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Olten, 1. Juni 2017 | Nr. 22 | 85. Jahrgang | Auflage 39 774 | Post CH AG
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Daniel Kissling Essen und Öffentlichkeit
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DANIEL KISSLING, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)
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Wenn der Tod an einem Burnout erkrankt
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THEATER Mit ihrem zweiten Theaterstück «Hin-über» bringt die Autorin und Trauerbegleiterin Murielle Kälin im Juni ein Tabuthema auf die Bühne. Auf amüsante, aber respektvolle Weise beschäftigt sich das Stück mit dem Tod. MIRJAM MEIER
A
uch der Tod hat es nicht leicht. Keine Café-Pausen und zahlreiche unwillige Verstorbene, die ihn aus unterschiedlichen Gründen nicht begleiten wollen. Das Theaterstück «Hin-über» von der Starrkircher Autorin, Schauspielerin sowie Trauer- und Sterbebegleiterin Murielle Kälin geht der Frage nach, was geschieht, wenn der Tod an einem Burnout erkrankt? Wer holt uns dann am Ende unserer Zeit ab? Auf eine äusserst amüsante, herzliche Art beschäftigt sich das Stück mit einem Tabuthema, ohne jedoch respektlos zu sein.
Täglich den Tod vor Augen Für Murielle Kälin ist der Tod kein Tabuthema. Im Jahr 2015 hängte sie ihren Job bei der Bank an den Nagel und machte sich als Trauer- und Sterbebegleiterin selbstständig. Doch begonnen habe alles bereits viel früher, so Kälin. Durch zwei Suizide in der Familie sei sie bereits früh mit keinesfalls stimmungsvollen Abschiedsfeiern konfrontiert worden. «Ich hatte dabei das Gefühl, im falschen Film zu sein», kann es Kälin noch heute kaum fassen. Nach diesen zwei Erfahrungen beschloss die damals 25-Jährige, dass es in der Familie nie wieder solch triste und traurige Gedenkfeiern geben soll und übernahm zukünftig das Schreiben des Lebenslaufs. Was innerhalb der Familie begann, weitete sich schliesslich auf den Bekanntenkreis aus. Darin ermutigt, vor zwei
Jahren ganz auf die Karte Selbstständigkeit zu setzen, habe sie ihr Vater. Ihre Bühnenerfahrung und ihr Schreibtalent kommen der Autorin von bisher drei Büchern und einem Theaterstück bei der Trauer- und Sterbebegleitung zugute. «Dies und eine grosse Portion Empathie, helfen dabei, die richtigen Worte zu finden. Es ist für mich eine grosse Freude und Ehre, Erinnerungen, die Angehörige mit mir teilen, aufleben zu lassen und diese mit Leichtigkeit zu präsentieren», antwortet Kälin auf die Frage, ob es nicht ein deprimierender Beruf sei. «Der Tod kann auch eine Chance sein. Er kann Personen wieder zusammenbringen. So erlebe ich es nicht selten, dass nach Gedenkfeiern eifrig Telefonnummern ausgetauscht werden.» Selbstverständlich erlebe sie auch das Gegenteil, wenn beispielsweise Affären ans Licht kämen und Eskalationen vorprogrammiert seien. «Wir haben jedoch, im Gegensatz zu anderen Ländern, keine Trauerkultur mehr und verlernt traurig zu sein. So gibt es sehr viele Menschen, die nicht weinen können, da hierzulande eine starke Wertung im Gefühlsbereich stattfindet», bemängelt die 40-Jährige, die neben ihrer Begleittätigkeit auch ein Trauercafé führt, unsere gesellschaftliche Entwicklung. «Eine Beerdigung ist erst der Anfang eines Prozesses», weiss sie.
Leicht aber nicht lächerlich
habe sie zu Beginn aber schon gehabt. «Nur weil ich mit dem Thema vertraut bin, heisst es noch lange nicht, dass es die anderen Mitglieder des tausendStrassen Theater Vereins auch sind. Meine anfänglichen Bedenken erwiesen sich jedoch als unbegründet und ich bin erfreut darüber, mit welcher Leichtigkeit die Proben stattfinden. Ich bin zwar sehr für Leichtig-, aber nicht für Lächerlichkeit», betont die Regisseurin.
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Das Leben geniessen
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Mit Erika Werner und Jamie Mahlstein sind, neben neun weiteren Schauspielern, auch wieder zwei bekannte Gesichter aus dem ersten Theaterstück «Diesseits» dabei. Erika Werner übernimmt eine wichtige Rolle und hat als Friedhofsgärtnerin neben Kälin ebenfalls Erfahrung mit der Tätigkeit rund ums Sterben. Für einmal stehen Kälin und ihre Regiepartnerin Nina Kyburz nicht zusätzlich selbst auf der Bühne. «Mit den Vorbereitungsarbeiten sind wir vor einem Jahr gestartet, seit Herbst lernen die Schauspieler ihre Texte und die Proben haben im April begonnen», erzählt Nina Kyburz und fügt an: «Ich finde es schön, dass mit dem Stück «Hin-über» auf eine unterhaltsame Art ein anderer Blickwinkel auf das Thema gelegt wird, denn eigentlich handelt das Stück mehr vom Leben als vom Tod und zeigt auf, dass man das Leben geniessen soll.»
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Die Arbeit mit Trauernden ist grossen Schwankungen unterworfen, die Kälin auch in ihrer Startphase im Februar 2015 zu spüren bekam. «Ich machte mir Sorgen und es ging mir nicht gut.» Ihr Ventil sei seit jeher das Schreiben und so entstand das Stück «Hin-über». Eigentlich naheliegend, dass sich die Trauer- und Sterbebegleiterin in ihrem neuen Theaterstück mit dem Tod beschäftigt. «Es wäre eigentlich ein komplett anderes Thema angedacht gewesen, doch wenn ich einen Lauf habe, schreibt es mit mir», erzählt Kälin schmunzelnd. Etwas Bedenken betreffend der Themenwahl
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Theater: «Hin-über» Freitag, 2. Juni (Premiere) ausverkauft Fr.: 9. Juni und 16. Juni Sa.: 3. Juni, 10. Juni und 17. Juni jeweils 20 Uhr So.: 11. Juni (14 Uhr) Bar öffnet jeweils eine Stunde vorher Paulus Kirche, Grundstrasse 18, Olten Ticket-Reservation: T 076 779 65 22, E theater@tausendstrassen.ch www.tausendstrassen.ch/theater
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etzt bin ich das also, Politiker. Darüber nicht zu sprechen, bringt auch nichts, denn wissen tun es eh schon alle oder zumindest viele und über die Gratulationen hab ich mich aufrichtig gefreut. Über eine Postkarte zum Beispiel, die Grussworte knapp, das Bild vorne drauf umso prägnanter. Eine Wand in schwarz-weiss und drauf gesprayt: «Punks Not Dead». Kompliment einer-, Erwartung andererseits. «Ab jetzt stehst du unter verschärfter Beobachtung», meint mein Freund Benj. Ich wink ab: «Mich kannte vorher schon die halbe Stadt, deswegen wurd ich ja gewählt.» Mehr Sitzungen, mehr Dossiers wälzen, aber sonst? Ein paar Tage später kam ein Stammgast, selbst Gemeinderat in spe, in die Bar, erzählte mir vom Besuch bei seiner Grossmutter. «Du, der Kissling. Ich hab den letztens mit einer am Bahnhof gesehen. Hat der eine Neue?», soll sie ihn gefragt haben. Olten ist eine Kleinstadt, im Guten wie im Schlechten, und wenn ich, wie letzten Freitag beim Imbiss Orient an einem der drei Aussentischchen sitze, die sich ans Schaufenster drängen, und versuche, die so grosszügige wie köstliche Mixed Platte auszuputzen, und im 5-Minuten-Takt Bekannte vorbeikommen, die ich meinem Besuch als Freunde vorstellen kann, dann gefällt mir das. Wo sonst gibt es auf nicht mal 20’000 Einwohner (neben zugegeben vielen Kebaps) einen marrokanisch-syrischen Imbiss mit 5 Punkten auf TripAdvisor, das einzige tibetanische Restaurant im ganzen Mittelland oder eine Glace-Galerie, in der es neben den Standards auch Basilikum-, Alpenkräuter- und BierGlace in Kooperation mit einer von mehreren lokalen Brauereien zu probieren gibt? Jaja, auch Essen kann politisch sein. Und Trinken sowieso.
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Spass ist den Regisseurinnen auch bei einem ernsten Thema wie dem Tod wichtig (v.l.) Nina Kyburz und Murielle Kälin. (Bild: ZVG)
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