Stadtgeflüster März 2019

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1DEINS! | Ausgabe 03 |-Season 14 im März 2019 Das Interviewmagazin vom

herman van veen das singende tagebuch


LWL_Anz_FilmGalerie_Linse_Layout 1 24.01.19 11:36 Seite 1

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Do., 28. Februar 19.30 Uhr Do., 19.30 Uhr Do., 28. 28. Februar Februar 19.30 Uhr Taxi Driver Taxi Driver Taxi Driver USA 1975, Farbe, 114 Min., dt. USA 114 Min., USA 1975, 1975, Farbe, Farbe, 114Scorsese Min., dt. dt. R: Martin R: Scorsese R: Martin Martin Scorsese Einführung: U. W. Appelbe Einführung: Einführung: U. U. W. W. Appelbe Appelbe (Bonn) (Bonn) (Bonn) Do., 7. März 19.30 Uhr Do., 7. März 19.30 Uhr Do., 7. März 19.30 Uhr Willkommen Mr. Chance Willkommen Mr. Chance Willkommen Mr. Min., Chance USA 1979, Farbe, 129 dt. USA Min., dt. USA 1979, 1979, Farbe, Farbe, 129 129 Min., dt. R: Hal Ashby R: Hal Ashby R: Hal Ashby Einführung: Dr. D. Müller Hofstede Einführung: Hofstede Einführung: Dr. Dr. D. D. Müller Müller(Münster) Hofstede (Münster) (Münster) Do., 14. März 19.30 Uhr Do., 19.30 Uhr Do., 14. 14. März März 19.30 Uhr Into the Wild Into the Wild Into the Wild USA 2007, Farbe, 148 Min., dt. USA 148 Min., dt. USA 2007, 2007, Farbe, Farbe, R: 148 Min., dt. Sean Penn R: Sean Penn R:Dr. Sean Penn Einführung: Prof. R. Zwick Einführung: Dr. R. Einführung: Prof. Prof. Dr.Münster) R. Zwick Zwick (WWU (WWU Münster) (WWU Münster) Do., 21. März 19.30 Uhr Do., Uhr Do., 21. 21. März März 19.30 19.30 Uhr Paterson Paterson Paterson USA/F/D 2016, Farbe,123 Min., dt. USA/F/D Min., USA/F/D 2016, 2016, Farbe,123 Farbe,123 Min., dt. dt. R: Jim Jarmusch R: Jim Jarmusch R: Bönnighausen Jim Jarmusch Einführung: Prof.in Dr. M. Einführung: Bönnighausen Einführung: Prof.in Prof.in Dr. Dr. M. M. Bönnighausen (WWU Münster) (WWU (WWU Münster) Münster) Mi., 27. März 19.30 Uhr Mi., 27. März 19.30 Uhr Mi., 27. März 19.30 Uhr Die Außenseiterbande Die Außenseiterbande Die1964, Außenseiterbande Frankreich sw, 94 Min., dt. Frankreich sw, dt. Frankreich 1964, 1964, sw, 94 94 Min., Min., dt. R: Jean-Luc Godard R: Jean-Luc Godard R: Jean-Luc Godard Einführung: E. Kania M.A. Einführung: M.A. Einführung: E. E. Kania Kania(Köln) M.A. (Köln) (Köln)

im Auditorium des LWL-Museums im des LWL-Museums im Auditorium Auditoriumfür desKunst LWL-Museums und Kultur für Kunst und Kultur für Kunst und Kultur Domplatz 10, 48143 Münster Domplatz 10, 48143 Münster Domplatz 10, 48143 Münster Veranstalter: Veranstalter: Veranstalter: LWL-Museum für Kunst und Kultur LWL-Museum für Kunst und LWL-Museum für Kunst und Kultur Kultur LWL-Medienzentrum für Westfalen LWL-Medienzentrum für Westfalen LWL-Medienzentrum für Westfalen Tel: 0251 5907-01 Tel: Tel: 0251 0251 5907-01 5907-01 www.lwl-museum-kunst-kultur.de www.lwl-museum-kunst-kultur.de www.lwl-museum-kunst-kultur.de Eintritt: 5.Euro pro Abend Eintritt: Eintritt: 5.5.- Euro Euro pro pro Abend Abend


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Fast Forwort

Inhaltsverzeichnis DAS SINGENDE TAGEBUCH .................... Seite 04 Herman Van Veen

UNTER HEILERN ......................................... Seite 10 Thomas Bruckner

VON BÜCHERSCHMUGGLERN IN SYRIEN ...................................................... Seite 18 Delphine Minoui Liebste Leserin, lieber Leser, dass Holland ein Land voller Tulpen ist, muss ich kaum erwähnen. Aber Herman van Veen, den kann und sollte ich hervorheben. Denn ihn haben wir im Gespräch so erlebt, wie ich es an dieser Stelle nicht so oberflächlich zusammenfassen kann. Darum nur der Verweis auf die Unterhaltung mit dem Mann, der so beschäftigt ist, dass der Tod ihn nicht finden kann. Egal, wie gut man allerdings zu tun hat, eins ist klar: Dem Klima können wir nicht entkommen. Gut, dass wir so gut darauf aufpassen – da könnten wir ganze Romane drüber schreiben. Und Thore D. Hansen tut das auch – beziehungsweise darüber, was passiert, „wenn wir gegen den Klimawandel nichts unternehmen, die Hände in die Taschen stecken, auf besseres Wetter warten und der Meeresspiegel steigt“. Hansen hat ausführlich recherchiert und malt ein Bild, das unangenehme Fragen nicht ausspart. Lesen Sie selbst … ZUKUNFTSAUSSICHTEN. Ob das alles wirklich so kommt, können wir natürlich nicht wissen, darum haben wir uns selbstverständlich noch mit dem Zukunftsforscher Steinmüller getroffen und über dieses spannende Thema gesprochen. Aber nun erstmal den März einzuläuten – gerade mit viel Wind, wenn ich so rausgucke. Thorsten

WENN EINER EINE REISE TUT ................ Seite 24 Michael Kessler

MIT ASPERGER IM LEBEN ........................ Seite 32 Annette Frier

ODYSSEUS AUF IRRFAHRT IN DER FANTASY .............................................. Seite 38 Wolfgang Hohlbein

ZUKUNFTSAUSSICHTEN .......................... Seite 44 Thore D. Hansen

BLICK IN DIE ZUKUNFT ............................ Seite 52 Karlheinz Steinmüller

GESUNDHEIT ............................................... Seite TIPPS & TERMINE ....................................... Seite JOBBÖRSE ..................................................... Seite TIPPS & TERMINE ....................................... Seite SOMMERFLUGPLAN FMO ......................... Seite UMWELT ........................................................ Seite

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DOMINIK IRTENKAUF UND HERMAN VAN VEEN FINDEN BEIDE, DASS MUSIK UNSERE GEGENWART ERLEUCHTEN ODER BELEUCHTEN KANN Er ist ein Multitalent: Herman van Veen. Nicht nur hat er die Idee für die schöne Zeichentrickserie „Alfred J. Kwak“ entwickelt und das Titelstück beigesteuert. Auch als Maler und Autor bewegt sich der über Siebzigjährige noch selbstverständlich über die Bretter, die die Welt bedeuten. Aktuell ist er auf Tour durch Deutschland, Österreich, die Schweiz und Luxemburg. Flächendeckend beackert er die deutschsprachigen Länder. Der Niederländer ist im Gespräch ein wacher Geist, der mit präzisen, zugleich atmosphärischen Worten unsere Gegenwart beschreibt – sowohl in guten wie auch in schlechten Zeiten.

DAS SINGENDE TAGEBUCH In einer Talkshow haben Sie vor zehn Jahren gemeint, Sie wollten nicht aufhören. Das scheint ja immer noch nicht der Fall zu sein? Nein. Ich habe das große genetische Glück, dass noch alles gut funktioniert. Ich genieße meinen „Beruf“, den man vielleicht gar nicht so nennen sollte. Allen Menschen würde ich empfehlen, Dinge zu tun, die einem gut gefallen. Das hält fit! Ich bin so beschäftigt, dass der Tod mich nicht finden kann.

Ganz praktisch denke ich darüber nach. In der Nähe von Utrecht betreibe ich mit anderen lieben Leuten ein Kunstzentrum, das Alt und Jung zusammenbringt. Wir arbeiten dort mit Studenten zusammen. Dorthin kommen viele alte Menschen, die sich verschiedene Kulturveranstaltungen ansehen können, ohne dass sie dafür bezahlen. Bei diesen Konzerten vergessen diese Senioren etwas von der Einsamkeit, die sie sonst in ihrem Leben verspüren.

(Lacht) Die Bewegung – mental wie physisch – ist für Sie elementar? Statt einer Antwort kann ich eine Geschichte erzählen: Vor ein paar Tagen hatte ich ein Gespräch mit zwei Damen über Gesundheit. Eine davon war Ärztin und sie wies darauf hin, wie wichtig das Wohlfühlen für die eigene Gesundheit sei. Eine der besten Altersvorsorgen ist, das zu tun, was einem gefällt.

In der heutigen Zeit werden die Alten vielleicht abgehängt? Da stimme ich Ihnen zu. Den jungen Leuten würde ich raten, sich mehr mit den alten Menschen zu beschäftigen. Von deren Erfahrungen können sie vieles lernen. Umgekehrt trifft das natürlich auch zu.

Das Älterwerden beschäftigt Sie aber schon? Im Mai erscheint Ihr Buch „Solange es leicht ist. Geschichten über das Älterwerden“. Der Titel macht ja deutlich, dass Sie sich Gedanken übers Alter machen.

In Deutschland hat man häufig den Eindruck, in den Niederlanden wäre alles happy & easy! Es gibt Schattenseiten. Man kann viel aus der Geschichte lernen. Die wiederholt sich zwar nicht, aber kehrt ähnlich wieder. Es wäre dumm, nicht aus der Vergangenheit zu lernen.


Fotos: Presse

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Serviert auch gewichtige Themen mit einem Lächeln: Herman van Veen Wichtig ist es, kritische Fragen zu stellen. Daher finde ich, dass besonders an den Schulen und Universitäten das Thema nicht vergessen werden darf. In Europa wendet sich gerade einiges zum Negativen! Ja, denken Sie bloß an den Brexit! Da wird so viel Energie verschwendet. Bereits vor Jahren habe ich in einem Lied gesungen „Wolken stoppen nicht an Grenzen“ – Vögel auch nicht, auch kein Fluss. Ich kann nicht verstehen, wie sich Menschen mit solchen Abgrenzungen das Leben unnötig schwer machen?! Man sollte endlich lernen, dass uns Grenzen absolut nichts bringen. Einige Menschen denken das Gegenteil. Ich finde, man muss immer im Dialog bleiben. Erklären und erklären. Ich weiß noch, als wir vor dreißig Jahren unterwegs waren, mussten wir an der Grenze nach Belgien zwei bis drei Stunden warten, um unseren Reisepass zu zeigen. Das ist heute nicht mehr vorstellbar! Dennoch gibt es Menschen, die das wiederhaben wollen. Die Mauer gibt es doch auch nicht mehr. Aber in den Köpfen finden wir noch viele dieser Wälle. Sie meinen damit die „Flüchtlingskrise“? Ja, das ist ein anderer Aspekt dieses Dilemmas: Welcher Mensch möchte schon freiwillig flüchten? Wer möchte sein Haus, sein Land oder seine Umgebung verlieren?

Da gibt es Gründe für! Genau. Wir befinden uns immer noch in einer postimperialistischen Epoche. Dieses schwere Erbe schleppen wir bis heute mit uns herum. Allein die Grenzen in Afrika sind willkürlich von den Kolonialisten gezogen worden. Horizontal und vertikal haben die das Gebiet aufgeteilt, indem sie gerade Linien auf der Karte einzeichneten. Sie nahmen keine Rücksicht auf die Menschen, die dort lebten.

» Ich bin so beschäftigt, dass der Tod mich nicht finden kann. « In Ihrer Kunst wirken diese Themen gar nicht so schwer. Oder täusche ich mich da? Keinesfalls. Ich versuche, in meinem Beruf schwere Themen so leicht, aber doch so objektiv wie möglich zu beschreiben. Im selben Moment bemühe ich mich, Erlebnisse so abstrakt wie möglich darzustellen, damit die Menschen die Chance erhalten, das auf ihre Situation zu übertragen. Ich bin Künstler ohne erhobenen Zeigefinger! Komisch ist es dann trotzdem?


Klar. Ich kreiere Verhältnisse, die zum Lachen provozieren, aber nicht leicht sind. Das bringe ich auch auf der Bühne. Ich singe zum Beispiel ein Lied über die Themen, über die wir gerade gesprochen haben – und zum Schluss sage ich: „Wie auch immer es heiße/Einsamkeit ist scheiße“. Kein Mensch erwartet das! Da muss ich jetzt auch lachen! Ja. Aber es ist ernst: Man soll sich nicht so sehr von ökonomischen Umständen beeinflussen lassen. Die wirtschaftlichen Gründe werden häufig verhüllt. Andere Rechtfertigungen werden vorgeschoben, wie die der Nation, Identität, Sicherheit und so weiter. In einem Lied spreche ich das an. Ich singe: „Glaube, was offenbar ist.“ Bringen Sie diese kritischen Gedanken bei „Alfred J. Kwak“ unter? Auf den ersten Blick dreht es sich um eine Ente, die mal schöne, mal traurige Geschichten erlebt. Aber steckt da mehr dahinter? Ja, auf jeden Fall! Jede der Geschichten behandelt eines der Kinderrechte. Also das Recht von Kindern auf Gesundheitsvorsorge, auf ein Haus, auf Begleiter, auf Unterricht. Ich habe es damals aber nicht extra erklärt. Das wäre zu pädagogisch geworden! Das sollte Unterhaltung sein. Heute kann ich in aller Ruhe darüber plaudern: Ja, ich verfolgte seinerzeit mit „Alfred J. Kwak“ einen Plan!

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AMERIKANISCHE OPER VON KURT WEILL DIE NÄCHSTEN TERMINE: Mittwoch Samstag

13. März 16. März

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LIVE IN GREY CONCERT

Heute ist vielleicht das Problem, dass Schule häufig mit Pflicht verbunden wird und daher langweilig ist! Wichtig ist wie erwähnt, dass man Spaß bei seiner Tätigkeit hat. Es hilft nicht, wenn du zu etwas gezwungen wirst. Ich hatte das große Glück, dass meine Eltern mir immer schon Liebe geschenkt haben. Die kannst du quasi später an andere Menschen weitergeben. Diese Liebe hält Sie sicher auch fit? Ja. Wenn man überlegt, was zur Gesundheit gehört, ist es immer wichtig, wo du dich bewegst, wie du dich fühlst, wie du das Leben

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Auch im Alter ist Herman mit Leichtigkeit und Balance auf der Bühne annehmen kannst. Wie viel leichter es auch fällt, eine Krankheit zu ertragen, wenn man sich in einer Umgebung aufhält, wo man gerne sein möchte. Das ist ungeheuer hilfreich. Wenn du etwas machst, was dich ausfüllt, hast du vielleicht gar keine Zeit für Krankheiten. Apropos Plan: Ihre Diskographie ist wahnsinnig umfangreich. Können Sie sich an die einzelnen Platten erinnern? Ja. Wenn ich im Radio ein Lied von mir höre, öffnet sich eine Tür in die Vergangenheit. Das kann ich dann sehr gut visualisieren. Das Lied versetzt mich in Stimmungen zurück, die ich erlebt habe. Wie ein singendes Tagebuch. Sehr schön! Ab und zu muss ich auch aufschlucken und denke: Was hast du da denn gemacht? (Lacht) Spielen Sie auf der Bühne auch altes Material?

Nein. Also wir spielen vor allem neues Material, zu Themen, mit denen ich mich aktuell beschäftige. Auf freundliche Bitte der Fans spiele ich hin und wieder eine alte Nummer, wenn mich das Thema anspricht. Könnten Sie denn jeden Ihrer Songs einfach so spielen? Nein. Leider ist vor ein paar Jahren mein sehr wichtiger Begleiter am Piano – Erik van der Wurff – verstorben. Viele dieser Lieder müsste ich A-Capella singen. In meiner Band spielen jetzt nur junge Leute, die von den alten Sachen nicht viel wissen. (Lacht) Wir müssten uns also hinsetzen und überlegen, ob wir das Stück in ein aktuelles Programm integrieren könnten. Wie läuft denn die aktuelle Tour? Ich muss sagen, dass es so schön ist. Ich


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genieße es. Die Sprache Deutsch finde ich ja wunderbar. Ich sehe all diese Menschen wieder, treffe die nach dem Konzert. Die Leute kommen mit ihren Kindern und Enkelkindern. Es ist eine sehr interessante Tour. Wir sind jetzt zwei Wochen unterwegs. Ich freue mich riesig. Sie haben gerade die Sprache erwähnt. Wie eng ist das Verhältnis zwischen Deutsch und Niederländisch? Das stimmt. Ich kenne das von den skandinavischen Sprachen: Dänisch und Norwegisch kann ich sehr gut lesen, das verstehe ich teilweise auch gut. Es klingt total anders, wenn man es spricht. Wenn Deutsche Holländisch lesen, können sie ebenfalls Einiges verstehen, aber viele Wörter bedeuten etwas völlig Anderes. Das kann zu höchst merkwürdigen Situationen führen, die häufig auf unbequeme Weise lustig sind. (Lacht)

künstliches Ebenbild zu schaffen? Finde ich superspannend. Wäre Science-Fiction also ein Thema für Sie? Nein, da bin ich nicht der Künstler für. Ich bin ein Realist, möchte über Sachen schreiben, die ich erlebe. In der Zukunft lebe ich (noch) nicht. Das wären letztlich Hypothesen. Zwar lese ich gerne Romane, aber lieber noch Autound Biographien. Mich interessiert, welche Wege eingeschlagen, welche Entscheidungen getroffen, welche Schicksale durchlebt werden – von realen Menschen. Mensch Herman, deine Antwort liest sich wie der Inhalt deiner Texte! Ach, stimmt! (Lacht) Vielen Dank. Tot ziens. Gerne. Bis bald. ◊◊◊

» Wir befinden uns noch immer in einer postimperialistischen Epoche. « Stimmt! Abschließend möchte ich noch mit Ihnen über einen tollen Roman sprechen: „Der Golem“ von Gustav Meyrink. Diesen haben Sie im Deutschlandfunk als eine Ihrer Lieblingslektüren angegeben. Das ist schon einige Zeit her, aber woran ich mich deutlich erinnern kann, ist, dass mich der Versuch fasziniert hat, einen künstlichen Menschen zu schaffen. Dieser soll noch besser als wir selbst sein. Ich verstehe nicht ganz, warum wir uns selbst nicht verbessern? Woran mag das liegen? Es ist ein bisschen wie Gott spielen. „Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbilde“. Was bringt einen Menschen dazu, von sich ein

INFO

HERMAN VAN VEEN

Wird mit zunehmendem Alter jünger im Kopf. Tourt derzeit durch Mitteleuropa und kommt am 15. März auch nach Münster in die Halle Münsterland. Vormerken! Es lohnt aber immer wieder der Blick auf die anderen Künste wie Malerei und Literatur, denen Herman van Veen nicht minder leidenschaftlich nachgeht. Rückhalt findet er in seiner Familie. Kurzum: Diesem Mann wird so schnell nicht langweilig. hermanvanveen.com


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THOMAS BRUCKNER ERZÄHLT DOMINIK IRTENKAUF, WIE ER NACH EINEM WUNDERDOKTOR FÜR SEINEN HIRNTUMOR SUCHT Thomas Bruckner steht als Reisereporter mitten im Leben. Bei einer Routineuntersuchung kommt die Diagnose: Hirntumor. Was tun? Bruckner entscheidet sich gegen eine OP und für eine Reise zu den Wunderdoktoren unserer Welt. Die Erfahrungen hat er unlängst in einem Buch veröffentlicht. Das Fazit: Wichtig ist, nicht aufzugeben. Und dafür manchmal bis ans andere Ende der Welt zu reisen. Man weiß nie, wo Rettung wartet.

UNTER HEILERN Zunächst – wie geht es Ihnen denn heute nach der Diagnose? Mittlerweile wieder recht gut. Erstens, weil ich nach zweieinhalb Jahren den Befund verkraftet habe. Und zweitens haben sich die Kopfschmerzen, die ich während des Buchschreibens fortwährend hatte, als Auswirkungen eines beginnenden Bandscheibenvorfalls im Halswirbelbereich herausgestellt. Sie haben das Buch geschrieben und die vielen Reisen unternommen. Das war sicher mit Unannehmlichkeiten verbunden? Ich habe es damals für mich als Ausweg gesehen, mit dem Tumor umzugehen. Ich komme jetzt aber drauf, dass diese Zeit des Buchschreibens extrem belastend für mich gewesen ist, weil ich mich ja immer wieder darauf habe einlassen müssen. Das war eine schwierige Zeit. Nach dem Buch mache ich natürlich meine Therapien und Untersuchungen, aber ich muss mich nicht mehr so einlassen. Das ist fast schon angenehmer. Sie müssen sich nicht mehr auf den Befund einlassen, meinen Sie? Wegen des Buches war ich ja ständig mit dem Tumor konfrontiert. Es hat kein anderes Thema für mich gegeben. Ich bin da hingeflogen wegen des Tumors, habe deswegen

mit den Leuten dort gesprochen, hab mich hingesetzt und meine Erfahrungen mit ihm aufgeschrieben – jetzt aber mache ich wieder andere Dinge. Das heißt, ich arbeite nun an Reportagen zu diversen Themen und führe ein eher normales Leben. Wie sind Sie darauf gekommen, die Alternativmedizin zu konsultieren? Das war ein erstes Erlebnis, das Jahre zurückliegt. Damals habe ich einen Freund zu Joao de Deus begleitet. Das hat mich beeindruckt: Ich stand vor ihm, habe ihn herausgefordert. Seinerzeit war ich ja noch gesund und habe ihm gesagt: Ich glaube, Sie sind ein Scharlatan! Da hat er mir über die Stirn gewischt … Was geschah dann? Dann hatte ich die ersten Wahrnehmungen. Ich war völlig von der Rolle, bis ich am nächsten Tag erneut zu ihm gegangen bin und sagte: Bitte, ich möchte wieder ganz normal wahrnehmen. Er hat mich Gott sei dank „zurückgebracht“! Das war ein Erlebnis, das ich nicht einordnen konnte. So lange ich gesund war, habe ich mir gedacht, ich beschäftige mich mit diesen Dingen nicht mehr. Da gibt es keine klaren Antworten.


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201ja4sich bzw. Ihren Körper als Ber haben Seit FebruaSie troffenen eingebracht. ndort! ta S n e r e ß ö r g n Wenn Joao de Deus eine Veränderung bei am neue mir geschafft hat, als ich noch gesund war, da egich99mich natürlich: - Höltenwfrage Was ist da passiert?

Was können die anderen, sehen die das? So habe ich mich vorangearbeitet, immer mit der Hoffnung, jemanden zu finden, der mich heilen kann oder halt mein Bewusstsein verändert. Das ist auch passiert. Die vollkommene Heilung (natürlich) leider noch nicht, aber die Begegnungen und Reisen sind nicht spurlos an mir vorüber gegangen.

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Für Sie als Journalist musste das ja eine besondere Herausforderung sein? Wenn Sie Zeuge von – nennen wir sie mal: – „ungewöhnlichen Phänomenen“ werden, was sollen Sie dazu sagen? Man kann nur schlecht erzählen, was da teilweise passiert ist. Nach dieser Tumordiagnose ist mir das wieder in den Sinn gekommen. Was war das eigentlich damals? Ein Hauptgrund war die Feststellung, dass es doch noch etwas Anderes gibt. Mehr, als man rational begreifen kann.

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» Der Tumor wurde bei den Heilern nie richtig diagnostiziert « Sie besuchten insgesamt über 70 Wunderheiler, habe ich gelesen? Mittlerweile sind es noch viel mehr. Ich suche ja immer noch nach Menschen, die mir helfen können. Aber damals, als ich das Buch abschloss, waren das ungefähr 70 Heiler. Daraus habe ich mir einige ausgewählt und die Kapitel geschrieben.

4 1 0 2 r a u r b e F t i Se ! t r o d n a t S n e r e am neuen größ - Höltenweg 99 Wie haben Sie das denn entschieden? Es ähneln sich oft die Typen. Daher habe ich versucht, einen guten Mix aus allen Varianten vorzustellen, jeweils einen Protagonis-


Fotos: Presse

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Nicht nur das Wartezimmer,… ten. Es hätte keinen Sinn ergeben, hätte ich fünf Leute vorgestellt, die sowohl von ihrem Zugang als auch von ihrer Art her ziemlich ähnlich sind. Das merkt man auch in den Kapiteln, dass Sie verschiedene Typen anführen. Bei Jürgen in Bulgarien ist es dann ja sogar zur Eskalation gekommen? Ja, zwischenzeitlich, wobei wir jetzt nicht im Schlechten auseinandergegangen sind. Das habe ich bei vielen Menschen erlebt, die als Heiler auftreten: Dass sie es nicht gewohnt sind, dass jemand widerspricht, seine eigene Meinung äußert. Das war auch beim Jürgen so, dem die Nerven ein bisschen durchgegangen sind, weil ich nicht nur zugehört, sondern auch meine Meinung kundgetan habe. Das ist des Öfteren passiert.

Es ist doch ein anderes Verhältnis als zu einem Arzt. Hinzu kommen spirituelle Aspekte, die schwer nachvollziehbar sind und die den Umgang für einen Westeuropäer noch erschweren. Ja. Zwei Dinge möchte ich noch dazu sagen: Natürlich ist es so, wenn einer sagt, er hätte einen Draht zu etwas Höherem, kann man gar nicht mehr dagegen argumentieren, wenn man das als gegeben angenommen hat. Was soll man da erwidern? Man selbst ist ja in so einem Fall scheinbar derjenige, der weniger weiß. Das ist ein Verhältnis, ein Hierarchiegefälle, das für mich eher unangenehm ist. Für den Heilungsprozess muss man sich wohl unterordnen – tut man das nicht, wird der Arzt bzw. Heiler sagen: Anders geht es nicht!


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… auch der Arzt unterscheidet sich deutlich von westlichen Vorstellungen. Für uns Journalisten ist es wichtig, stets zu hinterfragen. Das war auf der einen Seite natürlich die Schwierigkeit für mich. Auf der einen Seite war ich Patient, andererseits bin ich vom Wesen jemand, der nachfragt, der interessiert ist. Plötzlich soll man das praktisch unterlassen und nur folgen. Wie haben Sie das Dilemma gelöst? Ein Heiler hat zu mir gesagt: Kommen Sie zu mir rein, Ihren Verstand packen Sie bitte in ein Säckchen und das lassen Sie draußen stehen. Lassen Sie sich völlig darauf ein, versuchen Sie nicht, es mit dem Begriffsvermögen zu analysieren. Und wenn Sie rausgehen, nehmen Sie das Säckchen mit dem Intellekt mit – dann können Sie reflektieren. Hinterher ist alles erlaubt! Das war ein guter Tipp! Später nimmt man sich eine kurze Auszeit und kann das durchdenken. Aber das ist leichter gesagt als getan!

Gab es Momente, wo Sie sich quasi ausgeliefert hatten? So weit kam es nicht. Es gab ein, zwei Momente beim Joao, aber so ganz fallenlassen konnte ich mich nicht. Vielleicht beim William Nonog, aber sonst nicht! Sie haben häufig die Tumordiagnose verschwiegen und von den Heilern konnte keiner den Tumor selbst feststellen? Das war eigenartigerweise und auch ernüchternd für mich nie der Fall. Aber alles Mögliche wurde diagnostiziert. Das war irritierend: Ich bin bei kaum jemandem herausgekommen, ohne eine Diagnose, die sich jedoch schulmedizinisch nie bestätigt hat. Wie Sie richtig sagen, der Tumor als solcher wurde nie festgestellt, aber ich kann dazu schon noch was sagen.


Ja, bitte! Nur zu! Bei zwei, drei Heilern war es schon so, dass die punktgenau diagnostizieren konnten, wo der Tumor sich befindet, sobald ich ihn erwähnte. Ich habe keine Erklärung, warum das so war. Das war auch Faktum. Schon erstaunlich, so ohne jegliches medizinisches Gerät! Ich habe gesagt: „Ich habe einen Tumor. Wissen Sie, wo? Sehen Sie das?“ Dann haben sie mich irgendwo hingestellt und dann gab es eigentlich nur zwei Leute, die den punktgenau feststellen konnten. Sie haben genau an meinem Kopf gezeigt, wo er ist.

» Wäre der Tumor nicht gewesen, ich hätte bei vielen Heilern schon aufgegeben, nachzufragen. « Einen Tumor physisch wegzubekommen, ist die eine Sache. Aber Sie schrieben im Buch, dass Sie ganz andere Dinge durch die Kontakte mit den Heilern erfahren hätten. Durch diese Begegnungen mit den Heilern ist mein Selbstbewusstsein ein Stück weit zurückgekehrt. Viele haben gesagt: „Das hat keine Auswirkung auf Ihr Leben. Da können Sie ganz beruhigt sein.“ Einerseits war das ganz angenehm, andererseits bin ich trotz Tumor fähig, anderen Menschen Paroli zu bieten. Ich habe mich ja selbst geschwächt durch die Diagnose. Das war das Seltsame daran. Aber mit dem Tun und Machen, dass man wieder einen Schritt nach vorne macht, habe ich auch mein Selbstvertrauen zurückgewonnen. Sie erwähnten, dass Sie als Patient dort waren. Was wäre denn gewesen, wenn Sie sich als Journalist vorgestellt hätten? Diese Frage hat sich für mich nicht gestellt.

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Auf dem Tisch eines Heilers Ich war primär an Heilung interessiert. Das war mir wichtiger als mein journalistisches Interesse. Die Haltung als Schreiber kam halt immer wieder zum Vorschein, weil sie in meinem Naturell steckt. Doch vorrangig suchte ich Besserung, keine Geschichte, die ich bringen wollte. Der Tumor war ja nicht simuliert. Das war die Ausgangsthese, inwiefern die Alternativmedizin mit Ihrem Befund umgehen würde. Wäre die Geschwulst nicht gewesen, ich hätte bei vielen Heilern schon aufgegeben, nachzufragen oder nachzufassen. Wesentlich früher. Ist man jetzt nur Journalist, denkt

man irgendwann zwangsläufig, dass man das nicht mehr ernstnehmen kann. Man kann sich gar nicht darauf einlassen, wenn man nicht in dieser Notsituation ist. Sie hätten die Reportage abgebrochen?! Man denkt: Wie soll ich das noch schreiben, ohne dass ich mich selbst disqualifiziere? Wenn ich aber diesen Tumor habe, denke ich mir: „Okay, ich gehe noch weiter, ich lasse mich noch darauf ein.“ Ich glaube, dadurch sind die teilweise intensiven Begegnungen passiert. Wie geht es weiter?


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Es geht darum, die Situation mit meinem Tumor so angenehm wie möglich zu gestalten. Ich möchte irgendwann wieder gesund sein, diese Belastung nicht mehr in mir spüren. Da komme ich schon zur Erkenntnis, dass es nur wenig Sinn ergibt, weitere hundert Heiler aufzusuchen. Ich erlebte Patienten, die sich etwa von einem Heiler zum anderen bewegen. Das ist ja Heilertourismus. Also keine Heilerbesuche mehr? Bei mir wird das so sein, dass ich den William Nonog auf den Philippinen nochmals aufsuchen werde. Er ist mir fast zum Freund geworden. Bei ihm habe ich am ehesten etwas gefunden, das man als Heilen bezeichnen könnte. Ich habe noch andere Zugänge, die ich jetzt versuchen werde. Das sind ganz verschiedene.

» Ich möchte irgendwann wieder gesund sein und diese Belastung nicht mehr in mir spüren. « Welche Reaktionen gab es denn auf das Buch? Wegen des Buches kontaktierten mich sehr viele Leute, die sich von mir einen Tipp erhoffen, welcher Heiler der richtige ist. Diese Menschen sind zum Teil schwerkrank. Das ist eine sehr schwierige Situation für mich. Ich möchte ja keinen Ratgeber schreiben.

Verantwortung abzugeben. Das würde ganz schnell funktionieren, dass man eine besondere Stellung einnimmt. Aber die will ich nicht. Verständlich! Wenn ich ehrlich bin, weiß ich auch nicht, ob jetzt jemand Chemotherapie machen soll oder nicht. Ob der Heiler helfen kann oder nicht. Es gibt diese Klarheit eben leider nicht, die wir alle gerne hätten. Das ist der harte Tobak! Aus meiner Sicht. Das ist wieder nur mein Empfinden. Vielleicht ist Eigeninitiative im Umgang mit einer solchen Diagnose wichtiger? Ja, man muss selbst wieder aktiv werden. Sich damit auseinandersetzen, sich den Ängsten stellen. Ich denke, dass da ein Heiler helfen kann. Spontanheilungen sind selten, aber möglich. Das ist bewiesen. Was ich sagen will – man sollte versuchen, positiv zu bleiben, ehrlich zu sich zu sein und beim Aufsuchen von Ärzten und Heilern sich selbst nicht untreu werden. Vielen Dank. ◊◊◊

INFO

THOMAS BRUCKNER Vor allem die Verantwortung, zu sagen, gehe zu diesem Heiler hin … und dann sind sie später enttäuscht und rufen wieder an! Genau. Oder sie fragen mich, ob sie Chemotherapie machen sollen. Das ist genau das, worauf ich nie eine Antwort geben werde. Das kann nicht ich entscheiden. Aber da ist auch spürbar, wie schnell Leute bereit wären, ihre

Reisereporter für Österreichs Kultmagazin „Wiener“, veröffentlichte bei Al Jazeera, im Stern und Playboy. Früherer Snowboardprofi. Nach einer Tumordiagnose bereist er die Welt auf der Suche nach dem Heiler, der ihn wieder gesund macht. Über seine Erfahrungen schreibt er im Buch „Wundersuche. Von Heilern, Geblendeten und Scharlatanen“ für den Picus Verlag.



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Chiara Kucharski spricht mit Delphine Minoui über die plötzliche Bekanntschaft mit syrischen Widerstandskämpfern und deren Projekt: einer Untergrund-Bibliothek In der Provinz Daraya entsteht ein geheimer Treffpunkt für Gespräche und Literatur mit 15.000 Büchern. Minoui trägt mit ihrer Arbeit einen Teil dazu bei, dass seine Erbauer wahrgenommen werden. In ihrem aktuellen Buch „Die geheime Bibliothek von Daraya“ schreibt sie über die Macht der Bücher in Zeiten des Krieges und hält fest, wie alles begann, vieles endete und so einiges weitergeht.

Von Bücherschmugglern in Syrien Wie hast du von der geheimen Bibliothek von Daraya erfahren? Im Herbst 2015 wurde es schwieriger, aktuelle Nachrichten aus Damaskus zu erhalten und für Reporter wurde es gefährlicher, auf die oppositionelle Seite Syriens zu kommen. So habe ich nach Alternativen gesucht, die syrische Story zu erzählen, ohne tatsächlich vor Ort zu sein. Im Internet stieß ich auf die Facebookseite „Humans of Syria“ – und da war das Bild dieser, als „geheimes Untergrund-Projekt“ beschriebenen, Bibliothek. Was ist zu sehen? Zwei Männer stehen in einem kleinen dunklen Raum, umgeben von Wänden aus Büchern. Keine Fenster. Keine Türen. Es war paradox, diese Gegensätze zu sehen: Eine Stadt mitten im Krieg und gleichzeitig so ein friedvolles Bild, auf dem es um den Schutz von Büchern geht. Da wollte ich mehr erfahren. Wie ging es weiter? Ich suchte Kontakt zu den Organisatoren der Facebookseite, die mich mit Ahmad, dem Mitbegründer der Bibliothek, verknüpften. Mit

ihm und den anderen konnte ich per Skype und Messenger über die Bibliothek und den Krieg sprechen. Was veranlasst Ahmad und Co., sich in Zeiten des Krieges um Bücher zu sorgen und ihre Leben mehr als ohnehin zu riskieren? Ja, das ist überraschend. Sie begannen, durch die zerstörten Häuser, Moscheen und Schulen zu gehen und entdeckten unter den Schutthaufen eine Menge Schriftgut. Ihnen wurde klar, dass sie diese Überbleibsel ihrer Stadt und Kultur aufbewahren wollten. So begannen das geheime Sammeln und auch der Wunsch zu zeigen, dass die Revolution nicht ausgerufen wurde, um zu zerstören, sondern um etwas Neues zu schaffen. Konntest du mit den Organisatoren oder Besuchern genauer über diese Bücher sprechen? Ja, sie erhielten eine enorme Vielfalt an Büchern, die auch die Demokratie zeigten, die sie kreieren wollten. Darunter fanden sich religiöse, politische, sozialwissenschaftliche Werke. Romane, die von der Regierung verbo-


Fotos: Presse

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Ohne Worte ten wurden. Bände, die die Besitzer heimlich in ihren Häusern versteckt hatten. Aber auch solche, die wir in der westlichen Welt kennen. Hast du Beispiele? Da gab es zum Beispiel neben „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exúpery und „Der Alchimist“ von Paolo Coelho auch einen Selbsthilfe-Ratgeber „Die 7 Wege zur Effektivität“ von Stephen Covey. Überraschenderweise wurde dieser internationale Bestseller zu einem ihrer Lieblingsbücher. Und was hat sie an dem Buch fasziniert? Es gab ihnen Tipps, sich zu organisieren, Selbstmanagement zu entwickeln. Um am Leben zu bleiben, sich nicht zu radikalisieren oder depressiv zu werden. Aber es diente auch als Vorbereitung auf die Zukunft. Für die Zeit, wenn der Krieg vorbei ist. So wollten

sie nicht all ihre Zeit während des Krieges vergeuden. Wenn es öffentlich bei Facebook erschien: Wurde das Projekt geduldet oder gab es Widerstand? Auf Facebook wurden keine Indizien, wie Hinweise auf Ort und Namen bekanntgegeben. Seit 2011 hat das Regime vor allem zivile Gruppen attackiert, Schulen und Krankenhäuser. Wäre der Ort der Bibliothek bekanntgeworden, sie wäre möglicherweise zur Zielscheibe geworden. Eines Tages wurde die Bibliothek auch tatsächlich von Bomben getroffen. Sie mussten sehr vorsichtig sein. Was gibt dir als Journalistin die Sicherheit, dich vor falschen Informationen schützen zu können, wenn du dir nicht selbst ein Bild vor Ort machen kannst?


Es war riskant, weil ich bei anderen Berichten immer in die Gebiete gereist bin, nach Afghanistan, in den Irak. In diesem Fall habe ich viele Interviews geführt, via Skype, per WhatsApp und musste die Informationen dadurch gegenprüfen, um sicherzugehen, dass diese Leute nicht radikal und keine Islamisten sind. Und doch musstest du dich in politisch aufgeladenen Zeiten auf die Erzählungen Einzelner verlassen? Ich habe sie nach Bildern und Videomaterial gefragt. Nach Monaten und Jahren konnte ich die Fragmente zusammenlegen. So kam ich zu dem Entschluss, dass diese Leute die Bücher als Waffe benutzen. Solche Leute können keine Extremisten sein.

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» Es ging ursprünglich ums Demonstrieren, nicht ums Kämpfen, um zu kämpfen. « Aegidiistraße 56 | Tel.: 4882336 | rickscafe-muenster.de

Okay … Als ich in den Endarbeiten meines Buches steckte, wurden sie aus Daraya nach Idlib evakuiert. Eine Provinz, sehr nah an der Türkei. Sie konnten die Grenze überqueren und wir uns persönlich kennenlernen. Da konnte ich mich einmal mehr vergewissern, dass sie keine potenziellen Terroristen sind. Die meisten Männer, mit denen du gesprochen hast, sind Mitglieder der Freien Syrischen Armee. Um welche Ziele geht und ging es? Ja, die Leute, die diese Bibliothek besuchten, waren nicht nur Zivilisten, sondern auch Kämpfer. Bücher waren für sie der Halt, Mensch zu bleiben, nicht zu kollabieren. Sie waren eigentlich junge selbsternannte Kämpfer. Vor der Revolution waren es überwiegend Studenten, die ihre Stadt und die Bewohner schützen wollten. Es ging ursprünglich ums

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Retten, was zu retten ist … Demonstrieren, nicht um Kämpfen, um zu kämpfen. Wie haben sie auf kritische Fragen deinerseits reagiert? Oder bei Erwähnung von Assad? Sie hatten den Wunsch nach einer anderen Regierung. Sie sind unter einem freiheitsbeschneidenden Regime aufgewachsen. Unter Zensur, Gewalt, Ideologie. Ihre Opposition war ihre Art zu zeigen, dass sie etwas anderes wollen. Es ging nicht um Sturheit, sondern darum, Debatten zu fördern. Das wollte ich mit dem Buch zeigen. Was hast du bis jetzt an Resonanz auf dein Buch bekommen? Es ist vor einem Jahr in Frankreich erschienen und hat viele schöne Reaktionen hervorgerufen. Und das in einer Zeit, in der die Leute genug von immergleichen Meldungen aus Syrien haben. Es gab Solidarität bei den Lesern, nicht nur in Frankreich, auch jetzt nach Erscheinen des Buches in Deutschland. Medien und NGOs helfen. Das ZDF hat eine Sendung gemacht und zur Unterstützung aufgerufen.

Du erwähntest, dass die Untergrundbibliothek mittlerweile zerstört und die Leute evakuiert wurden. Wie geht es weiter? Jetzt in Idlib gibt es ein neues Projekt, eine mobile Bibliothek mit einem Minibus. Und Leute aus Frankreich und Deutschland helfen mit Büchersendungen. Die NGOs in der Südtürkei waren so überladen mit Büchern, das war wunderbar. Durch Bücher können wir viel erreichen, nicht nur Bildung. Idlib ist momentan verstärkt als letzte syrische Rebellenhochburg in den Medien. Du hast kurz vor unserem Interview mit Shadi, einem deiner Kontakte, geskypet. Was berichtet er? Leider spitzt sich die Situation in Idlib immer mehr zu. Durch aktuelle politische Vereinbarungen des Irans, Russland, der Türkei und Syrien etc. konnte ein Blutbad vermieden werden. Das heißt nicht, dass es sicher ist, weil plötzlich die „moderate“ Opposition und Bürger zwischen zwei Positionen stehen. Zwischen …


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… der Regierung, die immer mehr Teile Idlibs unter die Kontrolle bringen will und den Dschihadisten, die ihre eigenen Regeln durchsetzen wollen. Ein Freund von mir, Raed Fares, ein einflussreicher Aktivist in Syrien, wurde vor Kurzem in Idlib von extremistischen Gruppen erschossen, weil diese Gruppen keine friedliche Gegenwehr dulden. Also es ist immer noch brutal. Wie möchtest du dein Buch verstanden wissen? Ein Aufruf gegen Ungerechtigkeit? Dokumentation? Ich sehe es als ein Denkmal aus Papier. Daraya wurde zur Geisterstadt. Es ist ein Versuch, die Dinge durch das Buch unsterblich zu machen. Und ich möchte die unglaubliche Arbeit der jungen syrischen Generation festhalten, von denen viele Opfer bringen mussten und einige gestorben sind. Zum Beispiel Omar, den ich in dem Buch erwähne. Ich hoffe, ich kann seiner Schwester, die nun im Libanon lebt, eines Tages dieses Buch geben.

» Durch Bücher können wir viel erreichen, nicht nur Bildung. «

dere Länder geflüchtet. Das Hauptziel ist, sich von Assad freizumachen, weil er ihrer Meinung nach der Grund für all das ist. Also ja, das war es wert, sagen sie. Auch weil sie keine Angst mehr haben, ihre Stimme zu erheben. Dass sie für mein Buch ihre wirklichen Namen nennen, zeigt, dass sie bereit sind, hinter ihrem Handeln zu stehen. Du hast über viele Krisengebiete geschrieben, warst im Iran und in Libyen. Hat dich dieses Projekt um den syrischen Krieg in irgendeiner Form verändert? Ja, der syrische Krieg hat ein maximales Ausmaß an Gewalt. Der Iran, auch als nicht-demokratisches Land, ist nie so brutal zu seiner eigenen Bevölkerung gewesen. Jetzt in Syrien habe ich täglichen Kontakt zu Personen gehabt. Man schlägt sich Nächte um die Ohren, um via Chat zu hören, ob es ihnen während konstanter Bombardierungen der Stadt gutgeht. Es wird Teil deines täglichen Lebens und du kannst es nicht einfach vergessen. Danke für das ausführliche Gespräch. ◊◊◊

INFO

Würden diese Leute im Nachhinein sagen, dass es die Sache wert war? Ja, die viele Zerstörung, die Toten. Das habe ich sie auch gefragt. Doch sie sagen, das, was nun passieren kann, kann nicht schlimmer sein als das, was sie bereits erlebt haben. Auch wenn die Dschihadisten viele Teile eingenommen haben. Und wenn man gegenüberstellt, wie viele Leute durch den Widerstand und wie viele durch das Regime getötet wurden, steht es in keinem Verhältnis. Hast du eine Größenordnung? 500.000 Tote, die Hälfte der Bevölkerung des Landes musste umziehen oder ist in an-

Delphine Minoui

Delphine Minoui, Jahrgang 1974, ist französisch-iranische Journalistin und arbeitet u. a. für Le Figaro, Le Soir und Radio France. Sie gilt als Nahost-Expertin und wurde 2006 für ihre Artikelserien über den Irak und den Iran mit dem „Albert-Londres-Preis“ ausgezeichnet. Aktuell lebt sie in Istanbul. Unterstützung in Form von Büchern (englisch oder arabisch), Briefen oder finanzieller Hilfe, könnt ihr an folgende Adresse schicken: Hurras Network PANCARLI MAH 58005 NOLU SOKAK NO 12, ŞEHiTKAMil/GAZiANTEP „Havkar sirketinin yaninda“ – Pancarlı Email: info@HRS.ngo


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Tom und Michael Kessler brechen beim Nachbarschaftsbesuch mit Klischees Wer ist frei von Vorurteilen, vermutlich niemand. Klischees und Vorurteile steuern ständig unser Handeln, hemmen uns, Neues zu erleben. Erfahrungen zu machen, die unser Leben bereichern können. Häufig führt es dazu, dass Mauern höher wachsen, als dass sie eingerissen werden. Das kindliche Verlangen, Dinge selbstständig zu erlernen und zu verstehen, wird im Alter durch Angst und Vorsicht, dem Erzählten zu glauben, deutlich gehemmt. Nichts bleibt von dem Entdecker in uns, werden wir doch häufig zu Zweiflern. Da ist es gut, dass sich einer auf den Weg macht, mit Klischees aufzuräumen.

Wenn einer eine Reise tut Michael, „Ziemlich beste Nachbarn“ wird mit dir in Form einer Dokumentation demnächst in die heimischen Wohnzimmer getragen … ? … richtig …

barn. Wie denken die Menschen über uns, wie denken wir über die Bewohner des Landes? Wir testen, ob Klischees stimmen, die sich in unseren Köpfen verankert haben.

Nach kurzem Überlegen war ich etwas irritiert, was mit „Nachbarn“ gemeint war. Russland, Italien und Großbritannien. Das wäre nicht meine erste Wahl bei einem StadtLand-Fluss-Spiel. Wie kommt man an diese nachbarschaftliche Verbindung? Wir haben das Ganze europäischer aufgefasst. In einer Zeit, wo es ein wenig bröckelt in der Europäischen Union, haben wir nach drei Ländern gesucht, die sich in ihrer Kultur deutlich unterscheiden. So kam diese Dokumentation zustande.

Solche eingefahrenen Vorstellungen können eine Menge anrichten in unserem täglichen Handeln. Klischees haben eine unglaubliche Macht über uns. Sie formen unsere Gedanken. Sie bestimmen, wie wir über unsere europäischen Nachbarn denken, ohne dass wir die jemals besucht und uns ein eigenes Bild von ihnen verschafft hätten. Manche Zuschreibungen stimmen natürlich. Es gibt aber eben auch Vorurteile, die sich als falsch entpuppen. Es ist also wichtig, zu schauen, was wirklich los ist.

Noch ist Russland kein Mitgliedsstaat der Europäischen Union. Es gibt eine enge Verbindung zwischen unseren Ländern – somit ist Russland schon ein Nachbar von uns.

Wenn ich weiß, dass Michael Kessler den Blick über den Tellerrand wagt, gehe ich davon aus, dass das ganze Format einen humoristischen Touch haben wird? Natürlich. Da wir uns aber in der Redaktion Zeitgeschichte bewegen, haben wir zur historischen Absicherung Experten dabei, die bei der geschichtlichen Ableitung des Klischees zu Wort kommen. Für die Unterhaltung bin ich zuständig.

Was werden wir Neues über unsere Nachbarn erfahren, was nicht eh bereits durch Erfahrungen positiv wie negativ besetzt ist? Es wird ein unterhaltsamer Blick über den deutschen Tellerrand, rüber zu unseren Nach-


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Wenn wir uns Großbritannien und Russland betrachten, bereiten uns diese beiden Länder im Moment ein politisches Kopfzerbrechen. Bewegt man sich da humoristisch nicht auf dünnem Eis? Es besteht aus meiner Sicht die Gefahr, die Probleme aus dem Blick zu verlieren. Wir gehen in der England-Folge schon auf den Brexit ein. In der Russland-Folge gibt es ein hochinteressantes Gespräch mit drei Jugendlichen. Die erklären mir, wie es so ist, wenn man darüber nachdenken muss, wie man sich äußert, wie man bei Facebook schreibt oder was man postet. Das Denken ist belastet, wenn man nicht weiß, ob man Dinge so frei an- und aussprechen kann, wie man gerne würde. Meinungsfreiheit in Russland und Brexit wird als Thema gestreift, bildet jedoch keinen Schwerpunkt in der Sendung. Es gibt „Gott sei Dank“ noch viele Themen um diese politischen Problematiken herum. Aber wir werden sie nicht aussparen.

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Auch wenn der Michael dafür bekannt ist, dass er gutgelaunt durch die Weltgeschichte stolziert und Leute zum Schmunzeln oder gar zum Lachen bringt: Wie schwer fällt dir heute das Stolzieren? Persönlich bin ich unglaublich traurig, dass die Briten aus der EU raus wollen. Vor Ort habe ich mit Befürworten und Gegnern gesprochen. Die Engländer sind schon ein wenig ein skurriles Völkchen, haben auf ihrer Insel stets ihr eigenes Süppchen gekocht. Von daher überrascht es mich nicht, dass sie die ersten sein wollen, die aus der EU austreten. Sie sind tief verwurzelt in ihrer Geschichte und ihren Traditionen. Wir können davon ausgehen, dass sie auch noch in 1000 Jahren


Legt im russischen Winter Klischees auf Eis: Michael Kessler (l.) links fahren werden. Und wenn man England betrachtet, kann man vielem durchaus mit einem Schmunzeln begegnen. Könntest du mir bitte zu jedem Land ein Beispiel für ein Klischee nennen, das du aufklären konntest? Oder gab es gar eines, das uns am Ende verbindet? Wir hegen schon viele Vorurteile gegenüber den Russen, genährt durch den Kalten Krieg sowie die sowjetische Besatzung. Auch ich konnte mich davon nicht freisprechen, weil ich noch nie im Leben in Russland war. Da ich absolut nicht wusste, was mich erwartet, plagte mich ein mulmiges Gefühl … … und was hast du vorgefunden? Man kommt da an und trifft auf viele hochgebildete Menschen, die sehr kritisch auf ihr Land schauen. Sie waren unglaublich herzlich,

sind uns Deutschen am Ende höchst ähnlich, das hat mich überrascht. Was die Engländer betrifft, die haben einen großartigen Humor. Was mir nochmal so richtig klar geworden ist: Sie können unheimlich gut über sich selbst lachen. Dadurch gehen sie mit vielen Dingen mit einer größeren Leichtigkeit um als wir Deutschen. Die Italiener leben hingegen im „Hier und Jetzt“, während wir planen, was wir anstellen, wenn wir in 20 Jahren in Rente gehen. Die zeigen uns hierbei den Vogel, schieben nichts auf die lange Bank und machen sofort, was ihnen in den Sinn kommt. Welchen Schluss ziehst du daraus? Der Blick über den Tellerrand dient dazu, dass man voneinander lernt und profitiert. Das können wir aber nur, wenn wir uns selber ein Bild machen. Wenn wir die Länder bereisen und miteinander reden.

Fotos: ZDF/Oliver Halmburger

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„Meine größte Herausforderung unter den Ländern war Russland.“

Das sind ja eher charmante Klischees, die du beschrieben hast. Aber gab es da nicht was, was sich auf deinen Reisen bestätigt hat? Denn es können ja nicht alle Schubladen falsch sein? Ich führte ein Interview mit einem Historiker an der Kremlmauer. Es war ein Staatsdiener, der sich an die eingereichten Fragen hielt. Als ich wagte, eine zu stellen, die davon abwich, wurde das Interview augenblicklich unterbrochen. Eine Dame, die als Aufpasserin dabei war und das Ganze verfolgte, ging sofort dazwischen. Es wurde über eine halbe Stunde telefoniert und wir wurden ständig darauf hingewiesen, dass es sich nicht um Zensur handeln würde. Im Sinne von Presseund Meinungsfreiheit war das ein Moment, wo ich sehr ins Nachdenken kam.

Michael, drei Länder habt ihr besucht. Werden weitere folgen? Nun ja. Fernsehen funktioniert ja so, dass man erst einmal schaut, ob den Zuschauern gefällt, was man produziert hat. Im zweiten Schritt überlegt man, ob man weitermacht. Theoretisch wäre es möglich, aber das steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. Was mich stutzig macht: Wir fahren lieber an die Adria als ans Schwarze Meer. In beiden Ländern gibt es Mafia, Korruption und staatliche Eingriffe. Wenn man sich dann lieber auf den Weg nach Russland statt nach Italien macht, muss man das anderen gegenüber begründen. Warum? Italien ist das klassische Urlaubsland. Vor allem ist es das Wirtschaftswunder- und


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Nachkriegsurlaubsziel der Deutschen. Das erste Fernziel, das wir angesteuert haben, wo bis zum heutigen Tag unwahrscheinlich viel Träume und Sehnsüchte rein interpretiert wurden. Und wenn der Kaffee, der Vino und das Essen gut schmecken, blendet man rasch alles andere aus. Welches von den drei Ländern war für dich die größte Herausforderung? (Lacht) Russland. Minus 22 Grad Celsius in Sibirien. Das war eine Herausforderung. Selbst in Moskau herrschten 20 Grad unter null vor. Dazu kam die Sprache. Ich spreche auch kein Italienisch. Mit Englisch komme ich gut klar. In Italien bekommt man noch ein paar Wortfetzen mit. In Russland war dann Feierabend. Es wurde mir alles übersetzt, was die Perso-

nen sagten. Trotzdem ist es erst einmal eine völlig andere Welt. Wie ist man eigentlich darauf gekommen, dich für eine solche Dokumentation als Reisenden zu besetzen? Da muss ich weit zurück zum Format „Berliner Nacht-Taxe“. Wenn man so will, war es ein Zufall. Ein befreundeter Produzent von mir in Berlin sagte zu mir, dass es die Idee zu dieser Sendung gäbe. Er fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, nachts mit einem Taxi durch Berlin zu fahren, Leute zu treffen. Mein erster Gedanke war, dass ich Schauspieler bin. Die Idee fand ich allerdings spannend. Am Ende hat es funktioniert und weitere Formate wie „Kesslers Expedition“ und „Kessler ist…“ folgten.


Dann frage ich mal anders: Was macht den Michael aus, dass er für solche Formate ausgewählt wird? Ich glaube, dass ich ein empathischer Mensch bin, der eine große Neugierde mitbringt. Ich möchte wissen, wie Dinge und Leute funktionieren. Ich habe Fragen, die mich brennend interessieren, kann gut zuhören. Letztendlich sind es einfache Zutaten. Ich bin weder Journalist noch Dokumentarfilmer. Ich verlasse mich auf meinen Bauch und meine Intuition. Als Erstes fällt mir, wenn ich an Michael Kessler denke, die Figur „Klausi“ ein, die in „Manta Manta“ in einen Westernstiefel pinkelt. Hättest du dir seinerzeit je ausmalen können, dass so viele geile Produktionen und Dokumentationen folgen würden? (Lacht) Auf keinen Fall. Ich war wie jeder Schauspielschulabgänger der Auffassung, dass ich Theater mache. Nix mit Kino. Nur die großen Bühnen. Man überschätzt sich in diesen Zeiten maßlos. Das Burgtheater oder die Schaubühne waren die erklärten Ziele. Vorgesprochen hat man dann in Wilhelmshaven. Aber wirkliche Pläne hatte ich nicht, außer die, die Theaterlaufbahn voranzutreiben.

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Es folgten Theaterengagements und unzählige Film- und Fernsehproduktionen. Zurückblickend eine coole Sache? Definitiv! Ich bin unglaublich dankbar dafür, dass meine Karriere so verlaufen ist. Ich habe mich dafür nicht verbogen und bin niemandem in den Arsch gekrochen. Ich bin straight geblieben. Habe stets das gesagt, was ich denke. Meine Gedanken sind beim Zuschauer, für den ich den Beruf ausüben darf.


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Vielfältige Begegnungen mit unseren Nachbarn

Ich habe immer versucht, spannende Projekte zu machen. Wobei es da Zeiten gibt, wo man sich das aussuchen kann, aber auch Durststrecken. Am Ende möchte ich, dass der Zuschauer etwas Neues erlebt, das nicht gestellt bzw. gefaket ist. Danke für das Gespräch, Michael. Ich hoffe, wir finden demnächst mal Zeit, um über die Person Michael Kessler zu sprechen. Danke dir. Wir werden das hinbekommen. ◊◊◊

INFO

Michael Kessler

Der 1967 in Wiesbaden geborene Schauspieler, Komiker, Theaterregisseur und Autor gewann vor allem durch Parodien bekannter Personen an Popularität. Seine Auszeichnungen mit dem „Deutschen Fernsehpreis“, dem „Deutschen Comedy Preis“ und dem „Adolf Grimme Preis“ verdankt er letztendlich seiner besonderen Gabe zur Wandlungsfähigkeit. Ziemlich beste Nachbarn Was halten die Europäer voneinander? Wie sehen wir andere, und wie die anderen uns? Die Reihe „Ziemlich beste Nachbarn mit Michael Kessler“ geht diesen Fragen auf den Grund. Europas Vielfalt ist auch ein illustrer Reigen von Selbst- und Fremdbildern und mancher gegenseitiger Vorurteile. Michael Kessler macht sich auf die Reise, schaut nach, was dran ist an den zum Teil liebgewonnenen Klischees und prüft vor Ort, ob einige der Zuschreibungen nicht sogar eher verbinden als trennen. Ab 5. März 2019, immer dienstags 20.15 Uhr im ZDF


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ANNETTE FRIER ERKLÄRT DOMINIK IRTENKAUF, WIE MAN EINE KRANKHEIT VOR DER KAMERA DARSTELLT Annette Frier wurde durch die „Wochenshow“ und „Danni Lowinski“ einem größeren Publikum bekannt. Als Ella Schön spielt sie eine Referendarin mit Asperger-Syndrom. Eine ungewöhnliche Figur, die mehr Gefühl für diese Krankheit erweckt. Die Rolle der Ella Schön steht Frier gut. Vor allem erweitert das Format das Wissen über diese herausfordernde Krankheit etwas weiter, die häufig unerkannt bleibt. Warum das so ist, war auch Teil des folgenden Telefonats.

MIT ASPERGER IM LEBEN Sie spielen eine Frau mit Asperger-Syndrom. Vom Inhaltlichen und Spielerischen ist das sicher eine besondere Herausforderung? Absolut. Ich fand das toll, allerdings erforderte diese Rolle logischerweise viel Zeit und Vorbereitung. Wie haben Sie sich vorbereitet? Einerseits durch Internet-Recherche beziehungsweise Gespräche mit Betroffenen, andererseits durch den Versuch, sich das irgendwie in den Körper zu schießen. Was heißt „schießen“ in diesem Kontext? Naja, letztlich ist es ja der Versuch, Synapsen im Gehirn zu konditionieren, dass sie sich als Ella, nicht als Annette verbinden. Nimmt der Körper das an? Das kann man nicht bestellen. Ich habe im ersten Jahr für die Dreharbeiten wochenlang daran herumgefeilt. Das hat auch jetzt im zweiten Jahr Spaß gemacht und ich dachte ursprünglich: Das ist bestimmt wie Fahrradfahren – ich stelle mich hin und dann klappt es gleich wieder. Dem war aber nicht so. Sie mussten das wieder reaktivieren?

Ja. Es hat ein paar Tage gedauert … Das kenne ich sonst nur vom Tennisplatz, dass du immer wieder die Vorhand ins Netz knallst und irgendwann geht der Ball doch wieder einigermaßen regelmäßig übers Netz. Ich musste wie bei einer Art Training diese Schritte stets aufs Neue wiederholen. Klingt anstrengend! Sie halten das ja auch eine ganze Folge durch. Es sollte keinesfalls krampfhaft ausschauen. Genau. Das ist die Aufgabe. Ellas roboterhafte Sprache könnte etwas krampfhaft klingen. Eine Sache ist die reine Sprechtechnik, viel schwieriger wird es, diese mit Inhalt zu füllen. Dieses formale Sprechen entsteht letztlich durch eine permanente Reizüberflutung, die zu kompensieren versucht wird. Für mich als Schauspielerin ein komplexer Vorgang. Für Asperger-Autisten ist das dann zu viel? Ja. Mir ging es beispielsweise mal so, als ich in New York war. Da war ich reizüberflutet von den Häusern, den Gerüchen, von den Menschen, den Bussen, Feuerwehrautos und vom Lärm auf der Straße. Drei Tage war ich völlig erschlagen. Das hat mir geholfen, an dieser


Fotos: ZDF/Marc Vorwerk

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Annette Frier spielt Ella Schön Figur zu arbeiten, weil ich genau weiß, wie ich auf Reize reagiere. Wie denn? Ich muss mich permanent konzentrieren, um mich zu vergewissern, wo ich bin. Ich gehe da mit diesem Flow mit. Das ist vergleichbar. Ein Asperger muss sich konstant konzentrieren, um nicht dazustehen und zu rufen: STOP! Moment! Ruhe! Andererseits steht die von Ihnen dargestellte Rolle der Ella Schön gerade mit dieser Einschränkung mitten im Leben. Ihre Tätigkeit bei der Anwaltskanzlei scheint ideal. Doch als Problem stellt sich der soziale Kontakt, mehr noch: der soziale Umgang, dar. Ja, es ist völlig anders, als wir das wahrnehmen. Man muss das ein bisschen wie eine Sprache lernen. Das ist etwas, das kannst du nicht von draußen nach innen lernen, sondern

von innen nach draußen: Das heißt, ich musste sämtliche Vorgänge auf Logik und Raster abfragen – man ist in dieser Figur gedanklich permanent beschäftigt. Das könnte es am besten erklären. Sie ringen ein wenig nach Worten, scheint mir? Es ist schwierig zu beschreiben, weil der Vorgang weniger intellektuell als vielmehr körperlich ist. In dem Sinne, dass wir im Hirn Synapsen so verbinden, wie wir es gewohnt sind. Selbst wenn ich einen Mörder spiele, gehe ich da stets als Annette ran. Ich höre was, ich lese was im Gesicht des Gegenübers – und das ist meine Reaktion. Auf die Aktion folgt die Reaktion. Bei Asperger ist das anders? Selbstverständlich hat der Asperger das auch, aber der hat ganz andere Mechanismen,


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gänzlich andere chemische Verbindungen im Kopf. Ich kann natürlich nur versuchen, das herzustellen. Ich bin ja keiner. Man muss sich das quasi über einen Umweg anlernen. Wenn Sie sagen, dass das vor allem körperlich ist, muss man den Körper in diese Position bringen und halten? Absolut. Ich weiß nicht, ob Sie diese Situation kennen, wenn Sie eine neue Sportart erlernen? Beispiel Golfplatz. Sie müssen erstmal den richtigen Golfschwung üben. Natürlicherweise würden Sie ganz anders zum Schlag ausholen. Da helfen nur Übung und Wiederholung. Nach der Drehpause mussten Sie sich also wieder in den Zustand versetzen. Genau. Es dauerte. Ich war selbst ein wenig erstaunt, dass das nicht mal so eben geht. Man muss sich dieser Reizüberflutung ausliefern, all den Dingen, die um einen rum passieren. Wenn so dreißig Leute am Ort arbeiten, da ist immer was los und viel Bewegung. Dieses Gewusel konnte ich gut nutzen. All das habe ich wie auf einer Volume-Skala voll aufgedreht, um in eine Art Asperger-Modus zu geraten. (Wir vermeintlich normale Menschen haben eine Art Filter, eine Mauer um uns herum, die hat der Asperger nicht). Eigentlich überlegt man da nicht sonderlich viel! Absolut: Etliche Prozesse im echten Leben laufen unterbewusst ab. Wenn ich zum Beispiel meine Kinder zur Schule fahre, mache ich mir keine Gedanken über den Weg. Ich mache mir nicht eine Sekunde bewusst, was ich da gerade tue. Ich fahre den Weg in einer Art Trance ab. Wir vertrauen diesen Mechanismen im täglichen Leben? Wir sind permanent auf so einer Art Lebens-Autobahn, wie ferngesteuert. Wir machen uns die täglichen Dinge so gut wie nie bewusst, weil sie so selbstverständlich scheinen … insofern sind wir ja selbst ein bisschen roboterhaft unterwegs.

Quasi automatisch? Ja, genau. Man spielt sich die Bälle zu und man hat auch nicht die Kraft, sich permanent hinzustellen und zu fragen: Wie ist denn gerade das Wetter? Was sind denn hier noch für Leute? Was verursachen die für Geräusche? Eigentlich passiert genau das in diesem Moment. Aber wir blenden das aus. Wir fahren auf unserer Maschine so durch den Tag. Das ist schon interessant. Wir erleben dieselben Dinge wie ein Asperger. Nur nimmt der Betroffene diese vollkommen anders interpretiert wahr. Reizüberflutung statt Autobahn. (Lacht)

» Ganz viele Menschen wissen gar nicht, dass sie Asperger haben. « In der Folge „Die nackte Wahrheit“ geht es ja an die Substanz! Diese Geschichte mit der vorgespielten Demenz, dass die Ella Schön einen über-nüchternen Blick darauf wirft. In der Folge kann sie durch diesen Abstand als Vermittlerin einspringen, weil sie eine ungewohnt sachliche Perspektive zu dem Problem einnimmt. Daher mag ich die Reihe so gern: Man würde meinen, der Asperger lernt die Reaktionen von den sogenannten „normalen Menschen“, aber oft ist es andersrum. Ella Schön betrachtet die Situationen quasi durchs Brennglas. Sie sagt: Das ist so und so. Das ist das, was ich hier sehe. Ich sehe, dass Sie hier eine Blockade haben! Wenn Ella wie ein Therapeut alles unter die Lupe nimmt – nicht gerade empathisch, aber dafür sehr ehrlich – werden die vermeintlich normalen Leute permanent hinterfragt, wo sie eigentlich gerade in ihrem Leben sind. Unkonventionell fand ich es, weil ich nicht genau wusste, ob diese Person tragikomisch oder vielleicht doch auf besondere Art und Weise komisch ist.


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Zwischen Tragik und Komik: Ella Schön Ja, klar ist sie komisch! Ich finde außerdem gut, dass es so kleine Fälle sind. Da wird nicht solch ein Mörderplot aufgemacht. Das sind ja relativ alltägliche Probleme. Wie mache ich das mit einer Erbschaft? Wie halte ich das Kind für vielleicht geeigneter, um solch einen Betrieb zu übernehmen? Das erwählte Kind will aber gar nicht – sein Bruder will. Ich glaube, das sind einfach typische Lebensthemen, die ohne Mord und Totschlag auskommen, aber dennoch Riesenkonflikte, die so dahin schwelen. Und es spielt in der Familie ... Gerade Familienkonflikte passen super zu solch einer Figur. Die stellt diese Themen durch ein paar Handgriffe in den Raum und dann merkt man: Wow, das ist die Baustelle, mit der ich es zu tun habe. Die anderen Figuren reden die Probleme den ganzen Tag weg und klein. Aber eigentlich ist das (!) das Problem. Ella stellt diese Verdrängungen durch ihre direkte Art bloß. Ich finde gut, dass Ella Schön einen forensischen Blick auf diese Alltagsfälle entwickelt. Ein gutes Beispiel dafür ist auch die skandinavische Serie „Die Brücke“. Da agiert eine Kommissarin, die wahnsinnig inselbegabt und fokussiert ist. Ich finde diese Produktion toll, sehr inspirierend. Trotzdem haben wir unsere Geschichten ins private Umfeld gesetzt. Das Ungewöhnliche an der „Ella Schön“-Reihe ist auf jeden Fall, dass da zwei Frauen in einer WG zusammenleben, mit drei Kindern. Dadurch rücken wir das Thema Familie ins Zentrum. Es spielen eben nicht 80 Prozent des Films im Morddezernat, es funktioniert trotz-

dem. Zwei Frauen, die denselben Mann hatten und unterschiedlicher nicht sein könnten – das bietet viel Stoff für Komik! (Lacht) Ich finde interessant, dass angesprochen wird, wie eine Frau mit Asperger-Syndrom eine Ehe oder Partnerschaft leben kann. Das ist sicher nicht einfach! Nein, gar nicht. Ich kann Ihnen sagen, Asperger ist grundsätzlich auch nicht immer wahnsinnig witzig oder charmant. Im Gegenteil. Für Betroffene und Angehörige ist es sehr anstrengend. In erster Linie ist das ein Handicap. Schön, wenn jemand unverblümt stets die Wahrheit sagt, aber wahnsinnig mühevoll. Kann ich mir gut vorstellen! Gesellschaftlich ein großes Problem, denn die Leute sehen es ja nicht. Es steht nirgendwo Asperger drauf. Es gibt eine große Dunkelziffer von Betroffenen. Der nicht diagnostizierte Asperger ahnt häufig gar nichts von seinem Handicap und wundert sich, dass er sich immer so falsch fühlt. Bei diesem Elternabend in der Folge wird das gar nicht genannt. Die anderen Eltern denken dann, das ist aber eine komische Kuh. In einem Dorf hat es den Vorteil, dass es sich herumspricht, aber wenn jemand in einer Großstadt wohnt und jeden Tag bei einem anderen Bäcker ist? Dann taucht er ab und findet nicht so leicht raus. Wenn ich weiß, dass ein Kind ADHS hat, gehe ich mit dem Kind ganz anders um. Wenn ich das nicht weiß, nervt mich das Kind höchst-


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wahrscheinlich. Also denke ich mir: Was ist denn mit dem Kind los? Haben die Eltern das nicht im Griff – oder ähnliche bescheuerte Gedanken, die man dann hat. Sehe ich jemanden, der nur miesepetrig irgendwo rumsteht und nicht mal Guten Tag sagen kann, ist meine erste Reaktion ja nicht: Ach, der arme Asperger! Das ist ja richtig anstrengend, mich zu grüßen! Sondern man denkt in der Regel erstmal: Was ist denn das für ein Arschloch!? Oder man sagt: So ein Nerd! Denn der Umgang mit Zahlen gelingt diesen Menschen ja immer besonders gut. Ja, solch eine Inselbegabung trifft zwar nicht auf jeden zu, aber für unser Format war das natürlich ein dankbares Thema! Es ist in der Tat oft so, dass Leute mit Autismus in einer Sache besonders gut sind. Das hat nicht unbedingt mit einer überdurchschnittlichen Begabung zu tun. Sondern? Sie sind das oft aus der Not heraus. Sie wissen, in emotionalen Dingen kann ich nicht punkten, das schaffe ich nicht, das überfordert mich, aber hier in solch einer Logikaufgabe kann ich mich entspannen. Ich will damit sagen, das ist nicht unbedingt ein genetisch bedingtes Talent für Rechnen etc., sondern etwas, das man einfach viel besser ausbildet als andere Stränge. Im Unterschied zum Deutschaufsatz ist der Interpretationsspielraum bei Mathe ein anderer. Da kann man sich besser an die Regeln halten. Genau. An eine Struktur.

Noch eine Frage zur Vergangenheit: Die Stand-up-Comedy hilft Ihnen wahrscheinlich immer noch beim Schauspielern? Ja, wenn man gelernt hat, pointiert zu spielen, schadet das selten. Übrigens häufig auch nicht in der Tragödie. Von mir aus könnte sich dort das Tempo oft auch ein wenig beschleunigen. Sicher muss es nicht immer getragen und melancholisch bleiben. Nein, das will man als Mensch ja auch nicht. Aber bereits in der griechischen Tragödie gibt es Verstrickungen, unerkannten Totschlag, Kriegshandlungen. Da gab es immer auch schon Tempo. Aber das wurde irgendwann wieder rausgenommen! Im sogenannten Arthouse wird oft sehr elegisch erzählt. Kann auch schön sein. Ist hier aber gar nicht gefragt. Ella Schön redet, glaube ich, doppelt so schnell wie ich. Und ich rede jetzt nicht wirklich langsam. Nein. Das auf keinen Fall! Vielen Dank. Bitte. ◊◊◊

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ANNETTE FRIER

In Köln geboren, spielte in mehreren Serien wie „Hinter Gittern – der Frauenknast“, „Switch“, „SK Kölsch“, „Du und Ich“ und „Danni Lowinski“ mit. Für den Film „Nur eine Handvoll Leben“ wurde sie von der Lebenshilfe mit dem BOBBY für vorbildliches Engagement für Menschen mit Behinderung ausgezeichnet. annettefrier.de



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WOLFGANG HOHLBEIN UND DOMINIK IRTENKAUF UNTERNEHMEN EINEN AUSFLUG IN DIE PHANTASTISCHE LITERATUR Muss man noch einführende Worte finden? Wolfgang Hohlbein schreibt seit mehreren Jahrzehnten in verschiedenen Genres der Phantastik und ist eine feste Größe in der deutschen Literatur. Unzählige heutige Autoren hat er beeinflusst. Dabei ging es ihm damals wie heute vor allem um gute Geschichten, er macht nicht vor Genregrenzen Halt. In einem langen Telefoninterview spricht er mit Stadtgeflüster über seine Bücher, aber auch über so manche Passion.

ODYSSEUS AUF IRRFAHRT IN DER FANTASY Sie schreiben seit Jahrzehnten. Wie sehen Sie denn heute die Wahrnehmung phantastischer Literatur oder eben Science-Fiction? Dieser Begriff wird gerne zur Bezeichnung von Irrealem benutzt. Das ist etwas, das ich nie verstanden habe. Es ist heute noch ein bisschen so. Dennoch ist es viel besser geworden. Die phantastische Literatur, ob jetzt Science-Fiction, Horror oder Fantasy, hat sich in den Bücherregalen wie in den Köpfen ihren Platz erobert. Fantasy hat es schon immer gegeben: Was ist zum Beispiel die Odyssee? Das ist Fantasy. Wenn ich das einem Literaturprofessor sage, erschlägt er mich.

Geschmack hätten, alles gleich gut oder schlecht fänden.

Das sind alte Sichtweisen. Bei Musik fällt mir ein: Metal zum Beispiel hat es auch lange nicht ins Feuilleton geschafft und Punk schien von Anfang an dort beliebter gewesen zu sein. Ich weiß nicht. Die Musikjournalisten, die Punk hörten, schafften es vielleicht einfach besser, sich einen elitären Anstrich zu geben. Mir geht es genau andersrum: Ich kann nichts mit Punk anfangen, bin aber ein großer Metalfan. Aber das ist Geschmackssache. Wäre ja auch grausig, wenn wir alle den gleichen

Wo sehen Sie sich dabei? Die Aufgabe von Unterhaltungsautoren wie mir ist es doch, Geschichten zu erzählen, in den Köpfen der Menschen Bilder zu erwecken. Wenn ich das schaffe, lesen die Leute das gerne, es macht ihnen Spaß. Dann ist es doch okay. Das müssen keine hochgestochenen Sätze sein, die man siebenmal lesen muss, bevor man sie versteht. Sicher haben auch solche Sätze ihre Daseinsberechtigung. Das ist eine andere Welt, die unabhängig existiert.

Dann gibt es natürlich Handwerk: Wenn eine Band den Takt nicht richtig hält und dergleichen. Natürlich. Das Handwerk zu beherrschen, kann nie schaden. Weder bei der Musik noch beim Schreiben. Es ist aber nicht Grundvoraussetzung; ich kenne einige Bücher, die nicht wirklich gut geschrieben sind, aber trotzdem faszinieren, weil es einfach tolle Ideen sind. Aber auch das ist Geschmackssache: Was ist gut und was ist schlecht geschrieben?


Hören Sie denn Musik zum Schreiben? Unterschiedlich. Je nachdem. Manchmal setze ich sie gezielt ein, um eine Stimmung hervorzurufen. Herbeizwingen kann man nicht sagen, aber um gewisse Gemütslagen zu unterstreichen. Manchmal sitze ich abends im Wohnzimmer und es läuft irgendeine Musiksendung meiner Frau – deutsche Schlager und Helene Fischer. Pizza auf dem heißen Stein gebacken Rothenburg 14-16 | Tel.: 4828591 | mocca-d-or.de

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Hören Sie das privat? Nein. Das würde ich mir jetzt nicht kaufen. Wenn ich alleine bin, würde ich das garantiert nicht einschalten, aber es stört nicht weiter. Damit kann ich leben, das kann ich ausblenden. Manchmal brauche ich so etwas. Bei einer gewissen Art von Actionszenen setze ich mir Kopfhörer auf – das ist dann die Schmerzgrenze für Radau. Das hilft. Hat das auf den Rhythmus der Sätze Einfluss? Da ist die Zeitschiene eine andere. Selbst wenn Sie so ein episches Metalstück hören, das seine sieben, acht Minuten geht, in der Zeit schreibe ich sieben Sätze. Da kann man jetzt nicht sagen, dass die Musik das Schreiben beeinflussen würde. Da suche ich mir eher umgekehrt die Musik aus, die zu der Szene passt.

» Wegen der Kinder habe ich immer nachts gearbeitet. «

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Ihr aktueller Roman behandelt ein politisches Thema: den Nahostkonflikt in Israel. Was hat Sie an dem Stoff gereizt? Die Fülle an Material, auch an aktuellen Berichten, die es da gibt? Ja, auch das. Leider ist es so, dass das Thema wieder brandaktuell ist. Es war für mich aber eher der biblische Teil, die Offenbarung des Johannes, die Apokalypse, wie er sie sich vorgestellt hat. Wenn man sich die genau anguckt, kann einem schon anders werden.


Fotos: Presse

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Zentrales Thema von Hohlbeins neuem Buch: Der Nahostkonflikt in Israel Warum? Da sind sehr viele Sachen, die man zumindest so deuten kann, als hätte er sie vorausgesehen. Ich persönlich glaube nicht daran, aber für einen Autor ist es ein Füllhorn an Ideen und Vorschlägen, die sozusagen das Schicksal liefert. Denken Sie beim Schreiben an Genre-Konventionen? Wenn der Verlag zum Beispiel einen gewissen Wunsch hat. Überhaupt nicht. Darum kümmere ich mich nicht. Es gab eine kurze Weile, als eine spezielle Art von Fantasy gefragt war. Biest frisst Jungfrau oder umgekehrt, diese ganzen Twilight-Geschichten. Das hatte ich ausgeschlossen. Da hätte ich gesagt: Nee, da gibt es momentan zu viele von. Das mache ich nicht! Aber sonst? Sonst schreibe ich die Geschichten, auf die ich Lust habe. So wie mir der Sinn steht. Da redet mir keiner rein. Die Verleger werden vielleicht sagen: Passt nicht ins Programm. Da haben wir schon zwölf, machen wir jetzt nicht. Die würden aber nie sagen: Gefällt mir nicht. Da habe ich freie Hand, Gott sei Dank!

Haben Sie denn eine lange Jahresplanung oder kommt das eher spontan? Ich könnte sofort ein Thema bearbeiten. Das habe ich auch schon oft genug gemacht. Das Problem sind die Vorlaufzeiten; Verlage sind relativ träge. So ein halbes bis Dreivierteljahr dauert das einfach. Ich habe da vor allem meine private Planung. Wie sieht die momentan aus? Gerade ist der zweite Teil von „Armageddon“ überfällig. Das liegt daran, dass ich nicht so gut vorangekommen bin, wie ich mir das vorgestellt habe. Der Verlag ist auch nicht glücklich darüber, aber sie werden mich jetzt dafür nicht ans Kreuz nageln. Muss man halt schauen, wie es wieder läuft. Wenn man bei einem Roman einen Hänger hat, was macht man dann? Eben genau das, was ich gerade getan habe: Eine kreative Pause einlegen. Mal was ganz Anderes tun und vier Wochen nicht schreiben. Das hilft oft, nicht immer, aber meistens hilft es schon. Ich kann nur für mich sprechen, da muss jeder selbst eine Methode finden. Das Schlimmste, was man machen kann, ist, meiner Meinung nach, es erzwingen zu wollen. Das merkt man dem Text an.


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Godfather der deutschen Fantasy: Wolfgang Hohlbein Dann klotzt man die Wörter aneinander… … ja, und mit einem gewissen Abstand merkt man, dass jedes Wort gequält klingt – und wirft es doch wieder weg. Vielleicht hilft da eine gewisse Routine, außer man hat eine ganz große Blockade. Ich versuche es natürlich. Ich lege Wert darauf, jeden Abend und jede Nacht meine drei bis fünf Stunden zu arbeiten. Meistens klappt das. Nicht immer. Aber so ein bisschen Routine muss sein. Der innere Schweinehund, der dann immer wieder sagt: Nee, bei dem Wetter könntest du doch auch etwas Anderes machen oder es läuft gerade etwas Gutes im Fernsehen. Ja, ich kenne das. (Lacht) Diesen Schweinehund gibt es, den muss man bekämpfen. Aber ich glaube, das ist in jedem freien Beruf so. Wenn man nicht jemanden hinter sich stehen hat, der sagt: Mach mal!, muss man eben sein eigener Chef sein. Man ist dann sein eigener Sklaventreiber.

(Lacht) Aber das gehört doch dazu. Wie ist das so als Bestseller-Autor: Liest man immer noch viel und wie teilt man sich die Zeit zum Schreiben oder Lesen ein? Ich lese immer noch sehr viel. Ich kann mindestens eine Stunde pro Tag lesen. Im Schnitt lese ich zwei, drei Bücher im Monat. Arbeite ich gerade an einem Thema, lese ich das Genre nicht. Das würde mich zu sehr beeinflussen. Ich hätte Angst, unbewusst etwas zu klauen, ohne es zu merken. Ein Beispiel? Da ich gerade an „Armageddon“ schreibe, würde ich keine biblische Weltuntergangsgeschichte lesen. Da lese ich jetzt lieber einen Science-Fiction-Roman oder normale klassische Fantasy oder einen Krimi. Das ist aber eigentlich schon alles. Ansonsten lese ich, wonach mir der Sinn steht, nach Lust und Laune. Müssen Sie jetzt noch darauf achten, dass Sie nichts übernehmen? Ich meine, Sie


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haben ja längst einen eigenen erkennbaren Stil gefunden. Ja, natürlich. Deshalb lese ich zum Beispiel keine Manuskripte. Es ist klar, es kommen immer wieder Anfragen: Kann ich dir mal mein Buch schicken, kannst du da einen Blick reinwerfen? Abgesehen davon, dass ich keine Zeit habe, denn wenn ich einmal damit anfange, würde ich nichts Anderes mehr tun. Aber einer der Hauptgründe ist wirklich der, dass plötzlich jemand kommt und sagt: Also, ich habe Ihnen vor zwanzig Jahren doch mein Manuskript geschickt und jetzt lese ich Ihr neues Buch und das ist genau meine Geschichte!

» Ich lese keine fremden Manuskripte. « Schockschwerenot! Sowas kann passieren. Das ist keine Absicht, aber Ideen haben die Eigenart, zu verschwinden und nach fünf Jahren als „eigene Ideen“ wiederzukommen. Davon will ich mich gar nicht freisprechen. Das ist einer der Hauptgründe, warum ich keine fremden Manuskripte lese. Bücher von anderen natürlich gerne, klar. Eine andere Herausforderung war sicherlich mit Ihren Kindern im Haushalt? Das war einer der Gründe, warum ich immer nachts gearbeitet habe. Über Tag war einfach nicht die Ruhe da – eigenes Arbeitszimmer hin oder her. Es war immer irgendwas. Mit fünf Kindern passiert immer eine kleine Katastrophe oder irgendetwas, was die Aufmerksamkeit beansprucht. Das hat sich immer weiter in die Nacht hinein verlagert. Das war dann der Hauptgrund. Da ist nichts Geheimnisvolles dran. Wie schauen Sie denn auf Ihr Schaffen, auf das Werk der letzten Jahrzehnte zurück? Vor ein paar Jahren versuchte ich, zu meinem ersten erfolgreichen Roman „Märchen-

mond“ eine Fortsetzung zu schreiben. Das ist ein spannender Roman geworden, der auch angekommen ist, aber ich muss selbst sagen, es ist nicht mehr so wie früher. War das wie bei einem Debütalbum eine besondere Atmosphäre? Wenn man etwas wirklich zum ersten Mal mit Begeisterung macht, ist das etwas Einmaliges. Das kann man nicht wiederholen. Das hat gar nichts damit zu tun, dass man die Fähigkeiten nicht mehr hätte. Ich war damals Ende Zwanzig und wenn man anfängt zu schreiben und sich alles von der Seele schreibt, was sich 20 Jahre vorher angesammelt hat, ist das schon ein Unterschied. Leser von phantastischer Literatur verbinden mit dem ersten Buch von Ihnen ja sehr spezielle Erfahrungen. Ich hatte damals eine Art Alleinstellungsmerkmal. Deutsche Fantasy gab es in dem Sinne eigentlich gar nicht. Mal abgesehen von Michael Ende. Mittlerweile sieht das ganz anders aus. Damals war ich ganz allein auf weiter Flur. Ich war sicher fünf, sechs Jahre der einzige deutsche Autor, der sowas geschrieben hat. Da war es eben so, dass das Feuilleton und die besseren Literaten die Nase rümpften. Was? Von Fantasy kann man leben!? Das hat sich jetzt aber geändert. Zum Glück! Vielen Dank, Herr Hohlbein. ◊◊◊

INFO

WOLFGANG HOHLBEIN

Jahrgang 1953, wohnt mit Frau Heike, ebenfalls Autorin, am Niederrhein. Stand bereits für deutsche Fantasy, als die Bücher noch in der Schmuddelecke ein trauriges Dasein fristeten. Seine Tochter Rebecca Hohlbein ist ebenfalls Autorin. Sein Roman „Druidentor“ führte 1993 ein Jahr lang die Spiegel-Bestsellerliste an. Der Stadtgeflüster-Autor hat das Buch auch besessen und genossen. hohlbein.de


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THORE D. HANSEN UND DOMINIK IRTENKAUF ENTWERFEN MÖGLICHE ZUKÜNFTE Was passiert, wenn wir gegen den Klimawandel nichts unternehmen, die Hände in die Taschen stecken, auf besseres Wetter warten und der Meeresspiegel steigt? Der Schriftsteller Thore D. Hansen denkt diese Fragen konsequent in seinem aktuellen Roman „Die Reinsten“ weiter. Spanien ist zur Wüste geworden, außerhalb der klimatisierten Städte New Paris oder New Johannesburg kommt man in der Hitze um. Eine künstliche Intelligenz regelt mit einem Team von hochqualifizierten Spezialisten unseren Alltag und darüber hinaus. Hansen hat ausführlich recherchiert und malt ein Bild, das unangenehme Fragen nicht ausspart. Lesen Sie selbst ...

ZUKUNFTSAUSSICHTEN Wie wahrscheinlich ist das in Ihrem Roman geschilderte Szenario? In meinem Buch beziehe ich mich auf drei Themen: Klimawandel, künstliche Intelligenz und die Philosophie der Reinsten. Diese Philosophie – oder besser: Das ideologische Menschenbild vom sich selbst optimierenden Menschen – finden Sie in den Grundgedanken der führenden Köpfe des Silicon Valley. Für einen Roman eine gute Vorlage und die Wahrscheinlichkeit, dass es so oder so ähnlich eintritt, steigt mit jedem Tag, an dem wir so weitermachen wie bisher. Wie wahrscheinlich war Aldous Huxleys Vision – und wie viel ist davon schon eingetreten? Das einzuschätzen überlasse ich dem Leser. Wie hängt diese Silicon-Valley-Philosophie mit Klimawandel und K.I. zusammen? Der Klimawandel fordert ein zeitnahes Umdenken von uns. Die Macher im Silicon Valley setzen sich kaum mit den ökologischen Veränderungen auseinander. Sie haben keine Vision für unsere Zukunft, ihnen geht es vor allem um sich selbst. Der eine will zum Mars, die anderen die Perfektionierung durch Gentechnik, Pränataldiagnostik, Unsterblichkeit oder das Bewusstsein ins Internet laden. Sie

nehmen brutalen Einfluss auf unsere Gesellschaft und wir lassen das zu, indem wir ihre Produkte nutzen und sie zu Monopolisten der Meinungsbildung machen. Schöne neue Welt. Ziemlich realitätsfremd! Ja und in Wirklichkeit wohnt dem Ganzen eine große Selbstverachtung und Größenwahn inne. Die Idee, dass man sein Bewusstsein in einen Computer lädt, bewerte ich als wissenschaftlichen Blödsinn. Diese Leute stellen sich nicht der ökologischen Krise, sondern entwickeln Fluchtszenarien: Dazu ist gerade ein interessantes Sachbuch von Douglas Rushkoff erschienen. Wir hatten ähnliche Quellen und Kontakte zu Investoren aus dem Silicon Valley. Die zentrale Frage, die sich diese Leute stellen, ist, wo und wie man die Krisen der Zukunft am besten überlebt. Wäre durch Technologie eine Bewältigung dieser Krisen möglich? Beim Klimawandel ist es so, dass die größte Künstliche Intelligenz, der größte Rechner, nicht in der Lage sein wird, die Szenarien wirklich vorherzusagen. Aus dem ganz einfachen Grund: Wir leben in einer Phase, in der der Klimawandel sogenannte „Kaskadeneffekte“


zeigt. Das heißt zum Beispiel, wenn der Permafrostboden auftaut, weiß niemand genau, wie viele Milliarden Tonnen Methan und CO2 zusätzlich freigesetzt werden und so die Lage noch schneller eskalieren lassen.

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Wie bald müssen wir mit einem Klimakollaps rechnen? Über diesen Zeitpunkt kann man sich streiten, aber dass er bei ungezügeltem Anstieg von CO2 droht, steht außer Zweifel. Und spielt es denn eine Rolle, ob es hundert oder zweihundert Jahre länger dauert? Fakt ist, wir haben ihn losgetreten. In dem Roman bin ich aber weit bis ans Ende des 22. Jahrhunderts gegangen. Bis dahin haben wir einen Zustand erreicht, dass die Äquatorialebene nicht mehr bewohnbar ist, weil der Meeresspiegel vierzehn, vielleicht fünfzehn Meter gestiegen ist. Die ganzen Modelle, die wir bislang haben, werden bei fast jedem neuen Bericht des internationalen Klimarates zum Schlechteren korrigiert. Aber ich zeige auch Möglichkeiten auf, wie wir damit umgehen können.

» Wir brauchen eine zweite Aufklärung. « Eine wesentliche Änderung ist die Neugründung der heutigen Metropolen. In Grönland wird eine Großstadt sein, die eine zentrale Rolle übernimmt. Das Eis wird dann weg sein, was sich heute in der Arktis schon zeigt. Eine Überhitzung des Planeten gab es öfter. Ohne das Grönlandeis wird noch weniger Hitze zurück in die Atmosphäre reflektiert. Bei früheren Warmzeiten dauerte dieser Prozess zehn- oder zwanzigtausend Jahre. Jetzt macht der Mensch das selber – in nur einem runden Jahrhundert. Wir wissen auch, dass die letzten größeren Heißzeiten, aber auch Eiszeiten, dazu geführt haben, dass 97 Prozent allen


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Sieht es bald überall so aus? Lebens auf der Erde zerstört wurden. Das sind nun mal Fakten. Wollen wir das? Können wir das noch verhindern? Ja, wenn wir wollen. Ein radikaler Einschnitt! Danach begann eine neue Evolution. Dieser Planet hat noch einige Milliarden Jahre vor sich und als Spezies werden die Menschen nicht Milliarden Jahre überleben. Unsere Zeit ist nun mal irgendwann beendet. Das meine ich nicht fatalistisch. Das ist rein wissenschaftlich so. Nur im Moment haben wir es noch in der Hand. Wir müssten unseren Lebensstil sofort verhandeln und ändern. Ich gehe sogar so weit, zu sagen, dass die Vereinten Nationen mittlerweile einen globalen Notstand ausrufen müssten. Bei dem Wort „Notstand“ klingeln bei vielen sicher die Alarmglocken. Ich meine damit nicht die Beschneidung der Bürger- und Menschenrechte. Es geht um

den ökologischen Bankrott unseres Planeten. Leider orientieren sich die Staaten nicht mehr an den Vereinten Nationen, sondern schätzen Nationalismus. Das ist genau der Trend, den wir historisch und im Kampf um unsere Zukunft nicht gebrauchen können. Genauso wenig wie eine apathische Konsum- und Wachstumsgesellschaft. Bei einigen Regierungen sieht das nicht anders aus. Das ist die politische Ebene, und für die Bewältigung des Klimawandels ist es dramatisch, dass wir einen Donald Trump und ähnliche politisch Verantwortliche haben, die das Ganze nicht ernstnehmen, leugnen oder ignorieren. Es ist an Dummheit kaum zu ertragen. Wir zerstören die Zukunft unserer Kinder und die gesamte Artenvielfalt gleich mit. Und eine Notstandserklärung kann da Abhilfe schaffen?


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Wir stehen an der Schwelle Durch so eine Erklärung würde vielleicht den Menschen endlich bewusst, dass wir uns in einem globalen Selbstmord-Programm befinden. Wir müssen uns irgendwie ein völlig neues ökologisches Bewusstsein begreiflich machen. So wirtschaften und konsumieren, das können wir keine paar Jahre mehr. Das heißt, wir müssen das Wirtschaftssystem so umgestalten, dass der Verbrauch an Ressourcen runtergeht, dass wir die Überbevölkerung im nächsten Jahrhundert abbauen. Die Globalisierung ist gescheitert. Also weniger Menschen? Ich sag’s mal so, ganz ehrlich: Es gibt keinen Grund, dass wir existieren müssen – es sei denn, man ist religiös. Wir müssen uns entscheiden – das ist eine andere Philosophie, als religiös zu sein: Entscheiden, entweder für das Leben oder weiterhin gegen das Leben! Ich glaube nicht, dass wir mit weiterem Bevölkerungswachstum den angerichteten Schaden wieder gut machen können. Durch Aufklärung kann man die Überbevölkerung

aber bis Ende des Jahrhunderts relativ gut in den Griff bekommen. Das ist alles längst berechnet worden. Es liegt eigentlich für fast alles eine Lösung vor. Es geht ja nicht nur um den Klimawandel, sondern um die gesamte ökologische Kette, die wir zerstören. Was waren Ihre Quellen? Unzählige. Aber wichtig waren das Hintergrundwissen des Club of Rome und des internationalen Klimarats, wissenschaftliche Publikationen über Künstliche Intelligenz, viele Veröffentlichungen rund um die Zukunftsvision und Ideologien des Silicon Valley. Aber auch Sachbuchautoren wie Yuval Noah Harari oder Alan Weissman, die sich auf eindrucksvolle Weise mit der Zukunft beschäftigt haben. Auch die Ideen des Transhumanismus, den sich vor allem reiche Menschen werden leisten können. Auch dort spielt nicht nur der Klimawandel eine Rolle, sondern auch der Ressourcenverbrauch und die Überbevölkerung. Mich ärgert oft, dass es nicht an Intelligenz und Wissen mangelt, sondern am Willen,


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etwas zu verändern. Auch das wollte ich im Roman verarbeiten, und sagen: Okay, wenn das so weitergeht, blickt ihr durch dieses Buch in eure Zukunft! Ist es ein dystopischer Blick? Verrate ich nicht. Interessant, dass Sie das in Romanform schreiben. Für die angesprochenen Politiker ist das eine Vorlage, zu sagen, das ist reine Fiktion. Science-Fiction eben im abschätzigen Sinne! Keine Sekunde habe ich daran gedacht, dass ich einen Politiker damit erreichen will. Jeder Mensch ist ein potentieller Leser. Außerdem ist das Ganze wissenschaftlich dicht recherchiert. Grundlage für den Roman bilden drei Jahre Recherche zur Künstlichen Intelligenz und zum Klimawandel – und am Ende halfen mir 30 Jahre Erfahrung als Journalist und Politikwissenschaftler. Ich sehe, da steckt viel Arbeit in Ihrem Roman? Der beruht auf Fakten. Je dichter man recherchiert, desto konkreter wird auch die Wirklichkeit oder die Vorstellung: Könnte unsere Zukunft wirklich so aussehen, wenn wir nichts unternehmen? George Orwell und Aldous Huxley werden nicht umsonst wieder viel gelesen. Es ist in den USA noch nicht eingetreten, was Orwell beschreibt, aber man hat doch Angst, dass es soweit kommen könnte. Daher feiern diese Bücher auch wieder Erfolge – und nehmen so wiederum Einfluss auf die Politik. Ein Roman dient dazu, sich etwas besser vorstellen zu können. Ich höre da Gesellschaftskritik heraus? Das hängt von jedem einzelnen ab, wie er sich verhält, wie er weiterkommt, welches System er durch seinen Konsum fördert. Mit jedem Handy, mit jedem Laptop, mit jeder Software, die wir von Google, Amazon oder sonst wem nutzen, machen wir sie mächtiger. Es ist leider so, dass empathische Fähigkeiten in gewissen Machtstrukturen nicht mehr vorhanden sind. Deshalb sind einige Strukturen

der digitalen Welt sehr gefährlich. Was den Roman angeht, so muss jeder selbst entscheiden, welcher Figur er folgt und das hat dann auch Konsequenzen. Romane sollen ja vor allem Fragen aufwerfen und nicht beantworten. Empathie hört man heute relativ selten. Dabei wäre gerade das heute wichtig. Wie viel Empathie besitzt ein Mensch, wie viel Einfühlungsvermögen kann ein künstliches Bewusstsein möglicherweise leisten? Ist ein künstliches Bewusstsein am Ende vielleicht eher in der Lage, empathischer zu sein als ein Mensch? Auch das waren Gedanken, die mich beschäftigt haben.

» Vielleicht unterwirft sich eines Tages der Mensch DER K.I. « Wenn ich mir die Beziehung Mensch-K.I. in Ihrem Roman anschaue, wirkt die K.I. Askit wie ein Übervater. Die Frage bei einer künstlichen Intelligenz lautet ja immer auch, wie viel diese übernehmen darf. Ob sie durch das Entwickeln eines Bewusstseins nicht für Menschen gefährlich wird? Kann man so deuten, aber auch völlig anders. Für jede Figur in dem Roman gibt es eine eigene Perspektive auf die K.I. Aber den Machtaspekt habe ich zunächst bewusst ausgeklammert. Das interessiert die K.I. einfach nicht. Ich habe mich in solch ein Programm hineinversetzt und die Emotion weggenommen – und dann geschaut, wie sich aus einer künstlichen Intelligenz auch ein künstliches Bewusstsein entwickelt. In welcher Form kohabitiert eine solche K.I. mit Menschen? Sind wir denn schon so weit? Wie damals bei der Entwicklung der Atombombe hinkt die Welt einer wissenschaftlichen Innovation in ethischen Fragen total hinterher.


Und auch da wollte ich das zu Ende denken: Wozu führt das, wenn Künstliche Intelligenz unkontrolliert entwickelt werden kann? Ist das irgendwann tatsächlich eine Selbstermächtigung, um die Welt anzuführen? Aber genauso gut könnte man fragen, ob der Mensch nicht irgendwann so verzweifelt ist, dass er sich freiwillig unterwirft?

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Das Thema K.I. ist gerade ja ziemlich aktuell? Deswegen habe ich bewusst die K.I. nicht zum Mittelpunkt der Geschichte gemacht, sondern zu einem selbstverständlichen Teil dieser Welt, die ohne diese Intelligenz gar nicht überleben konnte. Dennoch geht es auch darum, wo eine K.I. an ihre eigenen Grenzen stößt. Hat sie diese überhaupt – und wenn ja, wie würde sie darauf reagieren? Hört sich interessant an! Das sind Dinge, da bewegen wir uns natürlich auch im Grenzbereich unseres eigenen Bewusstseins. Denn wie gesagt: Ein Mensch kann seine Werte genauso abschalten, wie man das bei einem Computer kann. Damit zu spielen, wann fängt das Maschinenbewusstsein an und wo hört das des Menschen auf, das war eines der spannendsten Dinge, mit denen ich mich in den letzten Jahren beschäftigt habe. Was könnten denn die Grenzen einer K.I. sein? In Bezug auf den Klimawandel. Sie können selbst mit dem besten Rechner die Bewegung der Wolken nicht zufriedenstellend berechnen, beim Klima wird es stets nur Prognosen geben, keine Sicherheit, das wird sich auch durch eine K.I. nicht ändern. Eine andere Grenze könnte die ethische Verantwortung einer Künstlichen Intelligenz sein. Vielleicht ist das auch eine Chance, weil die K.I. frei von Vorurteilen eine Situation bewerten könnte, betont rational eine Entscheidung fällen. Das geht dann auch nur mit einem positiven Bild von Technologie? Wir versuchen, Probleme, die durch die Technik entstehen, immer wieder durch neue Technik zu lösen. Da gibt es ein Gesetz, das auch gerne in der Science-Fiction bemüht


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Der Schwarzwald im Jahr 2150? wird. Aber es ist eine Theorie, warum wir noch keiner weiteren Zivilisation begegnet sind. Kurz bevor eine Kultur in der Lage ist, interstellar zu agieren, hat sie sich in der Regel selbst vernichtet. Das Fermi-Paradoxon spricht das an. Also wird es nichts mit einem intergalaktischen Imperium? Elon Musk kann sich ja gerne zum Mars schießen, aber wir werden es nicht schaffen, diesen Planeten zu verlassen und eine interstellare Zivilisation aufzubauen. Das wäre dann richtige Science-Fiction. Wir werden vorher als Zivilisation wahrscheinlich so versagt haben, dass wir es gerade noch schaffen, zu überleben. Wie schaut die Zukunft letzten Endes aus? Das war die Kernfrage in meinem Buch: Wie sieht unsere Welt im Jahr 2200 aus? Welche Chancen gibt es? Ich denke, der Mensch hat immer noch die Chance, das Ökosystem wieder aufzubauen. Das ist die Entscheidung, die man treffen muss. Da leben wir gerade wirklich in einer hochspannenden Zeit: Schaffen wir den Umbruch? Oder schaffen wir ihn nicht? Gute Frage, auf die es keine leichten Antworten gibt. Was kann helfen?

Was wir brauchen, ist eine zweite Aufklärung. Wir kommen mit der Ersten nicht mehr weiter. Die neue Aufklärung bedeutet zum Beispiel, dass wir lernen müssen, zu verzichten. In der Maslowschen Bedürfnispyramide geht es um die Frage: Was braucht der Mensch zum Überleben, was ist auf dieser Pyramide Luxus bis hin zum dekadenten Reichtum? Auf was können wir uns verständigen? Ich habe jedoch starke Zweifel, dass die Menschen diesen Verzicht selbst schaffen, wenn ihnen der Notstand, in dem wir uns befinden, nicht endlich bewusst wird. Es ist also an der Zeit, etwas zu tun! Herzlichen Dank. Gerne. ◊◊◊

INFO

THORE D. HANSEN

Arbeitet als Journalist vor allem zu politischen Themen, mit einer Spezialisierung auf internationale Beziehungen, Kriegsursachenforschung und Geheimdienste. Ausgiebige Faktenrecherche fließt in seine Romane ein. Polit-Thriller „Quantum Dawn“ und „China Dawn“ im Europa Verlag, aktuell der SF-Roman „Die Reinsten“ im Golkonda Verlag. thore-hansen.de


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KARLHEINZ STEINMÜLLER BESPRICHT MIT DOMINIK IRTENKAUF MÖGLICHE SZENARIEN FÜR DEUTSCHLAND UND DIE WELT Wer behält in der sich stets schneller drehenden Welt noch Überblick? Ist es nicht so, dass sich unsere Zukunft in viele Zukünfte aufspaltet? Diese Fragen beschäftigen Karlheinz Steinmüller von der Agentur für Zukunftsforschung „Z_punkt“ aus Köln. Für Unternehmen, öffentliche Stellen, Ministerien forscht Steinmüller im Team an unterschiedlichen Fragestellungen, die das Morgen beeinflussen können.

BLICK IN DIE ZUKUNFT Wie hat man sich „Zukunftsforschung“ vorstellen? Aufgabe der Zukunftsforschung ist, Auftraggeber bei der Langfristorientierung zu unterstützen. Wir erarbeiten Szenarien, wie die Zukunft in einem speziellen Bereich aussehen könnte, unterstützen Innovationsprozesse. Zukunftsforschung geht von der Gegenwart aus, von heute existierenden Trends und Entwicklungen. Wir sammeln beständig eine Vielzahl von Informationen darüber, was sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt ereignet, kombinieren mit den Trends bzw. Megatrends Dinge, die erst in den Plänen vorhanden sind. In Unternehmensplänen oder in dem, was in Forschungslabors geschieht, was sich politisch in der Programmatik abzeichnet. Sie gehen von der Gegenwart aus, um das Künftige zu beschreiben? Ja. In der Gegenwart gibt es viele Hinweise darauf, was in der Zukunft auf uns zukommen kann. Das müssen wir in einer systematischen Weise sammeln und bewerten. In der Regel verlassen wir uns dabei nicht auf unseren eigenen Verstand, sondern beziehen Experten ein. Natürlich wird viel recherchiert: Was gibt es an wissenschaftlichen Publikati-

onen, was ist in den Medien? Aber eine gute Basis sind die Aussagen von Experten, die sich auf diesem Feld gut auskennen und vielleicht manche Erkenntnisse noch nicht veröffentlicht haben, weil sie denken, die Zeit wäre noch nicht reif. So sind wir auch da stets am Puls der Zeit. Es gibt sicher einige Sachen, die schwer vorhersehbar sind? Auch diese versuchen wir über sogenannte „Wild Cards“ einzubeziehen: Überraschende Ereignisse, die wir für prinzipiell möglich, aber aus heutiger Sicht für höchst unwahrscheinlich halten, die jedoch eine erhebliche Wirkung entfalten könnten. Sie treten aus heiterem Himmel auf und rufen häufig unangemessene, überzogene oder verspätete Reaktionen hervor. Ich denke da spontan an Katastrophen, die plötzlich auftreten können … Die typischen Desaster sind beinahe schon zu gut berechenbar, um sie als absolute Überraschungen (Wild Card) zu nehmen. Sie sind für die, die sie treffen, selbstverständlich ein unerwartetes Ereignis der bösen Sorte, aber da kennt man gute Statistiken. Gerade, wenn


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ich an fürchterliche Busunfälle oder Flugzeugunglücke denke. Da wissen wir ungefähr, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass im nächsten Jahr abermals dergleichen passiert. Insofern ist so etwas eine Art „berechenbarer Zufall“. Uns interessiert allerdings auch das, was sich an Zufällen nicht berechnen lässt. Das sind beispielsweise wissenschaftliche Durchbrüche, politische Umbrüche oder Umschwünge. Für diese gibt es keine einigermaßen praktikablen Vorhersage-Methoden. Können Sie Beispiele nennen? Ich denke da an den Arabischen Frühling, der doch als eine große Überraschung kam. Legt man dieselben Indikatoren (etwa Arbeitslosigkeit unter jungen Akademikern) an, so hätten in Spanien nach der Finanzkrise ähnliche Ereignisse eintreten können wie in Nordafrika. Trotzdem gab es keinen „Spanischen Frühling“, keine Revolte. Insofern hat ein Instrumentarium, das sich auf Statistiken stützt, nur begrenzten Nutzen.

Wie lösen Sie das? Wir betrachten erstens das, was sich nicht in Zahlen ausdrücken lässt. Zweitens versuchen wir stets, das Element des Unvorhersagbaren, des Zufälligen mit einzubeziehen. Das können positive wie auch negative Wild Cards sein. Negative Wild Cards sind in der Regel Umbrüche oder Unglücke von einer Dimension, die weit über das normale Maß hinaus geht, wie zum Beispiel Fukushima oder die Terroranschläge vom 11. September. Das sind, statistisch gesehen, Ausreißer. Das klingt jetzt alles ziemlich negativ. Es gibt durchaus positive Wild Cards, je nach Bewertung. Für mich beispielsweise waren der Zusammenbruch des Ostblocks sowie der Fall der Berliner Mauer so eine, für Erich Honecker ganz sicher nicht. Für die meisten Menschen in der DDR war das bestimmt eine positive Überraschung. Viele hätten nicht geglaubt, dass es so kommt. Ergo: eine Wild Card. Manche technologischen oder wissen-

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Auch als Zukunftsforscher kann man im Jetzt & Hier ein gutes Buch genießen! schaftlichen Durchbrüche kann man ebenfalls auf diese Weise auffassen. Sie passen die Methoden jeweils an? Natürlich. Wenn wir einen Auftrag bekommen, setzen wir nie bei Null an – weil wir über einen reichen Erfahrungsschatz verfügen, zudem über Datenbanken und Ergebnisse aus existierenden Studien. Doch wir müssen die Situation stets aufs Neue analysieren. Die Welt verändert sich ständig. Was gestern gewiss war, trifft heute vielleicht nicht mehr zu. Wir müssen zumindest auf der Höhe der Gegenwart sein, wenn wir etwas über das Morgen sagen wollen. Die Zukunft verläuft ja nicht geradlinig. Sie entwickeln immer mehrere Szenarien? In der Regel versuchen wir, das Ganze auf drei bis fünf Szenarien herunterzubrechen, wobei sich die Anzahl aus der Problemstellung ergibt. Wir können nicht im Vorhinein versprechen: Wir konstruieren Ihnen vier Szenarien. Aber wir sind dann ganz glücklich, wenn sich nach allen Analyse- und Konstruktionsschritten drei bis fünf ergeben. Alles, was mehr ist, sagen wir mal: über sieben, wird sehr unübersichtlich. Und nur zwei Szenarien, die hätte man sich meist vorher aus den Fingern saugen können. Bei uns drückt sich die

Ungewissheit der Zukunft darin aus, dass wir mehrere Zukunftsbilder, mehrere Szenarien für ein- und denselben Gegenstand entwerfen, sozusagen eine Landkarte der Zukunft. Lässt sich also bereits heute etwas über die Zukunft sagen? Vielleicht kann ich auf eine sehr spannende Initiative hinweisen, an der ich im Moment mitwirke. Sie heißt „Deutschland 2030“ oder abgekürzt: „D2030“. Eine Gruppe von Zukunftsforschern versucht herauszufinden, wie Deutschland im Jahr 2030 aussehen könnte. Dabei haben wir eine Reihe namhafter Experten eingebunden und über öffentliche Online-Umfragen interessierte Bürger beteiligt. Anfang Juli 2018 haben wir eine Zukunftskonferenz veranstaltet, die ersten Ergebnisse zur Diskussion gestellt sowie viele Anregungen erhalten. Welche Auftraggeber stehen dahinter? Wir wollten unabhängig arbeiten, haben dafür auch Sponsoren gewonnen. Uns geht es vor allem darum, überhaupt eine Debatte über Perspektiven für Deutschland anzuregen, denn verrückterweise gibt es über alles Mögliche Szenarien, nur nicht – auf einigermaßen neutraler Grundlage – über Deutschlands Zukunft. Wir wollen so mit unseren Mitteln zur demokratischen Meinungs- und Willensbil-


SciFi-Autor in der Zukunftsforschung: Dr. Steinmüller dung im Land beitragen. Ein klitzekleines Bisschen. Ich möchte das jetzt nicht übersteigern.

Können Sie diese Szenarien noch etwas erläutern? Einerseits könnte es ein „Weiter so!“ mit einem Leben im Hamsterrad sein, das in einer Variante sogar zu einem wirtschaftlichen Abstieg führt. Möglich ist aber auch das Eröffnen neuer Horizonte durch gemeinsame Anstrengungen und viel Engagement der Leute, wobei die Variante „Stärke durch Vielfalt“ den meisten Zuspruch im Online-Voting erhielt. Möglich wäre, dass Deutschland sich aus Gründen der Nachhaltigkeit von der Welt abzukoppeln versucht – oder sich sogar rückwärts orientiert und beinahe vollständig abschottet. Wenig wahrscheinlich, aber eine Gefahr. Sie arbeiten viel mit narrativen Szenarien. Da ist, denke ich, ein persönliches Interesse von Ihnen integriert, da Sie bereits Science-Fiction-Romane veröffentlicht haben.

Manchmal sage ich etwas großspurig und ironisch: Für mich ist die Zukunftsforschung die Fortsetzung von Science-Fiction mit anderen Mitteln. Zumindest persönlich war das so für mich. Ich habe ja in den 80er Jahren in der DDR als Science-Fiction-Autor gelebt und hatte dann das Glück, in die Zukunftsforschung zu kommen. Für Sie lief der Übergang reibungslos? Ich habe da tatsächlich angeknüpft. Der gemeinsame Nenner: Man braucht für beide viel Fantasie. Man braucht natürlich als (Science-Fiction-)Autor eine Menge Fantasie, aber man muss auch als Zukunftsforscher bereit sein, sich auf Fantasie, auf unkonventionelle Vorstellungen einzulassen. Sich von dem, was auf den ersten Blick plausibel und unveränderlich scheint, zu lösen. Wir nennen das: „Thinking out of the box“. Schreiben Sie manchmal auch Science-Fiction in der Zukunftsforschung? Mitunter ergibt sich der Glücksfall, dass ein


- 57 Auftraggeber möchte, dass Szenarien nicht abstrakt dargestellt werden, sondern dass man sie anhand von handelnden Personen schildert, in Form einer kurzen Science-Fiction-Geschichte. Können Sie ein Beispiel nennen? Die ersten derartigen Szenarien haben vor vielen Jahren ein Kollege und ich für den Deutschen Forschungsdialog Futur entwickelt. Beispielsweise ging es darum, welche Möglichkeiten die Hirnforschung für die Gesundheit eröffnet. Wenn man diese bloß abstrakt schildert und sagt: Ja, Gehirnforschung bringt viel für die Bekämpfung von Demenz und anderen neurodegenerativen Erkrankungen, spricht man den Alltagsmenschen kaum an. Anders, wenn man das konkret schildert, eine Art Story dazu verfasst. Was thematisiert man denn da konkret? Wie ergeht es bestimmten Personen? Wie werden sie behandelt, wenn sie etwa durch einen Unfall querschnittsgelähmt sind? Oder wenn sie beispielsweise der Sprache durch einen Schlaganfall verlustig gegangen sind? In dem Fall könnte ein Roboter mit ihnen trainieren – ständig, mit einer Geduld und einer Zeit, die der beste Pfleger bzw. die beste Logopädin nicht besitzen. So kann man Zukunft plastisch darstellen, so kann man Möglichkeiten lebensnah schildern – und dabei Einsichten für die Forschung gewinnen.

Stadtgeflüster Münster – Das Interviewmagazin wird herausgegeben von der Stadtgeflüster GmbH & Co. KG Rothenburg 14-16, 48143 Münster Telefon 0251 48168-30, Telefax 0251 48168-40 stadtgefluester-muenster.de info@stadtgefluester-muenster.de Herausgeber, Chef- und Schlussredakteur: Thorsten Kambach Redaktion: Jana Nimz, Stefan Reimer, Tom Feuerstacke, Arndt Zinkant, Claudia Maschner, Jonas Wintermantel, Chiara Kucharski, Dominik Irtenkauf, Julia Körtke Editorial Design: Buschy

Wird denn inzwischen Ihre eigene Einschätzung der Zukunft von der Arbeit als Zukunftsforscher beeinflusst? Ich schaue vielleicht etwas mehr auf langfristige Entwicklungen als es viele andere Leute tun. Immer, wenn ich Nachrichten höre oder irgendetwas lese, ordne ich bewusst oder unbewusst ein. Ach, das ist der Trend Nummer Sowieso oder: Oh, die Entwicklung ist aber jetzt neu, die ging bislang in eine andere Richtung. Oder dass ich mir sage: Daraus könnten sich aber spannende Konsequenzen ergeben. Ich habe da schon eine gewisse professionelle Verzerrung in meiner Weltwahrnehmung. Der Spiegel hat einmal über mich geschrieben, dass ich zu sehr Skeptiker bin, um Pessimist zu sein. Das heißt, ich bin immer ziemlich kritisch gegenüber Aussagen über die Zukunft. Zumal, wenn sie in der Form von Prognosen kommen. Herr Steinmüller, vielen Dank für diesen Blick in die Zukunft. ◊◊◊

INFO

KARLHEINZ STEINMÜLLER

Studierte Physik und Philosophie mit anschließender Promotion. Publiziert seit den 1980er Jahren gemeinsam mit seiner Frau Angela Science-Fiction. Sein Interesse an wissenschaftlichen Fragen und der Zukunft setzt er ab 1991 in der Zukunftsforschung ein, zunächst noch in Gelsenkirchen, dann ab 1997 in Köln und Berlin (Z_punkt GmbH The Foresight Company). z-punkt.de | D2030.d

Lektorat: Bernhard Trecksel Verteilung: Flyerwehr UG (haftungsbeschränkt) flyerwehr.net Fotografie: Thomas Schmitz – FXcommunication.com, Buschy Buschmeyer, Maren Kuiter www.shutterstock.com, Pressefotos Anzeigenvertrieb: Ekki Kurz, Horst Stronk Veranstaltungen und Kleinanzeigen: Jana Nimz Büro: Irene Kötter Druck: Lensing Druck Ahaus Webseite: Mark Grotegerd Stadtgeflüster liegt zur kostenlosen Mitnahme an über 300 Stellen in Münster aus. Sie haben Interesse an unseren Mediamöglichkeiten? Dann rufen Sie uns an oder schreiben Sie eine Mail, wir freuen uns!


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Sommerflugplan FMO

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FMO schließt weiter die Germania-Lücke

gesamt 10-mal wöchentlich vom FMO nach Mallorca. 3. Eurowings stockt Mallorca um eine weitere wöchentliche Frequenz auf, das heißt, ebenfalls 10-mal

Mehr Flüge mit SunExpress, Laudamotion, Euro-

pro Woche nach Mallorca.

wings und Bulgarian Air Charter im Sommer ab

4. Bulgarian Air Charter wird die Ziele Varna und

dem FMO

Burgas am Schwarzen Meer von Germania übernehmen und je 1-mal wöchentlich anfliegen.

Der Flughafen Münster/Osnabrück konnte erfolgreich

Zusätzlich hatte Corendon Airlines bekanntgege-

für eine Aufstockung des Sommerprogramms 2019

ben, von FMO zu den Kanarischen und griechischen

nach der Insolvenz der Germania sorgen.

Inseln sowie nach Ägypten und in die Türkei 17-mal pro Woche zu fliegen.

1. SunExpress baut ihr Angebot ab dem FMO weiter aus. Zum beliebten Badeort Antalya an der tür-

„Mit diesen weiteren Akquisitionserfolgen konnte

kischen Riviera wird die Airline im kommenden

der FMO nach der Insolvenz der Germania rund

Sommer zusätzlich noch drei wöchentliche Flüge

75 Prozent des touristischen Angebots, also mit

anbieten. In der Hochsaison startet sie damit sogar

insgesamt 26 zusätzlichen Wochenfrequenzen,

bis zu 17-mal pro Woche vom FMO nach Antalya.

wiederbesetzen. Von den knapp 270.000 Germa-

Auch die Baleareninsel Mallorca erhält zusätzliche

nia-Passagieren in 2018 werden wir in diesem Jahr

Kapazitäten im Sommerflugplan.

wieder deutlich über 200.000 Fluggäste am FMO

2. Laudamotion wird ab Juni drei weitere wöchent-

begrüßen können“, so FMO-Geschäftsführer Prof.

liche Flüge nach Palma de Mallorca anbieten, also ins-

Dr. Rainer Schwarz.


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Sommerflugplan FMO


Umwelt

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Zuschüsse für Altbausanierung und Solarstromspeicher – Stadt unterstützt Hausbesitzer

Das Förderprogramm „Energieeinsparung und Altbausanierung“ setzt auf die qualitativ hochwertige Sanierung von Wohngebäuden im gesamten Stadtgebiet. Der höchstmögliche Förderbetrag liegt für ein Ein- oder Zweifamilienhaus bei 9.750 Euro, für ein

Mit 450.000 Euro unterstützt die Stadt Münster in

Mehrfamilienhaus bei 16.250 Euro.

diesem Jahr energieeffiziente Altbausanierungen.

Voraussetzung für eine Förderung ist, dass das Wohngebäude vor 1995 erbaut wurde. Die Wohnflä-

Außerdem stehen rund 100.000 Euro für die Instal-

che pro Wohneinheit darf 150 Quadratmeter nicht

lation von Photovoltaikanlagen mit Speichersyste-

überschreiten. Energiegutachten, Energieausweis

men bereit. Da die Nachfrage nach den städtischen

und ausführliche Kostenvoranschläge müssen dem

Fördermitteln erfahrungsgemäß groß ist, sollten

Antrag beigefügt werden. Eigenleistungen werden

interessierte Eigentümer schnell einen Antrag stellen.

nicht gefördert.

Die Förderprogramme und die damit verbundene Erhöhung der Sanierungstätigkeit im Stadtgebiet von

Ansprechpartner für die Fördermittel zur

Münster sind elementar, um das ambitionierte Klima-

Altbausanierung ist Alfred Lohre vom Amt für

schutzziel der Stadt Münster zu erreichen, bis 2050

Wohnungswesen und Quartiersentwicklung,

nahezu klimaneutral zu werden. Hausbesitzern steht

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