Stadtanzeiger Olten Ausgabe 21 (24. Mai 2018)

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Olten, 24. Mai 2018 | Nr. 21 | 86. Jahrgang | Auflage 35 001 | Post CH AG

Irène Dietschi Bleibt Kinder!

IRÈNE DIETSCHI, Journalistin.

D Pascal Geiser beweist auf seinem Debütalbum: Auch ein «Lucky Man» kann den Blues spielen. (Bild: Thomas Meyer)

Ein «Lucky Man» lebt den Blues PASCAL GEISER lässt in seinem Debüt-Album «Lucky Man» tief blicken und beweist, dass auch «lucky» Schweizer waschechten Blues fühlen können. VIVIANE WEBER

B

ereits fünf Jahre liegt unser erstes Treffen zurück. Sein Enthusiasmus, die unbändige Leidenschaft für Blues und seine charismatische Art behielt sich Pascal Geiser in der Zwischenzeit zwar bei, dafür hat sich an der Musikfront für den gebürtigen Erlinsbacher einiges getan seit unserem damaligen «Im Gespräch»-Interview für den Stadtanzeiger.

Eine grosse Blues-Familie

Besonders sein Sieg an der Swiss Blues Challenge - quasi der Schweizer Meisterschaft im Blues - war wegweisend für den Sänger und Gitarristen. «Ich bin sonst kein grosser Fan von solchen Musikwettbewerben. Aber die mit dem Titel verbundene Reise an die International Blues Challenge reizte mich sehr», erklärt Geiser. Diese führte ihn direkt nach Memphis (USA), wo bereits Bluesgrössen wie B.B. King oder W.C. Handy ihre Karrieren starteten. «Wir durften dort in verschiedenen Clubs spielen. Ein unglaubliches Erlebnis», erinnert sich der 38-Jährige mit leuchtenden Augen. Obwohl die Amerikaner als Koryphäen in der Bluesszene gelten, seien sie gegenüber den «ausländischen» Bands keineswegs voreingenommen gewesen. «Vielmehr hatten sie eine riesige Freude, dass wir ihre Musik für uns entdeckt haben, und nahmen uns in ihre grosse Blues-Familie auf.»

Für Debütalbum nach L.A.

Durch die Teilnahme an der International Blues Challenge besuchte

Geiser jedoch nicht nur die Geburtsstätten der «Godfather of Blues» und saugte deren Spirit auf - wie er in seinem Song «Memphis Here I Come« beschreibt - sondern traf auch auf den Produzenten Eric Corne, der bereits mit Grössen wie John Mayal oder Edgar Winter zusammenarbeitete. «Zwischen uns stimmte von Anfang an die Chemie», beschreibt Geiser die Begegnung. Schnell stand daher fest, dass das lang geplante Debütalbum bei keinem anderen als Corne entstehen soll. Gemeinsam mit seinem langjährigen Pianisten Shanky Wyser, der sich für die musikalische Komposition der meisten Lieder verantwortlich zeigt, trat der Schweizer Bluesmusiker somit die Reise nach Los Angeles an. «Obwohl wir einige unserer Stücke bereits seit mehreren Jahren live performen, sendeten wir Corne nur Demoversionen zu. Wir wollten ihm beim Arrangieren freie Hand lassen.» Dadurch erlebten auch ältere Songs wie die 2013 erschienene Single «Blues on my Tail» einen Reifeprozess - textlich wie musikalisch.

«Das Warten hat sich gelohnt»

Der amerikanische Produzent stellte Geiser nicht nur seine Expertise, sondern eine hochkarätige Studioband mit gefragten Musikern wie Dave Raven, Billy Watts oder Taras Prodaniuk - als Trio «Mojo Monkeys» bekannt - zur Seite. «Obwohl diese absolute Topmusiker sind und bereits für Stars wie Bruce Springsteen gespielt haben, respektierten sie uns kleine Schweizer Musiker völlig, nahmen uns stets ernst und brachten ihren riesigen Erfahrungsschatz mit ein.» Die Produktion mit den Profis sei sehr bereichernd und teilweise gar emotional gewesen. «Bei der Aufnahme des letzten Albumtracks «Feels like Rain» einem Cover von John Hiatt - liefen mir vor lauter Freude die Tränen übers Gesicht, weil mir plötzlich bewusst wurde, was ich hier gerade mache. Ein «Magic Moment», den ich nie

vergessen werde.» Das Warten auf ein eigenes Debütalbum habe sich alleine deshalb gelohnt.

«Blues ist Leben»

Vom Blues infiziert wurde der gebürtige Erlinsbacher bereits in seiner frühesten Kindheit. Schliesslich spielte bereits sein Vater in der beliebten Coverband «Red House Blues Corporation», in der auch Geiser seine erste Bühnenerfahrung sammelte. Obwohl er mit seinem Schweizer Background und seiner positiven Ausstrahlung nicht so recht ins Klischee des üblichen, vom Leben gebeutelten Bluesmusikers aus den USA passen mag, fühlt und zelebriert er den Musikstil in jedem einzelnen seiner Songs. Denn wie er im gleichnamigen Albumtrack beschreibt, könne durchaus auch ein «Lucky Man» den Blues spielen. «Für mich ist Blues das Leben und dieses ist vielseitig mit Hoch und Tiefs.» Wer nur die traurigen Seiten sehe, werde dem Blues nicht gerecht. Daher lässt Geiser auf seinem Debütalbum in die unterschiedlichsten Facetten seiner eigenen Lebensgeschichte blicken. Zeigt er sich im Southern Soul-Stück «Memphis Here I Come» oder im Tanzsong «Saturday» noch unbeschwert und beschwingt, thematisiert er hingegen im «Song for Oliver» den Krebstod seines besten Freundes oder lässt in «Now You’re Gone» eine Trennung Revue passieren. «Die Lieder erzählen aus meinem Leben und sind authentisch.» Generell lege er viel Wert auf seine Lyrics. «Schliesslich soll Blues eine Geschichte erzählen und die Leute berühren.» Egal, welchen Erfolg sein letztwöchig veröffentlichtes Album feiern wird, eine Person hat er mit seiner Musik bereits bewegt. «Mein Vater ist sehr stolz», erklärt Pascal Geiser gerührt. «LUCKY MAN» VON PASCAL GEISER Erhältlich bei Cede.ch, itunes, igroove, Spotify u.a.

www.pascalgeiser.com

ie Zeichen mehren sich bei uns zu Hause, dass etwas zu Ende geht. Die Jüngste sitzt vor dem Laptop und rauft sich die Haare: «Warum lässt sich das Bild verflixt nochmal nicht ins Dokument ziehen?», ruft sie verzweifelt. Sie ist in den letzten Zügen ihres SCHULABSCHLUSSPROJEKTS, das seit Wochen ihre Agenda (und Teile unserer Tischgespräche) bestimmt. Ein paar formale Details müssen noch geklärt werden, am nächsten Tage ist Abgabe. Nichts geht über eine Deadline - schon in der Schule. Auch die Mittlere ist in Endzeitstimmung. Bald sind Maturprüfungen. Sie und ihresgleichen zelebrieren die letzten regulären Schultage an der Kanti mit einer eigenen Aktion: Eine Woche lang tragen sie verschiedene Mottos wie «Schlechter Geschmack», «Sixities to Nineties» oder «Kindheit» zur Schau. Mein Blick fällt auf die Versatzstücke ihrer Kindertage, welche die Mittlere vom Dachboden runterholt: den alten Schulsack mit den Delfinen auf dem Deckel; die Pokemon-Karten, mit denen schon der Älteste gespielt hatte; ein währschaftes Spielzeugauto; und schliesslich der Globi, der schon in meiner Jugend die Sorglosigkeit schlechthin symbolisierte. «Damit ist es nun vorbei», denke ich wehmütig. Bald gehören auch unsere Töchter endgültig zur «Leistungsgesellschaft», auf welche die Schule die Kinder so akribisch vorbereitet hat. Sind nicht schon Elfjährige burnout-gefährdet, wie man so liest? Da platzt mein Gatte zur Tür herein und will von der ganzen Trübsal nichts wissen. «Kommt, wir spielen Karten!», ruft er fröhlich und pfeffert seine Tasche in die Ecke. Mir ist gleich wohler ums Herz. Auch wenn die Schule unserer Mädels nun zu Ende geht: Ein Stück Kindheit können wir uns immer und überall bewahren.


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