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Olten, 12. April 2018 | Nr. 15 | 86. Jahrgang | Auflage 35 001 | Post CH AG
Irène Dietschi Empty Nesters
IRÈNE DIETSCHI, Journalistin.
S 10 Jahre nach ihrer Gründung veröffentlicht Samuel Blatter’s Band «Roamer» das Debut-Album «What the Hell». (Bild: C. Hurni)
Plattentaufe inklusive Geburtstagsmarathon ROAMER Der Musiker Samuel Blatter feiert am Samstag, 28. April mit seiner Band «Roamer» nicht nur seine Plattentaufe im Coq d’Or, sondern lädt damit auch gleich zum kleinen Festival. Ein Gespräch über Jubiläen, Geburtstage, Depressionen und Musikvideos in Olten. MIRJAM MEIER
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amuel Blatter, ein Perfektionist in seinem musikalischen Schaffen, gibt sich neben seinem vielschichtigen und unkonventionellen «Noise Pop» ungern mit einem «0815»-Programm zufrieden. Das ist wohl ein Grund, wieso er öfters mal mit der grossen Kelle anrührt, ohne jedoch zu protzen. «Ich bin vielseitig interessiert und in verschiedenen Sparten tätig. Zudem habe ich das Glück, dass ich viele kreative Personen aus unterschiedlichen Kunstbereichen kenne, die tolle Arbeiten realisieren und mit derer Kunst ich gerne mein Schaffen ergänze.»
Ein Jahr der Jubiläen
«Neben dem Bandjubiläum mit «Roamer» gibt es im April das eine oder andere zu feiern», freut sich der Musiker. Das 11-köpfige Luzerner «Fischermanns Orchestra», dem der bald 36 Jährige seit der Gründung angehört, und der Oltner Kabarettist Kilian Ziegler, mit dem er schon lange als Pianist zusammenarbeitet, feiern ebenfalls ihr 10-Jahr-Jubiläum. Daneben komponiert Blatter die Musik für die Tänzerin Anja Gysin und erteilt Klavierunterricht an der Musikschule Luzern.
«What the Hell»
Pünktlich zum Jubiläum der Band «Roamer», der neben Samuel Blatter Christian Weber, Simon Rupp und Martin Stebler angehören, erscheint mit «What the Hell» die erste CD, die dank einer Crowdfunding-Aktion auch als Vinyl LP erhältlich ist. Beides wird erstmals unter dem Label Czar of Crickets Productions veröffentlicht, was den Musiker sehr freut. «Auf «What the Hell» sind die elf besten Songs aus 10 Jahren «Roamer» vereint», erklärt Blatter und blickt damit auch gleich auf sein eigenes Leben zurück. So haben es die Songs «Number», «Sick Enough» und «Bye Bye Baby» auf das Album geschafft, in denen der Musiker seine Wut und Frustration über die Krankenkassen und Ärzte verarbeitete. Denn als Spätfolge einer vorhergegangenen Erkrankung wurde beim Musiker im Jahr 2009 Krebs diagnostiziert. Er gilt jedoch heute als geheilt. Daneben fanden auch ein paar Songs der «Take my Time»-KonzertReihe, die 2013 im Coq d’Or gespielt und von verschiedenen Gästen begleitet wurde, auf der CD ihren Platz. ««Bye Bye Baby», den wir im Studio unter viel Zeitdruck als Letzten eingespielt haben, ist mein Lieblingssong auf dem Album geworden», erzählt der Komponist, Sänger und Pianist, der unzählige Stunden mit dem Einsingen der Stimme zubrachte. Ein Perfektionist eben. Auch «Open My Pants» gehört zu Blatters Favoriten. «Den Song habe ich aufgrund eines Themenmonats im Coq d’Or komponiert, in dem sich das Lokal mit Pornografie beschäftigte.» Zum musikalisch vielschichtigen Song «What the Hell», in dem Blatter Depressionen von Kollegen und einige daraus resultierende Suizide thematisiert, ist seit vergangener Woche ein Musikvideo mit einigen bekannten Oltner Gesichtern und Ansichten online. Obwohl «Roamer» die Songs vor rund
drei Jahren einspielte, standen andere Projekte dem Erscheinen des DebutAlbums im Weg. So veröffentlichte Blatter im Jahr 2015 eine aufwändig gestaltete CD & Artbook-Edition seiner Lieder, die er im Rahmen seines Kompositionsstudiums in Luzern für eine 12-köpfige Band (Roamer Extended) arrangiert hatte. Zudem war Blatter im vergangenen Jahr mit dem amerikanischen Singersongwriter Miwi La Lupa auf Tour.
Plattentaufe und Geburtstagsfeier
Nun ist es jedoch soweit. Am Freitag, 27. April erscheint das Album und am Samstag, 28. April findet die Plattentaufe im Oltner Coq d’Or statt. Es handelt sich jedoch, wie könnte es anders sein, nicht um eine gewöhnliche Plattentaufe mit einem Konzert, sondern es soll gar ein kleines Festival werden. An diesem dürfen selbstverständlich weitere Bands und auch ein Barbecue ab 17 Uhr nicht fehlen. Ab 19.30 Uhr stehen die Oltner Frauenband «Dog Daughterz», die Basler Rockband «The Universe by Ear» und die römischen Stoner-Rocker von «Beesus» auf der Bühne. Das DJ-Duo «Skinny Bitches Collectif» um Coq d’Or-Geschäftsführer Daniel Kissling wird indessen den Abend mit fetzigem Sound begleiten. Neben dem Jubiläums- scheint der April aber auch ein Geburtstagsmonat zu sein. So feiern an der Plattentaufe neben Samuel Blatter auch Gaia Giacomelli von den «Dog Daughterz» und Stefan Strittmatter von «The Universe by Ears» Geburtstag. «Eine grosse Party mit vielen Freunden», freut sich Samuel Blatter. PLATTENTAUFE VON ROAMER Samstag, 28. April ab 17 Uhr Coq d’Or in Olten
www.roamermusic.ch
amstagmorgen, mein Gatte und ich sitzen beim Zmorge. Zu zweit, ohne Kinder. Der Älteste kommt ohnehin nur sporadisch nach Hause. Aber jetzt sind auch die Mittlere und die Jüngste ausgeflogen. Zumindest vorübergehend - für eine Woche zu Veranstaltungen der Pfadi. Wir sind also allein. Nur unser alter Hund liegt im Körbchen und schnarcht. «Schön haben wir’s, gell», sage ich aufmunternd zu meinem Gatten, «endlich mal nur wir beide.» Mein Gatte beschmiert missmutig einen Toast mit Butter und brummt vor sich hin. So fühlt es sich also an, das Empty-Nest-Syndrom. Wehmütig denke ich an unseren sonst so lebhaften Tisch. Wenn gelacht, debattiert und gevöllert wird. Der Samstagabend ist auch nicht besser. Im Städtchen scheinen sie um 22 Uhr die Trottoirs hochgeklappt zu haben. Im Chöbu sitzen kaum Leute – abgesehen von einer Horde johlender Bubis, die sich vor dem Kellner aufspielen. Dass es solche Typen immer und überall gibt, unabhängig von Zeit und Ort? Schnell stürzen wir unser Bier hinunter und fliehen. Anderntags zieht es uns in den Jura über Hägendorf. Unser Ziel ist der Chambersberg mit der sympathischen Beiz, in der es immer leicht nach Käse riecht. Der steile Waldhang vor dem Schlössli, bis vor kurzem völlig kahl, ist über und über bedeckt von jungen Bärlauchspitzen. Beim Fasiswald springt unser Hund über die Wiese wie in seinen besten Tagen. Im Teich weiter oben entdecken wir Kaulquappen, wahrscheinlich von Grasfröschen, und Dutzende Erdkröten-Laichschnüre, die sich fingerdick und meterlang um die Wasserpflanzen schlingen. Über dem felsigen Kamm des Hombergs fliegt ein Kolkrabe. Und plötzlich sehen wir ihn abtauchen – in sein Felsennest! Wenigstens auf die Natur ist Verlass.