SoSe 2020_Helena Schwartz

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Hofhäuser Mies van der Rohes Visionen in der heutigen Zeit

Bachelorthesis Helena Schwartz betreut von Prof. Kazu Blumfeld Hanada AA. Dipl. msa | münster school of architecture Fachhochschule Münster | Sommersemester 2020


Inhalt


Vorwort

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Mies‘ Hofhaus Gedanke

6

Lehrauftrag am Bauhaus

8

Merkmale der Hofhäuser

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Studie Haus Hubbe

16

Haus mit zwei Höfen | um 1935

20

Geometrischer Aufbau

30

Beschreibung und Analogien

34

Raumverhältnis

42

Wahrnehmung

48

Haus mit drei Höfen | um 1938

60

Geometrischer Aufbau und Analogien

70

Raumverhältnis

76

Wahrnehmung

84

Haus mit Garage | um 1939

94

Geometrischer Aufbau und Analogien

106

Raumverhältnis

112

Wahrnehmung

120

Schlussfolgerung

134

Entwurf

136

Heutige Relevanz der Hofhäuser

138

Örtliche Gegebenheiten

142

Städtebauliche Anordnung

146

Einfamilienhaus

154

Mehrfamilienhaus

176

Anhang

194


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Vorwort


5

Vorwort

Ludwig Mies van der Rohe gilt als einer der bedeutendsten Architekten der Moderne, dessen Visionen das Wohnen grundlegend veränderten und auch heute noch die Architektur und Formensprache prägen. Weltweit angesehene Werke wie das Haus Tugendhat oder der Barcelona-Pavillon stehen im Vordergrund seiner Arbeit, während eine Vielzahl an geplanten, aber nie realisierten Bauwerken noch weitgehend unbekannt sind. Aus diesem Grund widmet sich die vorliegende Arbeit der „Hofhaus-Studie“, deren Strukturen des Öfteren publiziert werden, wobei jedoch selten auf einzelne Zeichnungen genauer eingegangen wird. Nachfolgend werden drei Entwürfe der Hofhaus-Studie auf Grundlage von wenigen Zeichnungen rekonstruiert und analysiert. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem grundlegenden Aufbau der Häuser, den ausgebildeten räumlichen Qualitäten und im Besonderen auf der Wahrnehmung der Raumbereiche. Die daraus hervorgehenden Aspekte werden anschließend in einem eigenen Entwurf aufgegriffen. Im Vordergrund steht die Fragestellung, in wie weit Mies‘ Visionen der 30er Jahre mit dem heutigen Wohnen vereinbar sind und ob die Entwürfe auf die sich aktuell verändernden Wohnbedingungen übertragen werden können.


6

Mies‘ Hofhaus Gedanke


7

Mies‘ Hofhaus Gedanke

Bereits seit dem Barcelona-Pavillon ist in Mies‘ Arbeiten ein Prozess der sich immer weiter auflösenden Raumgrenzen erkennbar. Genau diese stetige Weiterentwicklung zeigen die Entwürfe der Hofhäuser. Anhand von überlieferten Zeichnungen lässt sich der hohe Stellenwert der offenen Raumfolge erkennen. Mies war es ein Anliegen Räume auszubilden, welche nicht nebeneinander angeordnet sind, sondern ein Zirkulieren ermöglichen1 und dabei besonders den Aspekt von zu schützender Privatsphäre beachten. Dies gelingt durch eine großzügige Umfassung aller Raumbereiche, sodass der Gegensatz der äußeren Erscheinung mit dem inneren Raumerlebnis einen „schönen Wechsel stiller Abgeschlossenheit und offener Weite“2 hervorbringt. Durch diese mit Sorgfalt betrachteten Eigenschaften gelten Mies‘ Hofhäuser als überzeugendste Errungenschaft der 30er Jahre.3 Den Begriff der „Hofhäuser“ prägte allerdings erst Philip Johnson in dem Jahr 1947. Mies selbst bezeichnete seine Entwürfe stattdessen als „Flachbau mit Wohnhof“4, wodurch die grundlegende Idee der ähnlich beschaffenen Gebäude in aller Deutlichkeit beschrieben wird. 1

Vgl. Cohen, Jean-Louis (2018): Ludwig Mies van der Rohe. 3., aktualisierte Auflage. Basel: Brinkhäuser, S.76.

2

Schulze, Franz (1986): Mies van der Rohe. Leben und Werk. Berlin: Ernst&Sohn Verlag, S.201.

3

Vgl. Schulze 1986, S.200.

4

Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die Berliner Jahre 1907-1938. Deutsche Ausgabe zur englischen Originalausgabe 2001. München: Prestel Verlag, S.330.


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Mies‘ Hofhaus Gedanke | Lehrauftrag am Bauhaus

Lehrauftrag am Bauhaus

Die entscheidende Grundlage für die Entwicklung der Hofhäuser bildet der Lehrauftrag am Bauhaus Dessau, den Mies im Jahr 1930 annahm. Zu dieser Zeit war das Bauhaus geprägt von politischen Unruhen. Viele Studenten lehnten sich gegen die nationalsozialistische Staatsführung auf und sorgten bei Mies mit ihrer Kritik für visionäre und realistische Arbeiten.1 Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Hannes Meyer, der als überzeugter Funktionalist den „individuellen Experimenten“ kollektive Lösungen vorzog, hatte Mies in den vergangenen Jahren vorwiegend luxuriöse Häuser erbaut.2 Weil aber die exklusiven Gebäude der Oberschicht keinen Maßstab für das Wohnen der breiten Masse darstellten, wandelte Mies das Schema seiner Villen zu einer kleinen Wohnhausstruktur um und erschuf so eine angemessene Entwurfsaufgabe für seine Studenten. Aufgabe der Studenten war es, Wohngebäude zu entwickeln, welche von Licht, Luft und Natur geprägt sind und dennoch ihren Bewohnern ein hohes Maß an Privatsphäre bieten. Es handelte sich um einfache Häuser, die von einer rechteckigen Mauer umschlossenen werden und innerhalb dieser private Höfe und Gärten ausbilden. „Gerade die scheinbare Einfachheit dieser Häuser macht ihre Schwierigkeit aus“3, denn der Fokus der Arbeit lag, durch die Umschließungsmauer, weniger auf dem äußeren Erscheinungsbild, sondern konzentrierte sich auf die Gestaltung der frei fließenden Räume im Inneren.4 Die räumlichen Qualitäten der Villen, sollten auch auf der im Vergleich


Mies‘ Hofhaus Gedanke | Lehrauftrag am Bauhaus

geringen Fläche der Hofhäuser geschaffen werden. Ziel war es, mit der reduzierten Version des „typischen Kleinbürgerhauses“, kostengünstige Häuser zu entwickeln, welche für ein Existenzmaximum mit minimalem Materialeinsatz sorgen.5 Die äußerliche Einheitlichkeit der Anlagen ermöglicht zudem eine Gruppierung der Hofhäuser, sodass jede studentische Arbeit einen Teil der Gesamtanlage darstellen kann und in diesem Zusammenhang an Relevanz gewinnt. Innerhalb ihrer Parzellierung bieten die Gebäude eine Vielzahl an Anordnungsmöglichkeiten und lassen sich nahezu unbegrenzt vervielfältigen. Damit stellen die äußerlich optisch einheitlichen Hofhäuser in ihrer inneren Diversität eine ideale Entwurfsaufgabe dar. Nachdem das Bauhaus im Jahr 1933 endgültig schließen musste, versuchte Mies den Gedanken der Hofhäuser in eigenen Projekten weiter umzusetzen. Da Mies die Arbeit als Architekt in Deutschland zunehmend erschwert wurde, bestand keine Möglichkeit auch nur eines der geplanten Hofhäuser zu realisieren. Nachdem mehrere Projekte, wie das Haus Hubbe scheiterten, emigrierte Mies im Jahr 1938 in die USA. Dort lehrte er an dem Illinois Institute of Technology und stellte ebenfalls den amerikanischen Studenten die Aufgabe der Hofhäuser.6 An der jahrelangen Weiterentwicklung der Entwürfe zeigt sich der hohe Stellenwert der Hofhäuser. Dennoch bleiben diese nie umgesetzte Visionen Mies‘, welche nur durch wenige Skizzen dokumentiert sind.

1

Schulze, Franz (1986): Mies van der Rohe. Leben und Werk. Berlin: Ernst&Sohn Verlag, S.198.

2

Vgl. Schulze 1986, S.182.

3

Dearstyne, Howard (1969): Mies at the Bauhaus in Dessau. Student Revolt and Nazi Coercion. Aus: Inland Architect, 13, August – September 1969, S. 14 – 17. In: Schulze, Franz (1986): Mies van der Rohe. Leben und Werk. Berlin: Ernst & Sohn, S.184.

4

Vgl. Riley und Bergdoll 2002, S.334.

5

Riley und Bergdoll 2002, S.336 f.

6

Vgl. Riley und Bergdoll 2002, S.15.

9


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Mies‘ Hofhaus Gedanke | Lehrauftrag am Bauhaus

Mies bei der Studio-Kritik


Mies‘ Hofhaus Gedanke | Lehrauftrag am Bauhaus

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Modell einer Gruppe von Hofhäusern


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Mies‘ Hofhaus Gedanke | Merkmale der Hofhäuser

Merkmale der Hofhäuser

Der Hofhaus-Gedanke Mies‘ wird in mehreren Zeichnungen der 30er Jahre dargestellt. Durch die Skizzen, welche sich in Aufbau und Proportion ähneln, lassen sich die wesentlichen Merkmale der Hofhäuser identifizieren. Dabei wird deutlich, dass sich Mies in den Entwürfen vorrangig auf die Elemente von Boden, Wand und Decke konzentrierte und damit das Bauen zu seinem Ursprung zurückführte.1 Das wohl eindeutigste Erkennungsmerkmal der Hofhäuser bilden die Umfassungsmauern. Sie umschließen die rechteckigen Grundstücke allseitig und raumhoch, womit sich die Anlagen gegenüber den äußeren Einflüssen der „geographischen und sozialen Umwelt“2 verschließen. Die vollständige Abgeschiedenheit der Hofhäuser ermöglicht eine freie Nutzung im Inneren der Anlage. Nur wenige notwendige Öffnungen unterbrechen den Schutzrahmen, sodass ein Maximum an Privatsphäre erzeugt wird. Das Gebäude selbst spannt sich zwischen zwei parallelliegenden Außenmauern auf. Während die Mauern eine räumliche Begrenzung bilden, handeln die weiteren Fassadenelemente gegenteilig. Innerhalb der Anlage, stellt sich ein Großteil der Gebäudeaußenseiten als raumhohe, verglaste Fläche dar. Das transparente Material erzeugt dabei keine Trennung des Innen- und Außenraumes, sondern ermöglicht einen freien Fluss der beiden Bereiche ineinander. Einen wahrnehmbareren Übergang bildet dagegen die Deckenplatte, welche auf den Außenmauern


Mies‘ Hofhaus Gedanke | Merkmale der Hofhäuser

aufliegt und im inneren von Stützen getragen wird. Zusätzlich ragt das Dach in den Außenraum hinein und rahmt damit den Blick in die Natur. Die tragenden Stützen sind mithilfe des Grundrasters angeordnet. Das geometrische Gitter bildet die Grundlage jedes der Hofhäuser. Es durchzieht die Anlagen vollständig, lässt aber in der geschaffenen Ordnung Spielraum für Variationen3, indem es lediglich eine Orientierung für die weiteren Bauteile darstellt, diese jedoch nicht zwingt den Achsen zu folgen. Stattdessen wird das Raster immer wieder von den innenliegenden Wänden gebrochen, sodass diese eigenständig in dem Gebäude agieren. Die freie Anordnung der Wandscheiben ist aufgrund der Stützen möglich, wodurch fließende Räume erzeugt werden können. Die räumliche Struktur wird in den Entwürfen in zwei Nutzungen unterschieden. Während die Aufenthaltsräume ineinander übergreifen, bilden die Wirtschaftsräume eine klare Grenze zu den umliegenden Bereichen aus. Dabei orientieren sich die kleinteiligen Räume gebündelt zu einer der Außenseiten des Gebäudes, über die sie mit Sonnenlicht und Frischluft versorgt werden. Diese Ansprüche verfolgt jeder der Bereiche, sodass dadurch die Form und Anordnung der Räume bestimmt wird. Um die Qualitäten auch innerhalb der hohen Umschließungsmauern zu sichern, weist jedes Hofhaus zwei bis drei Höfe auf. Die einzelnen Höfe wirken sich dabei mit ihren Eigenschaften unterschiedlich auf die Raumbereiche aus. Der größte der Höfe kann von außen betreten werden und lässt das Gebäude mit einem Garten von der Erschließungsseite abrücken.4 Ein kleinerer Hof ist dagegen von außen nicht zugänglich und wird von den privaten Bereichen sowie den Wirtschaftsräumen umschlossen. Dieser Hof zeigt das Grundraster sichtbar in der vollflächigen Pflasterung, wodurch äußere Reize minimiert werden und Ruhe vermittelt wird. Teilweise sind die Höfe untereinander einsehbar, erschaffen aber dennoch eigenständige Bereiche. Licht und Luft können durch die Höfe in das Gebäude eintreten und auch die Natur wird durch die großflächige Verglasung einbezogen. Mit einem freien Blick zum Himmel sowie Bäumen innerhalb der von Bauteilen geradlinig eigefassten Rasenflächen und Kletterpflanzen an den Außenmauern wird innerhalb der Anlage eine autonome Welt erschaffen. Dadurch, dass sich das Gebäude ausschließlich nach innen orientiert,

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Mies‘ Hofhaus Gedanke | Merkmale der Hofhäuser

ist die Typologie der Hofhäuser an jedem Ort einsetzbar. Die Hofhäuser benötigen keine spezifischen Grundstückseigenschaften und stehen damit im Gegensatz zu früheren Arbeiten Mies‘, wie den Landhaus-Entwürfen, bei denen der fließenden Raum weit in die Natur verlief.

1

Vgl. Wolsdorff, Christian (1986): Der vorbildliche Architekt. Mies van der Rohes Architektur-

unterricht 1930-1958 am Bauhaus und in Chicago. Herausgeber: Bauhaus-Archiv. Berlin: Nicolai, S.14. 2

Wolsdorff 1986, S.19.

3

Blaser, Werner (1973): Mies van der Rohe. 2. Auflage der Neubearbeitete Ausgabe von 1965. Zürich: Verlag für Architektur Artemis. Studio Paperback, S.11.

4

Vgl. Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die

Berliner Jahre 1907-1938. Deutsche Ausgabe zur englischen Originalausgabe 2001. München: Prestel Verlag, S.333.


Mies‘ Hofhaus Gedanke | Merkmale der Hofhäuser

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Aufbau eines Hofhauses


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Mies‘ Hofhaus Gedanke | Studie Haus Hubbe

Studie Haus Hubbe

Als Mies 1933 die Lehre am Bauhaus beenden musste, führte er die Aufgabe seiner Studenten fort und zeichnete eigenständig eine Reihe von Hofhaus-Entwürfen. Ein Großteil der Zeichnungen lassen sich dem Jahr 1934 zuordnen und steht daher im Zusammenhang mit dem Haus Hubbe. Das Haus Hubbe ist einer der wenigen Hofhaus-Entwürfe, welcher auf einem Auftrag durch einen Bauherren beruht. Auch wenn das Haus wie weitere Projekte nie realisiert werden konnte, erstellte Mies eine Vielzahl an Zeichnungen, an denen heute seine Visionen nachvollziehbar werden. Auf Grundlage zweier Lagepläne ist davon auszugehen, dass Mies das Haus Hubbe auf einem Grundstück am Magdeburger Elbufer errichten wollte. Für die Bauherrin Margarete Hubbe plante er ein Wohnhaus, dessen Umschließungsmauern den Blick in Richtung der alten Elbe öffneten und zur bebauten Umgebung abgrenzten.1 Des Weiteren sind in dem Lageplan mehrere Parzellierungen und deren Grundstücksgröße eingetragen, sodass davon auszugehen ist, dass Mies auf den Flächen im Norden und Westen des Hauses weitere Hofhäuser angedacht hat (s.S.18). Diese können aufgrund ihrer geringeren Größe und der Tatsache, dass sie über kein Dienstmädchenzimmer verfügen, als reduzierte Version des Haus Hubbe angesehen werden. Dutzend weitere Zeichnungen von vollumschlossenen Hofhäusern belegen diese Annahme. Ähnlich der studentischen Aufgabe, plante Mies‘


Mies‘ Hofhaus Gedanke | Studie Haus Hubbe

an der Stelle eine Gruppierung von Wohnhäusern, sodass die Außenmauern der Anlagen als Rahmen für mehrere Grundstücke dienen sollten. Die Häuser können dabei innerhalb ihrer Parzellen unterschiedlich ausgerichtet werden, ohne die Privatsphäre im Inneren zu beeinträchtigen. Die „neue Art der Gruppierung“2, ermöglicht im Vergleich zu bekannten Reihen- oder Blockhausstrukturen ein nonkonformes Bild in der Anordnung und eine Individualität jedes Gebäudes. Ein Zusammenhang zwischen den einzelnen Gebäuden gelingt durch ein einheitliches Proportionsraster, sodass der Eindruck einer Gesamtanlage entsteht. In den folgenden Jahren plante Mies weitere Hofhäuser, welche nie verwirklicht werden konnten. Eine eindeutige Zuordnung der Entwürfe in ein bestimmtes Jahr ist nur selten möglich, womit ein Vergleich der Arbeiten und deren Entwicklung erschwert wird. Oftmals bleibt unklar ob es sich bei der Vielzahl an Skizzen um ein eigenständiges Hofhaus handelt, oder um die Weiterentwicklung eines vorherigen. Dass die Hofhaus-Entwürfe aufeinander aufbauen steht dabei außer Frage. Der anhaltende Prozess des Hofhaus-Gedanken geht besonders aus den folgenden drei, weit ausgearbeiteten Entwürfen hervor.

1

Vgl. Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die

Berliner Jahre 1907-1938. Deutsche Ausgabe zur englischen Originalausgabe 2001. München: Prestel Verlag, S.288. 2

Riley und Bergdoll 2002, S.334.

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Mies‘ Hofhaus Gedanke | Studie Haus Hubbe

Lageplan Haus Hubbe


Mies‘ Hofhaus Gedanke | Studie Haus Hubbe

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Gruppe von Hofhäusern


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Haus mit zwei Höfen | um 1935


Haus mit zwei Höfen | um 1935

Der Entwurf „Haus mit zwei Höfen“ wird durch nur wenige Zeichnungen dargestellt. Vier Skizzen gehen einer abschließenden Bleistiftzeichnung auf Transparentpapier vorweg. Die Originalzeichnung kann durch eine Angabe am unteren linken Rand, auf das Ende des Jahres 1934 datiert werden. Offiziell nennt „The Museum of Modern Art“ das Jahr 1935 als Entstehungszeitpunkt, womit es sich bei dieser Zeichnung um einen der frühsten Entwürfe zur Hofhaus-Studie handelt. Damit lässt sich der Entwurf in Verbindung mit dem zur gleichen Zeit geplanten Haus Hubbe einordnen. Es ist denkbar, dass Mies als Grundstück für das Gebäude eine Parzelle aus dem Lageplan des Haus Hubbe wählte und damit das Gebäude in eine Gruppe weiterer Hofhäuser einfügen wollte. Da die Zeichnung im Hochformat angefertigt wurde ist anzunehmen, dass sie den Himmelsrichtungen entsprechend ausgerichtet ist. Auf Grundlage dieser Annahme wird das „Haus mit zwei Höfen“ im Folgenden beschrieben und analysiert. Dabei können viele Merkmale aus der Originalzeichnung übernommen werden, während Ungenauigkeiten der händischen Zeichnung an die allgemeine Struktur angepasst werden. Die Bauteile, welche in dem Grundriss nicht eindeutig ablesbar sind, werden durch das Einbeziehen vorherige Zeichnungen Mies‘ sinngemäß ergänzt.

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Haus mit zwei Höfen | um 1935

Originalzeichnung Haus mit zwei Höfen


Haus mit zwei Höfen | um 1935

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Grundriss-Raster Haus mit zwei Höfen


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Haus mit zwei Höfen | um 1935

Grundriss | 1:200


Haus mit zwei Höfen | um 1935

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Schnitte | 1:200


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Haus mit zwei Höfen | um 1935

Ansichten Nord und Ost | 1:200


Haus mit zwei Höfen | um 1935

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Ansichten Süd und West | 1:200


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Haus mit zwei Höfen | um 1935

Isometrie


Haus mit zwei Höfen | um 1935

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Explosionszeichnung


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Haus mit zwei Höfen | Geometrischer Aufbau

Geometrischer Aufbau

Der Entwurf „Haus mit zwei Höfen“ wird über ein Raster strukturiert. Wie bei vielen Hofhaus-Entwürfen gliedert Mies sowohl den Innen-, als auch Außenraum durch eine quadratische Struktur. Das gewählte Raster von 85 Zentimetern ist kleinteiliger als bei vielen seiner gleichartigen Projekte. Es begründet sich durch die Abmessungen von Wänden, Möbeln und Öffnungsmaßen der im Maßstab 1:100 angefertigten Originalzeichnung. Ebenso ist in der Zeichnung eine Flächenzahl von „190 m² einschließlich Mauern“ ablesbar. Diese Gebäudefläche weist auch die Analyse-Zeichnung exakt auf. Das Gitter proportioniert die gesamte 17 mal 26,50 Meter große Anlage. Während das Raster im Außenraum anhand der Pflasterung ablesbar ist, nimmt der Innenraum weniger deutlich Bezug darauf und folgt diesem nicht zwanghaft. Die Wände im Innenraum sind als einzelne Wandscheiben dargestellt. Sie verrücken sich um einen Bruchteil oder ein Vielfaches des Grundrasters. In ihren Abständen zueinander nehmen sie somit die gliedernden Proportionen auf, agieren aber als eigenständige Elemente. Das Verschieben der Wände aus dem Raster sorgt in Mies‘ Gebäuden für einen Widerspruch zwischen der gegebenen Ordnung und dem Willen zur Freiheit.1 Es wird deutlich, dass die Wandscheiben als eigenständiges Element den Raum gliedern und gleichzeitig ein freies Raumgefühl entstehen lassen sollen. Nur durch die Befreiung der Wände aus ihrer


Haus mit zwei Höfen | Geometrischer Aufbau

Funktion, das Dach tragen zu müssen, kann eine freie Anordnung der Räume stattfinden.2 Die statischen Anforderungen übernehmen vier schmale Stützen, die sichtbar im Gebäude angeordnet sind und im Kontrast zu den schweren Wänden stehen.3 Die Abstände der Stützen zueinander beziehen sich dabei nicht auf das Grundraster, sondern werden durch ein eigenständiges Schema gegliedert. Auch bei diesem Raster bricht Mies die Struktur. Die vertikalen Abstände unterscheiden sich von den horizontalen um circa einen Meter. Außerdem entfällt eine fünfte Stütze, die sich folgerichtig im Wohnraum befinden müsste. Die Kreuzstruktur der Stützen lässt einen Vergleich zu den Stützen des Deutschen Pavillons in Barcelona zu (s.S.197). Dabei kann die Proportion der genormten Winkelprofile des Querschnittes übernommen werden. Die schmalen Stützen stehen in dem 1929 erbauten Gebäude mit einem Abstand von 6,50 bis 7,60 Meter zueinander. Die Distanzen der Stützen in dem „Haus mit zwei Höfen“ sind unwesentlich geringer und erlauben damit ebenfalls eine freie Grundrissgestaltung. Auch die Materialität der verchromten Stahlstützen wird übernommen. Die Spiegelung des Raumes in der Stütze, löst diese in ihrer Beschaffenheit auf und sorgt für ein freies Raumgefüge durch eine „nahezu körperlose Erscheinung“4. Betrachtet man den Grundriss, bilden Wandscheiben und Höfe zwei Hauptachsen aus, welche das Gebäude in verschiedene Raumbereiche unterteilen (s.S.33). So entsteht durch die horizontale Fluchtlinie eine Segmentierung in den nördlichen Privatbereich und den im Süden angeordneten Wohnbereich. Die vertikale Achse trennt dagegen grob die ineinander übergreifenden und damit fließenden Räume im Osten des Gebäudes von den kleineren, durch geschlossene Wände abgetrennten Wirtschaftsräumen im Westen. Die zwei Achsen bilden die ersten beiden Unterteilungen des Goldenen Schnittes. Oft verwendete Mies das Verhältnis von 1:1,618 für die Anordnung und Proportionierung von Fenster- und Fassadenelementen.5 In diesem Fall folgt gleich der gesamte Grundriss dem antiken Proportions-Schema (s.S.33). Das größte Quadrat des Goldenen Schnittes umschließt den südlichen Gartenhof sowie den Wohnbereich. Dadurch verbinden sich Innen- und Außenraum zu einem fließenden Gesamtbereich. Auch das zweite Quadrat verbindet den Flur mit dem Privathof und erweitert den Durchgang

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Haus mit zwei Höfen | Geometrischer Aufbau

optisch nach außen. Weitere Unterteilungen erfolgen in dem Schlafbereich mit angrenzenden Wirtschaftsräumen, den Wirtschaftshof als alleinstehender Raum und schließlich den Eingangsbereich, an dessen Stelle sich das Verhältnis auflöst. Offensichtlich sind es somit die Höfe, die das „Hofhaus“ gliedern. Als prägendes Element agieren sie eigenständig, sie unterteilen den Innenraum und verbinden den Außenraum gleichermaßen.

1

Vgl. Zimmerman, Claire (2017): Mies van der Rohe. 1886 – 1969. Die Struktur des Raumes. Köln: Taschen GmbH, S.12.

2

Vgl. Friedrich, Werner (1998): Heinrich Neuy. Retrospektive. Steinfurt: Kommunikationszentrum der Sparkasse Steinfurt, S.12.

3

Vgl. Neumeyer, Fritz (2016): Mies van der Rohe. Das kunstlose Wort. Gedanken zur Baukunst. 2. Neuauflage des Originaltitels von 1986. Berlin: DOM publishers, S.272.

4 5

Vgl. Neumeyer 2016, S.272. Vgl. Elam, Kimberly (2006): Proportion und Komposition. Deutsche Ausgabe zur amerikani- schen Originalausgabe von 2001. New York: Princeton Architectural Press, S.77.


Haus mit zwei Höfen | Geometrischer Aufbau

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Fluchtlinien

Goldener Schnitt


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Haus mit zwei Höfen | Beschreibung und Analogien

Beschreibung und Analogien

Die Originalzeichnung von Mies van der Rohe zeigt grundlegende Elemente der Hofhaus-Gedanken. Ein Grundraster strukturiert das flache Gebäude, welches sich deutlich nach innen orientiert. Während die innere Hülle des Wohnhauses vollständig aus Glas besteht, legt sich die äußere Mauer schützend um die Anlage. Sie umschließt das Gebäude vollständig und fasst damit Innen- und Außenraum zu einem GesamtLebensraum zusammen. Das auf der Außenmauer ruhende Dach unterscheidet und verbindet die Bereiche gleichermaßen. Während Wohn- und Schlafbereiche sowie die Wirtschaftsräume von diesem bedeckt werden, fügen die geringen Dachüberstände den Innenraum mit den offenen Höfen, welche sich nicht den Einflüssen der Natur entziehen, zusammen. Dabei ist durchaus denkbar, dass Mies, wie aus seinen Perspektiven hervorgeht, die Höfe und Außenmauern durch Kletterpflanzen begrünen und damit die Natur in die Anlage einbeziehen wollte (s.S.40). Die Höfe der Anlage dienen deutlich unterschiedlichen Nutzungen. Der größte der drei Höfe ist von Westen zugänglich und empfängt Gäste und Bewohner des Gebäudes beim Betreten der Anlage. Aufgrund seiner großen und nur gering verschatteten Grünfläche nach Süden, bietet der Hof einen ständigen Sonneinfall und damit eine hohe Aufenthaltsqualität. Die Freiheit der Natur und die notwendige Abgeschiedenheit, zum Schutz der Privatsphäre, stehen hierbei im Gleichgewicht zueinander.1 Zu dem Hof richten sich der Haupteingangsbereich sowie der Wohn-


Haus mit zwei Höfen | Beschreibung und Analogien

bereich, dessen Südfassade komplett verglast ist und damit „bis zu einem Höchstmaß entmaterialisiert“ wird2. Ein Dachüberstand von zwei Rasterlängen verhindert eine klar wahrnehmbare Grenze der Bereiche und verbindet den Innen- und Außenraum miteinander. Gleichermaßen schützt das Dach die südlichen Räume vor Überhitzung durch direkt einfallendes Sonnenlicht. Eine andere Wirkung erzeugt der zweite Hof mit Nord-Ost Ausrichtung. Die hohen Wände lassen keine Einblicke von außen zu und verdecken gleichzeitig die potentiell bebaute Umgebung. Der Blick zum Himmel bleibt dabei frei, sodass ein Wechsel der stillen Abgeschiedenheit und der offenen Weite entsteht.3 Verstärkt wird diese Wahrnehmung dadurch, dass der Hof nur über das Gebäude selbst, dessen Wohn- und Schlafbereich, erschlossen werden kann und ein von äußeren Einflüssen nahezu befreiter Raum entsteht. Gleichzeitig verbindet der durch das Grundraster strukturierte Hof die untereinander nicht einsehbaren Bereiche und belichtet bereits am Morgen den Schlafbereich mit direkt einfallendem Sonnenlicht. Der kleinste der drei Höfe, zwischen den Wirtschaftsräumen im Westen, bildet eine Besonderheit in diesem Projekt. Die geringe Relevanz des Hofes zeigt sich darin, dass er in frühen Zeichnungen Mies‘ entfällt. Stattdessen befindet sich an dessen Stelle der private Hof des Schlafbereiches. Es ist zu vermuten, dass Mies durch das Umlegen des Schlafbereiches an die nördliche Außenwand einen weiteren Hof benötigte, um die Wirtschaftsräume, wie Badbereiche und Küche, mit „Licht, Luft und Grün“4 zu versorgen. Zusätzlich bietet der Hof die Möglichkeit einer weiteren Erschließung des Gebäudes. Aufgrund seiner eingeengten Lage kann der Eingangsbereich der repräsentierenden Aufgabe des Gästeempfangs nicht gerecht werden. Womit der Zugang vorrangig für die Bewohner selbst vorgesehen ist. Mies macht an dieser Stelle jedoch deutlich, dass der Hof in seiner räumlichen Wirkung nicht zu der eigentlichen Anlage gehört und damit keine raumbildenden Qualitäten aufweist. Während sich die Innen- und Außenbereiche durch ein konstantes Raster verbinden, entzieht sich der Wirtschaftshof diesem Zusammenhang durch ein kleineres Gitter, welches selbstständig und ohne Bezug zu dem Grundraster besteht. Die Eigenständigkeit zeigt sich auch in der Proportion des Goldenen Schnittes, indem der Hof einen eigenen Bereich ausfüllt und somit im Gegensatz zu den anderen Höfen keine Verbindung mit den Innenräumen auf-

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Haus mit zwei Höfen | Beschreibung und Analogien

nimmt. Mies sieht bei diesem Hof vermutlich nur eine funktionsbedingte Notwendigkeit und weniger das Potential eines Aufenthaltsraumes. Dadurch lässt sich auch der Name des Hauses mit „zwei Höfen“ erklären und die geringe Bedeutung des Hofes belegen. Zumal Mies diesen Hof sehr nachlässig behandelt und versucht, ihn in seinen Plänen regelrecht verschwinden zu lassen, entfallen in der Grundrisszeichnung gliedernde Elemente einer Umrandung. Weder sind Außenwände erkennbar, noch eine feine Linie welche Glasscheiben abbildet. Somit lässt Mies in seiner Darstellung dem Raum keine zusätzliche Aufmerksamkeit zukommen. Eine räumliche Begrenzung von Innen- und Außenraum ist jedoch zwangsläufig erforderlich. In der Analyse-Zeichnung erfolgt daher die Abgrenzung auf Grundlage von Skizzen (s.S.40). Aus Mies‘ vorangehenden Zeichnungen lassen sich die Abtrennungen entlang des Privathofes auf den, sich nun an dieser Stelle befindenden Wirtschaftshof anwenden. In den Skizzen befindet sich zu der Küche und dem WC-Bereich jeweils eine Mauer. Übernimmt man diese in die abschließende Zeichnung, wird in deren Konsequenz ebenfalls auf der gegenüberliegenden Seite eine Mauer notwendig. Während Mies‘ die Abtrennung zu dem Badbereich entfallen lassen konnte, da der Hof von außen nicht zugänglich war, ist genau dies nun möglich. Um die Privatsphäre des ansonsten frei einsehbaren Badbereiches zu gewährleiten, wird eine Begrenzung benötigt. Die parallel zur Außenmauer verlaufende Seite des Hofes bedarf einer derartig massiven Begrenzung nicht. Die typische Struktur der Wandund Stützenposition weist einen Eingangsbereich aus und wird daher vermutlich durch eine vollflächige Verglasung begrenzt. Weil aber auch die Wirtschaftsräume belichtet werden müssen, ist zu vermuten, dass Mies, wie in einer der wenigen vorhandenen Perspektiven erkennbar ist, schmale Fenster angedacht hatte (s.S.40). Diese waren so zu positionieren, dass die Räume ausreichend mit Licht versorgt werden, gleichzeitig aber keine Blicke in das Gebäude dringen können. Durch die existierenden Perspektiven und in Analogie zur Villa Tugendhat aus dem Jahr 1929/30 sowie der Häuser Lange und Esters von 1927/28 lassen sich die Fenster auf einer Höhe von 2,10 Meter begründen (s.S.200f). Strukturiert werden sie durch das Weiterführen der Wände aus dem Innenraum, sodass eine Dreiteilung der Fenster entsteht.


Haus mit zwei Höfen | Beschreibung und Analogien

Das beschriebene Element der Hofumfassung stellt dabei das Einzige zu der Originalzeichnung vollständig zu ergänzende Bauteil dar. Die Begründungen zu dessen Aufbau beruhen dabei ausschließlich auf Zeichnungen und zur gleichen Zeit umgesetzten Gebäuden von Mies. Der Eingangsbereich des Wirtschaftshofes stellt einen von zwei vorhandenen Durchgängen der ansonsten vollständig geschlossenen Mauer dar. Nach Westen öffnet sich diese mit zwei schmalen, auf ein Minimum reduzierten Eingängen in die Umgebung. In diese Richtung ist auch die überstehende Dachkante eingezeichnet. Das Dach ruht somit auf den Außenmauern und stößt aus dem kompakten Baukörper heraus. In den weiteren Richtungen des Gebäudes ist dieser Überstand durch das Fortlaufen der Linien angedacht, jedoch nicht durch eine abschließende, parallel zur Außenmauer befindende Gerade gekennzeichnet. Dieses in der Originalzeichnung nicht eindeutig zu Ende geführte Element verstärkt die Vermutung, den Entwurf als Teil einer Gruppierung von Hofhäusern zu sehen. Denn wie in der Abbildung erkennbar greifen die Dächer nur an den Außenkanten der gesamten Gruppierung über. Zu den benachbarten Parzellen hingegen enden die Dachflächen bündig mit der Umschließungsmauer, da die Flächen nicht in den Privatraum anderer eindringen sollen (s.S.19). Aufgrund dessen, das keine Zeichnungen existieren, in denen das „Haus mit zwei Höfen“ in eine Gruppierung eingebunden ist, wird es im Folgenden ohne räumlichen Kontext betrachtet und damit um die überstehenden Dachkanten ergänzt. Weitere nicht eindeutig ausgeführte Elemente werden durch ein ähnliches Vorgehen begründet, so auch die Höhe des Gebäudes. Sie resultiert aus den vorhandenen perspektivischen Zeichnungen sowie den frühen Ansichten des „Haus Hubbe“ und des Hauses Ulrich Lange. Beide Entwürfe wurden im Jahr 1935 gezeichnet und entsprechen damit genau dem Hofhaus-Gedanken, den Mies auch bei dem „Haus mit zwei Höfen“ verfolgte. Werden die Zeichnungen mithilfe des dazugehörigen Grundrisses in der entsprechenden Länge dargestellt, ergibt sich eine Außenmauerhöhe von drei Metern. Auf der Mauer liegt die Deckenplatte mit einer Stärke von 30 Zentimetern auf. Die Zugänge aus dem Gebäude zu den Höfen sind in Mies‘ Plan ersichtlich. Mit einer Breite von 95 Zentimetern schafft Mies insgesamt fünf Öffnungen, als Übergang von Außen- und Innenraum. Die Öffnungen innerhalb des Wohnbereiches zu den beiden Höfen sind dabei in ihrer

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Haus mit zwei Höfen | Beschreibung und Analogien

Breite doppelt so groß wie die der allgemeinen Eingangsbereiche. An diesen Stellen öffnet sich das Gebäude somit zur Natur und erzeugt einen grenzenlosen Übergang von Innen- und Außenraum. Das in vorherigen Zeichnungen angedachte „kreisförmige Oberlicht“ im Wohnbereich entfällt dabei aus nicht bekannten Gründen (s.S.198)5. Mit seiner Transparenz zum Himmel hätte es innerhalb des Gebäudes die gleiche Wirkung erzeugt wie die Höfe. Der Unterschied zwischen Innen- und Außenraum wäre damit auf ein Minimum reduziert und das Zusammenspiel von „Architektur und Natur“6 restlos umgesetzt worden. Die Aussage über Zugänge und Türen im Innenraum wird durch die erkennbare Rasterung der Innenwände erschwert. Die angedeutete Gliederung, löst die Wände aus dem Grundraster und weist auf eine Holzvertäfelung hin. Es ist davon auszugehen, dass sich die Wirtschaftsräume komplett von dem Wohnbereich abtrennen und daher ein Durchgang nur zum Eingangsbereich entsteht. Hinter der überstehenden Wand des Haupteingangsbereiches verbergen sich die Öffnungen zu den Wirtschaftsräumen und der Treppe. Die Türhöhen basieren dabei auf dem Haus Tugendhat, bei dem die raumhohen Öffnungen für Mies ein entscheidendes Element des Hauses darstellten.7 Die Treppe weist keine Analogien zu bestehenden Projekten auf. Aufgrund der Typologie des „Flachbau mit Wohnhof“8 führt diese vermutlich in ein Untergeschoss, welches aber in keiner von Mies Zeichnungen detailliert wird. Aus diesem Grund wird der Bereich in weiteren Analyse-Zeichnungen nicht berücksichtigt. Da der „Flachbau“ in seiner Eingeschossigkeit keinen zweiten Schlafbereich zeigt, ist davon auszugehen, dass Mies auf die Kritik der Bauhaus-Schüler um 1930 einging und eine weniger elitäre Wohnbebauung plante.9 Damit entfällt der Bereich des Dienstmädchens und es ist zu vermuten, dass die funktionsorientierte Seite gleichermaßen den Bewohnern zur Verfügung steht, wie die der fließenden Räume.


Haus mit zwei Höfen | Beschreibung und Analogien

1

Vgl. Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die

Berliner Jahre 1907-1938. Deutsche Ausgabe zur englischen Originalausgabe 2001. München: Prestel Verlag, S.288. 2 3

Schulze, Franz (1986): Mies van der Rohe. Leben und Werk. Berlin: Ernst & Sohn, S.200. Vgl. Neumeyer, Fritz (2016): Mies van der Rohe. Das kunstlose Wort. Gedanken zur Baukunst. 2. Neuauflage des Originaltitels von 1986. Berlin: DOM publishers, S.275.

4

Blaser, Werner (1973): Mies van der Rohe. 2. Auflage der Neubearbeitete Ausgabe von 1965. Zürich: Verlag für Architektur Artemis. Studio Paperback, S.26.

5

Tegethoff, Wolf (1981): Die Villen und Landhausprojekte von Mies van der Rohe. Bonn: Bracht Verlag Essen, S.124.

6

Riley und Bergdoll 2002, S.264.

7

Vgl. Wolsdorff, Christian (1986): Der vorbildliche Architekt. Mies van der Rohes Architektur-

unterricht 1930-1958 am Bauhaus und in Chicago. Herausgeber: Bauhaus-Archiv. Berlin: Nicolai, S.14. 8

Riley und Bergdoll 2002, S.330.

9

Vgl. Riley und Bergdoll 2002, S.336.

39


40

Haus mit zwei Höfen | Beschreibung und Analogien

Vorentwurf mit Perspektiven

Vorentwurf


Haus mit zwei Höfen | Beschreibung und Analogien

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Blickbeziehungen


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Haus mit zwei Höfen | Raumverhältnis

Raumverhältnis

In der allseitig umschlossenen Hofanlage stellen die Höfe nicht die einzige räumliche Gliederung dar. Das Gebäude differenziert sich in die privaten und die öffentlichen Raumbereiche, welche über die Höfe verbunden werden. Die privaten Räume befinden sich im Nordwesten der Anlage (s.S.44). Während sie im Norden über die gesamte Breite bis in den Privathof führen sowie in direkter Anbindung an die öffentlichen Räume liegen, nehmen sie in Richtung Süden in ihrem Bezug auf andere Raumbereiche ab. Die klare Unterteilung der Bereiche spiegelt sich auch in der Zonierung der Territorien wider. Die Wirtschaftshöfe werden durch umfassende Wandscheiben als einzelne Räume ausgeprägt. Ein Ineinandergreifen der Räume erfolgt ausschließlich und auf ein Minimum reduziert, in dem Bereich des Nebeneinganges. An keiner weiteren Stelle gehen die Territorien in andere Räume über, weder innerhalb des eigenen Bereiches, noch in den des öffentlichen. Ein ganz anderes Bild erzeugt der öffentliche Bereich, welcher das Gegenstück zu den privaten Räumen bildet (s.S.45). Beide Höfe werden in das Areal einbezogen, sodass sich der Bereich vom Gartenhof aus in Richtung Norden abstuft und sich auf die Breite des Privathofes verschmälert. Obwohl der Bereich offen und großzügig gestaltet ist, lassen sie sich in unterschiedliche Räume zonieren.


Haus mit zwei Höfen | Raumverhältnis

Mehrere Wandscheiben begrenzen die Räume optisch, besonders gut erkennbar ist dies bei dem Essbereich, wie er sich in den Wohnbereich einfügt, aber dennoch in einem eigenen durch Wandbegrenzungen geschaffenen Raum liegt. Die Ecken der Räume werden durch zwei orthogonal aufeinandertreffende Wandscheiben ausgebildet. Jeweils eine dieser Scheiben läuft dabei um circa eine Rasterlänge weiter, sodass die Räume in ihrer Einzelheit ausgebildet werden, aber dennoch ineinander fließen. Dieser Raumfluss entsteht durch die Überlappung der einzelnen Territorien, welche besonders im öffentlichen Raumbereich ausgeprägt sind. Die unterschiedlichen Zonen greifen jeweils in den davor und den dahinter liegenden Raum ein. Dadurch wird ein nicht definierbarer Raumabschluss und ein Fließen der Räume untereinander erzeugt (s.S.46f). Trotz der Lage des Schlafbereiches in der Anbindung an die grenzenlose Raumfolge, greifen die Bereiche von privat und öffentlich auch an dieser Stelle nicht ineinander. Die Unterscheidung der Raumbereiche bleibt damit bestehen. Eine Interaktion erfolgt durch den Privathof, welcher die Bereiche miteinander verbindet. Der Hof nimmt Bezug auf die Räume beider Bereiche, lässt aber dennoch keine Einblicke in den jeweils anderen Raumbereich zu. Somit verlaufen die territorialen Grenzen auch über den Außenraum. Die bodentief verglasten Flächen sind dabei nur eine konstruktive Notwendigkeit und weniger eine Raumgrenze. Das Glas stellt durch seine Transparenz eine Verbindung des Außen- und Innenraumes dar, sodass der Gartenhof vollständig über die komplett verglaste Südfassade in das Gebäude einfließt.1 Im Wohnbereich verlängert sich dieser Fluss über die gesamte Länge der Anlage bis in den Privathof, sodass die Natur in das Gebäude einbezogen wird. In der Grafik der gesamten Territorien ist die Unterscheidung der Raumbereiche deutlich zu erkennen. Die großflächigen und übergreifenden Räume im Osten und Süden separieren sich nach Nordosten immer weiter. Sodass im Bereich der Wirtschaftsräume kleine, eigenständige Raumzonen entstehen, welche keinen Austausch von Innen- und Außenraum lassen.

1

Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die Ber-

liner Jahre 1907-1938. Deutsche Ausgabe zur englischen Originalausgabe 2001. München: Prestel Verlag, S.220.

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44

Haus mit zwei Höfen | Raumverhältnis

Raumbereiche Privat

Raumbereiche Hof


Haus mit zwei Höfen | Raumverhältnis

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Raumbereiche Öffentlich

Raumbereiche Gesamt


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Haus mit zwei Höfen | Raumverhältnis

Ineinandergreifen

Abgrenzen


Haus mit zwei Höfen | Raumverhältnis

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Fließen

Territorien


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Haus mit zwei Höfen | Wahrnehmung

Wahrnehmung

Betrachtet man das Gebäude im Hinblick auf die räumlichen Qualitäten und die Raumwirkungen, die es auf Personen ausübt, entsteht während des Durchschreitens des Hauses ein Wandel der Raumbereiche. Wird die Anlage durch die schmale Öffnung auf der Westseite der Umschließungsmauer betreten, eröffnet sich der Gartenhof in seiner vollständigen Größe. Die gesamte Grünfläche des Hofes ist bereits während der Erschließung des Gebäudes einsehbar, womit ein klarer Raumwechsel von der Umgebung zur Architektur gelingt. Verstärkt wird die Innere Großzügigkeit der Anlage durch die sich auf der linken Seite befindende Verglasung. In dieser spiegelt sich der Gartenbereich und vergrößert dadurch den Außenraum optisch. Ohne dass ein Durchqueren des Gartens erfolgen muss, kann das Gebäude zu Beginn des Hofes erschlossen werden. Das Zurückspringen der Wandscheibe im Eingangsbereich sorgt für eine vergrößerte Fläche und zoniert diese zum Flur. Die überstehende Wandscheibe des Flures verbirgt dabei weiterführende Wege zu den Wirtschaftsräumen. Mithilfe dieser parallel zur Glasfassade stehenden räumlichen Begrenzung wird der Bewohner in den Wohnbereich geleitet (s.S.52). Die Wandscheibe ist es, die Innen- und Außenraum voneinander trennt, während die entmaterialisierte Fassade lediglich dem Schutz vor Witterungseinflüssen dient. Der breite Flur suggeriert das Gefühl, sich weiterhin im Außenbereich der Gebäudeanlage aufzuhalten. Die Bodenplatte im Inneren des Gebäudes verbindet


Haus mit zwei Höfen | Wahrnehmung

sich mit dem gerasterten Weg im Außenbereich. Gleichermaßen greift auch die Deckenplatte in den Außenraum über, sodass keine eindeutige Grenze der Bereiche definiert werden kann und ein grenzenloser Übergang zwischen Innen- und Außenbereich sowie ein gerahmter Blick in den Gartenhof gebildet wird. Erst nachdem die wegbegleitende Wandscheibe endet, ändert sich die Ausrichtung des Betrachters innerhalb des Gebäudes. Während der eigene Blick zuvor entlang der Wandscheibe geführt wurde, sorgt der notwendige Richtungswechsel für eine Neuorientierung innerhalb des Gebäudes. Erstmals wird der kleinere im Nordosten liegende Hof erkennbar. Dessen Umschlossenheit öffnet nur den Blick zum Himmel, wodurch eine private und vertraulichere Atmosphäre entsteht. Der Wohnbereich ist der einzige Ort des Gebäudes, von dem aus die Sicht in beide Höfe möglich ist. Er agiert somit als verbindendes Element von privaten Einblicken und dem öffentlichen Zusammentreffen. Potentielle Gäste, die in dem Haus empfangen werden, befinden sich nun nicht mehr in dem nach innen fortlaufenden Südhof, sondern bekommen das Empfinden sich tatsächlich im Innenraum des Gebäudes aufzuhalten, bewahren aber gleichzeitig Distanz zu den Privaträumen. Für eine wahrnehmbare Distanz sorgt auch der Essbereich welcher nun ebenfalls, wie der in den Schlafbereich weiterführende Flur, erkennbar wird (s.S.53). Die Nische, welche durch die zurückspringende Wandscheibe entsteht, zoniert den Essbereich als eigenständigen Raum. Der umschlossene Bereich nimmt sich während des Aufenthalts im Wohnbereich in seiner Präsenz zurück. Befindet man sich aber in der Nische des Essbereichs selbst, wirkt die kleine Fläche durch die direkte Anbindung an den Wohnbereich sehr geräumig. „Jeder einzelne räumliche Bereich ist zurückhaltend proportioniert, gewinnt aber dank der Kontinuität des umgebenden Raums an Großzügigkeit“1. Mies gelingt es, sich verändernde Raumbereiche zu schaffen, die den Bewohnern während ihres Aufenthaltes besondere Qualitäten bieten. Bei Nichtnutzung aber gleichzeitig keine erhöhte Aufmerksamkeit erzeugen. Die Anordnung des Essplatzes im Wendepunkt von öffentlichem Wohnbereich und dem in den Privatbereich führenden Flur, sorgt für eine Verschmälerung des Durchganges zu dem Schlafbereich. Der Essbereich stellt somit, wie der Flur selbst, während des Durchschreitens des Wohnhauses eine Barriere dar, um weiter zu den Privaträumen zu gelangen.

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Haus mit zwei Höfen | Wahrnehmung

Erst aus dem Blickpunkt des Essbereiches erscheint der Flur in seiner Breite deutlich reduzierter als zuvor (s.S.55). Wirkt er aus dem Wohnbereich wie ein weiterführender Raum, welcher optisch das Areal zusammen mit dem Hof vergrößert, verändert er sich nun wesentlich. Durch die auf der linken Seite stehende Wandscheibe wird der Bereich stark begrenzt und zeigt eine eindeutige Veränderung in der Nutzung an. Mögliche Besucher werden von einem weiteren Durchschreiten des Hauses abgehalten, ohne dass der Bereich eine sichtbare Abgrenzung benötigt. Während des Überganges zwischen den Raumbereichen nimmt der Flur Bezug auf den Außenraum. Aufgrund der Verglasung in Richtung des Nordost-Hofes wirkt der schmale Flur nicht beengend, sondern erzeugt die Illusion sich in dem Außenbereich der Anlage aufzuhalten. Der fließende Raum, welcher schon durch den goldenen Schnitt im Grundriss erkennbar ist, wird an dieser Stelle wahrnehmbar. Am Ende des Durchganges öffnet sich das Gebäude in seiner vollen Transparenz. Die Bereiche von Innen- und Außenraum greifen abwechselnd ineinander über. Ein Durchblick wird aus dem gerade erreichten Schlafbereich, durch den Privathof, über den Wohnbereich, bis hin in den Gartenhof möglich (s.S.56f). Die erreichte Perspektive der wahrnehmbaren Raumfolge ist jedoch schnell durchschritten. Befindet der Bewohner sich im Zentrum des Schlafbereiches, orientiert sich dieser ausschließlich zu dem vollumschlossenen und damit privaten Nordost-Hof. Der Raum wirkt durch seine optische Erweiterung in den Hofbereich großzügig und durch dessen Mauern gleichzeitig geborgen. Der entstandene Eindruck wird ebenfalls dadurch verstärkt, dass es sich bei dem Hof um einen eigenständigen Raum handelt, der nur durch das Gebäude selbst zugänglich ist. Der Südhof ist dagegen aus dem Schlafraum nicht einsehbar, sodass keine Blicke von außen in den privaten Bereich eindringen können. Diese Abgeschiedenheit sorgt für einen sehr friedlichen Charakter des Raumes und unterstreicht dessen Nutzung. Das „Haus mit zwei Höfen“ zeigt an dieser Stelle deutlich den Gegensatz von der „Hauptwohnebene mit ihrer Transparenz und Offenheit“ zu den Schlafräumen, die sorgfältig vor Blicken geschützt sind.2 Der Schlafbereich agiert innerhalb der Raumfolge eigenständig. Der geringe aber dennoch wahrnehmbare Überstand des Schrankes, sorgt für eine Abgrenzung zu den sonst offenen Räumen und schließt den privaten Bereich optisch ab.


Haus mit zwei Höfen | Wahrnehmung

Denkbar ist ebenfalls, dass Mies in Verlängerung des Schrankes mit einem Vorhang für eine weitere Abtrennung sorgen wollte. In früheren Grundrissentwürfen des Hauses ist diese Idee durch eine gewellte Linie an den Zugängen des Schlafbereiches erkennbar (s.S.199). Die Vorhänge würden eine weitere Möglichkeit der räumlichen Veränderung und Wandlungsfähigkeit bieten. Ähnlich wie bei der Villa Tugendhat könnte so der Raum sichtbar abgegrenzt werden, ohne den Raumfluss zu stören.3 Der Schlafbereich bildet das Ende der offenen Raumfolge, sorgt aber dennoch für einen Übergang der gegensätzlichen Territorien untereinander. Die offene, von Wänden befreite Ostseite und die kleinteilig gegliederte Westseite des Gebäudes, werden zu einem Rundgang verbunden. Das angeschlossene Badezimmer, welches durch seine geschlossenen Wände eine deutliche Veränderung der Räume anzeigt, bildet diese Verbindung. Der Zugang ist sowohl aus dem Schlafbereich möglich, als auch von dem zweiten Eingangsbereich des Funktionshofes. Der in erster Linie funktionale Hof bietet an der Stelle des Eingangsbereiches einen Bezugspunkt zum Außenraum. Die Umgebung ist durch die parallele Öffnung in der Umschließungsmauer auch innerhalb des Gebäudes erlebbar (s.S.58). Einblicke in das Gebäude werden dabei nicht zugelassen, da der zweite Eingangsbereich nur als Durchgangsort genutzt wird und auch an dieser Stelle eine Wandscheibe mögliche Blicke verstellt. Der Hof selbst löst sich damit als Außenraum auf und dient nur der von außen sichtbaren Erhaltung der umschlossenen Form. Vom Eingangsbereich über den Wohn- und Essbereich, hin zum Schlafbereich staffelt sich das Wohnhaus in seiner Intimität. Trennt zu Beginn nur eine transparente Scheibe die Innenräume zum Außenbereich, schützen später hohe Wände vor fremden Blicken. Wie bei vielen Entwürfen von Mies sorgen diese Gegensätze von Wohnräumen und Versorgungsräumen für einen Kontrast innerhalb des Gebäudes und dessen Nutzung.

1

Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die Berliner Jahre 1907 – 1938. München, Berlin, London, New York: Prestel Verlag, S.242.

2

Vgl. Riley und Bergdoll 2002, S.242.

3

Vgl. Riley und Bergdoll 2002, S.242.

51


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Haus mit zwei Höfen | Wahrnehmung

Perspektive Eingangsbereich


Haus mit zwei Höfen | Wahrnehmung

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Perspektive Wohnbereich


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Haus mit zwei Höfen | Wahrnehmung

Perspektive Großer Hof


Haus mit zwei Höfen | Wahrnehmung

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Perspektive Essbereich


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Haus mit zwei Höfen | Wahrnehmung


Haus mit zwei Höfen | Wahrnehmung

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Perspektive Übergang Schlaf- und Wohnbereich


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Haus mit zwei Höfen | Wahrnehmung

Perspektive Funktionshof


Haus mit zwei Höfen | Wahrnehmung

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Perspektive Außenbereich


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Haus mit drei Höfen | um 1938


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Haus mit drei Höfen | um 1938

Über das „Haus mit drei Höfen“ existieren verschiedene Zuordnungen. Einige Werke gehen davon aus, dass es sich um ein weiteres Projekt der „Haus Hubbe“ Studie handelt. Die These begründet sich durch die Ähnlichkeit zu dem „Haus mit zwei Höfen“ und betrachtet den Grundriss somit als Weiterentwicklung der 1935 angefertigten Zeichnung.1 Die Annahme, dass das „Haus mit drei Höfen“ in Anlehnung an das zuvor analysierte Projekt entstand, ist aufgrund der vielen Übereinstimmungen durchaus denkbar. Allerdings wurde in diesem Fall der Entwurf erst viele Jahre später erneut aufgegriffen. Denn die Originalzeichnung wurde mit Bleistift auf Karton angefertigt, welcher eine Größe von 30 mal 40 Inches aufweist und damit auf dem US-Format beruht.2 Anders als die Skizzen um 1935, welche auf Din A3 Papier gezeichnet wurden, kann Mies ein Papier dieser Größe erst nach seiner Migration in die USA verwendet haben, womit der Entstehungszeitpunkt des „Hauses mit drei Höfen“ nach 1938 feststeht. Die folgende Analyse greift dennoch die Parallelen zu dem „Haus mit zwei Höfen“ auf, betrachtet das Gebäude jedoch eigenständig.

1

Vgl. Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die

Berliner Jahre 1907-1938. Deutsche Ausgabe zur englischen Originalausgabe 2001. München: Prestel Verlag, S.331. 2

Vgl. Tegethoff, Wolf (1981): Die Villen und Landhausprojekte von Mies van der Rohe. Bonn: Bacht Verlag Essen, S.124.


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Haus mit drei Höfen | um 1938

Originalzeichnung Haus mit drei Höfen


Haus mit drei Höfen | um 1938

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Grundriss-Raster Haus mit drei Höfen


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Haus mit drei Höfen | um 1938

Grundriss | 1:300


Haus mit drei Höfen | um 1938

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Schnitte | 1:300


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Haus mit drei Höfen | um 1938

Ansichten Nord und Ost | 1:300


Haus mit drei Höfen | um 1938

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Ansichten Süd und West | 1:300


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Haus mit drei Höfen | um 1938

Isometrie


Haus mit drei Höfen | um 1938

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Explosionszeichnung


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Haus mit drei Höfen | Geometrischer Aufbau und Analogien

Geometrischer Aufbau und Analogien

Das „Haus mit drei Höfen“ beruht auf einem quadratischen Raster, welches größer ist als das des zuvor analysierten Projektes. Es zeigt dadurch ebenfalls, dass es nicht im Zusammenhang mit der Gruppe von Hofhäusern steht, dessen Anlagen alle von einem einheitlichen Gitter durchzogen sind. Eine Besonderheit dieses Projektes ist jedoch, dass das Raster von einem Meter die gesamte 39 mal 24 Meter große Anlage gliedert und sich sowohl im Innen- als auch Außenraum sichtbar zeigt. Durch die ablesbare Struktur der Bodenplatten verbinden sich die beiden Bereiche vollständig miteinander und können als eine Einheit wahrgenommen werden. Gleichzeitig wird die Position der Wände und Stützen in Bezug auf das Raster stärker dargestellt. Ein Verrücken der Bauteile aus den Achsen des Gitters innerhalb des Gebäudes ist nun umgehend ablesbar. Durch das Brechen der Achsen lockert sich das Raster in seiner geometrischen Strenge und lässt individuelle Raumflächen zu. Die Innenwände sind dabei als einzelne Wandscheiben ausgebildet. Jede der Scheiben steht eigenständig im Raster und verrückt sich aus diesem um den gleichen Anteil von einem Viertel. An den Kreuzungspunkten der Wände läuft in der Regel eine der Scheiben weiter, sodass keine eindeutige Ecke ausgebildet wird. Die acht Stützen des Entwurfes, welche sich in Form und Anzahl aus dem Barcelona-Pavillon ableiten, nehmen Bezug auf das Grundraster. Mit einem konstanten Abstand von sechs Metern zueinander, stoßen sie


Haus mit drei Höfen | Geometrischer Aufbau und Analogien

ausschließlich an den Kreuzungspunkten des Rasters auf den Boden. Die durch das glänzende Material bereits entmaterialisierten Stützen, nehmen sich so in ihrer Präsenz noch weiter aus dem Gebäude zurück und sorgen für ein Schweben der Deckenplatte.1 Die rechteckige Anlage enthält einen T-förmigen Gebäudekörper. Diese Gliederung erscheint in vielen von Mies‘ Hofhaus-Entwürfen, da sich die Form besonders gut eignet, um die im „Stamm“ gelegenen PrivatBereiche mit Höfen zu umgeben2. Die Höfe ermöglichen dabei einen Außenbereich mit einem Maximum an Privatsphäre und sorgen für eine Orientierung des Gebäudes nach Innen. Das Gebäude nutzt die Breite der Anlage vollständig aus und wird durch dessen Außenmauern abgeschlossen.3 Im Inneren der Anlage erfolgt die Begrenzung von Innen- und Außenraum ausschließlich durch Glas. Die Transparenz der Glasflächen symbolisiert eine optische Auflösung der Gegensätze dieser beiden Bereiche4. Verstärkt wird der Übergang durch das Lösen der großflächig verglasten Fassaden aus den Achsen des Rasters, wodurch diese dem Außenraum entgegen treten. Einen Kontrast zu der vollständig entmaterialisierten Fassade bildet die Wand des Nordost-Hofes. Abgesehen von der Umschließungsmauer ist diese das einzige massive Bauteil zur Begrenzung des Gebäudes. Aufgrund der gleichen verwendeten Schraffur, wie bei der identisch dimensionierten Umfassungsmauer, lässt sich der nördlichen Wand die Materialität des Backsteins zuordnen. Die Mauer klappt sich aus der äußeren Begrenzung heraus und durchstößt die Anlage bis in den Innenraum, dort unterteilt sie das Gebäude in zwei Bereiche. Aus der Trennung von Wirtschafts- und Aufenthaltsräumen geht der Schlafbereich auf besondere Weise hervor. Die Wand isoliert den privatesten aller Bereiche von den umgebenden Räumen und sorgt für einen von raumhohen Mauern vollständig umfassten Hof, welcher sich ausschließlich auf den Schlafbereich bezieht. Drei Fenster durchdringen die Mauer hinter der sich die Wirtschaftsräume verbergen. Allerdings liegen die Fenster nicht wie ein horizontales Band zwischen Mauer und Dach, sondern werden für Mies auf untypische Weise gegliedert. Zwei gleich breite, vermutlich gemauerte Pfeiler teilen die Glasscheiben in drei Abschnitte. Die Fenster auf einer Höhe von 2,10 Meter, in Anlehnung an das Haus Tugendhat, wirken dadurch wie kleine Luken, welche ausschließlich durch ihren funktionalen Nutzen legitimiert sind.

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Haus mit drei Höfen | Geometrischer Aufbau und Analogien

Die breite Wand wird somit in ihrer Dimension nur gering beeinträchtigt und erscheint als starke Achse innerhalb der Anlage. Diese hervorgehobene Position beruht auf dem Verhältnis des Goldenen Schnittes welcher auch bei dieser Anlage angewendet wurde. Das Verhältnis bildet bestimmte Bereiche und Fluchten aus, wenn auch mit einer geringeren Deutlichkeit als bei dem „Haus mit zwei Höfen“. Die existierenden Raumbereiche und Wandscheiben weisen sichtbare Toleranzen zu der Zonierung des Goldenen Schnittes auf, zeigen aber dennoch grob dessen Unterteilung (s.S.75). Ein aus dem Verhältnis resultierendes Teil bildet der im Westen liegende Gartenhof, welcher über die gesamte Breite der Anlage in das Gebäude einfließt. Die Glasfassade leistet diesem Fluss keinen Widerstand, sodass der Hof Bezug auf den Eingangsbereich, Flur und Wohnbereich nimmt. Abgeschlossen wird der Bereich durch eine Wandscheibe, welche sich geringfügig aus dem Verhältnis des Goldenen Schnittes verschiebt. Die zweite Unterteilung entsteht durch den Südost-Hof, welcher von Wohn- und Essbereich umgeben ist und grob von der Wandscheibe in Richtung Norden abgeschlossen wird. Auf der anderen Seite dieser Scheibe erstreckt sich der privateste aller Räume. Der Schlafbereich verbindet sich mit dem kleinsten der drei Höfe. Seine Gesamtfläche wird dadurch um den Außenraum erweitert und erzeugt mithilfe der Mauern einen maximalen Schutz der Privatsphäre. Am Ende des Verhältnisses befinden sich auch bei diesem Entwurf die Wirtschaftsräume. In ihrer Fläche sind diese jedoch kompakter als bei dem zuvor analysierten Entwurf und haben sich Aufgrund des größeren Wohnraumes an die Nordseite des Gebäudes verschoben. Der Wohnbereich wird durch den Goldenen Schnitt in zwei Areale geteilt. Damit der Raum dennoch als Gesamtfläche wahrgenommen wird, befindet sich mittig der trennenden Flucht ein Kamin, welcher den geteilten Wohnbereich zu einer Einheit verbindet (s.S.75). Auch in der Ansicht bildet der Kamin neue Verhältnisse. Durch seine Gesamthöhe von vier Metern erscheint er als eine dritte Ebene. Die Abmessung des Bauteils geht aus der Ansicht des Haus Ulrich Lange hervor, welches 1935 von Mies geplant wurde. Während die Höhen von Wand und Deckenscheiben gleich denen des „Haus mit zwei Höfen“ bleiben, erstreckt sich der Kamin einen Meter weiter aus der Anlage heraus.


Haus mit drei Höfen | Geometrischer Aufbau und Analogien

Die Dachkante ist in der Originalzeichnung jedoch nicht eingezeichnet und lässt sich somit nur durch das Einbeziehen anderer HofhausArbeiten herleiten. Zunächst läuft die Dachplatte an der Westseite des Hauses um die Läge des Weges weiter. Die übrige Rasterlänge von drei Viertel entspricht auch der Länge des Überstandes bei der parallel gelegenen Fassade zu dem Südost-Hof. Damit ist ein symmetrischer Überstand auf beiden Seiten des Wohnbereiches garantiert sowie ein Schutz vor direkt einfallendem Sonnenlicht. Der andere Arm des T-Körpers zeigt lediglich einen Dachüberstand von einem Fünftel des Rasters und weist damit Ähnlichkeiten zu weiteren Hofhaus-Projekten auf. Durch den geringeren Dachüberstand öffnet sich der Blick früher in Richtung des Himmels und lässt die Natur ungehindert in das Gebäude eintreten. Ebenso endet der Dachüberstand in einer Flucht mit den kleinen Fenstern des Wirtschaftshofes, womit eine klare Abgrenzung zu dem Bereich geschaffen wird. Die nördliche Mauer ist dagegen nicht wie die Glasfassade zu betrachten. Stattdessen ist sie durch die gleiche Typologie wie die Außenmauer zu analysieren. Da die Umschließungsmauer der Anlage keinen Dachüberstand aufweist, wird auch der nach innen führenden Mauer kein solcher zugewiesen. Der Dachüberstand verläuft damit geradlinig bis zu dem Wohnbereich und bildet einen wahrnehmbaren T-Körper aus. Die Wand geht ebenmäßig in das Dach über, welches sich möglicherweise nur durch seine Materialität unterscheidet. Im Außenraum folgt das deutlich strukturierte Gebäude den Vorgaben des Rasters, während sich die Wandscheiben des Innenraums aus diesem lösen. Das gleichmäßige Brechen des sichtbaren Rasters und das Übergreifen der Wandscheiben in andere Raumbereiche, lässt die Areale des Gebäudes in Bewegung kommen.

1

Vgl. Zimmerman, Claire (2017): Mies van der Rohe. 1886 – 1969. Die Struktur des Raumes. Köln: Taschen GmbH, S.39.

2

Schulze, Franz (1986): Mies van der Rohe. Leben und Werk. Berlin: Ernst&Sohn Verlag, S200.

3

Vgl. Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die

Berliner Jahre 1907-1938. Deutsche Ausgabe zur englischen Originalausgabe 2001. München: Prestel Verlag, S.292. 4

Vgl. Tegethoff, Wolf (1981): Die Villen und Landhausprojekte von Mies van der Rohe. Bonn: Bacht Verlag Essen, S46.

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Haus mit drei Höfen | Geometrischer Aufbau und Analogien

Collage aus dem Wohnbereich


Haus mit drei Höfen | Geometrischer Aufbau und Analogien

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Fluchtlinien

Goldener Schnitt


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Haus mit drei Höfen | Raumverhältnis

Raumverhältnis

Die Bereiche des „Haus mit drei Höfen“, welche durch das Verhältnis des Goldenen Schnittes dargestellt werden, lassen sich in weitere Raumzonen gliedern. Sie unterteilen sich in die privaten, öffentlichen und die freien Raumbereiche, welche durch die Höfe dargestellt werden. Die privaten Bereiche liegen im Nordosten der Anlage und werden durch die Achse des Goldenen Schnittes getrennt. Die Mauer separiert die kleinteilig ineinander verschachtelten Wirtschaftsräume von dem großzügigen Schlafbereich. Ein Übergang der beiden gleichartigen Bereiche erfolgt durch das private Bad, welches westlich der Mauer liegt aber nur über den Schlafbereich zugänglich ist. Die Wirtschaftsräume stellen einen Großteil des privaten Bereiches dar. Sie verhalten sich gegenteilig zu den weiteren Räumen des Gebäudes und stellen damit eine wesentliche Änderung der räumlichen Nutzung dar. Zu den umliegenden Raumbereichen grenzen sie sich durch vollständig geschlossene Mauern ab. Jeder der Räume ist so in seiner Kontur definiert und ermöglicht durch seine introvertierte Lage ein Maximum der Privatsphäre. Nur untereinander findet ein Ineinandergreifen der Räume statt, zu dem Außenbereich nehmen sie dabei an keiner Stelle Bezug auf (s.S.80). Den Gegensatz innerhalb des privaten Raumbereiches bildet der Schlafbereich, welcher sich über die gesamte Länge zu dem NordostHof öffnet. Der Hof, welcher inmitten der privaten Räume liegt, wird allseitig von Mauern umschlossen und fließt nur über die Glasfassade des


Haus mit drei Höfen | Raumverhältnis

Schlafbereiches in das Gebäude ein. Die Verglasung des Raumes sorgt gleichermaßen für das Einbeziehen der Natur in den Innenraum, wie auch dafür, dass der Schlafbereich nach außen geführt wird. Ein Zugang zu dem Schlafbereich kann dabei ausschließlich über die öffentliche Raumzone erfolgen. Die öffentlichen Räume des Hauses werden durch den Flur, den Wohnbereich und Essbereich dargestellt. Die Räume öffnen sich vollständig in Richtung des Gartenhofes und sind somit bereits beim Betreten der Anlage einsehbar. Während eine Wandscheibe in Höhe des Flures den Außenraum daran hindert das weitere Gebäude zu durchdringen, durchfließt er den Wohnbereich vollständig bis in den Südost-Hof. Die gesamte Auflösung des Wohnbereiches zu den beiden Höfen sorgt dafür, dass der durch den Goldenen Schnitt geteilte Wohnbereich als Einheit erscheint. Mittig dieser trennenden Achse liegt der Kamin, welcher als verbindendes Element den Wohnraum zusammenfügt. Dennoch beziehen sich die Raumteile auf unterschiedliche Höfe. Die eingezeichnete Möblierung gibt die Blickrichtung vor zu der sich die Bereiche ausrichten.1 Der nördliche Teil geht vorrangig auf den Gartenhof ein, während der südliche als ein Wendepunkt den Südost-Hof in das Gebäude einbezieht. Der Wohnraum verbindet die beiden Höfe miteinander und lässt durch die beidseitige Verglasung einen Durchblick über die gesamte Tiefe der Anlage zu (s.S.82). Die einzelnen Räume des öffentlichen Bereiches greifen dabei fortlaufend ineinander. Dieser Übergang wird durch die überstehenden Wandscheiben an den Eckpunkten betont. Die Wandscheibe des Flures greift sowohl in den Eingangsbereich und in den Wohnbereich über, sodass ein weicher Übergang der Raumzonen entsteht. Die Räume bleiben in ihrer Offenheit zueinander erhalten, während die Raumgrenzen durch die überstehenden Wandscheiben angedeutet werden. Die Wandscheiben definieren die Räume indem sie Durchblicke verstellen aber die Räume nicht abschließen.2 Der Wohnbereich verbindet sich daraufhin mit den beiden Höfen und der Fläche des Essbereiches. Dieser nimmt sich dagegen aus dem Gesamtraum zurück und wird durch eine Nische gefasst, welche durch eine einlaufende Wand gebrochen wird. Die eingrenzenden Wände lenken den Blick wie Scheuklappen in Richtung des Südost-Hofes, sodass der Essbereich sich lediglich zu einem der drei Höfe öffnet. In dem gerasterten Hof fängt sich der Blick im Inneren und ermöglicht gleichzeitig den Bezug in die Weite des Himmels. Dieser

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Haus mit drei Höfen | Raumverhältnis

Gegensatz von Abgeschiedenheit und Freiheit deutet den Rückzug aus der „Zerrissenen Welt“ an, von der sich Mies durch seine Migration in die USA ebenfalls entfernt hat3. Der Flur des Arbeitsbereiches stellt einen Übergang zu den Privaträumen her. Zwar ist er aus allen öffentlichen Räumen einsehbar, wirkt aber durch seine räumliche Begrenzung weniger großzügig. Der Arbeitsbereich am Ende des Flures liegt dabei nur durch Möbel und Glasscheibe begrenzt zwischen dem öffentlichen und privaten Bereich. Er wirkt dabei gleichzeitig als Grenze der Bereiche sowie als Übergang zu den immer privater werdenden Räumen. Der Schlafbereich wird durch die massive Mauer von dem Wirtschaftsbereich und dem privaten Bad deutlich begrenzt. Innerhalb dieses beschriebenen Raumflusses, befinden sich dabei keine Türen. Alle Bereiche werden lediglich durch das Überlappen der Wandscheiben und den dadurch notwendigen Richtung- und Blickwechsel begrenzt. Das auch das Bad offen zugänglich ist und die Blicke nur durch überlagernde Wandscheiben abgehalten werden, ist eine Besonderheit des Entwurfes. Es zeigt, dass Mies den „Schutz der Privatsphäre“ so verstand, diesen nur von der Umgebung zu separieren4. Innerhalb der gleichen privaten Struktur sah er aber keinen Grund für ein Abschließen der Räume, womit die notwendigen Türen durch sich überlappende Wände ersetzt werden. Zwischen den Raumbereichen erfolgt der Übergang durch das wiederkehrende Element der frei stehenden Wandscheibe. Sie trennt die Territorien und gewährt erst Zugang in die nächste Raumzone nach einer Drehung. Diese Zonierung erfolgt bereits bei der Erschließung des Gebäudes, der Übergang von Flur zu Wohnbereich ist durch eine derartige Wandscheibe betont, welche gleichzeitig den Essbereich verbirgt. Ebenso wird der private Schlafbereich von einer solchen Wandscheibe vorborgen und erscheint erst nachdem der Arbeitsplatzraum durchschritten ist. Die gleiche Drehung wird auch bei dem Zugang zur Küche notwendig, welche sich eingefasst von Wirtschaftsräumen über den Treppenraum erschließen lässt. Die Treppe selbst befindet sich in einem Vorraum, welcher nur den Bewohnern selbst zugänglich ist. Dieser Vorraum ermöglicht eine schnelle Anbindung des Essbereiches an die Küche, ohne die räumliche Abtrennung aufzuheben.


Haus mit drei Höfen | Raumverhältnis

Das Gebäude ist durch seine notwendigen Richtungswechsel und durch die von Wandscheiben unterbrochenen Blickbeziehungen gegliedert. Wie in einem Labyrinth wird der Bewohner durch das Gebäude geleitet, ein Rundweg entsteht dabei aber nicht. Der Gang durch die Anlage beginnt in dem öffentlichen Hof und endet nachdem der dritte Hof durchschritten ist in dem Privatbereich. Während die Intimität innerhalb der Raumfolge für den Bewohner zunimmt, erscheinen die Besucher in den privaten Räumen gefangen. Die Hierarchie der Raumfolge wirkt sich auch auf dessen Nutzung aus. Sehr genau lassen sich die Räume auf einen jeweiligen Hof beziehen, sodass jeder Aufenthaltsfläche ein eigener Hof zuteilwird. Die einzelnen Territorien greifen mit Ausnahme der Wirtschaftsräume ineinander, wodurch eine klare Abgrenzung der Bereiche von Wirtschaft und Aufenthalt entsteht. Der Fokus des Hauses liegt stärker auf der öffentlichen Nutzung beziehungsweise dem Gästeempfang. Erkennbar daran, dass der Gartenhof komplett durchlaufen werden muss, bis das Gebäude betreten werden kann, womit nur wenig Privatsphäre in diesem Bereich erzeugt wird. Der Wohnbereich ist deutlich größer als bei dem „Haus mit zwei Höfen“, wodurch der Wirtschaftsbereich komprimierter zusammengefasst wird. Die Wirtschaftsräume selbst unterteilen sich ebenfalls in Ihrer Zugänglichkeit über den Eingangsbereich oder den Privatbereich. Eine Verbindung der Wirtschaftsräume entsteht trotzdem durch die gleiche äußere Wirkung der Fensteraufteilung zum Hof.

1

Vgl. Wolsdorff, Christian (1986): Der vorbildliche Architekt. Mies van der Rohes Architektur-

unterricht 1930-1958 am Bauhaus und in Chicago. Herausgeber: Bauhaus-Archiv. Berlin: Nicolai, S.16. 2

Vgl. Schulze, Franz (1986): Mies van der Rohe. Leben und Werk. Berlin: Ernst&Sohn Verlag, S.200.

3

Neumeyer, Fritz (2016): Mies van der Rohe. Das Kunstlose Wort. Gedanken zur Baukunst. 2., Neuauflage des Originaltitels von 1986. Berlin: DOM publishers, S.275.

4

Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die Ber-

liner Jahre 1907-1938. Deutsche Ausgabe zur englischen Originalausgabe 2001. München: Prestel Verlag, S.333.

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Haus mit drei Höfen | Raumverhältnis

Raumbereiche Privat

Raumbereiche Hof


Haus mit drei Höfen | Raumverhältnis

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Raumbereiche Öffentlich

Raumbereiche Gesamt


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Haus mit drei Höfen | Raumverhältnis

Innenräume

Fließen nach Außen


Haus mit drei Höfen | Raumverhältnis

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Blickbeziehungen


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Haus mit drei Höfen | Wahrnehmung

Wahrnehmung

Die Wirkung des „Haus mit drei Höfen“ ist am eindrucksvollsten zu erleben, wenn nicht der Grundriss betrachtet, sondern das Haus auf Augenhöhe durchlaufen wird. Wird die Anlage über den Gartenhof im Westen betreten, führt ein Weg welcher sich auf der Breite von zwei Rasterflächen erstreckt in direkter Linie zu dem gegenüberliegenden Eingang. Entlang der Umschließungsmauer werden Bewohner und Besucher zu dem Gebäude geleitet. Dabei durchlaufen sie den gesamten Gartenbereich, dessen Rasenfläche von dem Weg durchschnitten wird. Die harten Kanten der Terrassen und Wege bilden den Rahmen für die präzisen Grünflächen.1 Bereits nach dem Durchschreiten der einzigen Öffnung der Umschließungsmauer erstreckt sich der gesamte Gartenbereich vor dem Betrachter. Die Blicke führen über die vollständige Breite des Hauses und dringen durch die vollflächig verglaste Fassade bis in den Südost-Hof. Durch die entmaterialisierte Fassade wirkt es, als würde der Außenraum innerhalb der gesamten Anlage fortlaufen und nur ein Dach zum Schutz der Bewohner auf den Außenmauern aufliegen. Die leichten Reflexionen auf den Glasscheiben sorgen dafür, dass der Außenraum sich durch die eigene Spiegelung optisch vergrößert und mit dem Innenraum überlagert. Die Auflösung der Raumgrenzen erscheint damit maximal.


Haus mit drei Höfen | Wahrnehmung

Bei einer weiteren Annäherung an den Eingangsbereich verstellen die Wände des Innenraumes immer weiter den Blick, sodass die Anlage zunehmend privater erscheint. Wird das Gebäude nun betreten, verbirgt die überstehende Wandscheibe den Zugang zu den Wirtschaftsräumen. Auch die raumhohe Tür des WC-Bereiches ist ebenmäßig in die Wand eingebunden und dadurch als Durchgang unauffällig gestaltet. Der Eingangsbereich selbst stellt durch seine zurückspringende Wand einen Raum zum Ankommen dar. Mit Hilfe des engen Flures wird der Bereich ausgeprägt, welcher die aus dem Außenraum eintretenden Personen nicht beengt, sondern für einen Moment in die Zone einfasst. Der Flur bildet einen wahrnehmbaren Übergang zu dem Wohnbereich. Während des Durchschreitens fließt der Innenraum mit Dachplatte und Bodenraster in den Außenraum des Gartenhofs ein. Durch die Überstände verwischen die Schwellen der Raumabschlüsse, sodass die Raumgrenze vielschichtiger wird.2 Die Überleitung der beiden Bereiche ist noch sensibler als bei dem „Haus mit zwei Höfen“, welches durch ein nicht gleichbleibendes Bodenraster die Bereiche von innen und außen stärker unterscheidet. Die Begrenzung stellt lediglich die Glasscheibe dar, die als Raumabschluss den Raum visuell weitet.3 In regelmäßigen Abständen wird diese von verchromten Stützen verstellt, in denen sich das einfallende Licht gleichermaßen bricht wie in den Scheiben selbst. Durch die Reflexion der Umgebung, lösen sich die Stützen im Raum auf. Der Weg des Flures wirkt wie ein Laubengang, als würde der Betrachter sich weiterhin im Außenraum aufhalten und erst die Wand zur Linken wäre die wahre Begrenzung des Innenraums. Der Kamin wirkt während des gesamten Weges, trotz seiner Bündigkeit zur Außenwand als Blickfang. Der leicht aus der Mitte des Wohnraumes, hin zur Achse des Goldenen Schnittes versetzte Kamin, sorgt nicht nur für eine Verbindung der Raumzonen, sondern wirkt aus dem Eingangsbereich gesehen als Magnet. Er ist der Zielpunkt während des Eintretens in die Aufenthaltsräume und lässt durch seine versetzte Anordnung das Weiterführen des Raumes in Richtung Osten vermuten. Die platzierten Möbel orientieren sich dabei ebenfalls in Richtung des Kamines und nach Osten. Erst nach Enden der Wandscheibe wird eine zweite Sitzgruppe erkennbar sowie der zweite Hof im Südosten. Durch die beiden Höfe wird der

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gesamte Wohnbereich von Licht durchflutet, wirkt durch die gleichzeitige Begrenzung der Außenmauern aber dennoch geschützt. Dabei wird auch deutlich, dass die einzige massive Außenwand des Wohnbereiches ein Teil der Umschließungsmauer ist und bündig in den Außenraum weiterführt. Die Glasscheiben wirken, als wären sie in den Außenraum eingestellt worden, sodass zwischen ihnen ein Wohnraum entsteht (s.S.90). Der notwendige Richtungswechsel wird durch die Wandscheibe eingeleitet und mithilfe der Außenwand endgültig umgesetzt. Dreht sich die Person, welche das Gebäude durchschreitet in Richtung Norden, erscheinen der gesamte Wohnbereich sowie der zurückgelegte Weg. Der Außenraum des Gartenhofes wird deutlich stärker wahrgenommen, dadurch dass die Wand des Flures wie ein Keil den Wohnbereich spaltet und diesen auf die beiden Höfe separiert. Zur Linken richtet sich der Raum zu dem großen und durch die Grünfläche naturbezogenen Gartenhof. Auf der Rechten zu dem gerasterten und etwas privateren Hof. Dabei wird vermehrt der kleinere Hof dem Wohnbereich zugesprochen, da dieser aus dem Wohnbereich heraus betreten werden kann. Ein Zutritt zu dem Gartenhof ist dagegen nicht möglich, beziehungsweise in den Zeichnungen weder als Terrassentür noch als Schiebetür angedacht. Damit bestätigt sich auch, dass die ein Meter tiefe Terrasse, welche vor der westlichen Fensterfläche verläuft, als Verbindung von Innen- und Außenraum wirkt und nicht aus der Notwendigkeit entstand. Die im Wohnbereich angeordneten Stützen verrücken sich auf der östlichen Fassade von den Glasscheiben in Richtung Raummitte. Da die Stützen das konstruktive Ende des Innenraumes darstellen, fließt das Innere an dieser Stelle in den Außenraum ein. Auch trennen die Stützen die beiden Wohnbereiche voneinander, da sie mittig zwischen den Sitzgruppen angeordnet sind. Die Möblierung der beiden Sitzgruppen unterstützt die unterschiedliche Ausrichtung des Wohnbereiches. Während sich die südliche Möblierung nach Osten richtet und sich gegenüber des Zuganges zu dem SüdostHof befindet, grenzt sich die nördliche Sitzgruppe durch ein Sideboard zu dem Hof ab. Die Möbel, welche aus den Originalzeichnungen übernommen wurden, beruhen auf Mies modernen Entwicklungen von schlichtem Stahl und Leder und sind auch heute noch bekannte Designklassiker.4 Das Sofa dagegen ist in Zusammenarbeit mit seiner langjährigen Assistentin Lilly


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Reich entstanden und ist weitgehend unbekannt. Im Jahr 1932 wurde es mit weiteren Möbelstücken für das Landhaus Lemke entworfen und erst im Jahr 2018 in einer Ausstellung veröffentlicht.5 Bei dem Haus Lemke kamen keine „Stahlrohrmöbel“ zum Einsatz, sondern unter anderem Möbel aus gelb gefärbtem Leder und handgewebten Stoffbezügen.6 Damit kombinierte Mies seine kontrastreichen Möbelstücke des warmen Sofas aus dem Damenzimmer des Haus Lemke, mit den kühlen Daybed aus dem Jahr 1930.7 Hinter den beiden Sitzbereichen wird der Essbereich erkennbar. War er zuvor von der Wandscheibe verdeckt, erscheint er nun als Endstück des Wohnbereiches. Trotz der direkten Anbindung an den Wohnbereich bildet der Bereich sich als eigenständiger Raum aus. Die zurückspringende Nische nimmt den Essbereich aus dem räumlichen Kontext heraus. Durch die zum Teil dreiseitige Umschlossenheit orientiert sich der Essbereich ausschließlich zu dem Südost Hof. Bis zu dieser Stelle ähnelt die räumliche Wirkung sehr stark der des „Hauses mit zwei Höfen“. Auch die Wand des zweiten Flures erzeugt die gleiche Wirkung wie in dem zuvor analysierten Projekt. Erschien sie dort vermutlich mit einer Gliederung durch eine Holzvertäfelung, geht bei diesem Entwurf eine Perspektive auf die Materialität der Wand ein. Die Collage zeigt die Wandscheibe mit einem unkontrollierten Muster. Damit wird die Wand in der Collage in den Fokus gestellt und dominiert als optisch bewegtes Element den Raum (s.S.74). Die Holzvertäfelung springt dabei vermutlich in die Nische des Essbereiches zurück, in der Perspektive lässt sich eine Unterteilung durch das weiterführende Raster von einem Meter erkennen, welche an dieser Stelle auch eine im Grundriss eingezeichnete Tür verbergen könnte. Ebenfalls lässt sich die Umschließungsmauer durch die Zeichnung in der Materialität des Backsteins begründen, da die horizontalen Linien die Proportionen des Normalformats des Backsteins darstellen. Das Verwenden der verschiedenen Materialien hat Auswirkungen auf die räumliche Wahrnehmung. Sorgt das Holz im Essbereich für ein Wohlbefinden bei dem Betrachter, erzeugt die abstrakte Wand Unruhe. Durch den Flur, welcher sich vollständig mit dem Hof verbindet, wird der Besucher zu dem Arbeitsplatz geleitet. In seiner Wirkung ist der Flur ähnlich aufgebaut wie der zu Beginn des Gebäudes. Jedoch steht bei diesem der Arbeitsplatz am Wendepunkt und stellt somit eine Grenze für Besucher dar und gewährt nur den Bewohnern selbst Durchgang.

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Wie in der Perspektive erkennbar ist, separiert sich der Arbeitsplatz durch eine Trennwand von dem Schlafbereich. Die Grundrisszeichnung lässt dagegen vermuten, dass es sich aufgrund der unifarbenen Fläche um ein Möbelstück handelt. Dieses ist jedoch mit halber Raumhöhe von einem Meter fünfzig von besonderer Bedeutung. Der Schlafbereich bleibt dadurch verborgen und der Arbeitsplatz wendet sich trotz seiner Nähe von diesem ab. Aus der Blickrichtung des Arbeitsplatzes lassen sich Schlaf- und Wohnbereich gleichermaßen einsehen, sowie die beiden zur linken Seite liegenden Höfe. Der private Hof an der Nordost-Seite ist dabei nicht einsehbar, weder aus der Arbeitsposition noch aus dem Südost-Hof. Auch beim Eintreten in den Schlafbereich öffnet sich der Blick zu dem Hof nicht, obwohl sich dieser ausschließlich auf den Schlafbereich bezieht. Erst mittig des, durch die Wandscheibe eng wirkenden Raumes, erzeugt der Hof durch seine Größe ein befreiendes Gefühl. Konträr zu dessen Umfassung und damit behütenden Stimmung, löst er die enge des Raumes in Richtung der Umgebung auf (s.S.92). Dem vollkommenen Raumbereich drängt sich auch der weiterführende Badbereich nicht weiter auf, dessen knapper Wandversprung keinen weiteren Raum vermuten lässt. Aus dessen Richtung erscheint der Schlafbereich als komplett eigenständiger Raumbereich und grenzt sich durch die Wände deutlicher als zuvor zu den umgebenen Räumen ab. Einzig und allein der Hof bildet eine Erweiterung des Raumes, dessen Zugang jedoch unklar ist. Nur ein Pfosten teilt in der Originalzeichnung die neun Meter lange Fassade. Eine Schiebe- oder Terrassentür ist jedoch nicht eingezeichnet. Die Wirtschaftsräume entfallen aus der räumlichen Abfolge und wirken auch im Innenraum untergeordnet. Dadurch, dass die Fenster oberhalb der Augenhöhe angeordnet sind, stellen die Räume keine Aufenthaltsbereiche dar. Mies bildet bei dem Entwurf und in dessen Wirkung deutlich wahrnehmbare Kontraste aus. Wirkt das Gebäude beim Betreten der Anlage durch seine Offenheit einladend, privatisiert es sich zunehmend im Innenraum, bis ein Höchstmaß an Privatsphäre in dem Schlafbereich erreicht wird. Die Bedeutung der Privatsphäre steigt somit von Raum zu Raum weiter an. Die Natur fließt dabei an vielen Stellen in das Gebäude ein. Durch Zugänge in die Höfe, wird diese dem Bewohner erlebbar gemacht und er bleibt nicht als außenstehender Betrachter hinter den Glasscheiben gefangen. Stattdessen wird der Bewohner zu einem Teil des Ganzen in-


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nerhalb des endlos erweiterbaren Raumes. Nur durch die durchsichtige aber deutlich empfundene Wand wird dieser abgeschlossen.8 Das reflektieren des Lichtes auf der Fassade sorgt aber für eine begrenzende und zugleich offene Wirkung.

1

Weber, Nicholas Fox (2018): Die Bauhaus Bande. Meister der Moderne. Berlin: DOM publishers, S.482.

2

Andritz, Inge (2018): Mies van der Rohe und Japan. Salzburg: Müry Salzmann, S.73.

3

Andritz 2018, S.73.

4

Weber 2018, S.485.

5

Vgl. Staatliche Museen zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz (2018): Von Haus zu Haus - Möbel,

Mobilien und Möglichkeiten. Ludwig Mies van der Rohe im Kunstgewerbemuseum. URL: https://www.smb.museum/ausstellungen/detail/von-haus-zu-haus-moebel-mobilien-undmoeglichkeiten/ [Stand: 18.06.2020] 6

Kunstleben Berlin Art Guide UG (2018): Mies van der Rohe Haus veranstaltet Themenreihe

2018: MIES – SITZEN UND LIEGEN. URL: https://www.kunstleben-berlin.de/event/mies-van-der-rohe-haus-veranstaltet-themenreihe2018-mies-sitzen-und-liegen/ [Stand: 18.06.2020] 7

KNOLL INTERNATIONAL S.P.A (o.D.): Barcelona® Day Bed. URL: http://www.knoll-int.com/home/by-designer/classic-designers/ludwig-mies-van-der-rohe/ barcelona-day-bed [Stand: 01.07.2020]

8

Neumeyer, Fritz (2016): Mies van der Rohe. Das Kunstlose Wort. Gedanken zur Baukunst. 2., Neuauflage des Originaltitels von 1986. Berlin: DOM publishers, S.239.

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Perspektive Wohnbereich


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Perspektive Arbeitsbereich


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Perspektive Schlafbereich


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Perspektive Eingangsbereich


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Haus mit Garage | um 1939

Der Entwurf „Haus mit Garage“ stellt innerhalb Mies‘ Hofhaus Entwürfen ein Ausnahme-Projekt dar. Während die äußere Erscheinung des rechteckig umschlossenen Gebäudes den weiteren Hofhäusern ähnelt, ist der Innenraum vorwiegend durch gekurvte Wandelemente gegliedert und stellt in das Zentrum eine Garage. Der Entstehungszeitpunkt dieses außergewöhnlichen Projektes ist nicht eindeutig erwiesen. Die überlieferten Zeichnungen wurden zunächst in das Jahr 1934 eingeordnet, womit das Projekt als freistehender Entwurf der „Hubbe Studie“ gesehen wurde.1 Aufgrund der bekannten Formatgröße einer der weit ausgearbeiteten Zeichnungen des „Hauses mit Garage“, ist eine Datierung um das Jahr 1939 möglich. Die mit Bleistift, Tusche und Farbstift auf Karton angefertigte Zeichnung entspricht in etwa dem US-Format für Zeichenpapier. Dabei bliebt offen, ob der Entwurf auf älteren Vorstudien beruht.2 Die Maße der Zeichnung, welche als Grundlage für die Analyse dient, sind dagegen nicht bekannt. Dennoch wurde diese verwendet, da keine Änderungen an dem Baukörper selbst vorgenommen wurden, sondern lediglich die Möblierung detaillierter eingezeichnet wurde. Es ist durchaus vorstellbar, dass Mies das ungewöhnliche Gebäude für sich selbst vorgesehen hatte und aus diesem Grund keine weiteren Zeichnungen existieren.3 Gründe für diese Annahme sind zum einen die Größe des Projektes sowie ein integriertes Dienstmädchen-Zimmer. Ein

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derartiger Bereich spricht für einen wohlhabenden Bauherrn und steht damit im Widerspruch zu der Grundidee der Hofhäuser, geeigneten Wohnraum für die breite Masse zu generieren. Ein weiterer Beleg ist der überaus freie Grundriss. Das Gebäude öffnet sich sowohl im Innenraum, als auch zur Umgebung deutlich großzügiger als vorherige HofhausEntwürfe. Trotz der Einzelstellung des Entwurfes weist dieser viele Typologien des Hofhaus-Gedanken auf, welche im Folgenden herausgearbeitet werden.

1

Vgl. Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die

Berliner Jahre 1907-1938. Deutsche Ausgabe zur englischen Originalausgabe 2001. München: Prestel Verlag, S.292. 2

Vgl. Tegethoff, Wolf (1981): Die Villen und Landhausprojekte von Mies van der Rohe. Bonn: Bacht Verlag Essen, S.126.

3

Riley und Bergdoll 2002, S.292.


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Zeichnung Haus mit Garage


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Originalzeichnung Haus mit Garage


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Grundriss-Raster Haus mit Garage


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Grundriss | 1:350


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Schnitte | 1:350


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Ansichten Nord und Ost | 1:350


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Ansichten Süd und West | 1:350


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Isometrie


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Explosionszeichnung


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Haus mit Garage | Geometrischer Aufbau und Analogien

Geometrischer Aufbau und Analogien

Trotz der geschwungenen Formen bildet auch bei dem Entwurf „Haus mit Garage“ ein quadratisches Raster die Grundlage für den weiteren Aufbau der Anlage. Das Raster von einem Meter strukturiert in diesem Fall vorwiegend den Außenraum der 1280 m² großen Anlage, welcher rund drei Viertel der Gesamtfläche darstellt. Durch die Bodenplatten bildet sich die Gitterstruktur sichtbar über die gesamte Hofanlage aus. Eine Gewichtung der zwei Höfe erfolgt dabei durch das Einbinden verschiedener Objekte. Der Einbezug der Natur in Form von Bäumen sowie Skulpturen strukturieren die freien Räume. Die Kunstwerke dienen in Mies Zeichnungen als Blickfang und nehmen der Geometrie die Strenge.1 Die eingefügte Skulptur des Osthofes ist in der Grundrisszeichnung als Ansicht dargestellt. Dessen gleiche Kontur ziert auch weitere Hofhaus-Entwürfe wie das Haus Hubbe und eine frühe Zeichnung des Haus Ulrich Lange. Somit können die Projekte, durch die immer gleiche Skulptur, in Verbindung gestellt werden. Ein detaillierteres Abbild der gezeichneten Figur findet sich in einer Collage um 1941 wieder, sodass die Skulptur aus dieser übernommen werden kann (s.S.125). Es ist anzunehmen, dass es sich um eine Figur von Georg Kolbe handelt, dessen Kunstwerke Mies bereits in vorherigen Projekten, wie dem „Morgen“ des Barcelona-Pavillons verwendete.


Haus mit Garage | Geometrischer Aufbau und Analogien

Die sich innerhalb der Höfe befindenden Objekte, brechen das Raster an keiner Stelle. Skulpturen und Bäume folgen der Gliederung indem sie innerhalb der Flächen, oder auf den Achsen des Gitters angeordnet sind und sich somit in die Struktur integrieren. Auch die Umschließungsmauer, die sich im Regelfall um das vollständige Raster legt, greift im Süden der Anlage die Rasterlinien auf, sodass die Mauern auf einer Achse zusammenlaufen und sich zwischen diesen der Zugang zur Anlage bildet. Innerhalb dieser Öffnung befindet sich eine kreuzförmige Stütze, dessen Eigenschaften aus dem Barcelona-Pavillon übernommen wurden. Die Position der an dem Kreuzungspunkt des Rasters auf den Boden treffenden Stütze ist dabei kein Zufall, sondern folgt der Stringenz des Stützrasters im Innenraum. Die sechs Stützen im Inneren des Gebäudes weisen einen Abstand von acht Metern zueinander auf und bilden durch ihre gleichmäßige Anordnung die tragende Funktion des Gebäudes, sodass eine möglichst große Spannweite der Dachfläche erfolgen kann. Die Deckenplatte greift dabei weit über das Gebäude hinaus und liegt auf den Umschließungsmauern der Anlage auf. Die Mauern im Norden und Süden ersetzen somit, die an dieser Stelle notwendigen Stützen im Außenbereich. Nur die mittlere Stütze agiert eigenständig und tritt innerhalb des Rasters folgerichtig in Erscheinung. Die Dachfläche selbst folgt ebenfalls der Struktur des Grundrasters. Sie nimmt die Begrenzungen in Richtung der Höfe auf, indem sie die Rasterfläche der zurückspringenden Fassaden vervollständigt. Nach Norden und Süden legt sich die Platte auf die Außenmauern auf und greift weit über den Zugang der Anlage hinweg. Zusammen mit dem Bodenraster, welches durch die große Öffnung der Umschließungsmauer in die Umgebung hinausfließt, leitet der Dachüberstand in die Anlage hinein. Durch dieses Motiv wird der bereits bekannte fließende Übergang von Innen- und Außenraum in die Umgebung erweitert. Der breite Eingangsbereich erscheint auch aus einem zweiten Grund größer als bei anderen Hofhaus-Entwürfen. Während sich die Gebäude im Regelfall zwischen zwei Umschließungsmauern aufspannen, legt sich das „Haus mit Garage“ nur an die nördliche Mauer der Anlage. Das abstrakt geformte Gebäude steht wie ein Fremdkörper in dem klar strukturierten Hof. Somit erscheint die Anlage, als würde sie kein „Haus mit Höfen“ darstellen, bei dem das Gebäude die Höfe ausbildet, sondern ein „Haus im Hof“, bei dem ein einziger Hof ein Gebäude beinhaltet.

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Das Gebäude selbst geht weniger deutlich auf das Raster ein. Während die geraden Flächen der verglasten Fassade die Kanten des Grundrasters aufnehmen, lösen sich die gekrümmten Elemente an der Westseite des Gebäudes aus dem Raster. Besonders deutlich wird dies durch das halbkreisförmige Zimmer des Dienstmädchens. Die geraden Flächen des Raumes versetzen sich symmetrisch aus dem Raster und binden so die äußere Kreisform mittig in eine Rasterfläche ein. Durch eine geschlossene Wand grenzt sich der Raum zu dem Durchgang in der Umschließungsmauer ab, öffnet sich jedoch zu der gegenüberliegenden Seite. Die gekrümmte Glasfläche würde an dieser Stelle den Blick in Richtung Garage und Küche freigeben. Aufgrund der zu schützenden Privatsphäre des Dienstmädchens ist jedoch davon auszugehen, dass ein transluzentes Milchglas eingesetzt wurde. Das Glas reduziert so den Einfluss der Natur auf das Medium Licht, welches nun gefiltert in den Innenraum eintritt. Die äußere Wirkung ist dabei vergleichbar mit der des Hauses Tugendhat. Dort verbirgt das Glas der Treppe den Innenraum und spendet dem Hof am Abend, wie eine raumhohe Laterne, Licht (s.S.197).2 Die danebenliegende kreisförmige Außenwand der Küche ist in der Originalzeichnung als kleinteilig gegliederte Glasfläche eingezeichnet. Der hohe Anteil an verglaster Fläche weist darauf hin, dass die Küche nun nicht mehr ausschließlich einen funktionalen Raum darstellt, sondern durch die direkte Anbindung an die Aufenthaltsbereiche an Aufenthaltsqualität gewinnt. Dennoch ist die Küche, auch aufgrund der Lage zu dem kleinen Hof, als Wirtschaftsraum zu betrachten, womit eine bodentiefe Verglasung des Küchenbereiches nicht denkbar ist. Diese Annahme bestätigt auch die in der Originalzeichnung von der Fassade abgerückte Möblierung, welche genau um die notwendige Wandbreite von der Verglasung zurückspringt. Das Fensterband liegt somit auf einer Brüstung von 1,50 Metern auf, dessen Höhe sich aus verschiedenen Ansichten des Haus Ulrich Lange ableiten lässt. Das äußere Bild der geradlinigen Wände, die dem Raster entsprechenden und der gekurvten Wände, welche das Raster brechen zeigt sich auch im Inneren des Gebäudes. Die geraden Wände des Eingangsbereiches befinden sich sowohl in der Horizontalen als auch Vertikalen auf der Achse des Rasters (s.S.111). Die Horizontale bildet damit eine Achse aus, welche nach Osten Bezug zu dem Baum und im Westen mit dem äußeren Mittelpunkt des zuvor analysierten halbkreisförmigen Raumes aufnimmt.


Haus mit Garage | Geometrischer Aufbau und Analogien

Eine zweite horizontale Linie verbindet ebenfalls die getrennten Höfe miteinander. Sie bezieht sich auf das Objekt im Osthof, welches vermutlich eine Sitzbank darstellt, sowie auf die gegenüberliegende Treppe im Westhof. Die außenliegende Treppe führt aufgrund der Lage in ein Untergeschoss und wird durch die überstehende Dachfläche vor Witterungseinflüssen geschützt. Die notwendige Absturzsicherung folgt dabei den Proportionen des Geländers aus dem Haus Tugendhat. Bei dem Gebäude aus dem Jahr 1929/30 erfolgt sowohl bei der Treppe im Außenraum, als auch bei der Spindeltreppe im Inneren des Gebäudes eine nicht symmetrische Teilung des 1,20 Meter hohen Geländers, welches damit unterhalb der Fensterbrüstung liegt (s.S.200). Die freistehenden gekrümmten Wände des Innenraums sind auf ihre eigene Ordnung zurückzuführen. Unabhängig vom Raster weisen die drei Wände, in ihrer Verlängerung zu einem vollständigen Kreis, einen identischen Durchmesser auf. Die Symbolik der gebogenen Wand taucht bereits in vorherigen Entwürfen wie bei dem Haus Ulrich Lange und dem Haus Tugendhat auf. Bei diesen Gebäuden befindet sich jedoch nur eine Wand im Essbereich, welche den Raum in Bewegung kommen lässt und gleichzeitig abschirmt. Das Motiv der sich im Norden befindenden Y-förmigen Wand wird ebenfalls in einer Skizze des Haus Hubbe angedacht. In einer der Zeichnungen aus dem Jahr 1934 teilt das dynamische Element drei Bereiche voneinander und verbirgt eine dem „Haus mit Garage“ ähnelnde Spindeltreppe. Abgesehen von den außergewöhnlichen Formen, stellt die Garage eine weitere Besonderheit des Grundrisses dar. In direkter Nähe zu dem Wohnbereich schieben sich die geradlinigen Wände der Garage in das Gebäude ein. Diese neigen sich um dreißig Grad Richtung Osten und erzeugen so im Innenraum rechtwinklige Räume, indem sie auf die gebogenen Wände treffen. Die Garage stellt damit einen Wichtigen Bestandteil der Anlage dar, welcher sich nicht nur in das Gebäude integriert, sondern dessen Zentrum bildet. Das Automobil im Mittelpunkt des Gebäudes dominiert somit den Entwurf. Es ist durchaus möglich, dass die gekrümmten Wände auf den Wendekreis des Automobiles angepasst sind und diesem folgen.3 Eine derartige Bedeutung kommt dem motorisierten Fahrzeug bei keinem weiteren Gebäude Mies‘ zu. Das aber auch das Haus Tugendhat und das Haus Ulrich Lange eine Garage aufweisen, bindet die Projekte näher aneinander.4

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Der untypische Grundriss, beruht somit auch auf einer geometrischen Rasterung. Die gekrümmten Wände stellen sich nicht, wie zuerst annehmbar, willkürlich in die Anlage, sondern folgen ihren eigenen Proportionen. Der Entwurf „Haus mit Garage“ ist einzigartig innerhalb Mies‘ Entwürfen, aber wenig überraschend. Der Prozess der geschwungenen Formen, war bereits in vorherigen Zeichnungen erkennbar und wurde bei diesem Entwurf auf die Spitze getrieben.

1

Schulze, Franz (1986): Mies van der Rohe. Leben und Werk. Berlin: Ernst&Sohn Verlag, S.172.

2

Vgl. Andritz, Inge (2018): Mies van der Rohe und Japan. Salzburg: Müry Salzmann, S.72.

3

Vgl.Riley und Bergdoll 2002, S.292.

4

Vgl. Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die

Berliner Jahre 1907-1938. Deutsche Ausgabe zur englischen Originalausgabe 2001. München: Prestel Verlag, S.296.


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Fluchtkreise

Fluchtlinien


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Haus mit Garage | Raumverhältnis

Raumverhältnis

Dadurch, dass die Wandelemente nicht geradlinig verlaufen und das Gebäude einen freifließenden Grundriss aufweist, können die Raumgrenzen bei dem „Haus mit Garage“ nur durch das kreisförmige Weiterführen der Wandscheiben eingezeichnet werden. Die gleich dimensionierten Kreise trennen dabei jeweils den privaten Bereich zu einem öffentlichen ab. Denn auch bei diesem Entwurf findet eine Unterteilung zwischen dem privaten und öffentlichen Raumbereich sowie den Höfen statt. Bereits im Außenbereich trennt die Stütze inmitten der großzügigen Öffnung den Eingangsbereich von der Durchfahrt. Im Inneren des Gebäudes erfolgt die Teilung offensichtlicher. Die vertikal aus der Wandscheibe des Eingangsbereiches heraustretende Wand trennt den öffentlichen von dem privaten Bereich des Gebäudes. Der private Bereich erstreckt sich links der Wand und verläuft aus dem Westen des Gebäudes über die gesamte nördliche Länge (s.S.116). Der Bereich umfasst die kleinteilig gegliederte Zone des Dienstmädchens sowie die Küche und führt über den Arbeitsbereich in den Schlafbereich weiter. Gegensätzlich zu den privaten Räumen ist der anliegende Westhof öffentlich zugänglich und bietet damit nur wenig Schutz. Das Gebäude reagiert darauf, indem die Glasfassade von gekrümmten Formen gebrochen wird und diese sich dem Hof verschließen. Die verglasten Flächen der Küche und des Arbeitsbereiches befinden sich geschützt hinter hervorstoßenden Bauteilen und richten sich ausschließlich zu Teil-


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flächen des Hofes. So bildet sich vor der Küche, eingefasst von der Garage und dem Zimmer des Dienstmädchens, ein eigenständiger Hofbereich, welcher durch das überstehende Vordach ausgebildet wird und sich somit aus dem Gesamtraum zurück nimmt. Auf ähnliche Weise unterteilt auch der Arbeitsbereich die Fläche des Westhofes. Die große Glasfassade des Raumes endet bündig mit der Dachkante, sodass ein abrupter Übergang von Innen- und Außenraum erfolgt. Von dem Außenbereich grenzt sich die Hoffläche des Arbeitsbereiches mit Hilfe des hervortretenden Kamines und des mittig davon stehenden Baumes zu dem öffentlichen Hof ab. Die Objekte zonieren den Hof und lassen auch aus dem Innenraum keine Blicke in den öffentlichen Teil des Westhofes zu. Damit benötigt der Hofbereich keine weitere Umschließungsmauer, sondern kann wie der Innenraum offene Grenzen ausbilden. Der öffentliche Bereich nimmt dagegen Bezug zu dem Osthof auf. Unterteilungen der Hoffläche zum Schutz der Privatsphäre werden nicht notwendig, da der gesamte Hof bereits am Eingangsbereich durch ein Tor vor dem Zutritt Fremder geschützt wird. Konträr zu den gekurvten und massiven Wänden der Westseite, umgibt den öffentlichen Bereich eine gradlinige gläserne Hülle. Diese minimiert den Unterschied von Außen- und Innenbereich und bindet die Natur in das Innere des Gebäudes ein. Die wichtigste Grenze des öffentlichen Bereiches stellt die innenliegende gebogene Wand zwischen Küche und Wohnbereich dar, welche den Bereich von den privaten Räumen abgrenzt. Der durch die Wandscheibe abgebildete Kreis fasst den Wohnbereich vollständig ein und stellt diesen in seinen Mittelpunkt (s.S.117). Während die konkave Wand im Süden von der Wandscheibe des Eingangsbereiches durchstoßen wird und den Wohnbereich enden lässt, bricht sie an der Stelle des Essbereiches eigenständig auf. Dadurch öffnet sich der Essbereich vollständig zu der Wohnfläche, womit er als öffentlicher Raumbereich zu deklarieren ist. Dennoch greift der Essbereich aus der Kreisform in den privaten Raumbereich ein und bildet damit einen Übergang der beiden Zonen. Der Raum des Essbereiches legt sich an die geradlinigen Wände der Garage an und schließt damit zu zwei Seiten rechtwinklig ab. In Richtung des Wohnbereiches folgt er aber der gebogenen Form der Wandscheibe. Durch die Stütze, welche genau auf der weiterführenden Achse der Kreisform angeordnet ist, bildet sich der Bogen sichtbar aus und separiert den Essbereich trotz offener Raumgrenze von dem Wohnbereich.

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Haus mit Garage | Raumverhältnis

Die zweite gebogene Wand des Schlafbereiches richtet sich konvex zu dem Wohnbereich, sodass dieser optisch erweitert wird. Entlang der Wand fließt der Wohnbereich in den Osthof ein und verläuft über dessen gesamte Fläche. Auf der Höhe des Schnittpunktes der beiden Raumbereiche, welche um die gekrümmte Wand liegen, befindet sich eine Skulptur, die den leeren Hof füllt1. Auf diese Skulptur nimmt besonders der südliche Teil des Wohnbereiches Bezug. Die Anordnung der Möbel deutet in Mies‘ Entwürfen für gewöhnlich die räumliche Aufteilung an, womit der Wohnbereich in zwei Zonen geteilt werden kann.2 Die Trennung erfolgt in Verlängerung der geradlinigen Begrenzung des Essbereiches zu dem Mittelpunkt der kreisförmigen Raumfläche (s.S.118). Damit ergibt sich eine Spaltung des Wohnbereiches zwischen der Sitzgruppe im Süden und dem Daybed im Norden. Der südliche Bereich wirkt durch seine Ausrichtung zu den begrenzenden Wandscheiben introvertiert. Mit seiner Blickrichtung orientiert er sich jedoch gleichermaßen zu dem Innenraum des Gebäudes, wie auch zu der Skulptur im Außenraum. Der nördliche Wohnraum fließt dagegen vollständig nach außen. Durch die großräumige freie Fläche im Innenraum und die den Blick weitende gekrümmte Wand, erfolgt eine vollkommende Auflösung des Bereiches zu dem Hof. Der Blick in die mit einem Bodenraster strukturierte Zone wird durch die in den Eckpunkten angeordneten Bäume gerahmt. Die Natur fließt nicht nur in die Anlage ein, sondern bildet einen Teil dieser. Dennoch folgt sie der Struktur der Anlage, indem die Bäume innerhalb der Rasterflächen angeordnet sind. Das neben dem südlichen Baum angeordnete Objekt der Sitzbank ermöglicht den Blick in die gesamten Territorien des öffentlichen Bereiches sowie in den privaten Schlafbereich. Damit lassen sich die unterschiedlichen Raumbereiche aus Sicht des Hofes nicht wahrnehmen, sondern verschmelzen hinter der einheitlichen Glasfassade miteinander. Der Schlafbereich stellt den einzigen Raum des privaten Bereiches dar, welcher sich zu dem Osthof öffnet. Die gekrümmte Wand, welche den Wohnbereich weitet, erzeugt auf den Schlafbereich eine gegenteilige Wirkung. Durch die konkave und damit zusammenlaufende Form wird der Blick zu dem Hof eingeengt. Dies symbolisiert dem Raum Schutz und erzeugt eine behagliche Atmosphäre. Auch durch den geringen Überstand der verlängerten Wand des Bades wird der Schlafbereich zusätzlich gefasst. Der Blick kann sich begrenzt durch die gekurvte


Haus mit Garage | Raumverhältnis

Wand nur entlang der Umschließungsmauer zu der Skulptur und dem dahinter liegende Baum im Süden des Hofes richten, sodass ein „Zusammenspiel von Kunst und Architektur“3 entsteht. Das Gebäude weist trotz des großen Glasflächenanteils eine hohe Privatsphäre auf. Dies geschieht durch die zwei unterschiedlich ausgeprägten Seiten des Gebäudes, welche sich jeweils zu einem konträr beeinflussten Hof öffnen. An dem öffentlichen Westhof liegen die privaten Bereiche des Gebäudes. Darauf folgt der öffentliche Raumbereich, welcher sich zu dem privaten Hof erstreckt. Die räumlichen Bereiche befinden sich somit im Wechsel zueinander. Sichtbar wird dieser wechselseitige Übergang durch die sich ändernde Gebäudeform. Es wirkt, als wäre auf der Westseite des rechteckigen Glaskörpers ein Teil herausgebrochen, sodass sich geschlossene und gekurvte Außenwände ergeben, welche die Wirtschaftsräume verbergen. Die weiträumige Trennung der Wirtschaftsräume von den diagonal liegenden, durch den Bewohner genutzten Räumen, bildet den Bereich des Dienstmädchens als eigenständigen Teil des Hauses aus, der im Vergleich zu den sonstigen Raumzonen deutlich geschlossener und damit weniger zugänglich erscheint. Alle weiteren Bereiche des Gebäudes sind dagegen vollständig offen und damit frei fließend gestaltet. Jede Wandscheibe endet im Inneren des Gebäudes, ohne an die gläserne Hülle anzuschließen. Die Raumabschlüsse erfolgen somit offen, nur vereinzelte Räume, die eine Abgrenzung benötigen, verschließen die freistehenden Wände mit Glastüren. Durch die transparenten Raumabschlüsse erfolgt weiterhin eine maximale Öffnung der einzelnen Räume.4 Die Materialität des Glases wird so auch im Innenraum eingesetzt, womit eine Mehrschichtigkeit der Räume erzeugt wird. Die Inneren Glasflächen überlagern sich mit den Äußeren, sodass keine klare Grenze des Innenraumes zum Außenraum erzeugt wird. Die räumlichen Grenzen der äußeren Glashülle werden den Inneren gleichgesetzt, sodass sich das Gebäude gestaffelt in den Außenbereich auflöst. 1

Vgl. Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die

Berliner Jahre 1907-1938. Deutsche Ausgabe zur englischen Originalausgabe 2001. München: Prestel Verlag, S.322. 2

Vgl. Riley und Bergdoll 2002, S.264.

3

Riley und Bergdoll 2002, S.322.

4

Vgl. Tegethoff, Wolf (1981): Die Villen und Landhausprojekte von Mies van der Rohe. Bonn: Bacht Verlag Essen, S.122.

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Haus mit Garage | Raumverhältnis

Raumbereiche Privat

Raumbereiche Hof


Haus mit Garage | Raumverhältnis

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Raumbereiche Öffentlich

Raumbereiche Gesamt


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Haus mit Garage | Raumverhältnis

Innenräume

Fließen nach Außen


Haus mit Garage | Raumverhältnis

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Blickbeziehungen


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Haus mit Garage | Wahrnehmung

Wahrnehmung

Die Besonderheit des Entwurfes „Haus mit Garage“ liegt in den gebogenen Wandscheiben. Diese erzeugen eine Dynamik innerhalb des Gebäudes, welche sowohl den Raum, als auch die durchschreitende Person in Bewegung kommen lässt. Bereits vor dem Betreten der Anlage verläuft das die Anlage gliedernde Raster in die Umgebung hinaus. Der Beobachter befindet sich somit, schon bevor er die Umschließungsmauern passiert hat, auf dem Grundstück der Anlage und wird so zu dem Gebäude geleitet. Innerhalb der großen Öffnung, begrenzt durch Boden und Deckenplatte erscheint der zurückliegende Gebäudekörper. Dieser öffnet sich mit dem hervortretenden Glaskörper in Richtung der Eingangszone und führt bogenförmig in den Westhof ein. Die Zugangsbereiche für Mensch und Automobil werden durch die Stütze geteilt. Auch die Gliederung der Glasflächen folgt dieser Trennung, indem der rechte Bereich einen kleinteiligeren Aufbau der Fensterfläche erhält und so der Eingangsbereich dargestellt wird. Nähert sich der Betrachter diesem, durchschreitet er zuvor die Umfassungsmauern und erhält damit das Gefühl, sich bereits im Innenraum des Gebäudes aufzuhalten. Die konstruktive Raumbegrenzung der Stütze erzeugt im Zusammenspiel mit dem großen Dachüberstand und der seitlichen Begrenzung durch das Tor ein Ineinandergreifen der Raumgrenzen. Es wirkt als hätte sich das Stützraster aus dem Inneren des Gebäudes nach außen verschoben, sodass der Übergang von In-


Haus mit Garage | Wahrnehmung

nen- und Außenraum vielschichtiger erfolgt. Wird der Weg zu dem Gebäude fortgesetzt, entfernt sich der Blick von der linken zum Westhof führenden Seite aufgrund dessen, dass die Blickrichtung zu dem Bereich des Dienstmädchens durch mehrere Wandscheiben verstellt wird. Stattdessen wird der östliche Bereich fokussiert, da zu dieser Seite der Hof erscheint. Tritt man nun in das Gebäude ein, bildet die zur linken Seite hervorstehende Wandscheibe eine räumliche Grenze für Bewohner und Besucher. Dadurch werden diese entlang der Wandscheibe zu dem Wohnbereich geleitet. Bevor dessen Fläche im Sichtfeld erscheint, bilden die vier Objekte des Osthofes bereits einen Blickfang und Orientierungspunkt. Nachdem die Wandscheibe des Eingangsbereiches endet eröffnet sich der gesamte Wohnbereich vor dem Betrachter (s.S.126). Mit dem Betreten des Wohnbereichs endet die Gradlinigkeit der Wände. Nur die flächige gläserne Hülle umgibt den ansonsten abstrakt geformten Raum. Die beiden gegensätzlich zueinander gebogenen Wände bilden den Wohnbereich aus. Mit dem Enden der beiden Wandscheiben auf Höhe des Essbereiches, setzen sie diesen bereits beim Betreten des Raumbereiches in den Fokus. Aus dem Wohnbereich wirkt die im Verhältnis kleine Fläche, trotz ihrer räumlichen Grenze der Stütze, als Teil des Gesamtraumes. Entfernt sich der Betrachter von dem zuvor dominierenden Osthof, nähert er sich dem gefassten Essbereich. Die geradlinigen Wände der Garage und die große Fläche des Wohnbereiches erzeugen einen Ruhepunkt innerhalb des Gebäudes. Der konvexe Bogen der sich zur linken Seite befindenden Wandscheibe grenzt zusammen mit der Stütze das Blickfeld ein. Damit konzentriert sich der Blick auf das Daybed und die dahinter liegende, unter einem Baum befindende Sitzbank. Der Bezug des Essbereiches läuft somit über weitere Raumbereiche bis in den Außenraum hinein und endet erst an dessen Umschließungsmauern. Zur rechten Seite wird der Blick dagegen entlang der bogenförmig ausgebildeten Wand in die Küche geleitet. Durch die gläserne Tür des Innenraums ist ein Blick in den Westhof möglich. Dieser wird allerdings von dem Raum des Dienstmädchens und der davor liegenden Treppe schnell versperrt, wodurch die geschützte Atmosphäre des Essbereiches erhalten bleibt.

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Haus mit Garage | Wahrnehmung

Die sich zwischen zwei Bögen aufspannende Küche stellt dagegen eine Verbindung vieler Bereiche dar. Nach Norden erhält der Raum neben dem Essbereich auch Anbindung an den überdachten Hofteil und ermöglicht somit einen Zugang zu der Garage. Zur Südseite ergeben sich drei Möglichkeiten eines weiteren Zuganges. In direkter Anbindung an die Küche befindet sich die einzige Zugangsmöglichkeit zu dem Dienstmädchenzimmer. Der kleine Raum verfügt über alle den Entwurf prägenden Elemente wie der kreisförmigen Wand, dem opaken Glas und einer sich in dem Raum befindenden Stütze, welche trotz der Geschlossenheit des Raumes die Leichtigkeit der Konstruktion darstellt. Ein weiterer Zugang zur Küche kann auch aus dem Eingangsbereich erfolgen. Von da aus führt der Weg rechts entlang der hervortretenden Wandscheibe geradlinig durch eine weitere Glastür in den Küchenbereich. Aus dieser Perspektive erscheint durch das Fensterband die Sicht auf die Garage. Der Außenraum bleibt dagegen aufgrund der Höhe der Fenster verborgen. Damit gewährleistet die für einen Wirtschaftsraum großflächige Verglasung weiterhin den Schutz der Privatsphäre, ermöglicht aber gleichzeitig eine maximale Belichtung. Der Blick konzentriert sich stattdessen auf den Innenraum und führt über die gebogenen Wandscheiben dynamisch Richtung Essbereich. Der letzte Durchgang erfolgt offen und führt in den Wohnbereich zurück. Nur durch das Überlappen der Wandscheiben werden die Bereiche voneinander abgegrenzt und eine schnelle Anbindung zu der Sitzgruppe ermöglicht. Dadurch, dass die Küche von dem Dienstmädchen zwangsläufig durchlaufen werden muss, stellt sie einen wichtigen Knotenpunkt zu allen zu versorgenden Räumen dar. Gleichermaßen kann die Küche durch ihre offene Anbindung an die Aufenthaltsbereiche nicht mehr ausschließlich als ein Wirtschaftsraum betrachtet werden. An dem Übergang von Küche zu Wohnbereich öffnet das Abrücken der Sitzgruppe von der Wandscheibe des Eingangsbereiches den Blick erneut zu dem Osthof. Auch die zu dieser Seite konkav ausgebildete Wand, welche den Wohnbereich umfasst, lenkt den Blick über die zweite bogenförmige Wand nach außen (s.S.130f). Als wichtiger Bezugspunkt agiert dabei die Skulptur im nördlichen Bereich des Hofes. Sie bildet einen „optischen Ruhepunkt inmitten der zahlreichen Spiegelungen in Flächen aus Glas und Chrom“1.


Haus mit Garage | Wahrnehmung

Während sich der Essbereich aus Sicht der Sitzgruppe zurück nimmt, ist nur ein weiterführender Weg entlang der Glasfassade zu dem Schlafbereich erkennbar. Die Funktion des dahinterliegenden Raumes ist aus keiner Perspektive des Wohnbereiches ersichtlich. Damit wird bei dem Betrachter auch keine Notwendigkeit erzeugt, den großzügigen Wohnbereich zu verlassen. Der Durchgang zu dem Schlafbereich wird durch die Anordnung des Daybeds vor der breiten Öffnung verstellt, womit eine Abgrenzung des privaten Bereiches zu dem Wohnbereich erfolgt. Wird die offene Raumgrenze dennoch durchschritten, fängt die gebogene Wand am Fuße der Y-Form den Bewohner in dem Raum. Auch das an einer geraden Wand, parallel zur Umschließungsmauer liegende Bett wird zusätzlich durch einen geringen Wandüberstand gefasst. Wie in einer Falle umgeben die gebogenen Wände den Raum, sodass dieser trotz der Anbindung zu dem öffentlichen Wohnbereich und dem Osthof sehr geschützt wirkt. Durch die konkave Wandscheibe nimmt der Schlafbereich ausschließlich zu der Skulptur im nördlichen Teil des Hofes Bezug auf, zu der auch ein direkter Zugang ermöglicht wird. Auf der anderen Seite des Gebäudes liegt der Arbeitsbereich, welcher aus dem Schlafbereich entlang der Umfassungsmauer betreten werden kann. Über die bodentiefe Verglasung ist der Zugang zu der Teilfläche des Westhofes möglich. Die Unterteilung des Baumes und Kamines erschafft auch im Innenraum eine Veränderung. Der Kamin bildet die dominante Grenze zwischen der großzügigen Verglasung und dem sich verschmälernden Raum. Eine kleine Krümmung, die von einer Stütze verdeckt wird akzentuiert das zulaufende Raumende zusätzlich. Kehrt der Betrachter aus dem Arbeitsbereich zurück, weitet sich der Raum nach Nordosten durch die schräggestellte Wand auf. Den Durchgang zu Schlaf- und Wohnbereich trennt die Verästelung des Y-Körpers. In diesem befindet sich der Badbereich, welcher sich mit einer Glasfläche zu den umliegenden Bereichen öffnet. Das freistehende Bauteil, wirkt mit seinem opaken Glas wie eine Skulptur im Innenraum, die von allen Seiten umlaufen werden möchte (s.S.129). Durch den Bogen akzentuiert das Bauteil den Weg in Richtung des Schlafbereiches, ermöglicht aber auch eine geradlinige Verbindung zu dem Wohnbereich. Die verschiedenen Raumzonen, welche sich verengen und aufweiten, gestalten den Gang durch das Gebäude vielfältig. Dabei nimmt jeder Aufenthaltsraum Bezug mit dem, nur durch Objekte unterteilten, Außenraum auf.

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Haus mit Garage | Wahrnehmung

Der Wechsel der Raumbereiche erscheint auch in der äußeren Form des Gebäudes. Während der Osthof den privaten Schlafbereich nicht von den öffentlichen Wohnräumen unterscheidet, sondern mit einer einheitlichen Glasfassade verbindet, steht der Westhof dieser Handlung gegenüber (s.S.132f). Der Hof ermöglicht dem Betrachter durch die Vielzahl an Formen kein eindeutiges Bild des Innenraumes, da jede Form einer anderen gegenüber gestellt wird. Zusätzlich werden die dahinter verborgenen Raumbereiche durch unterschiedliche Öffnungsformen und Materialien differenziert. So bilden zur Nord- und Südseite die Glasfassaden des Arbeitsbereiches und die des Eingangsbereiches einen Abschluss, welcher von den geometrischen Bauteilen des rechteckigen Kamins und des kreisförmigen Dienstmädchenzimmers unterbrochen werden. Zwischen den massiven Bauteilen springt das Gebäude aus der rechteckigen Form zurück und schafft einen Vorraum, welcher verschiedene Zugänge beinhaltet. Unter dem geradlinig fortlaufenden Dach befinden sich die gekrümmte Einleitung in den Hohlkörper der Garage, die gläserne Tür in das Innere des Gebäudes, das kleinteilig gegliederte Fensterband, der Zugang der Treppe in ein Untergeschoss sowie die dahinterliegende, sich nicht vollständig öffnende Milchglaswand des Dienstmädchenzimmers. Die Vielzahl an Formen, welche sich durch eine eigenständige Geometrie begründen, ermöglicht einen sich immer verändernden Blick zu und innerhalb des Gebäudes. Dadurch, dass jede Raumzone, mit Ausnahme des Dienstmädchenzimmers, mehrere Zugänge erhält entstehen verschiedene Möglichkeiten die Räume zu erleben. Dabei führt ein Weg aus jedem Raum in den Wohnbereich, sodass die Raumzonen in diesem zusammenlaufen. Womit ein „Raum voller Räume“2 entsteht und diese ungehindert ineinander fließen können. Das gegenseitige verbinden der Raumzonen sorgt für eine vollständige Auflösung der räumlichen Grenzen untereinander und in den Außenbereich.

1

Weber, Nicholas Fox (2018): Die Bauhaus Bande. Meister der Moderne. Berlin: DOM publishers, S.478.

2

Neumeyer, Fritz (2016): Mies van der Rohe. Das Kunstlose Wort. Gedanken zur Baukunst. 2., Neuauflage des Originaltitels von 1986. Berlin: DOM publishers, S.231.


Haus mit Garage | Wahrnehmung

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Collage Museum for a Small City


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Haus mit Garage | Wahrnehmung

Perspektive Eingangsbereich


Haus mit Garage | Wahrnehmung

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Perspektive Essbereich


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Haus mit Garage | Wahrnehmung

Perspektive Großer Hof


Haus mit Garage | Wahrnehmung

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Perspektive Badbereich


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Haus mit Garage | Wahrnehmung


Haus mit Garage | Wahrnehmung

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Perspektive Wohnbereich


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Haus mit Garage | Wahrnehmung

Perspektive Funktionshof


Haus mit Garage | Wahrnehmung

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Perspektive Außenbereich


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Schlussfolgerung


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Schlussfolgerung

Der Prozess der voranschreitenden Abstraktion der Räume, den Mies verfolgte, lässt sich an den drei aufeinander aufbauenden Entwürfen erkennen. Mithilfe der schlichten Konstruktion aus Stahlstützen gelingt es, nur durch Wandscheiben Raumbereiche auszubilden, bei denen nicht der einzelne Raum im Vordergrund steht, sondern die Raumfolge. Die Auflösung der Raumgrenzen zu einem offenen und fließenden Grundriss prägen alle Hofhaus-Entwürfe gleichermaßen. Dabei ist zu erkennen, dass sich die Bedeutung der Wirtschaftsräume wandelt und diese in späteren Entwürfen als Aufenthaltsräume angesehen werden können. Die zunehmende Offenheit der Raumbereiche zeigt sich innerhalb der Projekte. Während das „Haus mit zwei Höfen“ eine funktionale Trennung zwischen den einzelnen Bereichen vornimmt, heben sich die räumlichen Grenzen in den darauffolgenden Projekten immer weiter auf. Es zeigt sich eine deutlich geringere Notwendigkeit von Türen, da ein Großteil der Räume nur durch Wandscheiben gebildet werden kann. Ebenso werden spürbare räumliche Abschlüsse durch dünne Glasscheiben ersetzt, welche die Bereiche optisch in ihren Funktionen differenzieren. Trotz der fortlaufenden Entwicklung der sich immer weiter auflösenden Raumgrenzen, bleibt die rechteckige Umschließungsmauer bei jedem der Entwürfe erhalten. Die geschlossene Form verhindert, dass Blicke der Außenwelt in das Gebäude eindringen können, wodurch der Schutz der Privatsphäre bei allen Hofhaus-Entwürfen höchste Priorität hat.


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Entwurf


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Entwurf

Der hohe Stellenwert der Privatsphäre bei Mies‘ Hofhäusern ist auch heute noch gleichermaßen aktuell. Offene Grundrisse sind der Inbegriff des „modernen Wohnens“, können sich aber auch nachteilig auf die funktionale Nutzung auswirken. Aus diesem Grund sollte die Privatsphäre der Bewohner nicht nur vor der Umgebung geschützt werden, sondern auch innerhalb des Gebäudes berücksichtigt werden. Wie lassen sich also die Gedanken Mies‘ mit den heutigen Wohnformen vereinbaren, ohne die Qualitäten des fließenden Raumes aufgeben zu müssen?


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Entwurf | Heutige Relevanz der Hofhäuser

Heutige Relevanz der Hofhäuser

Nie kam dem Wohnen eine höhere Bedeutung zu als in der aktuell andauernden Zeit. Der Traum vom bezahlbaren Eigenheim mit direkter Anbindung an die Natur bildet den Ursprung des seit Jahren schleichenden Prozesses der Suburbanisierung. Wie ein Katalysator für die bereits bestehende Entwicklung wirkt dabei die Corona-Krise.1 Die Wohnung als Mittelpunkt des Lebens, muss mit dem Home-Office, Home-Schooling, oder dem Home-Workout, viele Funktionen aufnehmen können. Allerdings besteht bei den standardisierten Grundrissen der gewinnorientierten städtischen Gebäude, oft nicht die Möglichkeit den Bedürfnissen der Bewohner gerecht zu werden2. Zu kleine Wohnungen oder die moderne großflächige Offenheit von Wohnungsgrundrissen zeigen durch fehlende Rückzugsmöglichkeiten ihre Nachteile3. Jedoch bieten besonders diese auch die Chance für eine individuelle Umsetzung der neuen Gegenwart. Denn der offene Grundriss kann auch als ideale und „Krisenfeste“ Lösung Bestand haben. Nicht die Größe der Wohnfläche ist dabei entscheidend, sondern dass jedes Zimmer mehrere Funktionen aufnehmen kann. Mit flexiblen Wandelementen kann die Wohnfläche in einzelne Räume separiert werden und dadurch konzentriertes Arbeiten ermöglichen. Gleichzeitig bleiben die Vorteile des offenen Raumes bestehen, sodass ein Zusammenkommen der Bewohner sattfinden kann.4


Entwurf | Heutige Relevanz der Hofhäuser

Des Weiteren sind besonders Alleinlebende mit ihrer derzeitigen Wohnsituation unzufrieden.5 Auch wenn der aktuell herrschende Zustand nicht für immer in einer solchen Intensität anhält, bleiben die erkannten Schwächen bestehen. Vor allem ältere Menschen sind von Vereinsamung betroffen. Obwohl sie oft von vielen Mitmenschen umgeben sind, existieren keine Begegnungsorte für ein Zusammenkommen untereinander oder generationsübergreifend. Somit muss als Konsequenz eine Wohnform geschaffen werden, welche ein nachbarschaftliches Miteinander aktiv fördert. Ebenso ist zu erkennen, dass ein Anstieg der Unzufriedenheit mit dem eigenen zu Hause in Abhängigkeit mit der Ortsgröße gesetzt werden kann. Während in Großstädten rund jeder zehnte seine derzeitige Situation verbessern möchte, spielt in Kleinstädten nur ein Prozent mit dem Gedanken eines Umzuges.6 Dabei sprechen sowohl Push-, als auch Pull-Faktoren für den ländlichen Raum. Der größte Vorteil der dicht bebauten Stadt entfällt, da das Arbeiten nun auch von Zuhause ermöglicht wird. Gleichzeitig bietet das Land Vorteile wie günstigere und größere Grundstücke sowie die Natur als Freizeit- und Erholungsort. Das Bewusstsein für die Qualitäten des Lebens auf dem Land wurde geweckt und somit der Prozess der Dezentralisierung beschleunigt. Dabei stehen vor allem ländliche Regionen mit einer guten Anbindung an die Stadt im Vordergrund7, sodass kein Verzicht auf die Vorteile der städtischen Lebens wie deren Kultureinrichtungen stattfinden muss. Der Wandel des Wohnens hatte bereits begonnen und wurde nun verstärkt. Im eigenen Zuhause werden Arbeitsräume notwendig, der eigene Rückzugsort im Grünen wird zu schätzen gelernt und kleinteilige Gemeinschaftsflächen werden erwünscht. Derartige Umbrüche führten bereits öfter in der Architektur zu radikalen Änderungen. So war auch das Bauhaus eine Reaktion auf die gesellschaftlichen Erfahrungen von Epidemien, mit den daraus folgenden Grundsätzen von Licht, Luft und Sonne.8 Genau diese Eigenschaften des Wohnens sind heute immer noch, beziehungsweise wieder aktuell. Womit die damaligen Visionen Mies van der Rohes in der heutigen Zeit an Relevanz gewinnen.

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Entwurf | Heutige Relevanz der Hofhäuser

Funktionen des Zuhauses


Entwurf | Heutige Relevanz der Hofhäuser

1

Vgl. ttt - titel, thesen, temperamente - Die Zukunft unserer Städte (2020): [Fernsehsendung]. Das Erste. Sonntag, 17. Mai 2020. 23:05 Uhr (05:59). URL: https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/videos/architektur-video-100.html [Stand: 02.08.2020], (01:34).

2

Vgl. After Corona Club - Niklas Maak: Corona-Krise wird die Architektur verändern (2020): [Fernsehsendung]. NDR Fernsehen. Montag, 27. April 2020. 23:30 - 23:50 Uhr (20:00). Redaktion: Christoph Bungartz, Christian Kossin und Annette Plomin. URL: https://www.ndr.de/fernsehen/After-Corona-Club-mit-Niklas-Maak,sendung1038242.html [Stand: 02.08.2020], (05:50).

3

Vgl. Lembke, Judith und Ochs, Birgit (2020): Deutschland in der Pandemie. Acht Thesen, wie

sich das Stadtleben verändern wird. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, aktualisiert am 26.04.2020. URL: https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wohnen/wie-sich-stadtleben-und-wohnen-durch-diecorona-krise-veraendern-16739891.html [Stand: 02.08.2020] 4

Vgl. ttt - titel, thesen, temperamente 2020, (03:14).

5

Vgl. Vonovia (2020): Studie. Großteil der Menschen fühlt sich zuhause wohl – auch in der

Corona-Krise. URL: https://www.vonovia.de/de-de/ueber-vonovia/presse/pressemitteilungen/200529-studiegrossteil-der-menschen-fuehlt-sich-weiter-wohl-zuhause [Stand 02.08.2020] 6

Vgl. Vonovia 2020.

7

Vgl. After Corona Club 2020, (16:11).

8

Vgl. After Corona Club 2020, (01:56).

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Entwurf | Örtliche Gegebenheiten

Örtliche Gegebenheiten

Einen idealen Standort für den zu erwartenden Dezentralisierungs-Prozess bietet die Stadt Steinfurt mit dem Ortsteil Borghorst. Aufgrund der Nähe von 25 Kilometern und der guten ÖPNV-Anbindung an die Stadt Münster, erkennen besonders junge Familien die Qualitäten des ländlichen Raumes. Dadurch wächst der Anteil der unter 39 jährigen an den 19.500 Einwohnern stetig an, während die Einwohnerzahlen der über 40 Jährigen unverändert bleiben.1 Das für neue Wohnformen beispielhaft gewählte Grundstück liegt nordöstlich des historischen Zentrums von Borghorst. Mit einer Fläche von knapp 90.000 m² erstreckt sich das Grundstück im Norden entlang der Emsdettener Straße, welche die Hauptverkehrsachse zu der nächstgelegenen Stadt darstellt. Ein weiterer Ausbau der Straße ist östlich des Grundstückes bis in das Ortszentrum Borghorsts geplant, wodurch die im Osten und Süden liegenden landwirtschaftlich genutzten Flächen sowie die Bauernhofstrukturen jedoch nicht beeinträchtigt werden. Besonders diese prägen den ländlichen Charakter der zur Bebauung ausgeschriebenen Fläche. Nach Westen grenzt das Grundstück an die bereits bestehende Wohnbebauung an. Diese zeichnet sich durch ausschließlich freistehende und zweigeschossige, optisch aber heterogene Einfamilienhäuser aus, welche sich mit großen Gärten einander zuwenden. Zudem befinden sich in unmittelbarer Nähe ein Kindergarten sowie eine Grundschule, sodass Teile der erforderlichen Infrastruktureinrichtungen für das zukünftig bebaute Grundstück vorhanden sind.


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Entwurf | Örtliche Gegebenheiten

Bereits seit zehn Jahren existiert für die sich im Außenbereich der Stadt Steinfurt befindenden Fläche ein Bebauungsplan, dessen Festlegungen in der Nutzung als Wohngebiet und der Zweigeschossigkeit, in Anlehnung an die bereits existierende Bebauung, Gültigkeit behalten. Die damals vorgesehene Anordnung der Wohnhäuser, sowie die einseitige Struktur des Einfamilienhauses, dürfen sich jedoch auch aus städtebaulicher Sicht der heutigen Situation anpassen. Besonders für die zunehmende Zahl an Pendlern2 können durch geeigneten Wohnungsbau Anreize geschaffen werden den jeweiligen Wohn- oder Arbeitsort nach Borghorst zu verlagern. Während auf Einpendler qualitative Wohnbebauung eine überzeugende Wirkung haben kann, sollten sich für die Auspendler neue Möglichkeiten im Bereich des Home-Office ergeben. Gleichzeitig muss die Wohnbebauung an die bevorstehende Bevölkerungsstruktur angepasst werden. Es gilt sowohl dem Zuzug von Familien durch Einfamilienhäuser gerecht zu werden, als auch Einzelwohnungen zu schaffen. Dies begründet sich in einer Prognose die zeigt, dass der demographische Wandel auch in Borghorst erkennbar werden wird. Bis zu dem Jahr 2040 wird es in der Stadt Steinfurt zu einem Anstieg von 62,3 % in der Bevölkerungsgruppe der über 80 Jährigen kommen.3 Da bereits heute rund die Hälfte der Bevölkerung alleinstehend ist4, muss mithilfe von gemeinschaftsfördernder Wohnbebauung eine Vereinsamung der älteren Generation, wie sie in vielen Städten bereits vorkommt, verhindert werden. Aus diesem Grund stehen Orte der Begegnung, welche sich in den Alltag der Bewohner integrieren im Vordergrund eines nachhaltigen Entwurfes.

1

Vgl. Kreisstadt Steinfurt (2020): Einwohnerstatistik. 31.12.2019. URL: https://www.steinfurt.de/city_info/display/dokument/show.cfm?region_id=125&id=402016 [Stand: 07.07.2020]

2

Vgl. Kreis Steinfurt (2017): Zahlen|Daten|Fakten. Statistiken rund um den Kreis. Berufspendler. URL: https://www.kreis-steinfurt.de/kv_steinfurt/Ressourcen/Statistik/Berufspendler.pdf [Stand: 02.08.2020]

3

Vgl. Kreis Steinfurt (2017): Zahlen|Daten|Fakten. Statistiken rund um den Kreis. Bevölkerungs-

prognose. URL: https://www.kreis-steinfurt.de/kv_steinfurt/Ressourcen/Statistik/Bev%C3%B6lkerungsprog nose.pdf [Stand: 02.08.2020] 4

Vgl. Kreisstadt Steinfurt 2020.


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Entwurf | Örtliche Gegebenheiten

Photographie des Grundstückes


Entwurf | Örtliche Gegebenheiten

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Schwarzplan Borghorst | 1:25000


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Entwurf | Städtebauliche Anordnung

Städtebauliche Anordnung

Die Stadt Steinfurt plant eine baldige Umsetzung der seit Jahren vorgesehenen Bebauung des Frahlingskamps. Aus diesem Grund wurde der veraltete Bebauungsplan überarbeitet und die Fläche für verschiedene Wohnformen gegliedert. Die entwickelten Flurstücke und die neue Verkehrsplanung lassen eine zeitgemäße Anwendung der Hofhausstruktur zu. Die Aspekte von Gemeinschaft und Privatsphäre bilden die Grundlage für den städtebaulichen Entwurf. Zwei Wohnhaustypen mit den Schwerpunkten Familie, Arbeiten, Alleinstehende und Wohnen im Alter werden innerhalb einer Wohnstruktur vereint. In Analogie zu Mies‘ „Gruppe von Hofhäusern“ bilden die Gebäudekörper der Ein- und Mehrfamilienhäuser ein Vielfaches voneinander, wodurch sie sich auf unterschiedliche Weise zu zusammenhängenden Wohnanlagen anordnen lassen (s.S.148). Die daraus hervorgehende Blockstruktur stellt jedoch keine geeignete Form des gemeinschaftlichen Wohnens dar, stattdessen werden die Gebäude in Ihrer Gruppierung aufgelockert und um einen zentral liegenden Gemeinschaftshof ergänzt. Mit ihrer Erschließungsseite richten sich die Gebäude zu diesem aus, sodass der Hof in den Alltag der Bewohner einbezogen wird und als Begegnungsort fungiert. Es entsteht somit eine Hofgemeinschaft, die in ihrem Aufbau Parallelen zu den umliegenden Bauernhofstrukturen zeigt.


Entwurf | Städtebauliche Anordnung

Die Mehrfamilienhäuser begrenzen die Hofgemeinschaft zu der umliegenden Bebauung im Norden und Westen, während sich die Einfamilienhäuser zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen im Süden orientieren. Die Ausrichtung der Gebäude mit den südlich oder westlich gelegenen Gärten erzeugt im Zusammenhang mit der Rotation der Baukörper entlang der Grundstücksgrenzen einen trapezförmigen Platz innerhalb der Hofsituation. Mögliche Nutzungen für den mittig gelegenen Gemeinschaftshof richten sich nach den Interessen der Anwohner. Denkbar sind Spielplätze, Sportflächen, oder Gemeinschaftsgärten mit Hochbeeten als Orte der Begegnung, sodass allen Anwohnern ein Aufenthaltsort außerhalb ihrer privaten Bereiche geboten wird. Der starke Kontrast zwischen den ummauerten Gebäuden und der großzügigen freinutzbaren Fläche bewirkt bei den Bewohnern eine bewusste Entscheidung zur aktiven Nutzung des öffentlichen Raumes oder dem Rückzug in den privaten Bereich. Die Gegensätzlichkeit der beiden Räume wird durch einen fließenden Übergang gemindert. Die Grundstücksflächen der Wohnhäuser enden nicht mit der Umschließungsmauer der Gebäude, sondern führen in den öffentlichen Bereich hinein. Mit dem so entstehenden Zwischenraum geht neben dem funktionalen Aspekt der Pkw-Stellplätze entlang der Mauern, auch ein sozialer Aspekt einher. Denn durch die ineinander übergehenden Zonen trägt jeder Bewohner Verantwortung für einen Teil des öffentlichen Bereiches, sodass dessen Mitwirken an dem Gemeinschaftsraum gefördert wird. Der beschriebene Aufbau der Hofgruppe lässt sich entlang der Fläche am östlichen Rand des Grundstückes bis zu der bestehenden Wohnbebauung erweitern. In diesem Bereich werden zwei weitere Hofgruppen ermöglicht, welche von einem mit Grünflächen begleiteten Fuß- und Radweg durchzogen werden. Dadurch erfolgt eine Anbindung der Hofgruppen an die Landschaft sowie eine Verbindung der drei Höfe untereinander. Die Gemeinschaftsbereiche erweitern sich somit schrittweise von der Haus-, zu der Hof-, bis zu der Wohngebietsgemeinschaft.

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Entwurf | Städtebauliche Anordnung

Konzept Hofgemeinschaft


Entwurf | Städtebauliche Anordnung

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Schwarzplan | 1:5000


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Entwurf | Städtebauliche Anordnung


Entwurf | Städtebauliche Anordnung

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Lageplan | 1:1250


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Entwurf | Städtebauliche Anordnung

Isometrie der Wohnanlage


Entwurf | Städtebauliche Anordnung

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Perspektive Gemeinschaftsfläche


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Entwurf | Einfamilienhaus

Einfamilienhaus

Als Grundlage für den Entwurf der Wohngebäude wird die Zeichnung „Haus mit drei Höfen“ verwendet. Anhand dieser wird untersucht, inwiefern die Entwürfe Mies‘ die Bedingungen, welche an das heutigen Wohnen gestellt werden aufnehmen können. Die gewählte Zeichnung eignet sich besonders gut als Ausgangspunkt für den Entwurf, da sie alle wesentlichen Merkmale des HofhausGedankens beinhaltet. Prägende Eigenschaften, wie die Umschließungsmauer, die großflächige Verglasung zu den Höfen und die raumbildendenden Wandscheiben können übernommen werden. Ebenso wird auch der, durch die drei Höfe entstehende, typische T-förmige Aufbau des Mies‘schen Entwurfes aufgegriffen. Diese und weitere Eigenschaften müssen dabei an die Gegebenheiten des Grundstücks in Steinfurt angepasst werden. Für die Bebauung des Frahlingskamp ist eine ortstypische, zweigeschossige Bauweise festgelegt, wodurch zu ermitteln ist, wie die Strukturen Mies‘ flacher Hofhäuser innerhalb des nun notwendigen Obergeschosses wiederkehren können. Der transparente Baukörper des Erdgeschosses wird von der Umschließungsmauer umhüllt und grenzt sich so zu der Umgebung ab. Mit Ausnahme des Eingangsbereiches richten sich alle Öffnungen sowie die großflächige Verglasung ausschließlich zu den Höfen. In Analogie dazu steht auch das Obergeschoss. Während die Form des Erdgeschosses übernommen wird, bildet sich die blickdichte Hülle auf eine andere Weise aus. Die weiterhin auf der Umschließungsmauer aufliegende De-


Entwurf | Einfamilienhaus

ckenplatte vereint sich mit den geschlossenen Außenseiten des Obergeschosses sowie dem Dach und erzeugt dadurch eine erneute rechteckige Umfassung. Diese schützt die Privatsphäre der Bewohner und rahmt die Fensterflächen des Obergeschosses ein. Als eine weitere Veränderung des Ursprungsentwurfes folgt aus der Zweigeschossigkeit eine geringere Grundfläche. Damit kann das „Haus mit drei Höfen“ in seiner Grundstücksgröße reduziert werden und den Vorgaben der Baufelder des Bebauungsplans gerecht werden. Auch der Innenraum des Einfamilienhauses ist entsprechend der Hofhäuser Mies‘ aufgebaut, die Proportionen und Raumverhältnisse bedingen sich aus dem Goldenen Schnitt (s.S.158). Aufgrund der zu schützenden Privatsphäre, auch innerhalb der Außenanlagen, kann das Einfamilienhaus nicht wie das „Haus mit drei Höfen“ über den Gartenhof erschlossen werden. Aus diesem Grund wird das Projekt „Haus mit Garage“ in den Entwurf einbezogen. Die zurückliegende Eingangssituation bildet einen privaten Raum aus und ermöglicht einen separaten Zugang des Gartenhofes sowie eine vollständige Verglasung des Eingangsbereiches. Des Weiteren werden die den Eingangsbereich bildenden Wandscheiben, der beiden Entwürfe Mies‘, zu einer T-Struktur vereint. Während die parallel zur Außenmauer verlaufende Wandscheibe von außen einfallende Blicke abschirmt und in den von Licht durchfluteten Wohnbereich leitet, übernimmt die dahinterliegende Wandscheibe die Funktion der räumlichen Begrenzung. Angeordnet im Verhältnis des Goldenen Schnittes verdeutlicht diese den Zusammenhang von Wohnbereich und Gartenhof und stellt einen Fluss von Innen- und Außenraum her. Verstärkt wird dieser Fluss durch die in weiten Teilen zu öffnende verglaste Fassade, sodass die Natur in das Gebäude einfließen kann. Zum Ende der Wandscheibe geht der Wohnbereich in den Essbereich über. Dieser wendet sich offen den umliegenden Raumbereichen zu, zoniert sich aber dennoch über verschiedene architektonische Elemente. Der Essbereich als Ort der Zusammenkunft innerhalb der Familie wird durch einen Luftraum akzentuiert und dadurch die Auflösung der Raumgrenzen, die Mies‘ verfolgte, in die vertikale Ebene fortgesetzt (s.S.174f). Wie in den Zeichnungen Mies‘ befindet sich auch bei diesem Entwurf der Essbereich in einer Nische, welche jedoch durch die großzügige Verglasung wesentlich freier interpretiert wird. In seiner Lage zwischen den beiden Höfen gelangt ein Maximum an Licht in den Be-

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Entwurf | Einfamilienhaus

reich, wodurch die Wahrnehmung vermittelt wird sich im Außenbereich der Anlage aufzuhalten. Gleichzeitig verbinden die Höfe die umliegenden Aufenthaltsräume miteinander. Durchblicke von Küche zu Essbereich werden über den kleinen Hof, der in seiner Lage als Kräutergarten fungieren kann, ermöglicht, sodass ein optischer Zusammenhang der Bereiche entsteht. Währenddessen werden Einblicke in den im Obergeschoss liegenden Schlafbereich durch eine Wandscheibe verhindert. Der Zugang zu dem bepflanzten Hof ist aus dem Küchenbereich möglich, welcher sich entlang einer frei im Raum angeordneten Wandscheibe erstreckt. Auf der anderen Seite dieser Wandscheibe befindet sich der Arbeitsbereich. Durch seine Ausrichtung zu dem großzügig angelegten Wirtschaftshof wird ein Arbeiten frei von äußeren Einflüssen ermöglicht. Zusätzlich kann der Bereich mithilfe von Schiebetüren, nach individuellem Bedarf, zu der Raumfolge zugeschaltet werden oder sich von dieser separieren, sodass die offene Raumform in einem ständigen Wandel steht. Gleichermaßen kann sich auch der zentral gelegene Treppenbereich unterschiedlich zu den umliegenden Bereichen ausbilden. Es besteht die Möglichkeit die angrenzenden Räume, welche über mehrere Wege erschlossen werden können, durch Schiebetüren von der Treppe abzugrenzen. Damit wird aus jedem der Bereiche die Erschließung des Obergeschosses ermöglicht, ohne Einblicke in weiteren Zonen zu erhalten oder diese zu durchqueren. Die Raumbereiche des Obergeschosses werden ebenfalls ausschließlich durch Wandscheiben gebildet. Dabei wird die Anordnung der Scheiben aus dem Erdgeschoss übernommen und um weitere Elemente in deren Fluchtlinien ergänzt (s.S.159). Die daraus hervorgehenden Raumbereiche lassen durch die Mehrzahl an Wandscheiben weniger eine Raumfolge untereinander zu, stattdessen öffnen sie sich mit großen Durchgängen zu dem Treppenbereich, sodass dieser als Knotenpunkt fungiert. Eine indirekte Belichtung erfährt der Erschließungsbereich über die als offener Arbeitsbereich nutzbare Galerie. Zusammen mit zwei weiteren Räumen, die den Bewohnern in ihrer Verwendung frei zur Verfügung stehen, orientiert sich der Bereich zu dem Gartenhof. Verbunden werden die identisch ausgerichteten Raumzonen mit einer über die gesamte Breite der Anlage verlaufende Terrasse. Diese ist durch große verschiebbare Glaselemente begehbar und erzeugt im Zusammenspiel mit der Einfassung von Wand- und Deckenelementen einen fließenden


Entwurf | Einfamilienhaus

Übergang von Innen- und Außenraum. Der entstandene Rahmen bildet dabei die Aufenthaltsfläche aus und schützt die vollständig verglasten Raumbereiche der beiden Geschosse vor direkt einfallendem Sonnenlicht. Des Weiteren befinden sich in Anbindung an den Wirtschaftshof zwei Badezimmer von denen eines ausschließlich über den Schlafbereich erschließbar ist. Um die Eigenständigkeit der sich in Abhängigkeit befindenden Raumzonen hervorzuheben, richtet sich der Schlafbereich mit großen Schiebefenstern zu dem entgegengesetzten Pflanzenhof. Die daraus resultierende geschlossene Fassade des Wirtschaftshofes unterstützt die Abgrenzung des gesamten Gebäudes zu der Umgebung. Aus Sicht des öffentlich nutzbaren Raumes erscheint dadurch die Ansicht der Erschließungsseite geschlossen und rückt die einzige Öffnung des zurückliegenden Eingangsbereiches in den Fokus. Der hohe Stellenwert der Privatsphäre bleibt dadurch gewahrt.

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Entwurf | Einfamilienhaus

Geometrischer Aufbau Haus mit drei Höfen

Geometrischer Aufbau des Einfamilienhauses


Entwurf | Einfamilienhaus

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Wandscheiben Erdgeschoss

Fluchtlinien der Wandscheiben Obergeschoss


160

Entwurf | Einfamilienhaus

Innenräume

Fließen nach Außen


Entwurf | Einfamilienhaus

161

Grundrissvariante Erdgeschoss | 1:250

Grundrissvariante Schwerpunkt Arbeit Obergeschoss | 1:250


162

Entwurf | Einfamilienhaus

Grundriss Erdgeschoss | 1:200


163

Entwurf | Einfamilienhaus

Vectorworks Educational Version

Vectorworks Educational Version

Grundriss Obergeschoss | 1:200


164

Entwurf | Einfamilienhaus

Schnitt | 1:200


Entwurf | Einfamilienhaus

165

Schnitte | 1:200


166

Entwurf | Einfamilienhaus

Ansichten | 1:200


Entwurf | Einfamilienhaus

167

Ansichten | 1:200


168

Entwurf | Einfamilienhaus


Entwurf | Einfamilienhaus

169

Detail Fassadenschnitt | 1:40


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Entwurf | Einfamilienhaus

Isometrie Gartenhof


Entwurf | Einfamilienhaus

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Isometrie hofbildende T-Struktur


172

Entwurf | Einfamilienhaus

Perspektive Gartenhof


Entwurf | Einfamilienhaus

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Perspektive Küchenbereich


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Entwurf | Einfamilienhaus


Entwurf | Einfamilienhaus

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Perspektive Galerie


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Entwurf | Mehrfamilienhaus

Mehrfamilienhaus

Mehrfamilienhäuser gelten oft als eine Aneinanderreihung von standardisierten Wohnungstypen, die wenig individuelle Gestaltungsmöglichkeiten zulassen. Es entsteht ein anonymes Nebeneinander der Bewohner, sodass eine Vereinsamung besonders von älteren Menschen verursacht wird. Dieser zunehmenden Entwicklung wird nun eine gemeinschaftsfördernde Wohnbebauung entgegengestellt. Die einzelnen Wohnungen sollen lediglich einen Rückzugsort in dem gemeinschaftlich genutzten Gebäude darstellen. Aus diesem Grund werden sechs auf ein Minimum reduzierte Wohnmodule um zwei großzügige Gemeinschaftsbereiche ergänzt. Der dabei entstehende T-förmige Baukörper gereift die Form des „Haus mit drei Höfen“ auf und bildet im Zusammenhang mit den Einfamilienhäusern ein homogenes Wohnkonzept. Die für das Mehrfamilienhaus verwendeten Wohnmodule setzen die Qualitäten der Hofhäuser auf einer vergleichsweise geringen Fläche von 50 m² um. Durch die Anordnung von Wandscheiben im Verhältnis des Goldenen Schnittes wird eine Vielzahl an ineinander übergehenden Raumzonen erschaffen (s.S.180). Während der Großteil an Wandscheiben zu der verglasten Fassade in den Außenbereich leitet, stellt sich die Wandscheibe des Eingangsbereiches orthogonal dagegen. Die Eingangssituation des Einfamilienhauses wird dadurch aufgegriffen und es geht eine frei im Raum verordnete T-Struktur hervor, welche gleich drei Raumbereiche ausbildet.


Entwurf | Mehrfamilienhaus

Der stark durch die Wandscheibe und den Badbereich begrenzte Eingangsbereich nimmt nur wenig Bezug zu den umliegenden Raumzonen auf. Er bildet einen eigenständigen Raum des Ankommens, welcher die weiteren Raumbereiche verdeckt, aber dennoch eine Anbindung an diese ermöglicht. Die dahinterliegenden Bereiche von Küche und Arbeit spannen sich entlang der, den Stamm der T-Struktur bildenden, Wandscheibe auf. Die gegenüberliegenden Areale sind untereinander nicht einsehbar, werden aber über den Wohnbereich verbunden. Dieser befindet sich mit Zugang zu dem Außenraum an der verglasten Fassade und bildet den Abschluss der zum Licht immer größer werdenden Raumbereiche. Eine weitere Wandscheibe erzeugt einen ständigen Sichtschutz zu dem Schlafbereich. Schiebetüren können diese Abtrennung zusätzlich hervorheben oder den Bereich zu der Raumfolge ergänzen. Dadurch kann der Wohnbereich über die gesamte verglaste Fassade erweitert werden. Jedes Wohnmodul richtet sich mit den verglasten Flächen zu dem Gartenhof. Damit erhalten die Wohnungen des Erdgeschosses eine direkte Anbindung an die Grünfläche und die Wohnungen des Obergeschosses eine private Terrasse. Die weiteren Höfe stehen der Gemeinschaft zur Verfügung. Der größere und begrünte Hof ist aus dem Gemeinschaftsraum des Erdgeschosses begehbar, während der kleinere als Funktionshof aus dem Eingangsbereich des Gebäudes erschlossen werden kann. Ebenfalls wird aus dem Eingangsbereich der direkte Zugang zu den Wohnungen ermöglicht, ohne die Gemeinschaftsbereiche zu durchqueren. Eine Wandscheibe trennt die privaten Bereiche von den gemeinschaftlich genutzten Flächen. Der entstehende Flur wird durch die großflächige Verglasung zu dem Gemeinschaftshof belichtet, sodass die Wirkung eines sich im Außenbereich befindenden Laubenganges erzeugt wird. Gleichermaßen leitet die schützende Wandscheibe zu den Gemeinschaftsräumen, welche aus Sicht des Eingangsbereiches in den Vordergrund treten. Als eigenständiger Gebäudeteil stoßen die Gemeinschaftsbereiche in den geradlinigen Baukörper der Wohnungen hinein. Die transparente Hülle der Bereiche setzt sich in das Innere des Hauses fort, wodurch Einblicke in die gemeinschaftlich genutzten Flächen bereits beim Eintreten in das Gebäude möglich werden (s.S.191). Die Gemeinschaft als grundlegende und zentrale Anforderung ist damit zu jeder Zeit gegenwärtig.

177


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Entwurf | Mehrfamilienhaus

Die Eingänge zu den Gemeinschaftsbereichen sind so gewählt, dass ein Durchschreiten weiterer Raumzonen nicht notwendig ist und vorherrschende Emissionen wie Lärm keine Störfaktoren für die Wohnungen darstellen. Aufgrund der Barrierefreiheit für ältere Bewohner befindet sich in dem Erdgeschoss der Gemeinschaftsraum mit Küche. Durch die zusätzliche Anbindung an den Hof entsteht ein vielseitig nutzbarer Raum für die Bewohner selbst sowie für Besucher. Der Gemeinschaftsraum im Obergeschoss ist über die geradlinig nach oben führende Treppe zu erreichen. Dieser stellt natürlich belichtete Arbeitsbereiche für separiertes oder gemeinschaftliches Arbeiten zur Verfügung. Für Berufstätige, die auch im Home-Office beschäftigt sind, bietet der Raum einen Ort für konzentriertes Arbeiten innerhalb des eigenen Zuhauses, aber außerhalb der privaten Umgebung. Das Mehrfamilienhaus ist wegen seiner Offenheit nach Außen, aber auch aufgrund der Durchblicke innerhalb des Gebäudes als transparentes Bauwerk zu sehen. Es erschafft einen fließenden Übergang zwischen den Bereichen und betont die gemeinschaftliche Nutzung.


Entwurf | Mehrfamilienhaus

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Isometrie Wohnmodul


180

Entwurf | Mehrfamilienhaus

Geometrischer Aufbau Wohnmodul

Grundriss Wohnmodul | 1:150


Entwurf | Mehrfamilienhaus

181

Gemeinschaftsbereiche

private Wohnbereiche


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Entwurf | Mehrfamilienhaus

Grundriss Erdgeschoss | 1:250


Entwurf | Mehrfamilienhaus

183

Grundriss Obergeschoss | 1:250


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Entwurf | Mehrfamilienhaus

Schnitt | 1:250


Entwurf | Mehrfamilienhaus

185

Schnitte | 1:250


186

Entwurf | Mehrfamilienhaus

Ansichten | 1:250


Entwurf | Mehrfamilienhaus

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Ansichten | 1:250


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Entwurf | Mehrfamilienhaus

Isometrie Gartenhof


Entwurf | Mehrfamilienhaus

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Isometrie hofbildende T-Struktur


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Entwurf | Mehrfamilienhaus

Perspektive Gartenhof


Entwurf | Mehrfamilienhaus

191

Perspektive Eingangsbereich


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Entwurf | Mehrfamilienhaus

Perspektive Gemeinschaftsbereich


Entwurf | Mehrfamilienhaus

193

Perspektive Wohnung


194

Anhang


195


196

Bildverweise

Bildverweise


Bildverweise

197

Querschnitt der Barcelona-Stütze

Verglasung Haus Tugendhat


198

Bildverweise

Vorentwurf Ansichten Haus Hubbe

Entwurf Haus Hubbe mit Oberlicht


Bildverweise

199

Vorentwurf Haus mit zwei Höfen

Vorentwurf Haus mit zwei Höfen


200

Bildverweise

Grundriss Haus Tugendhat

Ansicht Haus Tugendhat


Bildverweise

201

Grundriss Haus Ulrich Lange

Ansichten Haus Ulrich Lange


202

Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

206

Abbildungsverzeichnis

10

Foto: Wolsdorff, Christian (1986): Der vorbildliche Architekt. Mies

van der Rohes Architekturunterricht 1930-1958 am Bauhaus und in Chicago. Herausgeber: Bauhaus-Archiv. Berlin: Nicolai, S.50. 11

Foto: Archive of Affinities (2011): Mies van der Rohe, Group of

Three Court Houses, Project, 1938. URL: https://archiveofaffinities.tumblr.com/post/14571923635/ mies-van-der-rohe-group-of-three-court-houses [Stand: 10.05.2020] 15

Foto: Archive of Affinities (2012): Mies van der Rohe, Group of

Three Court Houses, Model, 1931-1940. URL: https://archiveofaffinities.tumblr.com/post/25869975437/ mies-van-der-rohe-group-of-three-court-houses [Stand: 10.05.2020] 18, 19, 22, 40, 62, 74, 125, 198, 199, 200, 201 Zeichnung: Museum of Modern Art: Artists Rights Society (ARS), New York / VG Bild-Kunst, Bonn, 2020 URL: https://www.moma.org/collection/works?classifications=18 &date_begin=Pre-1850&date_end=2020&include_uncataloged_ works=1&locale=es&q=&utf8=%E2%9C%93 [Stand: 10.05.2020]


207

Abbildungsverzeichnis

97

Zeichnung: Riley, Terence und Bergdoll, Barry (2002): Mies in

Berlin. Ludwig Mies van der Rohe. Die Berliner Jahre 1907-1938. Deutsche Ausgabe zur englischen Originalausgabe 2001. München: Prestel Verlag, S.295. Aus: Canadian Centre for Architecture, Montreal. 98

Zeichnung: Tegethoff, Wolf (1981): Die Villen und Landhauspro-

jekte von Mies van der Rohe. Bonn: Bacht Verlag Essen, S.124. 197

Zeichnung: Blaser, Werner (1973): Mies van der Rohe. 2. Auflage der Neubearbeitete Ausgabe von 1965. Zürich: Verlag für Architektur Artemis. Studio Paperback, S.30.

197

Foto: Goldmann, Karina (2016): Villa Tugendhat in Brünn. In:

Kleinstadt Klischee. URL: http://www.kleinstadtklischee.at/2016/12/30/villa-tugendhat -in-bruenn/ [Stand: 06.07.2020]



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