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Ich muss auf meinen Körper hören
from SWISS GOLF 02-23 DE
by swissgolf.ch
Seit 2018 leidet die Walliser Golferin Tiffany Arafi an Multipler Sklerose. Für ihren Erfolg in einer Sportart, die sich auch therapeutisch auszahlt, ist dies jedoch kein Hindernis.
Die Karriere von Tiffany Arafi nahm im Dezember 2022 Fahrt auf, als die 23-Jährige sich in den Top 20 der Q-School der Ladies European Tour (LET) klassierte und somit ihre Karte auf dieser Tour erhielt. «Ursprünglich hatte ich mich für die Q-School 2022 angemeldet, um im Hinblick auf die Q-School 2023 möglichst viele Erfahrungen zu sammeln», erklärt sie. Die College-Golf-Saison war erst zur Hälfte abgelaufen, zudem hatte sie noch ihr Masterstudium an der Coastal Carolina University in South Carolina abzuschliessen. In Bezug auf den Wechsel ins Profilager war der Karriereplan von Tiffany Arafi eher auf die Wintersaison 2023/24 ausgerichtet. «Diese Q-School hat allerdings alles verändert. Mit der Qualifikation für die LET bot sich mir eine einzigartige Chance, meinen Traum zu verwirklichen. Diese Möglichkeit musste ich nutzen – nicht zuletzt auch, weil ich mein Masterstudium online abschliessen kann.»
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Anpassungsf Hig
Im Alltag verlangt das Fernstudium der Spielerin aus Crans-sur-Sierre dennoch einiges an Organisation ab. «Heute bin ich Profigolferin, das ist mein Beruf, also meine Priorität. Am Abend studiere ich; die drei Kurse, die ich noch absolvieren muss, habe ich auf drei statt auf ein einziges Semester verteilt.»
Tiffany Arafi ist Umstellungen und Anpassungen gewöhnt. Nach ihrer Kindheit und Jugend in einer Golferfamilie in Basel flog sie im Jahr 2017 nach Florida und schloss dort ihr letztes High-SchoolJahr am Sportgymnasium der Gary Gilchrist Golf Academy ab. «In den USA habe ich zahlreiche
Junioren-Turniere absolviert, die mir ein volles Stipendium für die Coastal Carolina University eingebracht haben», erzählt die Wahl-Walliserin. «Als ich noch in Basel wohnte, verbrachte ich jedes Wochenende in Crans-Montana, wo meine Eltern eine Wohnung hatten», erklärt sie in perfektem Französisch. «Jedes Mal, wenn ich danach aus den USA zurückkam, verbrachte ich meine ganze Zeit in CransMontana. Ausserdem wurde ich vom Golfclub Crans-sur-Sierre unterstützt, wo ich zu den Juniorinnen gehörte.»
«EIN RIESENSCHOCK»
Im Jahr 2018 veränderte sich alles im Leben von Tiffany Arafi. «Damals besuchte ich die High School in Orlando. Seit einer Woche hatte ich Schmerzen in einem Bein, und eines Morgens konnte ich einfach nicht mehr aufstehen. Meine Beine versagten und ich konnte nicht mehr gehen. Man brachte mich ins Spital, wo ich eine Reihe von Tests durchlief und die Diagnose Multiple Sklerose erhielt. Das war zunächst ein Riesenschock», erinnert sich Tiffany Arafi. «Inzwischen habe ich gelernt, mit dieser Krankheit zu leben. Meine Behandlung schlägt an, im Alltag macht sich die Krankheit nicht bemerkbar, meine letzte Krise ist Jahre her.»
Trotzdem muss die junge Frau auf der Hut sein. «Ich brauche mehr Erholung und mehr Schlaf als ein Durchschnittsmensch. Ich muss auf meinen Körper hören und mich vor allem zu nichts zwingen, wenn ich müde bin. Ansonsten kann es gefährlich werden. Für mich als Golfsportlerin bedeutet dies konkret, dass ich nicht mehr als drei Turniere hintereinander spielen kann. Das macht mein Körper noch mit. Ausserdem muss ich vorausplanen. Wenn ich mehrere Wochen unterwegs bin, muss ich sicherstellen, dass ich ausreichend Medikamente dabeihabe.»
Eine Positive Wirkung
Schlussendlich hat der Golfsport auch eine therapeutische Wirkung auf Tiffany Arafi. «Niemand hat mir jemals gesagt, dass ich diesen Sport unterlassen sollte. Man hat mir nur geraten, Marathons zu vermeiden», sagt sie mit einem Lächeln. «Auch auf professioneller Ebene schadet der Golfsport mir nicht, im Gegenteil. Es heisst, dass Stress und Multiple Sklerose sich nicht vertragen. Und meine Golfleidenschaft wirkt sich entspannend auf mich aus. Ich bin jemand, der es nicht lange in Innenräumen aushält. Je mehr frische Luft, desto besser für mich.»
Ausserdem sorgt dieser Sport für Hochgefühle bei der Siegerin der Swiss Golf Open Championship und der Swiss Golf National Championship 2022; nun hat sie ihre Karte für die Ladies European Tour erhalten und ihren Traum verwirklicht. «Das Jahr 2022 bleibt wirklich unvergesslich», merkt Arafi abschliessend an. Sie hofft nun, bei den Profis zu glänzen. •