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Di 08.03.2022 Die Deutschlehrerin
Eberle & Prohaska
Kammerorchester Basel
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Dauer 120 Min. (inkl. Pause) Abo Konzert Preise 75|65|55
Violine
Veronika Eberle
Sopran
Anna Prohaska
Leitung als Konzertmeister
Daniel Bard
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809—1847)
Streichersinfonie Nr. 4 in c-Moll MWV N 4 1. Grave–Allegro 2. Andante 3. Allegro vivace
Wolfgang Amadeus Mozart (1756—1791)
Violinkonzert Nr. 5 in A-Dur, KV 219 1. Allegro aperto 2. Adagio 3. Rondeau. Tempo di Menuetto
«Non più. Tutto ascoltai» — «Non temer, amato bene» KV 490 Szene mit Rondo für Sopran/Tenor und Orchester (mit Solo-Violine) ***
Felix Mendelssohn Bartholdy
«Infelice» – «Ah, ritorna, età felice» op. 94 für Sopran und Orchester Text von Pietro Metastasio
Sinfonie Nr. 1 in c-Moll, op.11 1. Allegro di molto 2. Andante 3. Menuetto. Allegro molto 4. Allegro con fuoco
Unterstützt durch: Sie gelten als die beiden bekanntesten Wunderkinder der Musikgeschichte: Wolfgang Amadeus Mozart und Felix Mendelssohn Bartholdy. Mendelssohn war keine 16 Jahre als er seine Streichersinfonien und seine 2. Sinfonie komponierte. Mozart war noch keine 20 Jahre alt, als er seinen Zyklus der Violinkonzerte mit dem 5. Konzert beendete. Diesem frühen Schaffen der beiden Komponisten nimmt sich das Programm des Kammerorchester Basel gemeinsam mit der Geigerin Veronika Eberle und der Sopranistin Anna Prohaska an.
Mozart gilt als das Paradebeispiel eines Wunderkindes. Das liegt mitunter daran, dass er schon von Kindsbeinen an nicht nur in einer musikalischen Disziplin brillierte, sondern gleichen in drei: dem Klavierspiel, dem Geigenspiel und der Komposition. Im September 1778, als die Rückreise von Paris nach Salzburg anstand, hatte Mozart aber von einer dieser Künste genug. Er schrieb seinem Vater: «Nur eines bitte ich mir zu Salzburg aus, und das ist: dass ich nicht bey der Violin bin, wie ich sonst war. Keinen Geiger gebe ich nicht mehr ab; beym Clavier will ich dirigieren.» Dies erklärt denn auch, warum sämtliche Violinkonzerte Mozarts vor 1777 komponiert waren, genauer zwischen 1773 und 1775. Streng genommen fällt diese Schaffenszeit aus musikwissenschaftlicher Perspektive jedoch nicht mehr in Mozarts Wunderkind-Periode, sondern bereits in die Periode der Jünglingszeit und Jugend, die ihren Anfang 1773 nimmt. Ungeachtet dessen gehört das Violinkonzert in A-Dur, KV 219, zu den schönsten und wertvollsten Zeugnissen dieser Zeit des Violinspiels. Es ist nicht nur das längste und anspruchsvollste Violinkonzert, sondern auch das vielschichtigste und originellste – auch in Bezug auf die Orchestrierung. A-Dur steht bei Mozart bekannterweise für eine Fülle von Schönheit. Es wäre aber nicht Mozart, wenn er diese Schönheit nicht von düsteren, nachdenklichen oder gar militärischen Klängen durchbrechen würde und somit immer wieder für Überraschungen sorgt. Der erste Satz beginnt mit erwartungsvoll aufsteigenden Dreiklängen über einem elektrisierenden Tremolo. Der Einsatz der Solovioline findet keinesgleichen in der Instrumentalmusik (wenn, dann sind solche Kniffe aus Mozarts Opern bekannt): Statt den satten, energischen Ton des Orchesters aufzunehmen, unterbricht sie diesen quasi mit einem wie improvisiert anmutenden Adagio. Erst danach wird sie Teil der anfänglich gehörten, energischen Musik des Orchesters. Im darauffolgenden Adagio stehen Seufzerfiguren vom ersten Takt an im Fokus des in E-Dur stehenden Satzes, der sich im Mittelteil weit in Mollregionen wagt. Umso anmutiger und unbeschwerter folgt das Rondo. Als Menuett führt die Solovioline das berühmte Thema ein, das sich in der Folge im Spiel mit dem Orchester entfaltet, bevor der Tanz unterbrochen wird: Ein «Türkischer Marsch»

hält Einzug (wiederum eine Spielerei aus der Oper, genauer ist sie dem «Lucio Silla» entnommen). Die jähe Gewalt dieser Musik mit fremdartigen Harmonien und krassen Akzenten wird in den tiefen Streichern durch die Anweisung «coll’arco al rovescio», also mit dem Holz des Bogens auf die Saiten hauend, verschärft. Umso heftiger ist der Kontrast dann bei der Rückkehr zum ursprünglichen, höfisch eleganten Menuett.
Die Konzertarie «Non più. Tutto ascoltai»—«Non temer, amato bene» entstand knappe 10 Jahre später. Den Text entnahm Mozart der 1781 komponierten Oper «Idomeneo».
Das Werk beginnt mit einem Rezitativ in C-Dur. Den Wechsel in die Arie, die in B-Dur steht, wird durch die Solovioline eingeleitet. Diese begleitet in der Folge den Soprano bis zum Ende.
Ilia: Non più. Tutto ascoltai, tutto compresi. D‘Elettra e d‘Idamante noti sono gli amori, al caro imegno omai mancar non dei, va, scordati di me, donati a lei.
Idamante: Ch‘io mi scordi di te? Che a lei mi doni Puoi consigliarmi? E puoi voler ch‘io viva?
Ilia: Non congiurar, mia vita, Contro la mia costanza! Il colpo atroce mi distrugge abbastanza!
Idamante: Ah no, sarebbe il viver mio di morte Assai peggior! Fosti il mio primo amore, E l‘ultimo sarai. Venga la morte! Intrepido l‘attendo, ma ch‘io possa Struggermi ad altra face, ad altr‘oggetto Donar gl‘affetti miei, Come tentarlo? Ah! di dolor morrei!
Non temer, amato bene, Per te sempre il cor sarà. Più non reggo a tante pene, L‘alma mia mancando va. Tu sospiri? o duol funesto! Pensa almen, che istante è questo! Non mi posso, oh Dio! spiegar. Stelle barbare, stelle spieiate, Perché mai tanto rigor? Alme belle, che vedete Le mie pene in tal momento, Dite voi, s‘egual tormento Può soffrir un fido cor! Ilia: Genug! Ich bin entschlossen! Da meinen harten Vater nicht Fleh’n noch Tränen rühren, so wähl’ ich standhaft, die Frei statt heil’ger Mauern; dort kann ich meine Hand dir treu bewahren!
Idamante: Verraten sollt’ ich dich? Um schnöden Reichtums Willen? Die Liebe Schwur dir brechen?
Ilia: Nein! Ohne dich, Geliebter, lacht mir kein Glück auf Erden! Nur Gram und Reue würd ich mir selbst bereiten!
Idamante: Ja, Freund, mehr schadert mich vor Meineid als vor dem offenen Grab! Du meine erste Liebe, sollst auch die letzte bleiben! Nichts als der Tod kann unser Band zerreissen! Lass uns dem Schicksal nicht länger widerstreben! Lass uns der Trennung voll Mut entgegen gehen! Und wär’s auf ewig? So sterb’ ich als die Deine!
Lass uns standhaft scheiden, dir gehört mein Herz! Nie kann dir dies Herz entsagen, eh erlieget es seinem Schmerz. Du seufzest? Hinweg mit Klagen! Hoffnung, lässt nicht verzagen! Hoffnung stärkt das matte Herz! Strenger Vater! Wodurch hat Liebe, die vom Himmel stammt, dich zum Zorn entflammt? Edle Zeugen meiner Leiden, müsst ihr nicht selber sagen: solche Qualen zu ertragen, ward noch nie ein Herz verdammt! Edle Seelen saget selber zu solchen Qualen ward noch nie ein Herz verdammt.
«Infelice» – «Ah, ritorna età felice» entstand 1834 und im Auftrag der Philharmonic Society of London. Mendelssohn komponierte das Werk mit 25 Jahren über eine von ihm selbst als «allerschönsten Unsinn» bezeichneten Textcollage aus verschiedenen Libretti Metastasios. Die Uraufführung sollte von Maria Malibran gesungen werden. Dies gab Mendelssohn Anlass zur zusätzlichen, äusserst virtuosen Violinstimme, die er ihrem Mann, dem belgischen Geiger Charles-Auguste de Beriot, zuschrieb.
In Mendelssohns Schaffen finden sich insgesamt 5 Sinfonien, von welchen den meisten seine «Italienische» und seine «Schottische», vielleicht noch seine «Reformations Sinfonie» bekannt sind. Noch bevor sich Mendelssohn dem Komponieren der Sinfonien widmete, schrieb er allerdings noch vor seinem 15. Lebensjahr 12, heute eher unbekannte, Streichersinfonien. Sie zählen zu Mendelssohns Jugendwerk, das allgemein eine Auseinandersetzung mit der Musik Bachs, Haydns, Händels, Mozarts und vieler Zeitgenossen aufweist. Mendelssohns Sinfonie Nr. 1 in c-Moll war denn zunächst als seine Nr. 13 bezeichnet und wurde erst später als erste «vollgültige» Sinfonie gezählt. Das Werk fristet heute ein gewisses Schattendasein in den Konzertprogrammen der Orchester. Das mag daran liegen, dass es sich in seiner Stilistik deutlich von Mendelssohns späteren Sinfonien unterscheidet. Bedenkt man aber, dass der Komponist zum Entstehungszeitpunkt gerade einmal 15-jährig war, ist sein Schaffen umso beeindruckender. Doch auch Mendelssohn selbst blickte 10 Jahre nach dessen Entstehung sehr kritisch auf sein Werk zurück und schrieb in einem Brief an Henriette Voigt im Jahr 1835: «Können Sie die Ausführung noch verhindern, so thun Sie mir einen Gefallen, können Sie es nicht, so wird es Ihnen ein Leichtes sein, […] unter Ihren Bekannten es zu sagen,[…] dass sie [die Sinfonie] von einem Jungen gemacht ist, der kaum 15 Jahr war […]. Es wäre mir lieb, wenn das im Publlikum vor der Aufführung bekannt würde, und wenn Sie es veranlassen können, würden sie mir einen Gefallen damit thun, weil mir das Stück wirklich kindisch vorkommt». Die Sinfonie ist noch deutlich dem Vorbild der Sinfonien der Wiener Klassik verpflichtet. Der 1. Satz steht in der Sonatensatzform in c-Moll, der kontrastierende Seitensatz in Es-Dur. Während Mendelssohn die Durchführung und Reprise sehr kurz hält, beansprucht die Coda viel Raum. Dort wird das Thema nochmals variiert und entwickelt sich weiter. Im anschliessenden Andante spielt Mendelssohn formell mit einer Mischung aus Sonatensatz und Rondo. Das dominierende Hauptthema erfährt ständige neue Variationen. Im Menuett ist vor allem die synkopische Melodieführung charakteristisch. Sie gilt als Indiz für eine direkte Anlehnung an Mozart. Der Schlusssatz ist wiederum ein Sonatensatz, wiederum in c-Moll und ist auch thematisch mit dem ersten Satz verwandt. Er endet in einer Fuge.
Infelice ! già dal mio sguardo si dileguò... Partì. La mia presenza l’iniquo non sostenne. Rammenta al fine i falli, i torti suoi, Risveglia la tua virtù, scordati l’empio traditor !... Amante sventurata ! ... E l’amo pure... Così fallace amore, le tue promesse attendi ? Tu non mai rendi la rapita quiete ? Queste son le speranze e l’ore liete ?
Ah ritorna, età dell’oro alla terra abbandonata, se non fosti immaginata nel sognar felicità. Fu il mondo allor felice che un tenero arboscello, un limpido ruscello le genti alimentó. ah ritorna, bell’età.
D’amor nel regno non v’è contento che del tormento non sia minor. Si scorge appena felice speme che nuova pena la turba ancor. Ah ritorna, bell’età.Ilia: Unglückselige! Schon ist er meinem Blick entrückt ... Er ist gegangen. Der Unhold konnte meine Nähe nicht ertragen. Endlich erinnert er sich an sein Vergehen, seine Schuld. Wecke deine Tugend wieder auf, schüttele den boshaften Verräter ab! … Unseliger Geliebter! … Und ich liebe ihn noch … Täuschende Liebe, glaubst du noch an die Versprechen? Gibst du mir nie mehr die geraubte Ruhe zurück? Sind das meine Hoffnungen und glückliche Stunden? . Ah, goldene Zeiten, kehrt auf die verlassene Erde zurück, wenn ihr nicht nur eingebildet wart in einem glücklichen Traum. Die Welt war damals froh, dass ein zartes Bäumchen, ein klarer Bach das Volk ernährte. Ah, schöne Zeiten, kehrt zurück.
Im Reich der Liebe gibt es nicht den Trost, dass eines Menschen Schmerz geringer werden möchte. Kaum hat sich frohe Hoffnung eingestellt, stört schon wieder neues Ungemach. Ah, schöne Zeiten, kehrt zurück.

Foto: Kammerorchester Basel ©Lukasz Rajchert
In Gedenken an
Dr. iur. Elmar Reize-Ruckstuhl
9. November 1945—16. April 2021

Am 16. April 2021 ist Elmar, nach einer jahrelang ertragenen Krankheit, in seinem 75. Lebensjahr verstorben. Sowohl als Mitglied im Verwaltungsrat der Stadttheater Olten AG, als auch als grosszügiger Sponsor, prägte er mit vorbildlicher Umsicht, Kreativität und grossem Engagement über viele Jahre hinweg die Ausrichtung unseres Hauses. Seine unternehmerische Erfahrung, gepaart mit seinem kulturellen Interesse und Wissen, machten ihn einzigartig und bedeutend für unseren Rat.
Auch im Umgang mit seiner Krankheit wird er mir stets ein Vorbild sein. Elmar ertrug seine Bürde klaglos und hat nie den Humor verloren. Was er mit den zunehmenden Beschwerden mehr und mehr vermisste, schrieb er in seinen letzten Zeilen, die mich erreichten: «Was mir sehr fehlt, sind die Aufführungen im Oltner Stadttheater, im Opernhaus und in der Tonhalle Zürich». Kunst und Kultur waren sein Ansporn, sein Lebenselixier. Mit dem Entzug derselben schwanden auch seine körperlichen Kräfte.
Elmar, ich danke Dir herzlich für die wunderbare Zusammenarbeit und die unzähligen, bereichernden Gespräche - auch neben dem Ratsbetrieb; sie fehlen mir. Das Stadttheater Olten hat Dir in vielerlei Hinsicht viel zu verdanken. Ich selbst bin aus tiefstem Herzen dankbar, dass ich Dich ein Stück weit auf Deinem Lebensweg begleiten durfte. Ist auch alles vergänglich auf dieser Erde, die Erinnerung an einen lieben Menschen ist unsterblich.
Joe Birchmeier Verwaltungsratspräsident Stadttheater Olten AG Seit der Jahrtausendwende reiste ich mit Elmar Reize und seiner Frau Heidi mehr als 100 Mal für ein verlängertes Wochenende in seine Pariser Wohnung. Mindestens zwei Opern- oder Ballettaufführungen in der Opéra Bastille oder in der Opéra Palais Garnier standen im Kalender, dazu Konzerte im Salle Pleyel und später in der neuen Philharmonie de Paris, Ausstellungs- und Museumsbesuche und – nicht zu vergessen – gute Abendessen mit auserwählten Weinen zu später Stunde in den besten Restaurants der Seinestadt.
So kannte ich ihn während der ganzen Zeit unserer engen Freundschaft: Elmar war ein grosser Kenner der klassischen Musik. Und dieses Flair der grossbürgerlichen Kultur versuchte er auch in seiner Heimatregion zu vermitteln. Regelmässig unterstützte er klassische Konzerte im Oltner Konzertsaal und ermöglichte es so, dass internationale Musikstars in der Aarestadt gastierten. Und selbstverständlich gehörte nach den Konzerten für alle seine Gäste ein Imbiss im Restaurant Aarhof dazu. Im Sommer sponserte er regelmässig die Barockopern-Inszenierungen seines Neffen, des heutigen Leipziger Thomaskantors Andreas Reize, im idyllischen Schloss Waldegg.
Es war faszinierend, wie Elmar auf Jahrzehnte zurück wusste, welche Oper, welches Konzert er wann gesehen hatte und wie die Inszenierung besetzt war. Elmar Reizes charmant vorgetragenes Wissen über die internationale Musikwelt werde ich vermissen.
Andreas Egli Mitglied Künstlerischer Beirat Stadttheater Olten AG