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Curling und golf ist ideal

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Golf m arkt

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Als eine von ganz wenigen Curlerinnen der Welt erspielte sich Mirjam Ott zwei OlympiaMedaillen. Dazu kommen viele weitere Erfolge auf dem Eis, insbesondere der WM-Titel in Kanada vor vier Jahren. Beim Golfen hilft ihr zwar auch «das Gefühl», allerdings trainiert sie wenig, und entsprechend kümmert sie sich kaum um ihr Handicap.

Stefan Waldvogel

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Es gibt in der Schweiz gut zehnmal weniger Curler als Golfspieler. Trotzdem ist die Schweiz seit vielen Jahren immer wieder erfolgreich bei Europa- und Weltmeisterschaften, aber auch an Olympischen Spielen. Wie erklären Sie sich das?

Mirjam Ott: Das ist nicht einfach. Ich würde sagen, die Dichte und die Konkurrenz sind beim Golfen schon noch deutlich grösser. Curling ist zwar eine Sportart mit grosser Tradition, aber erst seit 1998 in Nagano olympisch.

Was hat sich dadurch geändert?

Viele neue Länder sind über die Jahre beim Curlingsport dazugekommen, beispielsweise Russland, aber auch asiatische Länder wie Japan, China oder Korea haben massiv investiert. Die Curlerinnen und Curler werden dort als Staatsprofis enorm gefördert. Bei uns arbeiten alle noch nebenbei, wenn auch in einem Teilzeitpensum. Die Schweiz war bei «neuen» Olympischen

Sportarten immer recht gut, etwa bei Ski-Cross oder ähnlichen Winterdisziplinen. Mit rund 40 Curlinghallen in der Schweiz haben wir eine sehr gute Infrastruktur. Wichtiger ist aber für mich, ein grosses Ziel und eine Vision zu haben. So brachten es immer wieder Schweizer Teams ganz an die Spitze.

Sie selber waren vier Mal an Olympischen Spielen, an den ersten beiden erspielten sie sich gleich zweimal eine Silbermedaille. Was ist neben dem sportlichen Teil das Spezielle an Olympia?

Es wird einem extrem viel geboten als Sportler. Das ganze Drumherum ist mit normalen Wettkämpfen nicht zu vergleichen, auch der Kontakt mit anderen Sportlern ist etwas anders als bei normalen Curling-Anlässen. Der grosse Unterschied liegt aber auch etwa beim Medieninteresse; damit umzugehen fällt einen am Anfang nicht leicht.

Was raten Sie Fabienne In-Albon, die wohl als einzige Schweizerin in Rio beim Golfturnier mitspielen wird?

Man muss versuchen, sich von diesen speziellen Umständen möglichst nicht ablenken zu lassen. Auch das ist nicht so einfach. Bei uns dauert ein Olympia-Einsatz volle zwei Wochen. Auch da braucht es die richtige Mischung zwischen Konzentration und Entspannung. Wichtig bleibt hier die Routine; man soll als Sportler bei Olympia möglichst nicht versuchen, etwas ganz anderes zu tun als sonst.

Wo sehen Sie die Gemeinsamkeiten von Golf und Curling?

Beide Sportarten sind sehr technisch, erfordern viel Konzentration und sind sehr kopflastig, würde ich sagen. Im Curling muss man die sogenannten ‚Fehlsteine’ verkraften, das sind im Golf die schlechten Schläge. Beim Curling ist das Eis immer flach, aber auch nie genau gleich; so gesehen braucht es für beide Sportarten viel Gefühl, eine Art Touch, die mit der Technik kombiniert werden muss. Man hat zwischendurch auch viel Zeit, über alles Mögliche nachzudenken, das ist bekanntlich nicht immer hilfreich.Beide Sportarten brauchen viel Zeit. Ein Spiel dauert im Curling auch schnell mal zweieinhalb bis drei Stunden. Ebenso sind Curling und Golf keine klassischen Ausdauer-Sportarten. An einer Weltmeisterschaft mit elf bis vierzehn Spielen innerhalb von acht Tagen benötigen aber auch wir eine gute Grundkondition. Übrigens gibt es im Curling keine Schiedsrichter, die von sich aus eingreifen. Sie werden höchst selten mal um eine Entscheidung angefragt.

Mirja M ott

Die 44-jährige Bernerin spielte insgesamt an vier Olympischen Spielen. 2002 curlte sie in Salt Lake City im Team von Luzia Ebnöther und gewann die Silbermedaille. Schon vier Jahre später spielte sie sich als damals einzige Curlerin zum zweiten Mal an Olympia auf das Podest, diesmal als Skip für den Curling Club Flims. Die darauffolgenden Olympischen Spiele 2010 in Vancouver und 2014 in Sotschi bestritt Mirjam Ott für den Curling Club Davos. An beiden Spielen verlor die Equipe das kleine Final und musste sich mit dem vierten Platz begnügen. Nach den Winterspielen 2014 in Sotschi trat Ott als Spitzensportlerin zurück. Dem Curling bleibt sie aber als erfolgreicher Coach des Teams um Alina Pätz erhalten. Pätz war bei Ott’s grösstem Erfolg, dem Sieg an den Weltmeisterschaften 2012 in Kanada,

Wo sehen Sie die grössten Unterschiede? Curling ist eindeutig ein Teamsport, mit allen Vor- und Nachteilen. Wenn der Stein unterwegs ist, kann man noch Einfluss nehmen. Dafür braucht es eine gute Equipe mit klarer Kommunikation. Eine offene Kommunikation im Team während der Saison, um beispielsweise ein konstruktive Spielauswertung zu führen, ist ebenso matchentscheidend. So gesehen ist vielleicht sogar noch mehr Psychologie im Spiel.

Wie sind Sie selber vom Eis auf den Rasen gekommen?

Aus Interesse an etwas Neuem, auch technisch Anspruchsvollem, und als Ausgleich im Sommer. In der Zeit, als ich für Flims Curling spielte und in Flims/Laax wohnte, hatte ich in Sagogn begonnen, Golf zu spielen, und dort auch die Platzreife gemacht. Das war vor rund acht Jahren. Später war ich für kurze Zeit Clubmitglied in Davos – verbunden mit dem Weltmeistertitel, den wir unter den Clubfarben von Davos holten. Seit ich wieder im Unterland wohne, bin ich bei der ASGI.

Curling und Golf scheint die ideale Kombination zu sein Ja, durchaus. Curling passiert im Winter in der Halle, Golf den Rest des Jahres draussen. Im Team haben wir auch ein paar Mal zusammen gegolft, dies vorab in Kanada. Dort kümmert sich auch kein Mensch um ein Handicap oder so etwas. In Kanada sind beide absolute Volkssportarten. Viele Clubs kombinieren beide in einem Golf-und- Curling-Club. Die Mitglieder spielen im Winter Curling und im noch Ersatzspielerin gewesen. Drei Jahre später holte sich die 25-jährige als Skip erneut den WM-Titel. impressum

Sommer Golf, dafür braucht es auch bloss ein einziges Clubhaus mit Garderobe.

Im Curling haben Sie alles erreicht – was sind Ihre golferischen Ziele?

Klar möchte ich in nächster Zeit regelmässig mein Handicap unterspielen, aber dazu müsste ich wohl mehr trainieren. Gleichzeitig finde ich, hierzulande wird das Handicap überbewertet.

Was ist Ihre Stärke beim Golf?

Wohl am ehesten das Putten und das kurze Spiel. Hier geht es mehr ums Gefühl als um die Technik.

Mirjam Ott hat in den letzten beiden Jahren höchstens noch ein bis zwei Curling-Plauschturniere gespielt. «Ich habe schon genug Curlinghallen gesehen und freue mich, wenn ich draussen Sport treiben kann», sagt sie lachend dazu.

Die gelernte Betriebswirtschafterin arbeitet bei der Hypothekarbank Lenzburg in der internen Revision, wohnt im luzernischen Hochdorf und hat neben Golf diverse weitere sportliche Hobbys: Zusammen mit ihrem Lebenspartner schwingt sie sich öfters aufs Rennvelo oder das Mountainbike, auch geht sie gern in der Natur joggen, zudem hatte sie «endlich mal wieder Zeit, auf den Skis zu stehen».

Das kommt mir eher entgegen. Für wirklich konstante Drives bin ich zu wenig oft auf der Driving Range.

Haben Sie ein Lieblingsturnier?

Eines ist sicher das Curler Turnier in Gstaad, da trifft man sich einmal pro Jahr nicht auf dem Eis, sondern auf dem Rasen, das ist immer ganz lustig. Auch sonst spiele ich gern zusammen mit anderen Sportlern, wie etwa bei den Charity-Anlässen von Right to Play. Da sind vor allem andere Wintersportarten gut vertreten, und ich finde es spannend, sich mit aktuellen oder ehemaligen SkiCracks auszutauschen.

Gibt es für Sie einen Traumflight?

Spontan kommen mir hier nur Roger Federer und Tiger Woods in den Sinn. Mit ihnen wäre ich dann aber wohl etwas eingeschüchtert.

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