Programmheft - Stauss.SOAP

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in Moll. Die Oboe lässt den Hauptwalzer in zartesten Tönen anklingen, während die Streicher eine Art „Waldweben“ vor dem Hörer ausbreiten. Unversehens stiehlt sich der Walzerrhythmus ins Naturbild, erst schüchtern, dann kräftiger. Schließlich erhält der erste Walzer seinen triumphalen Auftritt. Natürlich beschließt er auch die gesamte Walzerfolge in Form einer zarten romantischen Reminiszenz. Momente „sinfonischer Arbeit“ wie diese finden sich in dem gesamten Walzer immer wieder. Als die Wiener der Uraufführung dieses Walzers lauschten, wurde nicht getanzt: Es war üblich geworden, den jeweils neuesten Strauß-Walzer in der Pause des Tanzabends schweigend anzuhören – als reines Konzertstück. Erst danach warfen sich die Tänzer wieder mit Schwung in den Dreivierteltakt, bis im Laufe des Abends auch auf den neuen Walzer zum ersten Mal getanzt werden durfte. Ganz so erging es auch dem „Künstlerleben“, das seinen Titel nicht zufällig erhielt: Am 18. Februar 1867 lud die Wiener Künstlervereinigung „Hesperus“ zu ihrem jährlichen Faschingsball in den Saal des Diana­ bades ein. Strauß verneigte sich vor dieser ehrenwerten Ansammlung der bedeutendsten Künstler in den diversen Sparten durch diesen Walzer, der anfänglich bedeutungsvoll, nachher immer ironischer die „Bohemiens“ von Wien por­ trätiert.

Wein, Weib und Gesang Es verwundert nicht, dass sich Richard Wagner unter allen Walzern von Johann Strauß Sohn ausgerechnet „Wein, Weib und Gesang“ zum Lieblingswalzer erkor. Leere Quinten und eine archaische Melodie im mixolydischen Kirchenton eröffnen das Werk auf eine geradezu mittelalterliche Weise. Dieses „Andante quasi religioso“ in Es-Dur ist eine Einleitung von sinfonischen Ausmaßen und würde in ihrer weihevollen


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