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Aus der Sicht des Clubfitters

Welche Eisen soll ich spielen? Sich im vielfältigen Angebot zurechtzufinden, ist nicht leicht. Besonders auch deshalb, weil den Clubspielern in der Regel nicht ein breites Spektrum an Testmaterial zur Verfügung steht. Dass der Look eines Schlägers auf den ersten Blick gefällt, ist ein wichtiger psychologischer Faktor Neben diesem ästhetischen Aspekt helfen aber noch andere Elemente mit, den Zweck eines Eisenschlägers zu erfüllen, der in erster Linie darin besteht, optimal zur physischen und spieltechnischen Anatomie seines Besitzers zu passen.

Neue Schläger sollen diejenige Unsicherheit im Spiel eliminieren, welche den Spieler überfällt, wenn er an seinem Material zu zweifeln beginnt und sich damit nicht mehr wohl fühlt: Die schlechten Schläge häufen sich und der Verdacht verhärtet sich, dass etwas mit dem Material nicht stimmt. Deswegen sollen neue Gerätschaften den Umschwung bringen. Eine Hoffnung, die sich durchaus er- füllt – wenn die richtige Wahl getroffen wird.

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Alain Pfister, Golflehrer und FittingSpezialist in Personalunion mit langjähriger Erfahrung, weist allerdings darauf hin, dass hinsichtlich der Schlägerköpfe der Eisen keine Quantensprünge mehr möglich sind. Die Spezifikationen sind eigentlich alle bekannt; die Hersteller bringen aus dem Reservoir der vielen Mög- lichkeiten neue Varianten auf den Markt, um mit deren spezifischen Eigenschaften möglichst alle Spielstufen abdecken zu können.

Für jeden Schwung ein Schläger

Falscher Ehrgeiz ist häufig die Motivation, dass sich Spieler bei der Schlägerwahl vergreifen und Material kaufen, das nicht ihrem Können entspricht: zu hoher Schwerpunkt am Schlägerblatt, zu harte und zu lange Schäfte, das sind die häufigsten Mängel, die der Fachmann am Material seiner Kunden zu korrigieren hat. Dass es sich dabei fast ausschliesslich um die männliche Fraktion der Golfer handelt, die sich von (zu) schwerem Geschütz Erfolg, sprich mehr Länge und damit verbundenes Prestige, erhofft, lässt sich mit dem Stichwort Hormone auf den Punkt bringen. Besser als dass sich der Spieler dem Schläger anzupassen hat, bewährt sich das Gegenteil. An Materialien und Designs herrscht auf dem Markt wahrlich kein Mangel. Alle MarkenProdukte sind – wie es die Tests immer wieder zeigen – qualitativ sehr gut, es gilt aus dem grossen Angebot den richtigen Typ für die eigenen Bedürfnisse auszuwählen. Es findet sich für jeden Schwung ein Club, alle Bereiche – Spielniveau, Konstitution, körperliche Verfassung und Alter –lassen sich abdecken. Das gilt insbesondere auch für Anfänger, denn das richtige Material ermöglicht einen schnelleren Lernerfolg und damit auch erfolgreicheres Spiel auf dem Platz.

Die Lage des Schwerpunktes an der Schlagfläche wirkt sich bei identischen Schwüngen verschieden aus: Eine breite Sohle deutet auf viel Gewicht in diesem Bereich, der Center of Gravity liegt demnach tiefer und hilft, den Ball in die Höhe zu treiben. Ist die Sohle schmal, so liegt auch der Schwerpunkt höher, infolgedessen verläuft die Flugbahn des Balles flacher. Einem mittelhohen Ballflug entspricht eine mittelbreite Sohle. Um den Ball mit einer schmalen Sohle optimal zu treffen, muss der Spieler ein Divot herausschlagen, während die breite Sohle über den Boden gleitet und fette Schläge verzeiht. Aus diesen Eigenschaften lässt sich leicht ableiten, für welche Spielerkategorie die Schlägerköpfe geeignet sind.

Fortschritte, die mit einem verbesserten Schwung verbunden sind, rufen in der Regel auch nach einem Materialwechsel. Mit zunehmendem Alter schwindet die Schnellkraft. Auch dieses natürliche Phänomen, dem sich leider niemand entziehen kann, erfordert eine Überprüfung des Materials. Nicht jeder ist ein Neuheiten- und Technologiefreak, der immer das Neueste im Bag haben will, ja manchen mag es gar schwer fallen, sich vom Lieblingsset trennen zu müssen. Doch es lohnt sich in der Regel, sich mit einer neuen Ausrüstung etwas Gutes zu tun. Falscher Stolz ist bei der Schlägerwahl fehl am Platz. Das Prinzip sollte lauten, sich das Spiel, das ja schon an und für sich schwer genug ist, möglichst leicht zu machen. Das heisst, mit Schäften zu spielen, die weder zu lang noch zu hart sind und Schlägerköpfe zu verwenden, die Fehler verzeihen. Wie gesagt, mit passendem Material ver- kürzt sich der Lernprozess, wenn beispielsweise ein grosser Trefferbereich auch bei nicht exakten Schlägen dennoch passable Resultate ermöglicht. Das verleiht Vertrauen in den eigenen Schwung, der durchaus gut sein kann, obwohl der Ball noch nicht regelmässig im Bereich des Sweetspot getroffen wird.

Alle Bereiche hinsichtlich des Materials lassen sich abdecken, alle Möglichkeiten stehen offen. In Anbetracht der Fülle und des nötigen Know-hows sind die Clubspieler auf fachkundige Beratung angewiesen. Die Pros der Swiss PGA sind dazu in der Lage, denn sich in Materialfragen auszukennen ist ein Teil ihres Jobs.

Schäfte und Lie

Die Schäfte – Graphit oder Stahl –unterscheiden sich nach Härte und Gewicht. Der Schwungrhythmus bestimmt das Gewicht des Schaftes, während dessen Härte von der Schlägerkopfgeschwindigkeit abhängt. Neben diesen Komponenten ist auch die Länge des Schaftes eine individuelle Komponente. Viele hilfesuchenden Fitting-Kunden von Alain Pfister haben zu lange Eisen-Sets gekauft, in der irrigen Meinung, damit besser und vor allem weiter spielen zu können. Das Gegenteil ist der Fall, wenn die Schlägerlänge nicht mit dem spezifischen Schwung übereinstimmt. Frust stellt sich ein, und der Lernprozess verlangsamt sich. Den perfekt passenden Schaft aus einer grossen Auswahl von Varianten zu finden, ist eines der zentralen Elemente des Clubfittings. Verschiedene Schaft-Optionen stehen aber ebenfalls bei Markensets immer offen. Wenn der Winkel zwischen Schaft und Schlägerkopf – der Lie – nicht stimmt, fliegt der Ball trotz korrektem Schwung nicht in die gewünschte Richtung. Der Standard-Lie ist für eine durchschnittliche Körpergrösse angepasst. Grossen oder klein gewachsenen Spielern sei darum empfohlen, den Lie ihrer Schläger von einem Fachmann überprüfen zu lassen. Noch ein Tipp vom Fitting-Experten: Markensets lassen sich problemlos auf die individuellen Bedürfnisse anpassen, Billigsets können jedoch nicht eingestellt werden. Vielfach entpuppt sich daher der Spar-Kauf im Nachhinein als Aktion, welche die Rechnung ohne den Wirt gemacht hat.

■ Martin Schnöller

Breite, mittlere, schmale Sohle

Die Schlägerköpfe der Testeisen lassen sich in drei Kategorien unterteilen. Als Unterscheidungskriterium ist für Alain Pfister die Breite der Sohle massgebend: breit, mittel oder schmal. Mit dieser Klassifizierung lassen sich die Absichten der Hersteller leicht erkennen. Eine breite Sohle bedeutet in der Regel viel Gewicht im unteren Teil des Schlägerkopfes und damit einen tieferen Schwerpunkt. Das hilft, den Ball leichter in die Luft zu bringen. Zudem gleitet die breite Sohle bei fetten Schlägen über den Boden und ermöglicht so noch ein akzeptables Resultat. Ist die Sohle dagegen schmal, gräbt sich der Schlägerkopf beim Kontakt mit dem Boden sofort ein – ein Divot ist die Folge. Daher befindet sich bei einem solchen Schläger der Schwerpunkt auch höher. Aus dem Gesagten lässt sich ableiten, dass Schläger mit schmaler Sohle für Spieler reserviert sind, die den Ball konstant gut treffen. Eine mittelbreite Sohle bietet Eigenschaften, die einem Ausgleich der beiden Extreme entspricht. Übrigens: getoppte Bälle verzeiht kein Schläger!

Breite Sohlen zeichnen Schlägerköpfe aus, die für Spieler konzipiert sind, die ohne Divots spielen, zu fetten Schlägen neigen und Mühe haben, den Ball in die Höhe zu bringen. Damit die Köpfe nicht zu schwer werden, sind Hohlräume unvermeidlich – ein Eldorado für die Designer.

www.rasmushof.at

Alain Pfister, Pro in Interlaken, Clubmaker und Clubfitter, eignete sich das Metier an den renommiertesten Clubfitting-Schulen in England und den USA an und besucht weiterhin regelmässig Fortbildungskurse. Unter dem Firmennamen Par Golf AG betreibt er zusammen mit seiner Frau Karin in Leissigen am Thunersee einen Golfshop mit angeschlossener Werkstatt.

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