Stadtanzeiger Olten Ausgabe 17 (25. April 2019)

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Olten, 25. April 2019 | Nr. 17 | 87. Jahrgang | Auflage 31 786 | Post CH AG

Urs Bloch Osterfrieden

URS BLOCH, Mediensprecher.

D Shanky Wyser in seinem Wohnzimmer: «Musiker zu sein, hat mich den Preis der Freiheit gelehrt.» (Bild:

Franz Beidler)

Vom Preis der Freiheit SHANKY WYSER Der Oltner Pianist Shanky Wyser kam schon als Dreikäsehoch zum Klavier, doch nur durch einen Zufall und viel Arbeit zu seinem heutigen Beruf als freischaffender Musiker. Der hat ihn den Preis der Freiheit gelehrt: Disziplin. FRANZ BEIDLER

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um Piano fand Shanky Wyser eigentlich schon als Dreikäsehoch, als er im zarten Alter von drei Jahren auf Klaviaturen herumklimperte. Fünfzehn Jahre später war aus dem Geklimper überzeugende Musik geworden. So überzeugend, dass Wyser in der Lehre als Servicefachangestellter vom Chef zum Pianisten befördert wurde. «Im Speisesaal im Hotel Krone in Aarburg steht ein Klavier. Da habe ich während einer Zimmerstunde mal gespielt», erinnert sich Wyser. Als sein Chef das hörte, war er begeistert und wusste das Potenzial seines Schützlings geschickt einzusetzen. «Während den Wintermonaten war ich daraufhin an den Wochenenden nur als Aushilfe im Service eingeteilt, sass dafür aber hauptsächlich am Klavier und spielte für die Gäste.» Von da an war sein Kurs zum Pianisten gesetzt, auch wenn er noch einen Umweg nehmen sollte. In Obergösgen aufgewachsen bildete er sich nach der Lehre in Aarburg zuerst zum kaufmännischen Angestellten und schliesslich zum Betriebswirtschafter HF weiter. 22 Jahre alt war er, als er auf diesem Beruf in wechselnden Anstellungen zu arbeiten begann. Während acht Jahren sollte das so weitergehen. «Irgendwann begann mich das Hamsterrad zu stressen», erzählt er. «Ich wollte nicht zu einem jener Leute werden, die am Sonntagabend auf Facebook darüber klagen, dass sie am Montag wieder zur Arbeit müssen.» Also setzte er voll auf die Musik. «Dabei bin ich besonders meinen Eltern dankbar, die

mich in diesem Entschluss immer unterstützt haben.» Wird er heute nach seiner Arbeit gefragt, leitet er die Antwort ein mit: «Mein Beruf ist meine Leidenschaft.» Wyser arbeitet von Montag bis Mittwoch als Musiklehrer an den Oberstufen von Dulliken und Schönenwerd. «Das holt mich immer auf den Boden zurück.» Er habe sonst fast nur mit Musikern zu tun. Den Klassenunterricht geniesse er daher als Abwechslung. «Die Freude an der Musik an die kommende Generation weitergeben», nennt es der 33-Jährige. «Ich bin selber noch nahe an ihrem Alter dran, das hilft sowohl mir, als auch meinen Schülern.» Zudem sei er dank der Arbeit als Musiklehrer immer am Puls der Zeit: «Ich lerne alles kennen, was sie hören.» Als Musiker sei es Teil des Berufs, sich über die Art und Weise, wie Musik konsumiert werde, Gedanken zu machen. Auch das erfahre er über seine Schüler.

Jobs und heilige Sonntage

Von Donnerstag bis Samstag ist Wyser freischaffender Pianist. Dann übt er bis zu fünf Stunden am Tag, «in kleinen Portionen à 45 Minuten», erklärt er. Dass das viel Disziplin erfordere, bejaht er, relativiert aber: «Disziplin ist der Preis meiner beruflichen Freiheit.» Und die sei ihm wichtiger. Wenn er also nicht übt, dann muss er an eine Probe, ein Konzert oder ein Meeting, «je nach Jobs», wie Wyser seine Verpflichtungen als Pianist nennt. Der Sonntag allerdings ist ihm heilig. «Den versuche ich mir so gut als möglich freizuhalten», sagt er über seine Work-Life-Balance. «E-Mails werden da keine beantwortet.» Der Tag gehört seiner Freundin oder seiner Leidenschaft für Harry Potter, Herr der Ringe und die Fliegerei. Davon ist Wyser besonders fasziniert: «Seit ich als Kind Pilot werden wollte. Ich schaue mir viele Dokus dazu an.» Das Flugzeug sieht er als Beweis dafür, dass eine abgeschottete Welt nicht funktioniert. «Am Flugbetrieb sind die unterschiedlichsten Menschen beteiligt. Da werden alle gebraucht, damit das klappt.» Diesen Pragmatismus deutet er auch als ge-

sellschaftliches Phänomen, wenn er die junge Generation analysiert: «Die Jungen sehen ein Problem und wollen es gelöst haben, die interessieren sich nicht für Parteikämpfe.» Darin sieht er eine Chance. «Wir brauchen eine gesellschaftsorientierte Politik», so Wyser, der neben seiner Begeisterung für Musik auch an aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen interessiert ist.

«Olten hat so viel zu bieten»

«Weil das Nachdenken über die Zukunft mein Hobby ist», begründet er dieses Interesse und listet seine Ideen auf: Bundesräte sollten keiner Partei angehören, alle der Waffenindustrie zugedachten Investitionen sollten in die Erforschung erneuerbarer Energien umgeleitet werden und das Budgetproblem von Olten könne mit mehr Kulturangeboten gelöst werden, sprudelt es aus ihm heraus. Besonders der letzte Punkt überrascht und Wyser erklärt: «Olten hat so viel zu bieten, als Literatur- und Musikstadt.» Die Fachhochschule mache die Dreitannenstadt ausserdem zur Bildungshochburg. «Was hier alles entsteht: Das Stadttheater und die Schützi, Che vom Galicia oder Kissi vom Coq, die haben regelmässig Weltstars auf der Bühne», erklärt er mit einer Mischung aus Bewunderung für die Aufgezählten und Verachtung für jene, die er verdächtigt, das Engagement nicht zu würdigen. Und entschuldigt sich sogleich rhetorisch bei all jenen, die er im Redeschwall vergessen hat.

Zuhause auf dem Balkon

Wysers Stammbar ist das Oltner Lokal Wunderbar. «Meine Heimat ist aber Obergösgen», sagt er, obwohl er seit drei Jahren in Olten wohnt. Dort findet sich auch sein Rückzugsort: sein Balkon. «Immer wenn ich nach Hause komme, gehe ich kurz raus, da finde ich zu mir.» Dann hängt er manchmal seiner Wunschmusik nach: «Ich würde selber Klavier spielen und komponieren. Es wäre eine Mischung aus Hip Hop, Neo-Soul und Jazz, gespielt aber von einem klassischen Orchester. Dinge zu durchmischen, das finde ich interessant.»

ie warme Sonne treibt uns raus aus der Stadt, immer tiefer in den Frühling hinein. Bannwald –Rumpelhöhe – Homberglücke. Das spröde Laub unter den Füssen knistert bei jedem Tritt. Der Wald ist eine einzige Konzerthalle für Vögel, sie singen und trillern, als gäbe es kein Morgen mehr. Überall verlässt zartes Grün das Braun des Bodens und entkommt der Enge der Äste. Die Blüten der Buschwindröschen bringen Nahrung - den Insekten zum Überleben, den Menschen zum Staunen. Schaut her, wir sind wieder da! Oben schweift der Blick nach Ifenthal, zur stolzen Katharinenkirche, über Hauenstein hinaus bis zur Wisner Flue und zur Froburg. Die Wiesen sind mit Löwenzahn überzogen, als hätte ein Sämann aus grosser Höhe mit ausladender Bewegung gelbe Punkte über das Grün gestreut. Gäbe es eine Rangliste für bekannte Frühlingsbotschafter, der Löwenzahn wäre weit oben. Seine Pfahlwurzeln reichen bis zu einem Meter tief in den Boden. Diese Blumen lassen sich nicht leicht vertreiben. Vor gut 100 Jahren stachen italienische Immigranten in Trimbach Löwenzahn auf den Feldern, um aus den Blättern Salat zu machen. Das gab zu reden. Die halten sich nicht an die Regeln, die Italiener, hiess es. Zurück geht’s an Erliflue und Horn vorbei. Die Stalltüren sind weit offen, das Vieh geniesst den Auslauf. Am Waldrand recken die Schlüsselblumen ihre schmalen Hälse. Als Kinder haben wir sie gepflückt und damit das Osternest ausgelegt. Was doch alles passiert ist seit damals. Beim Blick zurück, werfe ich Gutes und Schlechtes in die Waagschalen. Die Schlüsselblumen scheinen sich am Lauf der Zeit nicht zu stören, sie zeigen sich Frühling für Frühling in ihrer grazilen Anmut. Irgendwie tröstlich.


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