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«sie golft besser als ich»

lukas flüeler und florence schelling

Sie sind beide höchst erfolgreiche Eishockey-Torhüter, und beide spielen gern und gut Golf: Doppel-Interview mit ZSC-Meistergoalie

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Lukas Flüeler und der besten weiblichen Torhüterin, Florence Schelling. Die Gleichaltrigen waren beide schon an den Olympischen Spielen, und doch gibt es grössere Unterschiede.

Sie kennen sich schon seit den Junioren-Zeiten im Eishockey und haben auch schon gemeinsam das ZSC-Golfturnier gewonnen. Wie würden Sie Florence als Golferin einschätzen?

Lukas Flüeler: Sie ist sicher viel besser als ich. Florence schwingt sehr schön, spielt ganz ruhig und konzentriert. Davon könnte ich auf dem Platz schon noch etwas profitieren, etwas mehr Ruhe täte mir gut.

Wie kommentieren Sie Lukas als Golfer?

Florence Schelling (überlegt): Er ist ein typischer Hockeyspieler, schlägt mit viel Kraft. Er ist sehr weit, aber manchmal würde etwas mehr Lockerheit wohl helfen (lacht).

Was fasziniert Sie am Golfen?

Florence Schelling: Dass es vor allem eine Kopfsache ist. Die mentale Stärke ist das A und O. Ein Schlag ist super, der nächste geht völlig in die Hose. Das gibt es sonst eigentlich nirgends, und das finde ich sehr faszinierend.

Lukas Flüeler: Für mich ist es in erster Linie eine Abwechslung zum Hockey. Dieses findet im Trainingsraum und in der Halle statt. Beim Golfen geniesse ich die Natur, kann sehr gut abschalten. Allerdings spiele ich nicht gern 18-Loch einfach so. Ein Spiel soll es schon sein, mit allem Drum und Dran inklusive Essen und Sprüche klopfen.

Wie oft kommen Sie zum Spielen?

Lukas Flüeler: Während der Saison spiele ich nicht mehr. Fünf Stunden laufen macht auch mich müde, und so golfe ich vor allem im Sommer. Wir trainieren zweimal am Tag Kraft und Ausdauer, und im August geht es dann aufs Eis. Vor allem am Wochenende bleibt schon Zeit für mein wichtigstes Sommer-Hobby. Öfters gehen wir beispielsweise mit Hockey-Kollegen nach Sempach und spielen dort mit einer Tages-Greenfee zweimal 18-Loch. Wer die erste Runde verliert, zahlt das Essen.

Florence Schelling: Leider viel zu wenig. Im Winter natürlich auch gar nicht, im Sommer höchstens ein- bis zweimal pro Monat. Ich arbeite ja zu 100 Prozent beim internationalen Eishockey-Verband, und dazu trainiere ich zweimal am Tag, vor allem am Morgen und am Abend. Da bleibt nicht viel Zeit übrig, auch wenn ich natürlich lieber öfter golfen würde. Um international mithalten zu können, reichen die vier Club-Trainings im Sommer nicht aus, so trainiere ich viel Kraft etc. zusätzlich alleine.

Sie sind beide Torhüter im Eishockey, das ist wie beim Golf vor allem auch eine mentale Sache. Profitieren Sie von der Erfahrung auf dem Golfplatz?

Florence Schelling: Ich glaube schon, ich bin mental stärker geworden. Der Fokus ist immer auf der nächsten Aktion, und es bringt nichts, zu hadern oder so. Als Goalie hat man immer wieder Ruhephasen im Spiel, und zwischendurch wird es hektisch. So gilt es auch hier, die Aufmerksamkeit auf den Punkt zu bringen, gleichzeitig darf ich auf dem Eis aber nie ganz loslassen.

Lukas Flüeler: Man ist als Goalie vor allem meist auf sich allein gestellt, dazu geht es in erster Linie um den richtigen Reflex. Aber interessanterweise rege ich mich beim Golf mehr auf, wenn ich einen Schlag verhaue. Eigentlich sollte ich beim Golfen schon profitieren, allerdings spiele ich selten Turniere und übe nie. So gesehen bin ich durchaus zufrieden mit meinem Handicap von etwa 16.

Wie kamen Sie zum Golfen?

Florence Schelling: Meine Eltern sind im Golfclub Unterengstringen und haben mich schon sehr früh auf den Platz mitgenommen. Ich weiss nicht einmal genau, wann das war. Zuerst habe ich einzelne Schläge gemacht, dann kam es relativ schnell zu einem Handicap.

Lukas Flüeler: Die ersten Versuche machte ich mit 14 oder 15 in Winterberg. Da erreichte ich gleich die Platzreife. Danach habe ich aber, bis vor drei Jahren, kaum mehr gespielt. Dies, obwohl ich mit drei Golfern im Sportgymnasium war, unter anderem mit Ken Benz. Aber ich habe auch gesehen, wie viel die investieren mussten.

Als Eishockey-Goalie ist man ja mit der Abwehr des Pucks beschäftigt – inwieweit hilft das Hockeyspielen beim Golfen?

Lukas Flüeler: Ich würde fast sagen, es ist ein Nachteil. Die meisten schlagen zwar weit, aber mit viel zu viel Kraft. Das geht mir meist auch so. Ein gewisses Ballgefühl bekommt man natürlich schon durchs Hockey, im Training oder so «chnäble» ich auch mit den Kollegen. Auf dem Golfplatz kann ich mit den meisten Kollegen jedenfalls mithalten, auch wenn bei uns sehr viele sehr gut spielen.

Florence Schelling: Eigentlich hilft nur die Kraft.

Wie beurteilen Sie die Leistung von Florence im Tor?

Lukas Flüeler: Ich habe sie schon in der 1. Liga der Männer beobachtet und natürlich auch an den Olympischen Spielen. Sie ist ein super Goalie, spielt technisch sehr gut und gilt sicher zu Recht als die beste Torhüterin der Welt.

Würde sie auch in der NLB der Männer bestehen?

Lukas Flüeler: Keine Ahnung, sicher hätte sie eine weitere Chance verdient.

Florence Schelling: Ich würde es sicher gern versuchen. Ein solcher Schritt kann aber nicht von mir ausgehen. Es müsste schon jemand an mich herantreten und mich fragen, ob ich Lust dazu hätte. Insgeheim habe ich mir nach dem Erfolg an den Olympischen Spielen schon mindestens eine Einladung zu einem Probetraining erhofft. Das würde mich immer noch freuen, und ich würde die Chance natürlich packen.

Wo sehen Sie die grössten Stärken von Lukas im Tor?

Florence Schelling: Er kann das Spiel lesen, hat viel Übersicht, ist gross und technisch stark.

Können Sie von den männlichen Torhütern etwas abschauen?

Florence Schelling: Ja, klar, ich beobachte bei allen Partien den Goalie und probiere dann im Training aus, ob man etwas davon übernehmen kann. Als mein Bruder Philippe noch beim ZSC spielte, war ich öfters im Hallenstadion. Nun ist er in Kloten engagiert, und ich bin nun natürlich vermehrt bei seinen Spielen dabei.

Lukas Flüeler, träumen Sie noch davon, in NHL in Amerika zu spielen?

Ja, klar, davon träumen eigentlich alles Spieler, würde ich sagen. Wenn ein Super Angebot kommt, überlege ich es mir sicher ernsthaft, allerdings ist es alles andere als konkret. Mir gefällt es bei den ZSC Lions ausgezeichnet.

Was sind Ihre sportlichen Träume?

Florence Schelling: Ich möchte natürlich bei weiteren Olympischen Spielen dabei sein, nach der Bronze fehlen uns noch Silber und Gold. Dazu wäre ein Vertrag in der zweithöchsten Liga der Männer schon auch noch ein Ziel. Sie beide waren schon an Olympischen Spielen. Was ist für Sie das ganz Besondere daran?

Florence Schelling: Eigentlich ist jeweils alles sehr speziell. In Sotschi war das Zuschauer-

Lukas Fl Eler

Der 25-jährige Zürcher begann seine HockeyKarriere bei den Junioren in Kloten, und über einen Umweg in die USA kam er 2008 zu den ZSC Lions. Nur 73 Tage nach seinem Debüt in der höchsten Liga erhielt der 192 Zentimeter grosse Goalie bereits das erste Aufgebot für die A-Nationalmannschaft. Dort hat er inzwischen zehn Länderspiele bestritten und war unter anderem an den Olympischen Spielen in Sotschi und an Weltmeisterschaften. Mit dem ZSC wurde er 2012 und in der vergangenen Saison Schweizer Meister. Bei der diesjährigen WM war er wegen einer Knieverletzung nicht dabei. Flüeler absolviert im Fernstudium einen Bachelor in Betriebswirtschaft und ist froh, dass er bald fertig ist. Er wohnt mit einem Kollegen in der Nähe von Zürich.

Interesse am Frauen-Hockey überwältigend. Die beiden Hallen waren jeweils ausverkauft und die Stimmung nicht zu vergleichen mit gewöhnlichen Spielen der Nationalmannschaft.

Lukas Flüeler: Das kommt hoffentlich noch. Ich war erst einmal eine Woche lange dabei, bis die NHL-Goalies eingetroffen sind. Das ist noch nicht der Rede wert.

Florence Schelling, noch eine persönliche Frage zum Schluss: Werden Sie manchmal nicht neidisch, wenn Sie daran denken, dass ein männlicher Torhüter das x-fache von dem verdient, was Sie erhalten?

Florence Schelling: Neid ist das falsche Wort. Den allergrössten Teil des Lohns zahlen ja die Clubs, damit habe ich kein Problem. Die Männer haben mehr Zuschauer und sicher auch viel mehr Konkurrenz, bis sie ganz an der Spitze

Florence Schelling

Florence Schelling wurde im vergangenen März 25-jährig. Sie wuchs in Oberengstringen auf und kam durch ihre beiden Brüder zum Eishockey. Einer davon, Philippe, ist derzeit bei den Kloten Flyers in der NLA unter Vertrag. Schelling begann ihre Hockey-Karriere bei den Junioren der GCK Lions. Zudem lief sie in einem Testspiel für die NLB-Mannschaft der Lions auf, womit sie die erste Frau war, die je das Eis der National League B betrat. Seit 2003 spielt sie im Frauen-Nationalteam, nimmt seit stehen. Was mich eher ärgert, ist die Verteilung in der Nationalmannschaft. Die Männer haben noch einen Bonus erhalten, weil sie an der letzten Weltmeisterschaft nicht abgestiegen sind. Wir haben für unsere Bronzemedaille hingegen

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