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Tage VON Die VerrückTeN DaNNy WilleTT

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Masters sieger 2016

Zwölf Tage nach der geburt seines ersten Sohnes schaffte der engländer

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Danny Willett seinen grössten golferischen Triumph. a uch als MastersSieger wird er übrigens seinen Titel in crans- Montana verteidigen.

Petra Himmel

Birley Wood im Südosten von Sheffield ist nichts Besonderes. Ein Allerweltskurs, wie Grossbritannien unzählige hat. Seit dem 10. April allerdings unterscheidet ein wesentlicher Aspekt die Anlage von allen anderen: Ein Masters-Champion hat hier das Golfspiel gelernt. Danny Willett, der sich bei der 80. Masters als erster Europäer seit José Maria Olazábal im Jahr 1999 den wichtigsten MajorTitel des Jahres holte, ist einer jener Champions, die aus eher einfachen Verhältnissen stammen.

«Immer etwas arrogant»

Nein, dass ausgerechnet Danny, dessen Vater ein paar Trambahn-Stationen weiter als Vikar in der Kirche diente, einmal ein Grünes Jackett tragen würde, hätte hier niemand gedacht. «Er war kein bisschen wie ein junger Tiger Woods oder Rory McIlroy oder so», erinnert sich Head-Coach

Jonathan Pyle, der nach dem Sieg von Willett mit der britischen Zeitung The Guardian sprach. «Er war gut, aber nicht so gut.» Und: «Er war ein netter Kerl, aber immer etwas kokett, immer an der Grenze zur Arroganz.»

Aus dem Jungen, der gut Golf spielte, wurde ein Weltklasse-Amateur, der weiterzog in den Bondhay Club. Auch Bondhays Golflehrer

Justin Fores, der ebenfalls mit dem Guardian sprach, hat den jungen Mann noch gut vor Augen: «Irgendwann hatte er ein Handicap von +5, 2007 war er die Nummer 1 der AmateurWeltrangliste. Was ihn immer ausgezeichnet hat, ist der Glaube an sich selbst. Er war immer ein kleines bisschen arrogant. Er hat immer daran geglaubt, dass er gewinnen wird. 90 Prozent dieses Spiels finden eben wirklich im Kopf statt.»

Das perfekte Desaster

Wer wollte dies nach dem Ausgang des US Masters 2016 bestreiten? Dreissig Minuten im Verlauf der zweiten Hälfte der Finalrunde stellten die Verhältnisse auf den Kopf. Aus dem sicheren Sieger Jordan Spieth, der sich mit vier Birdies auf den Löchern sechs bis neun einen Vorsprung von fünf Schlägen erarbeitet hatte, wurde der grosse Verlierer. Nach zwei Bogeys an den Löchern zehn und elf war die Sicherheit des 22-Jährigen dahin. Zwei Bälle ins Wasser und ein Schlag in den Bunker am zwölften Loch im Amen Corner machten das Desaster perfekt. Als Spieth das Par-3Loch mit sieben Schlägen verliess, war seine Führung dahin und einer der grössten Einbrüche in der Masters-Geschichte geschehen. «Es waren die härtesten 30 Minuten in meiner Karriere. Ich hoffe, ich werde so etwas nie wieder erleben», lautete die bittere Bilanz des Texaners.

Zwei wesentliche Fehler waren dem Weltranglisten-Zweiten unterlaufen: Zum einen hatte er bei fünf Schlägen Vorsprung einen Gang zurückgeschaltet: «Dann denkt man natürlich, dass es eigentlich reicht, wenn man die rest- lichen Löcher in Par spielt. Man schwingt dann ein wenig konservativ, und dann trifft man die Bälle eben schlecht.»

Zum anderen hatte er am zwölften Loch die alte Weisheit des sechsfachen MastersChampions Jack Nicklaus nicht beherzigt. «An der 12 attackiert man nie die Fahne, egal, wo sie steht», hat Nicklaus immer wieder gepredigt. Der Schlag über den Bunker links ist die richtige Option, für die auch Caddie Michael Greller votierte. Spieth entschied sich im letzten Moment dagegen und wollte den Cut, einen Ball mit leichter Rechtskurve, Richtung Fahne schlagen. Eine fatale Entscheidung.

Ähnl Ich w I e vor 20 Jahren

Der Einbruch von Spieth wird ewig in einem Atemzug mit Greg Normans Niederlage von 1996 genannt werden. Damals führte der Australier vor der Schlussrunde mit sechs Schlägen und unterlag am Ende dem Engländer Nick Faldo, dem eine 67er-Runde gelang. «Alle sprachen über den Einbruch von Greg, aber ich musste natürlich auch erst einmal die 67 spielen», gab Faldo am Finalsonntag 2016 zu bedenken.

Auf den letzten 18 Löchern realisierte Willett fünf Birdies. Auch weil er kein Bogey notieren musste, siegte er schliesslich knapp vor seinem Landsmann.

«Andere Leute haben Angst. Man kann natürlich argumentieren, dass es einfach ist, ein Turnier zu gewinnen, wenn man jemand anderen einholen muss, aber er sieht genauso unbeeindruckt aus, wenn er führt», kommentierte sein Coach. Bei nochmals deutlich schwierigeren Bedingungen auf dem Augusta National gab sich Danny Willett ebenfalls keine Blösse. Er spielte neben Paul Casey als Einziger im Feld eine Finalrunde ohne Bogeys. Die fünf Birdies brachten ihn auf das Gesamtscore von bloss fünf unter Par für den Sieg. Zur Erinnerung: Jordan Spieth hatte ein Jahr zuvor mit 18 unter Par das Green Jacket geholt.

Seit Faldo mussten die Engländer genau 20 Jahre lang auf einen Sieg in Augusta warten. Für Danny Willett war es erst der zweite Start beim Masters. Mit dem Desaster von Jordan Spieth hatte er nichts zu tun. Um davon zu profitieren, musste der 28-Jährige allerdings die Nerven bewahren, als ihm bewusst wurde, dass er das Feld anführte. Das aber ist offenbar seine grosse Stärke. «Danny blüht in solchen Situationen geradezu auf», stellte sein Coach Mike Walker in einem Interview fest. Beim letztjährigen Omega European Masters in Crans-Montana führte er nach der zweiten Runde allein. Vor der Entscheidung musste er Matthew Fitzpatrick noch aufholen lassen.

Das Ba By kam zu früh «Das ist surreal, eine völlig verrückte Woche», sagte der Masters- Champion 2016 selbst. Tatsächlich kam der Erfolg Willetts in vielerlei Hinsicht überraschend. Noch im Jahr 2014 zählte der Engländer nicht einmal zu den Top 100 der Welt. Sein Spiel war durch wilde Drives nach rechts und links gekennzeichnet. Mit Mike Walker und seinem anderen Trainer Pete Cowen, der bereits zahlreiche Weltklassespieler betreut hat, löste er die Probleme. 2015 schloss er als Zweiter des Race to Dubai ab, und trotzdem zählte er in Augusta – anders als Rory McIlroy, Jordan Spieth oder Jason Day – nicht zu den Favoriten. Zudem befand sich auch sein Privatleben im Umbruch. Die Geburt seines ersten Sohnes war eigentlich für den Finalsonntag des US Masters angesetzt, weshalb Willett lange nicht an den Start beim Major-Turnier glaubte. Das Baby kam jedoch fast zwei Wochen zu früh zur Welt, und Willett war als 89. der letzte Spieler, der sich für das US Masters meldete. Einmal angekommen, nutzte er seine Chance eiskalt. Aus dem berühmten europäischen Masters-Sextett – Bernhard Langer, Seve Ballesteros, Sandy Lyle, Ian Woosnam, Nick Faldo und Jose Maria Olazabal – ist damit nun eine exklusive Siebener-Gruppe geworden.

Der r at von sI r ferguson Solch ein Masters-Sieg und der darauf folgende Trubel haben schon manchen Spieler in ein Formtief geworfen. Willett ist entschlossen, den nächsten Erfolg möglichst schnell folgen zu lassen. Auch deshalb, weil er noch bei der Siegesfeier am Finalsonntag von Sir Alex Ferguson, dem ehemaligen Coach von Manchester United, einen wichtigen Rat mit auf den Weg bekam: «Als ich bei Manchester United war, hatten wir uns nie darauf ausgeruht, was wir erreicht hatten. Wir schauten immer nach vorne. Sobald wir einen Pokal gewonnen hatten, war er vergessen. Am nächsten Morgen waren wir aufgewacht und arbeiteten hart daran, die nächste Trophäe zu gewinnen.»

Das gilt auch für den Fussballfan Willett. Trotz des riesigen Preisgeldes von 1,8 Millionen Dollar für den Masters-Sieg wird er weiterhin öfter in Europa als in den Staaten spielen. Für die Titelverteidigung beim Omega European Masters in Crans-Montana hat er bereits vor dem Masters mündlich zugesagt, nur zwei Tage nach dem grössten Triumph kam vom Management des Engländers auch die schriftliche Teilnahmebestätigung (siehe Interview mit Crans-Turnierdirektor Yves Mittaz).

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