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Olten, 16. Mai 2019 | Nr. 20 | 87. Jahrgang | Auflage 31 786 | Post CH AG
Daniel Kissling Geschichtsstunde
DANIEL KISSLING, Kulturschaffender und Barkeeper. (Bild: M. Isler)
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Marvin Spielmann in der Stockhorn Arena, dem Stadion seines momentanen Arbeitgebers FC Thun. (Bild:
Für Jubel und Tore MARVIN SPIELMANN Der Oltner Fussballer Marvin Spielmann erlebt eine intensive Woche: Am Montag wurde ihm der Sportförderpreis des Kantons Solothurn verliehen und am Sonntag könnte er den Final des Schweizer Cups gewinnen.
FRANZ BEIDLER
D Neueröffnung Restaurant Thai Buffet seit 9. März 2019
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Franz Beidler)
as Gitarrenspiel habe er verlernt. Nur das Titelthema der James-Bond-Filme könne er noch spielen, schliesslich sei der britische Agent ein Held seiner Kindheit. «Allerdings hat der Mann die Lizenz zum Töten, da fragt sich, was für ein Held das ist», fügt Marvin Spielmann nachdenklich an. Der 23-jährige Oltner spielt Fussball für den FC Thun. Im Trainingsspiel gegen die Mannschaftskollegen wuselte der Offensivspieler eben noch mit spitzbübischen Haken über die Flügel und schlug messerscharfe Flanken. Nun sitzt er im Presseraum der Stockhorn Arena und gibt geduldig Auskunft. «Für Olten nehme ich mir immer Zeit.» Die Dreitannenstadt sei seine Heimat. «In Olten einzufahren, bedeutet nach Hause zu kommen.» In dieser Woche gipfelt Spielmanns bisherige Karriere gleich doppelt: Vor rund zwei Jahren zum FC Thun gestossen, mauserte er sich hier zum Leistungsträger. Der Kanton Solothurn würdigte diesen Werdegang am vergangenen Montag, 13. Mai mit dem Sportförderpreis. «Die Auszeichnung bedeutet mir viel», kommentiert Spielmann, «ich habe noch nie einen Preis gewonnen.» Die 8’000 Franken Preisgeld seien eine hohe Summe, er werde das Geld wahrscheinlich sparen. Am kommenden Sonntag, 19. Mai könnte Spielmann dann seinen ersten grossen Titel einfahren: Er bestreitet mit dem FC Thun den Final des Schweizer Fussball Cups.
«Es lag nicht nur in meiner Hand»
Dass er es mit dem geliebten Fussball so weit bringen würde, dachte er lange nicht. Als Bub ging er einfach auf die Strasse «tschutten». Fussball-
begeistert sei die Familie wegen ihm geworden. «Profi zu werden, lag aber nie alleine in meiner Hand», erklärt Spielmann. Trainer, Sportchefs und die Gesundheit entschieden da ebenso mit. «Ich kann nur dafür sorgen, dass ich alles gebe und mir später nichts vorzuwerfen habe.» So waren es Jugendtrainer, die den neunjährigen Spielmann vom FC Dulliken zum FC Aarau transferierten. «Klar machte mich das stolz, zu einem Super League Klub zu wechseln, aber ich dachte nur ans Tschutten.» Und es waren Sportchefs, die das Talent an den FC Baden ausliehen, dann an den FC Wil verkauften und schliesslich für den FC Thun verpflichteten. Er habe auf nichts verzichtet, sagt Spielmann. «Ich war im Ausgang, habe mit Kollegen im Bifang-Quartier in Olten Kebab gegessen und hatte meinen Spass.» Ausserdem sei es nur Verzicht, wenn man etwas entbehren müsse. Ein Wochenende ohne Ausgang ist für ihn schon Mittel zum Zweck gewesen, als er noch eine Sportlerlehre als kaufmännischer Angestellter beim Departement für Bildung, Kultur und Sport in Aarau absolvierte. Dass sich in diesen Jahren seine Eltern trennten, die Mutter nach Paris zog und er fortan bei seinem alleinerziehenden Vater aufwuchs, wäre ein Steilpass für Alltagspsychologen. Darauf angesprochen reagiert Spielmann jedoch gelassen. «Für Psychologen ist doch keiner normal genug», sagt er lachend. Unter der Woche in der Sportschule in Emmen mit Hausaufgaben und am Wochenende mit Fussball beschäftigt, habe er keine Zeit gehabt, sich damit auseinanderzusetzen. «Vielleicht unbewusst», hängt er achselzuckend an. Als ungewöhnlich empfand er einen alleinerziehenden Vater nie.
Profi werden, Profi sein, Profi bleiben
«Das habe ich nicht in einem bestimmten Moment entschieden», beantwortet Spielmann die Frage nach dem Entschluss zur Profi-Karriere. Das sei in ebenjenen Jugendjahren in ihm herangereift. «Mit 14 oder 15 Jahren dachte ich erstmals, dass es was werden könnte.» Seine Entwicklung betrachtet er bis heute nicht als abgeschlossen, sondern unterteilt sie in drei Stufen: «Profi werden, Profi sein, Profi bleiben.» Momentan gehe
er auf die zweite Stufe zu. «Da will ich niemandem etwas vormachen.» Diese Entwicklung zu spüren, motiviere ihn auch in seinem Alltag. «Der ist nicht normal», stellt Spielmann sogleich klar. Er kenne Montagvormittage im Büro und sei deshalb dankbar dafür, dass er machen dürfe, was er am liebsten tue: «Tschutte.» Spielmanns Tag beginnt allerdings damit, dass er seinen Hund ausführt. Erst danach folgt das vormittägliche Training. Die freien Nachmittage verbringt er gerne beim Kaffee mit den Mannschaftskollegen und einer Partie Jass, «am liebsten Molotov.» Er lese jeden Tag Zeitung, «also, auf dem Handy», konkretisiert er. Das Weltgeschehen interessiere ihn. «Man sollte schliesslich an mehreren Dingen im Leben interessiert sein.» An freien Wochenenden besucht er Familie und Kollegen in Olten. Ihre Geburtstage kennt er alle auswendig, «und im Notfall gibts ja noch Facebook», sagt er lachend. Bis heute kommt er für seinen Haarschnitt nach Olten: Seit rund zehn Jahren hat er den gleichen Friseur.
«Jeder Match hat seine Geschichte»
Er sei ein harmoniebedürftiger Mensch, sagt Spielmann von sich, schlechte Stimmung versuche er von sich fernzuhalten. Da helfe der freudige Empfang seines Hundes, wenn er nach Hause komme. «Nur einen schlechten Match bekomme ich für den Tag jeweils nicht mehr aus dem Kopf.» Dann mache er sich Gedanken und suche nach Gründen. «Jeder Match hat seine Geschichte, mit der muss man umgehen können», erklärt er. Zweifel seien normal, sie zu überwinden ein Prozess. «Den Turnaround schaffen», nennt es Spielmann. «Was passiert ist, ist passiert. Daran orientiere ich mich.» An seinem Entschluss, Profi-Fussballer zu werden, zweifelte Spielmann allerdings noch nie. Ab der kommenden Saison wird er für die BSC Young Boys auflaufen, dem aktuellen Schweizer Meister. «Meine Vorfreude ist riesig», sagt er. «Allerdings spiele ich jetzt noch für Thun, da haben Gedanken an den Wechsel keinen Platz.» Ziele für seine Zeit bei YB habe er daher noch keine. Fussball spiele er, um Tore zu schiessen und zu jubeln. «Am Schluss tschutten wir alle.»
V
ergangenen Montag war ich an einer Stadtführung. An einer historischen Stadtführung über und in Olten. Etwas komisch fühlte sich das schon an. Paris, Lissabon, Kairo oder auch Zürich hatte ich mir schon von ortskundigen Expert/innen zeigen lassen, doch die Stadt, in der ich wohne und wirke, durch deren Strassen ich tagtäglich gehe? Nicht erst, als uns in der Hauptgasse eine Gruppe Chinesen kreuzte und uns leicht neidisch ansah, hatte die Situation etwas Absurdes. Ich muss gestehen, mich nie wirklich mit der Oltner Geschichte auseinandergesetzt zu haben. Ich kenne den groben Verlauf, die eine oder andere aufgeschnappte Geschichte, hab mal im OT, mal in den Neujahrsblättern was gelesen. So lernte ich von unserer Stadtführerin Silja Aletti, die uns in der Rolle der Frauenrechtlerin Katharina Muff (1868-1951) durchs vergangene Olten führte, doch einiges Neues. Insbesondere: Dass Olten irgendwie immer schon Olten war. Beispiel Chorherren-Häuser: Anfang des 18. Jahrhunderts liess die Stadt die stattliche Häuserzeile an der Kirchgasse (von McDonalds bis Salt-Shop) bauen, um den Chorherren-Stift von Schönenwerd nach Olten zu locken. Mehr Prestige, mehr Anerkennung, mehr Grösse und wohl auch etwas mehr Geld war das Ziel – also ganz so, wie wenn heute mit tiefen Steuern oder dem Versprechen einer neuen Unterführung um neue Steuerzahler oder Firmen gebuhlt wird. Doch leider wurde aus dem Standort-Coup nichts. Obwohl sogar der Papst den Umzug absegnete, blieben die Chorherren in Schönenwerd und Olten vorerst auf seinen Luxushäusern sitzen, bis lokale Gewerbler sich der Stadt «erbarmten» und die Häuser wahrscheinlich zu Spottpreisen für ihre eigenen Zwecke erwarben. Olten war eben irgendwie immer schon Olten.