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Hasta la vista Hamsterrad

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Vive la Fair

Vive la Fair

Work Traveler, Frugalisten, Work-Life-Balencer – eine neue Generation Arbeitnehmer erfordert das Umdenken der gesamten Branche. Welche Ansprüche stellen junge Auszubildende an den Modehandel und was tut dieser, um den Mehrwert dieser Generation gerade hinsichtlich neuer Technologien und Kommunikationsformen wertzuschätzen? Die Generation Z gibt dem Handel einige Hausaufgaben auf. Text: Isabel Faiss. Illustration: Claudia Meitert@Caroline Seidler

DAS IMAGE DER LEHRE MUSS BESSER WERDEN Günter Dworschak, Verkaufsleiter Modehaus Adelsberger

„Die Azubis heute haben andere Prioritäten und leben oft in einem anderen familiären Umfeld. Heute ist es normal, dass beide Eltern berufstätig sind und Karriere machen wollen. Aber natürlich spüren wir auch, dass immer mehr Jugendliche höhere Schulen besuchen wollen und die Lehre an Wertigkeit verloren hat. Das Image der Leh re muss besser werden. Man muss jungen Arbeitnehmern heute ein Umfeld bieten, wo sie sich zu Hause fühlen, einen Gesprächsrahmen finden für diverse Anliegen, Sicherheit erleben, Ansprechpartner, die ihre Themen haben (junge Lehrlingsverantwortliche). Man muss zuhören und zugleich auch fordern. Azubis sind heute sehr oft zarte Pflänzchen, die vieles im Job lernen müssen, was sie früher zu Hause gelernt haben. Deshalb ist ein starkes Umfeld in einem Unternehmen mit positivem Image wichtiger denn je. Aber auch eine zielgerichtete und gute Führung. Über den Standard hinaus fördern wir sie daher in Form von externen Workshops mit anerkannten Partnerbetrieben, über interne Schulungen und Lehrlingsprojekte, wo sie gefordert, aber auch gefördert werden. Als Beispiel von uns: 2018 durften die Lehrlinge einen eigenen Shop planen, einrichten, einräumen und dann auch über einen vorher definierten Zeitraum betreiben.“

LIFE-LIFE-BALANCE Andreas Moreau, Inhaber Mode & Sport Moreau, Kaprun

„Es gibt einen internen Lehrlingsentwicklungsplan mit Begleitung bis zur Lehrabschlussprüfung. Wir lernen täglich auch von unseren Lehrlingen, die zu vielen Themen wie Warenpräsentation, Kunden kontakt oder diverse interne Abläufe oft einen sehr einfachen und unvoreingenommenen Zugang haben. Hier entsteht das größte intrinsische Motivationspotenzial, wenn sie in einem vorgegebenen Rahmen Entscheidungen treffen können und ihre Meinungen offen äußern dürfen. Unsere Lehrlinge kennen die Floskel ,Kann ich ihnen helfen‘ nicht, die ist auf ihrer Festplatte nicht abgespeichert. Daraus entsteht ein völlig neues Gesprächsverhalten. In einem gesunden Umfeld von Geben und Nehmen schätzen unsere Lehrlinge die vie len Freiheiten, die sie haben, trotz vieler Tätigkeiten, die einfach das Lehrlingsdasein mit sich bringt.“

ES GEHT UM TRANSPARENZ! Amir Amiri, Communication Manager Layers, London

„Heute legen Mitarbeiter viel mehr Wert auf gute Arbeitsbedingun gen und ein gesundes Arbeitsumfeld. Generell ist unsere jüngere Generation emotional stärker vernetzt und auch ethischer. Meiner Meinung nach ist es heute nicht schwieriger, gute Leute zu finden, es ist nur eine völlig andere Welt. Die Industrie ist viel globaler aus gerichtet, die Mitarbeiter sind viel vernetzter und ihre Ansprüche dementsprechend höher. Aber man findet immer noch gute Leute da draußen. Natürlich gibt es die, die sagen, dass Instagram haufenwei se junge Möchtegernprominente produziert, mit schlechten Werten und mieser Arbeitsmoral. Aber ehrlich gesagt, empfinde ich die jün geren Mitarbeiter fachlich versierter und ebenso lern-, entwicklungsund arbeitsfreudig. Ich bin ein großer Fan der Redensart: Work smarter, not harder. Unsere Branche hatte viel zu lange viel zu wenig Transparenz, das hat eine Gegenreaktion verursacht. Die Menschen wollen und brauchen Transparenz. Alle haben genug davon, ständig nicht genug zu sein: nicht sexy genug, nicht dünn genug, nicht weiß genug. In Anbetracht der Tatsache, dass die Menschen heute ihre Persönlichkeit stärker ausdrücken und ihre eigene Identität besser akzeptieren, geht es noch stärker darum, dass sich Mitarbeiter mit den Werten des Unternehmens identifizieren, für das sie arbeiten.“

PARADIGMENWECHSEL UND EVOLUTION Martina und Hannes Profanter, Gründer und Geschäftsführer von Maximilian in Südtirol

„Mit der sogenannten Generation Z erleben wir fast schon einen Pa radigmenwechsel, die Spielregeln ändern sich. Der Umgang mit Autorität und Hierarchien ist völlig anders, genauso wie es die Erwartungen gegenüber Job und Entwicklung im Beruf sind. Es herrscht ein anderes Wertesystem. Flache Hierarchien, Community-Ansätze, eine demokratische Arbeitsaufteilung gehören zur Normalität. Die Erwartungen sind hoch, die Belastbarkeit hält sich oft in Grenzen. Der Planungshorizont und die gesetzten Ziele sind kurzfristig, was auch einen Einfluss auf die Loyalität hat. Die Konfrontation mit der Generation Z ist aber nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Bereicherung, denn es werden komplett neue Ansätze und Sichtweisen ins Spiel gebracht, neue Lösungen und Herangehens weisen, die für die Zukunft und die Wettbewerbsfähigkeit wertvoll sind. Dieser Clash of Generations bedeutet Evolution. Was das Finden der richtigen Mitarbeiter betrifft, ist es wie eine Diamanten suche: Der wertvolle Edelstein ist rar und nicht immer leicht zu erkennen, aber er ist vorhanden. Wir möchten den Nachwuchs mit den Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten begeistern. Testimoni als dafür sind die vielen Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Leistung eine beeindruckende Karriere bei Maximilian absolviert haben.“

WUNSCH UND WIRKLICHKEIT René Weise, Filialleiter Bram, Luxemburg, Zweigniederlassung der Konen Bekleidungshaus KG

„Nein, ich stimme nicht in das Wehklagen der Branche ein. Aber natür lich erleben auch wir vermehrt junge Menschen, die durch eine verzerrte mediale Darstellung denken, dass sie mit einem Instagram-Profil oder YouTube-Content hohe Anerkennung erreichen oder ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Eine Ausbildung, die sich an den Standards von vor 20 Jahren orientiert, würde mir aus heutiger Sicht auch die Motivation nehmen. Dort müssen HR-Verantwortliche ansetzen. Junge Menschen wollen nicht mehr mit Aufgaben abgespeist werden, nur damit sie beschäftigt sind. Ich persönlich erlebe in Gesprächen mit unseren jüngsten Mitarbeitern, dass sie bereit sind, ihr Potenzial einzubringen, wenn sie den Sinn oder Mehrwert für sich erkennen und das Unternehmen von morgen mitgestalten können. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass wir Auszubildende oder auch junge Menschen einstellen, die vom Image ihrer bisherigen Arbeit geber getäuscht wurden bzw. das perfekte Employer Branding wenig mit dem Berufsalltag oder der Unternehmenskultur gemeinsam hatte. Unsere Auszubildenden dürfen eigene Projekte gestalten, um Zusammenhänge zu erkennen und um aus Fehlern zu lernen. Durch unsere beiden Standorte in München und Luxemburg haben in den letzten Jahren immer wieder junge Mitarbeiter das Angebot angenommen, auch mal am jeweils anderen Stand ort tätig zu sein.“

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