Stadtanzeiger Olten Ausgabe 20 (17. Mai 2018)

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Olten, 17. Mai 2018 | Nr. 20 | 86. Jahrgang | Auflage 35 001 | Post CH AG

Urs Bloch

Der Kaugummi-Indikator

Urs Bloch, Mediensprecher.

A Der Berner Kabarettist und Gewinner des Salzburger Stiers 2018 steht im Rahmen der Oltner Kabarett-Tage nicht nur am Freitag, 25. Mai auf der Schützi-Bühne, sondern ist am Donnerstag, 24. Mai auch im Kulturträff Schötz zu Gast. (Bild: YB Buchwalder)

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«Ohne Probleme gäbe es bei mir keine Kunst» CHRISTOPH SIMON tritt in diesem Mai zum ersten Mal an den Oltner KabarettTagen mit seinem Abendprogramm «Zweite Chance» auf. Vorab sprach der Berner mit uns über Selbstzweifel, seine Verbindung zu Olten und Alltagsprobleme als Inspirationsquellen. VIVIANE WEBER

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in wortgewaltiger Tausendsassa, eine betörende Präsenz, ein scharfsichtiges Multitalent - Christoph Simon wird in der Kulturszene mit Lob überhäuft und scheint alles, was er anfasst, zum Erfolg zu machen.

Poetry Slams als Notlösung

Anfangs als Schriftsteller unterwegs, wagt der gebürtige Emmentaler erst mit 40 Jahren den endgültigen Sprung auf die Poetry Slam-Bühne. Eigentlich eine typische Notlösung. «Als ich trotz eines Schreibstipendiums in New York ohne Roman zurückkehrte, entschied ich mich, vermehrt an Poetry Slams teilzunehmen. Eigentlich nur um trotz Flaute produktiv und motiviert zu bleiben», erklärt Christoph Simon diesen entscheidenden Karriereschritt trivial und fügt an: «Im Grossen und Ganzen mache ich dabei aber immer noch dasselbe wie eh und je: Ich erzähle einfach meine Geschichten.»

«Ich kann es nicht anders»

Jedoch rücke auf der Bühne seine Person in ein neues Licht und die Reaktion des Publikums sei viel unmittelbarer. Konnte er sich als Schriftsteller bei Lesungen noch hinter seinem

Roman «verstecken», steht beim Slam und Kabarett auch seine Mimik und Gestik im Zentrum. «Jeder sagt dir, du sollst beim Auftritt authentisch sein. Gar nicht so einfach auf einer Bühne, dem wohl unnatürlichsten Ort der Welt.» Bereits über die Frage, wie man richtig hinsteht, könnte er sich stundenlang den Kopf zerbrechen. «Der Regisseur Paul Steinmann gab mir während meiner Teilnahme am Oltner Kabarett-Casting diesbezüglich einen wichtigen Tipp: Sei einfach so, wie es dir wohl ist und mach dir nicht zu viele Gedanken. Deshalb verzichte ich auf Requisiten oder grosse Bewegungen bei meinen Auftritten.» Er schlüpfe zwar dennoch in eine bestimmte Rolle, bleibe sich dabei aber selbst treu. «Meine melancholischheitere Art auf der Bühne ist eine Facette meiner eigenen Persönlichkeit», sinniert Simon und gibt zu: «Ich könnte meine Geschichten wohl gar nicht anders erzählen. Ich bin kein Schauspieler.»

«Kabarett-Casting war entscheidend»

Dass er seine Bühnenpräsenz auch gar nicht zu ändern braucht, beweisen seine diversen Auszeichnungen. So darf sich der 45-Jährige nicht nur zweifacher Schweizermeister im Poetry Slam (2014/2015), sondern auch Sieger der Oltner Slam-Trilogie «laut & deutlich» sowie Oltner Kabarett-Casting-Gewinner nennen. «Vor allem das Casting war entscheidend für meinen Lebensweg. Ohne diese grosse Bestätigung hätte ich womöglich nie den Mut gefunden, ein abendfüllendes Programm zu schreiben. Die damalige Welle an Begeisterung hat mir Auftrieb verliehen.»

Stärkung für schwache Momente

Mittlerweile ist Christoph Simon mit seinem dritten Programm auf Tour und erhielt mit dem Salzburger Stier in diesem Jahr die wichtigste

Kabarett-Auszeichnung im deutschsprachigen Raum. Angesprochen auf seinen stetigen Erfolg, gibt sich der Wahlberner gewohnt selbstkritisch. «Solche Auszeichnungen sind eine schöne Bestätigung. Eine willkommene Stärkung in meinen schwachen Momenten, in denen ich zweifle und skeptisch in die Zukunft blicke. Meiner Sache vollkommen sicher bin ich mir dennoch nie.»

«Ungelöste Fragen inspirieren mich»

Auf seinem Ruhm ausruhen wird sich der 45-Jährige wohl nicht. Dieses Zaudern, Hinterfragen und Grübeln scheint aber gleichzeitig auch das Rezept für seine nachdenklichen, aber dennoch urkomischen Geschichten zu sein. «Meine Inspiration hole ich aus meinen Problemen und ungelösten Fragen», meint der Kabarettist. «Wenn ich wunschlos glücklich bin, will oder kann ich mich gar nicht künstlerisch ausdrücken.» So habe er jüngst während seiner neunwöchigen Afrika-Reise keine einzige Zeile verfasst. «Es ist wohl einfach zu wenig Schlimmes passiert», lacht Simon. Für sein Bühnenprogramm «Zweite Chance» fand er augenscheinlich genügend Inspiration beziehungsweise ungelöste Fragen. Schliesslich dreht es sich um einen überforderten Familienvater, der noch in einer WG wohnt - Probleme sind dabei vorprogrammiert. Am Freitag, 25. Mai kehrt Christoph Simon mit dem Stück an den Ursprung seines kabarettistischen Wirkens zurück und tritt im Rahmen der 31. Oltner Kabarett-Tage auf der Schützi-Bühne auf. «Dabei muss ich wohl unter Beweis stellen, dass sich die Oltner Nachwuchsförderung gelohnt hat», meint Christoph Simon augenzwinkernd. SCHÜTZI OLTEN, Do, 25. Mai, 20 Uhr

www.christophsimon.ch www.kabarett.ch

uch nach weit über 20 Jahren in Olten muss ich eingestehen, dass ich gewisse Quartiere kaum kenne. Wir gehen auf ausgetretenen Pfaden: in die Schule, zur Arbeit oder in die Beiz. Dabei ist auch unser Blick meist horizontal geradeaus gerichtet. Wir schauen nicht nach oben und kaum auf die Strasse. Es würde sich lohnen: Aufwendig gestaltete Dachuntersichten in der Altstadt täten sich auf, wenn wir gegen den Himmel schauten. Der Blick nach unten wiederum ginge auf die mit Kaugummis verzierten Trottoirs. Dabei gibt es durchaus Unterschiede, wie eine Feldforschung ergab: In gewissen Quartieren muss man die platt getretenen, eingetrockneten Kaugummi-Rondelle fast suchen, während der Abschnitt zwischen City-Kreuzung und Aare, die Mühlegasse oder der Bereich beim Schnellimbiss an der Kirchgasse reich bestückt, ja eigentliche «Walk of Fame» für Kaugummis sind. Wie kommt das? Die Erdanziehungskraft muss dort sehr stark wirken. Nachtschwärmer, Konzertbesucher und Hamburger-Liebhaber treten ins Freie und können ihren klebrigen, kleinen Freund einfach nicht mehr im Mund behalten, auch wenn sie noch so möchten. Der Nächste steht dann drauf, und das Trottoir-Muster ist um ein Element reicher. So entsteht allmählich Street Art mit Pointillismus-Technik. Wer neu nach Olten zieht, braucht bei der Wohnungssuche deshalb nur den Blick zu senken. Sucht er Ruhe, wählt er ein Quartier mit möglichst wenig Kaugummis auf dem Gehsteig, will er Unterhaltung, ist ein hoher Anteil richtungsweisend. So einfach ist das. Ich habe gelesen, dass Kaugummikauen die Leistung des Gehirns anregt. Entscheidet sich der Neuzuzüger für einen hohen KaugummiKoeffizienten, hat er demnach in nächster Nähe nicht nur Rummel, sondern auch viele helle Köpfe um sich.


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