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Olten, 15. August 2019 | Nr. 33 | 87. Jahrgang | Auflage 34 402 | Post CH AG
Daniel Kissling Sommerende
DANIEL KISSLING, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)
I Stehen in den Startlöchern für die Procap Bewegungs- und Begegnungstage 2019: Teilnehmerin Carla Rötheli (l.) und OK-Mitglied Irene Heiniger im Stadion Kleinholz in Olten. (Bild: Franz Beidler)
«Sport ist Autonomie» PROCAP Am Samstag, 31. August und Sonntag, 1. September veranstaltet Procap die Bewegungs- und Begegnungstage 2019 in Olten. Mit dabei ist auch Carla Rötheli, die bereits an der letzten Oltner Ausgabe 2016 teilgenommen hat. FRANZ BEIDLER
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un ja, das Tanzen am Sporttag sei so eine Sache, sagt Carla Rötheli, und lässt das Satzende in der Luft hängen. «Musik mag ich ja wirklich sehr», fügt sie versöhnlich an. Rötheli ist 22 Jahre alt und nimmt an den Bewegungs- und Begegnungstagen 2019 von Procap teil, der grössten Schweizer Selbsthilfeorganisation für Menschen mit Behinderungen. Eine gemeinsam getanzte Choreografie ist langjährige Tradition der Veranstaltung. «Das gemeinsame Tanzen schafft ein Gemeinschaftsgefühl und verbindet Bewegung und Begegnung», führt OK-Mitglied Irene Heiniger aus. Die Choreografie umrahmt den zweitägigen Anlass: Der Samstag, 31. August im Oltner Kleinholz beginnt um 9.30 Uhr mit dem gemeinsamen Tanz und zumindest der sportliche Teil endet um 16 Uhr damit. Ebenso der Sonntag, 1. September in der Oltner Badi: Zum Auftakt um 9.30 Uhr und zum Abschluss um 15 Uhr wird die Choreografie gemeinsam vorgetragen. «Wir haben den Tanz in der Gruppe geübt», erzählt Rötheli mit verhaltenem Lächeln. Die Sportgruppe von Plusport Region Olten besucht sie jeden Freitagabend. «Wenn alle mitmachen, dann geht es», sagt sie und fasst damit die Kernbotschaft der Procap Bewegungs- und Begegnungstage zusammen.
Mehr als 500 Menschen Unter diesem Motto werden an den beiden Tagen mehr als 500 Menschen zusammenkommen, um ihre Begeis-
terung für Bewegung und Sport zu teilen. Der Samstag im Stadion Kleinholz steht unter dem Leitsatz «Sport & Gesundheit für alle». «Ein Höhepunkt ist sicher der Pendelstafettenlauf um 15 Uhr», weiss Heiniger und Rötheli erinnert sich freudig an die letzte Oltner Ausgabe des Bewegungs- und Begegnungstages 2016: «Da kommen alle im Stadion zusammen, fiebern mit und feuern sich gegenseitig an.» Erstmals findet dieses Jahr auch ein Fussballspiel statt: Sowohl Helfende als auch Teilnehmende bilden gemischte Teams und treten um 13.30 Uhr gegeneinander an. Weil die Teams gemischt sind, spricht Procap von Inklusion, also ein gleichberechtigtes Nebeneinander von Menschen mit und ohne Behinderungen. Ab 17 Uhr wird der Tag mit einer Show der Gruppe «Dance4all» und einer Disco bei gemütlichem Beisammensein ausklingen. Der Sonntag in der Badi Olten bietet Wettkämpfe im Freistilund Differenzschwimmen. Beim Differenzschwimmen muss zweimal die gleiche Distanz in möglichst gleicher Zeit geschwommen werden. Die kleinste Zeitdifferenz gewinnt, was laut Procap die Chancengleichheit der Teilnehmenden erhöht.
Helfende vom Schulhaus Frohheim Dank der Zusammenarbeit mit der Sekundarstufe des Schulhauses Frohheim stehen rund 100 Schülerinnen und Schüler als Helfende im Einsatz. «Damit kreiert der Anlass Begegnungen und trägt zur Sensibilisierung bei. Zudem wird er dadurch diverser und bunter», ist Heiniger über die Zusammenarbeit erfreut. «Sowieso harmonierte das OK hervorragend. Alle kümmerten sich beflissen um ihre Aufgaben.» Im OK zuständig für die Organisation der Helfenden engagierte sie in den vergangenen Ausgaben der Veranstaltung jeweils ihre Turnkolleginnen vom SVKT Olten. Heiniger leitet die Gymnastikgruppe. «Von dort kommen seit Jahren treue Helferinnen», zeigt sie sich dankbar, «dieses Jahr brauchten wir wegen den Schüler/innen jedoch nur noch etwa 15 Personen.» Procap hätte ebenfalls
einen guten Draht zum Turnverein Olten TVO. «Die Helfenden von dort bringen das Fachwissen für die Läufe mit», erklärt Heiniger. Neben ihrem Einsatz für die Bewegungs- und Begegnungstage ist sie jeweils auch am jährlichen Procap Netzballplus-Turnier in Olten als Helferin aktiv. Ihr Engagement für Menschen mit Behinderungen wurzelt in einer Begegnung in ihrer Kindheit. «In einem Ferienlager machte ich Bekanntschaft mit einem Contergan-Mädchen», erinnert sich Heiniger. «Ihr Vater schmiedete ihr Ringe für die Oberarmstummel, an denen sie einen Löffel befestigen konnte.» Die Begegnung sei für sie als gesundes Kind sehr eindrücklich gewesen und so sei eine lange Brieffreundschaft daraus entstanden. «Sie ist mir bis heute ein Vorbild an Lebensfreude und Mut», erinnert sich Heiniger an ihre inzwischen verstorbene Brieffreundin.
«Alle zusammen mitmachen» «Sport bedeutet Autonomie und Lebensqualität», schliesst Heiniger aus dieser Erfahrung und will Beeinträchtigten seither ermöglichen, was sonst oft als selbstverständlich gilt. Als Turnerin selber ehrgeizig, bewundert sie das Durchhaltevermögen und die Fähigkeit vieler Menschen mit Behinderungen, sich für andere zu freuen. Eigenschaften, nach denen zu streben sich lohnt. «Das sind Menschen, die viel geben können», fasst sie zusammen. Auf die Frage, was sie sich denn für den Anlass wünsche, antwortet Rötheli: «Dass alle zusammen mitmachen und unsere Gruppe gut abschneidet.» Bei der Rangverkündung jemanden aus der eigenen Gruppe auf dem Podest zu sehen, sei ein tolles Gefühl. Procap Bewegungs- und Begegnungstage Olten 2019 Samstag, 31. August, «Sport und Gesundheit für alle», 9.30 Uhr bis 19.30 Uhr Stadion Kleinholz, Olten Sonntag, 1. September, «Schwimmen für alle», 9.30 Uhr bis 15 Uhr, Strandbad Olten
www.procap.ch
ch sitze in einem Garten. Die Sonne scheint, die Schattenplätze am Brunch-Tisch werden knapp. Ein Mädchen sitzt auf dem Schoss seiner Mutter und erzählt, dass am nächsten Tag die Schule wieder anfangen würde. «Ja, ja, der Sommer ist vorbei», sage ich und werde von den schwitzenden, barfüssigen Anwesenden komisch angeschaut. Dabei weiss doch jedes Kind: Nach der Oltner Chilbi kommt der Herbst. Da kann die Sonne noch so sehr scheinen. Nach Wochen der zelebrierten Ereignislosigkeit, die nicht nur flache Schlagzeilen zu Tage fördert, sondern auch ermöglicht, ganze Wochenenden an Festivals zu verfeiern, ohne dass das Handy vor lauter Nachrichten platzt, fängt nicht nur für Schülerinnen und Schüler der Ernst des Lebens wieder an. Wenn die Chilbi also in Olten leuchtet und lärmt, dann ist das Ende und Anfang zugleich und zumindest ich komme nicht umhin, in den wechselnden Düften von Magenbrot, Raclette und Knobli-Brot auch etwas Melancholie wahrzunehmen. Dieses Jahr noch mehr als sonst. Denn während ich weiss, dass der Sommer auch nächstes Jahr wieder kommen wird und damit alles, was mit ihm einhergeht, die Festivals, die Nachmittage an und auf der Aare, die Chilbi, so wird eine andere Sache, die für mich untrennbar mit dem Sommer in Olten verbunden war, nächstes Jahr nicht wiederkommen. Neben dem Sommer verabschiedete sich letztes Wochenende auch die Paraiba Bar und zwar endgültig – nach Jahren, in welchen das Lokal an der Mühlegasse mit der gemütlichen Terrasse nicht nur urbanen Sounds wie Hip Hop und Reggae, sondern auch vielen Oltnerinnen und Oltnern eine Heimat bot. Ungeachtet der Gründe ein Verlust für diese Stadt. Hoffen wir, der nächste Sommer wird weniger melancholisch enden.