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Grooves für Roll
Das Putten ist eine Wissenschaft, die immer wieder neue Fragen aufwirft, und das Putten ruft immer wieder findige Leute auf den Plan, welche interessante Lösungen präsentieren. Ein solcher findiger Mensch ist Harold Swash, und seine Lösung heisst Yes! Mit Ausrufezeichen...
1995 war es, als dieser Harold Swash – von dem die meisten unter uns noch nie etwas gehört haben – eine Innovation vorstellte, welche die USGA und der R&A schliesslich als regelkonform akzeptierten. Swash hatte nämlich bei seiner Arbeit als Golfpro mit zahlreichen Spitzenspielern, auch solchen von der European Tour, herausgefunden, dass es nur ganz wenige Spieler fertigbrachten, den Ball mit dem Putter so anzustossen, dass dieser sofort rollte. In den meisten Fällen schlitterte der Ball zuerst übers Green und begann erst nach einer gewissen Strecke zu rollen; manchmal sogar erst nach 50 Zentimetern. Dieses verzögerte Anrollen ist für das menschliche Auge schwierig zu erkennen; Zeitlupenaufnahmen mit Spezialkameras, welche bis 10000 Bilder pro Sekunde herstellen, zeigten dieses Phänomen aber deutlich.
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Swash begann wie ein Irrer herumzupröbeln; sein Ziel war es, einen Putter zu konstruieren, der den Ball am besten sofort zum Rollen bringt. Ein Ball, der rollt, behält seine Linie am besten – viel besser als ein Ball, der über die Grasnarbe schlittert. Am Ende und nach Versuchen mit den unterschiedlichsten Materialien und Formen kam ein Putter heraus, der auf der Schlagfläche tiefe Rillen in Kreisform eingefräst hatte. Die Idee hinter diesem Konzept besagt, dass der Golfball beim Auftreffen des Putters von zwei Rillen getroffen wird, besser gesagt von den Kanten, welche die Rillen voneinander trennen. Diese Kanten sind sehr scharf, so dass sie sich für einen Sekundenbruchteil auf der Oberfläche des Balles festhaken, während eine glatte Putter-Oberfläche auf der Hülle des Balles gleitet. Dieser «scharfe» Kontakt zum Ball reicht aber aus, diesem einen Topspin mitzugeben, oder anders gesagt, diesen nicht nur anzustossen, sondern gleich anzurollen.
C-Grooves aus Colorado
Harold Swash, der britische Pro, Tüftler, Erfinder und Putting-Guru von einigen Turniergrössen, fand in einem kleinen Unternehmen namens Pro Gear in Texas Unterstützung. Zusammen patentierten sie die Idee sofort und starteten eine Produktion von Clubheads für Putter. Sechs Modelle wurden in ersten Serien produziert; alle waren regelkonform und hatten von USGA und R&A grünes Licht. Pro Gear, vorher ein ziemlich hoffnungsloser Hersteller von Komponenten, wie es sie beinahe zu Tausenden gibt, stellte alle anderen Projekte ein, zog 1999 nach Denver in Colorado; aber für den Durchbruch von Pro Gear-Puttern brauchte es jetzt auch noch ein Marketing und einen ausreichenden Bekanntheitsgrad. Für beides sorgte ein gewisser Retief Goosen, der 2001 mit einem solchen C-Groove-Putter das US Open gewann. Nach Retiefs Frau wurde das Modell sogleich Tracy genannt, und der Tradition, die neuen Modelle jeweils mit einem Frauennamen zu versehen, ist das Unternehmen bisher treu geblieben. Nicht immer jedoch besteht eine Beziehung wie bei Goosen zu einer lebenden Persönlichkeit.

Unterdessen mangelt es an Bekanntheit nicht mehr: auf allen Tours der Welt ist die Marke Yes! dabei, nicht selten in den Händen von prominenten Spielern wie Padraig Harrington, Colin Montgomerie, Nick Faldo, Darren Clarke, Lee Westwood, Justin Rose, Sören Hansen, Ian Poulter, Paul Casey, Niclas Fasth, Henrik Stenson, Francisco Molinari, Costantino Rocca, Mark James, Tony Jacklin, Tommy Horton, Miguel Angel Jimenez, Paul Azinger und andere. Manche dieser Cracks haben bereits wieder zu einem anderen Putter gewechselt. Doch die Tatsache, dass Yes-Putter heute auf allen Tours zu den Top-5 gehören, zeigt auf, wie sehr die Produkte eben auch funktionieren – Pros spielen nicht mit Geräten, von welchen sie nicht überzeugt sind.
Dieser Swash und diese Grooves?
Aber die Frage stellt sich natürlich schon: wie kommt ein Harold Swash daher und erfindet das Putten neu? Wo hat er seinen Background her, und wieso sollte genau diese Bieridee besser sein als so manche, die man uns auch hat schmackhaft machen wollen, die aber längst wieder spurlos verschwunden ist? Etwas Recherche in den Archiven fördert immerhin zutage, dass «dieser Swash» zumindest schon sehr, sehr lange mit im Business dabei ist. Bereits 1960 hat er einen ersten Putter selber konstruiert. Er ist heute 74 Jahre alt und hat sein Leben lang in England als Golflehrer gearbeitet. Er hat früher Spielern wie Seve
Ballesteros, Sandy Lyle oder Ian Woosnam das Putten beigebracht (im Falle von Woosnam mit durchzogenem Erfolg...), und in neuerer Zeit gehörten auch Harrington, Stenson oder Howell zu seinen Anhängern. Man spricht von ihm manchmal auch als vom «European Putting Doctor». Wenn ein solcher Mann mit einer Idee kommt, dann horchen die Golfer zumindest auf. Rillen in ein Clubface fräsen, das kann jeder, und Rillen in den Schlagflächen der Eisen sind ja üblich. Sie unterstützen den Backspin, welchen der Ball mitbekommt – doch dieser ist in erster Linie das Resultat des Lofts des Clubs. Je mehr Neigung das Clubface hat, desto mehr Spin kommt auf den Ball. Putter haben aber nun sehr wenig Loft – 4°bis 6°, und zwar nur deshalb, um den Ball nicht gegen unten, also in den Rasen hinein zu stossen. Das würde ihn zum Hoppsen bringen, was eine Distanzkontrolle unmöglich machen würde. Die leichte Neigung des Putters verhilft dem Ball nicht in die Luft, sondern lässt ihn die ersten paar Zentimeter quasi auf der Höhe der Grasspitzen schweben. Anschliessend «landet» er wieder auf der Greenoberfläche und beginnt zu rollen, was ihn leicht verzögert; denn das Anrollen entspricht einer Unwandlung von horizontaler Bewegungsenergie in Rotation. Genau hier, sagt Swash, kann der Ball nicht kontrolliert werden; diese Phase müsste also eliminiert werden dadurch, dass der Ball von Anfang an rollt. Andere Marken haben das gleiche zu erreichen versucht, indem sie
Wie sich das anfühlt
Die Kontakte des Balles mit den Kanten über den Rillen sind erstaunlich sanft. In die Hände des Spielers kommt ein Feedback, das sich wie von einem sehr weichen Insert im Putter-Face anfühlt. Es ist der Ball, beziehungsweise dessen Hülle, die man besser spürt. Wer also mit einem sehr harten Surlyn-Ball (einem sogenannten Kieselstein) spielt, der hat dieses sanfte Feeling nicht, sondern spürt die harte Schale des Balles genau. Die Bälle mit weicheren Elastomeren aussenherum – wie der Titleist Pro V1, der Srixon Z-Urs, der Callaway HX Tour oder der Wilson Dx Soft – fühlen sich jedoch wunderbar weich an und nehmen so den Roll-Impuls des Yes-Putters auch optimal an.
Inserts aus weicheren Materialien ins Putterface eingesetzt haben. So soll der Ball einige Millisekunden länger mit dem Putter Kontakt haben und besser anrollen. Die C-Grooves dagegen sind noch härter zum Ball, packen ihn mit einer scharfen Kante und geben ihm eine Anfangsrotation. Zu kompliziert, diese Theorie? Kein Problem: man kann auch mit einem Putter von Yes! spielen, weil er einem gefällt, weil er anders ist, weil er perfekt verarbeitet ist, weil er einen so schönen Namen hat, oder weil er einen angenehmen Griff hat!


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