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Katrin Blumberg im Interview

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Der Wassersport erfreut sich allgemein steigender Beliebtheit? Können Sie das bestätigen?

KATRIN BLUMBERG: Ich muss präzisieren, Wassersport ist ja nicht gleich Wassersport. Rafting war einer der ersten «Adventure Sports», der Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre in der Schweiz sehr im Trend war. Nach dem ersten Boom sind die Zahlen nun seit Jahren stabil. Aktuell erfreuen sich zum Beispiel Canyoning und das Stand-up-Paddling SUP besonderer Beliebtheit. In diesem Bereich ist die Teilnehmerzahl in den letzten Jahren stetig gestiegen.

Gibt es andere Trends im Bereich Wassersport?

In den letzten Jahren ist Schlauchbootfahren auf Flüssen wie Aare und Reuss extrem gewachsen – aber eher als privater Freizeitspass mit Freunden in Kleingruppen und auf eigenen, oft billigen Gummibooten. Grundsätzlich haben «soft adventures», bei denen man die Natur auch ohne Guide erleben kann, an Beliebtheit gewonnen; das gilt allgemein für Outdooraktivitäten. Zudem werden die eher gemütlich-geselligen Touren mit kleinem Risiko vor allem für Firmenevents und Schulausflüge gebucht. Dem gegenüber stehen die Touren auf schwierigeren Flüssen. Im Bereich Wildwasser ist man auf professionelle Begleitung und Anleitung angewiesen, weil häufig vermehrt Abenteuer, mehr Erlebnis, mehr Exklusivität gesucht wird. Solche Aktivitäten sind bei abenteuerlustigen Menschen sehr beliebt.

Wie sieht die Entwicklung bei Funyaks aus?

Funyaks gibt es zwar schon lange, in der Schweiz sind sie aber noch eher eine neuere Erscheinung. Sie tragen dem Wunsch der Gäste nach mehr Individualität und nach persönlicher Herausforderung Rechnung. Statt mit anderen Personen in einem Raft zu sitzen und nach den Anweisungen eines Guides nach links oder rechts zu paddeln, muss bei den Funyaktouren jeder seinen eigenen «Schweinehund» bezwingen und Stromschnellen selbstständig unter Anleitung und Aufsicht eines Guides bezwingen. So wird jede Tour zu einer persönlichen Herausforderung und zum individuellen Erfolgserlebnis – ein wachsendes gesellschaftliches Bedürfnis.

Welche Voraussetzungen muss man für eine Funyaktour mitbringen? Muss man beispielsweise ein guter Schwimmer sein?

Ja, bei den Funyaktouren ist Schwimmen eine wichtige Voraussetzung, allerdings muss man kein sehr guter Schwimmer sein, da man dabei eine Schutzausrüstung mit Schwimmweste trägt. Ausserdem gibt es für das Wildwasser spezielle Schwimmtechniken, welche bei der Instruktion vor dem Start zur Tour demonstriert werden und leicht umzusetzen sind. Mindestens genauso wichtig ist, dass Gäste keine Angst vor dem Wasser haben; falls sie denn mal aus dem Boot fallen sollten.

Kanuschule Versam

Nachdem schon Mitte der 80er-Jahre die ersten Kanufahrer in der Rheinschlucht ihrem Hobby nachgegangen sind, wurde 1989 die Kanuschule Versam GmbH gegründet. Das Angebot umfasste anfänglich Kajakkurse und Kanulager für Jugendliche. Schon bald wurden weitere Räumlichkeiten beim Bahnhof Versam gekauft, aus- und umgebaut, um den Gästen eine bessere Infrastruktur bieten zu können. Ein kleiner Kanushop wurde eingerichtet und das Kursangebot und Ausbildungen im Bereich Wildwasser, Sicherheit und Kajak stetig ausgebaut. 2008 konnte das neue grosszügige Bootshaus gebaut werden. Dank der Zusammenarbeit mit der RhB werden Gäste und das Material auf dem Schienenweg befördert.

www.surselva.info/ Kanuschule-Versam

Swiss River Adventures

Die Swiss River Adventures GmbH ist Spezialist für Outdooraktivitäten, insbesondere für Wildwasser- und Flussabenteuer. Angeboten werden Rafting, Canyoning, Funyaktouren, Kajakschnupperkurse, Jugendlager sowie Übernachtungstrips im Expeditionsstil. Das Unternehmen organisiert Touren und Erlebnistage für Einzelpersonen, Familien, Gruppen, Firmen und Schulklassen. Die Kombination von Genuss und Fun vor der Landschaftskulisse des Flusses erlaubt hochwertige Naturerlebnisse. Dabei profitieren die Gäste von der langjährigen Erfahrung, Professionalität und der Sicherheitszertifizierung gemäss ISO 21101.

www.surselva.info/Swiss-River-Adventures

Wasserchraft

Seit mehr als 20 Jahren bietet Wasserchraft Rafting auf verschiedenen Flüssen im Kanton an. Seit vielen Jahren auch auf dem Vorderrhein. Die Infrastruktur an der Basis beim Bahnhof in Ilanz ist optimal für Raftingtouren eingerichtet. Den Wassersportlern stehen Garderoben, Toiletten, Duschen, Grill- und Sitzplätze zur Verfügung, auch Parkplätze sind genügend vorhanden. Angesprochen sind Einzelpersonen, Gruppen oder Unternehmen, die dieses einmalige Naturerlebnis «erpaddeln» möchten. Neben dem Rafting werden ebenso Funyakkurse für Einzelpersonen oder kleine Gruppen angeboten.

www.surselva.info/WasserchRaft

Wo liegen die Unterschiede zwischen einer klassischen und einer anspruchsvollen Funyaktour?

Bei einer klassischen Tour meistern die Gäste kleinere Hindernisse auf der unteren Hälfte des Vorderrheins und bewegen sich auf einfachem Wildwasser mit Strömungen und kleinen Wellen. Das ist auch für Kinder und Jugendliche gut machbar. Eine anspruchsvolle Tour findet auf schwierigerem Wildwasser mit grösseren Wellen, mehr Strömung und technisch schwierigeren Stromschnellen statt. Auf diesen Touren ist die Wahrscheinlichkeit deutlich grösser, gelegentlich aus dem Boot zu fallen.

Wo sind mögliche Grenzen, um allgemein Sportaktivitäten auf dem Wasser zu geniessen?

Für unsere Firma gilt: Diese Betätigung ist nicht geeignet für Schwangere und das Mindestalter ist je nach Schwierigkeitsgrad der Tour auch einzuhalten. Kinder müssen zudem gross genug sein, damit die Schwimmweste sicher sitzt. Grundsätzlich ist auch eine moderate Fitness von Vorteil. Wie schon erwähnt, Grundkenntnisse im Schwimmen sollten auch vorhanden sein. Grundsätzlich ist das Alter aber kein Hindernisgrund, um Wassersport auszuüben. Auf dem Vorderrhein war mein ältester Gast bereits 85-jährig.

Wie werden Ihre Gäste für eine Tour auf dem Wasser vorbereitet?

Neben der Anleitung zum Anziehen der Ausrüstung, beispielsweise Neoprenanzüge, Schwimmwesten, Helme oder auch Spritzjacken, gibt es eine Sicherheitseinweisung inklusive einer Demonstration über das richtige Verhalten bei einem Sturz aus dem Boot sowie ein Paddeltraining auf dem Wasser.

Welche Ausbildung haben Ihre Guides?

Alle Anbieter von Wildwassertouren auf Wildwasser des Levels 3 – dazu gehört die obere Hälfte des Vorderrheins – und höher müssen jedes Jahr ein Sicherheitsaudit bestehen und eine Bewilligung haben. Teil dieses Audits ist die Überprüfung, ob alle Guides gemäss den in der Schweiz gültigen Qualifikationen ausgebildet sind. Die Liste der anerkannten inländischen und ausländischen Qualifikationen wird durch das Bundesamt für Sport BASPO geführt. In der Schweiz ist die Swiss Outdoor Association der grösste Ausbildungsverband im Bereich Sommer-Outdooraktivitäten, inklusive Rafting, Canyoning, Kanu, SUP, Hochseilgärten, Bungy, Höhlentouren etc.

Wie sieht es punkto Material aus? Wird das laufend überprüft?

Auch das Material wird bei den Sicherheitsaudits überprüft. Es muss den geltenden schweizerischen Vorschriften und Normen entsprechen und periodisch überprüft werden. Ausserdem müssen Prozesse bestehen, die verhindern, dass defektes Material zum Einsatz kommen kann.

Gibt es Sicherheitsvorkehrungen, die speziell in der Rheinschlucht beachtet werden müssen?

Eine der wichtigsten Punkte ist der Wasserstand. Das gilt für jede Flusstour. Jede Firma hat einen schriftlich festgelegten und im Audit abgefragten Höchstwasserstand, bei dem die Firma eine Tour nicht mehr durchführen darf. Das braucht viel Erfahrung; wie schnell kann der Wasserstand steigen, wo kommt das Wasser her, was kann sich während der Tour ändern. Zudem muss gerade in der Rheinschlucht jeder Guide Evakuationspunkte kennen, da man in der Ruinaulta nicht wie bei vielen anderen Flüssen überall mit dem Auto bis ans Ufer fahren kann. Weiter werden auf jeder Tour Erste-Hilfe-Ausrüstung, Rettungsmaterial und Kommunikationsgeräte mitgeführt.

Gibt es sonst Punkte, die Sie als Anbieter von Rafting- und Kanufahrten speziell in der Ruinaulta bedenken müssen?

Ja, es gibt Naturschutzgebiete, welche zu bestimmten Jahreszeiten, beispielsweise während der Brutzeit von Kiesbrütern, nicht betreten werden dürfen. Zudem ist gemäss Richtplan festgelegt, wo mögliche Einstiegs- und Ausstiegsstellen sowie Rastplätze sind. Die Guides müssen sowieso alle allgemeinen Infos zu Natur, Flora, Fauna, Geschichte und Umwelt kennen. Für die Durchführung von kommerziellen Raftingtouren braucht es weiter eine Betriebsbewilligung, dann die Bewilligung der Landbesitzer der Ein- und Ausstiegplätze und auch eine Bewilligung des kantonalen Schifffahrtsamts. Rafting auf dem Vorderrhein ist nur von Mai bis Oktober gestattet; für Kanu-, Kajak- und Funyaktouren gilt diese Einschränkung jedoch nicht. Grundsätzlich darf ich sagen, dass ein sehr einvernehmliches Miteinander unter den Anbietern und den Tourismusorganisationen besteht.