluzzer JOHANNA MODER Space Dogs ELSA KREMSER, LEVIN PETER Quo Vadis, Aida? JASMILA ŽBANIC Epicentro HUBERT SAUPER Brot HARALD FRIEDL Canale Grande FRIEDERIKE PEZOLD 1. Arena besetzt 2. Auf amol a Streik RUTH BECKERMANN, JOSEF AICHHOLZER, FRANZ GRAFL Jetzt oder morgen LISA WEBER Mutig in die neuen Zeiten 1–3 HARALD SICHERITZ Lauf, Hase, lauf ALFRED NINAUS Beatrix MILENA CZERNOVSKY, LILITH KRAXNER Alle Filme der Edition und der Diagonale-Aktion bei watchaut.film WatchAUT Diagonale’23 Aktion:für3Filme dieWeltganze

Golden Frame

Zeitgenössische Kunst im angemessenen Rahmen

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New York, New York, big city of lights Viktoria

Schmid

»NYC

RGB«

1861 präsentierte ein Physiker die erste Farbfotografie als Beweis für die Theorie der additiven Farbmischung. James Clerk Maxwell fotografierte damals gemeinsam mit Thomas Sutton, dem Erfinder der Spiegelreflexkamera, ein Stoffmuster durch je einen Rot-, Grün- und Blau-Filter und legte die Fotografien dann übereinander. Die Filmemacherin Viktoria Schmid bedient sich dieses Verfahrens, um den Geheimnissen der menschlichen Wahrnehmung auf die Spur zu kommen. »One is many«, ist man versucht zu sagen. ———— Wie lange das Licht der Sonne und aller anderen Sterne braucht, um sich auf das Geländer eines Balkons im 20. Stock eines Apartments in Chelsea, New York, zu legen! Und in welch kurzem Moment diese Reise im Auge der Kamera mündet! Millionen von Lichtjahren, kondensiert auf den Bruchteil einer Sekunde.

Normalerweise fängt die Filmkamera, aufgestückelt in Frames pro Sekunde, immer nur solche Momente ein, Durchschnitte durch das Kontinuum der Zeit, die keinen Moment kennt, sondern nur ewigen Fluss. Wenn dann vor der Projektionslampe Bild um Bild vorbeirattert, ist das eine Verfremdung. Die fugenlose, formlose, ausufernde Zeit wird so greifbar gemacht für das allzu menschliche Denken, dass die Dinge abgrenzen und definieren muss. Aber nicht nur im Denken müssen Menschen die Welt in verarbeitbare Häppchen stückeln. Es gibt auch ein materielles Pendant: Zapfen und Stäbchen sorgen im Auge für die separate Aufnahme einerseits der roten, grünen sowie blauen und andererseits der hellen sowie dunklen Seiten der Bilder, als die uns die Welt erreicht. Im Gehirn verbinden sich dann alle Seiten (oder Schichten) zum ganzen Bild.

In »NYC RGB« von Viktoria Schmid ist nun die Synthese der einzelnen Farbspektren wieder in drei Teile aufgefächert. Je drei Aufnahmen, vom gleichen Standpunkt aus, aber unter verschiedenen Farbfiltern, legen sich übereinander. Mit den Zeitspannen, die zwischen den Aufnahmen liegen, wandert jedoch die Sonne und mit ihr Wolken, Autos und Licht. So kommt es, dass im endgültigen Bild, das im Kinosaal an die Leinwand geworfen wird, drei Zeitpunkte vereinigt sind. Ihr Signifikant ist der älteste Zeiger der Welt: der gewanderte Schatten.

Was auf den ersten Blick wie das Porträt einer Stadt wirkt, wird so zur Meditation über Wahrnehmung von Welt in ihrer Bildlichkeit und Zeitlichkeit. Es wird zur Hymne an die Komplexität und Unaufhaltsamkeit der Vorgänge, die unter unserem Blick vor sich gehen, zwar meist unbemerkt, aber von fundamentaler Bedeutung. Welch besseren Ort gibt es dafür als die Stadt, die niemals schläft. New York, New York, big city of lights Victor Cos Ortega

Viktoria Schmids Filme werden seit 2015 regelmäßig bei der Diagonale gezeigt. In diesem Jahr zählt ihr Kurzfilm »NYC RGB« zu den Eröffnungsfilmen (21. März, 20:30 Uhr, Annenhof Kino 5 und 6). Gelistet ist er in der Sparte »Innovatives Kino«. Er wird von einer weiteren filmischen Arbeit der Künstlerin begleitet: »W O W (Kodak)« ist Teil des diesjährigen

Specials »Finale«.

historischen
015 Viktoria Schmid »NYC RGB« (USA/AT 2023, 16 mm, 7 Min.); Filmstill

VIENNA CALLING

AB 25.8. IM KINO

Bretter, die die Welt bedeuten »Turtle 3« und die rollende Vermessung der Stadt

Der dritte Kurzfilm aus der Wiener »Turtle«Reihe ist eine kompakte zeitgenössische Dokumentation des Wiener Stadtgeschehens in Analogästhetik. Er zeigt viel mehr als nur ein paar Tricks auf vier Rollen. ———— »Dass der Film bei der Diagonale laufen würde, hätte ich niemals geglaubt, bevor plötzlich die Zusage im Posteingang war.« Obwohl Lucas »Turtle« Jankoschek und seine Crew rund zwei Jahre in »Turtle 3«, den neuesten Film der umtriebigen Wiener Skatefilmproduktion Turtle Productions, investiert haben, bleibt der kreative Kopf dahinter bescheiden. Jankoschek skatet seit über 15 Jahren – erst in Eisenstadt, nach dem Umzug nach Wien begann er dann regelmäßig Clips zu filmen und zu veröffentlichen. »Auf dem Brett habe ich

einen Teil meiner Erziehung genossen. Wenn es auch nur so kleine Dinge waren, wie seinen Müll wegzubringen, bevor man einen Ort wieder verlässt, oder Leuten mit Respekt gegenüberzutreten.«

Rund zehn Stunden verbringt er jede Woche auf den vier Rollen. Skateboarding ist für ihn weder klar als Sport noch als Kunst zu verstehen, sondern: »Freiheit! Es gibt überhaupt keine Regeln. In welche Richtung man auch gehen will, alles ist beim Skaten möglich. Man muss nicht mal selbst fahren, um sich etwa als Filmer kreativ am Geschehen zu beteiligen.« Dem stimmt auch

Der Film soll Leute flashen, die selbst skaten und wissen, was dahintersteckt.

017 Simon Trummer
Skateboarding ist für Jankoschek weder Sport noch Kunst, sondern vor allem Freiheit.

Florian Seyser-Trenk, bekannt als Mastermind von Euroteuro, zu. Er kuratierte und produzierte die Musik für »Turtle 3«: »Für mich ist es Kunst mit Workout. Wie ein Livekonzert auch ein bisschen, nur noch ein großes Stück freier in Form und Ausdruck.«

Diese Freiheiten drücken sich vor allem in den kreativen DIY-Aspekten aus. Der Film hat etwas Handgemachtes. Die Musik kommt aus dem eng mit der Skateboardszene verbandelten Underground, die animierten Zeichnungen stammen aus der Feder von Jankoscheks Zwillingsbruder und es wird – durch ein paar Eingriffe in das Design der Stadt – skatebar gemacht, was gefällt. Die breiten, kreativen Möglichkeiten rund um das Rollbrett erklärt sich Seyser-Trenk so: »Womöglich liegt das daran, dass es eine sehr ästhetische Sportart bzw. Kunstform ist. Das kann dann eben viele Bereiche umfassen.«

Der Anspruch sei vor allem gewesen, auch Leute zu flashen, die selbst skaten und daher noch besser wüssten, was dahintersteckt. Doch die neu gefundene Öffentlichkeit außerhalb der Bubble freut die Crew ebenfalls. Die Hoffnung ist, vor allem bei den ablehnenden Teilen der Gesellschaft auf Verständnis zu stoßen, die derzeit für die Sache ein größeres Hindernis sind als so manche bauliche Maßnahme.

Akzeptanz des Mainstreams

Stilecht zeigt »Turtle 3« in den kompakten 30 Minuten nicht nur bloßes Skateboarding. Das wäre selbst Jankoschek zu fad. Szenen

des Wiener Alltagslebens spicken die insgesamt zehn Parts der gut 20 Skatenden. Draufgehalten wird überall: Ein speibender Hund findet dabei genauso seinen Platz wie ein interessierter Anzugträger und Personen, die lauthals aus dem Auto schimpfen. »Auf der Straße und im nicht dafür vorgesehenen öffentlichen Raum zu skaten, ist schon eine Grauzone. Am Ende kommt es dennoch drauf an, wie wir gebeten werden zu gehen.« Viele Plätze muss die Turtle-Crew früher oder später ungewollt verlassen. Sofern man ihnen dabei auf Augenhöhe und mit Respekt begegne, würden sie die Location in der Regel zügig räumen. Angeschrien zu werden

verzögere das Abziehen um drei, vier Versuche, schmunzelt Jankoschek.

Nach wie vor gäbe es grobe Missverständnisse über ihre Betätigung: »Manche Leute leben noch immer mit der Vorstellung, dass alles so steril und sauber wie möglich sein muss. In unserer Philosophie ist der öffentliche Raum ein Ort, der benutzt werden soll, und dabei entstehen eben Abnutzungsspuren. Es wirkt dann so, als ob wir alles beschädigen, wo wir auftauchen. Dabei scheren wir uns an den meisten Stellen um unsere Spots mehr als manche Leute, die die Plätze regulär verwenden.« Durch das Screening im Kino erhofft er sich dahingehend Aufklärung und Diskurs, aber: »Zu Mainstream brauch ich es auch nicht haben. Im Fernsehen muss Skateboarding nicht unbedingt ankommen.« Und auch die eine oder andere Beschädigung räumt er lachend ein, etwa angesprochen auf die zerlegte Baumstütze nach einem Sturz: »Da war ich nicht dabei und ich weiß nicht, ob es wieder repariert werden konnte. Aber gut, manchmal passieren blöde Sachen. Mutwillig zerstören wir nichts.«

Lobby für Skatende

Jankoschek meint, dass man in diesen Umgang mit Normen und dem öffentlichen Raum leicht politische Ansprüche hineininterpretieren könne, für ihn und seine Crew sei das allerdings nicht vorrangig. Dafür gebe es den Skateboard Club Vienna, quasi die rollende Lobby im Dialog mit

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Simon Trummer, Roland Hoogwater, Christian Benesch
»Wir scheren uns mehr um unsere Spots als manche Leute, die die Plätze regulär verwenden.«
— Lucas Jankoschek
Lucas Jankoschek, Turtle Productions Beschädigungen passieren – bei Menschen wie Dingen. Aber nie mutwillig.

der Stadt. Der Club besteht seit Frühjahr 2021 – von Skatenden für Skatende – und es brauche ihn dringend. Denn beschämenderweise habe Wien als Hauptstadt keine Skatehalle. Die sei aber unerlässlich, auch wenn in den Videos nie dezidierte Skateanlagen zu sehen sind: »Skateparks sind unsere Trainingsstätten, sie in den Videos nicht zu zeigen ist eine Art Szenecode. Wir üben dort unsere Tricks, um sie schlussendlich auf der Straße zu vollführen und zu filmen. Im Winter sind wir mit Handschuhen und fünf Schichten in Garagen am Herumskaten. Ich treffe viele Freunde dabei. Für mich gibt es die Option nicht, über den Winter aufzuhören.«

Einen Verein als Überbau zu haben, stärke die Kommunikation untereinander – es wird für Nachwuchs gesorgt und verschiedene Crews finden eine Anlaufstelle. Denn auf der Straße passiert die Vermischung nicht so leicht. Auf die sehr ausgeglichene Genderbalance in »Turtle 3« angesprochen, meint er, dass er die Leute in seinen Videos nicht kuratiere, sondern dass

das die Menschen seien, die ihm am nächsten stehen, denen er in puncto Kreativität und Umgang vertrauen könne.

Die öffentlichkeitswirksamsten Darstellungen von Skateboarding bleiben nach wie vor männlich dominiert, wobei es auch in Wien immer mehr Crews gibt, die sich dezidiert in Spaces von FLINTA* und queeren Personen bilden. Erste wichtige Schritte werden getan, eine stärkere Durchmischung fände Jankoschek wünschenswert: »Bei uns sind alle willkommen, ich verstehe aber auch, dass es schwer sein kann, sich an einen quasi fertigen Freundeskreis anzuschließen.« Sandro Nicolussi

»Turtle 3« wird bei der Diagonale zweimal im Rahmen der Kurzfilmschiene »Innovatives Kino« projiziert und zwar am 23. März 23 Uhr im Schubertkino 1 und am 25. März 17:30 Uhr im Schubertkino 2. Clips von Turtle Productions finden sich auf dem gleichnamigen Youtube-Account. Den gesamten Soundtrack zum Film findet man unter bigcakerecords.bandcamp.com.

Der Florentiner Hut

Florian Seyser-Trenk, Euroteuro
Oper von Nino Rota mit Tetiana Miyus Premiere 13. Mai 2023 oper-graz.com Filmklassiker mit Musik von Nino Rota im Mai im Grazer Rechbauerkino

Auf der Suche nach der Kindheit »27 Storeys« von Bianca Gleissinger

Bianca Gleissinger setzt sich am Ort ihrer Kindheit, dem Wohnpark Alterlaa, mit persönlichen Erinnerungen und Generationenkonflikten auseinander. ———— 27 Storeys, also 27 Stockwerke, so hoch ist das höchste Gebäude des Wohnparks Alterlaa. Die Anlage im Süden Wiens wird immer wieder international als das Paradebeispiel für leistbares Wohnen mit Lebensqualität angeführt. In Zeiten, in denen die Mietpreise in den Städten global explodieren, in denen Regierungen keine Deckelung dafür durchsetzen, zeigt Alterlaa, wie es anders gehen könnte.

Hier ist in den 1990ern und frühen 2000ern die Filmemacherin Bianca Gleissinger aufgewachsen. Dem Ort ihrer Kindheit hat sie mit »27 Storeys« ein filmisches Denkmal gesetzt. Die Idee dazu kam ihr, als sie in eine dieser Städte zog, in denen leistbares Wohnen ein Problem ist: Berlin. »Ich habe den Leuten gesagt, dass ich im sozialen Wohnbau aufgewachsen bin. Das ist in Deutschland anders konnotiert als in Österreich«, erklärt Gleissinger im Gespräch. »Da wurde mir unterstellt, ich hätte eine schlimme Kindheit gehabt.« So entstand die Motivation, noch einmal zurückzukeh-

Grünflächen gibt es in Alterlaa mal groß für die Gemeinschaft, mal klein und privat.

ren und zu schauen: »Was ist das eigentlich für ein Ort? Warum funktioniert anderswo das soziale Wohnen nicht? Und warum habe ich das Gefühl, als reicher Mensch aufgewachsen zu sein?«

Alterlaa hat wenig damit zu tun, was man in Berlin unter Sozialbau verstehen würde. Das liegt auch am Architekten Harry Glück, der 1966 seine Devise so formulierte: »Wohnen wie die Reichen für alle«. Daher finden sich heute auf einem Areal von 240.000 m² ungefähr 3.200 Wohnungen mit einer Größe von je 74,5 m² für insgesamt 9.000 Personen sowie ein Einkaufszentrum, Ärztezentren, Schulen, Kindergärten, Spielplätze, Tennisplätze und Grünflächen in Parkgröße. Alterlaa ist eine Stadt innerhalb einer Stadt. »Wir waren Harry Glücks Glücksutopie«, so Gleissinger.

Suche nach Vergangenheit

Nachdem sie 2018 ihr erstes Filmkonzept erstellt hatte, musste sie immer wieder zur Recherche nach Wien zurückkehren. Eine Konfrontation mit der eigenen Erinnerung. »Ich habe keinen Bezugspunkt mehr in der Gegenwart, an den ich hätte zurückkehren können. Meine Wohnung gibt es nicht mehr.« Also musste die Geschichte andersherum aufgezäumt werden. Sie habe sich, so Gleissinger, mit der Frage auseinandergesetzt, wie denn eine Rückkehr aussehen könne. Diesen Ort der Vergangenheit könne sie nur metaphorisch in sich selbst suchen, weniger als geografische Präsenz. »Ich bin

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Die Türme von Alterlaa sind ein markanter Fixpunkt am Wiener Stadtrand.
Klemens Koscher

dann auf die Frage nach der Lebensrealität von Kindern, den Werten meiner Eltern und des Ortes umgeschwenkt.«

Diese Verbindung zwischen Kindheitserinnerungen und der Gegenwart führte auch zu Herausforderungen: »Die Menschen haben mich noch von früher gekannt. Aber ich hatte nicht die Freiheit, die Geschichten von damals für meinen Film zu verwenden.« Man muss nochmals an den Ort gehen und den Leuten neu begegnen. Menschliche Unikate finden sich definitiv in »27 Storeys«. Edi und Gitti, die als große Freddy-Quinn-Fans ein Museum zu Ehren des Musikers betreiben. Julius Ehrlich, der seit Jahren als »Bürgermeister« des Wohn-

baus dessen Geschicke lenkt. Oder auch Peter, selbst ein passionierter Filmemacher, der frisch zur Fertigstellung Alterlaas in den 70ern mit seiner Frau einzog. Seine Videoarbeiten vom Bau sind ein seltenes, faszinierendes Zeitdokument.

Fast alle von Gleissingers Protagonist*innen befinden sich bereits in einem späten Lebensabschnitt. Die Einschätzung mancher, Alterlaa sei auch das »größte Altersheim Österreichs«, scheint nicht weit hergeholt. Auch das ist ein Aspekt, den Gleissinger vorsichtig in ihren Film einwebt. Die Progressivität eines Wohnkonzeptes, dass gleichzeitig an seiner Festgefahrenheit erstickt. Rund 30 Klubs hat die Gemeinschaft in Alterlaa, unter anderem den der Modellbauer*innen, den der Schneider*innen oder den Foto - und Videoklub. Hier tut sich die Kluft zwischen den Generationen am offensichtlichsten auf. Jüngere Menschen sind hier nicht zu finden. Für die Jungen, so ein Mitglied des Tischtennisklubs, sei Alterlaa ein Ort, an den »komm ich am Abend zurück und schlaf da«. Für sie, die Älteren, sei es aber noch »der Ort, wo ich zu Hause bin«.

Ob ihre Protagonist*innen denn glücklich seien, als aussterbende Gattung gezeigt zu werden? Gleissinger lacht. »Ich war begleitet von der Sorge, dass mir das negativ angerechnet wird. Doch die haben das bis jetzt alle mit dem nötigen Humor gesehen.« Generationenkonflikte liegen in der Natur der Sache. Aber diese stehen im Kontrast

zu individuellen Begegnungen. Wie jene mit Hobbyfilmer und Witwer Peter, der während der Dreharbeiten verstorben ist. An seinem Beispiel zeigt sich die Vergänglichkeit der Bewohner*innen. Seine über Jahrzehnte kaum veränderte Wohnung muss sich nach seinem Tod einer Renovierung beugen. Wie bei Gleissinger, die ebenfalls ihre nun komplett anders aussehende Kindheitswohnung besucht, verwischen sich die Spuren abrupt. Das einzige Zeugnis von Peters Existenz ist das Fenster zwischen Küche und Wohnzimmer, eine Maßanfertigung aus den 70ern.

»Lebenszyklus abbilden«

Das Ende eines Lebens zu zeigen, entwickelte sich für Gleissinger zu einem wichtigen Motiv. »Die Menschen, die ich getroffen habe, haben mir erzählt, dass Alterlaa für sie ein Ort ist, wo man alt werden und sterben kann. Das hat sich organisch eingewoben, dass ich da einen Lebenszyklus abbilde.« Auch persönlich habe Peters Tod sie sehr bewegt. Er war der Protagonist ihres ersten Drehtages gewesen, man ist über die Jahre in Kontakt geblieben. Aber, so wie er seiner Frau mit seinen Videos ein Denkmal gesetzt hatte, so war auch für Gleissinger klar, dass sie seine Geschichte in den Film mit reinnehmen müsse.

Die eigene Kindheit hat Gleissinger bei dem Dreh nicht wiedergefunden. Aber, diese ist auch weniger an einen Ort gebunden als an eine Erinnerung, einen Moment in der Zeit. Eine Rückkehr steht daher vorläufig nicht am Plan. »Glücklich sein heißt, erst mal alles anders zu machen als deine Eltern«, sagt Gleissinger im Film. Dazu gehöre, von daheim wegzuziehen, eine kleine Emanzipationsgeschichte zu durchlaufen. »Alterlaa hat sich von dem, wie ich es damals wahrgenommen habe, zu dem, was ich jetzt angetroffen habe, natürlich verändert.« Aber würde Berlin irgendwo im Stadtteil Wedding, Gleissingers Wohnviertel, eine ähnliche Anlage aufziehen, würde sie sich einen Umzug definitiv überlegen. »Diese großen grünen Balkone, da geht nichts drüber.«

»27 Storeys« läuft bei der Diagonale am 22. März um 21 Uhr im KIZ Royal Kino 1 und am 23. März um 10:30 Uhr im KIZ Royal Kino 2.

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Bianca Gleissinger, Regisseurin »27 Storeys«
»Warum habe ich das Gefühl, in Alterlaa als reicher Mensch aufgewachsen zu sein?«
— Bianca Gleissinger

Sexismus in der österreichischen Filmbranche

Die Debatte über Sexismus in der (österreichischen) Filmbranche ist noch lange nicht abgeschlossen. Vereine und Anlaufstellen wie FC Gloria, #we_do! oder Vera* leisten wichtige Arbeit. Doch, wie auch die erneute Welle an #MeToo-Berichten letztes Jahr zeigte, scheint noch einiges an struktureller Schieflage zu existieren. Wo genau gibt es Defizite beim Umgang mit Sexismus und Machtmissbrauch in der österreichischen Filmbranche? Welche konkreten Maßnahmen sind notwendig? Wie können Opfer besser unterstützt werden? Wie soll mit Täter*innen umgegangen werden? In unserem Wortwechsel erläutern vier Personen aus der österreichischen Filmszene ihren Standpunkt zu diesen Fragen.

Kultur- und Medienwissenschaftlerin, Universität Wien

Kulturwandel praktizieren ———— Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe sind keine Alleinstellungsmerkmale der Filmbranche und müssen daher im gesamtgesellschaftlichen Kontext gesehen und bekämpft werden. Es gibt dort ein Problem, wo es kein Unrechtsbewusstsein gibt und Sexismus als »Alltagssprech« akzeptiert wird. Die spezifischen, oft informellen Arbeitsverhältnisse der Filmbranche – hohe Budgets, großer Zeitdruck – begünstigen Machtmissbrauch und werden gleichzeitig von vielen Akteur*innen als Argument benutzt, um notwendige Auseinandersetzungen und Gespräche zu blockieren. Wir müssen uns von der Fantasie verabschieden, dass Demütigungen, psychische und verbale Gewalt Voraussetzungen für kreative Arbeit sind oder »dazugehören«. Das Gegenteil ist der Fall! Konkret ist notwendig, dass wir bei der Geschlechterparität in der Filmbran-

che weiterkommen. Hierfür braucht es weitere Förderinstrumente und Quoten. An den Filmakademien und Ausbildungsorten wäre mit strukturellen Veränderungen zu beginnen. Interessensvertretungen wie FC Gloria müssen gestärkt, prekäre Arbeitsverhältnisse verbessert, Raum und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Der Austausch über konkrete Schwierigkeiten bei der Implementierung von Maßnahmen, wie sie in Österreich gerade in Gang kommen, ist ebenfalls wichtig. Es gilt, »Kulturwandel« zu praktizieren – propagieren allein reicht nicht.

Für die Betroffenen geht es um das Vorhandensein und das Wissen um interne und externe Anlaufstellen und Vertrauenspersonen. Initiativen wie #we_do! müssen verbreitert und ausgebaut werden. Sexismus hat viele Gesichter und es gibt sehr unterschiedliche Formen sexistischer Übergriffe und sexueller Gewalt. Diese im Sprechen über konkrete Fälle auseinanderzuhalten ist sinnvoll und notwendig. Der Umgang mit Täter*innen ist durch das Gleichbehandlungsgesetz und das Strafgesetzbuch klar geregelt, auch wenn das Bewusstsein darüber ausbaufähig ist.

Monika Bernold ist Professorin für Kulturgeschichte audiovisueller Medien an der Universität Wien. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Medien-, Konsum und Geschlechtergeschichte sowie feministische (Auto-)Biografieforschung.

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Wortwechsel
Barbara
/ St efan
Fohringer Barbara Mair, Dor Film
Oláh, Johannes Zinner, Österreichisches Filminstitut

Meike Lauggas

Beraterin, Anlauf- und Beratungsstelle #we_do!

Vorgaben festlegen, vorleben und konsequent einhalten ———— Das Filmemachen ist meistens eine personalintensive Teamleistung von kreativen Künstler*innen und weiteren Mitarbeiter*innen. Die heterogene Zusammensetzung von Menschen unterschiedlichs ter Herkunft, Ethnie und gesellschaftlicher Einbettung, die in einem hierarchischen Drehprozess eingebunden werden, braucht individuell ein hohes Maß an sozialer Kompetenz. Das macht Filmemachen unvergleichlich zu vielen anderen Branchen.

Sexismus und Machtmissbrauch ist aber überall dort anzutreffen, wo es keine Sensibilität im Umgang miteinander gibt und wo der Respekt vor- und füreinander nicht gelebt wird. Als Produzent*innen haben wir die Verantwortung, klare Vorgaben festzulegen, vorzuleben und einzuhalten. Diese Form der Prävention kommt für mich lang vor Reglements und vertraglichen Verpflichtungen. Unabhängig davon müssen wir definieren, was wann im Fall einer Tat zu tun ist, denn das ist die sensibelste Phase.

Dazu braucht es geschützte Anlaufstellen unabhängig von der jeweiligen Produktion. Ganz junge neue Initiativen versuchen, genau da einzuhaken. Diese Strukturen müssen auch weiter gestärkt werden. Als Produzent*innen müssen wir souverän und weitsichtig handeln und Informationen rasch weitergeben. Auf diese Weise können wir Opfer unterstützen und helfen, ihre Zahl zu verringern. Die Täter*innenfrage ist ebenso komplex. Expert*innen müssen, so eigenartig das klingen mag, einen »Tatenkatalog« erstellen und daraus auch eine Folgestrategie entwickeln. Nur das kann uns erst den Diskurs bezüglich des Umgangs mit Täter*innen eröffnen. Es braucht einen konsequenten Umgang mit den Täter*innen und gleichzeitig mehr Sensibilität und Respekt für das Empfinden der Opfer.

Danny Krausz ist Mitgründer der Produktionsfirma Dor Film und seit Mitte 2019 auch Leiter der Filmakademie Wien – Institut für Film und Fernsehen der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.

Betroffene einbeziehen ———— Alle Beteiligten sind dafür verantwortlich, was in der Filmbranche akzeptiert wird und was nicht – aber mit unterschiedlich viel Macht und Spielraum. Verantwortliche müssen ihre Fürsorgepflicht, Arbeitsrecht und Diskriminierungsschutz sehr viel ernster nehmen, entsprechende Konsequenzen ziehen und Präventionsschritte setzen. Dies kann über die Koppelung an Fördergelder, anonyme Feedbacks nach einer Produktion, Informationskampagnen, Beratungsstellen und nicht zuletzt darüber erfolgen, dass Personen, die sich weiterhin nicht an Regeln halten, auch nicht mehr beschäftigt werden.

Statt von »Opfern«, denen als Person Wehr- und Hilflosigkeit zugeschrieben wird, sollten wir von Betroffenen einer konkreten Situation sprechen. Entscheidungen über weitere Schritte müssen immer bei der betroffenen Person bleiben. Erfahrungsaustausch, direktes Einschreiten, Proteste, Unterstützungsangebote (auch noch später) und Zusammenschlüsse können dann sinnvoll sein. Aber auch die strukturelle Ebene sollte durch präventive Maßnahmen und ihre Vorbildwirkung glaubhaft machen, dass sie Vorfälle ernst nimmt und in Folge auch konkret handelt.

Auch Täter*innen ist ein kontraproduktiver Begriff, besser ist: Beschuldigte oder Verursacher*innen eines konkreten Ereignisses. Beschuldigte müssen jedenfalls angehört werden. Gegebenenfalls sollten sie ernsthaft Verantwortung für ihr Verhalten bei einem spezifischen Ereignis übernehmen, anerkennen, was sie angerichtet haben, es glaubhaft bedauern und eventuell auch Entschädigung leisten. Beschuldigte weisen häufig alles von sich und fühlen sich durch die Beschuldigung als »Opfer«; Betroffene hingegen gehen meistens ein hohes Risiko ein, wenn sie etwas zur Sprache bringen.

Meike Lauggas ist selbstständige Organisationsberaterin und Coach, spezialisiert auf Anti-Diskriminierung und Arbeitsrecht. Sie ist unter anderem für #we_do! Anlauf- und Beratungsstelle der österreichischen Filmschaffenden tätig.

Code of Ethics und Aufklärungsarbeit ———— Da Machtmissbrauch und Sexismus häufig miteinander verlinkt sind und als strukturelle Probleme auftreten, verlangt es einen umfassenden und nachhaltigen Umgang. Die Defizite sind in sehr vielen Bereichen spürbar.

Das Filminstitut arbeitet gemeinsam mit anderen Organisationen und Einrichtungen an unterschiedlichen Maßnahmen. Die erste von uns getroffene war die Einbeziehung des Code of Ethics in die Förderverträge; damit sind alle unsere Vertragspartner*innen verpflichtet, diesen einzuhalten. Daneben setzen wir in ers ter Linie auf Aufklärungsarbeit, da vieles gesetzlich geregelt ist, dies aber zu wenig bekannt ist. Dazu sind auch bereits einige Veranstaltungen geplant, in denen Arbeitsrechtler*innen, Intimitätskoordinator*innen, Kindercoaches und Branchenvertreter*innen zu Wort kommen werden. Wir empfehlen auch entsprechende Aufklärungsveranstaltungen zu Beginn von Dreharbeiten. Eine weitere Empfehlung ist, Ansprechpersonen am Set zu haben, die über eine Ausbildung verfügen, um mit derartigen Situationen umgehen zu können, und die Betroffene unterstützen. Selbstverständlich stehen den Betroffenen auch Einrichtungen wie #we_do oder Vera* zur Verfügung.

Im Umgang mit Täter*innen stellt sich hingegen zunächst einmal die Frage: Wann spricht man von Täter*innen? Meist gibt es nur Gerüchte … Und da macht es sicherlich Sinn, die Person konkret darauf anzusprechen und Präventivmaßnahmen zu setzen, um diese Person zum Beispiel nicht alleine mit anderen Personen arbeiten zu lassen (etwa in Maske, Kostüm, bei Proben oder im Schneideraum). Verträge mit Stab und Crew sollten einen Verhaltenskodex und Hinweise auf Folgen bei Verstößen beinhalten.

Iris Zappe-Heller ist seit 2011 stellvertretende Direktorin und seit 2014 Beauftragte für G ender & Diversity am Österreichischen Filminstitut.

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Workstation

Menschen am Arbeitsplatz

Peter Schernhuber und Sebastian Höglinger Festivalleitung und Geschäftsführung

Dass die Organisation eines Festivals Teamwork ist, wissen Peter Schernhuber und Sebastian Höglinger nur zu gut. Nicht ohne Grund haben sich die beiden 2015 als Duo um die Leitung der Diagonale beworben. Nach acht Jahren werden sie das Festival mit Ende der heurigen Ausgabe in die Hände anderer übergeben – ganz ohne Wehmut, zumindest noch: »Wir gehen mit der gleichen Emotion in die Diagonale wie sonst auch«, erklärt Höglinger. »Aber spätestens beim Teamfest, wenn man realisiert, dass man mit diesen tollen Leuten nicht mehr so viel zusammenarbeiten wird, dürfte es dann schon schmerzhaft werden. Schön schmerzhaft.« Besser kennengelernt haben sich die beiden übrigens bei einem Praktikum bei der Diagonale, danach folgte die gemeinsame Leitung des Jugendmedienfestivals Youki, eine Zeit, die das Duo zusammengeschweißt hat. Und wie wird es für die zwei nach der Diagonale weitergehen? Das sei noch völlig offen, so Schernhuber entspannt: »Es war für uns wichtig, die Sache gut abzuschließen, unabhängig von einem neuen Angebot.«

Teresa Wagenhofer Manuel Fronhofer

Katharina Wiesler und Michelle Koch

Katalogredaktion

Sobald das Programm der Diagonale Form annimmt, beginnt für Katharina Wiesler und Michelle Koch eine intensive Zeit: Als Katalogredaktion kümmern sich die beiden im Wiener Büro des Festivals darum, dass der Diagonale-Katalog – unter Mithilfe diverser Kolleg*innen und Abteilungen – rechtzeitig zur Pressekonferenz im März fertig ist, also: geplant, geschrieben, gestaltet, Korrektur gelesen und gedruckt. Die 350 Seiten starke Publikation entsteht in acht Wochen intensiver Arbeit. »Alleine würde das keinen Spaß machen«, sind sie sich einig. Es brauche einerseits den inhaltlichen Austausch und andererseits den nervlichen Rückhalt für jene Phasen, in denen es besonders stressig wird. Für Wiesler, die aus Graz stammt, geht es nach der Katalogproduktion ebendort weiter: Seit drei Jahren leitet sie vor Ort das Ticketing der Diagonale. Während Koch – sie stammt aus dem Frankfurter Raum – am Festival selbst vor allem Besucherin sein kann, von diversen Filmmoderationen mal abgesehen.

Diagonale-Essentials Weitere Filmempfehlungen

In ihrem letzten Jahr lassen es die scheidenden Festivalleiter noch einmal so richtig krachen. Eine Auswahl aus dem prallvollen Programm.

Spielfilm lang

& Oskar

Nach »Egon Schiele: Tod und Mädchen« bringt Dieter Berner nun Alma Mahlers und Oskar Kokoschkas Beziehung auf die große Leinwand. Als Oskar (Valentin Postlmayr) sich im Frühjahr 1912 in Alma (Emily Cox) verliebt, ist ihr Mann gerade erst verstorben. Oskar ist impulsiv und besitzergreifend, die Beziehung wird schnell toxisch und für beide existenzbedrohend. Dieter Berner rückt in »Alma & Oskar« die Perspektive Almas in den Fokus: Eine Frau, die mehr sein will als eine Muse. 25. März, 18 Uhr — 26. März, 11 Uhr KIZ Royal Kino 1

Mermaids Don’t Cry

Der größte Wunsch der Kassiererin Anni ka (Stefanie Reinsperger) ist eine künstli che Meerjungfrauenflosse. Das gute Stück hat jedoch einen stolzen Preis: 2.458,90 Euro. Annika muss also weiterhin mit ihrem muschelbestickten Badeoutfit vor liebnehmen. Ihr Alltag ist voller Sorgen: der Vater behauptet, ein Pflegefall zu sein, die Kinder ihrer Freundin verlangen Auf merksamkeit, Liebe wie Job sorgen für Stress. Wenn Annika doch nur selbstbe stimmter sein könnte! 22. März, 18 Uhr — 23. März, 15 Uhr KIZ Royal Kino 1

I Am Here!

Der 16-Millimeter-Analogfilm von Ludwig Wüst erzählt über Monika (Martina Spitzer) und Martin (Markus Schramm). Die beiden kennen einander seit ihrer Kindheit und haben nun wieder zueinander gefunden. Sie spazieren durch den Wald und begeben sich auf die Suche nach einem Relikt ihrer Vergangenheit. »I Am Here!« ist ein Film über Trauma und Verletzung, Verwundbarkeit und Aufarbeitung. Der Film schließt an das bisherige Werk Wüsts an und bietet Schmerz wie Schönheit. 22. März, 20:30 Uhr Schubertkino

24. März, 13 Uhr KIZ Royal Kino 2

Razzennest

Auch dieses Jahr ist Johannes Grenzfurth ner mit einem Horrorbeitrag am Start. »Razzennest« changiert zwischen Genreund Arthouse-Kino, zwischen Satire und Geistergeschichte. Besonders bemerkens wert: das exzellente Sounddesign. Im Film trifft der exzentrische Regisseur Manus Oosthuizen (Michael Smulik) die Filmkri tikerin Babette Cruickshank (Sophie Kath leen Kozeluh), um einen Audiokommentar für sein neuestes Werk aufzunehmen, doch die Situation entgleist zusehends. 23. März, 14:30 Uhr — 24. März, 18 Uhr KIZ Royal Kino 2

Alma
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Das Tier im Dschungel

Der Diagonale-Eröffnungsfilm vom in Wien

Die Vermieterin Nach »3 Freunde 2 Feinde« und »1 Verab -

Wer wir einmal sein wollten Anna (Anna Suk) wollte eigentlich Schau-

FÜRMEHRDIAGONALE

steiermark.neos.eu

PhilippPointner

Fraktionsvorsitzender

NEOSGraz

Impressum: Das-NEOS Neue Österreich, 4,Glockenspielplatz 8010 Graz

INDERPOLITIK

De Facto

Die in Bosnien und Herzegowina geborene Selma Doborac geht in ihrer neuen Doku der Frage nach, welche Kompliz*innenschaft das Kino mit Verbrechen und Gewalt eingeht: Zwei Schauspieler (Christoph Bach und Cornelius Obonya) lesen Zeugen- sowie Täterberichte von Konflikt-, Krieg- und Gewaltsituationen vor, ohne jedoch die historischen, geografischen oder gesellschaftlichen Kontexte zu benennen. Die Texte beruhen dabei auf Aussagen von Tätern und Überlebenden, Gerichtsurteilen und Protokollen. 23. März, 21 Uhr Schubertkino 2 — 25. März, 10:30 Uhr Annenhof Kino 5

Dein Leben – Mein Leben

»Werde ich mich am Ende meines Lebens fragen, warum ich nicht glücklicher war?«, fragt sich Marko Doringer. Deshalb geht er in seinem neuen Film den eigenen Depressionen auf den Grund und fragt sich, was ein glückliches Leben ist. Doringer besucht Menschen und Orte, die für ihn Zufriedenheit darstellen. Das Publikum ist beim Besuch von Verwandten und Freund*innen ebenso dabei, wie bei seiner Jugend in alten Filmausschnitten. 22. März, 17:30 Uhr Annenhof Kino 5 — 25. März, 15 Uhr Schubertkino 1

A Boy’s Life

Dem Leben Daniel Chanochs widmet sich diese Doku. Der 1932 geborene Jude wurde im Krieg ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert – und überlebte. Jedoch war auch im Nachkriegsösterreich kein Platz für ihn. Der Film schildert Chanochs Überleben und die damit verbundenen Traumata. Christian Krönes und Florian Weigensamer kontrastieren die Schwarz-Weiß-Aufnahmen mit Szenen aus Propaganda- und Aufklärungsfilmen, Ausschnitten des Eichmann-Prozesses sowie Gesprächen mit Chanochs Bruder. 22. März, 14:30 Uhr Schubertkino 2 — 25. März, 21 Uhr Schubertkino 1

Im Bazar der Geschlechter

Sudabeh Mortezai fokussiert in ihrer Doku auf iranische »Zeitehen«: Diese funktionieren als Schlupfloch – ob für Beziehungen, außerehelichen Sex oder Prostitution. Der erstmals im Jahr 2009 veröffentlichte Film wird bei der Diagonale außerhalb des Wettbewerbs in einer neuen Schnittfassung gezeigt. Die Regisseurin geriet aufgrund des Filmes auf die schwarze Liste des iranischen Regimes. An Aktualität hat der Film auch über ein Jahrzehnt später nichts verloren. 23. März, 20:30 Uhr Schubertkino 1

Barbara Fohringer Selma Doborac, Blackbox Film & Medienproduktion, Filmfabrik Marko Doringer, Fratella Filmproduktion, Nikolaus Geyrhalter Filmproduktion, Petra Zöpnek
Dokumentarfilm lang 030

Matter Out of Place

Bereits in »Erde« widmete sich Nikolaus Geyrhalter dem Raubbau an der Natur, unser Umgang mit der Welt ist auch diesmal sein Thema: In wirkmächtigen Bildern verfolgt er die Reise des Mülls. Schnell wird klar, für all den Abfall gibt es gar keinen Platz und so wird er sortiert, vergraben oder geborgen. Geyrhalter reist dem Unrat nach, zeigt Taucher*innen auf der Suche nach alten Autoreifen oder Müllsammler*innen an den Stränden Albaniens. 22. März, 15 Uhr Schubertkino 1 — 25. März, 17:30 Uhr Annenhof Kino 5

Wo ist Ida

Auf das Leben der ersten Frau, die alleine um die Welt reiste, blickt »Wo ist Ida« zurück. Ida Pfeiffer (1797–1858) beschließt mit 44 Jahren ihr Leben als Hausfrau und Mutter hinter sich zu lassen, denn: Die Welt wartet. Sie hält ihre Eindrücke in Tagebüchern fest, die nun die Grundlage für diese Doku bildeten. Der Film bietet mit vertonten Collagen, Animationen und Überblendungen einen Einblick in das Leben dieser außergewöhnlichen Frau.

23. März, 15 Uhr Annenhof Kino 6 — 24. März, 20:30 Uhr KIZ Royal Kino 2

»Arbeit an sich selbst«

Filmretrospektive von Thomas Henke im KULTUM

Das KULTUM hat sich in der Fastenzeit – und passend zur Diagonale ’23 –in ein „anderes Kino“ verwandelt. Alle Ausstellungsräume dieses CINEMA ALTERA zeigen filmische Porträtarbeiten über Ohnmacht, Leid und Tod aber auch Zuflucht, Erlösung und „Himmelhonig“; alle der 25 gezeigten Filme des deutschen Medienkünstlers Thomas Henke gehen unter die Haut, alle gehen aufs existenzielle Ganze. Alle verdienen es, sich Zeit für sie zu nehmen – Zeit, um über Darstellungen, Fragen und Antworten zu den „letzten Dingen“ nachzudenken und um an sich selbst zu arbeiten. Bis 8. April im KULTUM zu sehen.

KULTUM. Zentrum für Gegenwart, Kunst und Religion in Graz Kulturzentrum bei den Minoriten, Mariahilferplatz 3, 8020 Graz +43 / 316 / 71 11 33 | www.kultum.at

Werkstattgespräche 2.0
Streawomen auf österreichisch.
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Flimmit_Ins_Werkstattgespräche_23_GAP Magazin.indd 1 Für »Liquid Identities« arbeitete Thomas Henke mit Jugendlichen zusammen.

Filmgeschichte

Filmgeschichte

Filmgeschichte

Filmgeschichte kompakt

Der chinesische Film

Der japanische Film

Der argentinische Film

Der spanische Film

Die Reihe »Filmgeschichte kompakt« richtet den Blick auf den internationalen Film. Jeder Band ist der Filmgeschichte eines einzelnen Landes oder eines transnationalen Phänomens gewidmet – und soll dabei eine kompakte, verlässliche und leicht zugängliche Einführung für den cineastisch und/oder wissenschaftlich interessierten Leser bieten.

Der historische Überblick wird ergänzt durch eine Auflistung der wichtigsten, d. h. am stärksten kanonisierten Regisseure und Filme des jeweiligen Landes sowie weiterführende Literatur in das Thema.

In Planung u. a.: Der iranische Film, Der jüdische Film, Der britische Film, Der französische Film.

 Film in der edition text+kritik

C-TV

Als Host: ein Plüsch-Hamster-Maskottchen. Zu Gast: Menschen mit Behinderung, die über ihren Alltag, ihren Aktivismus und ihre Kunst sprechen. Der Fernsehsender: das ( leider fiktionale) C-TV. Frei von Barrieren und als radikaler Gegenentwurf zu unserer derzeitigen, ableistischen Gesellschaft zeigt der Film von Eva Egermann und Cordula Thym den etablierten Fernsehmedien, wie es besser ginge. 23. März, 17:30 Uhr Annenhof Kino 5

26. März, 13:30 Uhr Schubertkino 2, im Programm »Innovatives Kino 5«

Bye Bye, Bowser

»Es geht um eine Punkrockerin, die sich künstlerisch an einem Bauarbeiter bedient«, so fasst Regisseurin Jasmin Baumgartner den Film gegenüber dem Magazin Morgen zusammen. Baumgartner ist vor allem für ihre Musikvideos – etwa für Wanda – bekannt. Um die Wartezeit auf ihren neuen Langspielfilm zu verkürzen, hat sie noch schnell zwei Kurzfilme gedreht. »Bye Bye, Bowser«, der erste davon, erzählt die tragikomische und selbstironische Geschichte eines Flirts durchs Fenster. 22. März, 21 Uhr Annenhof Kino 6 — 24. März, 11 Uhr KIZ Royal Kino 1, im Programm »Kurzspielfilm 4«

Cornetto im Gras

Rund um Protagonist Richard (Thomas Schubert), der das »Standl« seines Opas übernommen hat, spinnt Regisseur David Lapuch ein filigranes Netz aus Menschen und Geschichten. Der betrunkene Stammgast mit erstaunlichem Tiefsinn. Der Opa mit seiner treuen Spinne Gitti. Die vegetarische Besucherin auf Pferdesuche. Der antagonistische Eisverkäufer. Der backende Ex-Kfz-Mechaniker. Die Abteilungsleiterin mit der Debreziner-Schwäche. Ein Film mit viel Humor, Feingefühl und großartigen Dialogen. 22. März, 21 Uhr Annenhof Kino 6 — 24. März, 11 Uhr KIZ Royal Kino 1, im Programm »Kurzspielfilm 4«

Hardly Working

Wer hätte gedacht, dass man an NPCs in einem Videospiel einen radikal kapitalismuskritischen Dokumentarfilm aufhängen könnte? Der »pseudo-marxistischen Medienguerilla« Total Refusal ist genau das gelungen. Das Videospiel »Red Dead Redemption 2« ist ihre dokumentarische Landschaft. Sie folgen computergesteuerten Figuren mit der virtuellen Kamera und stellen dabei Fragen zum Wert von Arbeit, Arbeiter*innen und Kapitalismus generell. 2 3. März, 17:30 Uhr KIZ Royal Kino 2 — 25. März, 15 Uhr Annenhofkino 6, im Programm »Kurzdokumentarfilm 4«

Bernhard Frena Eva Egermann / Cor dula Thym, Vincent Seidl, Adrian Bidron / Anna Hawliczek / Johannes Hoss / Ioan Ga vriel, Total Refusal
Kurzfilm 033
Die Diagonale 2023 findet von 21. bis 26. März in Graz statt. Sämtliche Detailinfos sind unter www.diagonale.at zu finden.

Diagonale-Rahmenprogramm

Neben zahlreichen Filmen hat die Diagonale bekanntlich noch mehr zu bieten. So gibt es auch dieses Jahr Kunst zu sehen, Diskussionen zu führen und Partys zu besuchen. Eine Auswahl aus dem Programm jenseits der großen Leinwand.

Doch noch Kino

Klimakrach

Klimawissen für die Jüngsten, das möchte das Webformat »Klimakrach« bieten. Die Pilotfolge zum Thema Permafrost wird im Rahmen des Diagonale Kinderkinos gescreent und vermittelt auf kindgerechte Weise die Auswirkungen der Klimakrise. Im Anschluss ist ein Publikumsgespräch mit den Macher*innen des Films vorgesehen. 26. März, 13:30 Uhr KIZ Royal Kino 2

Kurzfilmwanderung des Street Cinema Graz

Für das kleine Extra an Film: Beim Street Cinema Graz gibt’s die Möglichkeit, Freiluftprojektionen zu bewundern. Ort des Geschehens ist der Stadtteil Reininghaus im Westen von Graz. Gemeinsam wird durch das Viertel gewandert, während Kurzfilme auf Hauswänden oder sonstigen temporären Leinwänden präsentiert werden. 25. März, 19:30 Uhr Treffpunkt: Tram-Haltestelle Reininghauspark

Kunst

Baby Better Have My Menstruation

»Ich profitiere extrem davon, Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu sehen«, erklärt die Filmemacherin und Künstlerin Anna Spanlang. In ihrer neuen Ausstellung setzt sie sich mit dem Thema Menstruation auseinander – und das in Form von Objekten wie Kurzfilmen. bis 30. April Künstlerhaus Graz

Magic Marisa

Auf Leben und Werk der aus Graz stammenden Schauspielerin Marisa Mell blickt diese Ausstellung zurück. Die 1992 Verstorbene mag heute zwar fast vergessen sein, dennoch war sie – zumindest eine Zeit lang – ein Star, der auch international Erfolg hatte. Etwa als Femme fatale im Film »French Dressing«. Diese erste Retrospektive lässt Wegbegleiter*innen zu Wort kommen und präsentiert eine Frau, die um Anerkennung und Sichtbarkeit kämpfte. bis 27. August Graz Museum

Close Up / Fade Out

Kommunikation und Wahrnehmung – damit befasst sich der Grazer Künstler David Reumüller. Für die Diagonale hat er eine raumfüllende Installation geschaffen, die an ein Filmset erinnert: ein multimediales Szenario aus Gerüstkonstruktionen, Videos, Malerei und Ambient-Sound. bis 26. März Kunsthalle Graz

Diskussion & Austausch

Diagonale Film Meeting

Auch dieses Jahr darf das Diagonale-Branchentreffen natürlich nicht fehlen. Perfekt, um Wissen und Erfahrungen zu teilen und sich über Neuigkeiten in der Filmindustrie auszutauschen. Der erste Tag ist dabei als »Update-Tag« konzipiert, der zweite als »Thinktank-Tag«. 22. und 23. März Hotel Wiesler, Salon Frühling

Cinema Next Breakfast Club

In gemütlicher Atmosphäre und bei gutem Frühstück kann sich beim Breakfast Club der Initiative Cinema Next die nachrückende Generation der österreichischen Filmszene austauschen. Der ideale Ort für alle, die Anschluss finden wollen. 24. März 11 Uhr Künstlerhaus Graz

Musik & Party

Listening Session:

Diagonale Spezial feat. Goran Rebić

Dem Regisseur Goran Rebić ist dieses Jahr das Special »Zur Person« gewidmet. Der 1968 im ehemaligen Jugoslawien geborene Rebić präsentiert im Rahmen einer Listening Session eine Auswahl seiner Lieblingsmusik und zeigt, wie gut Musik und Film einander ergänzen. Zudem erklärt er im Gespräch, wie er Musik für seine Filme auswählt. 24. März 20:30 Uhr Volksgarten Pavillon

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Barbara Fohringer Filmarchiv Austria
Marisa Mell feierte als Femme fatale Erfolge, hier im italienischen Genrefilm »Diabolik«.

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FRAUENPRE I S 2023

Projekte

einreichen: bis 19. März. Super Frau für herausragendes Engagement nominieren: von 20. März bis 16. April

Zur Verleihung kommen: am 17. Mai 2023 auf die SchloßbergbühneKasematten

Alle Infos: graz.at/frauenpreis

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