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Strom am Strassenrand

Seit 2021 gibt es an zwei Stadtberner Adressen die Möglichkeit, Elektrofahrzeuge am Kandelaber der Strassenbeleuchtung zu laden. Das funktioniert und kann einen Teil der Energieversorgung von Elektroautos abdecken. Eine Umsetzung im grossen Stil ist aber nicht in Sicht.
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Der Begriff Laternenparker hat sich für Automobilisten ohne Garage oder privatem Standplatz etabliert. Mit der Umstellung zur Elektromobilität stellt sich nun die Frage, ob sie zu «Laternenladern» werden. Keine unbedeutende Frage, die einen grossen Teil der automobilen Bevölkerung betrifft, denn gerade in den Städten sind Einfamilienhausbesitzende mit eigener Ladestation (Wallbox) eine Minderheit. Da lag es für die Stadt Bern nahe, eine Idee aus dem Ausland aufzugreifen: Zum Zweck der Strassenbeleuchtung ist die Stadt ja schon engmaschig verkabelt, jetzt muss man diese Energie «nur noch» für die neuen, mobilen Stromverbrauch anzapfen.
Laden statt Strasse beleuchten Der Gedanke sei gut, sagt Daniel Hutter, Productmanager Mobilität bei Energie Wasser Bern (ewb), und die Laternenkandelaber liessen sich um oder aufrüsten. Für die zusätzliche Anwendung brauche es aber eine separate Leitung, einen Stromzähler und ein Fensterchen für den Zugang zur Ladeelektronik, im Fachjargon «Servicetüre» genannt. Warum Hutter dies so genau weiss? Weil das ewb dies mit zwei Ladestationen an den Strassenlaternen an der Thormannstrasse 62 und 64 (beim Tierpark Dälhölzli) sowie an der Huberstrasse 16 im HolligenQuartier bereits ausprobiert hat. Die Bilanz von zwei Jahren Versuchsbetrieb ist weitgehend positiv. Technisch funktioniert das System. Was zuerst nicht nach Wunsch lief, war das Parkierverhalten: Die Stadt beliess die Parkplätze zunächst in der Blauen Zone, mit der Folge, dass sie oft von Fahrzeugen ohne Ladebedarf belegt waren. Daher wurden die Signalisisierung und Markierung angepasst, sodass nur noch Steckerfahrezuge an den Teststandorten parkieren dürfen. Die Nutzung geschieht nun wie vorgesehen. Rund vier Stunden laden die Kunden im Durchschnitt ihr Auto. Geladen wird an den LaternenLadesäulen mit vergleichsweise niedriger Leistung von 3,7 kW. Damit «tankt» man pro Stunde etwa 15 bis 20 Kilometer Reichweite. Denkbar sei gemäss Daniel Hutter eine Erhöhung auf 11 kW. Dies soll mit einer anderen technischen Lösung umgesetzt werden, mit einer «AndockKonstruktion» anstelle der in den Kandelaber integrierten Technik. Ausserdem ist eine Bezahlung mittels RFIDKarte angedacht, heute müssen Kundinnen und Kunden die Bezahlung über die Plattform von Move Mobility abwickeln. Sie bezahlten dafür zunächst 21 Rappen pro Kilowattstunde, seit diem Jahr beträgt der Tarif 27 Rappen.
Ausbau gefordert
Es scheint also angerichtet für einen Ausbau der quasistädtischen Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum. Zumal die Förderung von «Elektroautos als Teil der Mobilität in Bern» Inhalt einer 2018 überwiesenen Stadtratsmotion ist. Darin wird die Regierung der Stadt Bern, der Gemeinderat, unter anderem aufgefordert, «Massnahmen und Vorgehen für den Ausbau der LadeInfrastruktur unter Einbezug von privaten und städtischen Stakeholdern in der Stadt Bern vorzuschlagen». Ein Bericht mit Antworten auf diese und weitere Anliegen ist verwaltungsintern in Vorbereitung und wird noch in diesem Jahr an die politischen Gremien weitergereicht.
Eine schwungvolle ElektroautoFörderung ist in der Stadt Bern allerdings kaum zu erwarten. Zwar räumte der Gemeinderat schon vor fünf Jahren in seiner Antwort auf die Motion die höhere Energieeffizienz von Elektrofahrzeugen und ihren Beitrag an einer Reduktion des Verbrauchs fossiler Treibstoffe ein. Fehlanreize bei der Förderung, die einen erhöhten Motorisierungsgrad zur Folge haben könnten, müssten aber «zwingend vermieden» werden. Schliesslich will man in der Stadt weg vom motorisierten Individualverkehr, egal mit welcher Antriebstechnik.
Potenzial scheint gering Von den technischen und örtlichen Begebenheiten her sind einem Ausbau des Laternenladens Grenzen gesetzt. Längst nicht alle der über 20 000 öffentlichen Leuchtpunkte der Stadt stehen als Stromspender am richtigen Ort, sprich unmittelbar an ein blaues oder weisses Parkfeld grenzend. Eine Bestandesaufnahme habe gezeigt, dass sich 200 bis 250 Kandelaber aufgrund ihrer Lage und der Dimensionierung der Anschlüsse überhaupt eignen würden. Diese gelte es in Zukunft anzugehen und einen Einbau einer Ladeinfrastruktur zu prüfen. Ausserdem sei es sinnvoll, bei anstehenden Tiefbauarbeiten stets zu prüfen, geeignete Kandelaber in diesem Rahmen umzurüsten, sagt ewb Productmanager Hutter. dan