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GolferUnarten

Kaum hat die Saison so richtig begonnen, sind die altbekannten Begleiterscheinungen des Golfspiels auch wieder da. Die beliebteste Szene spielt sich jeweilen an der Bar des Clubhaus-Restaurants ab, und auch gute Golfer sind nicht gefeit vor diesem Übel.

Nach der Runde trifft man sich dort zu einem Bierchen oder etwas ähnlichem. Die 18 Löcher – meint man – hat man im Prinzip hinter sich, mit den üblichen Ups und Downs. Aber es dauert keine zehn Minuten, und die brutale Wirklichkeit des Geschehens auf den Greens und Fairways kehrt zurück. Irgend so ein … na ja, Zeitgenosse, kann es wieder nicht lassen, mir und allen anderen Anwesenden seine Golfrunde minutiös Schlag für Schlag aufzutischen. Wie ein Wasserfall plätschern die Birdies aus ihm heraus, die er trotz seines stolzen zweistelligen Handicaps (lies: über 20) geschossen oder verpasst hat. Meine Versuche, die sich anbahnende Überflutung durch Einwände wie «So ist Golf halt» oder «Kann jedem passieren» zu banalisieren und zu den üblichen Stammtisch-Themen zurückzukehren, scheitern – ich muss es zugeben – kläglich. Schliesslich lasse ich zusammen mit allen anderen Anwesenden alle Hoffnung fahren, nehme ab und zu einen Schluck und warte darauf, dass dem Kollegen die Löcher ausgehen. Das kann allerdings dauern; als er «5 up & 6 to go» liegt, schätze ich den Zeitbedarf für den Schluss der Runde noch immer auf über fünf Minuten. Mir kommt in den Sinn, dass es bei den Turnieren der Swiss PGA eine ungeschriebene Regel geben soll: jeder, der zurück ins Clubhaus kommt, darf genau eine einzige Zahl «erzählen». Sein Score nämlich. Ein solches hat unser Zeitgenosse natürlich nicht. Erstens ist es eine ganz gewöhnliche Runde um gar nichts unter Kollegen gewesen, und zweitens hält er nichts von «play the ball as you find it» oder «no mulligans or roll-overs». Er legt besser, wann es ihm passt, und ist auch bekannt dafür, weder Divots noch Pitchlöcher auf den Greens zu reparieren.

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A propos Pitchlöcher: der ärgste Feind eines guten Golfers ist einer, der sich «Slow Play» nennt. Da habe ich kürzlich auf meinem Heimplatz wieder einmal eine punkto Kompliziertheit rekordverdächtige Preshot Routine gesehen –aber lassen wir das. Das zweitschlimmste Übel sind Pitchlöcher auf den Greens. Abgesehen davon, dass man als Hacker eigentlich stolz darauf sein sollte, ab und zu ein solches aus eigener Produktion ausbessern zu können, schlagen beschädigte Greens irgendwann einmal auch auf die Unterhaltskosten des Golfplatzes, wie in dieser Ausgabe auch zu lesen ist. Aber was schreibe ich da? Ihnen, lieber Leser, liebe Leserin, muss ich das ja nicht erklären; es sind die anderen, die uns permament mit solchen Schlampereien ärgern.

Daneben gibt es natürlich weitere Sünder. Sie lassen Schläger neben dem Green liegen, schlurfen auf diesem herum, vergessen das Rechen des Sandes nach einem Bunkerschlag, schreien auf dem Platz herum, sind nicht bereit, wenn sie an der Reihe sind, schleppen viel zu viele Dinge in ihrem Bag mit (welche sie verlieren, vergessen oder anders verhühnern können), markieren ihre Bälle nicht, suchen stundenlang im Out oder sonst wo nach eigenen oder fremden Bällen.

Aber die schlimmsten, das sind die mit ihren Birdies an der Bar...

Trotzdem einen endlich etwas wärmeren und trockenern Saisonstart mit vielen – Birdies natürlich!

Urs Bretscher, Chefredaktor

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