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The open
Er war alles andere als der Favorit, doch seine Geduld und vor allem seine Stärke auf dem Green verhalfen Zach Johnson zu seinem zweiten Major-Titel. Am Ende der fünf Turniertage hielt der 39-jährige tiefgläubige Baptist den Claret Jug in Händen; für ihn der zweite MajorSieg nach dem Erfolg beim Masters 2007.
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Stille Konstanz ist seine Stärke. Zach Johnson ist ein geduldiger, ein beharrlicher Mensch. Keiner von diesen Hauruck-Typen, die den Ball mit einem grossen Knall über die 300-MeterMarke hauen. Der Texaner ist der Typ, der abwarten kann, bis seine Chance kommt. Bei der British Open auf dem Old Course von St Andrews hat er sie genutzt: «Das hier war eine Woche der ewigen Versuche», meinte er nach seinem Sieg bei der 144. Auflage des einzigen europäischen Major-Turniers. «Ich habe gewartet, gewartet, gewartet auf die passende Gelegenheit.» Die bot sich, als er sich mit einer Finalrunde von 66 Schlägen an die Spitze des Feldes gearbeitet hatte, sich gegen sieben andere Spieler, die im Verlauf des Tages ebenfalls zeitweise in Führung lagen, durchgesetzt hatte.
«R ADAR HAT SICH AU fGEL öST»
Was ihm am Ende nach einer längeren Wartezeit auf dem Putting-Grün neben dem Clubhaus des R&A blieb, war ein Stechen um den Sieg über vier Löcher: Es war schon Abend in St Andrews, als der Texaner, der zu Beginn der Schlussrunde nie zu den Favoriten gezählt wurde, wieder hinausging auf den Platz. Louis Oosthuizen, 32 Jahre, und Marc Leishman, 31, massen sich mit ihm in einem Playoff an den Löchern 1, 2, 17 und 18. Gewertet wurde der kumulierte Score. Die Tatsache, dass ausgerechnet Johnson die Gruppe komplementierte, mag auch Oosthuizen und Leishman überrascht haben. Der Texaner hatte in diesem Jahr zwar bereits ein Turnier gewonnen, sich ansonsten aber nie in den Vordergrund gedrängt. Mit sieben Birdies auf den ersten zwölf Löchern aber hatte der Masters-Champi- seinem Masters-Sieg im Jahr 2007 erneut der Putter zum wichtigsten Schläger in seinem Bag. An den ersten zwei Löchern verwandelte er zwei wichtige Birdie-Putts mit Break aus etwa fünf Metern, spielte an der 17 ein Bogey, an Bahn 18 ein Par. Nachdem Marc Leishman mit zwei Bogeys an Bahn 1 und 17 bereits nicht mehr relevant war, brachte am letzten Loch schliesslich ein verpasster Birdie-Putt von Louis Oosthuizen die Entscheidung. «Der on des Jahres 2007 bereits dokumentiert, dass er an diesem Montag gewillt war, unter dem Radar, wo er sich vier Tage lang verborgen hatte, aufzutauchen. «Ich vermute, der Radar hat sich soeben in Luft aufgelöst», bemerkte der 39-Jährige denn auch nach dem Playoff. In dieser Entscheidung wurde wie schon bei

Schlüssel in dieser Woche war zweifellos Geduld und Durchhaltevermögen», resümierte der Sieger erleichtert. «Viel besser kann ich nicht spielen», sagte er nach dem nervenaufreibenden Stechen. Gerührt hielt der 39-jährige Champion seine Siegesansprache: «Ich bin dankbar. Ich bin demütig. Ich bin geehrt. Dies ist der Geburtsort des Golf, und diese Trophäe bedeutet im Sport so viel. Ich fühle mich grossartig.»




Einmal mehr hat dem vierfachen Ryder-Cupper, der auf St. Simons Island in Georgia lebt, auch sein Glaube geholfen. «Psalm 27,14 sagt: Sei geduldig, vertraue auf den Herrn. Sei beherzt und tapfer», zitierte Johnson aus der Bibel. Das sind die kleinen Dinge, die mir den Weg weisen und mich auch an die Prioritäten erinnern.
Chaotisches W Etter
Mit Blick auf die Wetterverhältnisse hatte er zweifellos Recht. Johnson nämlich liess sich von den ziemlich chaotischen Zuständen dieser British Open nicht aus dem Rhythmus bringen. Nach einer normalen Auftaktrunde am Donnerstag machten wolkenbruchartige Regengüsse eine normale Durchführung der Runde zwei unmöglich. Schon in der Nacht von Donnerstag auf Freitag zog ein Sturm über das Universitätsstädtchen hinweg. Hagel hatte in der angrenzenden Universität in den Waschräumen die Fenster eingeschlagen, der Old Course erinnerte frühmorgens an eine Teichlandschaft. Als der erste Flight frühmorgens kurz nach sieben gestartet war, traf er am ersten Grün auf eine Gruppe Platzhelfer, die mit vollem Einsatz versuchten, das Grün von Pfützen zu befreien. Vergeblich. Die Runde wurde noch vor Beendigung des ersten Lochs wieder abgebrochen, dreieinhalb Stunden wurde nicht gespielt. Die Konsequenz: Die letzten Flights konnten ihre Runde an diesem Tag nicht beenden.
Daran sollte sich allerdings auch am Samstag nichts ändern. Da war von Regen zwar keine
Spur mehr, dafür tobte ein Sturm über Schottland und versetzte die Bälle auf den Grüns auch ohne Spielereinwirkung in Bewegung. «Wir hätten niemals rausgehen sollen», lautete das Fazit von Jordan Spieth, der zu jenen Spielern gehörte, die morgens vor acht Uhr versuchten, die zweite Runde vom Vortag zu Ende zu spielen. Nach 45 Minuten wurde erneut unterbrochen, erst abends um sechs war eine Wiederaufnahme des Turniers möglich. Zu diesem Zeitpunkt war klar: Erstmals seit 1988 würde eine British Open wieder an einem Montag zu Ende gehen.
Inwieweit das Wetterchaos auch den Traum des Jordan Spieth zunichtemachte, in St Andrews nach seinen Siegen bei den US Masters und der US Open den dritten Teil des modernen Grand Slam zu erreichen, bleibt unklar. Sicher war am Ende nur: Was zu Beginn der Woche wirkte wie eine völlig unvorstellbare Mission, entwickelte sich im Verlauf der beiden Schlussrunden zu einer realen Möglichkeit. Jordan Spieth spielte in gewisser Weise ein Parallelturnier, bei dem es allein um die Erfüllung dieser historischen Aufgabe ging.

SPIETH IM EINEM «PARALLEL-T URNIER»
Am Ende verpasste der 21-Jährige sein Ziel nur extrem knapp. Nach einer 69er-Finalrunde fehlte ihm zur Teilnahme am Playoff nur ein Schlag; zwei Löcher vor Schluss lag er auf dem geteilten Führungsplatz. Dann aber machten ihm das Road Hole, Bahn 17 und das 18. Grün einen Strich durch die Rechnung. Das Grün des Road Holes erreichte er nicht mit dem zweiten Schlag; sein Wedge beförderte den Ball anschliessend zwar gut zwei Meter ans Loch, aber das Break, das er in den darauffolgenden Putt interpretierte, existierte nicht. «Da habe ich zu viel reingelesen», gestand er ein. Ein Bogey war die Folge. Die breite Bahn 18 schliesslich bot eine letzte Birdie-Möglichkeit, aber nach einem mässigen Jordan Niebrugge, bester Amateur.

Drive und einem Wedge-Schlag endete der Ball nur im Valley of Sin, einer Riesenmulde vor dem Grün, statt in der Nähe der Fahne. Die Hoffnung auf den dritten Major-Titel in Folge war damit dahin. «Ich habe viele Turniere auf den letzten Löchern zu gemacht, aber dieses gehört nicht dazu. Das ist eben nicht jedes Mal so einfach», meinte er.
«Ich werde nach Hause gehen und darüber nachdenken», lautete Jordan Spieths abschliessende Bemerkung. «Es wird nicht allzu sehr wehtun.» Die Tatsache, dass es dieses Mal nicht zum Sieg reichte, sollte nicht vergessen lassen, dass die Leistung des jungen Mannes in diesem Jahr trotzdem denkwürdig war.
Zwei Siege bei den US Masters und der US Open sowie einen Top-Ten-Platz bei der darauffolgenden British Open konnten in der Geschichte des Golfsports bis dato nur drei Männer erzielen: Ben Hogan, der sogar gewann, Arnold Palmer und Jack Nicklaus. Der 21-Jährige, dessen gleichaltrige Freunde gerade dabei sind, sich über ihren Abschluss an der University of Texas Gedanken zu machen, hat damit Geschichte geschrieben. Spieth wird wohl noch so manches Major-Turnier gewinnen.