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Herausforderung olympia

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Johnny StorJohann

Johnny StorJohann

segen oder Handicap für den scHweizer golfsport?

Kaum ist Golf wieder im olympischen Programm aufgenommen, entzündet sich auch hierzulande der Streit an der Frage nach der richtigen Förderung der Golftalente, um die Chance auf eine Medaille 2016 zu wahren. Doch braucht Golf Olympia wirklich?

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Für Athleten weltweit ist eine Teilnahme an den Olympischen Spielen das höchste aller Gefühle. Die Krönung ihrer Karriere. Eine Medaille dort ist wie ein Sechser im Lotto. Eine Lebensversicherung mit Sofortauszahlung.

Das hingegen nicht alles golden glänzt, was olympisch ist, zeigt der Zwist der derzeit in Garmisch-Partenkirchen entbrannt ist, angesichts der Olympia-Bewerbung Münchens für 2018. Der beschauliche Wintersportort ist das Herzstück der Bewerbung, dort sollen alle alpinen Wettbewerbe ausgetragen werden und ein verschneites heimeliges Winterpanorama in die Welt hinaustransportieren. Heile Welt am Alpenrand. Das wär’ was, ganz nach dem Geschmack der Lokalpolitiker. Die Idylle könnte perfekt sein. Wenn, ja, wenn da nicht die Einwohner der Marktgemeinde unterhalb der Zugspitze, seit jeher Deutschlands Wintersporthochburg, noch ein Wörtchen mitzureden hätten. Denn die wollen bei dem munteren Politikspiel partout nicht mitmachen. Seit Monaten prozessieren beide Gruppen gegeneinander. Eine Einigung ist nicht in Sicht. Ganz anders bei Mitbewerber Pyeongchang.

In Südkorea werden Probleme einfach enteignet. Das geht ruck, zuck, ist kurz und schmerzlos und garantiert beste Karten bei der Olympiavergabe.

Gut, der Vergleich mag hinken, streiten sich in München doch die Gemüter über die Vor- und

Nachteile, die es mit sich bringt, als olympischer Austragungsort zu fungieren und nicht über die Frage, was bringt Olympia unserem Sport eigentlich. Und doch zeigt nicht nur dieses Beispiel exemplarisch wie schnell und unkontrolliert Emotionen hochkochen, wenn es um olympische Ehren, um Olympia an sich geht. Und eines ist ebenso klar, irgendwer zieht dabei immer den Kürzeren.

Nun ist Golf ab 2016 wieder olympisch. Und schon melden sich auch in der vermeintlich so heilen eidgenössischen Golfwelt die Skeptiker und Kritiker zu Wort. Ist der Schweizer Golfsport überhaupt international konkurrenzfähig und seine Talente damit reif für eine Olympiateilnahme? Muss sich der Golfverband ein neues Konzept überlegen, um fortan förderungsfähig für Swiss Olympic, den Dachverband der Schweizer Sportverbände, zu sein? Und will man das überhaupt?

Über diese Fragen sind sich die Fachleute – bei aller öffentlich geäusserten Begeisterung – uneins. Für Gian Gilli, den Chef Spitzensport und olympische Missionen bei Swiss Olympic, ist klar: «Olympia ist eine Riesenchance für den Golfsport.» Er fordert: «Das Führungsteam des Schweizer Golfverbandes muss sich voll und ganz zum Spitzensport bekennen.» Um die Wichtigkeit und die Chancen des Themas weiss auch der neue Generalsekretär des Schweizer Golfverbandes

(ASG), Christian Bohn. Immerhin war der ehemalige Kaderspieler einst selbst Beispiel funktionierender Fördermechanismen – wenn auch innerhalb des Deutschen Golf Verbands (DGV). Doch will Bohn den Erfolg nicht mit der Brechstange erzwingen. «Die Mechanismen der nationalen Förderstrukturen im Bereich Spitzensport greifen, wie man an einem beachtlichen 10. Platz der Herren bei der WM in Argentinien im letzten Herbst sehen kann. Es gilt nun diese bestehenden Förderstrukturen konsequent und kontrolliert weiterzuentwickeln. Das ist ein laufender Prozess, auf dessen Geschwindigkeit und Richtung auch die beiden neuen Nationaltrainer Timo Karvinen und Jonathan Mannie einen erheblichen Einfluss haben werden. Sobald die beiden ihre Vorstellungen in die bestehenden Strukturen haben einfliessen lassen, werden wir unser sportliches Konzept sicherlich auch Swiss Olympic vorstellen.»

Buchautor («Milliardenbusiness Sport. Wer kassiert – Wer verliert») und NZZ-Journalist Daniel Germann, seit Jahren Kenner und Beobachter der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung im internationalen Sportgeschäft, sieht das Thema Golf & Olympia sowieso durch eine andere Brille. Er sagt: «Die Frage, die gerne übersehen wird, ist, wer braucht wen mehr? Golf die Olympischen Spiele oder die Olympischen Spiele Golf?» Germann ist davon überzeugt, dass

Golf auch ohne Olympia fraglos weiterwachsen wird. «Jeder, der einmal einen Golfschläger in die Hände genommen hat und dem ein einigermassen passabler Schlag gelungen ist, den lässt dieses Spiel nicht wieder los. Das Marktpotential ist deshalb noch lange nicht ausgeschöpft und das macht Golf auch so interessant für Olympia.» Egal aus welchem Blickwinkel man das Thema auch betrachtet, eines wird überdeutlich: Olympia wird sich über kurz oder lang auch auf die bestehenden Strukturen innerhalb der hiesigen Golfwelt auswirken. Bei aller Euphorie und auch Kritik sollte man jedoch nicht übersehen, dass es leicht ist, zu sagen, uns fehlen auf Golferebene die internationalen Vorzeigeathleten. Unweit schwerer dagegen ist es, Wege jenseits bestehender Förderprogramme aufzuzeigen, die Stars wie am Fliessband produzieren. Denn eines ist klar: Trotz langjährigem Golfaufschwung und derzeit rund 80 000 lizenzierten Golfern hierzulande, spielt bislang immer noch nur rund 1% der Bevölkerung Golf. «Uns fehlt die zahlenmässige Basis, um mit 20 Spielern auf der European Tour vertreten zu sein», sagte schon vor Jahren Graham Kaye, der seit 1996 als Nationaltrainer dem Schweizer Golfsport wichtige Impulse gab. «Doch die Szene ist in Bewegung», ergänzt sein Nachfolger, der Finne Timo Karvinen. Durch die Öffnung des Sports für breitere Bevölkerungsschichten – der Migros und der ASGI sei Dank – sind die

Voraussetzungen geschaffen, künftig auf die eine oder andere nationale Überraschung auf den internationalen Touren und damit verbunden auch bei Olympia zu hoffen. «Einen, zwei oder besser gleich – wie gewünscht – ein ganzes Dutzend Roger Federers des Golfsports aus dem Hut zu ziehen, wird dennoch schwer», bremst Karvinen zu hochgesteckte Hoffnungen. «Bei 2% der Bevölkerung wären die Voraussetzungen für ein Schweizer «Golfwunder» natürlich schon wesentlich besser», ergänzt Markus Gottstein, haben lange genug auf sportpolitischer Ebene gerungen, um Golf nach über 100 Jahren wieder als Sportart ins olympische Programm zu heben. Doch wir werden uns bei der ASG nicht zu Schnellschüssen verleiten lassen, nur um den Eindruck von Geschäftigkeit zu erwecken.»

Eines sollte man bei dem ganzen Streben nach Erfolg, internationaler Anerkennung und Gewinnmaximierung ohnehin nicht vergessen. Das Besondere an den Spielen war ursprünglich der olympische Gedanke. Wichtiger als das

Mitglied des Vorstandes des Schweizer Golfverbandes und Präsident der Kommission Spitzensport der ASG. Doch in der Schweiz ist der Boden knapp und teuer. Das führt dazu, dass die Möglichkeiten begrenzt sind, um Golfeinsteigern neue Anreize zu bieten und sie dem Golfspiel nahe zu bringen. Und dann muss ja auch immer noch die Politik mitspielen.

Herausforderung Olympia – Segen oder Handicap für den Schweizer Golfsport? «Wir stellen uns der Herausforderung», so Bohn. «Wir

Gewinnen war das Dabeisein. Auch wenn die Olympischen Spiele inzwischen die grösste Sportveranstaltung der Welt sind, ein Medienspektakel par excellence, und etliche Sportler dabei berühmt und reich werden, und darum für viele heute vor allem Rekorde und Medaillen zählen – koste es was es wolle.

Und Sie, liebe Leser, was denken Sie? Mailen Sie uns ihre Meinung zum Thema «Olympia» unter: info@golfsuisse.ch

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