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Johnny StorJohann

Johnny StorJohann

Seit Jahrzehnten verfolgt Buchautor und NZZ-Journalist Daniel Germann die politische und wirtschaftliche Entwicklung des Sports und hat sich dabei einen Namen als kritischer Beobachter der Szene erworben. Golf Suisse bat ihn zu einem Expertengespräch über das Big Business im internationalen Sportgeschäft, die Gewinner und Verlierer sowie Golf und Olympia.

InterVIew SVen Beckmann

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In ihrem Buch «Milliardenbusiness Sport. Wer kassiert – Wer verliert» beleuchten Sie u.a. Sieger und Verlierer dieser modernen Gladiatorenkämpfe? Wer sind die Sieger? Und was macht/zeichnet Sieger aus?

[Daniel Germann] Man muss unterscheiden: Bezogen auf die einzelnen Sportarten ist es so, dass ein paar wenige immer dominanter werden. Namentlich der Fussball droht heute zumindest medial und damit auch kommerziell alles andere zu erdrücken. Führende Spezialisten sind sich mehr oder weniger einig, dass die Rechtegebühren für Fussball-Weltmeisterschaften oder -Europameisterschaften weiter steigen werden. Das Geld, das die internationalen TV-Stationen hier investieren, müssen sie an anderen Orten einsparen. Dadurch sind traditionelle Sportarten wie etwa die Leichtathletik oder auch der Radsport zunehmend in ihrer Existenz bedroht. Gleichzeitig verdienen die absoluten Topathleten in den publikumswirksamen Sportarten immer mehr. Tiger Woods ist bekanntlich der erste Sport-Milliardär. Weitere werden fraglos folgen. Sie alle gehören zu den Siegern.

Wie würden Sie den heutigen Sportmarkt beschreiben? Geht es heute überhaupt noch um den Sport an sich? Oder ist alles nur noch eine Frage des Business?

Ich denke, wir müssen uns vom Gedanken des Sports, wie wir ihn über Jahrzehnte verstanden haben, lösen. Nicht nur in den USA ist der Sport heute ein Zweig der Unterhaltungsindustrie. Die Show ist mindestens ebenso wichtig wie das eigentliche Resultat. Gerade der amerikanische Mannschaftssport kennt deshalb regulierende Elemente wie den Spielerdraft, Salärbeschränkungen für Teams oder Ausgleichszahlungen aus den Zuschauereinnahmen, damit die Ligen einigermassen ausgeglichen und damit für die Zuschauer attraktiv bleiben. Die amerikanische Art, den Profisport zu inszenieren, hat den Rest der Welt längst erreicht. Wir in Europa halten uns noch einen letzten Rest der Tradition, auf den der Sport unserer Wahrnehmung fusst. Es ist bis jetzt beispielsweise unvorstellbar, dass ein Team samt seinen Namen und allen Athleten einfach die Stadt wechselt und an einem anderen Ort weitermacht. Clubs wie Bayern München, Manchester United, Real Madrid oder Juventus Turin sind stark mit den Städten verknüpft, in denen sie spielen. Aber natürlich kommen auch wir in Europa nicht umhin, uns den Gesetzen des Marktes vermehrt zu stellen. Heute hängt der Mannschaftssport in Europa häufig noch von der Gunst einzelner Investoren oder Gönner ab. Millionen von branchenfremden Geldern fliessen in den Kreislauf und sorgen für eine Blase, die nach nüchternem Menschenverstand früher oder später platzen muss.

Wo sehen Sie Golf in diesem «Milliardenbusiness»?

Der Golfsport ist – wie übrigens die meisten Individualsportarten – weniger von der beschriebenen Überhitzung betroffen. Natürlich steigen auch im Golfsport die Preisgelder immer weiter an. Der Golfsport zieht aber auch ein Publikum an, das für Sponsoren äusserst attraktiv ist. Weltweit wird Golf fraglos weiterwachsen. Jeder, der einmal einen Golfschläger in die Hände genommen hat und dem ein einigermassen passabler Schlag gelungen ist, den lässt dieses

Spiel nicht mehr so schnell los. Das Marktpotenzial ist deshalb längst noch nicht ausgeschöpft.

Golf feiert nun nach über 100 Jahren an den Olympischen Spielen sein Comeback? Ist das wirklich die vielbeschriebene Chance für den Golfsport?

Die Frage ist, wer braucht wen mehr? Golf die Olympischen Spiele oder die Olympischen Spiele Golf. Olympia wird zweifellos dazu beitragen, dass Golf in den elektronischen Medien noch stärker beachtet wird. Gleichzeitig öffnet Golf dem Internationalen Olympischen Komitee (IOK) den Zugang zu einem potenziellen Sponsorensegment.

Was, glauben Sie, hat die Macher bewogen, Golf wieder den Olympia­Status zu geben? Das ungebremste Wachstum der Sportart, ihr Status als eine der wenigen wirklichen Weltsportarten. Vergleichen wir es beispielsweise mit dem alpinen Skirennsport, der in der Schweiz so populär ist. Wie viele Länder betreiben den Sport einigermassen ernsthaft: Die Schweiz, Österreich, Deutschland, Italien, Frankreich, dann die skandinavischen Länder, Kanada. Mir kommen mit dem besten Willen kaum mehr als ein Dutzend Länder in den Sinn. Selbst in den USA ist der Skirennsport eine Randerscheinung. Schauen Sie sich einmal die Übertragungen der Weltcup- rennen aus Übersee an. Es hat kaum Publikum am Rande der Rennstrecken. Die Golfplätze hingegen werden gesäumt von Zuschauern. Es war unvermeidlich, aber auch unumstritten, Golf zurück ins Olympiaprogramm zu holen.

Und warum hat es solange gedauert, bis Golf nach 1904 wieder ins olympische Programm aufgenommen wurde, schliesslich ist Golf doch eine der wenigen wirklichen «Weltsportarten»?

Da muss man einen kurzen Blick in die Geschichte des Golfsports und auch seinen Ruf machen. Das IOK, das letztlich darüber entscheidet, welche Sportarten ins Programm kommen, war lange ein elitärer, in sich geschlossener Zirkel. Man propagierte den reinen Amateursport, was natürlich eine scheinheilige Lüge war. Professionell betriebener Sport war so lange ein Privileg einer gut verdienenden Oberklasse, später dann von den sogenannten Staatsamateuren aus dem ehemaligen Ostblock, die ja auch nichts anderes als Profis waren. Erst 1988 in Seoul kehrte Tennis ins Olympiaprogramm zurück. Der eigentliche Bruch mit der Tradition signalisierte dann aber 1992 der erste Auftritt der amerikanischen Profi-Basketballer, dem sogenannten «Dream Team» in Barcelona. Der Golfsport hat sich aber auch lange gar nicht ernsthaft um eine Aufnahme ins olympische Programm bemüht, weil er im

Gegensatz zu anderen Sportarten wie dem Rudersport oder dem Modernen Fünfkampf ganz gut ohne die fünf Ringe leben kann. Da sind wir wieder bei der bereits formulierten Frage: Wer braucht wen mehr?

Was glauben Sie wird sich dadurch hierzulande im Golfsport verändern?

Ich glaube nicht, dass der olympische Status Grundsätzliches am Stellenwert des Golfsports in der Schweiz ändern wird. Dazu bräuchten wir einen absoluten Topathleten, der um die Medaillen spielen könnte. Ein Roger Federer des Golfsports gewissermassen. Meines Wissens aber gibt es einen solchen Hoffnungsträger im Moment nicht. Ich glaube, dass der Golfsport es selber in den Händen hat, in der Schweiz zu wachsen. Dem Sport haftet immer noch das Etikett des elitären Freizeitvergnügens an. Das ist meiner Meinung nach zum Teil aber auch gewollt. Dafür sorgen u.a. unsinnige Kleiderregeln auf den Golfplätzen. In den USA ist das ganz anders. Ich habe im vergangenen Sommer in der Nähe von New York Golf gespielt – in Shorts, einem T-Shirt und Sandalen. Ein Golfwägelchen fuhr den Kurs ab und verkaufte Mineralwasser und Bier an die Spielenden. Da wüirde es dem einen oder anderen in der Schweiz kalt den Rücken herunterlaufen. Der Golfsport hatte es in der Schweiz bisher gar nicht nötig, sich dem

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