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Massgefertigte Putter aus dem Wallis
from SWISS GOLF 01-22 DE
by swissgolf.ch
Ludovic Melly arbeitet als Herzchirurg in Belgien. Zusammen mit seinem Jugendfreund und Polymechaniker Jérôme Salamin verkauft er seit kurzem massgefertigte Putter. Swiss Golf sprach mit den beiden in der geschützten Werkstatt in Chippis, wo sie produziert werden.

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«Das fasziniert mich immer noch und immer wieder», sagt Ludovic Melly. Der 42-jährige Arzt beobachtet das Werkzeug, welches die Späne aus dem Alu-Block fliegen lässt. «Ein paar Tausend Bewegungen der Fräse sind insgesamt nötig, um aus dem Block den Putterkopf zu formen, aber das ist ja mein Kerngeschäft als Polymechaniker», ergänzt Jérôme Salamin im «Ateliers du Rhône». In der geschützten Werkstatt für Menschen mit verschiedenen Behinderungen arbeitet der Walliser seit gut sieben Jahren als Betreuer, schon die Lehre hatte er einst bei der Alusuisse in Chippis gemacht.
Die erste gemeinsame Erinnerung der beiden ist das Geigenspiel. «Damals waren wir etwa siebenjährig, später sind wir dann ganz oft zusammen auf den Ski gewesen», erzählt Melly, der schon mit 16 für ein Jahr in den USA zur Schule ging und als begeisterter Golfer nach Sierre zurückkehrte. Jérôme war ebenfalls schnell überzeugt. Gemeinsam spielten die Jugendfreunde «mittlerweile hunderte von Golfrunden an den verschiedensten Orten in Europa».
Melly lebt seit einigen Jahren in Belgien. Nach der Weiterbildung in der Schweiz ergab sich dort eine Job-Möglichkeit «zunächst für ein Jahr». Dann verliebte er sich in eine Orthopädin und gründete mit ihr eine Familie. «Obwohl ich in Belgien lebe, bin ich immer noch Mitglied im Golfclub Sierre und darf noch ab und zu bei den Midamateuren mitspielen», sagt der zweifache Vater und leitende
Herzchirurg an einer Uniklinik in Namur mit Handicap 7. Lustiges Detail: Salamin ist ebenfalls zweifacher Vater und auch mit einer Belgierin verheiratet. «Nur ist sie vorher hierhergezogen. Wir sind einfach geblieben. Mittlerweile haben sich unsere Frauen an unser spezielles Hobby mit den Puttern gewöhnt – auch, weil wir täglich miteinander telefonieren», lacht der Mechaniker auf eine entsprechende Frage.
OFFIZIELL VOM R&A ANERKANNT
«Dank der leichten Wölbung der Schlagfläche rollt der Ball mit mehr Spin und rutscht weniger. Das hilft sowohl dem Hobby-Golfer wie den Profis», ist der Tüftler nach intensiven Feldversuchen mit diversen Prototypen überzeugt. «Wir bieten auch eine gerade Schlagfläche an. Aber noch kein einziger Kunde wollte auf das spezielle Gefühl verzichten, wenn der Putter unabhängig von der Position der Schlagfläche immer am richtigen Tangentenpunkt auf den Ball trifft», ergänzt sein Freund und Geschäftspartner Melly. Trotz der präzisen «Massanfertigung» verkaufe man die neuen Putter für 349 Franken, erläutert CEO Melly auf eine entsprechende Frage. Vergangenen Sommer erhielt der neue Putter die offizielle Homologation der R&A in St Andrews, Schottland. «Das war für uns enorm wichtig; erstaunlich viele Kunden hatten schon gefragt, ob man mit dem Putter Turniere bestreiten darf, und wir sind sehr froh, dass es mit der dritten
Variante eines Modells innerhalb von sechs Monaten geklappt hat», sagt Melly nicht ohne Stolz. Man habe natürlich das dicke Buch der Standardvorgaben studiert und dabei noch vieles dazugelernt, ergänzt der Mediziner. So habe man zunächst nicht realisiert, dass die Seiten auch als «Spielflächen» interpretiert werden können. «Nun fräst die Maschine auf beiden Seiten zusätzlich kleine Fenster raus. Das sieht eleganter aus, gleichzeitig können wir so die Vorgaben der R&A erfüllen», erzählt er aus dem anspruchsvollen Mail- und Briefverkehr mit den zuständigen Stellen in St Andrews.
ALLE KOMBINATIONEN BESTELLT
«Wir sind schon daran, die Prototypen für die nächsten Modelle zu konzipieren. Neben dem klassischen Mallet wollen wir bald einen dünnen ‘Blade’ präsentieren», sagt Melly beim Gespräch während den Skiferien in seiner Heimat. Beim Skifahren habe man auch das Logo entwickelt. «Die ersten Entwürfe sind auf dem beschlagenen Gondelfenster entstanden.»
Zum Start in die erste ganze Saison können die Kundinnen und Kunden aus sieben Farben wählen. Zusammen mit den farbigen Griffen und den unterschiedlichen Schäften sind so schon jetzt unzählige individuelle Kombinationen möglich. Für einen jungen Fussballer beim FC Basel habe man den Griff und den Putterkopf in den Mannschaftsfarben kombiniert und dazu das Vereinslogo eingraviert.
«Schon in den ersten Monaten verkauften wir alle möglichen Kombinationen. Praktisch alle nutzten zudem die Gelegenheit, per Laser den Namen oder einen Spruch auf dem Putter eingravieren zu lassen», erzählt Salamin.
GROSSZÜGIGE GOLFER
Niklaus, ein motivierter Angestellter aus den Ateliers du Rhône, ist ebenfalls zufrieden. Aufgrund grosse Rückenprobleme kann er nur noch eingeschränkt arbeiten. Bei unserem Besuch befestigt er den neuen Alu-Block in der Halterung. Den gefrästen Putterkopf reinigt Niklaus zunächst mit Luftdruck, dann noch mit einem Tuch. «Für mich macht es keinen grossen Unterschied, ob ich ein Alu-Teil für einen Rollstuhl oder für einen Putter fräse», sagt er beim Besuch in der grossen Werkstatt. Diese wurde 1967 von der Alusuisse zur Integration ihrer verunfallten Arbeiter gegründet. Zusammen mit 30 anderen Männern arbeitet Niklaus in der Stiftung nach seinem Rhythmus. Die Kunden der geschützten Werkstatt sind die rund 20 Firmen, die regelmässig Alu-Teile anfertigen lassen. Golferinnen und Golfer können die Stiftung auf unkomplizierte Weise direkt unterstützen: Bei der Bestellung einfach das entsprechende Feld anklicken, schon sind 50 Franken gespendet. «Wir wollen die Arbeit von der Spende trennen, so können die Kundinnen und Kunden frei entscheiden. Erfreulicherweise sind schon viele in den ersten Monaten zu Spendern geworden. Sie können die Spenden übrigens sogar von den Steuern absetzen», ergänzt Salamin zum geglückten Start des 2-Mann-MiniUnternehmens der beiden Jugendfreunde. «Wer weiss, was einmal daraus wird? Wir machen Schritt für Schritt», sagt Herzchirurg und Hobby-Unternehmer Melly. •

Farbig und individuell sind die Produkte von myputter.ch Niklas arbeitet in der geschützten Werkstatt für die Golferinnen und Golfer.
Infos und Bestellungen unter www.myputter.ch
