
4 minute read
Course ManageMent
Den golfplatz erschnüffeln
Um sich optimal auf eine Turnierrunde vorzubereiten, kennen sowohl die Pros als auch die international spielenden Amateure eine präzise Vorgehensweise. Man kann sich auch auf einen Golfplatz vorbereiten, wenn man ihn nicht schon Dutzende von Male gespielt hat. ASG-Nationalcoach Graham Kaye hat Golf Suisse einen Blick hinter die Kulissen erlaubt.
Advertisement
«Man muss einen Golfplatz genau kennen, wenn man scoren will. Das meine ich im wirklichen Sinn des Wortes: wenn man ein gutes Score auf einer Spielbahn erzielen will, muss man genau wissen, wo man den Ball hinschiessen will. Und das hat viel mit seinen Stärken und Schwächen, aber auch sehr viel mit dem Layout des Golfplatzes zu tun. Was heisst, dass man auch ein gewisses Verständnis für Course Design haben sollte».
Graham Kaye hat viele Umsetzungsvorschläge für dieses Programm; und das spielt er jeweils auch mit seinen Kaderspielern durch. Nicht selten geht es für die besten Amateure der Schweiz zu internationalen Einsätzen auf Golfplätze, die sie noch nicht kennen. Da stehen dann vielleicht zwei Tage zur Verfügung, um den Platz kennen zu lernen. Das ist wenig; aber wenn man sich etwas denkt dabei, dann kann das durchaus ausreichen.
Die wichtigsten Punkte aus der Sicht von Graham Kaye sehen so aus – als kleine Vorbemerkung und als Einführung ins Thema meint Kaye, dass er eigentlich seinen Spielern das genau Gleiche vorschlägt, was ein guter Playing Pro zusammen mit seinem Caddie an den Tagen vor einem Turnier durchspielt. Und unsere besten Spieler wollen ja alle später auch Pro werden…
WALKiNG ThE CoUrSE
Wenn man anstelle einer Proberunde den Golfplatz wie ein Spaziergänger abmarschiert, ohne zu spielen, dann hat das zahlreiche Vorteile. Zuerst einmal konzentriert man sich dann auf den Verlauf des Parcours und nicht auf seinen Ball (oder gar seinen Schwung); man sieht viel mehr Details. Wenn man den Platz rückwärts begeht, dann denkt man bei jedem Shot aus der Sicht der Landezone. Man sieht insbesondere sehr gut, wie der Ball auf dem Green landen sollte, und wohin er nicht rollen sollte. Man durchschaut auch die optischen Täuschungen, die der Architekt oft eingebaut hat, besser; zum Beispiel, dass ein Bunker gar
Distanzen kann man oft aus dem Strokesaver herauslesen; besser ist es aber, sie abzuschreiten oder mit einem Laser zu messen. Graham Kaye berichtet aus seinem Erfahrungsschatz, wie er schwedische Coaches gesehen hat, die grosse weisse Stoffbahnen – zusammengenähte
Leintücher – auf die Fairways gelegt haben, damit die Spieler als Übung die Abschläge darauf schiessen mussten. Kennt man die nicht im Spiel ist, oder dass ein Green eine grosse falsche Front hat, man also mindestens einen Club mehr für den Approach wählen sollte.
Man kann sich auch besser darauf konzentrieren, die «Scoring Zones» zu entdecken. Beispiel: ein Drive von 230 Metern Länge liegt im Flachen, ein solcher von 250 Metern aber in einem geneigten Teil des Fairways, was den zweiten Schlag um einiges schwieriger macht. Nicht zuletzt ist man deutlich rascher, als wenn man eine runde spielt.
DiSTANCES FroM ThE TEE
Auf Par-4- und Par-5-holes ist es oft entscheidend, wie lang der Abschlag ist. Man muss die Distanz eines solchen idealen Abschlags kennen, nicht den zu schlagenden Club. Also zum Beispiel die Distanz zum Fairwaybunker oder zum Wasser, die Distanz zur Waldecke rechts (zum Beispiel hole 4 in heidental) oder zum Corner des Doglegs (hole 4 in Ascona). Man darf einen Drive auch nicht durchs Dogleg hindurch hinaus ins rough schiessen (hole 6 in Lausanne, hole 15 in Blumisberg). Diese genaue Distanz, dann entscheiden die Verhältnisse des Tages mit über die Club Selection: Wind, regen, Temperatur, rollverhalten, Selbstvertrauen und so weiter.

Auf Par-3-holes dagegen muss man wohl ausprobieren, welches der richtige Club ist, und dann wiederum die äusseren Bedingungen mit einbeziehen.
WhAT DiSTANCES D o yoU rEALLy hiT?
Das ist ganz schwierig! Zahlreiche Spieler wissen nicht genau, wie weit sie welchen Club hauen – sie überschätzen sich permanent. Sie wissen, wie weit sie einen Club im allerbesten Fall hauen, und gehen systematisch davon aus, jederzeit einen Weltklasseschlag zu machen. Als Folge davon sind sie viel häufiger zu kurz als zu lang; und zu kurz heisst im Wasser, im Bunker oder zumindest nicht auf dem Green. insbesondere muss man wissen, wie weit man einen Club durch die Luft haut; also die Carry-Distanz. Das sollte man nicht auf der Driving range testen: range-Balls fliegen weniger weit als echte Golfbälle, und auch die Distanztafeln müssen nicht unbedingt stimmen.
Die ASG-Nationalteams verwenden dazu den Trackman Swing Analyzer, der den echten Ballflug mit radar misst. Die Spieler müssen mit einem Club zehn Bälle hauen; dann wird der Durchschnitt ermittelt. Auf dem Golfplatz selber kann auch ein range-Finder – also ein LaserDistanzmessgerät – gute Dienste leisten.

PErCENTAGE ShoTS
Darunter versteht man den Prozentsatz des Erfolges bei jedem spezifischen Shot. Wer nur 10% der Driver-Abschläge innerhalb des
Golfplatzes halten kann, weil er alle anderen out, ins hohe rough, ins Wasser oder in den Wald schiesst, der merkt bald einmal, dass er besser mit einem anderen Club abschlägt. Das kann man mit jedem einzelnen Schläger herausfinden. Auf dieser Basis lässt sich anschliessend realistischer planen; die besten Scores macht man immer noch, wenn man keine Strafschläge schreiben muss.


Dabei spielt es natürlich ein rolle, wie man im Spiel steht. Während einer Strokeplay-runde kann man nicht konservativ genug entscheiden; liegt man aber in einem Matchplay 3 down und hat noch vier holes zu spielen, dann kann man durchaus alles auf eine Karte setzen und den Weltklasse-Drive versuchen!
Eine runde Golf mit ein paar Kollegen oder seinem Ehepartner, das ist etwas anderes als eine Turnierrunde. Was locker funktioniert, wenn es um wenig geht, das muss in der Clubmeisterschaft noch lange nicht hinhauen.
Allerdings sollte man auch jede Chance nutzen, einen aussergewöhnlichen Shot zu versuchen. Wer es beispielsweise jemals schaffen sollte, auf dem berühmten West Course von Wentworth zu spielen, mit seinen drei berühmten, unglaublich schönen Par-5-holes auf den Backnine (12, 17 und 18), und wer es dann noch schaffen sollte, seine Drives in den Fairway zu hauen, der muss unbedingt versuchen, das Green mit zwei Schlägen zu treffen. Es könnte ja sein, dass ein Eagle oder zumindest das Birdie gelingt!
WhAT ’S iN ThE BAG?
Graham Kaye erwartet von seinen Nationalmannschaftsspielern, dass sie mit vielleicht 18, 20 Clubs im Bag reisen. Angesichts der tatsächlichen Aufgaben, die während einer runde auf einem bestimmten Platz gelöst werden müssen, wird dann bestimmt, welche 14 Clubs mitgenommen werden. Dabei spielen das Wetter, der Typ des Parcours, die Gras- und Bodenverhältnisse und der Wind eine rolle.
Amateure, meint der Coach, haben oft das falsche im Bag. Kaye meint, dass ein 3-Wood schwieriger zu spielen ist als ein Driver, weil es nicht viel mehr Loft hat, aber einen viel kleineren Clubhead. «Für Clubspieler sind ein oder zwei hybrids die ideale Ergänzung zum Driver, und von einem Lob Wedge würde ich sowieso abraten». Bei einem Wedge ist der Bounce für Kaye wichtiger als der Loft, weil der Bounce das leichte oder eben heikle Spielen mit einem Wedge stark beeinflusst. Auch Amateure sollten deshalb verschiedene Wedges haben; bei weichem Boden nimmt man ein Wedge mit viel Bounce, bei hartem Boden ein solches mit wenig. Sowieso muss mit den Wedges viel trainiert werden, auch aus dem Bunker. Ein neues Sandwedge (56°) macht noch keinen besseren Bunkerspieler.

