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DENKEN NUTZEN UM

Lucas Reckert

msa | münster school of architecture

Masterthesis 02/2023

Betreut durch: Prof. Kazu Blumfeld Hanada AA. Dipl.

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Abb. 1:

INHALTSVERZEICHNIS

Handlungskonzept

5 4
Ausgangslage Das Zeitalter der Wegwerf-Architektur Gebäudebestand und Bauabgang Abfall und Emissionen Ressourcen und Rohstoffe Graue Energie Fazit Umdenken Abriss Vermeiden Bauen im Bestand in der Geschichte Bestand als Ressource Umnutzen Alternative zum Abriss Qualitäten und Potenziale Herausforderungen und Hemmnisse Prinzipien der nachhaltigen Dauer Architektur als Infrastruktur Bestand und Haltung Haltung und Ansätze Haltungskatalog 01 02 03 04 16 18 32 50 60 70 74 78 84 90 94 98 102 110 114 118 Entwurf Aufgabenstellung
Stadt Mailand Mailand 2030
Genova
Lineare
lineare del Naviglio Grande Abriss der alten Lagerhallen
Mailand Die
Porta
Parco
Parco
Rahmenplan Umnutzen und Weiterdenken Entwurfsidee Umnutzen Weiterdenken Anhang Literaturverzeichnis Abbildungsverzeichnis 166 170 178 184 194 198 258 264 268 284 300 338 344 05
Handlungskonzept
05 ENTWURF
AUFGABENSTELLUNG 01

Aufgabenstellung

Im Anschluss an mein Auslandssemester im Frühjahr 2022 in Madrid verbrachte ich einige Monate in der norditalienischen Stadt Mailand. Mailand ist aufgrund der Mischung aus italienischer Kultur und nordeuropäischer Metropole eine interessante und einzigartige Stadt.

In den letzten Jahren wurde Mailand hinzukommend durch innovative Projekte und eine auffällig moderne Stadterneuerung international bekannt. Dennoch findet man in der wirtschaftlich stärksten italienischen Metropole heute noch sehr viele leer stehende Gebäude und große brachliegende innerstädtische Gebiete. Die Stadt ist im Umbruch. Auch im Stadtbild ist das durch die vielen Baustellen nicht zu übersehen.

So wurde ich auf das ehemalige Bahngelände des Güterbahnhofs Porta Genova sowie die angrenzenden und teilweise leer stehenden Industriegebäude aufmerksam. Anschließend an die theoretische Arbeit sollen diese in einem Entwurf durch einfache Eingriffe umgenutzt und erweitert werden. Ziel ist es, eine Alternative zu dem bereits geplanten Abriss aufzuzeigen, wobei der Bestand erhalten bleibt und in einem Masterplan für das ehemalige Bahngelände integriert und ergänzt wird. Der Bestand soll dabei als Ressourcendepot und Hülle für eine Vielzahl unterschiedlicher zukünftiger Nutzungen verstanden werden.

Im folgenden Kapitel werde ich zunächst die Stadt Mailand und ihre städtebauliche Vision vorstellen, um anschließend ausführlich das Stadtviertel Porta Genova und die bestehende Gebäudesubstanz zu analysieren.

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HANDLUNGSKONZEPT 04

Bestand erhalten

Zentraler Gedanke des Projektes ist der Erhalt des bestehenden industriell genutzten Gebäudekomplexes. Dieser wird in die Planung des Masterplanes Parco Lineare del Naviglio integriert und erhält dadurch eine neue Funktion.

Grüne Lunge

Die nahezu vollständig versiegelte Freifläche des ehemaligen Güterbahnhofs Milano Porta Genova wird entsiegelt, um einen neuen zentralen Grünzug zu schaffen. Dieser dient dabei als Erholungsraum und ist eine wichtige Kältezone für die vom Klimawandel schon heute stark betroffene Stadt Mailand.

Zusammen mit den angrenzenden Grünräumen verbindet sich der Park zu einem Grüngürtel, welcher die Mailänder Innenstadt umschließt.

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Bestand erhalten und integrieren
Übergeordnete Freiräume verbinden

Barriere überwinden

Durch drei neue Brücken an den zentralen Erschließungsachsen wird die über Jahrzehnte bestehende stadträumliche Barriere aus Kanal und Gleisen überwunden. So wird die „Insel“ erschlossen und das geteilte Stadtviertel kann wieder zusammenwachsen.

Neues Zentrum im Stadtviertel

Die entstehende Freifläche verbindet die Bereiche Porta Genova, Zona Tortona und Milano Navigli und dient als kultureller Treffpunkt und Raum für Freizeit und Erholung.

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Neue Erschließung und Durchwegung Zentrum schaffen und Stadtviertel verbinden

Weiterdenken

Ziel ist es, möglichst viel bestehende Substanz zu erhalten und durch die behutsame Positionierung neuer Gebäude zu ergänzen, um auf der einen Seite dem bestehenden Wohnungsmangel in Mailand entgegenzuwirken und auf der anderen Seite den Bestand in seinem Dasein zu stärken.

Quartier für Kunst und Kultur

Es entsteht ein neues Quartier für Kunst und Kultur am Naviglio Grande. Dieses vermittelt zwischen den angrenzenden unterschiedlichen Stadträumen: das Designer-Viertel Zona Tortona, das Ausgehviertel Milano Navigli und das Wohnviertel Navigli südlich des Kanals mit verschiedensten Angeboten. Es stellt außerdem einen Gegenpol zu dem bestehenden Kulturplatz am alten Bahnhof Porta Genova dar.

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Erhalten und ergänzen Kultur - Erholung - Kultur

Rahmenplan

Kunst- und Kulturquartier

Bosco Urbano

Renaturierung des Gleisbetts

Skatepark

Eventfläche

Urban Gardening

Marktplatz Milano Porta Genova

Verkehrsberuhigte Zone

Wohnen

Rahmenplan o.M.

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Mudec Art Museum MuseodelleCulture Armani Silos Parco Baden-Powell Parco Don Luigi Guisanni Zenga
UMNUTZEN UND WEITERDENKEN 05

Entwurfsidee

Potenzial statt Problem

Der Abriss der Bestandsbauten und das Ersetzen der bestehenden Substanz durch einen Neubaukomplex stellen für mich einen ressourcenverschwenderischen Eingriff dar. Anstatt die Qualitäten des Bestands zu nutzen, um den Bereich aufzuwerten, wird durch den Abriss ein Stück der Identität des Gebiets genommen, jahrelang gespeicherte graue Energie unnötig verschwendet und die Chance, das Gebiet in die Planung des Parco Lineare einzubeziehen, vertan.

Der Entwurf soll deswegen als Gegenvorschlag eine Alternative zu dem bereits geplanten Abriss und der Neubauplanung aufzeigen, bei dem der Abriss des Bestands vermieden und das Potenzial des Erhaltens aufgezeigt wird. Der Bestand und sein kultureller Kontext sind dabei Ausgangspunkt des Entwurfes, welcher den Bestand als Potenzial anstatt als Problem versteht.

Indem das Vorhandene integrativer Teil und Tongeber der Weiterentwicklung wird, kann ein unverwechselbares Quartier entstehen. Die Chance, das bestehende Industriequartier in die Stadt und den Freiraum zu integrieren, schafft eine besonders spannende Entwurfsaufgabe.

Hinzu kommt das strukturelle Potenzial der industriellen genutzten Gebäude: Ihre ursprünglichen typologischen Merkmale Ordnung, Wiederholung und Einfachheit bieten die Möglichkeit, dem Bestehenden durch reduzierte Eingriffe eine neue Funktion zu geben und so dessen Lebenund Nutzungsdauer zu verlängern.

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Städtebau

Wie in der vorangegangenen Analyse bereits erörtert, befindet sich das Entwurfsgebiet auf einer inselartigen Fläche, eingebettet in den neuen Parco Lineare del Naviglio Grande. Es vermittelt zwischen dem Wohnviertel im Süden, abgegrenzt durch den Kanal, und dem heutigen Modeviertel, im Norden, abgegrenzt durch die Bahntrasse.

Während der Bestand weitestgehend bestehen bleibt und nur geringfügig verändert wird, ist ein sorgfältiges Positionieren der ergänzenden Baukörper das Hauptmerkmal des städtebaulichen Eingriffes. Die Bestandsbauten, die für einen Wohnbaukomplex weichen sollen, bleiben erhalten und werden stattdessen lediglich durch neue Wohngebäude ergänzt.

Durch die Symbiose der kulturell und gemeinschaftlich genutzten Bestandsbauten und den neuen Wohngebäuden entsteht ein neues buntes und vielfältiges Stadtquartier.

Gemeinschaft stärken

Die städtebauliche Grundidee der Fügung dreier unterschiedlicher Stadtviertel in einem Zentrum stärkt die Gemeinschaft und führt dazu, dass das neue Stadtviertel zum Vermittler und Treffpunkt wird - sowohl räumlich als auch kulturell. So schließt der Entwurf die durch den ehemaligen Güterbahnhof entstandene stadträumliche Lücke und ermöglicht ein erneutes zusammenwachsen der drei angrenzenden Stadtviertel.

Vielfalt und Identität

Auf dem Gelände entsteht ein städtebauliches Mosaik mit unterschiedlichen Höhen und Kubaturen. Das heterogene Ensemble aus unterschiedlichen Baukörpern mit einer Vielfalt aus Form und

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Materialität schafft einen mixed-used district; eine Mischzone zwischen den Stadtvierteln der Industrie, der Kunst und dem Wohnen. So wird die heterogene Nutzungsverteilung auch in den Gebäudekubaturen sichtbar. Dieser identitätsstiftende Ort zieht Künstler*innen, Anwohner*innen und Veranstalter*innen, wie auch Schaulustige und Nachbar*innen an, sich in dem Quartier auszuleben. Vor allem der identitätsstiftende Charme der ehemals industriell genutzten Bestandsgebäude im Einklang mit den ergänzten, neuen Stadtbausteinen lässt diesen kreativen Arbeitsund Lebensort entstehen.

Wohnen im Quartier

Die vorangegangene Analyse Mailands und der Stadtentwicklungsplan Mailand 2030 lassen schnell klar werden, dass, wie in vielen europäischen Großstädten auch in Mailand ein massiver Wohnungsmangel herrscht. Nicht nur um das neue Quartier zu beleben, sondern auch um der Wohnungsnot Mailands entgegenzuwirken, entstehen Neubauten, die neben einer öffentlichen Nutzung in den Erdgeschossen hauptsächlich Wohnen beinhalten.

Unterschiedlich große Wohnungstypen fördern die Durchmischung im Quartier. So soll das Quartier sowohl Familien, die die Nähe zum neuen innerstädtischen Freiraum suchen, als auch alleinstehende Künstler oder Designer, die beispielsweise ein Atelier auf dem Campus besitzen, Platz bieten.

Durchwegung und Freiraum

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Entwurfes ist die Erschließung und Durchwegung des Quartiers. Die Positionierung der Baukörper ermöglicht ein Ein- und Ausschwärmen in den Bosco Urbano, den neuen innerstädtischen Pinienwald Mailands. Die Wohngebäude dienen dabei als Tor und Eingang zu dem neuen Kulturquartier.

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Gassen und Plätze verbinden die einzelnen Gebäude miteinander und heben sich durch unterschiedliche Bodenbeläge voneinander ab. Während die Wege nur soweit befestigt sind, dass sie barrierefrei und mit dem Fahrrad angenehm zu erschließen sind, bilden die Plätze die einzigen versiegelten Flächen im Quartier. Hier können Märkte und Veranstaltungen stattfinden. Sie dienen der Kommunikation, dem Aufeinandertreffen und bestimmen den einzigartigen Charakter des Quartiers.

Die fließenden Übergänge zwischen den industriellen Bestandsbauten und den neu positionierten Wohnungsbau-Stadtbausteinen schaffen einen harmonischen und selbstverständlichen neuen urbanen Raum.

Nachhaltige Flexibilität

Sowohl Bestand als auch Neubau streben in höchstem Maße maximale Flexibilität an. Durch nutzungsoffene Grundrisse und resiliente Strukturen wird die Architektur als Infrastruktur dauerhaft, langlebig und dadurch nachhaltig.

Die Neubauten haben ein nutzungsoffenes Stützraster und einen zentrierten Erschließungs- und Versorgungskern, welcher eine freie Bespielung der einzelnen Ebenen ermöglicht.

Die bestehenden Hallen werden durch adaptionsfähige „Großmöbel“ ergänzt und können so unterschiedlichsten Nutzungen dienen. Die Raumstrukturen sind robust und resilient und können mit unterschiedlichen Nutzungsanforderungen oder Anpassungsbegehren umgehen.

Ein behutsamer Umgang mit Material und die Wiederverwendung von Rückbaumaterial aus kleineren Holzanbauten auf dem Gelände ermöglicht einen ressourcenschonenden Neubau.

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274 275
Schnitt Geländeschnitt Ost-West M 1.1500 Schnitt Geländeschnitt Nord-Süd M 1.1500
276 277 Lageplan M 1.1000

Nutzung

Das Quartier schafft initiativen Raum für Inspiration, Austausch und Kreativität, es ist ein Ort des gegenseitigen Austauschs, ein Ort für Kunst und Kultur. Dieser Ort beherbergt Showrooms für unterschiedliche Kunst- und Kulturveranstaltungen, Parties, Künstlerateliers, Werkstätten, Räume für Wassersport, Co-Working, Gastronomie, Wohnen und vieles mehr.

Phasen der Entwicklung

Die städtebauliche Intervention auf dem Gelände des Parco Lineare del Naviglio Grande lässt sich zusammenfassend in drei unterschiedliche Phasen einteilen:

Die erste Phase bildet die beschriebene Renaturierung des alten Bahngeländes nach dem aufgestellten Rahmenplan. Dieser sieht eine großflächige Entsieglung und Renaturierung es gesamten Geländes vor.

In der zweiten Phase folgt die Sanierung und Umnutzung der Bestandsgebäude im süd-westlichen Teil des Geländes in ein neues Kulturquartier mit kulturellen Einrichtungen sowie Räumen für Kreativität und Kommunikation, wodurch ein neu belebter öffentlicher Raum mit Verbindungen zu seinem industriellen geschichtlichen Erbe geschaffen wird. Es entsteht ein Kulturcampus, der zu einem neuen Ort für Mode, Musik und Kunst in Mailand Porta Genova wird.

Um das Quartier zu vollenden, werden in der letzten Phase Wohngebäude in den Masterplan aufgenommen, um die neuen Funktionen der Industriebauten zu unterstützen und den dringend benötigten Wohnraum zu schaffen.

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1. Der Bestand 2. Anbauten entfernen 3. Struktur erhalten + flexible Einbauten
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4. Gebäude öffnen 5. Zentrum bilden 6. Wohnfläche ergänzen

Umnutzen

Resiliente Struktur

Der erste Schritt der Intervention ist die Revitalisierung der alten Lagerhallen. Ziel ist es, das alte Industriegebäude widerstandsfähig gegen Nutzungsänderungen zu machen. Dafür reichen minimale Eingriffe wie das Entfernen von maroden Anbauten und das Öffnen der Fassade zur besseren Belichtung und Belüftung sowie der Erschließung. Der flexible Skelettbau und die großen Spannweiten des Tragwerks ermöglichen einen freien Grundriss und flexible Nutzungen, wodurch die Anpassungsfähigkeit an Nutzungsänderungen erhöht wird.

Substanz mit Potenzial

Gewerblich genutzte Bauten bieten aufgrund der Ordnung und Wiederholung ihrer Tragstruktur ein hohes Maß an Nutzungsflexibilität und Aneignungsfähigkeit.

Der Skelettbau ermöglicht einen maximal flexiblen Umgang mit dem Bestand. Wände können frei entfernt werden, Fassaden geöffnet und an anderen Stellen geschlossen werden - ein System, das nachhaltige Flexibilität schafft.

Einbauten können sich der Tragstruktur unterordnen und fügen sich zwischen im Stützsystem und Raster des Tragwerks ein. Die Um- und Rückbaumöglichkeit des Inneren schafft einen absolut nutzungsoffenen Raum.

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284 285
Bestandsstruktur Tragwerk o. M.

Einbauten

Durch das Einsetzen von modularen Holzbausteinen werden gezielt Raumgrenzen gebildet und die große Freifläche in unterschiedliche Räume gegliedert. Außerdem dienen sie der vertikalen Erschließung, der sanitären und gastronomischen Versorgung oder schaffen Rückzugsorte für Nutzer und Nutzerinnen, wie Besucherinnen und Besucher.

Die Volumen sind so positioniert, dass sie die Teilung der Freifläche in unterschiedlich große Nutzungseinheiten ermöglichen. Je nach Bedarf kann dadurch die benötigte Nutzfläche eingeteilt werden.

Die Holzeinbauten bilden jenen Teil der Halle ab, der durch technische Regulierung warm bzw. kalt gehalten werden kann. Der restliche Teil der Halle wird nicht beheizt oder gekühlt, wodurch ein erheblicher Teil der Heiz- bzw. Kühlenergie eingespart werden kann. Sie können modular geliefert, eingesetzt und ausgetauscht werden, je nach Anforderung der Nutzer*innen. Durch die Trennung der reversiblen Einbauten von der bestehenden Substanz ist eine sortenreine Trennung beim Rückbau problemlos möglich.

Um die alte Bausubstanz mit dem lebendigen öffentlichen Raum zu verbinden, der sich über das gesamte Gelände erstreckt, wird as Erdgeschoss es Bestandsgebäudes zum Platz und zum Kanal hin geöffnet.

Zugänglichkeit

Kalt- und Warmraum

Flexible Nutzungseinheiten & Teilbarkeit

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288 289 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Veranstaltungsraum Garderobe Bar Ateliers gemeinschaftlicher Zone Ruderverein Schreinerei Vespa-Werkstatt Seminarraum Campus-Cafe Grundriss Erdgeschoss
1.750 1 2 3 5 4 6 7 8 10 9 1 2 3 4 1 2 3 4 Veranstaltungsraum Ateliers Werkstätten Campus-Cafe Grundriss
1.750
M
Schema Nutzungen M

Nutzungsoffener Grundriss

Der sich im nördlichen Teil der Halle befindende große, offene Raum kann als Veranstaltungsort für Modenschauen, Konzerte oder viele andere Kunst- und Kulturprojekte dienen. Er ist je nach Anforderungen der Veranstaltung teilbar und nutzbar.

Der mittlere Teil beherbergt Flächen für Ateliers von Künstler*innen und Kreativen, die die Flächen zur Ausübung ihrer Tätigkeiten nutzen möchten. Der Raum gliedert sich in einen zurückgezogenen Kern im Inneren, welcher durch Trennwände in unterschiedlich große Nutzungseinheiten gegliedert werden kann, und eine offene umlaufende Freifläche, die gemeinschaftlich genutzt wird.

Der südliche, an der Straße gelegene Gebäudeabschnitt bietet Platz für kleine Werkstätten und Seminarräume. Auch ein Treffpunkt und Lagerraum für Wassersport im direkt anliegenden Kanal kann hier platziert werden.

Vorgelagert vor der Halle befindet sich im Herzen des Campus der Solitärbau, in dem sich CoWorking und ein Café befinden. Das Gebäude bildet das Zentrum des neuen Kulturcampus und bespielt durch das Cafe den Quartiersplatz.

Die Holzeinbauten unterstützen im ganzen Bestandsbau - sowohl eingeschossig als auch teilweise zweigeschossig, die jeweiligen Nutzungen.

290 291 1 2 3
Mietflächen
3 3 1 2 Grundriss
M 1.750
Zuschauerbereich Ausstellungsfläche
I Coworking
Obergeschoss
292 293
Schnitte M 1.750
294 295
Grundriss Erdgeschoss M 1.500
296 297

Weiterdenken

Den Campus ergänzend werden im Norden des neuen Stadtquartiers zwei Baukörper platziert, die das Quartier komplettieren. Sie bilden einen Abschluss zum angrenzenden Stadtwald und schaffen die Möglichkeit, auf dem Campus Wohnflächen unterzubringen.

Städtebau

Die beiden vielschichtigen und klar lesbaren Baukörper stehen im Dialog zum Bestand. Die signifikant aufragenden Solitärbauten bilden den Abschluss und Hochpunkt des Kreativquartiers.

Sie formen den Auftakt einer neuen städtebaulichen Sequenz aus alten Industriebauten und neuen Wohnbauten und vermitteln zwischen Stadtwald und Quartier.

Zusammen mit dem Bestand umfassen die beiden neuen Baukörper einen neuen Quartiersplatz. Im Zentrum des Platzes steht das Café sowie ein alter Speicher. Richtung Norden geht der Platz nahtlos in den angrenzenden, neu gedachten Parco Urbano über, der neben der Aufenthaltsqualität vorrangig sowohl der Stadtkühlung, als auch der Luftreinigung dienen soll.

Durch die Gebäudehöhe schaffen die Wohnbauten viel Nutzfläche mit geringem Fußabdruck und fördern so eine Reduzierung der Versiegelung des Gebietes.

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300 301

Architektur und Organisation

Urbaner Sockel

Das hybrid nutzbare Erdgeschoss mit einer durchgängigen lichten Raumhöhe von mindestens 5,00m ermöglicht das Einziehen einer Galerie, das Ausbilden eines Hochparterres und somit verschiedene Nutzungen, sowie eine perspektivisch dynamische Wandelbarkeit.

Je nach Nutzungsanforderungen können hier Atelier-, Maisonettewohnungen, Büro- oder Einzelhandelsflächen, aber auch soziale Funktionen wie Kindergärten, Senioren-Treffpunkte und vieles mehr untergebracht werden.

Prädestiniert sind beispielsweise Nutzungen wie Yogastudios - mit kontemplativem Blick in den Pinienwald.

Fassade

Die äußere Gestalt spiegelt die besondere strukturelle Logik wieder - klar rhythmisiert. Der quadratische Baukörper schafft etagenweise Außenräume in Form von Loggien. Der rechteckige Baukörper ist mit einem umlaufenden Laubengang/Balkon versehen.

Erschließung und Versorgung

Erschlossen werden die kompakten und einfachen Volumen vom Platz aus. Das Zurückspringen der Erdgeschossfassade ermöglicht eine klar lesbare Eingangssituation und bezieht die beiden unabhängigen Baukörper aufeinander.

Zwei identische ausgebildete Erschließungskerne, jeweils mit Treppe, Aufzug und Versorgungsschächten verbinden die Ebenen direkt und effizient.

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Die Kerne sind jeweils im Zentrum des Gebäudes platziert und lassen so eine flexible Nutzung der umlaufenden Fläche und vor allem der Fassadenfläche zu.

Die Skelettstruktur der Hauptkonstruktion bildet umlaufend um den Kern je eine 7,2m tiefe Raumzone, die in eine Versorgungszone und eine freie Wohnzone unterteilt wird. In der Versorgungszone befinden sich umlaufend um den Kern die Sanitäranlagen, sodass der Hauptversorgungsstrang der Gebäudetechnik in der abgehängten Decke unmittelbar mit dem Schacht verbunden werden kann.

Um die Versorgungszone herum befinden sich weitestgehend stützenfreie Räume mit einer hohen Flexibilität, ideal für eine heterogene und sich ständig ändernde Raumnutzung.

Die Technikfläche befindet sich, um keinen Bodenaushub für ein Untergeschoss und Sickerungsfläche zu nehmen, im Erdgeschoss.

Dach

Die Dachflächen der beiden Baukörper werden unterschiedlich genutzt. Auf dem nördlichen, niedrigeren Baukörper befinden sich eine Photovoltaikanlage. Das Dach ist extensiv begrünt.

Auf dem höheren, quadratischen Baukörper entsteht eine große, begehbaren Dachterrasse als Gemeinschaftsfläche für die Bewohner des Quartiers. Die Terrasse eignet sich zur Erholung, zum Sportmachen, für einen Aufenthalt zwischen Hochbeeten und bienenfreundlichen Verdunstungsstauden. Die Terrasse ist intensiv zu begrünen.

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Konstruktion

Die Konstruktion schafft mit ihrer elementierten und damit recycelbaren Konstruktion eine hohe Flexibilität. Außerdem ermöglicht die konsequente Trennung von Skelettbauteilen und dienenden Bauteilen einerseits eine effiziente Gebäudestruktur und begünstigt andererseits die sortenreine Trennung bei einem möglichen Rückbau der Holzgebäude.

Holzskelettbauweise

Modularität und die Wiederholung modularer Elemente auf Grundlage eines Rasters bestimmen das Konstruktionsprinzip des Entwurfes. Die neuen Baukörper sind so konstruiert, dass ein Umbau, eine Restrukturierung oder eine Sanierung der Nutzungseinheiten erleichtert werden.

Durch die Holzskelettbauweise könne die Grundrisse unabhängig vom Stützenraster entwickelt werden. Außerdem ermöglicht das System eine freie und transparente Fassade.

Zangenkonstruktion

Mit der Zangenkonstruktion wird ein gerichtetes System in Form der doppelten Balken geschaffen. Die Hauptträger können dadurch ökonomisch dimensioniert große Spannweiten überbrücken. Die Nebenträger liegen auf der tragenden Konstruktion der Zange auf. Die Verbindungen werden relativ einfach durch Bolzen und Schrauben zusammengehalten und sind reversibel - dadurch ist ein hoher Grad der Vorfertigung möglich.

Durchlaufende Stützen ermöglichen eine filigrane Dimensionierung der Träger.

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Besonderes Merkmal der Zangenkonstruktion ist die Möglichkeit einer umlaufenden Auskragung, die gestalterisch vielseitig zum Tragen kommt. Die Kragüberstände der Zangen sind ringsum gleichmäßig kräftig ausgebildet. Sie gliedern die Fassade und dienen als konstruktiver Sonnenschutz. Die Fassadeneinteilung nimmt auf die Struktur der Zangenkonstruktion Rücksicht.

Aussteifung

Die Aussteifung wird durch den Erschließungskern aus Stahlbeton und über Windrispen als Aussteifung der Konstruktionsfelder in der Wandebene gewährleistet.

Flexibilität

Die Platzierung der Versorgungs- und Erschließungskerne in der Mitte der Baukörper und die Konstruktion in Skelettbauweise lassen eine maximal flexible Nutzung der Fläche zu.

Da die tragende Struktur unabhängig von den raumabschließenden Bauteilen ist, ist die Grundrissgestaltung sehr flexibel. Trennwände können, je nach Wunsch, zwischen die tragenden Stützen gestellt und bei veränderter Nutzung wieder leicht entfernt werden.

So kann ein Geschoss mit unterschiedlich großen Nutzungseinheiten gebildet werden - je nach Bedarf und Anforderung der Nutzer*innen. Dies ermöglicht neben der Größenindividualität auch offene Nutzungsarten. Neben Wohnflächen und Büroflächen, kann auch jegliche andere Nutzung hier Platz finden.

Varianten Grundrissaufteilung o.M. 309 308

Nachhaltigkeit

Die Gebäude erfüllen hohe Nachhaltigkeitsanforderungen durch ihre kompakten Baukörper und durch ihre einfachen baulichen und technischen Strukturen

Das Nachhaltigkeitskonzept beruht auf Langlebigkeit, dem Einsatz emissionsarmer Materialien und Ressourceneffizienz im Sinne der Kreislaufwirtschaft.

Wie in der Analyse beschrieben, beträgt die durchschnittliche Lebensdauer von Gebäuden rund 60 Jahre, wobei die technische Lebensdauer vieler Bauteile nicht erreicht wird. Als kritischer Punkt wird die innere Flexibilität des Gebäudes ermittelt. Durch die Holzskelettbauweise sowie die Zonierung des Grundrisses in Versorgungund Nutzungszonen, sowie der einheitlichen Schachtführung entlang des Erschließungskerns ist eine Umnutzung der Neubauten bei Bedarf mit geringerem Aufwand möglich.

Aufgrund der Systemtrennung können einerseits alle gebäudetechnischen Installationen und Anlagen ersetzt oder angepasst werden. Andererseits kann die Fassade beschädigungsfrei entfernt werden, sollte dies notwendig werden.

310 311 1 2 3 4 5 Erschließung Waschsalon Fahrradkeller Technik Mietfläche
1 4 4 5 3 2 4 1 3 5 5 4
Grundriss Erdgeschoss M 1.500
312 313
Grundriss Regelgeschoss M 1.400
2 4 3 1
Grundriss Regelgeschoss M 1.400 2 4
1 2 3 4 3 Erschließungskern Technik-Zone Nasseinheiten Flexible Nutzfläche 1 1 2 3 4 Erschließungskern Technik-Zone Nasseinheiten Flexible Nutzfläche

Clusterwohnung

Regelgeschoss mit Gemeinschaftsfläche

Regelgeschoss mit Gemeinschaftsfläche

314 315
Grundriss Varianten M 1.400 Grundriss Varianten M 1.400 5-Zimmer-Wohnungen
316 317
Grundriss Dachterrasse M 1.400 Grundriss Variante Büronutzung M 1.400
318 319
Schnitt M 1.400 320 321
322 323 Ansicht Osten M 1.400
324 325
Ansicht Ausschnitt Fassade M 1.200
326 327
328 329
MODELL
330 331
332 333
334 335

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