Stadtanzeiger Olten Ausgabe 9 (28. Februar 2019)

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Olten, 28. Februar 2019 | Nr. 9 | 87. Jahrgang | Auflage 31 786 | Post CH AG

Urs Bloch Verkehrte Welt(en)

URS BLOCH, Mediensprecher.

Regula Linck in der ehemaligen Töpferei der Künstlerin Margrit Linck mit einer Auswahl der Plastiken, die ab dem Samstag, 9. März im Kunstmuseum Olten zu sehen sind. (Bild: Franz Beidler)

Linck-Keramiken in Olten KUNSTMUSEUM OLTEN Am Samstag, 9. März feiert «Linck. Reloaded» mit Werken der Künstlerin Margrit Linck Vernissage im Kunstmuseum Olten. Ihre Schwiegertochter Regula Linck traf die Auswahl der Ausstellungsstücke.

FRANZ BEIDLER

A

uf den Schwarz-Weiss-Fotos ist die Künstlerin Margrit Linck abgebildet: Mal in ihrem Atelier beim Bemalen einer Keramik, mal ein Portrait, auf dem ihr Gesicht von tiefen Falten gezeichnet ist. In den Augen trägt sie einen milden Blick, um die Lippen spielt ein gutmütiges Lächeln. «Sie war immer die erste, die lachte, wenn wir zusammen in einer Runde sassen», erinnert sich Regula Linck, die Schwiegertochter der Künstlerin, «sie war eine Frohnatur.» Regula Linck verwaltet den reichen Nachlass der Keramik-Künstlerin Margrit Linck, die 1897 als Margrit Daepp in Oppligen (BE) geboren wurde. Nach der Ausbildung zur Keramikerin heiratete sie den Bildhauer Walter Linck. Das Paar lebte in München, Berlin und Paris und machte dort Bekanntschaft mit Künstlern wie Alberto Giacometti, Louis Conne oder Germaine Richier. Margrit Linck war die erste Frau, die in der Schweiz ein Töpfereiatelier eröffnete. Ab Beginn der 1930er-Jahren sicherte sie mit Gebrauchskeramik ihrer Familie ein Einkommen, arbeitete daneben aber stets auch künstlerisch. 1941 wurde die Töpferei von Wabern bei Bern nach Zollikofen (BE) umgesiedelt, in ein weisses Holzhaus mit grünen Fensterläden neben dem Schloss Reichenbach an der Aare. Heute wohnt hier Regula Linck, im Atelierhaus hinter der Töpferei, wo ihr Schwiegervater Walter Linck seine Metallskulpturen zusammenschweisste. Schon Ende der 60er-Jahre half Regula Linck bei der Führung des Betriebs und leitete ihn nach dem Tod von Margit Linck von 1983 bis 2011 weiter, ehe sie ihn an die nächste Generation weitergab. Inzwischen

werden Linck Keramiken in Worblaufen (BE) hergestellt und in der ganzen Welt verkauft: In London, Beijing oder Miami sind die Entwürfe von Margrit Linck zu haben.

Das «musée de famille»

Im Dachstock des ehemaligen Töpfereigebäudes in Zollikofen unterhält Regula Linck das Archiv mit den Werken von Walter und Margrit Linck. «Walter behielt jeweils die besten Werke seiner Frau für das «musée de famille», wie er es nannte», erzählt Regula Linck von ihrem Schwiegervater, «dank ihm sind die wichtigsten Arbeiten von Margrit Linck hier versammelt.» Im kommenden Frühling wird das Archiv in ein Lager nach Gümligen (BE) verlegt. «Anfänglich wehrte ich mich dagegen», sagt Regula Linck zur Umsiedlung. «Drei- bis viermal im Jahr machte ich mir meine eigenen, kleinen Ausstellungen im Haus und holte immer wieder andere Werke herunter», erzählt sie. Die Treppe in den dritten Stock kenne sie in- und auswendig, sagt sie augenzwinkernd. Inzwischen freue sie sich aber auf den neuen Ort des Archivs, der ausreichend Platz bieten wird: «Inventur zu machen oder eine Ausstellung zu konzipieren ist so viel einfacher.» Von den mehr als 200 Skulpturen sind momentan 80 ausgestellt, so bis Ende März in der Gallerie annex14 in Zürich und ab März in der Gallerie Müller in Basel. «In Olten ist aber die umfassendste Ausstellung zu sehen», so Regula Linck.

Vom Schicksal zusammengeschweisst

Regula Linck stand ihrer Schwiegermutter sehr nahe. Um den Jahreswechsel 1974/75 verlor Margrit Linck innerhalb von nur sechs Tagen ihren Ehemann und ihren Sohn, Regula Linck ihren Schwiegervater und ihren Ehemann. Der Schicksalsschlag schweisste die beiden Frauen zusammen. Margrit Linck wünschte sich, dass ihre Schwiegertochter die Töpferei übernimmt. Zu Beginn der 80erJahre sei der Kauf eines neuen Brennofens nötig geworden, erzählt Regula Linck. Margrit Linck wollte den Kauf nur tätigen, wenn der Betrieb auch ohne sie weiterlaufen würde. 1983 starb Margrit Linck im Alter von 86 Jahren und Regula Linck übernahm

die Leitung der Töpferei, obwohl sie eben erst eine eigene Anwaltskanzlei in Biel (BE) gegründet hatte. «Am Tag nach der Beerdigung wurde der neue Ofen geliefert.» Wirtschaftlich befand sich der Betrieb in einer Krise. «Margrit hatte gespürt, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb und investierte all ihre Energie in ihre Kunst. Aber aufgeben kam nicht in Frage, schliesslich hatte ich es ihr versprochen», erinnert sich Regula Linck. Während 15 Jahren führte sie sowohl die Töpferei, als auch die Anwaltskanzlei. «Frühmorgens begann ich in der Töpferei und kam erst spätabends aus der Kanzlei», erinnert sie sich. «Im Frühling stellte ich die Gartenmöbel raus und trug sie im Herbst wieder rein, ohne jemals drauf gesessen zu haben», witzelt sie. 1998 übergab sie das Anwaltsbüro an eine jüngere Kollegin und konzentrierte sich auf die Töpferei, die auf zehn Personen angewachsen war. 2011 übernahm Regula Lincks Nichte Annet Berger den Betrieb.

«Für sie war alles eins»

«Margit unterschied nie zwischen den künstlerischen und den Gebrauchskeramiken», sagt Regula Linck, «für sie war das alles eins.» Entsprechend charakterstark sind die Keramiken aus der Linckschen Töpferei. Gleichzeitig sind viele Kunstwerke von Margrit Linck auch gebrauchsfertig. In der Ausstellung im Kunstmuseum Olten werden Werke aus allen Schaffensphasen der Künstlerin zu sehen sein. «Nach einer ersten Besprechung habe ich eine Vorauswahl getroffen», erzählt Regula Linck. Immer wieder habe sie die Werke neu zusammengestellt bis sich fünf Gruppen herauskristallisiert hätten. «Für die Ausstellung selbst lasse ich mich aber überraschen», sagt Regula Linck lächelnd. «Ich freue mich immer, wenn die Skulpturen gezeigt werden und andere ebenso viel Freude daran haben, wie ich.» «LINCK. RELOADED» Margrit Lincks künstlerisches Werk im Dialog mit Arbeiten von Selina Baumann, Karin Lehmann und Irene Schubiger. 10. März bis 12. Mai 2019 Vernissage, Samstag, 9. März, 18.30 Uhr Kunstmuseum, Kirchgasse 8, Olten

www.kunstmuseumolten.ch

D

er Harlekin und der Waggis setzen sich auf die Mauer beim Ildefonsplatz, strecken zufrieden ihre Beine und legen die Masken neben sich auf den kalten Stein. «Hast du gesehen, wie sich vorher alle in den Armen lagen und gemeinsam sangen?», fragt der Harlekin. «Das ist doch das Schöne an der Fasnacht», meint der Waggis. «Ja, aber am Mittwoch ist alles passé. Dann schlagen sie sich wieder die Köpfe ein.» Der Harlekin schaut am Ildefonsturm hinauf und spürt die kühle Nachtluft. «An der Fasnacht ist halt vieles anders als im normalen Leben», sagt er, «hast du mal ausgerechnet, wie viele Kilometer du zu Fuss unterwegs bist in diesen Tagen?» «Nein, auf diese Idee wäre ich noch nie gekommen», so der Waggis. «Es sind viele, du kannst es mir glauben. Nach der Fasnacht fahren wir dann wieder mit dem Auto ins Fitnesszentrum. Und für den Parkplatz wollen wir natürlich nichts bezahlen», ereifert sich der Harlekin. «Hör doch auf mit dem Seich! Am Schluss kommst du noch mit dem ganzen BudgetGschtürm», hält der Waggis dagegen. Der Harlekin blickt auf das Pflaster vor sich und sagt: «Nein, dazu sage ich nichts. Ich frage mich nur, ob der Stadtrat die Gebühren für Leistungen des Werkhofs während der Fasnacht auch künftig erlassen würde, wenn wir Oltner nur noch das wirklich Nötige zahlen wollen.» «Wie viel ist es?» «Einige zehntausend Franken», rechnet der Harlekin vor. Beide schweigen. Von der Hauptgasse her hört man den Rhythmus einer vorbeiziehenden Guggenmusig. Der Waggis nimmt einen Schluck aus seiner Bierflasche: «Ich find’s trotzdem schön – ich meine die Fasnacht.» Der Harlekin entlässt den Rauch seiner Zigarette langsam in den Oltner Nachthimmel. «Ich auch».


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