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KonforMe rillen

neues reGleMent für die eisen

Seit dem 1. Januar 2010 sind alle Berufsspieler verpflichtet, Eisen mit weniger aggressiven Rillen zu verwenden als die bisher üblichen mit den scharfen Kanten. Hat diese Bestimmung das Golf verändert? Nein! Ist das Thema interessant? Ja!

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Der R&A und die USGA sorgen dafür, dass die Golfregeln mit der Entwicklung der Golfer Schritt halten – seien es Amateure oder professionelle Spieler. Alle Spieler werden von den Schläger-Herstellern tatkräftig unterstützt: Als dynamische Unternehmen bieten sie laufend Verbesserungen an, die das Spiel vereinfachen sollen. Wenn nun Regeln geändert werden, so ist damit die philosophische Frage verbunden, ob es akzeptabel sei, dass beispielsweise die Amateure in die Lage versetzt werden, Wunderschläge zu produzieren, die nur dank Innovatio-

«Kreativität» hoch zu halten. Die Regelverantwortlichen bewegen sich auf einem schmalen Grat. Einerseits müssen sie die Idee des Spiels bewahren, andererseits gibt es diesen Druck der Hersteller, die das Wohl ihrer Kunden und ihre Umsätze im Auge haben. Zwischen diesen Gegensätzen die richtige Balance zu halten, ist keine leichte Aufgabe.

In den letzten zwanzig Jahren hat die USGA viel Energie aufgewendet, um mit den Früchten aus der Forschung der Industrie Schritt halten zu können. Ein wenig diskreter hat sich der R&A verhalten, dennoch hat er im Hinblick auf ein einheitliches Regelwerk seinen amerikanischen Amtsgenossen im Feldzug gegen die Vereinfachung des Spiels unterstützt. Bekanntlich ist die USGA für die Golfregeln in den USA und Mexiko zuständig, der R&A ist die Regelinstanz für den Rest der Welt.

Zu Modifikationen der Golfregeln haben beispielsweise folgende Massnahmen geführt: die Limitierung des COR (coefficient of restitution), des Trampolineffekts; das Mass der zulässigen Schlägerkopfgrösse der Diver (460 m3) oder die zulässige Länge der Schläger. Was die Problematik der Rillen in den Schlagflächen der Eisen betrifft, so geht deren Geschichte weiter zurück. Denn bereits zu Beginn der achtziger Jahre hatte die USGA die Konfor- mität der rechteckigen Rillen (square grooves) definiert. Doch mit seinem neuen Modell Ping Eye 2 änderte Karsten Solheim die Form der Rillen und brachte einen Schläger auf den Markt, den die USGA als illegal eingestufte. Ping und die USGA waren sich uneins über die Art und Weise, wie der Abstand zwischen den Rillen und deren Volumen ermittelt werden soll. Die PGA Tour mischte sich in der Folge in den Zwist ein und verbot für die Saison 1990 die rechteckigen Rillen. Darauf strengte Ping einen Prozess gegen die USGA und die PGA Tour an. Nach drei Jahren kam endlich ein aussergerichtlicher Vergleich zustande, der einem Sieg von Karsten Solheim gleichkam: Die USGA und die PGA Tour erlaubten den uneingeschränkten

Gebrauch der zwischen 1985 und 1989 fabrizierten Ping Eye2. Im Gegenzug verpflichtete sich Ping, in Zukunft nur noch Schläger mit USGA-konformen Rillen herzustellen. Dieser Konflikt hat zu jener Zeit viel Staub aufgewirbelt. Nun ist er in diesem Jahr unversehens wieder aktuell geworden.

ZUGUNSTEN DER SPIELSTRATEGIE

Nach Meinung der USGA wurde die Spielstrategie auf den Par 4 Löchern zusehends zur Farce, denn die Spieler setzten beim Abschlag systematisch nur noch den Driver ein, um anschliessend mit dem Sandwedge das Green anzugreifen – unbesehen, wo der Ball zur Ruhe kam. Denn sogar im tiefen Rough liess sich der Ball dank der hohen Wirksamkeit der Rillen in der Schlagfläche mit so viel Backspin spielen, dass er kontrolliert auf dem Green liegen blieb. Man brauchte demnach den Ball nicht mehr präzise auf einen bestimmten Bereich des Fairways abzuschlagen, sondern die Devise lautet: volle Pulle! Um diesem Hauruck-Golf einen Riegel zu schieben, wurde beschlossen, für die Schläger mit mehr als 25° Loft «vernünftigere» Rillen vorzuschreiben. Es wurde aber nicht das Design der Rillen reglementiert, sondern vielmehr ihr Abstand – er ist grösser geworden. Zudem dürfen die Kanten nicht mehr scharf sein. Diese Massnahmen sollen den «Biss» auf den Ball limitieren und damit den Spin reduzieren.

Seit bekannt wurde, dass diese Materialänderung bevorstand, haben die Pros Tests gemacht. Tiger Woods zum Beispiel hat bereits im September 2009 begonnen, neue Wedges auszuprobieren. Die Pros konstatierten schnell, dass die neuen Rillen den Spin auf dem Fairway kaum beeinflussen; anders wirken sie sich jedoch im Rough aus. Im tiefen Rough füllen sich die neuen Rillen ausgeprägter mit Wasser und Gras. Das bewirkt, dass die Kanten der Rillen weniger Wirkung auf den Ball ausüben und damit weniger Spin produzieren. Die USGA hat das Ziel erreicht.

Doch die Pros waren nicht wirklich im Elend. Sie haben sich schnell mit dem neuen Material angefreundet. Sie haben gemerkt, dass ein besser auf der Schlagfläche gleitender Ball einen höheren Ballflug bewirkt. Daher haben sie den Loft der Wedges reduziert und als einfache Problemlösung gelernt, Annäherungsschläge mit mehr Roll zu spielen.

DIE ALTEN PING-SCHLäGER ENTSTAUBEN

Polemik hat sich entfacht, als Schlaumeier, die sich an den Ping-Prozess erinnerten, zu den alten Ping Schlägern griffen. Denn Ping hatte, wie schon erwähnt, von der USGA und der PGA Tour für die zwischen 1985 und 1989 produzierten Ping Eye 2 eine lebenslängliche Carte Blanche erwirkt. Fred Couples, John Daily oder Phil Mickelson gehörten zu jenen, die in ihrer Garage mit Erfolg nach den alten PingSchlägern gesucht hatten. Auf eBay stieg der

rillen-reGel der aMateure

Wir haben bereits in der letzten Ausgabe von Golf Suisse darauf hingewiesen; die Amateure haben sich nicht um die Rillen an ihren Schlagflächen zu kümmern. Für die Clubspieler sind die aktuell gebräuchlichen Eisen bis 2024 konform. Wetten, dass die Mehrheit der Spieler ihre Eisen aus einem anderen Grund auswechseln wird, als wegen deren Rillen?! Für die Spitzenamateure verhält es sich anders. Die Frist ist kürzer, denn ab 2014 sind an nationalen und internationalen Turnieren konforme Rillen Pflicht. Die Hersteller haben sich übrigens bereit erklärt, ihre Lagervorräte an Schlägern mit rechteckigen Rillen im Jahr 2010 zu liquidieren. Die neuen Modelle für die nächste Saison werden ausnahmslos mit Rillen entsprechend den neuen Regeln ausgeliefert.

Preis dieses Schläger-Modells sprunghaft an. Das Problem war nun, dass Puristen auf die Barrikaden stiegen, in der Meinung, diese Praxis widerspreche dem Geist der neuen Regelung. Die betroffenen Spieler krebsten freiwillig zurück, und John Solheim, der Sohn des Firmengründers von Ping, hat vernünftigerweise eine Übereinkunft mit der PGA Tour unterzeichnet, welche die umstrittenen Schläger definitiv von den Turnieren verbannt. Seitdem herrscht Frieden im Lager der Berufsspieler. Es fragt sich nur, wie Vater Solheim auf diese Geste der Unterwerfung reagiert hätte… Nach einer halben Saison lautet die Bilanz der neuen Regelung der USGA: Es hat keine Evolution stattgefunden! Die Spieler zücken weiterhin den Driver, bombardieren das Rough und greifen zum Sandwedge. Denn die Pros haben einfach ihre Technik an die neuen Gegebenheiten adaptiert, indem sie den Ball vermehrt rollen lassen. Auch die Hierarchie unter den Spieler blieb unangetastet! Viele Beobachter halten die Massnahme für einen Blindgänger. Man fragt sich auch, welches das nächste Steckenpferd der USGA sein wird: die Bälle vielleicht?

Jacques Houriet

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