Stadtanzeiger Ausgabe 39 (26. September 2019)

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Olten, 26. September 2019 | Nr. 39 | 87. Jahrgang | Auflage 34 402 | Post CH AG

Irène Dietschi Die Kandidatin

IRÈNE DIETSCHI, Journalistin. (Bild: Daniela Friedli)

U Saxofonist Simon Spiess wagt jeweils jeden zweiten Sonntag ein Musik- und Kunst-Experiment in der Galicia Bar. (Bild: mim)

«labOhr»- das Experiment in der Galicia Bar

SIMON SPIESS führt am Sonntag, 13. Oktober um 20 Uhr erstmals seine Veranstaltungsreihe «labOhr» in der Oltner Galicia Bar durch. Der Saxofonist bringt damit verschiedene Kunstformen zusammen. MIRJAM WETZSTEIN

E

s seien in vielerlei Hinsicht seine besten, aber auch ernüchterndsten zwei Jahre gewesen, erzählt Saxofonist Simon Spiess, der vor einem Jahr mit seinem Trio das Album «Towards Sun» veröffentlichte. «Ich konnte sehr viele Konzerte spielen. Zudem erfüllten sich Wünsche, die ich als ganz junger Musiker hegte. So stand ich im vergangenen Jahr mit dem Trio in Ägypten für zwei Konzerte auf der Bühne», erzählt der in Dulliken wohnhafte Musiker. «Es war ein spannender kultureller Austausch, da Jazz-Musik in diesem Land noch kaum etabliert ist», so der 32-Jährige. Doch es stellte sich auch eine gewisse Ernüchterung ein. «Als ich mir in jungen Jahren wünschte, auf fernen Kontinenten meine Musik zu spielen, habe ich mir kaum Gedanken darüber gemacht, was alles damit verbunden ist. Selbstverständlich möchte ich auch in Zukunft meine Musik in andere Länder tragen, doch ich stelle mir die Frage, ob ich genug Positives mitbringe, damit dieser Umweltschaden Sinn macht», gibt sich Spiess kritisch und fügt nachdenklich an: «Das Leben wird mit zunehmendem Alter und wachsender Erfahrung komplexer.»

Musik als Ventil

Neben Konzerten auf fremden Kontinenten ist Spiess längst auch in allen wichtigen Jazz-Clubs der Schweiz zu

Hause. «In dieser Musiksparte ist es üblich, in verschiedensten Formationen zu spielen», so Spiess und fügt an: «Dabei schätze ich die Arbeit im Trio mit der längerfristigen Zusammenarbeit genauso, wie das Wirken in einer zusammengewürfelten Gruppe, die ihr Repertoire zuerst gemeinsam erarbeiten muss.» Es seien zwei Qualitäten, doch bei beiden Formen sei das Vertrauen zwischen den Musikern essenziell, damit überhaupt gute Musik entstehen könne, ist Spiess überzeugt. «Ich bin ständig in Bewegung und am Pläne schmieden. Ich übe, auch wenn ich kein Saxofon in der Hand halte», erzählt der Rastlose, der das Musizieren als unverzichtbares Ventil betrachtet. Das war nicht immer so. Als 14-Jähriger habe er seine Freizeit lieber sportlich, als beim Saxofon spielen verbracht, erzählte der gebürtige Aarburger einst. Erst durch einen Song von «The Clients» wurde ein Schalter umgelegt und seine Begeisterung in einer völlig neuen Intensität geweckt. Seither sind einige Jahre vergangen in denen Spiess die Jazzschule Basel besuchte und musikalisch inspirierende Auslandaufenthalte in New York und Berlin sowie einen halbjährigen Stipendienaufenthalt in Paris verbrachte. Eine gewisse Zeit wohnte er im deutschen Mannheim.

Überstrapazierte Flexibilität

Er pflege es, überall in der Schweiz Konzerte anderer Musiker sowie verschiedene Veranstaltungsformen zu besuchen. Das sei inspirierend. «Nachdem ich die Idee für eine neue Veranstaltungsreihe lange Zeit mit mir herumgetragen habe, wusste ich im Frühling, dass nun die Zeit reif ist», erzählt Spiess. Die Idee von «labOhr» sei nicht neu in der Schweiz, aber neu für Olten, so der Musiker. Aufgrund seiner zahlreichen Auftritte am Apéro Jam hat er die Galicia Bar als Veranstaltungsort ausgewählt. Vielleicht habe er mit der Lancierung von

«labOhr» auch insgeheim die Nerven von Eventmanager Christian «Che» Dietiker schonen wollen, indem er die Konzerte künftig selbst organisiert, überlegt Spiess laut und lacht. Er habe teilweise mehrere Gastmusiker zum Apéro Jam mitgebracht. «Als ich schliesslich bei den ohnehin engen Platzverhältnissen im Lokal einen Musiker mit seiner Hammondorgel einschleusen wollte, war die Flexibilität bei Che wohl etwas überstrapaziert», meint Spiess augenzwinkernd.

Verschiedene Kunstformen

Bei «labOhr» wird Spiess von Oktober bis Juli jeweils am zweiten Sonntag im Monat in verschiedenen Formationen auftreten und hin und wieder auch Musiker aus der Schweiz oder aus dem Ausland nach Olten holen. «Damit werden im Jazz-Bereich Konzerte geboten, die es bisher nur organisiert vom Verein Jazz in Olten hin und wieder zu hören gab», zeigt der Saxofonist auf. Der Name stehe für ein Experiment, aber ein positives, wie Spiess betont. «labOhr» solle ein inspirierender Ort sein, an dem verschiedene Kunstformen aufeinandertreffen. Neben einer grossen Bandbreite an musikalischen Stilrichtungen mit beispielsweise Harfe, Geige aber auch Klangschalen, werden an manchen Abenden auch Kunstschaffende aus anderen Sparten dabei sein. So zum Beispiel Spoken Words von Pedro Lenz, Tanz von Pascale Utz oder auch ein visueller Auftritt von Nathalie Papatzikakis und Jakob Rieder als Kollektiv «naja». Starten wird das Experiment am Sonntag, 13. Oktober um 20 Uhr mit dunklen, elektronischen Tönen des Kaos Kollektiv. Veranstaltungsreihe: «labOhr» jeweils am zweiten Sonntag im Monat Galicia Bar Unterführungsstrasse 20, Olten Sonntag, 13. Oktober, 20 Uhr: Kaos Kollektiv

www.labohr-olten.ch

m die 246 Parlamentssitze in Bundesbern bewerben sich 1’858 Frauen. Eine davon ist unsere Mittlere. Sie und fünf Mitstreiterinnen aus Olten wollen dafür sorgen, dass der Nationalrat weiblicher wird. «Weiblicher, und anders im Umgang mit Macht», sagt die Mittlere. Keine Frage, dass wir Eltern sie unterstützen. Im grosselterlichen Haushalt allerdings hat die steile Kandidatur erst mal Stirnrunzeln ausgelöst. «Warum machst du das?», fragte mein Vater seine Enkelin. «Warum nicht?» gab sie zurück. «Und wenn nicht wir, wer denn sonst?» Er: «Aber warum ausgerechnet für diese linke Partei?» Weil die für sie passe – und «seine» CVP eben nicht. Dabei ist den Jungpolitikerinnen völlig klar, dass ihre Wahlchancen, sagen wir mal, begrenzt sind. Doch ihr Tun ist nicht ohne Strategie. Sie wissen, erstens: Ihre Liste hilft mit, nach dem Rücktritt von Bea Heim erneut eine solothurnische Frau nach Bern zu bringen, vielleicht sogar mehr als eine. Zweitens: Ihre eigene Zeit wird kommen. «Und dann bestimmen WIR die Gesetze», erörterte die Mittlere, «mit einer Klimapolitik, die diesen Namen verdient, und mit echter gesellschaftlicher Gleichstellung!» Mein Vater wollte gerade anheben, über die kürzlich beschlossene «Papizeit» zu schimpfen – da wechselte meine Mutter elegant das Thema. Wenig später hängen dann die Wahlplakate. Auch die Mittlere und ihre Kolleginnen lächeln von Säulen und Laternenpfählen. Meine Eltern betrachten das Plakat auf meinem Smartphone. «Sie macht das schon toll, unser Grosskind, findest du nicht auch?», sagt meine Mutter. Auf dem Gesicht meines Vaters macht sich ein feines Lächeln breit. Die gealterten, aber wachen Augen glänzen. Zwei Stimmen mehr für die Mittlere.


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