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Sonne, Sturm, Short Game
Das Omega European Masters 2007: bei schwierigen Verhältnissen entschied der Australier Brett Rumford das Turnier im Playoff gegen den Engländer Phil Archer zu seinen Gunsten, indem er einen Chip aus etwa 10 Metern direkt zum Birdie einlochte. Vorher hatten Starkwind, Kälte und schnelle Greens dafür gesorgt, dass sogar die besten Spieler den Golfplatz von Crans-Montana so richtig kennen lernten.

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Tino Weiss zu den Pros übergetreten
Einen Tag nach dem Omega European Masters gab Tino Weiss (Küssnacht) seinen Übertritt zu den Pros bekannt. Er war während mehrerer Jahre eine Stütze der Nationalmannschaft und hat im Frühsommer 2007 sein vierjähriges Studium an der University of Tennessee Knoxville mit einem Abschluss als Bachelor of Sport Management beendet; dort war er auch Mitglied des Golfteams. Vorher hat er am Sportgymnasium Davos die Matura erworben.
Tino Weiss hat sich über die Order of Merit der ASG für das Omega European Masters qualifiziert. Mit hohen Zielen ist er nach Crans gereist, musste aber einen kleinen Dämpfer hinnehmen. «Es wäre natürlich schön gewesen, hier den Cut zu überstehen und damit für viel Aufsehen zum Start meiner Zeit als Pro zu sorgen. Aber die Verhältnisse waren gegen mich, und das kurze Spiel hat zu wenig gut funktioniert».
Ausreden? Keineswegs: Weiss war für die erste Runde in der allerletzten Gruppe eingeteilt. Wegen der frostbedingten Startverzögerung konnte er am Donnerstag Nachmittag erst um 16.30 starten. Der Wind blies in Sturmesstärke, und es herrschte eine extreme Kälte. Gerade elf Holes konnte die Gruppe spielen, dann wurde das Turnier gegen 19.30 unterbrochen. Tino Weiss schaffte es mehrmals nicht, einen Chip nahe genug ans Loch zu bringen, um das Par zu retten; an Birdies war bei diesen Bedingungen sowieso kaum zu denken. Diejenigen Spieler, welche am ersten Spieltag akzeptable Scores realisiert hatten, hatten das Glück gehabt, am Vormittag spielen zu können – bevor der kalte Nordwind derart auffrischte.
In seinen ersten Monaten als Pro will Tino Weiss einmal alles unternehmen, um sich für eine Tour zu qualifizieren. Ende September (nach Redaktionsschluss) hat er in Bogogno die erste Stufe der Q-School für die European Tour gespielt. Von den Resultaten hier hängt einiges ab; die zweite und dritte Stufe finden im November in Spanien (San Roque und Sotogrande) statt. Auf der andern Seite geht er daran, sich für die Saison 2008 auch punkto Organisation und Sicherung der Finanzierung zu arrangieren, wobei ihm die Agentur 4-Sports in Baar und deren CEO Dominic Senn, wie Weiss Mitglied im GC Küssnacht, hilft. Im Club hat sich bereits eine Gruppe von Supportern gebildet –ohne Rückhalt im Club ist ein Übertritt zu den Pros sehr schwierig zu bewältigen. Wenn er es später einmal schaffen will, dann muss ein junger Spieler eine Starthilfe in irgend einer Form bekommen. Auch so bläst der Wind jedem solchen Kandidaten kalt ins Gesicht – fast wie am ersten Tag am Omega European Masters, welches Weiss mit zwei 78-Runden weit weg von jedem Preisgeld beendete. Dieses hätte man ihm als Amateur allerdings so oder so nicht ausrichten können.


Eduardo Romero im Alter von 53 Jahren 10 unter Par – Julien Clément als einziger Schweizer im Cut.
Phil Archer, Bradley Dredge und Oliver Wilson kämpften am Schlusstag mit Brett Rumford um den Titel und den Siegercheck.
Es war die perfekte Inszenierung. Am Anfang dominierte ein kalter böiger Nordwind, der bei stahlblauem Himmel und perfekter Weitsicht oft bis Sturmesstärke auffrischte. Bis zum Schlusstag dann wurden die Bedingungen immer besser; es wurde milder, der Wind schwächer, die Scores tiefer. Doch es brauchte einen Kurzspiel-Zauberer, um in die zweistelligen Bereiche unter Par vorzustossen und diesjähriger Masters Champion zu werden.
Zur Zeit noch ein Traum für Tino Weiss, aber man sagt auch «Lebe Deinen Traum» – Schlussgruppe am diesjährigen Omega European Masters, in der zu spielen dereinst einmal…
Brett Rumford hat das Omega European Masters schon von allen Seiten kennen gelernt. Seit 2000 spielt er es regelmässig, und es hat ihn auch schon an den Schluss des Klassements geschwemmt; zu denjenigen Jungs, welche am Sonntag Morgen früh auf dem von Tau triefenden Golfplatz eine trostlose Runde für ein paar Dollar drehen müssen. Zwei Mal hat er den Cut verpasst. Letztes Jahr fand er sich nach einer 64 in Runde 3 «in contention» wieder – unter den für den Sieg in Frage kommenden Spielern. Doch eine 10 an Loch Nummer 14 bedeutete Absturz auf den 44. Platz...

Das ist jetzt alles Geschichte. Er ist der Sieger des Omega European Masters, damit auch des Swiss Open, und er hat diesen Sieg nicht gestohlen. Bradley Dredge, der Titelverteidiger, präsentierte sich in Topform und kam am Schluss nur mit Pech einen Schlag zu kurz für das Playoff. Aber Rumford musste auch die Engländer Oliver Wilson und Phil Archer niederringen, die an der Spitze für eine extreme Dichte und eine ebenso extrem Spannung während der ganzen Schlussrunde sorgten. Dredge stolperte über einen unzuverlässigen Putter: neun Holes vor Schluss lag er voraus, musste dann ein Bogey hinnehmen und brachte bis zumSchluss keinen einzigen Putt mehr ins Loch.
So verdichtete sich die sportliche Spannung vor Tausenden von Zuschauern in einem Playoff, das der beste «Kurzspieler» mit einem direkt eingelochten Chip für sich entschied.
Er war der glücklichere, Phil Archer der Pechvogel, denn er brachte seinen eigenen Chip anschliessend nur nahe ans Loch, aber nicht hinein.
Guter Sport ohne Superstars
«Crans 2007» wurde zu einem denkwürdigen Turnier. Im Vorfeld waren das Fehlen von absoluten Superstars à la Sergio Garcia, Luke Donald oder Ernie Els aufgefallen und Befürchtungen über einen Niedergang des Omega European Masters laut geworden. Die Realität sah dann aber ganz anders aus. Sportlich hochste-




Exploit, unbemerkt
Mit einer ausgezeichneten 65-Runde und mit einem Platz ganz weit vorne schaffte der Engländer Miles Tunnicliff den Cut. Dabei gelang ihm ein seltenes Kunststück: er notierte nämlich ein Birdie auf vier der fünf Par 3! Das sind die Holes Nr. 3, 8, 11 und 16; bloss Loch Nr. 13 widerstand ihm mit einem Par. Das heisst: er hat fünf Par 3 mit einem Gesamtscore von 13 Schlägen gespielt... sie messen 175, 160, 187, 182 und 215 Meter!
Tadd Fujikawa – ein absolutes Phänomen
Er ist klein, aber er ist und hat ein gewaltiges Talent. Das Omega European Masters profitierte von seinem exotischen Touch – was er dabei aufgeführt hat, das würde man nicht glauben, hätte man es nicht selber gesehen!
Nicht selbstverständlich, dass Tadd Fujikawa unter uns weilt. Er kam nach fünfeinhalb Monaten mit dem stolzen Lebendgewicht von 500 Gramm zur Welt und schwebte monatelang zwischen Leben und Tod. Das war vor 16 Jahren; die hawaianischen Götter waren dem viel zu kleinen Knaben dann aber gütig gesinnt und liessen ihn am Leben – das er seither in vollen Zügen geniesst, obschon er mit 1,55 Meter Körpergrösse eigentlich für fast alles viel zu klein ist. Aber nicht für Sport, wie es scheint. Eine Karriere als Jockey liess er bisher aus, doch Golf spielen kann man scheinbar auch, wenn man viel zu klein ist. Und Tadd spielt ausgezeichnet! Als jüngster Spieler aller Zeiten qualifizierte er sich 2006 für das US Open; zwar schaffte er den Cut in Medinah dann nicht, doch die Aufmerksamkeit des Planeten Golf war ihm gewiss. Im Januar dieses Jahres tauchte er am Sony Open in Hawaii wieder auf, spielte lange ganz vorne mit und wurde nach vier Runden 20. Als Amateur, selbstverständlich.
Mit der Einladung für das Omega European Masters in der Tasche und in Begleitung seiner Mutter überquerte er zum ersten Mal den Atlantik. Zuerst hatte er in den Hochalpen einige Schwierigkeiten, den Ball ins Loch zu bringen. Die Kälte des ersten Turniertages und wahrscheinlich auch die Höhe (die Bälle fliegen hier oben um einiges weiter als auf Meereshöhe) machten ihm zu schaffen; er lag weit weg vom Cut. Das allerdings hindert ihn nicht daran, sein letztes Hole der zweiten Runde (Loch Nummer 9, 575 m langes Par 5 aufwärts) in genau zwei Schlägen zu spielen! Man nennt das einen Albatross, in den USA «Double Eagle», und es kommt so extrem selten vor, dass jedermann aufhorcht. Erst einmal war so etwas in Crans-Montana geschehen (2004 der Engländer Matthew Cort an Loch Nr. 1). Doch damit war die Fujikawa-Show noch nicht zu Ende. Am Samstag nach dem Turnier wurde um das 18. Green herum ein Geschicklichkeitstest zwischen dem ältesten und dem jüngsten Spieler des Turniers veranstaltet –Eduardo Romero gegen Tadd Fujikawa. Approach aus 100 Yards, Chip über das Wasserhindernis, Schlag aus dem Fairwaybunker und langer Putt: wer näher am Loch war. Mit seinem strahlenden Lachen und seiner ansteckenden Fröhlichkeit setzte Tadd seinen Ball vier Mal näher ran als der 53 Jahre alte Romero, der sich mit 10 unter Par im Turnier selber ausgezeichnet klassierte! So geht das!

hend verlief das Turnier, mit vielen Sieganwärtern, ausgezeichnetem Golf und einer Zuschauerzahl, welche nur ganz leicht hinter derjenigen des letzten Jahres zurückstand, als Michelle Wie ein paar Tausend Schaulustige zusätzlich mobilisierte. Doch das Event hat ein treues Publikum, welches auch ohne langbeinige hawaianische Schönheiten aufs Haut Plateau kommt, und das ist erfreulich.

Nicht einmal der FedEx Cup in den USA hat sich hinterher als grosses Problem herausgestellt. Wie Organisator Yves Mittaz erzählte, hatte er bis zum letzten Moment noch Anfragen von Spielern, welche in den USA aus dem Rennen waren und sich für eine Woche «Golfferien im Wallis» interessierten. Aus heutiger Sicht muss man sich deshalb um das Omega European Masters keine allzu grossen Sorgen machen. Schon eher Sorgen müsste man sich um die Schweizer Spieler machen. Für die meisten unter ihnen scheint der Cut eine unüberwindliche Hürde zu sein; bloss Julien Clément zeigte sich auf der Höhe der Aufgabe, spielte vier sehr passable Runden, was mit einem 48. Rang und 9200 Euro Preisgeld honoriert wurde. Doch man hätte sich bestimmt etwas mehr erhofft; das wäre möglicherweise eingetroffen, hätte unser bestes Pferd im Stall, Martin Rominger nämlich, nicht nach den ersten paar Holes der Startrunde krankheitshalber aufgeben müssen – vielleicht eine Reaktion auf den aprupten Klimawechsel von der Asian Tour ins arktische Alpenklima.
Am Cut gescheitert
Kein Spitzensportler kann Wochenende für Wochenende seine Höchstform ausspielen. Leistungsschwankungen sind deshalb genauso normal wie eine Saisonplanung, welche aus Vorbereitungsphasen und vorgesehenen Höhepunkten besteht. Zahlreiche erfolgreiche Spieler der European Tour haben am Omega European Masters den Cut verpasst. Ob das wegen schlechtem Spiel oder als eingeplanter Effekt – freies Wochenende in den Bergen – der Fall war, lässt sich nicht herausfinden. Aber es ist legitim für einen Spieler, in einer solchen Regenerationsphase zwei
Turnierrunden trainingshalber zu bestreiten und dann zwei Tage auszuspannen. Die Organisatoren von Crans-Montana führen es ja gerade als starkes Argument für ihr Turnier ins Feld, dass die Spieler gerne ins Wallis kommen, Frau und Kinder mitnehmen können und weg sind vom Grossstadtstress zahlreicher anderer Turniere.
Das muss man berücksichtigen, wenn man die Liste der prominenten CutScheiterer liest: Darren Clarke, Jean Van de Velde, Michael Campbell, Miguel Angel Jimenez, Jarmo Sandelin, Marc Warren, Sören Hansen (der eine Woche später die Mercedes Benz Championship in Köln gewann), Andres Romero, Markus Brier, Raphael Jacquelin, David Howell, Martin Kaymer, Peter Hedblom, Emanuele Canonica, Niclas Fasth, Per Ulrik Johansson.


Dazu noch ein paar Dutzend andere Spieler mit weniger klingenden Namen; der Cut nach zwei Runden lag bei Rang 65 plus Schlaggleiche. Anders gesagt: zwei Schläge über Par.
■ Aus Crans-Montana berichten: Urs Bretscher, Jacques Houriet und MartinSchnöller
Die Schweizer und der Cut
Seit 1987 haben 12 Schweizer, teilweise mehr als einmal, den Cut überstanden:
1989 : Paolo Quirici (4.)
1991 : Paolo Quirici (5.)
1992 : Dimitri Bieri (63.)
1994 : Paolo Quirici (33.), André Bossert (44.)
1995 : Paolo Quirici (31.), John Lee (Am, 78.)
1996 : Marco Scopetta (68.)
1998 : Christophe Bovet (18.)
1999 : Steve Rey (67.)
2000 : Paolo Quirici (13.), André Bossert (28.), Dimitri Bieri (77.), Steve Rey (80.)
2003 : Alexandre Chopard (73.)
2004 : Marc Chatelain (46.), Nicolas Sulzer (Am, 69.)
2005 : André Bossert (56.), Marcus Knight (77.)
2007 : Julien Clément (48.)