advent- und weihnachtsfestkreis
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Das Kirchenjahr: Advent- und Weihnachtsfestkreis
Herbert Meßner
Der Advent
Das Wort „Advent“ kommt vom lateinischen „adventus“ und bedeutet „Ankunft“. Im Advent geht es um die Ankunft Jesu, und zwar in einer dreifachen Form: 1. um seine Ankunft (Wiederkunft) am Ende der Geschichte (eschatologischer Advent); 2. um seine beständige Ankunft im Leben von uns Menschen (präsentischer Advent); 3. um seine Ankunft als Kind in Betlehem zu Weihnachten (inkarnatorischer Advent). Diesen drei Formen der Ankunft Jesu entsprechen drei adventliche Grundhaltungen, die wir in dieser Zeit pflegen: 1. warten; 2. sich bereit machen; 3. sich erinnern. Warten
Im wiederkehrenden Rhythmus der Zeit feiert die Kirche die großen Taten Gottes an seinen Geschöpfen und hält die Erinnerung daran wach. Sie benutzt vor allem den Lauf des Tages (Rotation der Erde), der Woche (ein Viertel des Mondumlaufs) und des Jahres (Umlauf der Erde um die Sonne). Dadurch erfährt sie den Menschen eingebettet in die kosmische Ordnung, die Schöpfungsordnung. Im Lauf des Jahres werden drei große Abschnitte für das kirchliche Feiern der Heilsgeschichte unterschieden: 1. Der Weihnachtsfestkreis: Er besteht aus dem Advent (Vorbereitungszeit mit violetter liturgischer Farbe) und der Weihnachtszeit (Festzeit mit weißer Farbe). 2. Der Osterfestkreis: Er besteht aus der Fastenzeit oder Österlichen Bußzeit (Vorbereitungszeit mit violetter liturgischer Farbe) und der Osterzeit (Festzeit mit weißer liturgischer Farbe). 3. Zwischen diesen beiden Festzeiten gibt es in zwei Abschnitten (zwischen Taufe des Herrn und Aschermittwoch sowie zwischen Pfingstsonntag und 1. Adventsonntag) die Zeit „im Jahreskreis“ mit grüner liturgischer Farbe. Die Kirche beginnt das „Heilsjahr“ oder „Kirchenjahr“ weder mit dem bürgerlichen Jahr (1. Jänner) noch mit dem Schuljahr (September), sondern mit dem 1. Adventsonntag, mit dem der Weihnachtsfestkreis anfängt.
VS_1_Handbuch
kann bei uns verschiedene Formen haben: langweilige Wartezeit ■■ ungeduldiges Warten, bis es endlich so weit ist ■■ ungewisses Warten, wie etwas ausgeht; ■■ frohes, sehnsüchtiges Erwarten, dass jemand kommt oder dass etwas eintrifft (Vorfreude). ■■
Advent ist die Zeit, wo wir unsere Erwartungen und Sehnsüchte vor Gott bringen können (die Wünsche an das „Christkind“ können ein Symbol dafür sein). Im Advent wird in der Liturgie sehr viel aus den Büchern der Propheten, vor allem des Propheten Jesaja, gelesen, weil die Propheten das Warten und Hoffen auf Erlösung aufgreifen, aber auch zur Wachsamkeit und Vorbereitung mahnen. Die Propheten bringen, oft sehr vermischt, Mahnworte, Trostworte und Hoffnungsbilder. Gerade letztere eignen sich zur Verkündigung an die Kinder und mit ihnen, zum Beispiel die Vision vom friedlichen Zusammenleben der Geschöpfe (Jes 11) oder von der Wüste, die zu blühen beginnt (Jes 35). In der Natur fällt in unseren Breiten der Advent in die Zeit, wo die Tage immer kürzer werden, wo die Dunkelheit wächst, das Licht abnimmt. Dunkelheit kann bedrohlich oder heimelig empfunden werden. Advent ist auch die Zeit, wo wir unsere Dunkelheiten vor Gott bringen können, der sie mit dem Licht seiner Liebe erhellt. Im Advent zünden wir oft Kerzen an. Wir feiern in dieser Zeit auch gerne in der Morgenfrühe beim Übergang vom Dunkel zum Licht, um unsere Wachsamkeit auszudrücken; wir wollen das Kommen des Herrn nicht verschlafen. Ein prophetisches Bild für die Erlösung ist der Tau oder der Regen, der den trockenen Boden tränkt und fruchtbar macht. Von einem adventlichen Eröffnungsgesang (Introitus) haben die adventlichen Morgenmessen, die man bewusst auch nur mit Kerzenlicht feiern kann, den Namen „Rorate“ („Tauet“) bekommen.
Kapitel_00_02_Das Kirchenjahr: Advent- und Weihnachtsfestkreis
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