ETHICA 2

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Andorfer-Leithgöb | Finster | Klamminger | Kumpitsch | Pretterhofer MohorjevA Hermagoras FINSTerVERLAG E in kompetenzorientiertes Arbeitsbuch für die Sekundarstufe II ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 AHS Leseprobe

Petra Andorfer-Leithgöb | Heinz Finster | Thomas Klamminger

Ottilie E. Kumpitsch | Robert Pretterhofer

ETHICA

beherzt | begründet | handeln 2

E in kompetenzorientiertes Arbeitsbuch für die Sekundarstufe II

Leseprobe

Legende

Bausteinmarken

Die Inhalte werden auf den Seiten in unterschiedlichen Bausteinen präsentiert. Zur leichteren Orientierung sind die einzelnen Bausteine mit Bausteinmarken versehen. Diese bestehen aus einem Buchstaben (für die Bausteinart), gefolgt von der Seitenzahl und der jeweiligen Nummer. Bei „I 17,2“ handelt es sich also um den Baustein „INHALT“ auf der Seite 17, Nr. 2. Die Bausteinart wird durch folgende Buchstaben repräsentiert:

B = Zum BILD

D = DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN

E = ETHICA fragt

G = GLOSSAR

I = INHALT

O = ORIGINALTON

V = VERNETZUNG

K = KOMPETENZCHECK

Anforderungsbereiche

Im gesamten Buch sind die Anforderungsbereiche bei den Arbeitsaufgaben farblich gekennzeichnet. Eine definierte Liste von Operatoren findet sich auf S. 152: Reproduktion Transfer Reflexion

Orientierungsfelder

Die Signets bei den Aufgabenstellungen markieren jene Perspektiven (Orientierungsfelder), aus denen heraus das Thema betrachtet wird.

Personale Perspektive

Dieses Zeichen bezeichnet die Lebenswirklichkeit des Einzelnen und die Bedeutung des Themas für mich.

zwischenmenschliche Perspektive

Dieses Zeichen betrachtet das Thema in meinem Verhältnis zum Anderen.

gesellschaftliche Perspektive

Dieses Zeichen betrachtet das Thema im Hinblick auf das Zusammenleben in lokalen bis hin zu globalen Kontexten.

Ideengeschichtliche Perspektive

Bei diesem Zeichen werden Gedanken aus verschiedenen philosophisch oder religiös geprägten Weltanschauungen sichtbar.

VorworT 2
I. Pr IN z IPI e N N or M aTI ver e T h I k 4 1. Eine Moral begründen 4 2. Von Zielen und Zwecken 6 3. Der Pflicht folgen 8 4. Tugendhaft leben 10 5. Wir vertragen uns 12 6. Take care 14 1. LI e B e UND S e XUa LITÄT 16 1. „Love is all around“ 16 2. „Let‘s talk about Sex“ 20 3. „Sex all inclusive“ 24 4. „Let‘s talk about gender“ 28 5. „I love you“ 32 2. Beg INN D e S Le B e NS 36 1. Neues Leben wächst 36 2. Die Schwangerschaft regeln 40 3. Ungewollt schwanger werden 44 4. „Kinder machen“ 48 5. Future Baby 52 3. TI ere T h I k 56 1. Tiere leben 56 2. Tiere zähmen 60 3. Tiere essen 64 4. Tiere nutzen 68 5. Tiere lieben 72 4. M e DI e N e T h I k 76 1. Mediales Handeln 76 2. Zugang zu Medien 80 3. Qualifiziert nutzen 84 4. Verantwortungsvoll gestalten 88 5. Manipulation und Gewalt 92 5. e T h I k D e S ko NFLI k TS 76 1. Konflikte sind normal 96 2. Konflikt und Kompromiss 100 3. Konflikt und Argument 104 4. Konflikt und Gewalt 108 5. Konflikt – Toleranz – Respekt 112 a . j UD e NTUM 116 1. Übersicht 116 2. Glaubensgrundlagen 118 3. Gelebter Glaube 120 4. Schöpfung und Ökologie 122 5. Moralische Orientierungen 124 B. C hr IST e NTUM 126 1. Übersicht 126 2. Glaubensgrundlagen 128 3. Gelebter Glaube 130 4. Schöpfung und Ökologie 132 5. Moralische Orientierungen 134 C I SL a M 136 1. Übersicht 136 2. Glaubensgrundlagen 138 3. Gelebter Glaube 140 4. Schöpfung und Ökologie 142 5. Moralische Orientierungen 144 Me T ho D e N, o P eraTore N, LÖSUN ge N, reg IST er, q U e LL e N 146
Inhalt
Leseprobe

Liebe Schülerin! Lieber Schüler!

An welchen Maßstäben sollten sich Menschen, die Gesellschaft, die Politik u. a. in ihrem Handeln orientieren?

Die Antwort wird vermutlich lauten: am Glück für den Einzelnen, am Gemeinwohl und an der Gerechtigkeit für möglichst viele.

Aus der Reihe „ETHICA“ halten Sie den zweiten Band in Händen. Das Buch wird Sie durch dieses Schuljahr begleiten. Sie werden in diesem Buch keine fertigen Antworten finden. Doch wir wollen Sie zu einem ethisch-philosophischen Gespräch einladen, zu einem kritisch-fundierten Denken anregen und zu einem beherzten und begründeten Handeln ermutigen.

Wie lässt sich Moral begründen?

Welche Ziele verfolgen wir mit unserem Handeln?

Von welchen Motiven lassen wir uns in unserem Tun leiten?

Wie passen Liebe und Sex zusammen?

Wie kann Beziehung gelingen?

Wie zeigt sich die Verantwortung für ein Kind?

Was tun, wenn man ungewollt schwanger wird?

Wie wollen wir mit den Tieren in Zukunft umgehen? Werden wir weiterhin Tiere essen?

Dürfen wir Tiere zu unseren Zwecken nutzen?

Welche ethischen Maßstäbe braucht die Medienwelt?

Wie können Konflikte und verschiedene Positionen in einem „guten Streit“ und gewaltfrei gelöst werden?

Welche Ideen bringen die drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam für ein gelingendes persönliches und gesellschaftliches Leben ein?

Viele Fragen, viele spannende Themen und viel Raum, sich anhand dieses Buches damit zu beschäftigen.

Zum Aufbau des Buches

Das Eingangskapitel (I) stellt die fünf grundlegenden Modelle zur Begründung einer Ethik genauer vor. Dazu werden wieder Arbeitsaufgaben vorgeschlagen.

Danach wird auf jeweils 5 Doppelseiten das Thema eines speziellen Bereichs der angewandten Ethik behandelt. Die gleichbleibende Struktur soll das Arbeiten erleichtern.

DOPPELSEITEN INHALT

Im Zentrum der Doppelseite wird das Thema auf philosophischer Ebene bearbeitet.

Leseprobe

Wir wünschen viel Freude, frohes gedankliches Schaffen und Gelingen bei der Arbeit mit diesem Buch.

Petra Andorfer-Leithgöb

Heinz Finster

Thomas Klamminger

Ottilie E. Kumpitsch

Robert Pretterhofer

ETHICA fragt …

… bei kompetenten Personen und Institutionen zu diesem Thema nach.

Die Spalte DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN tritt in einen Dialog mit Kunst, Literatur, Religionen und Weltanschauungen ein. Was lässt sich durch diese Brille lernen?

Die VERNETZUNGEN bieten interessante Anknüpfungspunkte zu verschiedenen empirischen Bezugswissenschaften.

ZUM BILD bringt einen inhaltlichen Impuls oder eine klärende Ergänzung zum Bild der jeweiligen Seite rechts oben.

In den Kapiteln zu den einzelnen Bereichen der Ethik (1–5) folgt nach jeder DOPPELSEITE INHALT jeweils eine DOPPELSEITE ARBEITSAUFGABEN, oft auch im Stile eines Arbeitsblattes.

Diese Doppelseiten machen ETHICA tatsächlich zu einem praktischen Arbeitsbuch.

Die Kapitel A–C geben einen Überblick zu den Grundlagen des Glaubens und der Moral in Judentum, Christentum und Islam.

Im METHODEN-Glossar finden sich Beschreibungen zu verwendeten Methoden und Arbeitsweisen. Sie sind im Text mit M[Nr]: ausgewiesen.

Für die mit  gekennzeichneten Arbeitsaufgaben wird im Lösungsteil eine Lösung angeboten, das Signet „ “ signalisiert einen zur Verfügung gestellten QR-Code. Register und Verzeichnisse beschließen das Buch.

VorworT 3

Begriffe zu Ethik und Moral

r egeln beschreiben Handlungen, die meistens (immer) so gemacht werden sollen (Verkehrsregeln, Anstandsregeln …)

konventionen (lateinisch conventio = „Übereinkunft“), z. B. Tischsitten, Anredeformen, Manieren … sind Verhaltensregeln, die von einer Gruppe vereinbart werden und eingehalten werden sollen. Eine Missachtung von Konventionen wird nicht so streng geahndet wie das Übertreten einer Regel. Konventionen müssen nicht gut sein, aber sie erfüllen oft praktische Funktionen.

Regeln werden begründet, indem sie sich auf Werte beziehen. Der Wert ist etwas Gutes, etwas Erstrebenswertes. Nach einem Motto: „To die for and to live by“ soll man etwa für die Wahrheit eintreten, Unrecht aufzeigen usw. …

Eine Ethik begründet Regeln für das menschliche Zusammenleben. Sie bezieht sich dabei auf Tatsachen und Argumente, die dem menschlichen Verstand zugänglich sind. Im individuellen Bereich geht es um die persönliche Lebensgestaltung und Lebensweise, etwa um das Streben nach Glück. Im sozialen Bereich wird nach einer universal gültigen Moral und Gerechtigkeit gesucht.

■ Die instrumentellen Werte wie etwa Pünktlichkeit, Ordnungsliebe, Fleiß usw. beziehen ihre Geltung durch eine Absicht oder einen Zweck. Sie sind an sich weder gut noch schlecht. Sie werden als Instrumente zur Erreichung von etwas anderem eingesetzt.

■ Die pragmatischen Werte sichern unser Überleben bzw. bieten uns Glück und Wohlergehen, z. B. Besonnenheit.

■ Die moralischen Werte bilden die Grundlage für alle anderen Werte. Sie fordern direkt zum Handeln auf. Dazu gehören Verbote, deren Anerkennung die Menschen einander schulden. Allgemein geboten sind etwa: die Anerkennung von Eigentum, Leib und Leben, sowie Freiheit, Gleichheit und Menschenwürde. Nicht eingefordert werden können dagegen Mitleid, Wohltätigkeit.

VERNETZUNGEN

rechtspositivismus

Das vom Menschen „gesetzte“ oder „geschaffene“ Recht bzw. das staatlich anerkannte Recht (z. B. das Strafrecht) wird als „positives“ oder „gesatztes“ Recht bezeichnet. Es bedarf dafür keiner Herleitung von „natürlichen“ Maßstäben (Natur an sich, Natur des Menschen, Naturrecht). Der Rechtspositivismus ist eine rechtstheoretische, keine ethische oder moralische Theorie. Der normsetzende Wille des Staates bildet für das positive Recht die einzige Rechtsquelle. Vgl. Gräfrath/Ganslandt: Rechtspositivismus, 514f.

1. Eine Moral begründen ?

Woran sollen wir unser tägliches Handeln orientieren? Wovon hängt es ab, ob eine Handlung gut ist? Im Laufe der Geschichte hat es dazu verschiedene Antwortversuche gegeben. Manche meinen, es hängt vom Ziel ab, manche stellen die Pflicht eines Tuns in den Vordergrund. Andere versuchen „tugendhaft“ zu leben.

o 4,1 Das eigene Tun Der Philosoph Peter Stemmer (*1954) hat sich eingehend mit dem menschlichen Handeln beschäftigt. Im Bereich des Moralischen weist er einerseits auf die Selbstverständlichkeit unseres Tuns und gleichzeitig auf die Unfähigkeit, dieses Tun zu verstehen, hin. Am deutlichsten zeigt sich dies in der Praxis moralischen Urteilens. Moralisch zu urteilen ist ein tief verwurzeltes und nicht wegzudenkendes Element unseres Lebens.

„Es hat etwas Beirrendes, wenn man sich ständig in bestimmter Weise verhält, durchaus in der Überzeugung, dass es vernünftig ist, so zu agieren, man aber nicht in der Lage ist, sich klarzumachen, worin die unterstellte Vernünftigkeit eigentlich liegt. In einer solchen Situation verstehen wir uns selbst nicht.

Das eigene Tun ist uns fremd, es hat sich gewissermaßen verselbstständigt, und wir stehen in einer eigentümlichen Distanz zu ihm. Es scheint, als stünden wir in dieser Weise zu unserer moralischen Praxis. Die meisten von uns sind davon überzeugt, sogar sehr fest überzeugt, dass es vernünftig ist, sich moralisch zu verhalten, dass die moralischen Forderungen, die wir an andere richten und diese an uns, eine Basis haben und es deshalb richtig ist, ihnen nachzukommen. Wir sind fest davon überzeugt, dass wir auf sicherem Boden stehen, wenn wir moralisch urteilen und uns angesichts eines Unrechts moralisch empören. Aber es gelingt uns nicht, Klarheit darüber zu gewinnen, was die innere Rationalität dieser Praxis ist. Wir verhalten uns in dieser Weise, können aber nicht sagen, worin dieses Verhalten seinen Grund hat. Wir stehen damit einem zentralen Bereich des eigenen Lebens in bedrückender Hilflosigkeit gegenüber. [...]

Dass jemand sein Versprechen nicht hätte brechen dürfen, dass man einen anderen nicht verletzen darf, dass er seine kranke Mutter unterstützen muss, dass sie das Vertrauen ihres Bruders nicht so hätte missbrauchen dürfen, – so urteilen wir ständig und ganz fraglos.

Aber wir scheinen nicht zu begreifen, was wir mit Urteilen dieser Art eigentlich tun. Wer ein moralisches Urteil fällt, erhebt damit wie jeder, der ein Urteil fällt, einen Wahrheitsanspruch, den Anspruch, dass das, was in dem Urteil als wahr hingestellt wird, auch tatsächlich wahr ist.

Stemmer: Handeln, 3f.

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 4 I. PRINZIPIEN NORMATIVER ETHIK v 4
g 4 GLOSSAR
Leseprobe

Lösen Sie gemäß der Arbeitsaufgabe

Eine Person schlägt ihren Hund regelmäßig, um ihn zu disziplinieren.

Eine Studentin schreibt bei einer Prüfung von ihrer Sitznachbarin ab.

Eine sechs Monate altes Baby von 7 bis 13 Uhr in eine Säuglingskrippe geben, um mehr Zeit für sich allein zu haben.

Ein Asylwerber macht falsche Angaben zu seinem Alter. Mit dem Auto, ohne Wissen der Besitzerin, eine Spritztour machen.

Geld (z. B. 100 Euro) behalten, das man gefunden hat.

Eine Person drängelt sich in der Warteschlange vor dem Kino vor.

Ein Elternteil verspricht dem Sohn, ihm beim nächsten „Sehr gut“ eine Kinokarte zu kaufen. Der Sohn schafft den Einser, der Elternteil kauft ihm die Karte nicht.

Eine erwachsene Person sammelt Objekte, Texte, Plakate mit nationalsozialistischer Propaganda und richtet sich damit ihr Zimmer ein.

Eine Person hat keinen Putzfetzen für das Klo, stattdessen verwendet sie eine österreichische Flagge, die sie zufällig in ihrem Kasten findet.

Sich keinerlei Impfung geben lassen.

Die Bibel als Unterlage für einen wackelnden Tisch verwenden.

Ein junger Mann versucht, durch Tricks als „untauglich“ zu gelten und so dem Grundwehrdienst in Österreich zu entgehen.

Mit einem manipulierten Ausweis sich Zutritt zu einem Lokal verschaffen.

Für eine fünfzehnjährige bekannte Person ein Bier an der Schank holen gehen.

B 5 ZUM BILD

Moralische entscheidungen

Paul Klee nennt sein Bild „Hauptweg und Nebenwege“. Welchen Weg soll man gehen? Welche Entscheidungen treffen?

Wovon hängt es ab, ob eine Handlung gut bzw. richtig ist?

Von der Motivation ? Von den Prinzipien oder der Gesinnung des oder der Handelnden? Von den Konsequenzen, die diese Handlung hat, oder von den Eigenschaften der handelnden Person?

 Impuls: Gestalten Sie auf einem Blatt einen Hauptweg und Nebenwege. Stellen Sie Ihre Meinung(en) zu obigen Fragen dar.

o 4,1

1. M30: Textreduktion: Gehen Sie gemäß der Methode vor. Notieren Sie den Resttext auf einem Blatt .

2. Erläutern Sie jemandem aus der Lerngruppe die zentralen Aussagen des Textes.

3. Nehmen Sie zur These des Textes vor der Lerngruppe Stellung: „Wir erheben mit einem moralischen Urteil einen Wahrheitsanspruch“.

I 5,1

Leseprobe

1. Ordnen Sie die Ziffern 1 bis 4 zu:

1 = das Handeln ist moralisch falsch und sollte sanktioniert werden (Strafe, Verbot, Ermahnung, Therapie, Kritik);

2 = das Handeln ist moralisch falsch, sollte aber nicht sanktioniert werden;

3 = das Handeln ist gut/richtig;

4 = das Handeln ist überhaupt keine Frage von Moral/Ethik.

2. Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit anderen aus der Lerngruppe und ermitteln Sie im Gespräch die Gründe für die Abweichungen.

g 4

M32: Textvisualisierung (Schaubild): Stellen Sie die zentralen Aussagen des Textes in einer Grafik o. Ä. dar

v 4

1. Erörtern Sie die Frage: Wieso können wir mit gesetztem Recht allein nicht auskommen? Überprüfen Sie Ihre Überlegungen anhand der Texte O 4,1 und G 4.

2. Wie passen Ihre persönliche Haltung und „gesetztes Recht“ zusammen?

Erläutern Sie dies an zwei Beispielen.Lösung. 

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 5
| ARBEITSAUFGABEN
Paul Klee: Hauptweg und Nebenwege, 1929, Öl auf Leinwand, 83,7 × 67,5 cm, Museum Ludwig, Köln. Bild: de.wikipedia.org*
I 5,1

1. Endziel und Teilziele ethischen Handelns

„Teleologie ist die Lehre von der Zielstrebigkeit und Zweckmäßigkeit der Natur. In der Ethik stellt sich die Frage nach dem Ziel des menschlichen Handelns.

Dieses zielt auf etwas Gutes, einen Wert. Das Gute ist nach Aristoteles das, ,wonach alles strebt‘ (Nikomachische Ethik 1094a 3). Das Endziel, auf das alleTeilziele hin geordnet sind, ist für ihn die Glückseligkeit (eudaimonia). Dabei scheint er als selbstverständlich vorauszusetzen, dass es nur ein letztes Ziel gibt und dies für alle Menschen gleich ist. Die unausgesprocheneAnnahme lautet hier möglicherweise:Wenn es für einen Einzelnen mehrere Endziele gäbe, gäbe es im Fall eines Zielkonflikts keine rationale Lösungsmethode.Weiterhin stellt sich die Frage nach demVerhältnis der einzelnen Güter (Teilziele) zum höchsten Gut: Ist das Glück als dominantes oder inklusives Ziel zu verstehen? Gibt es eine Hierarchie von Zielen, an deren oberster Spitze das Glück steht? Oder besteht das Glück in der Erreichung einer bestimmten Summe vonTeilzielen? Im letzteren Fall wären die Mittel zur Erreichung des Ziels wenigstens zumTeil zugleich dessen Bestandteile.“

2. Von Zielen und Zwecken

?Teleologische Ethiken (griech. telos = Ziel) beurteilen Handlungen danach, was damit erreicht werden kann bzw. welche Folgen, welchen Nutzen eine Handlung hat. Geht es um die Befriedigung oder das Glück? Sollen Ideale oder bestimmte Wünsche verwirklicht werden? Sind alle Mittel zur Erreichung des Zwecks erlaubt?

I 6,1 DILEMMA: Das Trolleyproblem (engl. trolley = Straßenbahn)

variante 1: Stellen Sie sich vor, ein Zug ist außer Kontrolle geraten und rollt auf fünf Gleisarbeiter zu. Diese nehmen die anrollende Bahn nicht wahr. Sie können auch nicht gewarnt werden. Ein Weichensteller checkt die Lage und könnte die Bahn auf ein Gleis umleiten, auf dem sich allerdings ein Gleisarbeiter befindet.

Wolbert: Zweck/Ziel, 563

2. Der Utilitarismus bzw. Konsequentialismus

Der Utilitarismus – begründet von Jeremy Bentham (1748–1832), weiterentwickelt von John S. Mill (1806–1873) – hält jene Handlungen für moralisch richtig, die dazu geeignet sind, die Gesamtsumme des subjektiven Wohlbefindens aller davon direkt oder indirekt Betroffenen zu maximieren. Die Form des „PräferenzUtilitarismus“ (Peter Singer) spricht von einer Maximierung der Gesamtsumme der Befriedigung der Interessen (Präferenzen) der von der Handlung direkt/indirekt Betroffenen.

Angewandt auf das geschilderte Dilemma (I 6,1)) hieße dies:

Zu Variante 1:

• In dieser Logik läge es nahe, dass der Tod eines Menschen notwendig wurde, um fünf weiteren das Leben zu retten.

• Ein Toter ist ein geringeres Übel als fünf Tote.

• Dürfen Rechte und Pflichten in unserem Zusammenleben einer solchen Kosten-Nutzen-Berechnung unterzogen werden?

Zu Variante 2:

• Auch hier soll eine Person „geopfert“ werden, um fünf andere zu retten. Was unterscheidet Variante 1 von 2?

VERNETZUNGEN

Instinkt und ethik

„Das Herz hat seine Gründe, die die Vernunft nicht kennt“, schrieb der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal (1623−1662). Im Gegensatz zum Reflex ist der Instinkt keine automatische, sondern eine autonome Reaktion auf etwas bewusst Gewordenes. Instinktives Verhalten realisiert angeborene Möglichkeiten für unmittelbare Reaktionen. Wann handeln wir rational überlegt und wann eher instinktiv, „aus dem Bauch“ heraus?

Intuitiv halten die meisten Menschen die Umstellung der Weiche für richtig, was für Anhänger des Intuitionismus (lateinisch intueri = „genau hinsehen, anschauen“ = unmittelbares Erkennen) ein Anzeichen dafür ist, dass diese Entscheidung richtig ist. Damit wäre das Ziel (die Rettung möglichst vieler Menschen) erreicht. – Was würden Sie tun?

variante 2: Was änderte sich, wenn wir, statt eine Weiche zu stellen, eine übergewichtige Person von einer Überführung auf das Gleis schubsen könnten, um so der Bahn ein Hindernis in den Weg zu stellen?

o 6,1

Gibt es ein „höchstes“ Gut?

Leseprobe

Anderer Auffassung als Aristoteles hinsichtlich der Möglichkeit von „letzten Zielen“ ist der englische Mathematiker und Philosoph Thomas Hobbes (1588–1679).

„Hierbei haben wir zu beachten, dass die Glückseligkeit dieses Lebens nicht in der zufriedenen Seelenruhe besteht. Denn es gibt kein(en) finis ultimus, d. h. letztes Ziel, oder summum bonum, d. h. höchstes Gut, von welchen in den Schriften der alten Moralphilosophen die Rede ist. Auch kann ein Mensch, der keine Wünsche mehr hat, so wenig weiterleben wie einer, dessen Empfindungen und Vorstellungen zum Stillstand gekommen sind. Glückseligkeit ist ein ständiges Fortschreiten des Verlangens von einem Gegenstand zu einem anderen, wobei jedoch das Erlangen des einen Gegenstandes nur der Weg ist, der zum nächsten Gegenstand führt. Der Grund hierfür liegt darin, dass es Gegenstand menschlichen Verlangens ist, nicht nur einmal und zu einem bestimmten Zeitpunkt zu genießen, sondern sicherzustellen, dass seinem zukünftigen Verlangen nichts im Wege steht.“ Hobbes: Leviathan, I 11

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 6
g 6 GLOSSAR
v 6
I. PRINZIPIEN NORMATIVER ETHIK simple.wikipedia.org *

I 7,1 Was heißt Utilitarismus?

Der Utilitarismus beurteilt eine Handlung dann als sittlich und moralisch gut, wenn sie nützlich ist. Der utilitaristischen Theorie nach streben alle Menschen danach, Lust zu gewinnen und Unlust zu vermeiden. Jeremy Bentham bewertete eine moralische Handlung nach dem Lustgewinn (pleasure). Der britische Philosoph und Ökonom John Stuart Mill ersetzte die Lust als Bewertungskriterium durch unterschiedliche Qualitäten des Glücks (happiness) und die Freude. Dabei seien alle Glückszustände der Betroffenen zu zählen und gleichermaßen zu berücksichtigen. Bleibt die Frage, ob alles, woran man Freude hat, auch gut für einen ist:

„Die Auffassung, für die die Nützlichkeit oder das Prinzip des größten Glücks die Grundlage der Moral ist, besagt, dass Handlungen insoweit und in dem Maße moralisch richtig sind, als sie die Tendenz haben, Glück zu befördern, und insoweit moralisch falsch, als sie die Tendenz haben, das Gegenteil von Glück zu bewirken. Unter ‚Glück‘ ist dabei Lust und das Freisein von Unlust, unter ‚Unglück‘ Unlust und das Fehlen von Lust verstanden. [...] die Norm des Utilitarismus ist nicht das größte Glück des Handelnden selbst, sondern das größte Glück insgesamt. […] Der Utilitarismus kann sein Ziel daher nur durch die allgemeine Ausbildung und Pflege eines edlen Charakters erreichen, selbst wenn für jeden einzelnen der eigene Edelmut eine Einbuße an Glück und nur jeweils der Edelmut der anderen einen Vorteil bedeuten würde. Aber man braucht einen widersinnigen Gedanken wie diesen nur auszusprechen, um zu sehen, dass er widersinnig ist und jede Widerlegung überflüssig macht. [...] Indem dies nach utilitaristischer Auffassung der Endzweck des menschlichen Handelns ist, ist es notwendigerweise auch die Norm der Moral. Diese kann also definiert werden als die Gesamtheit der Handlungsregeln und Handlungsvorschriften, durch deren Befolgung ein Leben der angegebenen Art für die gesamte Menschheit im größtmöglichen Umfange erreichbar ist; und nicht nur für sie, sondern, soweit es die Umstände erlauben, für die gesamte fühlende Natur.“

B 7 ZUM BILD

Mr. Spock ist Erster Offizier an Bord des Raumschiffs Enterprise. Die Figur des Mr. Spock hat die Aufgabe, das menschliche Verhalten zu hinterfragen. Als „Halb-Vulkanier“ reagiert er – trotz seines gelegentlich durchschimmernden menschlichen Erbes – stets logisch und besonnen. Bild: comicbook.com*

Leseprobe

| ARBEITSAUFGABEN

I 6,1 + g 6.2

1 Diskutieren Sie anhand der Texte in Kleingruppen das Dilemma (Variante 1).

2. Lesen Sie die Variante 2, bzw. zeichnen Sie selber in den freien Raum die Szene. Problematisieren Sie für sich die gestellte Frage. 

Der Blick richtet sich auf die Folgen einer handlung In den Star-Trek-Episoden richtet Mr. Spock bei Problemen seinen Blick immer auf logisch-rationale Lösungen zum Wohle von möglichst vielen aus der Besatzung: „Die Bedürfnisse vieler sind wichtiger als die Bedürfnisse weniger oder eines einzigen.“

 Impuls: M16: Sokratisches gespräch. Besprechen Sie die Frage: Was könnte wichtiger sein: die Bedürfnisse vieler oder die Bedürfnisse weniger oder gar die Bedürfnisse eines einzigen?

3. Diskutieren Sie wiederum in Kleingruppen das Dilemma. Beziehen Sie die Gedanken aus G 6,2 mit ein.

o 6,1

1. Erläutern Sie die Kernaussage des Textes von Thomas Hobbes.

2. Formulieren Sie drei Gesichtspunkte, von denen Sie das Anstreben von Zielen abhängig machen.

I 7,1

1. Skizzieren Sie das ethische Modell des Utilitarismus.

2. Charakterisieren Sie den Zweck menschlichen Handelns im Sinne des Utilitarismus.

3. Reflektieren Sie Ihre persönliche Orientierung am Glück in ethisch-moralischen Entscheidungen.

g 6.1

1. Fassen Sie den Text in eigenen Worten zusammen .

2. Skizzieren Sie den Begriff „Teleologie“.

v 6

Beschreiben Sie einer Person in der Lerngruppe das Dilemma zwischen „Bauchgefühl“ und Vernunft in Entscheidungssituationen.

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 7
Stuart Mill, in Celikates,: Philosophie 261.265.

Immanuel Kant und der Kategorische Imperativ Nach Immanuel Kant (1724–1804) kann der Mensch frei und vernünftig entscheiden. Er ist autonom (griechisch: autonomia = „Eigengesetzlichkeit“).

Gibt es Pflichten, die universell gelten? Kant fragt, was der eigene Antrieb, die eigene Motivation und die Überlegung des eigenen Handelns und ihre Praxis für die Welt bedeuten könnten, würden alle Menschen ebenso verfahren.

Der gute Wille und daraus abgeleitete Pflichten können im kategorischen Imperativ („unbedingte Anweisung“) zusammengefasst werden.

Dieser Imperativ gilt absolut ohne Rücksicht auf die Folgen der Handlung. Kant hat mehrere Formulierungen dieses Imperativs vorgeschlagen.

kategorischer Imperativ I ( grundformel):

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Kant: Metaphysik, 68

kategorischer Imperativ II (Selbstzweckformel):

„Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden andern jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.“ Kant: Metaphysik, 79

Aus der Sicht der verantwortungsethik sind vom Natur- und Technikphilosophen Hans Jonas (1903–1993) zwei von Kant inspirierte modifizierte Imperative, die auf den neuen Typ menschlichen Handelns passen und in dem Kontext von risikobehafteter Technik stehen, als Orientierungshilfe anzuführen:

Imperativ aus verantwortungsethik – variante I:

„Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“

Imperativ aus verantwortungsethik – variante II:

„Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen nicht zerstörerisch sind für künftige Möglichkeiten solchen Lebens.“

Jonas: Verantwortung, 43f.

3. Der Pflicht folgen

?

Für deontologische Ethiken (griech. deon = Pflicht, Pflichtethik) sind Handlungen in sich entweder gut oder schlecht.

Wer kann mich wozu verpflichten? Bin ich überhaupt zu etwas verpflichtet? Gibt es allgemein gültige normative Grundsätze?

I 8,1 DILEMMA: Lügen erlaubt?

Eine erwachsene Person hat zur Zeit des NS-Regimes in seinem Haus einen Juden versteckt. Die Polizei steht vor seiner Tür und fragt ihn nach dem Aufenthalt dieses Juden.

I

Wenn Pflicht draufsteht, ist … drinnen

Schulpflicht | Anzeigepflicht

Wehrpflicht | Menschenpflichten

Steuerpflicht | Erziehungspflicht Pflichtfach | u. a.

„Der Begriff der ‚Pflicht‘ […] ist auch im 21. Jahrhundert nicht von gestern. […] Das Wort ‚Pflicht‘, in seinem alt- und mittelhochdeutschen Ursprung die Fürsorge und Obhut, die Teilnahme und der Dienst an der Gemeinschaft, bezeichnet ein hohes Gut der Gesellschaft. Die Pflicht ist, wie Friedrich Nietzsche sagt, ‚das Recht der anderen auf uns‘.“ Precht: Pflicht, 12.

I 8,3 Das ethische Sollen – Deontologische Ethik Deontologische Ethiken (von griech. deon = Pflicht, Pflichtethik) bestimmen den moralischen Status einer Handlung nicht anhand ihrer Konsequenzen, sondern danach, ob eine Handlung einer verpflichtenden Regel entspricht und ob sie aufgrund dieser Verpflichtung begangen wird. Ist etwa die Aufforderung, einen anderen stets so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte, eine geeignete Regel für gutes Handeln? Helfen uns Pflichten für unser Handeln?

VERNETZUNGEN

redewendungen und Phrasen

„Ich muss mich jetzt leider verabschieden, die Pflicht ruft.“

„Es ist deine verdammte Pflicht und Schuldigkeit …“

„Dann muss man ihn halt in die Pflicht nehmen.“

„Zuerst die Pflicht, dann die Kür.“

„Adel verpflichtet.“

„Unmögliches zu leisten, dazu ist niemand verpflichtet.“

„Die heilige Pflicht, etwas zu tun.“

„Sich um die Erfüllung seiner Pflichten drücken.“

Könnte die Goldene Regel (z. B. umgangssprachlich: „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg’ auch keinem andern zu!“) als Grundlage einer allgemeinen Orientierung dienen?

Die Goldene Regel ist in unterschiedlichen Formulierungen und über Kulturkreise und Religionen hinweg seit der Antike überliefert. Sie existiert sowohl als Anweisung der Unterlassung unerwünschter Handlungen als auch als Aufforderung zum aktiven Handeln in bewusster Gegenseitigkeit („Behandle den anderen stets so, wie du selbst behandelt werden willst!“).

Dabei ist die Goldene Regel ein Hilfsmittel, Handlungen in einer Situation auf ihre ethische Rechtfertigung hin zu überprüfen. Ähnlich wie der kategorische Imperativ Kants (siehe G 8) sagt sie nicht, was konkret zu tun ist.

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 8 I. PRINZIPIEN NORMATIVER ETHIK v 8
g 8 GLOSSAR
8,2
Leseprobe

o 9,1

Ein Beispiel: Über die Spendenpflicht

Der Philosoph Bernward Gesang (*1968) hat in seinen Büchern eine Spenden- und Engagementpflicht verteidigt: „Inhalt war, dass wir eine Pflicht haben, uns aktiv für hungernde und absolut arme Menschen einzusetzen, indem ‚westliche‘ Durchschnittsverdiener sowohl 10% ihrer Zeit als auch ihres Geldes für die Belange dieser Menschen aufwenden.

Angenommen, ein Kind fällt an meinem Spazierweg in den Teich und droht zu ertrinken, dann muss ich ihm aktiv helfen, sofern ich das ohne Gefahr für das eigene Leben kann. Wieso sollte ich Menschen in Äthiopien dann nicht helfen müssen, wenn ich von deren Unglück weiß und es gefahrlos beeinflussen kann? Räumliche oder zeitliche Distanz begründen keinen moralischen Unterschied. Wenn ich von einem Mordplan Kenntnis erhalte, muss ich den Mord verhindern, wenn ich kann. Das gilt ungeachtet der Tatsache, ob er in einer Distanz von einem oder 2000 Kilometern stattfinden soll.

Unser üblicher Umgang mit absoluter Armut ist unmoralisch und unsere Konventionen (man muss sich nur aktiv für Bekannte, Freunde, Verwandte einsetzen, anderen darf man nur nicht aktiv schaden) sind ebenso unmoralisch.

Um diese ‚Normalität‘ gezielt in Frage zu stellen und um zum Nachdenken anzuregen, erkläre ich hiermit, dass ich als ‚Besserverdienender‘ 15% aller Einkünfte, die ich erziele, zur Bekämpfung absoluter Armut und Not einsetze, zumeist beim Unicef-Programm ‚Schulen für Afrika‘. Kinder zu bilden ist empirisch gesehen der Schlüssel, um Armut in einem Land nachhaltig zu senken und auch das Bevölkerungswachstum zu verringern, was ich aus ökologischen Gründen als wichtigen Doppeleffekt ansehe. Derartiges ist insbesondere in Staaten sinnvoll, in denen politische Stabilität herrscht und eine hohe Geburtenrate vorliegt.

Zudem spende ich an die ‚Against Malaria Foundation‘, die mehrfach als effektivste Organisation auf diesem Gebiet ausgezeichnet wurde. […]

Ebenso erkläre ich, mindestens 70% des Vermögens, das ich hinterlassen werde, an solche Zwecke gebunden zu vererben.“ Gesang: Spendenpflicht, in: phil.uni-mannheim.de*

B 9 ZUM BILD

aus Pflicht dem gewissen gehorchen

Am 18. Februar 1943 wurden die Geschwister Scholl bei der Verteilung eines Flugblatts in der Münchner Universität beobachtet und verhaftet. Sie wurden am 22. Februar zusammen mit Christoph Probst vom Volksgerichtshof unter Roland Freisler zum Tode verurteilt und noch am selben Tag hingerichtet.

 Impuls: M41: Bildergänzungscollage. Gestalten Sie auf einem „Flugblatt“ Gegebenheiten unserer Gegenwart, für die es sich lohnt, wirklich etwas zu riskieren.

I 8,1

M11: Diskussion. Soll Sie die versteckte Person verraten? Warum sollte Sie lügen? Was würden Sie tun?

I 8,2

1. Beschreiben Sie Ihr persönliches Verhältnis zum Begriff „Pflicht“. Gibt es dafür einen alternativen Begriff für Sie?

2. Setzen Sie diese Pflichten mit dem im Text zitierten Wort Nietzsches („Pflicht ist das Recht der anderen auf uns“) in Beziehung . Inwiefern kommt dies bei den genannten Pflichten zum Ausdruck?

I 8,3

Leseprobe

1. Erläutern Sie jemandem aus der Lerngruppe den Begriff einer „Deontologischen Ethik“.

2. Untersuchen Sie die Anwendbarkeit der Goldenen Regel auf das dargestellte Dilemma.

o 9,1

1. Stellen Sie in Kleingruppen die Hauptargumente von Bernward Gesang auf einem Flipchart dar

2. Formulieren Sie Gegenargumente.

g 8

1. Nennen Sie zwei Beispiele von Handlungen, die dem Kategorischen Imperativ II jedenfalls widersprechen würden.

2. Nennen Sie zwei Beispiele, die dem Kategorischen Imperativ II, entsprechen würden.

v 8

Ermitteln Sie zu zweit den Sinn und Kontext einzelner Aussagen.

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 9
| ARBEITSAUFGABEN
Die „Weiße Rose“ leistete Widerstand gegen das Nazi-Regime. Ein Bodendenkmal des Künstlers Robert Schmidt-Matt vor dem Haupteingang der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München zeigt seit 1988 Flugblätter, Portraitfotos und einen Abschiedsbrief von Willi Graf. Foto: commons.wikimedia.org*

Über die Tugenden

Das Wort Tugend leitet sich von „taugen“ (griech. tychein = ein Ziel erreichen) her. Auch die Worte tüchtig/Tüchtigkeit/Tauglichkeit stehen damit in Verbindung.

Die Tugendethik möchte das Gute dahingehend definieren, was ein tugendhafter Mensch täte.

„Tugend ist die Charakterdisposition eines moralisch Handelnden, aufgrund derer er in der Lage ist, die seinen moralischen Überzeugungen entsprechenden Handlungen motiviert (freiwillig), angemessen und durchhaltend auszuführen. [...] Die Tugendethik konzentriert sich vor allem auf zwei alternative Strategien: auf eine Ethik des guten Lebens und auf eine Ethik der menschlichen Natur. Die Ethik des guten Lebens geht davon aus, dass der Begriff des Guten logisch primär ist und das Optimum einer Entfaltung der menschlichen Fähigkeiten anzielt.Tugenden sind dann jene Haltungen, welche die Entfaltung dieser Fähigkeiten möglich machen.“ Vgl. Wils: Tugend, 534ff.

Als bekanntes Beispiel der Tugendethik aus der Antike gelten die sogenannten vier kardinaltugenden von Platon (427–348 v. Chr.):

1. Die k lugheit (den Philosophen zugeordnet, 1. Stand)

2. Die Tapferkeit (den Wächtern zugeordnet, 2. Stand)

3. Die Besonnenheit (dem 3. Stand der Handwerker, Bauern etc. zugeordnet)

4. Die g erechtigkeit gilt als das verbindende Element zwischen den Ständen, damit die Ordnung aufrechterhalten werden kann.

Als weiteres Beispiel aus der Antike ist die Tugendlehre des a ristoteles zu nennen. Die Frage nach dem Guten beantwortet er mit der Glückseligkeit (eudaimonia). Dem entspricht eine tugendhafte Tätigkeit bzw. ein tugendhaftes Leben.

Die Tugenden gliedert Aristoteles in zwei Gruppen:

(a) verstandesmäßige Tugenden: z. B. Weisheit, Klugheit, Auffassungsgabe u. a.

(b) ethische Tugenden (Charaktereigenschaften): Großzügigkeit, Besonnenheit, Tapferkeit.

Erstere sind das Ergebnis von Belehrung und letztere ergeben sich durch Gewöhnung und Einübung.

Vgl. Pauer-Studer: Tugendethik, 79f.

4. Tugendhaft leben

? Die Tugendethik fragt: Wie werde ich ein „guter“ Mensch? Was ist eine Tugend? Inwiefern hängt mein Handeln mit meinen Eigenschaften, meinem Charakter, meiner Tugendhaftigkeit zusammen? Wie können unsere inneren Anlagen gutes und richtiges Handeln unterstützen?

I 10,1 DILEMMA: Schiffbruch im Südatlantik

Im Sommer 1884 überlebten vier englische Seeleute einen Schiffbruch im Südatlantik. Auf einem kleinen Rettungsboot trieben sie mehr als tausend Meilen vom Land entfernt durchs Meer. Ihr Schiff war im Sturm gesunken, und es waren für sie noch zwei Konservendosen mit Rüben geblieben, jedoch kein Süßwasser. Da waren der Kapitän Thomas Dudley, Edwin Stephens, der 1. Maat, und Edmund Brooks, ein einfacher Matrose. Das vierte Mitglied auf dem Rettungsboot war der 17-jährige Schiffsjunge Richard Parker. Für den Waisenjungen war es die erste längere Seereise. Er meinte, die Reise werde einen Mann aus ihm machen.

In den ersten drei Tagen verzehrten sie kleine Portionen der Rüben. Später fingen sie eine Schildkröte und dann aßen sie tagelang nichts. Der Schiffsjunge hatte Meerwasser getrunken und erkrankte. Nach einer nicht durchgeführten Losentscheidung zur Tötung eines Besatzungsmitgliedes tötete Dudley am 20. Tag R. Parker. Vier Tage ernährten sich die drei vom Fleisch und Blut. Dann kam Hilfe.

Die Gerichtsverhandlung ist gut dokumentiert, vgl. zis-online.com*

I 10,2 Die Tugendethik

Anders als beim Utilitarismus (wo die Folgen einer Handlung im Mittelpunkt stehen) und auch anders als bei der Pflichtethik z. B. von Immanuel Kant (wo ein Pflichtprinzip zentral ist), versucht die Tugendethik die Motive und den Charakter eines Menschen als Basis für das Handeln in den Mittelpunkt zu stellen.

Vergleich: Tugenden und Regeln

Tugenden Regeln

v 10 VERNETZUNGEN

Trait Theory of Personality

„Traits sind überdauernde Merkmale und Eigenschaften, die eine Person dazu festlegen, sich über verschiedene Situationen hinweg konsistent zu verhalten.“

Nach Gordon Allport (1937–1967) beschreiben zentrale Eigenschaften die Hauptmerkmale einer Person.

Sekundäre Traits (Kleidungsvorliebe) machen jedoch nicht die Persönlichkeit einer Person aus. Historische Persönlichkeiten haben stark ausgeprägte kardinale Traits.

Zimbardo/Gerrig: Psychologie, 507f.

e thik der e igenschaften e thik der Prinzipien, Pflichten und Folgen Bewertung der handelnden Person und ihrer Motive Bewertung und Rechtfertigung der Handlungen

situations- und kontext-, kultur- und geschichtsabhängig

Wie soll ich leben, um das Glück (eudaimonia) zu erlangen?

mit Hilfe universell gültiger Verfahrensregeln und Maßstäbe

Wozu bin ich moralisch verpflichtet, und wie löse ich meine Verpflichtungen ein?

strebensethisch utilitaristisch, deontologisch, diskursiv-ethisch

erzieherischer Auftrag zur Vervollkommnung des Menschen

erzieherischer Auftrag zur Einhaltung der Pflichten und Regeln

Köck: Handbuch, 85

Nach

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 I. PRINZIPIEN NORMATIVER ETHIK 10
g 10 GLOSSAR
Leseprobe

o 11,1 Die „Lehre der Mitte“ nach Aristoteles

Der griechische Philosoph Aristoteles fragt, was ein menschliches Leben gelingen lässt. Für ihn kann das Glück (griechisch eudaimonia: eu = „gut“, daimon = „Geist“) durch ein tugendhaftes Leben erreicht werden. Dies bedeutet, einen Mittelweg zu wählen zwischen zwei extremen Lastern: dem Übermaß und dem Mangel. Die Mesotes-Lehre (Lehre der Mitte: griechisch mesotes = „Mitte“) umfasst die ethische Tugend als Mitte zwischen zwei Extremen. Die Vorstellung vom guten Leben stellt nach Aristoteles eine „mittlere Lebensform“ dar.

„Die Tugend ist also eine Grundhaltung, begründet auf Vorsätzen; sie liegt in der Mitte, und zwar in der Mitte (1107a) in Bezug auf uns, einer Mitte, die durch Überlegung bestimmt ist, danach also bestimmt, wie der Vernünftige sie bestimmen würde. Sie ist die Mitte zwischen zwei Lastern, dem Übermaß und dem Mangel: und zwar dadurch, dass die Laster in den Affekten und Handlungen teils hinter dem, was man soll, zurückbleiben, teils über dieses hinausgehen, die Tugend aber die Mitte findet und wählt. Daher ist die Tugend hinsichtlich ihrer Wesenheit und nach der Definition ihres Wesens eine Mitte, hinsichtlich des Besten aber und des guten Handelns ist sie ein Extrem. Freilich hat nicht jede Handlung und jeder Affekt eine Mitte. [z. B. Schadenfreude, Neid …] Man kann also bei solchen Dingen niemals das Richtige treffen, sondern immer nur fehlgehen. […] Bei Furcht und Mut ist die Tapferkeit die Mitte. […] Bei Ehre und Ehrlosigkeit ist die Mitte Großmut, das Übermaß eine Art Eitelkeit, wie man es nennt, der Mangel aber Kleinmütigkeit. […] überall ist es schwer, die Mitte zu treffen. So ist es auch nicht jedermanns Sache, die Mitte eines Kreises zu finden, nur der Wissende vermag es. Es kann auch ein jeder leicht zornig werden und Geld ausgeben und verschwenden. Hingegen sind die Fragen ,wem, wie viel, wann, wozu und wie’ nicht jedermanns Sache und keineswegs leicht. Daher ist richtiges Handeln auch so selten; es ist zugleich lobenswert und edel. […] Da es nun schwierig ist, das Mittlere genau zu treffen, muss man sich auf die zweitbeste Fahrt, wie man so sagt, begeben und sich an das kleinste Übel halten.“ NE, 2. Buch, Abschnitt 6 (1106b–1108b)

B 11 ZUM BILD

„Die Welt ist ungerecht“ Einzelne Handlungen können ungerecht sein, aber auch ganze Abläufe, Haltungen, Personen, auch Regeln oder Verhältnisse sowie Institutionen können ungerecht sein. Selbst die Beurteilungen von Handlungen, Personen u. a. können als (un)gerecht gelten.

 Impuls: M38: Bild-erschließung. In unserem westlichen Kulturkreis ist die Göttin der Gerechtigkeit (Justitia) das bekannteste Symbol für die Justiz. Achten Sie auf die einzelnen Bildelemente.

I 10,1

Vergleichen Sie Ihre „Lösungen“ zum Schiffbruch-Dilemma im Sinne einer Tugendethik bzw. einer konsequentialistischen Ethik mit jemandem aus der Lerngruppe. 

I 10,2

Bewerten Sie das Dilemma anhand der Tabelle des Gegenübers von Tugenden und Regeln.

o 11,1

1. Stellen Sie die „Lehre der Mitte“ auf einem gemeinsamen Plakat dar.

2. Ordnen Sie der entstandenen Tabelle noch weitere Beispiele zu: Mitte zwischen Stumpfsinn und Zügellosigkeit; Verschwendung und Geiz; Schüchternheit und Unverschämtheit; Selbstzweifel und Selbstüberschätzung; Kleinmut und Hochmut. 

g 10

Leseprobe

1 Arbeiten Sie den Unterschied zwischen verstandesmäßigen und ethischen Tugenden heraus.

2. Analysieren Si e das Modell einer Tugendethik.

3. Charakterisieren Sie Ihre persönlichen Tugenden.

4. Entwickeln Sie Ideen zur Einübung von ethischen Tugenden.

v 10

1. Beschreiben Sie Ihrem Gegenüber Ihre sekundären und zentralen Traits.

2. Erörtern Sie folgende Problemstellung: Beispielsweise würde man annehmen, dass Martin Luther King jr. (1929–1968, US-amerik. Bürgerrechtler) den gewaltfreien Widerstand gegen Ungerechtigkeit als kardinalen Trait besitzt; Ehrlichkeit wäre ein zentraler Trait von Abraham Lincoln (1861–1865, US-Präsident). Madonnas (*1958, US-amerik. Sängerin) Vorliebe für wechselnde Stile wäre ein sekundarer Trait.

Falls Sie die eine oder andere genannte Person nicht kennen, fallen Ihnen sicher andere Personen und deren Traits ein.

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 11
„Lady Justice“ by William Cho.
|
Foto: pixabay.com*
ARBEITSAUFGABEN

Was ist ein Vertrag?

Es kann grundsätzlich zwischen privatrechtlichen (Handyvertrag, Lehrvertrag), öffentlich-rechtlichen (Baugenehmigung) und völkerrechtlichen Verträgen (Staatsvertrag) unterschieden werden. Rechtlich können Verträge eingeklagt werden.

gesellschaftsvertrag

Das Vorbild der ethischen Vertragstheorien ist das in der politischen Philosophie bekannte Modell des Gesellschaftsvertrags zur Begründung politischer Autorität und staatlicher Macht: Sie ist legitim, wenn sich die Gesellschaftsmitglieder in einem gedachten Vertrag auf die Einsetzung und Anerkennung eines Souveräns einigen können. Die Theorie des Gesellschaftsvertrags ist eine Theorie darüber, wie Menschen ihr Zusammenleben autonom regeln.

Der Grundgedanke ist von bestechender Einfachheit: Soziale Regeln wie Moral- oder Rechtsnormen gelten deshalb, weil ihre Anerkennung durch aufgeklärtes Eigeninteresse motiviert ist. Eine Rechtsordnung ist etwa nur dann anerkennungswürdig, wenn sie allseitig vorteilhaft erscheint. Moral ist deshalb verpflichtend, wenn und weil man sich auf ihre Inhalte geeinigt hat.

Vgl. Deinhammer: Gesellschaftsvertrag

konkurrenz und kooperation

konkurrenz meint den Wettbewerb (Kampf) um ein knappes Gut (Nahrung, Raum, Zeit) in dem Sinn, dass die Mehrnutzung der Ressource durch ein Individuum (Gruppe) eine Mindernutzung durch ein anderes Individuum (eine Gruppe) bedeutet.

Konkurrenz kann bedeuten, dass jemand sich selbst hilft, indem er andere schädigt oder sich sogar selbst schädigt, um den anderen zu schädigen.

kooperation meint die wechselseitige Hilfe oder den Tausch von Gütern in dem Sinn, dass ein Mehrgewinn umgesetzt und auf die Individuen (Gruppen) aufgeteilt werden kann. Ein solcher Mehrgewinn kann sich dadurch ergeben, dass Gewinne in der Arbeitsteilung bzw. Spezialisierung bei der Produktion von Gütern und deren Tausch entstehen. Kooperation kann bedeuten, dass jemand einem anderen hilft und sich dabei selbst schädigt oder sich selbst dabei ebenfalls hilft. Vgl. Weise: Konkurrenz und Kooperation

5. Wir kooperieren

?

I

Die Vertragsethik sagt: „Handle so, dass du die Verträge mit anderen einhältst“, ODER „Schließe Verträge und halte sie ein“. Kann moralisches Verhalten aus vertraglichen Verpflichtungen abgeleitet werden? Lässt sich die Geltung oder Verbindlichkeit von Normen damit begründen, dass diese Normen durch Vereinbarungen entstehen?

DILEMMA: Bauernladen mit Selbstbedienung

True Story 2021 in einem ort in Salzburg: Ein Bauer bietet seine Produkte (Milch, Käse, Brot etc.) in seinem Hofladen an. Der Laden ist rund um die Uhr geöffnet. Eine Angestellte mit begrenzter Anwesenheit kann sich der Bauer nicht leisten. Unausgesprochen hat er mit den Kunden und Kundinnen einen Vertrag geschlossen. „Du kannst rund um die Uhr einkaufen, ich stelle die Produkte zurVerfügung, die Kasse steht imVerkaufsraum. Die Preisliste ist ersichtlich. Der Betrag ist einzuwerfen.“ Eines Tages ist der gesamte Laden komplett ausgeräumt und auch die Kasse ist weg. Wie soll der Bauer weiter vorgehen?

o 12,1

„… bellum omnium contra omnes“ (Hobbes)

Nach dem Mathematiker und Philosophen Thomas Hobbes (1588–1667) befinden sich die Menschen in einem „Kriegszustand“, solange sie ohne eine gemeinsame Macht leben, die sie alle in Bann hält: „In such condition, there is no place for Industry; because the fruit thereof is uncertain; and consequently no Culture of the Earth; no Navigation, nor use of the commodities that may be imported by Sea; no commodious Building; no Instruments of moving, and removing such things as require much force; no Knowledge of the face of the Earth; no account of Time; no Arts; no Letters; no Society; and which is worst of all, continual feare, and danger of violent death; And the life of man, solitary, poore, nasty, brutish, and short.“ Hobbes, Leviathan, Teil 1, Kap. 13

Die Vertragsethik (Kontraktualismus)

12,2

herkunft des Wortes „(ver-)tragen“

Das Wort tragen (mhd.) hat keine außergermanische Beziehung. Die verschiedenen Wortverbindungen haben durchaus moralische Anklänge. Z. B.: betragen im Sinne von ausmachen oder sich benehmen; eintragen/einträglich im Sinne von etwas einbringen; ertragen/vertragen im Sinne von Nutzen abwerfen; zutragen/zuträglich im Sinne von nicht schädlich; verträglich/ Vertrag im Sinne von etwas abmachen

Vgl. Duden: Herkunftswörterbuch, 858.

Wir sind in unserem Leben gezwungen, gewisse Einschränkungen für unsere Wünsche zu akzeptieren. Mit dem Ziel, immer seinen Nutzen maximieren zu wollen, kann die Moral als die Instanz auftreten, die dafür sorgt, dass eine Zusammenarbeit zustande kommt, wenn verschiedene Interessen Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit u. a. miteinander im Konflikt stehen. Ohne dieses Agreement müsste der Mensch größere Einschränkungen hinnehmen als ohne sie. Wenn nachgewiesen werden kann, dass keine Person sich dieser Gefährdung aus eigener Kraft auf Dauer erwehren kann, dann entspricht es dem rationalen Interesse aller, zumindest eine beschränkte Kooperation mit anderen einzugehen. Der Kontraktualismus ist eine Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit bestimmer gesellschaftlicher Institutionen zu begründen und zu zeigen, wie sie entstanden sind. So verwendet zum Bei -

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 12 v 12
VERNETZUNGEN
g 12 GLOSSAR
I
12,1
I. PRINZIPIEN NORMATIVER ETHIK
Leseprobe

spiel Thomas Hobbes den Kontraktualismus, um zu erklären, wie und warum ein Staat entsteht und was daraus für die Mitglieder eben jenes Staates folgt. Die Idee des Kontraktualismus lässt sich etwa so beschreiben: Es gibt einen Urzustand, in dem die zu erklärende gesellschaftliche Institution (Staat, Moral etc.) noch nicht vorhanden ist. Dieser Zustand ist für die Menschen schlecht oder wenigstens suboptimal. Deshalb schließen alle Menschen miteinander einen Vertrag, der genau diese Institution entstehen lässt. Der Kontraktualismus geht davon aus, dass moralische Normen durch einen solchen Vertrag entstanden sind. Nach dieser Theorie gab es eine Zeit, in der keine Moral existiert hat. In dieser Zeit gäbe es kein Gut und Böse und selbst das Töten eines Menschen wäre moralisch gesehen neutral. Dieser Zustand wäre für die Menschen natürlich ein schlechter, da jeder in ständiger Angst leben müsse, von anderen betrogen, bestohlen oder umgebracht zu werden. Deshalb würden sich die Menschen in einem solchen Zustand dazu entscheiden, miteinander einen Vertrag zu schließen. Dieser würde zum einen moralische Normen festlegen, zum anderen die Menschen verpflichten, sich an diese zu halten. Die moralische Norm, niemanden zu töten, ist demnach eine moralische Regel: Die Menschen wollen lieber auf das Recht verzichten, andere Menschen zu töten, als in der Gefahr zu leben, selbst getötet zu werden. Vgl. homes.uni-bielefeld.de*

I 13,1 Sind wir so? – Anfragen an den Kontraktualismus

1. Der Mensch wird im Kontraktualismus (K.) losgelöst von allen von klein auf anerzogenen sozialen Bezügen und Verpflichtungen gesehen.

2. Der angenommene Egoismus übersieht den spontanen, auf Sympathie oder Empathie beruhenden Altruismus. Dieser ist aber in Wirklichkeit Quelle von moralischen Handlungen.

3. Der K. kann weder Entstehung noch Wirkung des moralischen Gewissens erklären. Wer eine innere Instanz ausgeprägt hat, die ihm sagt, wie er sich moralisch zu verhalten hat, der braucht keinen Kontrakt.

4. Dem Egoisten wird als beste Möglichkeit jene erscheinen, in der sich alle anderen an den Kontrakt halten, nur er selbst nicht. Das Problem des moralischen „Trittbrettfahrers“ ist innerhalb des K. nicht zu lösen.

„Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.“ In der klassischjapanischen Sprache wird die Verneinung einer Tätigkeit ähnlich ausgesprochen wie „Affe“. Daher ergibt sich die Verbindung der Affen zum moralischen Leitsatz im Japanischen aus einem zufälligen Wortspiel. Grafik: thinkdeeper.de*

B 13

ZUM BILD

Die drei affen

Vgl. Goerger: Handreichungen, 71f.

„Was nicht dem Gesetz der Schönheit entspricht, darauf schaue nicht; was nicht dem Gesetz der Schönheit entspricht, darauf höre nicht; was nicht dem Gesetz der Schönheit entspricht, davon rede nicht ...“ Konfuzius: Lun Yu, Gespräche, Buch 12

 Impuls: Setzen Sie die üblicherweise negative Interpretation („Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“) mit der dargebotenen Interpretation des Konfuzius in Beziehung.

I 12,1

1. Erläutern Sie jemandem aus der Klasse den im Text formulierten Vertrag.

2. Entwickeln Sie ein Konzept für die weitere Vorgangsweise des Bauern.

3. M11: Diskussion. Sind wir so? Was müsste gemacht werden, dass sich das ändert?

o 12,1

Ermitteln Sie eine Übersetzung des Originaltextes. 

I 12,2

Leseprobe

1. M28: Textgestaltung: Arbeiten Sie die Hauptaussagen des Textes heraus.

2. Nehmen Sie in einem Dreiergespräch zum Text Stellung

I 13,1

Erläutern Sie mit Hilfe des Textes, inwiefern eine Vertragsethik auch einer Kritik unterzogen werden kann.

g 12

1. Zählen Sie Verträge auf, die Sie schriftlich schon abgeschlossen haben.

2. Charakterisieren Sie den Unterschied zwischen rechtlichen Verträgen und dem skizzierten Gesellschaftsvertrag.

v 12

1. Nennen Sie jene Ableitungen vom Wort „tragen“, die moralische Bedeutungsinhalte aufweisen.

2. Setzen Sie Beispiele mit ihrem Lebensalltag in Beziehung

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 13
| ARBEITSAUFGABEN

Theory of Mind

Die Theorie des Mentalen (engl. Theory of Mind) geht aus von der Fähigkeit eines Menschen, mentale Inhalte wie Überzeugungen, Wünsche, Emotionen in sich selbst und in anderen Personen klar zu erkennen. Dadurch können eigene oder fremde Handlungen erklärt werden, weil die Gedanken, Gefühle, Beweggründe des Verhaltens korrekt verstanden wurden.

In unten angeführter Zeichnung würde man Sally die Murmel im Korb suchen lassen. Laut Theory of Mind würde ein dreijähriges Kind Sally die Murmel hingegen in der Schachtel suchen lassen.

6. Take care

?Gefühls- bzw. Mitleidsethiken sind überzeugt, dass uns nicht Vernunft oder abstrakte Regeln allein zeigen, ob etwas richtig oder falsch ist. Wir sollen so handeln, dass es anderen gut geht.

I 14,1 DILEMMA: Die eigene Frau vor dem Ertrinken retten

Ein Mann sieht, wie zwei Menschen am Ertrinken sind. Da er nur einen von ihnen retten kann, muss er entscheiden, welchen der beiden er retten will. Die eine Person kennt er nicht, bei der anderen handelt es sich um seine Frau.

I 14,2 Fürsorgeethik bzw. Care-Ethik

Der Begriff Care (= Fürsorge) umfasst Obhut, Pflege, Sorge, Betroffen-Sein. Wir unterscheiden fünf Aspekte:

1. Caring als wesentlicher Aspekt menschlicher Existenz;

2. Caring als moralischer Imperativ oder moralisches Ideal;

3. Caring als Affekt des Mitleids;

4. Caring als interpersonale Pflegebeziehung;

5. Caring als therapeutische Intervention

In der Care-Ethik geht man davon aus, dass eine moralische Beurteilung und die jeweiligen Normen des Handelns durch die beteiligten Personen und Situationen geprägt werden. Gute Lösungen kommen nicht ohne konkrete Informationen über die Voraussetzungen der Situation zustande.

o 14,1 Moralische Gefühle

Nach Hilge Landweer (*1956, deutsche Philosophin) bezeichnen „moralische Gefühle“ entweder bestimmte, mit moralischen Situationen verbundene Gefühle (Scham, Schuld, Zorn, Empörung) oder ein Mitempfinden, Mitleid und Mitgefühl mit anderen.

Grafik: cfey.org*

VERNETZUNGEN

Die sieben Basisemotionen nach ekman Paul e kman (*1934) studierte weltweit die Mimik von Menschen und ließ sie auf Fotos Gesichtsausdrücke von Menschen anderer Herkunft einschätzen. Er entdeckte, dass es bestimmte Gefühle gibt, die alle Völker in gleicher Weise zum Ausdruck bringen und erkennen: (1) Freude, (2) Wut, (3) Ekel, (4) Angst, (5) Trauer, (6) Überraschung und (7) Verachtung, die so genannten Basisemotionen. Im computer-animierten Film Alles steht Kopf (orig. Inside out) werden fünf davon in eine Story verpackt. zeit.de*

„Letzteres ist ein zentraler Begriff in der moral-senseDebatte, die vor allem im schottischen Empirismus des 18. Jh. geführt wurde und bis heute in der Moralphilosophie nachwirkt. Dabei bezeichnet ‚moral sense‘ aber kein individuelles akutes Gefühl, sondern eher eine Disposition, einen Sinn für das Gute und Schlechte. […] Kant hält nur das für genuin moralisch, was frei von allen Neigungen, also auch frei von Gefühlen ist, und steht deshalb vor dem Problem, wie denn das Handeln nach dem Sittengesetz, das bekanntlich durch reine Vernunft einsichtig ist, subjektiv motiviert werden kann. […]

Das Mitleid hat in Kants Vernunftethik nur eine untergeordnete Funktion; es ist für ihn akzeptabel als ‚subsidiäre [unterstützende] Triebfeder‘, aber nur auf der Basis bereits gefällter Urteile über das moralisch Gute und Gebotene. Dieses Verhältnis kehrt sich in der Mitleidsethik Schopenhauers um, wonach Mitleid nicht nur ein Motiv, sondern auch eine Quelle von Wert ist; für ihn haben nur solche Handlungen moralischen Wert, die aus Mitleid entsprungen sind.“ Landweer: Gefühl, 366.368

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 14 v 14
g 14 GLOSSAR
I. PRINZIPIEN NORMATIVER ETHIK
Leseprobe

I 15,1 Fürsorge und Fürsorgeethik

Die Fürsorge kann in der Ethik als Gegenbegriff zur Gerechtigkeit gesehen werden. Letztere geht vom Gedanken der Gleichheit und Rechte der Menschen aus. Fürsorge ist eine „Sorge für“ etwas oder jemanden. Sie zielt auf die Besonderheit, Bedürftigkeit und Angewiesenheit des Menschen. Moralische Verantwortung erwächst daher aus dem In-Beziehung-Stehen. Es handelt sich dabei oft um ein asymmetrisches Verhältnis. Modellhaft dafür ist die Beziehung der Mutter (Eltern) zu ihrem Kind zu sehen.

Ursprünglich beschreibt die Fürsorge Beziehungen von Menschen, die sich eher nahestehen (Familie, Verwandte, Nachbarn). Dabei handelt es sich um symmetrische (ausgeglichene) Beziehungen. In der Fürsorge zu Fremden bzw. Unbekannten handelt es sich oft um asymmetrische Beziehungen.

Im öffentlichen Raum möchte man eher gemäß einer Gerechtigkeitsethik und im Sinne einer Mündigkeit behandelt werden und weniger aus der Haltung einer herablassenden Fürsorge heraus. Als Standards und Regeln dafür lassen sich Beziehungen zu anderen Lebewesen, Einbeziehen der Interessen anderer anführen. Die Handlungen werden durch das Wohlergehen der Person motiviert, die Sorge erfahren hat.

Vgl. Bossert: Theorien,105.

Vorzugsbehandlung in spezifischen Situationen

Nach Bettina Bussmann (*1965, Philosophin) kann Empathie „zu situationsspezifischen Vorzugsbehandlungen führen, in denen in einer rein rationalen Erwägung in aller Regel der Gleichbehandlungsgrundsatz geltend gemacht werden würde. So konnte z. B. experimentell nachgewiesen werden, dass Versuchspersonen unter dem Einfluss empathischer Einfühlung dazu tendieren, Patienten auf Wartelisten für die Organtransplantation auf der Dringlichkeitsliste nach oben zu stufen. Außerdem liegt es nach Erkenntnissen der Attraktivitätsforschung nahe, dass wir […] nicht ohne Ansehen der Person Empathie empfinden, sondern dazu neigen, eher mit Menschen oder auch Tieren zu empathisieren, die als attraktiv oder ‚niedlich‘ wahrgenommen werden.“ Bussmann: Empathie; praefaktisch.de*

B 15 ZUM BILD

Die vier Säulen der empathie

1. Wahrnehmung: Wie geht es dem anderen? (Gestik, Mimik, Körpersprache, Stimme etc.) | 2. verständnis: Warum geht es ihm so? (Ursachen, Umstände, Bedürfnisse) | 3. a ntizipation: Wie wird mein Gegenüber weiterhin agieren? (emotional, rational) | 4. resonanz: Wie reagiere ich darauf? (Rücksicht, Akzeptanz u. a.)

 Impuls: Formulieren Sie einen Kommentar zur Aussage auf dem Bild.

I 14,1

Skizzieren Sie den Begriff Care-Ethik.

I 14,2

1. Begründen Sie, inwiefern das Dilemma aus der Sicht einer Care-Ethik überhaupt gelöst werden kann.

2. Problematisieren Sie die Rolle des Mitgefühls im Verhältnis zu einer moralisch richtigen Entscheidung.

3. Überprüfen Sie, welches andere Ethikmodell hier evtl. zur Anwendung kommen könnte.

o 14,1

Erklären Sie jemandem aus der Lerngruppe den Zusammenhang von Gefühlen und der Vernunft beim sittlichen Handeln.

I 15,1

1. Beschreiben Sie Ihr persönliches Verhältnis zum Begriff „Fürsorge“:

2. Erläutern Sie drei Wesensmerkmale einer Care-Ethik.

3. Untersuchen Sie selbst gewählte praktische ethisch relevante Situationen (z. B. einer bettelnden Person etwas geben oder nicht u. a.), die zu einem Zwiespalt zwischen moralischen Gefühlen und Vernunft führen können.

o 15,1

Diskutieren Sie in der Klasse das Problem der „Vorzugsbehandlung“ und formulieren Sie Lösungsvorschläge.

g 14

1. Geben Sie die Theorie anhand der Bild-Geschichte wieder.

2. Erörtern Sie anhand der Grafik-Szene „Where will Sally look for her marble?“ die These, dass ein 3-jähriges Kind die Murmel in der Schachtel suchen ließe. 

v 14

1. Stellen Sie den Begriff „Basisemotionen nach Ekman“ dar.

2. Setzen Sie die Basisemotionen mit den „moralischen Gefühlen“ (O 14,1) in Beziehung. Erläutern Sie zwei Unterschiede.

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 15
Ohne Worte. Foto: catharinasiemer.de*
| ARBEITSAUFGABEN
o 15,1
Leseprobe

– KULTUREN – RELIGIONEN

Liebe ist

Du guckst mich an, und ich geh mit

Und der ist ewig, dieser Augenblick

Da scheint die Sonne, da lacht das Leben

Da geht mein Herz auf, ich will’s dir geben

Ich will dich tragen, ich will dich lieben

Denn die Liebe ist geblieben

Hat nicht gefragt, ist einfach da

Weglaufen geht nicht, das ist mir klar

Du und ich das ist ganz sicher

Wie ein schöner tiefer Rausch

Von der ganz besond’ren Sorte

Und wir haben ein Recht darauf

Uns immer wieder zu begegnen

Immer wieder anzusehen

Wenn die große weite Welt ruft

Werd ich sicher mit dir gehen

Liebe will nicht

Liebe kämpft nicht

Liebe wird nicht

Liebe ist

Liebe sucht nicht

Liebe fragt nicht

Liebe ist, so wie du bist

VERNETZUNGEN

e in g efühl mit biochemischer g rundlage Liebe wird oft als das stärkste Gefühl beschrieben und ist dabei äußerst ambivalent. Manche Menschen treibt sie in Zustände des vollkommenen Glücks, andere katapultiert sie in die Depression. Ein großer Teil der Morde sind Beziehungstaten, bei denen Besitzansprüche, Eifersucht und Enttäuschung auf die Liebe zurückzuführen sind.

Aber auch das Gegenteil ist möglich: Die Liebe ist ein Gefühl mit biochemischer Grundlage und neurobiologischen Mustern, die es uns Menschen ermöglicht und vereinfacht, Bindungen einzugehen. Nebennierenrinde, Hirnanhangdrüse oder die Bauchspeicheldrüse produzieren diese Hormone. Sie schwimmen im Blut und überbringen die Nachricht, dass da jemand besondere Gefühle auslöst. Dazu zählen Cortison, Insulin und die Geschlechtshormone, die bei der Liebe eine herausragende Rolle spielen. Testosteron und Östrogen sind die Auslöser der Lust. Sie stärkt das Miteinander, erhöht evolutiv betrachtet den Paarungserfolg und die Chancen auf gesunden Nachwuchs. Sie unterstützt den Trieb, sich fortzupflanzen. Die sexuelle Reproduktion führt auch dazu, dass sich das Erbgut der Eltern möglichst geschickt kombiniert.

1. „Love is all around“ ?

Was fällt Ihnen zum Wort „Liebe“ ein, was verbinden Sie damit? Ist es möglich, das Wort „Liebe“ zu definieren? Was heißt Liebe überhaupt? Was heißt Verliebtsein? Wie spüre ich, dass ich verliebt bin? Wann ist es Liebe?

I 16,1

Verschiedene Arten der Liebe

Liebe ist ein großer Begriff, der schon immer auf ganz verschiedene Weise interpretiert worden ist. Wenn wir von Liebe sprechen, geht es nicht immer um die romantische Form, die in einer Partnerschaft gelebt wird. Liebe kann freundschaftlich sein, es gibt elterliche Liebe zu den Kindern, und auch das Thema Selbstliebe rückt immer mehr in den Fokus.

Die drei wichtigsten Arten von Liebe in der griechischen Philosophie sind Eros (die körperliche Anziehungskraft), Philia (freundschaftliche Verbundenheit) und Agape (Liebe zum Mitmenschen und zu Gott).

Leseprobe

Hier sollen sieben Aspekte der Liebe umschrieben werden:

■ Selbstliebe: Selbstliebe wird in der Regel als immer vorhanden, oft als die Voraussetzung der Fähigkeit zum Lieben und zur Nächstenliebe angesehen. Überhöhte Eigenliebe wird als Narzissmus bezeichnet.

■ Partnerliebe: Die geschlechtliche (erotische) Liebe kann in gegengeschlechtliche (Heterosexualität) und gleichgeschlechtliche Liebe (Homosexualität) unterschieden werden und findet oft in Liebesbeziehungen Ausdruck, für die in heutigen europäischen Kulturen das Ideal der Partnerschaft betont wird.

■ Familiäre Liebe: Neben der partnerschaftlichen Liebe sind insbesondere die Liebe zwischen (engen) Verwandten (Vaterliebe, Mutterliebe, Kindesliebe) und die Freundesliebe in menschlichen Gemeinschaften von größter Bedeutung.

■ Nächstenliebe: Die Nächstenliebe gilt im Sinne von Religion und Ethik primär den Bedürftigen, während die Philanthropie sie zur allgemeinen Menschenliebe ausdehnt (vgl. Menschlichkeit). Die Feindesliebe ist eine im Neuen Testament auf Feinde bezogene Nächstenliebe.

■ o bjekt- und Ideenliebe: Insbesondere in jüngerer Zeit ins Zentrum gesellschaftlicher Begriffe gerückt sind in westlichen Kulturen auch Tierliebe oder die Liebe zur Natur. In der weitesten sprachlichen Auslegung „liebt“ man auch seine Hobbys oder Leidenschaften und kann diese dann auch als Liebhaberei oder Vorlieben bezeichnen. Auch Ideale können geliebt werden, etwa in der „Freiheitsliebe“ oder etwa in der Vaterlandsliebe (Patriotismus).

■ g ottesliebe: Eine besondere Rolle nimmt die Gottesliebe ein, in ihrer allgemeinen Form die in verschiedenen (keinesfalls allen) Religionen vorausgesetzte Liebe Gottes zu seiner Schöpfung und insbesondere dem Menschen. Der gleiche Begriff bezeichnet auch die Liebe zu einem Gott.

Darüber hinaus kann die Liebe einer langfristigen Beziehung dem Nachwuchs dabei helfen, geschützt und sicher aufzuwachsen. quarks.de*

■ „objektlose Liebe“: Liebe als Grundhaltung benötigt für christliche Mystiker wie Meister Eckhart (1260–1328) kein Objekt. Liebe wird hier als bedingungsloses Öffnen verstanden. Der Physiker und Philosoph Jean Émile Charon (1920–1998) bezeichnet diese „universale“ Liebe als „Finalität der Evolution“.

16 1. glück ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 LIEBE UND SExUALITäT v 16
D 16 DIALOGE
Nena Kerner

o 17,1

Philosophie, die Liebe zur Weisheit

„Eine grundlegende Spaltung hat die Geschichte der Philosophie geprägt: Die Welt der körperlichen Sinnlichkeit wurde dem Reich des Geistigen gegen-übergestellt. Diese Zweiteilung erfuhr dann auch eine Bewertung: Körperliches Begehren, Emotionen und Triebe galten als etwas Minderes, sogar Abstoßendes, während der Geist als höchstes Prinzip fungierte. […] Begründet wurde diese Abwertung der Sinnlichkeit durch Platon. Er verstand seine Philosophie als eine innere Vision, die den Bereich der menschlichen Sinnlichkeit überschreitet. […] Ein Beispiel [für die Philosophie als lustvolle, erotische Tätigkeit] ist der italienische Renaissancephilosoph Giordano Bruno. Er bezeichnete die Liebe als den entscheidenden Antrieb der menschlichen Existenz: Die Liebe verglich Bruno mit einer magischen Kraft, die den statischen Rahmen des Individuums sprengt. Er plädierte für eine exzessive Überschreitung, für eine lustvolle Ekstase.“ […]oe1.orf.at*

o 17,2 Wert und Liebe

Wenn Harry Frankfurt (*1929, US-amerik. Philosoph) darauf hinweist, dass Liebe häufig auf einer grundlegenden Ebene als Antwort auf den wahrgenommenen Wert des Geliebten gedeutet wird, dann „lieben wir etwas, weil wir davon ausgehen, dass es über einen außergewöhnlichen inneren Wert verfügt. Der Reiz dieses Werts nimmt uns gefangen und verwandelt uns in Liebende. Wir fangen an, die Dinge zu lieben, die wir lieben, weil uns ihr Wert bewegt, um dieses Werts willen setzen wir diese Liebe fort. […] Und doch ist das Phänomen, an das ich denke, wenn ich hier von Liebe spreche, ein ganz anderes. Meiner Fassung nach ist Liebe nicht notwendig eine Antwort, die auf der Wahrnehmung des inneren Werts ihres Objekts beruht. Manchmal mag sie so entstehen, aber es muss nicht so sein. […] Es ist durchaus möglich, dass jemand dazu gebracht wird, etwas zu lieben, ohne seinen Wert wahrzunehmen, ohne von diesem Wert beeindruckt zu werden oder sogar trotz der Einsicht, dass es da gar nichts besonders Wertvolles gibt. Es ist sogar möglich, etwas zu lieben, obwohl man eingesehen hat, dass es seiner inneren Natur nach vollkommen schlecht ist. Eine solche Liebe ist zweifellos ein Unglück. Aber sie kommt vor.“ Frankfurt:Liebe,262

B 17 ZUM BILD

Viele Menschen sagen, dass sie Berge, Bäume oder Wasserfälle lieben. Sie erleben schöne Momente, Entspannung, Freude und schöpfen Kraft in der Natur. Foto: istock.com

Leseprobe

Sabine und roland Bösel sind Beziehungsberater.

Was tun, wenn man zuerst geglaubt hat, eine/n Seelenverwandte/n kennengelernt zu haben, nach einiger z eit jedoch auch nervige Seiten kennenlernt: h at man sich in die falsche Person verliebt?

„Eines steht fest: Dass sich die beimVerlieben empfundene Seelenverwandtschaft zwischendurch nicht mehr blicken lässt in einer Beziehung, ist noch keine Katastrophe. Es ist sogar gut erklärbar über das, was wir Zebraeffekt nennen.“

„Jedes Zebra hat ein individuelles Streifenmuster, und Zebras erkennen einander an diesem Strichcode. Bei Menschen, die sich verlieben, ist es ähnlich. Das Streifenmuster liegt dabei zum Beispiel in ähnlichen Kindheitserlebnissen.“

Liebe zur Natur und zum Lebendigen (Biophilie)

Der amerikanische Soziobiologe Edward O. Wilson (1929–2021) vertrat die These, dass der Mensch die Natur liebe, weil er sie brauche. Der Psychoanalytiker Erich Fromm meinte:„Die Biophilie ist die leidenschaftliche Liebe zum Leben und allem Lebendigen; sie ist der Wunsch, das Wachstum zu fördern, ob es sich nun um einen Menschen, eine Pflanze, eine Idee oder eine soziale Gruppe handelt.“

„Die Ähnlichkeiten sind amAnfang so begeisternd,dass wir die andere Hälfte der Streifen im Muster ausblenden. ImAlltag aber zeigt sich, dass die als unsere Seelenverwandtschaft wahrgenommene Person auch nur ein Mensch ist, mit Licht- und Schattenseiten, mit hellen und dunklen Streifen.Wir sehen dann, dass das, was uns so begeistert hat, auch in Form von Unruhe nerven kann.

Fromm: Anatomie, 411

 Impuls: Beschreiben Sie Ihr schönstes Naturerlebnis.

„ImAlltag merken wir, dass gerade unser/e Partner/in das Potenzial hat, uns gewaltig zu frustrieren und uns an alteVerletzungen aus unserer Kindheit zu errinnern. Doch genau darin liegen große Entwicklungschancen für Sie selbst und für Sie beide als Paar.“

17 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 e
17 ETHICA fragt
Quelle: Kleine Zeitung, 30. Mai 2021
kremayr-scheriau.at*

I 16,1 Verschiedene Arten der Liebe

1. M32: Textvisualisierung. Erstellen Sie in Ihrem Heft ein Schaubild zu einer Art der Liebe Ihrer Wahl oder entwerfen Sie dafür ein Symbol.

2. Ordnen Sie die Sätze 1–9 einem der drei Begriffe von Liebe zu. 

Eros (E) Philia (P)Agape (A)

1. Chris rannte in das brennende Haus, um das Kind zu retten.

2. Lou warf dem Mann an der Bar sehnsüchtige Blicke zu.

3. Toni legte seinen Arm um Doris.

4. Paul pflegte hingebungsvoll seine schwerkranke Frau.

5. Alex engagiert sich ehrenamtlich beim Rettungsdienst.

6. Markus und Mathias verstehen sich sehr gut.

7. Mio schleppt nach jedem Diskobesuch einen anderen ab.

8. So ein süßer Typ!

9. Mutter Teresa half den Sterbenden in Indien.

o 17,1 Philosophie, die Liebe zur Weisheit

Erörtern Sie eines der Zitate und nehmen Sie Stellung zur Problematik einer rein rationalen Erklärung der Liebe.

o 17,2 Wert und Liebe

Essen mit Liebe. (BIRKENHOF, 2004) – Backen ist Liebe. (SANELLA, 2003) – Liebe, die man schmeckt. (PFANNI, 2003) –Ich liebe es. (MCDONALD‘s, 2003) – Wir lieben Fußball. (SPORT B. Z., 2006) – Wir lieben Hunde. (PEDIGREE, 2006) – Wir lieben‘s frisch. (APETITO, 2006) – Wir lieben Neues. (NOVAMEDIA, 2006) – Wir lieben Pflanzen. (BAUMSCHULE HORSTMANN, 2006) – Wir lieben Lebensmittel. (EDEKA, 2005) – Wir lieben Fliegen. (CONDOR, 2004) – Für alle, die Kaffee lieben. (MCCAFE, 2007) – Immer die richtige Portion Liebe. (CESAR, 2007) – Liebe jeden Tag. (VISA, 2006) – Sie werden Ihre Haut lieben. (OIL OF OLAZ, 2006) – Hotels wie ich sie liebe. (IBIS, 2006) – Liebe Dein Herz. (BECEL, 2006) – Genuss, wie ich ihn liebe. (MÖVENPICK, 2005) – Ich liebe feines Essen. (MAGGI, 2005) – Das ist die Liebe wert. (VIAGRA, 2004) – Der Gesundheit zuliebe. (SANOFI, 2004) – Lecker ist mir lieber. (IGLO, 2004)

Da Emotionen wichtig für den Verkauf von Produkten sind, ist der Begriff der Liebe nicht aus den Werbestrategien wegzudenken, wie aus den Werbeslogans ersichtlich ist. Greifen Sie fünf dieser Slogans auf und beurteilen Sie, ob durch die verschiedenartige Sichtweise von „lieben“ der Begriff Liebe an Bedeutung verliert oder nicht!

18 1. glück – Alle Menschen streben nAch glück ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
1. „LOVE IS ALL AROUND“ | arBeITSaUFgaBeN
Leseprobe

D 16 Liebe ist …

1. Nennen Sie drei Ihrer Lieblingszitate aus den aktuellen Lovesongs. Begründen Sie Ihre Auswahl.

2. Hören Sie das Lied „Liebe ist“ von Nena. Welche Emotionen löst es bei Ihnen aus?

M32 : Textvisualisierung (Schaubild, a ssoziogramm) zum Schlüsselwort „Liebe ist“.

v 16 Ein Gefühl mit biochemischer Grundlage

„Man sagt, die Chemie muss stimmen!“ Erläutern Sie den Beitrag von biochemischen Grundlagen der Liebe für die biologische Weiterentwicklung des Menschen.

e 17 Wert und Liebe

k 19

Leseprobe

M15: Schreibgespräch. Es werden Vierergruppen gebildet. In der Mitte des Blattes steht „Gegensätze ziehen sich an“ oder „Gleich und Gleich gesellt sich gern“ geschrieben. Formulieren Sie dazu Ihre Meinung und beginnen Sie das Schreibgespräch.

Kompetenzcheck

Ich kann Aspekte von Liebe aus verschiedenen Perspektiven darstellen.

Ich kann den Zusammenhang von Liebe und Philosophie beschreiben.

Ich kann Liebe als Emotion vom Wert der Liebe unterscheiden.

Ich kann den „Zebraeffekt“ erläutern.

19 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Liebe ist …

Das Hohelied

Das hohelied ist eine Sammlung von Liebesliedern im Alten Testament aus dem 3. Jh. v. Chr.

Kap. 1,13–17: 13Ein Beutel Myrrhe ist mir mein Geliebter, der zwischen meinen Brüsten ruht. 14Eine Hennablüte ist mein Geliebter mir aus den Weinbergen von En-Gedi. 15Siehe, schön bist du, meine Freundin, siehe, du bist schön. Deine Augen sind Tauben. 16Schön bist du, mein Geliebter, verlockend. Frisches Grün ist unser Lager, 17Zedern sind die Balken unseres Hauses, Zypressen die Wände.

Kap. 4,1–7: 1Siehe, schön bist du, meine Freundin, siehe, du bist schön. Hinter dem Schleier deine Augen wie Tauben. Dein Haar gleicht einer Herde von Ziegen, die herabzieht von Gileads Bergen. 2Deine Zähne sind wie eine Herde frisch geschorener Schafe, die aus der Schwemme steigen, die alle Zwillinge haben, der Jungen beraubt ist keines von ihnen. 3Wie ein purpurrotes Band sind deine Lippen und dein Mund ist reizend. Dem Riss eines Granatapfels gleicht deine Wange hinter deinem Schleier. 4 Wie der Turm Davids ist dein Hals, in Schichten von Steinen erbaut; tausend Schilde hängen daran, lauter Waffen von Helden. 5Deine Brüste sind wie zwei Kitzlein, die Zwillinge einer Gazelle, die unter Lilien weiden. 6Wenn der Tag verweht und die Schatten fliehen, will ich zum Myrrhenberg gehen, zum Weihrauchhügel. 7Alles an dir ist schön, meine Freundin, kein Makel haftet dir an. Einheitsübersetzung 2016; bibleserver.com/EU/

2. „Let‘s talk about Sex“

?Sex ist überall gegenwärtig.

Wir müssen über Sexualität reden, weil Sexualität eine ganz wesentlich kulturell geprägte menschliche Praxis ist, die moralisch und ethisch reflektiert werden muss.

Was ist Sex? Was ist das für eine Energie, die so wirksam ist?

I 20,1 Ein Fragebogen

Auf der gesamten Welt wird die Mehrzahl der Menschen, egal ob männlich oder weiblich, verheiratet oder unverheiratet, egal ob aus dem Süden oder aus dem Norden, aus dem Osten oder aus dem Westen, in der Adoleszenz (im Alter zwischen 10 und 19 Jahren) sexuell aktiv.

Sinn und Zweck der Sexualität „Entwicklungsgeschichtlich wurde der Sexualität offiziell nur eine Fortpflanzungsfunktion zuerkannt. Diese reproduktive Funktion ist natürlich auch heute noch wesentlicher Teil der menschlichen Sexualität, wenngleich sie viele erfrischende, Partnerschaft erhaltende und Lustgewinn versprechende Funktionen hinzugewonnen hat.

Für diese Einstellungsänderung gegenüber der Sexualität sind wesentlich Entwicklungen in den 1960er-Jahren verantwortlich, als junge Menschen weltweit begannen, sich gegen gesellschaftlich auferlegte Zwänge […] in Staat und Gesellschaft aufzubäumen. In diesen Prozess wurde auch die „Befreiung der Sexualität“ einbezogen.

In der Studie wurden folgende Themen abgefragt, zu denen auch Sie Stellung nehmen können.

Vgl. Weidinger, u.a.: Untersuchung; learnsite.freelinks.ch*

Die Stimmung bei mir zu Hause

1 = trifft total zu … 5 = trifft gar nicht zu

Ich werde zu Hause ernst genommen

Meine Eltern dürfen/dürften nichts von meiner Freundin wissen

Meine Freiheit wird durch zu Hause ganz schön eingeschränkt

Als Junge habe ich mehr Freiheiten als meine Schwestern

Meine Freundin dürfte/darf bei mir übernachten

Leseprobe

Zärtlich zu sein, wenn andere dabei sind, ist bei uns ganz normal

Sexuelle Themen werden zu Hause vermieden

Es hätte niemand etwas dagegen, wenn ich mit jemandem schlafen würde

12345

Fiedler: Sexuelle Störungen, 10

Bereits seit den 1950er-Jahren hatten Untersuchungen von Alfred Kinsey […] über die Sexualität der Frau und des Mannes einen Liberalisierungsprozess in der öffentlichen Einstellung in Gang gesetzt. Die Entwicklung der Antibabypille in den 1960er-Jahren war eine weitere Voraussetzung dafür, dass die neue sexuelle Freiheit überhaupt gelebt werden konnte: Ohne das Risiko einer Schwangerschaft kamen für Frauen nun auch Intimpartner in Frage, an die sie sich nicht fest binden wollten.“

Ich kann zu Hause über viele intime Fragen mit jemandem reden

In unserer Familie. gibt es klare Regeln für den Umgang mit dem anderen Geschlecht Wenn im Fernsehen sexuelle Filmausschnitte zu sehen sind, ist mir das immer etwas peinlich

Meinen Eltern ist es sehr wichtig, die Regeln der Religion einzuhalten

20 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 1. LIEBE UND SExUALITäT
D 20 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 20
VERNETZUNGEN

Rede und Gegenrede zu Schulbeginn

Die Journalistin Peggy Orenstein (*1961) beschreibt ein Erlebnis der Oberstufenschülerinnen Camila Ortiz und Lizzy Lang bei deren vierten Schulversammlung zum Schuljahresanfang an einer großen kalifornischen

Highschool: „Sie saßen weiter hinten in der Aula und waren abwechselnd mit Tagträumen und Plaudern beschäftigt, während vorne über die Bedeutung des regelmäßigen Schulbesuchs (,besonders für die Oberstufe‘), Verhaltensweisen, die zum Schulverweis führen konnten, Zigaretten-, Alkohol- und Marihuanakonsum gepredigt wurde. Dann wandte sich der Rektor an die anwesenden Mädchen. ,Er sagte so was wie: ›Meine Damen, wenn ihr ausgeht, müsst ihr euch so anziehen, dass ihr euch selbst und euren Familien Respekt erweist‹‘, erinnerte sich Lizzy. Sie war blond und blauäugig und hatte in einer Wange ein Grübchen, das tiefer wurde, wenn sie sprach. ›Das ist nicht der richtige Ort für extrakurze Shorts oder Tops. Ihr müsst euch fragen: Wenn euch eure Großmutter anschaut, ist sie dann zufrieden mit dem, was ihr anhabt?‹

… Camila hatte im Lauf ihrer Schulzeit gelernt, dass es wichtig ist, Ungerechtigkeiten anzuprangern und für seine Meinung ,aufzustehen‘. Also begann sie, den Namen des Rektors zu rufen. ,Mr. Williams! Mr. Williams‘, schrie sie. Er lud sie ein, nach vorn zu kommen, und übergab ihr das Mikrofon.

,Hi, ich bin Camila‘, sagte sie. ,Ich bin in der zwölften Klasse, und ich denke, dass das, was Sie gerade gesagt haben, nicht in Ordnung ist. Es ist extrem sexistisch und fördert die ‚Vergewaltigungskultur‘.

Wenn ich ein Tanktop und Shorts tragen will, weil es heiß ist, sollte ich das tun dürfen, und das hat nichts damit zu tun, wie sehr ich mich selbst ›respektiere‹. Was Sie sagen, ist einfach eine Fortsetzung dieses Teufelskreises, in dem man dem Opfer die Schuld gibt.‘

Leseprobe

Die Schüler in der Aula jubelten, und Camila gab das Mikrofon zurück. ,Danke, Camila. Ich stimme dir völlig zu‘, sagte Mr. Williams, während sie zu ihrem Platz zurückging. Dann fügte er hinzu: ,Aber für diese Art von Kleidung gibt es eine richtige Zeit und einen richtigen Ort.‘‘‘

Orenstein: Girls & Sex, 19f.

B 21 ZUM BILD

Sex sells

„Sexismus ist bei uns noch immer das absolute Thema Nummer eins, Geschlechterdiskriminierung wird über verschiedenste Kanäle gespielt und umfasst viele Branchen. Vom Baubereich bis zum Installateur, der Speditionsfirma oder der Gastronomie ist da alles vertreten.“ Andrea Stoidl, Geschäftsführerin Werberat; werberat.at

 Impuls: Im Original lautet der Werbetext: „SO SCHÖN WIE EINE FRAU. SCHMECKT NUR BESSER.“ Erläutern Sie die Bedeutungsänderung, die sich durch die Umformulierung ergibt.

… die Psychologin elke Prochazka. Sie begleitet in ihrer Praxis jugendliche, erwachsene und Paare durch schwierige Lebensphasen und arbeitet seit mehr als 20 jahren für rat auf Draht.

Über Beziehungen und Sexualität in digitalen Medien und dem Trend, dass sich jugendliche Nacktfotos über InstantMessenger schicken („Sexting“).

„DasAnbahnen einer Beziehung und auch das Schlussmachen passieren heute immer mehr online wie offline.Wenn perWhatsApp eine Beziehung beendet wird,erfahren manche gar nicht,warum sie vorbei ist.Wenn auch freizügige Bilder undVideos getauscht wurden,bleibt auch dieAngst,was mit ihnen passieren wird.Manche Ex-Paare löschen dieVideos gemeinsam,andere aber drohen mit dem Weiterschicken, wenn der/die andere Schluss macht.“

„Sexting hat grundsätzlich nichts mit Belästigung zu tun. Sondern es bedeutet, dass ich ein freizügiges Foto oderVideo von mir jemandem schicke, der es auch haben möchte. Sexting hat sich als Form der Intimkommunkation etabliert und ist an sich auch problemlos, solange das Gegenüber verantwortungsvoll mit dem Bildmaterial umgeht. Erst wenn das Gegenüber es weiterleitet oder mich erpresst, dann wird die Handlung strafbar.“

„Was viele nicht wissen: Die Person, die das Video von dem/der Urheber/in bekommt, darf dasVideo ansehen und speichern, aber niemandem zeigen oder verschicken. Das ist komplett unklar bei den Jungen und wird verdreht.“

„Jugendlichen müssen wissen,dass sie nicht selbst schuld sind, wenn sie ein Nacktfoto aus der Hand geben.Viele denken aber, dass dieseAktion eine Erpressung rechtfertigt.“

O-Töne zitiert aus: journal.hoelzel.at/sexualitaet-in-digitalen-medien

21 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
o 21,1
WIE EIN M ANN
Soll das unkommentiert bleiben? Bild: pinkstinks.de/wp-content*
e 21 Ethica fragt
Foto: ORF/Günther Pichlkostner

I 20,1 Ein Fragebogen

1. Füllen Sie den angebotenen Fragebogen für sich aus.

2 Vergleichen Sie die Ergebnisse mit jemandem aus der Lerngruppe.

3 M23: Fragebogen. Der Fragebogen stammt aus einer Umfrage aus dem Jahre 2001. Formulieren Sie drei Fragen, die heute gestellt würden und fragen Sie das in der Klasse ab. Sie können auch aus den angebotenen Fragen welche in Ihren Fragebogen aufnehmen.

o 21,1 Rede und Gegenrede zu Schulbeginn

1. M10: Debatte. Brauchen Schulen einen Dresscode?

2. „Kleider machen Leute.“ Von wem stammt diese Redewendung und was bedeutet sie? Nehmen Sie Stellung zum letzten Satz des Direktors. Begründen Sie Ihren Standpunkt und vergleichen Sie Ihre Sichtweise mit der von zwei Personen aus der Lerngruppe.

22 1. glück – Alle Menschen streben nAch glück ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 1. „LET‘S TALK ABOUT SEx“ | arBeITSaUFgaBeN
Leseprobe

D 20 Das Hohelied

„Schön bist du, meine Freundin, siehe, du bist schön!“ M31: Textübertragung. Formulieren Sie den Text für die heutige Zeit und vergleichen Sie ihn mit jemandem aus der Lerngruppe.

v 20 Sinn und Zweck der Sexualität

M11: Diskussion. Folgende Fragen könnten Sie in der Diskussion leiten:

1. Wie wird heute in den Familien über Sexualität gesprochen?

2. Welche Zwänge gilt es heute abzulegen?

3. Wie wird mit Verhütung umgegangen?

e 21 Beziehungen und Sexualität in digitalen Medien

Vergleichen Sie Ihre persönliche Auffassung von „sexting“ mit den Aussagen der Expertin: Worin stimmen Sie ihr zu, wo würden Sie ihr widersprechen?

k 23

Ich kann den Wert und die Gefährdung eines guten sexuellen Lebens reflektieren.

Ich kann die permanente Konfrontation mit Sexualität im öffentlichen Leben kritisch reflektieren.

Kompetenzcheck

Ich kann die Rolle von Sexualität in digitalen Medien kritisch analysieren.

Ich kann Sexualität als Wert an sich charakterisieren.

23 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Leseprobe

10 Überlegungen für (sexuelle) Begegnungen

1. Bleib dir selbst treu! Achte deine Wünsche, Bedürfnisse und Sehnsüchte!

2. Setze Grenzen, wenn jemand von dir verlangt, was du nicht möchtest! Du selbst bestimmst, wie nahe dir jemand kommen darf und worauf du dich einlässt.

3. Achte ebenso die Grenzen deiner Partnerin, deines Partners! Ein NEIN will immer respektiert werden.

4. Sei dir deiner Fruchtbarkeit bewusst! Gehe verantwortungsvoll damit um.

5. Schütze Leben! Dein eigenes, das deiner Partnerin/ deines Partners und das eines möglichen Kindes.

6. Übe dich in Geduld! Entdeckungen brauchen Zeit.

7 . Folge deiner Lust! Was gestern stimmig war, kann heute unpassend sein.

8. Sei behutsam und zärtlich! Leidenschaft braucht einen geschützten Entfaltungsraum.

9 Bereite Freude! Sie wird zu dir zurückkommen.

10. Sei ehrlich! Gespielte Lust zerstört Intimität.

3. „Sex all inclusive“ ?

Soll es nur um Sex gehen? Ist FreundschaftPLUS noch in? Wie herausfordernd ist partnerschaftliche Liebe? Ist Liebe das höchste Gut? Werde ich besser lieben können, wenn ich mich mit der Liebe beschäftige?

o 24,1 Viele Fragen tun sich auf Inwiefern stellt das Thema „Liebe und Sexualität“ ein ethisch-moralisches Problemfeld dar? Gibt es hier überhaupt ein richtig oder falsch?

„Was ist das Wesen der Liebe, der Freundschaft und der Sexualität und wie lassen sie sich unterscheiden? Hierzu gehört die Frage nach den Arten der Freundschaft, der Liebe und der Sexualität. Natürlich wollen wir wissen, was einen ,echten‘ Freund ausmacht oder ob Freundschaft nicht doch eine Form der Liebe ist. Wir möchten wissen, was ,wahre‘ Liebe ist und wie sie sich beispielsweise vom Zustand des Verliebt-Seins unterscheidet.

Beziehungsmodelle

■ Paarbeziehung: Zwei liebende Personen. Weitestverbreitete Beziehungsform (60%); sexuell exklusive (= an eine Person gebundene) Lebensform.

■ L aT-Beziehung: (LAT = Living apart together). Ein Paar führt eine Beziehung, wohnt aber nicht zusammen, z. B. dauerhafte Paarbeziehung als Fernbeziehung.

Leseprobe

Adelheid Berger (Erstveröffentlichung)

• Wo ist der Unterschied zwischen Elternliebe, Liebe zum Partner und Freundschaft?

• Lieben die Geschlechter auf unterschiedliche Weisen?

• Was kann Subjekt, was Objekt von Liebe und Freundschaft sein?

• Auch nach dem Wesen und der Funktion der Sexualität fragen wir uns.

• Ist Sexualität hinreichende oder notwendige Voraussetzung für Liebe?

• Lassen sich Geschlechtlichkeit und Zärtlichkeit sauber voneinander trennen?

■ Polyamore Beziehung: Liebesbeziehung zu mehr als einer Person. Alle Personen sind gleichgestellt und wissen voneinander; sexuell nicht exklusiv.

■ Freundschaft Plus: Freundschaft und gelegentlicher Sex (das Plus); sexuell nicht exklusiv.

■ o ne-Night-Stand: Einmaliges sexuelles Erlebnis mit einer davor meist unbekannten Person.

■ So-lange-es-gut-geht-Beziehung: Beziehung wird beendet, wenn sie für die Personen nicht mehr „passt“.

■ o N- o FF-Beziehungen : Paare, die sich oft voneinander trennen und nach einiger Zeit doch wieder zusammenkommen.

■ z ivilehe bzw. e ingetragene Partnerschaft: Eine vor einem staatlichen Amt nach zivilem Recht geschlossene Form.

■ Christliche/ k atholische/Islamische usw. e he: Aus Tradition und/oder Überzeugung geschlossen. Bitte um Gottes Segen. Im Christentum unauflöslich.

Die ethische Perspektive beherbergt eine andere Kategorie von Fragen. Die Philosophische Ethik beschäftigt sich mit dem gelungenen menschlichen Leben und den Grundsätzen gerechter und guter Handlungen. […]

• Welchen Stellenwert haben Liebe, Freundschaft und Sexualität für ein gelungenes menschliches Leben, und welche moralischen Ansprüche und Pflichten erwachsen aus ihnen?

• Welche Arten von Liebe, Freundschaft und Sexualität sind notwendige, hinreichende, verzichtbare oder gar hinderliche Faktoren, damit wir unser Leben als erfüllt erfahren?

• Welche moralischen Ansprüche erwachsen aus diesen Verbindungen?

• Sind Freunde bevorzugt zu behandeln?

• Haben Liebende ein Anrecht auf sexuelle Treue?“

T iedemann: Liebe, 21

24 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 1. LIEBE UND SExUALITäT
D 24 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 24
VERNETZUNGEN

o 25,1 Womit beschäftigt sich die Sexualethik?

Nach Bettina Bussmann (*1965, Philosophin) beschäftigt sich die Sexualethik „mit dem sexuellen Verhalten des Menschen und dessen Beurteilung. Beides zusammen, das sexuelle Verhalten und dessen Beurteilung, wird als Sexualmoral bezeichnet. Wichtige Themen der Sexualethik sind z. B. vorehelicher Geschlechtsverkehr, Ehebruch, Inzest, Hetero- und Homosexualität, Empfängnisverhütung, Pädophilie, Prostitution etc. Die Beurteilung des sexuellen Verhaltens geht von Wertvorstellungen aus, die von der jeweiligen Kultur, von der Gesellschaft und ihrer Geschichte geprägt wurden …

Mit dem schwindenden Einfluss der Kirche wurden jedoch die Moralvorstellungen liberaler, was zum großen Teil auch auf die Erfindung der Pille und die Entwicklungen in der Medizin zurückzuführen ist. Die Pille erlaubte nun das Ausleben von Sexualität ohne das Risiko einer Schwangerschaft und befreite damit die Frauen von ihrer alleinigen Rolle als Mutter und Hausfrau. Eine Heirat ist heute nicht mehr notwendig, um Sex zu haben. Die Geburt eines Kindes kann geplant werden, so dass Zeit bleibt für Ausbildung und Beruf. Die frühe Fixierung auf einen Mann als möglichen Versorger tritt damit in den Hintergrund, es bleibt Zeit, sexuelle Erfahrungen zu sammeln. Diese liberale Entwicklung hat jedoch nicht in allen Ländern stattgefunden … Fest steht, dass der Einzelne und die Gesellschaft in einer globalisierten Welt mit einer zunehmenden Vielfalt von Wertvorstellungen konfrontiert werden, die sehr häufig unvereinbar sind.

[…] Gibt es im Umgang mit der Sexualität moralische ,Mindestregeln‘, die jeder in der westlichen Welt und vielleicht auch universell akzeptieren sollte? … [Z. B.]

1. Die sexuellen Handlungen werden von den Partnern einvernehmlich vorgenommen. Beide stimmen dieser Handlung aus freier Entscheidung und bei vollem Bewusstsein zu.

2. Es dürfen keine bleibenden körperlichen oder seelischen Schäden entstehen.

Im Jahre 2007 entdeckte man südlich von Verona „Die Liebenden von Valdaro“. Das Paar starb im Neolithikum, vor 5000 bis 6000 Jahren.

Leseprobe

3. Es sollten nur dann Kinder gezeugt werden, wenn man für deren Aufzucht die volle Verantwortung übernehmen kann.“ Bussmann: Sexualethik, 123ff.

B

25 ZUM BILD

Die Liebenden von valdaro

In der Nähe der italienischen Stadt Mantua wurden 2007 zwei etwa 5000–6000 Jahre alte menschliche Skelette in inniger Umarmung entdeckt. Ihre noch erhaltenen Zähne weisen darauf hin, dass die beiden jung gestorben sind. Bestattungsrituale gehören zur Geschichte der Menschheit. Es ist nicht endgültig geklärt, warum das Paar umarmt begraben liegt.

 Impuls: Formulieren Sie eine Geschichte zu den beiden „Liebenden von Valdaro“.

Foto: de.wikipedia.org*

… Beate jonata, Lebens- und Sozialberaterin. Sie berät in ihrer Praxis „Liebesambulanz“ Singles, Paare, Patchworkfamilien und jugendliche in Beziehungskrisen.

Foto: allegretta.at*

Warum Sex noch immer tabuisiert wird und was uns dabei helfen kann, über dieses Thema mit anderen zu reden.

„Sex ist immer noch ein Tabu-Thema, trotz aller medialen Präsenz und Aufklärung ist in den heimischen vier Wänden das Thema noch mit Scham behaftet. Ein Grund ist die fehlende Sprache dafür. Wir haben nur wenig bis gar keine Vorbilder, wie man im häuslich-zwischenmenschlichen Bereich über das Thema spricht.“

„Das Thema sollte im besten Fall entmystifiziert werden. Nicht überall, wo Sex draufsteht, ist emotionales Chaos oder Perversion drinnen. Das kommt daher, dass das Wort Sex an sich bereits mit dermaßen vielen Bildern verknüpft ist, dass es schwer wird, dieses Knäuel zu entwirren.“

„Ein guter erster Schritt ist, das Thema für sich persönlich zu definieren und in Ich-Botschaften dem Partner zu vermitteln –als persönliche kleine Welt. Sexualität ist ganz banal genommen das menschliche Grundbedürfnis nach körperlicher Nähe und Zärtlichkeit, mit all seinen Facetten. Und das spielt sich im Spannungsfeld Körper, Seele, Psyche und Beziehung ab.“

„Das Wichtigste ist, den eigenen Weg zu finden und nicht dem nachzueifern, was irgendwo als Highlight beworben wird.“

O-Töne zitiert aus: liebesambulanz.at*

25 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 e
25 Ethica fragt …

o 24,1 Viele Fragen tun sich auf

M03: Sechs hütchen. Arbeiten Sie die Liste der gestellten Fragen ab. Machen Sie sich zuvor Notizen.

1. Wo ist der Unterschied zwischen Elternliebe, Liebe zum Partner und Freundschaft?

2. Lieben die Geschlechter auf unterschiedliche Weisen?

3. Was kann Subjekt, was Objekt von Liebe und Freundschaft sein?

4. Auch nach dem Wesen und der Funktion der Sexualität fragen wir uns.

5. Ist Sexualität hinreichende oder notwendige Voraussetzung für Liebe?

6. Lassen sich Geschlechtlichkeit und Zärtlichkeit sauber voneinander trennen?

7. Welchen Stellenwert haben Liebe, Freundschaft und Sexualität für ein gelungenes menschliches Leben, und welche moralischen Ansprüche und Pflichten erwachsen aus ihnen?

8. Welche Arten von Liebe, Freundschaft und Sexualität sind notwendige, hinreichende, verzichtbare oder gar hinderliche Faktoren, damit wir unser Leben als erfüllt erfahren?

9. Welche moralischen Ansprüche erwachsen aus diesen Verbindungen?

10. Sind Freunde bevorzugt zu behandeln?

11. Haben Liebende ein Anrecht auf sexuelle Treue?

o 25,1 Womit beschäftigt sich die Sexualethik?

In Schweden wurde 2018 ein Gesetz verabschiedet, das festlegt, dass beide mit dem Geschlechtsverkehr einverstanden sein müssen. Beide müssen eindeutig „Ja“ sagen, ansonsten liegt eine Vergewaltigung vor. Die Einverständnisregel soll für jede Form der Sexualität gelten: für Paare, die sich gerade erst kennengelernt haben genauso wie für langjährige Beziehungen, für gleichgeschlechtliche Beziehungen und für Gruppensex. Beurteilen Sie dieses Gesetz anhand der „Mindestregeln“. Sollte es Ihrer Meinung nach eine solche Regelung in jedem Land geben? Vergleichen Sie anschließend Ihre Meinung mit den anderen.

1. glück 26 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
1. „SEx ALL INCLUSIVE“ | arBeITSaUFgaBeN
Leseprobe

D 24 10 Überlegungen für (sexuelle) Begegnungen

M26: Texteinordnung in die eigene Lebenswelt. Ermitteln Sie Sätze oder Satzteile, denen Sie total zustimmen können. Kennzeichnen Sie Sätze oder Satzteile, denen Sie auf keinen Fall zustimmen. Formulieren Sie Ihre persönlichen „10 Überlegungen.“

v 24 Beziehungsmodelle

M12: Fishbowl. Diskutieren Sie die Vor- und Nachteile der verschiedenen Beziehungsmodelle.

e 25

Liebesambulanz

Stellen Sie dar, was die Einrichtung einer „Liebesambulanz“ als notwendig erscheinen lässt.

k 27

Ich kann „Liebe und Sexualität“ als ethisch-moralisches Thema argumentativ darstellen.

Ich kann im Sinne einer angewandten Sexualethik argumentieren.

Kompetenzcheck

Ich kann mir zu verschiedenen Beziehungsmodellen ein begründetes Urteil bilden.

Ich kann meine persönlichen Überlegungen für eine gute sexuelle Begegnung formulieren.

27 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 argUMeNTIereN & UrTeILeN
Leseprobe

Der Kugelmensch

„Denn zunächst gab es damals drei Geschlechter unter den Menschen, […] damals kam nämlich als ein drittes noch ein aus diesen beiden zusammengesetztes hinzu, […]. Denn Mannweib war damals nicht bloß ein Name, aus beiden, Mann und Weib zusammengesetzt, sondern auch ein wirkliches ebenso gestaltetes Geschlecht […]. Ferner war damals die ganze Gestalt eines jeden Menschen rund. […] Sie waren daher auch von gewaltiger Kraft und Stärke und gingen mit hohen Gedanken um, so dass sie selbst an die Götter sich wagten. […] Endlich nach langer Überlegung sprach Zeus: Ich glaube, ein Mittel gefunden zu haben, wie die Menschen erhalten bleiben können und doch ihrem Übermut Einhalt geschieht […]. Ich will nämlich jetzt jeden von ihnen in zwei Hälften zerschneiden. […] Da erbarmte sich Zeus, […] zu dem Zweck, dass, wenn ein Mann auf ein Weib träfe, sie in der Umarmung zugleich erzeugten und so die Gattung fortgepflanzt würde; wenn dagegen ein Mann auf einen Mann, sie wenigstens von ihrem Zusammensein eine Befriedigung hätten […]. Seit so langer Zeit ist demnach die Liebe zueinander den Menschen eingeboren und sucht, die alte Natur zurückzuführen und aus zweien eins zu machen und die menschliche Schwäche zu heilen.“

Platon, Symposion (189c2-193d5) – Rede des Aristophanes (Der Kugelmensch)

4. „Let‘s talk about gender“

?

„Weil ich ein Mädchen bin.“ Diese Aussage ist ambivalent. Wir unterscheiden zu Recht zwischen biologischem (sexus) und gesellschaftlichem Geschlecht (gender). Wem nützt die Unterscheidung von Männern und Frauen? Welche Orientierung, welche Informationen bietet so eine Unterscheidung? Wir ringen um Geschlechtergerechtigkeit.

I 28,1 Alles gender oder was?

Während im Englischen vom biologischen (sex) und sozialen Geschlecht (gender) gesprochen wird, fehlt diese Unterscheidung im Deutschen. Gender, das soziale Geschlecht, ist in unserem täglichen Leben eine Selbstverständlichkeit. Gender prägt alle Bereiche des Alltags. Das hat Folgen für jeden Menschen. Deshalb: Let’s talk about gender!

VERNETZUNGEN

Intersexualität und Transidentität

Mit dem Wort gender meinen wir den psychologischen und sozialen, mit sex den biologischen Aspekt des Geschlechts.

Für (alle) Menschen ist Geschlecht ein wichtiger Anteil ihrer Persönlichkeit. Es gibt verschiedene Identitäten und Körper, z. B. weiblich, männlich, intergeschlechtlich oder nicht-binär.

Leseprobe

Manche Menschen werden wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Gesellschaftliche Bilder über Geschlecht beeinflussen außerdem, wie sich Menschen entwickeln und was ihnen beigebracht wird. Trans* bedeutet: Sie sind zum Beispiel als Mann geboren, fühlen sich aber als Frau.

Inter heißt: Du bist mit keinen eindeutigen Geschlechtsmerkmalen auf die Welt gekommen. Zum Beispiel: Ein Baby hat eine Gebärmutter und einen Penis.

Queer hat viele Bedeutungen. Es kann auch trans* und inter heißen. Viele Menschen drücken damit aus, dass sie nicht der Norm entsprechen (wollen). Weder in ihrem Geschlecht noch in ihren Gefühlen für andere. Seit 2018 gibt es offiziell den Personenstand divers für Inter*, die nicht als Männer oder Frauen behandelt werden wollen. Das wird dann oft auch so in die Geburtsurkunde eingetragen (rechtliches Geschlecht).

LGBT*QI steht als Akronym für Lesbian, Gay, Bisexual, Trans* Queer, intersexual. Das * steht für Uneindeutiges.

Bioethikkommission – Bundeskanzleramt 2017

Gemeint sind die individuelle Identität und soziale Rolle jedes Menschen in Bezug auf das Geschlecht und wie diese in einer Gesellschaft bewertet werden.

In welchen Gender-Bereichen kommt das zum Tragen?

• Gender-Sprache: Wenn von „Gendern“ die Rede ist, geht es um geschlechtergerechte Sprache, in der nicht nur Männer explizit genannt werden.

• Gender-Medizin: Geschlechtsspezifische (geschlechtersensible) Medizin als eine Form der Humanmedizin, unter besonderer Beachtung der biologischen Unterschiede von Männern und Frauen. (z. B. Medikamentation).

• Gender-Pay-Gap: Differenz zwischen dem durchschnittlichen Bruttostundenlohn von Männern und dem von Frauen. Es handelt sich dabei um ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle in einer bestimmten Bevölkerung.

• Gender-Debatte: Reichen die Bezeichnungen „männlich“ und „weiblich“ aus? Warum braucht es überhaupt Geschlechtszuordnungen?

• Gender-Marketing: Aufteilung von Zielgruppen in Männer und Frauen (z. B. noch im 20. Jahrhundert war Pink die „Bubenfarbe“, Blau die „Mädchenfarbe“).

• Gender-Mainstreaming: Versuch, die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern in Politik und Verwaltung mitzudenken, damit niemand unfair behandelt wird.

• Gender-Studies (Forschung): Wissenschaft, die die Bedeutung von Geschlecht für Politik, Kultur, etc. untersucht.

• Genderismus, Genderwahn, Gender-Ideologie: Abwertende Begriffe, unter anderem für die Gender Studies und für politische Projekte, die sich mit Geschlecht beschäftigen. Vgl. genderdings.de*

28 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 1. LIEBE UND SExUALITäT
D 28 DIALOGE – KULTUREN –
v
RELIGIONEN
28

I 29,1 Sexuelle Menschenrechte

Sexualität ist integraler Bestandteil der Persönlichkeit jedes menschlichen Wesens. Ihre volle Entfaltung verlangt die Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse wie Sehnsucht nach Kontakt, nach Intimität, nach Ausdruck von Gefühlen, nach Lust, Zärtlichkeit und Liebe.

Die World Association for Sexual Health (WAS) verabschiedete 1999 in Hongkong eine Deklaration der sexuellen Menschenrechte.

Im Jahre 1999 waren es noch 11 Punkte. Hier die erweiterte Version von 2014.

1. The right to equality and non-discrimination.

2. The right to life, liberty, and security of the person.

3. The right to autonomy and bodily integrity.

4. The right to be free from torture and cruel, inhuman, or degrading treatment or punishment.

5. The right to be free from all forms of violence and coercion.

6. The right to privacy.

7. The right to the highest attainable standard of health, including sexual health; with the possibility of pleasurable, satisfying, and safe sexual experiences.

8. The right to enjoy the benefits of scientific progress and its application.

9. The right to information.

10. The right to education and the right to comprehensive sexuality education.

11. The right to enter, form, and dissolve marriage and similar types of relationships based on equality and full and free consent.

12. The right to decide whether to have children, the number and spacing of children, and to have the information and the means to do so.

13. The right to the freedom of thought, opinion, and expression.

14. The right to freedom of association and peaceful assembly.

Der Mann – hier Viktor Orban (2021) – steht für all jene, die sich mit Macht und Einfluss gegen die Fakten stellen wollen.

Leseprobe

… den südafrikanischen Publizisten Mark gevisser. er porträtiert den weltweiten kampf um sexuelle Selbstbestimmung und geschlechtsidentität.

Foto: platform-mag.com*

Die vier Buchstaben „L g BT“ sind in aller Munde. Mark g evisser reist um die Welt, um zu verstehen, wie es queeren Menschen geht. In seinem Buch „Die pinke Linie“ erzählt er deren g eschichten – und seine eigene.

„Im 21. Jahrhundert ist die pinke Linie eher ein Gebiet als eine Linie. Sie ist ein Grenzgebiet, in dem queere Menschen versuchen, den Widerspruch zwischen der Freiheit, die sie in ihrer Community erfahren, und den Beschränkungen auf der Straße oder amArbeitsplatz aufzulösen.“

15. The right to participation in public and political life.

16. The right to access to justice, remedies, and redress. worldsexualhealth.net*

B 29 ZUM BILD

Der r egenbogen Ein Regenbogen entsteht, wenn Sonnenstrahlen durch Brechung (Winkel von ca. 42 Grad) und Reflexion in den einzelnen Regentropfen in die Spektralfarben zerlegt werden. Die Symbolik ist historisch und kulturell betrachtet vielfältig. So werden Regenbogenfarben auch im LGBT*QI-Spektrum verwendet.

 Impuls: Ermitteln Sie die Symbolik des Regenbogens und Beispiele seiner Verwendung.

„Die pinke Linie ist ein Gebiet, in dem queere Menschen jedes Mal die Zeitzone wechseln, wenn sie von ihrem Smartphone aufschauen und die um den Familientisch versammelten Menschen sehen oder wenn sie aus dem Nachtclub wieder in den oberirdischen Nationalstaat hinaufsteigen. In der einen Zeitzone ist die Zeit beschleunigt, in der anderen gebremst. Ein Leben als Pendler zwischen Zeitzonen kann ganz schön schwindlig machen.

„Es ist kein Zufall, dass sich dieVorstellung von LGBT-Rechten weltweit verbreitete, als im Zuge der Globalisierung alte Grenzen fielen. Gleichzeitig entstand eine Gegenreaktion konservativer, patriarchaler und kirchlicher Kräfte, die den unvermeidlichen Kontrollverlust fürchteten. Insbesondere dort, wo Menschen zum ersten Mal als Schwule oder Lesben oder Transpersonen in Erscheinung treten.

O-Töne aus: Mark Gevisser: Die pinke Linie.

29 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 e 29 Ethica
fragt
Petar Pismestrovic; Kleine Zeitung 25.6.2021

I 28,1 Alles gender oder was?

Ordnen Sie folgende Begriffe den Gender-Bereichen zu 

a) Männlichkeit; b) Lehrerinnen; c) Gehälter; d) Medikamente; e) gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit; f) Weiblichkeit; g) Gleichstellung; h) Chancengleichheit; i) vielfaltsfeindlich; j) Vielfalt; k) Abwertung; l) divers; m) rosarote Schultasche; n) :*/_; o) Kranheitssymptome; p) Spielzeugauto

1. Gender-Sprache

2. Gender-Medizin

3. Gender-Pay-Gap

4. Gender-Debatte

5. Gender-Marketing

6. Gender-Mainstreaming

7. Gender-Studies (Forschung)

8. Genderismus, Genderwahn, Gender-Ideologie

I 29,1 Sexuelle Menschenrechte

1. Analysieren Sie die sexuellen Menschenrechte, indem Sie zunächst eine Übersetzung anfertigen und zentrale Passagen hervorheben. 

2. Nehmen Sie dazu Stellung , inwieweit diese notwendig sind.

3. Vergleichen Sie Ihre Haltung mit anderen aus der Lerngruppe.

1. glück 30 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
1. LET‘S TALK ABOUT GENDER | arBeITSaUFgaBeN
Leseprobe

D 28 Der Kugelmensch

„Zu jedem Topf gibt es den passenden Deckel.“ Nehmen Sie Stellung zu dieser Redewendung. Begründen Sie Ihren Standpunkt und vergleichen Sie Ihre Sichtweise mit jener von zwei Personen aus der Lerngruppe.

v 28 Intersexualität und Transidentität

M24: Internetrecherche. Seit wann gibt es einen Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie?

Beurteilen Sie die Notwendigkeit eines solchen internationalen Tages und vergleichen Sie Ihre begründete Meinung mit anderen in der Lerngruppe.

e 29 Kampf um sexuelle Selbstbestimmung

Fassen Sie die Erfahrungen von Mark Gevisser zur Diskussion um sexuelle Sebstbestimmung zusammen.

k 31

Ich kann mich zu den Begriffen Intersexualität und Transidentität fundiert äußern.

Ich kann mit anderen in eine qualifizierte Genderdebatte eintreten.

Kompetenzcheck

Ich kann die gesellschaftliche Bedeutung von „sexuellen Rechten“ darstellen.

Ich kann zum Begriff „Sexuelle Selbstbestimmung“ begründet Stellung beziehen.

31 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Leseprobe

ausreichend wertgeschätzt

„Jeder Mensch will geliebt werden. Jeder. So wie jeder Mensch wertgeschätzt werden will. Selbstverständlich kann man ohne Liebe wertgeschätzt werden, aber glauben Sie, dass man ohneWertschätzung geliebt werden kann?

Ich meine, dass das unmöglich ist.Worauf ich hinaus will, ist dieTatsache, dass Menschen manchmal vergessen, dass Liebe nur aus Liebe entstehen kann.Wer nicht liebt, kann nicht geliebt werden. Zumindest nicht für lange Zeit. Etwas kühl formuliert, könnte man es als ein Einzahlen von Emotionen undTaten auf ein gemeinsames Konto der Liebe bezeichnen. Wenn man gibt und gibt und aber merkt, dass vom Partner nichts dazukommt, wird man vor die Frage gestellt, ob diese Partnerschaft für einen rentabel ist. Einige Individuen sind da sehr schmerzbefreit und beenden voreilig eine Beziehung, ohne auch nur denVersuch zu unternehmen, durch eine Darlegung ihrer Unzufriedenheit einWeiterführen der Partnerschaft möglich zu machen. Diese Menschen wollen oder können sich nicht tief genug auf eine andere Person einlassen, weil sie beim leisesten Anzeichen von Konflikten lieber das Weite suchen als dass sie in Kauf nehmen, dass eine Gemeinschaft auch Arbeit bedeutet. Somit vermeiden sie, reflektieren zu müssen und können mit einem hohen Verschleiß von Lebensabschnittspartnern dieselben Fehler immer wieder begehen. Es gibt aber auch das andere Extrem, dass es jemand einfach nicht zustande bringt, seiner UnzufriedenheitAusdruck zu verleihen, und teils über viele Jahre hinweg weiter in einer unglücklichen Beziehung dahinvegetiert.“

Pizzera: Neid, 55f.

VERNETZUNGEN

Sexuelle o rientierung

Sexuelle Orientierung ist der Überbegriff für die verschiedenen Neigungen, die Menschen in Bezug auf die Wahl ihrer Liebes- und Sexualpartner haben. Viele fühlen sich von Partnern des anderen Geschlechts angezogen und empfinden sich als heterosexuell (griechisch heteros = „der andere“, lateinisch sexus = Geschlecht; andersgeschlechtlich), andere verlieben sich in Menschen des gleichen Geschlechts und empfinden sich als homosexuell (griechisch homos = „gleich“; gleichgeschlechtlich). Vgl. www.feel-ok.at

„Die Bewertungen homosexuellen Verhaltens unterscheiden sich historisch und kulturell erheblich; sie reichen im westlichen Kulturraum von weitgehender Tolerierung und Förderung (griechische Antike) bis zu fanatischer Bekämpfung (Mittelalter bis Neuzeit), von rein moralischer Verurteilung (als widernatürlich und sündig) bis zu eher medizinischer Beurteilung (als krank und therapiebedürftig) […] Bis zum Ende des 18. Jh. galt in praktisch allen Gesetzeswerken für homosexuelle Handlungen von Männern die Todesstrafe, wobei die Verfolgung zeitlich und örtlich sehr verschieden konsequent erfolgte (Höhepunkte z. B. während der Inquisition); der Einführrung von Gefängnis- und Körperstrafen (erstmals 1787 in Österreich) folgte im Rahmen der Aufklärung und der französischen Revolution eine weitgehende Liberalisierung.“ Vgl. Dressler/ Zink: Homosexualität, 221f.

5. „I love you“ ?

Man sagt „Ich liebe dich“ relativ schnell. Aber was, wenn man „mehr“ möchte und eine feste Partnerschaft leben und sogar heiraten will?

o 32,1 Ein WIR bilden

Der 2002 verstorbene US-amerikanische Philosoph Robert Nozick (*1938) meinte, dass Menschen in einem WIR ihr Wohlergehen und ihre Autonomie zusammenlegen. „Sie begrenzen oder beschränken ihre eigenen Fähigkeiten und Rechte zum Fällen von Entscheidungen; einige Entscheidungen lassen sich nicht mehr allein fällen. Welche Entscheidungen das sind, wird von verschiedenen Paaren verschieden bestimmt werden: wo man wohnt, wie man lebt, wen man als Freunde hat und wie man sie trifft, ob man Kinder hat und wie viele, wohin man reist, ob man am Abend ins Kino geht und was man sich ansieht. Jeder überträgt einige frühere Rechte, bestimmte Entscheidungen zu fällen, einseitig in einen gemeinsamen Fonds; irgendwie wird man gemeinsam darüber entscheiden, wie man zusammensein soll. Wenn das eigene Wohlbefinden das eines anderen so stark beeinflusst und so sehr von ihm beeinflusst wird, ist es nicht überraschend, dass Entscheidungen, die in bedeutender Weise Auswirkungen auf das Wohlergehen haben, selbst in erster Linie primär auf das eigene, nicht mehr allein gefällt werden. [...] Teil eines Wir zu sein bedeutet, dass man eine neue Identität hat, eine zusätzliche. Es bedeutet nicht, dass man keine individuelle Identität mehr hat oder dass die Identität als Teil des Wir die einzige ist. Die individuelle Identität, die man hatte, wird sich jedoch ändern. Diese neue Identität zu haben heißt, in eine bestimmte psychische Haltung einzutreten; und beide Beteiligten am Wir haben diese Haltung dem anderen gegenüber.“ Nozick: Leben, 275f.

I 32,1 Liebe und Partnerschaft

Zwischen 1990 und 2018 wurden 2000 Personen in Österreich zu den wichtigsten Punkten einer guten Ehe oder Partnerschaft befragt.

32 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 1. LIEBE UND SExUALITäT
D 32 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 32
Quelle: Uni Wien ©Statista 2019; IFES: 1.948 Befragte; ab 18 Jahre; *Keine Daten für 1990 bzw. 1999 Welche Punkte sind Ihnen sehr wichtig für eine gute ehe oder Partnerschaft? 83% 63% 40% 31% 29% 86% 60% 33% 28% 30% 82% 55% 50% 43% 45% 36% 81% 60% 50% 44% 37% 29% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% TreueKinder Zeit für Freunde/Hobbys* Gute Wohnverhältnisse Angemessenes Einkommen Hausarbeit teilen 1990 1999 2008 2018
Leseprobe

o 33,1 Epikur und der Liebesgenuss

Epikur (*um 341 v. Chr. auf Samos; † 270 v. Chr.) lehrte sein Publikum durch Lehrsätze, z.B. über den Liebesgenuss: „Was ich von dir höre, treibt dich dein unruhiges Fleisch besonders heftig zum Genuss der Liebe. Folge deinem Drange, wie du willst, wenn du nur die Gesetze nicht übertrittst, die guten Sitten nicht verletzest, keinen dir Nahestehenden kränkst, deine Gesundheit nicht zerrüttest noch die zum Leben notwendige Habe verschwendest. Es ist indes unmöglich, sich nicht wenigstens in eins dieser Übel zu verstricken. Der Liebesgenuss hat noch niemals Nutzen gebracht; man kann zufrieden sein, wenn er nicht Schaden bringt“ Epikur: Philosophie, 111 (Spruch 35)

Beziehungsarbeit

33,2

Schnell kann es passieren, dass die Verliebtheitsphase vorbei ist. Alltag und Beziehungsarbeit können mitunter mühsam sein. Manchmal steht gar eine Trennung im Raum.

Leseprobe

„Lukas setzte Stefanie vor die Tür, weil sie jeden Abend vor der Mattscheibe verbrachte; zwei Tage später platzierte Karina in einer nächtlichen Aufräumaktion Thorstens geliebte Plattensammlung auf dem Rasen vor dem Haus, weil er nie etwas mit ihr unternahm und lieber Computer spielte; und kurz darauf trennten sich auch Markus und Petra, die keine Lust mehr hatten, jeden Abend mindestens fünf Bier zu trinken, nur um ein halbwegs unterhaltsames Gesprächsthema zu finden. Drei Paare – ein Problem, die Interesselosigkeit am Partner artet in Bequemlichkeit aus. Anstatt über ihre Probleme zu reden, wählten alle die einfache Lösung und gingen getrennte Wege. Die Generation Doof bekommt Liebe und Kommunikation nicht unter einen Hut, weder in der Beziehung noch danach. Ebenfalls typisch für uns ist das Gefühl, dass Liebe, Sex und Partnerschaft alltägliche Konsumgüter sind. Verlieben, Zusammenleben, Trennen – automatisch, praktisch, kühl. ‚Wir haben uns in gegenseitigem Einvernehmen getrennt‘, erklärten Markus und Petra; Karina sah bei Thorsten ‚keine Entwicklung mehr‘, und Steffi und Lukas fehlte ‚die langfristige Perspektive‘. Für uns klang das wie eine Pressemitteilung. Das weitere Beziehungsmanagement unserer Freunde orientierte sich dann auch an der Personalpolitik großer Unternehmen – binnen weniger Wochen hatten die meisten von ihnen neue […] Partner eingestellt.“ Bonner/Weiss: Liebe, 104ff.

B 33 ZUM BILD

Die Liebenden I

René Magritte selbst gab keine Erklärungen ab, die das Geheimnis seiner Bilder entschlüsseln konnten. Auch bei diesem Bild bleiben viele Hintergründe offen. Vielleicht kann ein Gedanke von Max Frisch weiterhelfen: „Weil ich dich liebe, mache ich mir kein Bild von dir, genauer: halte ich mein vorläufiges Bild von dir offen für Überraschungen.“

 Impuls: M38: Bild-erschließung. Interpretieren Sie das Bild anhand der Methode.

… anna Machin, evolutions-anthropologin. als Wissenschaftlerin forscht sie zu den Themen Freundschaft, Liebe und Familie. Foto: expressdigest.com*

Wie unsere g ene Beziehungen beeinflussen, wie Paare sich auch physisch angleichen – und warum es unmöglich ist, ohne Liebe zu leben.

„Mit anderen Menschen zu leben ist vielleicht mühsam, aber ohne sie zu leben ist unmöglich. Die Evolution hat uns zu lieben gelehrt:Wir brauchen die anderen, um Nahrung zu finden, um mit ihnen und von ihnen zu lernen und uns weiterzuentwickeln. Mit der Liebe motiviert uns die Natur, mit anderen zusammenzukommen, zusammenzubleiben, Kinder aufzuziehen. Zu lieben heißt zu überleben.“

„Liebe ist mit einem Gehirn-Scan messbar. In den ersten Tagen einer Liebesbeziehung sehen wir, dass das Hirnzentrum, unser Unterbewusstsein, aktiviert wird. Glücks- und Sexhormone werden ausgeschüttet, Leidenschaft und Sucht geweckt. Das Erinnerungsvermögen wird aktiviert und Erinnerungen werden geschaffen, die später helfen, eine Beziehung zu tragen.“

„Ist das Band zwischen Eltern und Kind stark, gleichen sich auch deren Hormonspiegel an, und zwar zu einem entscheidenden Zeitpunkt: wenn sich das Kinderhirn entwickelt, Nervenzellen gebildet und vernetzt werden.Wird ein Kind vernachlässigt, geschieht leider das Gegenteil. Ein Mangel an Liebe zieht lebenslange Probleme nach sich. Und sie können über Generationen weitergegeben werden.“

O-Töne zitiert aus: sz-magazin.sueddeutsche.de*

33 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
e 33 Ethica fragt …
o
René Magritte (1898–1967): Die Liebenden II, 1927, Öl auf Leinwand, 54 x 73 cm, National Gallery of Australia, Canberra. Bild: Magritte kompakt*

o 32,1 Ein WIR bilden

Gestalten Sie einen Partnerschaftsbaum. Welche Aspekte einer Partnerschaft würden Sie dem Wurzelbereich, dem Stamm oder der Krone (Früchte) zuordnen?

I 32,1 Liebe und Partnerschaft

M37: a nalyse von Statistiken und Tabellen. Erläutern Sie jemandem aus der Lerngruppe das Diagramm. 

o 33,1 Epikur und der Liebesgenuss

1. Nennen Sie die fünf zu vermeidenden „Übel“ beim „Genuss der Liebe“ im Text von Epikur. 

2. Erörtern Sie, inwiefern diese fünf „Übel“ heute noch von Bedeutung sind.

o 33,2 Beziehungsarbeit

1. Ermitteln Sie die im Text genannten Trennungsgründe. 

2. Entwerfen Sie konkrete Schritte, um der „Interesselosigkeit“ und den „einfachen Lösungen“ zu entkommen.

1. glück 34 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
1. „I LOVE yOU“ | arBeITSaUFgaBeN
ClipartsFree.de Leseprobe

D 32 Ausreichend wertgeschätzt

1. M22: exzerpieren. Fassen Sie den Text zusammen und arbeiten Sie dabei die Kernaussagen heraus.

2. Gestalten Sie eine „Liebesscheibe“:

➊ Die drei wichtigsten Eigenschaften

➋ Wichtige Eigenschaften

➌ Andere, positive Merkmale

➍ No-Gos!

v 32 Sexuelle Orientierung

M13: kugellager. Ermitteln Sie, inwiefern das Thema „Sexuelle Orientierung“ im Alltag (Schule, Freizeit ...) angesprochen wird. Fassen Sie anschließend die Ergebnisse der Gespräche in fünf Sätzen hier zusammen.

e 33 Wie unsere Gene Beziehungen beeinflussen

Skizzieren Sie die Liebe zwischen dem Kind und den Eltern aus naturwissenschaftlicher Sicht.

k 35

Kompetenzcheck

Ich kann die Bedeutung der Worte „I love you“ mit der Gestaltung einer Partnerschaft in Beziehung setzen.

Ich kann Aspekte des Begriffs „Sexuelle Orientierung“ darstellen und dazu Stellung beziehen.

Ich kann für eine gute Partnerschaft konkrete Handlungsoptionen entwickeln.

Ich kann zu Ursachen von gescheiterten Beziehungen begründet Stellung beziehen und Alternativen aufzeigen.

35 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 eThISCh reFLekTIerTe haNDLUNgSoPTIoNeN eNTWICkeLN
➍ ➊ ➋ ➌
1. 2. 3. 4. 5. Leseprobe

judentum

Im Talmud (Rabbinische Interpretationen der Tora) wird der Embryo, der im Mutterleib heranwächst, bis zum 40. Tag nach der Befruchtung als pures Wasser betrachtet. Denn nach jüdischer Auffassung wird er erst zu diesem Zeitpunkt (von Gott) beseelt. Gleichwohl gilt der Embryo im Mutterleib grundsätzlich schon ab dem Moment der Befruchtung als potenzielle Person und damit als schützenswert. Bis zum Zeitpunkt der Geburt wird der Embryo allerdings nicht als eigenständiges Wesen angesehen, sondern nur als Teil der Mutter, was die Schutzwürdigkeit in besonderen Fällen einschränkt – und etwa eine Abtreibung (in den ersten 40 Tagen einer Schwangerschaft) zulässt, wenn das Leben der Mutter gefährdet ist. Nach dem Talmud erlangt der Embryo erst dann den vollen Personenstatus und damit die gleichen Rechte wie die Mutter, wenn während der Geburt der größere Teil von ihm geboren ist. zellux.net.

Buddhismus

In den Pali-Texten (einer Sammlung von Lehrreden des Buddha) wird das Zeugungsgeschehen beschrieben: „Die Empfängnis eines Embryos im Schoß findet statt, wenn drei Dinge zusammenkommen.Wenn die Vereinigung von Vater und Mutter stattfindet, und die Mutter ihre fruchtbaren Tage hat, und das Wesen, das wiedergeboren werden soll, anwesend ist […].“

1. Neues Leben wächst

?Als eine Frucht der sexuellen Begegnung kann ein Kind erwachsen. Geplant, gewollt, ungewollt oder mit künstlicher Hilfe herbeigesehnt. Ein Kind ist ein „Wunder der Natur“, sagt man. Es ist verbunden mit Verantwortung und moralischer Verpflichtung.

I 36,1 Wann beginnt menschliches Leben?

In der Antike war Platon (†348 v. Chr.) der Überzeugung, dass der Embryo im Mutterleib keine Seele besitze und der Mensch erst nach der Geburt beseelt werde. Für Platon stellte die Seele das Prinzip des Lebens dar.

Aristoteles (†322 v. Chr.) ging davon aus, dass nach der Zeugung die Leibesfrucht mehrere Stadien durchläuft und erst später mit der Vernunftseele ausgestattet wird. Männliche Embryonen bekämen am 40. Tag, weibliche am 90. Tag die Vernunftseele. Erst von da an galten sie als Mensch.

Heute gibt es eine Fülle von verschiedenen Anschauungen über den Beginn eines Menschen:

■ Bei der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle vermischen sich Chromosomen und binnen 24 Stunden entsteht ein einmaliger genetischer Code.

■ Am 5./6. Tag nistet sich der Embryo in der Uterusschleimhaut ein (Nidation).

r echtliches

§ 8 (1) 1. Als lebendgeboren gilt unabhängig von der Schwangerschaftsdauer eine Leibesfrucht dann, wenn nach dem vollständigen Austritt aus dem Mutterleib entweder die Atmung eingesetzt hat oder irgendein anderes Lebenszeichen erkennbar ist, wie Herzschlag, Pulsation der Nabelschnur oder deutliche Bewegung willkürlicher Muskeln, gleichgültig, ob die Nabelschnur durchgeschnitten ist oder nicht oder ob die Plazenta ausgestoßen ist oder nicht;

2. Als totgeboren oder in der Geburt verstorben gilt eine Leibesfrucht dann, wenn keines der unter § 8 (1) 1. angeführten Zeichen erkennbar ist und sie ein Geburtsgewicht von mindestens 500 Gramm aufweist;

3. Eine Fehlgeburt liegt vor, wenn bei einer Leibesfrucht keines der unter §8 (1) 1. angeführten Zeichen vorhanden ist und die Leibesfrucht ein Geburtsgewicht von weniger als 500 Gramm aufweist. Hebammengesetz – HebG; ris.bka.gv.at

In der Kinderrechtskonvention (UN 1989) allgemein und besonders im Artikel 24, Abs. 1: „Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit an sowie auf Inanspruchnahme von Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit“ ist das ungeborene Kind nicht eingeschlossen.

■ Ab dem 13./14. Tag ist eine Zwillingsbildung nicht mehr möglich und von da ab kann man von der Individualität eines Menschen sprechen.

■ Etwa am 15. Tag bilden sich die ersten Nervenzellen. Hierin sehen manche den Beginn des menschlichen Lebens, da aus diesen Zellen später das Gehirn und das Bewusstsein gebildet werden.

■ Ab dem 40.–43. Tag tritt die erste elektrische Hirnaktivität auf (elektrische Hirnaktivität ähnlich bei Hirntoten).

■ Ab der 8. Woche sieht ein Embryo wie ein menschliches Wesen aus. Das Embryonalstadium ist nach Anlage aller Organe in der 10. Woche abgeschlossen. Der Embryo wird ab nun Fötus genannt (ca. 6 cm/30 g).

■ Zwischen 16. und 20. Woche (ca. 19 cm/430 g) sind Bewegungen des Fötus im Mutterleib zu spüren.

■ Ab der 23. Woche kann ein Fötus (ca. 700 g/ 22 cm) im Brutkasten überleben. Dies hängt aber vor allem von der Reife der Lunge ab.

■ Für den Philosophen und Ethiker Peter Singer (*1946) ist das Neugeborene selbst nach der Geburt nur dann schützenswert, wenn es als Person ein Selbstbewusstsein (1. Lebensjahr) ausgebildet hat.

36 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 2. BEGINN DES LEBENS
D 36 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 36 VERNETZUNGEN
Leseprobe

Gesundheit nicht garantiert

Die Bloggerin Isabel bezieht Stellung. „‚Hauptsache gesund‘ soll das Baby sein, das im Bauch heranwächst. Das ist verständlich, denn krank sein ist nicht schön, chronisch krank sein natürlich erst recht nicht. Aber die meisten Eltern meinen mit ,gesund‘ eigentlich ,nicht behindert‘. Und da man die wenigsten Behinderungen im Mutterleib erkennen kann, meinen sie eigentlich nur ,hat kein Down-Syndrom‘. Die allerwenigsten Krankheiten und Behinderungen sind angeboren, und davon ist eben auch nur ein sehr kleiner Teil vor der Geburt zu erkennen. Ja, man kann auch seltenere chromosomale Besonderheiten wie die Trisomie 18 (Edwards-Syndrom) und 13 (Pätau-Syndrom) diagnostizieren. Aber Trisomie 18 und 13 sind sehr selten. Man kann auch eine falsche Zahl der Geschlechtschromosomen X und Y feststellen, aber da geht es ja dann weiter. Was will man wissen? Was würde man bekommen wollen, wie viel ,nicht gesund‘ ist okay? Da es bei den pränatalen Untersuchungen oft um den Ausschluss des Down-Syndroms geht, ist diese Aussage ‚Hauptsache, mein Kind ist gesund‘ schon auch schlicht und einfach ganz schön behindertenfeindlich. Ein Großteil der Behinderungen wird im Laufe des Lebens erworben. Oft bei der Geburt oder durch einen Unfall. Viele der (chronischen) Krankheiten ereilen einen erst später. Es gibt keine Garantie und keine Gewissheit, dass das eigene Kind ,gesund‘ ist.“ Isabel, in: littleyears.de*

37,1 Ethische und rechtliche Normen

Ist alles, was rechtlich erlaubt ist, auch moralisch richtig und gut? Tatsächlich gehen weder ethische Normen in rechtlichen Normen auf, noch umgekehrt. Die beiden Herangehensweisen sind also in gewisser Weise tatsächlich unabhängig voneinander. Zudem sind moralische Normen im Unterschied zu rechtlichen Normen nicht erzwingbar. Es gibt keine unabhängige Instanz, bei der man die Übertretung einer moralischen Norm durch ein Gegenüber einklagen kann. Es gibt auch keine mit Gewalt ausgestattete Zwangsinstanz, die das zugefügte moralische Unrecht ahnden könnte.

…den australischen Philosophen und ethiker Peter Singer (*1946). aus seiner utilitaristischen Sicht stellt er das grundsätzliche „recht auf Leben“ in Frage. Foto: oneworld.nl*

Über den moralischen Status von Embryonen und das Lebensrecht von Neugeborenen.

„Ein wesentlicher Punkt für den moralischen Status von Lebewesen ist das Einsetzen von Schmerzempfinden.Ab diesem Zeitpunkt verdient der Embryo einen gewissen Schutz – ähnlich wie ihn ein Tier auch verdient.“

„Wenn Menschen auf einem so niedrigen intellektuellen Entwicklungsstand sind, dass sie ihrer selbst nicht bewusst sind, dann sind wir nicht verpflichtet, sie am Leben zu erhalten.Aber ich halte es für durchaus vernünftig, wenn sich eine wohlhabende Gesellschaft dafür entscheidet, sie zu pflegen und damit unseren Respekt für sie auszudrücken.“

B

37 ZUM BILD

Über das Staunen

Am Anfang der Philosophie steht das Staunen. Staunen als Impuls und Anstoß für die Analyse; als Brücke zwischen Sinneseindruck und Erkenntnis, zwischen Ästhetik und Kognition. Die Kulturkritiker Walter Benjamin und Bertold Brecht schreiben dem Staunen sogar ein revolutionäres Potenzial zu. Vgl. Gess: Staunen

 Impuls: Das werdende Leben lässt uns staunen und nachdenklich werden. M21: Brainwriting. Thema. „Das werdende menschliche Leben.“

„Man könnte sich theoretisch eine Gesellschaft vorstellen, in der die Werte anders wären, eine Gesellschaft, die eine Unterscheidung machen würde zwischen den Babys, die wirklich geliebt und aufgezogen werden, und anderen, die man derWissenschaft spendet. Man könnte Science-Fiction darüber schreiben. Man müsste solche Klone ja gar nicht bis zur Geburt reifen lassen. Es würde ja reichen, sie nur bis zu dem Punkt zu kultivieren, bis sich die Organe zu entwickeln beginnen. Dann könnten Sie diese Organe isolieren und weiterentwickeln.Wenn das erst einmal technisch möglich wäre, dann sähe ich darin nichts Schlimmes.“

O-Töne zitiert aus: www.spiegel.de*

37 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Foto: istock.com o
Ein drei Tage alter Embryo ist kleiner als der Punkt am Ende dieses Satzes.
37,1
I
e 37 ETHICA fragt …
Leseprobe

I 36,1

Wann beginnt menschliches Leben?

Ordnen Sie die Bilder den dazugehörigen Texten zu

A Lebensbeginn des Menschen mit der extrauterinen Lebensfähigkeit. – Ab der 23. Woche kann der Fötus unabhängig von der Mutter als Frühgeburt im Brutkasten überleben.

B Lebensbeginn des Menschen mit Unteilbarkeit des Embryos. Ab dem 13./14. Tag ist eine Zwillingsbildung nicht mehr möglich.

C Lebensbeginn des Menschen mit Befruchtung. Verschmelzung von Ei- und Samenzelle.

D Lebensbeginn des Menschen mit der 8. Woche. „Schaut aus wie ein menschliches Wesen.“

E Lebensbeginn des Menschen mit Hirnaktivität. Zwischen 40.–43. Tag tritt erste elektrische Hirnaktivität auf.

F Lebensbeginn des Menschen mit der Nidation. Die befruchtete Eizelle nistet sich gegen Ende der ersten Woche in der Gebärmutterschleimhaut ein.

o 37,1 Gesundheit nicht garantiert

Leseprobe

1. Die Bloggerin Isabel setzt sich mit der Aussage „Hauptsache gesund“ auseinander und kritisiert diese Aussage als „behindertenfeindlich“. Erläutern Sie ihre These.

2. M05: Soziogramm. Führen Sie in der Lerngruppe ein Soziogramm zu folgenden Fragen durch:

• Gibt es ein Recht auf ein gesundes Kind?

• Darf jemand beurteilen, ob das Leben eines Menschen mit Behinderung lebenswert ist oder nicht?

• Erläutern Sie jeweils Ihre Positionierung(en).

38 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 2. NEUES LEBEN WäCHST | arBeITSaUFgaBeN
1 4 2 5 3 6
Fotos: 1: falki-design.ch*; 2: medlexi.de*; 3: bewegungfuerdasleben.com*; 4: mutterinstinkte.de*; 5: onmeda.de*; 6: migros.ch*

I 37,1 Ethische und rechtliche Normen

Erörtnern Sie in der Lerngruppe den Unterschied zwischen ethischen und rechtlichen Normen anhand von drei Beispielen aus Ihrem Wissensstand. 

D 36 Judentum und/oder Buddhismus

1. Ein Rabbiner, ein katholischer und ein evangelischer Geistlicher werden gefragt, wann das Leben beginnt. Der Katholik erklärt, zweifelsfrei sei der Zeitpunkt mit der Befruchtung gegeben. Der Protestant betont: mit dem Entstehen eines körperlich erkennbaren Embryos. Der Rabbiner denkt kurz nach und meint schließlich: „Nun ja, das Leben beginnt eigentlich erst, wenn die Kinder aus dem Haus sind und der Hund gestorben ist.“

Mit diesem Witz beginnt der Text des Rabbiners Julian Chaim Soussan „Künstliche Befruchtung, Embryonen und PID: Das Verhältnis des Judentums zur modernen Medizin“. Lesen Sie den Artikel (https://www.juedische-allgemeine.de/ politik/was-dem-leben-dient/ ) durch und fassen Sie das jüdische Verständnis zu diesen Fragen der Medizinethik zusammen

2. Im Buddhismus stellt der Schutz des Lebens eine zentrale ethische Grundhaltung dar.

Setzen Sie die buddhistische Erklärung der Empfängnis mit der buddhistischen Lehre des Kreislaufs der Wiedergeburt (Samsara) in Beziehung .

v 36 Recht

M33: Think – Pair – Share. Artikel 24, Abs. 1 der Kinderrechtskonvention schließt ungeborene Kinder von diesem Recht aus. Nehmen Sie dazu Stellung.

Leseprobe

e 37 Recht auf Leben

Nehmen Sie zur Position von Peter Singer kritisch Stellung.

k 39

Ich kann verschiedene Phasen vorgeburtlichen menschlichen Lebens unterscheiden.

Ich kann den „Beginn menschlichen Lebens“ aus verschiedenen Perspektiven wahrnehmen und beleuchten.

Kompetenzcheck

Ich kann die Kinderrechtskonvention mit ungeborenem Leben in Beziehung setzen.

Ich kann Perspektiven von Religionen in der ethischen Reflexion wahrnehmen.

39 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
1. 2. 3.

Fragen über Fragen

Wenn Mädchen und Burschen miteinander intim werden, können, sollen, dürfen, müssen … sie sich auch schnell einmal folgenden Fragen stellen:

■ Wie sicher muss die Verhütung sein?

■ Macht es mir etwas aus, den Sex zu unterbrechen und mich um die Verhütung zu kümmern?

■ Macht es mir etwas aus, eine halbe bis zwei Stunden zu warten bis zum Geschlechtsverkehr?

■ Kann ich mir vorstellen, jeden Tag (zur selben Zeit) eine Pille zu schlucken?

■ Kann ich mir vorstellen, Hormone zu mir zu nehmen?

■ Möchte ich lieber ein Verhütungsmittel, das über längere Zeit wirkt, an das ich nicht denken muss?

■ Kann ich mir vorstellen, dass meine Menstruation unregelmäßig wird oder vielleicht sogar ganz ausbleibt wegen der Verhütung?

■ Wer bezahlt das Verhütungsmittel?

■ Wie wichtig ist das Geld?

■ Was würde ich tun, wenn ich dennoch schwanger würde?

■ Was kann ich tun, um mich nicht mit HIV- oder einer anderen sexuell übertragbaren Infektion anzustecken?

2. Die Schwangerschaft regeln

?Manche sprechen von „Familienplanung“, andere von „Geburtenkontrolle“. Wenn eine freie und verantwortungsvolle Elternschaft gefördert werden soll, spielen individuelle Wünsche und die jeweiligen Lebensumstände eine große Rolle.

I 40,1 Bioethik

Begrifflichkeiten, Formen und verfügbarkeit

Zum Schmunzeln: Sagt sie: „Der Papst hat sich für ein Verbot der Kontrazeption ausgesprochen.“ Meint er: „Was ist ein Papst?“

Leseprobe

feel-ok.ch

Mit Bioethik wird die ethische Reflexion jeglichen Umgangs von Menschen mit der belebten Umwelt, im Speziellen des Umgangs von Menschen mit dem Leben (anderer Menschen), der Natur und mit medizinischen wie auch biotechnischen Anwendungen bezeichnet. Sie findet konkret in den Bereichen der Medizin, Umwelt, Wirtschaft, Medien u. a. ihre Anwendung. Aufgrund der großen Bedeutung, die Medizin und Biotechnologie in der modernen Gesellschaft zukommen, sowie der politischen, öffentlichen und wirtschaftlichen Anstrengungen, die unternommen werden, um Forschung am Menschen voranzutreiben, erlangt auch die ethische und rechtliche Regulierung der Forschung eine immer größere Bedeutung. In diesem Kapitel steht die Medizinethik im Mittelpunkt. Diese befasst sich mit ethischen Problemen beim Umgang mit medizinischen Möglichkeiten im Gesundheitswesen.

I 40,2 Zwischen Selbst- und Fremdbestimmtheit

Die Begriffe Geburtenkontrolle, Schwangerschaftsverhütung, Empfängnisregelung, Kontrazeption (Empfängnisverhütung), Familienplanung, Konzeptionsschutz, Verhütung sprechen zwar von der gleichen Sache, bedeuten jedoch keineswegs genau dasselbe.

Es lassen sich im Wesentlichen drei Formen der kontrazeption unterscheiden:

a) Verhinderung des Eisprungs

b) Verhinderung der Befruchtung des Eis

c) Verhinderung der Einnistung der befruchteten Eizelle

Ab dem 14. Geburtstag kann selbst, ohne Zustimmung der Erziehungsberechtigten, über die Verhütungsmethode (z. B. Pille) entschieden werden. Die Pille danach kann rezeptfrei in der Apotheke geholt und Kondome können jederzeit gekauft werden. Die Mittel zur Empfängnisverhütung zählen zu Leistungen, die keine Krankenbehandlung darstellen. Sie sind von den Versicherten privat zu bezahlen.

In modernen Paarbeziehungen sollte es nicht dem Zufall überlassen werden, ob und wann ein Kind gezeugt wird, bzw. wie viele Kinder sich das Paar überhaupt wünscht. Daher spielen Autonomie und Selbstbestimmung bei der Familienplanung und Schwangerschaftsregelung eine wichtige Rolle. Damit werden Fragen der sittlichen Autonomie berührt. Autonom handeln bedeutet (griech.: autonomos = selbst gesetzgebend) selbstbestimmt handeln. Mit dem Begriff der Autonomie verbunden ist sowohl „das Leitbild einer Gesellschaft mündiger Menschen, die einander wechselseitig achten und solidarisch für ihre Rechte eintreten“, als eben auch die Sorge vor einer Gesellschaft, „in der kranke, alte oder behinderte Menschen an den Rand gedrängt werden. […] Und während die einen in der Besinnung auf die Autonomie die Chance zur verantwortlichen Weiterentwicklung einer menschenrechtlichen, sozialen und auch ökologischen Gesellschaft sehen, bekämpfen andere die Autonomie als einen Irrweg, auf dem der Mensch durch Verabsolutierung seiner eigenen Interessen letztlich seine biologischen Lebensgrundlagen zerstört“. Als Herausforderung bleibt, „dass die Anerkennung der sittlichen Autonomie eines jeden […] alle Lebensbereiche durchwirken und prägen soll: Partnerschaft, Ehe und Familie, Erziehung und Bildung, Politik und Recht, das Wirtschaftsleben, aber auch den Umgang mit Krankheit, Alter und Sterben.“ Vgl. Bielefeldt: Autonomie, 311.313.

40 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 2. BEGINN DES LEBENS
D 40 DIALOGE – KULTUREN
v 40 VERNETZUNGEN
– RELIGIONEN

I 41,1 Kriterien zur Schwangerschaftsverhütung

Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Methode der Schwangerschaftsverhütung [Regelung der Schwangerschaft bzw. Geburtenkontrolle] misst sich an bestimmten Kriterien:

1. Die Sicherheit des Schutzes

2. Das Alter der Nutzenden

3. Die Einstellung zum eigenen Körper

4. Die gesundheitlichen Aspekte der Methode

5. Die Art der Beziehung in der Partnerschaft

6. Die Praktikabilität der Methode

7. Die Wünsche und Bedürfnisse beim Sex

8. Die Fähigkeit der beteiligten Personen zur richtigen Anwendung der Methode

9. Die Achtung der Menschenwürde

10. Der Anteil der partnerschaftlichen Beteiligung.

Bedingte Elternliebe

Der Biologe und Sozialwissenschaftler Eckart Voland (*1949) lehrte bis zu seiner Pensionierung Philosophie für Biowissenschaften. Über Elternliebe schreibt er:

Leseprobe

„ Kinder zu bekommen und aufzuziehen ist bekanntlich teuer. In den Preis fließen nicht nur die biologischen Kosten ein, die unvermeidbar mit dem Kinderkriegen einhergehen, sondern auch das entgangene Erwerbseinkommen, auf das der Vater, meist aber die Mutter verzichtet, wenn sie die Rolle der häuslichen Erzieherin übernimmt. Ferner kommen die wirtschaftlichen Kosten hinzu, die Eltern aufbringen müssen, wollen sie ihren Nachwuchs für ein gelingendes, teilhabendes Leben in der modernen Gesellschaft ausstatten, vom pädagogisch besonders wertvollen Spielzeug über die heutzutage obligate Zahnkorrektur (die die früher obligate Fußkorrektur mittels Einlagen abgelöst hat), Nickelbrille und Reitunterricht bis zur Finanzierung von Berufsausbildung und Studiengebühren. Diese Kosten können als eine Art Investition verstanden werden, die zu leisten erforderlich ist, damit man (genauer: damit die Erbinformation) nicht aus dem endlosen Evolutionsspiel ausscheidet.“ Voland: Elternliebe, 44

B 41 ZUM BILD

e ntscheidung für ein k ind

Trotz körperlicher Behinderung hat sich die englische Künstlerin Alison Lapper (*1965) dazu entschieden, ein Kind auszutragen. Sie ist zudem Sujet des Werks Alison Lapper Pregnant, das bis Ende 2007 auf dem Trafalgar Square in London ausgestellt war. Alle konnten sehen, dass Frauen mit Behinderung, wie andere Frauen auch, mitten im Leben sitzen, als Schwangere, als Mutter, als Liebhaberin.

 Impuls: M35: g edankenexperiment. Stellen Sie sich vor, diese Statue würde demnächst am Hauptplatz Ihres Ortes aufgestellt. Wie reagieren Vorbeikommende ?

… rita Maglio und jana Pfenning, die sich mit der kampagne „Better Birth control“ für mehr gleichberechtigung in der verhütung einsetzen.

Foto: Tilo

Verhütung ist meist Frauensache – auch weil es an guten Alternativen zur Pille fehlt.

„Größtenteils sind noch immer Frauen für die Verhütung verantwortlich. Die Pille gibt es jetzt seit 60 Jahren, und sie ist noch immer das beliebteste Verhütungsmittel.“ (RM)

„Ich habe sehr früh die Pille verschrieben bekommen und sie fünf Jahre lang genommen. Dann habe ich erst mal nur mit Kondom verhütet. Als ich wieder in einer festen heterosexuellen Beziehung war, wurde die Frage nach Verhütung sofort an mich weitergereicht.“ (RM)

„In der Schule wurden wir zwar über verschiedene Verhütungsmittel aufgeklärt, aber hauptsächlich wurden die Mädchen adressiert, so nach dem Motto ,Passt auf, dass ihr nicht schwanger werdet.‘ Viele Frauen kämpfen mit Nebenwirkungen. Sie sind genervt von der Zeit und dem Geld, das sie in Verhütung investieren. Gerade in heterosexuellen Beziehungen fühlen sich viele mit dem Thema alleingelassen.‘ (JP)

„Für Frauen gibt es zwar noch viele andere Möglichkeiten, aber für Männer außer dem Kondom nichts, zumindest keine reversible Methode.“ (RM)

[In zehn Jahren, hoffe ich] … gibt es für Leute aller Geschlechter eine breite Palette von Verhütungsmethoden, die möglichst arm an Nebenwirkungen sind. Außerdem werden die Kosten für Verhütung zu 100 Prozent erstattet.“ (JP) O-Töne zitiert aus: taz.de*

41 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 ?
o 41,1
Die Skulptur Alison Lapper Pregnant von Marc Quinn zeigt die körperbehinderte Alison Lapper, als sie im 8. Monat schwanger war. Foto: Alison Lapper Pregnant, entworfen von Marc Quinn, © Volker Schönwiese; bidok.uibk.ac.at*
e 41 ETHICA fragt …
Kunz; derstandard.at*

I 40,1 Schwangerschaftsverhütung

M47: k arikaturinterpretation. Beschreiben Sie die dargestellte Situation. Benennen Sie die Absicht des Karikaturisten. Wogegen wendet er sich? Wofür tritt er ein?

de.toonpool.com/cartoons*

I 40,2 Zwischen Selbst- und Fremdbestimmtheit

1. Beschreiben Sie Ihr Verständnis von Autonomie in der Schwangerschaftsregelung.

2. Vergleichen Sie es mit den Aussagen des Textes.

I 41,1 Bioethik

M19: a BC-Liste. Ordnen Sie bioethisch relevante Begriffe aus dem ganzen Kapitel 2 der ABC-Liste zu Welche haben sie an anderer Stelle entdeckt bzw. registriert?

o 41,1 Bedingte Elternliebe

„Zwei Dinge sollten Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

1. Setzen Sie diesen Ausspruch Goethes mit der rein materiellen Sichtweise Volands in Beziehung.

2. Skizzieren Sie, was Ihrer Meinung nach Kinder von ihren Eltern bekommen sollten.

42 Alle Menschen streben nAch glück ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 2. DIE SCHWANGERSCHAFT REGELN | arBeITSaUFgaBeN
Leseprobe

D 40 Fragen über Fragen

Untersuchen Sie das Angebot an Verhütungsmitteln für Frauen und Männer. M23: Fragebogen erstellen. Gestalten Sie gemeinsam mit Ihrer Lerngruppe einen Fragebogen zu folgendem Thema: Verhütung ist (K)EINE Frauensache. Diskutieren Sie anschließend die Ergebnisse.

v 40 Begrifflichkeiten, Formen und Verfügbarkeit

Ordnen Sie Methoden der Verhütung zu

1. Das Reifen des Eis bzw. die Freisetzung einer Eizelle in den Eierstöcken (Ovarien) wird verhindert.

2. Verzicht auf den Verkehr (Koitus), wenn eine reife Eizelle vorhanden ist.

3. Es wird das Eindringen von Spermien durch die Scheide (Vagina) verhindert.

4. Es wird verhindert, dass lebensfähige Spermien aus der Vagina in die Gebärmutter gelangen können.

5. Die Einnistung einer befruchteten Eizelle im Uterus wird verhindert.

6. Das Vordringen lebensfähiger Spermien im Eileiter (Tuben) in Richtung Eierstöcke wird verhindert.

7. Das reife Ei kann nicht Richtung Gebärmutter wandern.

8. Das Ejakulat enthält keine (zeugungsfähigen) Spermien.

A Pille | B Durchtrennen des Samenleiters (Vasektomie) |

C Basaltemperatur messen … (sogenannte „natürliche Empfängnisregelung“) |

D Koitus interruptus (Herausziehen des Penis vor dem Samenerguss, der Ejakulation | E Kondom | F Spirale, | G Pille danach | H Tubensterilisation | I Spermizide, Pessar, Diaphragma J Femidom K Pille für den Mann 

e 41 Ist Verhütung auch Männersache?

Leseprobe

Diskutieren Sie die gestellte Frage in der Lerngruppe. Beziehen Sie die Erfahrungen von Rita Maglio und Jana Pfenning mit ein.

k 43

Ich kann Kriterien der Schwangerschaftsverhütung analysieren.

Ich kann verschiedene Methoden der Verhütung benennen und differenziert darstellen.

Kompetenzcheck

Ich kann verschiedene Fragestellungen im Zusammenhang mit Empfängnisverhütung kritisch reflektieren.

Ich kann Autonomie und Empfängnisregelung in Beziehung setzen.

43 analysieren & reflektieren etHiCa beherzt | begründet | handeln 2 45

h änsel und g retel und die Babyklappe

Der deutsche Soziobiologe Eckart Voland (*1949) nennt den bitteren Ernst der Hänsel-und-Gretel-Realität im Zusammenhang mit einer Studie aus dem französischen Limoges des 18. Jahrhunderts. Er fasst Teile des Märchens zusammen: Vor einem großenWald wohnte ein armer Holzhacker mit seiner Frau und seinen zwei Kindern; der Bub hieß Hänsel, und das Mädchen hieß Gretel. Der Holzhacker hatte wenig zu essen, und einmal, als großeTeuerung ins Land kam, konnte er auch das tägliche Brot nicht mehr herbeischaffen.Wie er sich nun abends im Bett Gedanken machte und sich vor Sorgen herumwälzte, seufzte er und sprach zu seiner Frau: „Was soll aus uns werden? Wie können wir unsere Kinder ernähren, da wir für uns selbst nichts mehr haben?“ „Weißt du was, Mann“, antwortete seine Frau, „wir werden morgen die Kinder hinaus in den Wald führen, wo er am dicksten ist: da machen wir ihnen ein Feuer an und geben jedem noch ein Stück Brot, dann gehen wir an unsereArbeit und lassen sie allein. Sie finden den Weg nicht wieder nach Hause und wir sind sie los.“

E. Voland interpretiert: „Man konnte eine nahezu perfekte Korrelation darstellen zwischen dem Getreidepreis auf dem lokalen Markt – heute würde man sagen:den Lebenshaltungskosten – und der Häufigkeit,mit der Babys an der Kinderklappe des lokalen Hospital general abgegeben wurden.[…] Heutzutage kommt man der Babyklappe nicht selten durchAbtreibung zuvor.“ Zit. nach Voland: Elternliebe,

3. Ungewollt schwanger werden

„Ab wann“ menschliches Leben (moralischen)

Schutz erhalten soll, muss durch ethische Argumente begründet werden. Auch wenn in Österreich rechtlich viel möglich ist, bleibt die Frage: Ist moralisch richtig, was rechtlich erlaubt ist?

I 44,1 Eine erste Übersicht Ungewollt schwanger zu werden fordert heraus. Ungeborene Kinder sind durch viele Maßnahmen geschützt, in Österreich stehen viele Unterstützungen (z. B. Kindergeld usw.) zur Verfügung. Für manche liegt der Ausweg in einer Abtreibung, andere suchen nach Alternativen. Was tun?

h ilfen bei ungewollten Schwangerschaften

■ Ab dem 14. Geburtstag können Jugendliche die Einwilligung für einen Schwangerschaftsabbruch selbst erteilen. Die Zustimmung einer/eines Erziehungsberechtigten ist grundsätzlich nicht notwendig.

■ Im Österreichischen Strafgesetzbuch § 96–98 ist eine Straffreiheit bei einem Schwangerschaftsabbruch bis zum 3. Monat (Fristenlösung) und unter bestimmten Umständen (Indikationenlösung) vorgesehen.

a nonyme g eburt

In mehreren Kliniken Österreichs gibt es für werdende Mütter, die ihre Identität in einer Notsituation nicht preisgeben möchten und das Baby zur Adoption freigeben, die Möglichkeit, kostenlos zu entbinden. (anonymegeburt.at)

Babyklappe

Bereits in mehreren Bundesländern gibt es für Mütter die Möglichkeit, ihr Baby straffrei in einer Babyklappe abzugeben und somit in die sichere Obhut eines Spitals zu übergeben. (www.gesundheit.gv.at/service/beratungsstellen/babyklappenund-babynester-in-oesterreich)

adoption

Außerdem gibt es auch eine befristete Übergabe an eine Pflegefamilie oder die Freigabe zu Adoption. Vgl. ris.bka.gv.at

o 44,1

Ziele einer Abbruch-Statistik

„96 % der im Jahr 2021 [in Deutschland] gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Indikationen aus medizinischen Gründen und aufgrund von Sexualdelikten waren in 4 % der Fälle die Begründung für den Abbruch. Die meisten Schwangerschaftsabbrüche (52 %) wurden mit der Absaugmethode (Vakuumaspiration) durchgeführt, bei 32 % wurde das Mittel Mifegyne® verwendet. Die Eingriffe erfolgten überwiegend ambulant, zu rund 81 % in gynäkologischen Praxen und zu 16 % ambulant im Krankenhaus.“ destatis.de*

In Österreich gibt es jährlich geschätzte 30.000–40.000 Abtreibungen, aber keine verpflichtende Statistik. Eine Statistik über Schwangerschaftsabbrüche würde Beobachtungen einzelner Institutionen, wie Beratungsstellen und Ambulatorien, objektivieren.

44 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 2. BEGINN DES LEBENS
D 44 DIALOGE – KULTUREN
v 44
– RELIGIONEN
VERNETZUNGEN
?
Tugendethik
KarriereMateriellesmangelndeReife Vergewaltigung
Absaugen Salzinjektion Adoption AnonymeGeburt Babyklappe Fristenlösung Indikationenlösung
Beratung Mutter-Kind-Einrichtung
Ungewollte Schwangerschaft Abtreibung Ethik Methoden Alternativen Gesetz Motive
„Dusollstnichttöten.“ Kategorischer Imperativ „RechtaufLeben.“Art.1MR
Mifegyne
Curettage
Utilitarismus
Behinderung des Kindes Strafe GesundheitderMutter
Leseprobe

I 45,1 Ethische Positionen zum Schwangerschaftsabbruch

Die ethische Beurteilung des Schwangerschaftsabbruchs gehört zu den schwierigsten Problemen der Medizinethik. Dabei sind folgende Positionen denkbar:

Konservative Position

Dem menschlichen Embryo wird dasselbe unantastbare Recht auf Leben wie erwachsenen Menschen zugesprochen, sodass Abtreibungen moralisch unzulässig sind.

■ Ausdehnungs-Argument: Der moralische Status von erwachsenen Menschen wird auf menschliche Embryonen ausgedehnt. Weil die Entwicklung zum erwachsenen Menschen kontinuierlich verläuft, weil zwischen der befruchteten Eizelle und dem erwachsenen Menschen eine Identität besteht, ist diese ein potenzieller Mensch und darf daher nicht abgetrieben werden.

■ Unverfügbarkeits-Argument: Jedes menschliche Leben ist unabhängig von bestimmten Qualitäten und Entwicklungsstadien für sich genommen wertvoll und unbedingt moralisch schützenswert.

■ „Sanctity of life“-Argument: Der Mensch ist aus religiöser Sicht von der Empfängnis an ein von Gott geschaffenes Wesen und muss deshalb geschützt werden.

■ Menschenwürde-Argument: Jedem menschlichen Leben kommt die gleiche Würde zu. Abtreibung ist moralisch falsch, weil menschliche Embryonen Angehörige der menschlichen Spezies sind.

Radikalliberale Position

Vertreter dieser Position sprechen dem ungeborenen Leben nur einen minimalen oder gar keinen moralischen Status zu. Abtreibungen sind ethisch zulässig. Das Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren allein ist ausschlaggebend.

Gemäßigte liberale Position

Die Würde menschlichen Lebens ist an bestimmte Eigenschaften oder Fähigkeiten gekoppelt, die erst im Laufe der Schwangerschaft erworben werden. Demnach ist der moralische Status des Embryos im ersten Drittel der Schwangerschaft gering, und es dominiert das Selbstbestimmungsrecht der Frau. Im letzten Drittel kommt dem Lebensrecht des Embryos das entscheidende moralische Gewicht zu.

Vgl. Fenner, in: bpb.de*

B 45 ZUM BILD

Protest für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen

Die gesetzlichen Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch weisen weltweit beträchtliche Unterschiede auf. So ist in den Niederlanden ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 22. Schwangerschaftswoche möglich, in Polen ist die Abtreibung beinahe in allen Fällen verboten. Es geht um eine Verhältnisbestimmung zwischen eigenem Körper, der freien Entscheidung und dem ungeborenem Kind.

 Impuls: M46: k arikaturinterpretation. Was zeigt das Bild? Wo liegt die Kernaussage?

e 45 ETHICA fragt …

… die Feministin Silvi Carlsson und die Lebensschützerin Susanne Georgi über Abtreibung. Ein Streitgespräch:

Georgi: „Ein Schwangerschaftsabbruch ist aktuell noch kriminalisiert, und das formt die Gesellschaft. Dadurch sprechen Frauen selten über dieses Thema.Vor allem Frauen, die abgebrochen und danach eigentlich kein Problem haben.

Carlsson: „Das absoluteVerbot ist das langfristige Ziel. Im Moment würde es reichen, wenn wir dort anfangen, wo wir am ehesten was ändern können. Ich möchte den gesellschaftlichen Konsens ändern, dass Leute sagen,Abtreibung ist eine Möglichkeit der Familienplanung.“

Georgi: „Ich möchte unbedingt betonen, dass Abtreibung nichts Positives ist. Aber für mich ist es in einer modernen Gesellschaft wichtig, dass eine Frau selbstbestimmt leben darf und entscheiden darf, ob sie eineAbtreibung vornimmt oder nicht.“

Carlsson: „Ich kann bestimmen, ob ich schwanger werde, aber wenn ich schwanger bin, dann betrifft es eine weitere Person. Und dann kann ich das nicht so ohne Weiteres entscheiden, weil eine Abtreibung trotzdem eine vorgeburtliche Kindestötung ist. Es ist eineTötung und meiner Meinung auch richtig im Strafgesetzbuch.“

Georgi: „Aber warum ist es eine Kindstötung, wenn es noch gar kein Kind ist. Man kann hier gar nicht von Mord reden.“

Carlsson: „Jeder Mensch hat das Recht auf Leben, und bei mir beginnt der Mensch mit der Zeugung, also mit der Verschmelzung von Eizelle und Samenzelle.“

O-Töne zitiert aus: smalltalk-entertainment.de*

45 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Czarny Protest (deutsch: „Schwarzer Protest“) war eine Protestbewegung in Polen, bei der sich im Jahr 2016 Frauen gegen eine Verschärfung der Gesetze zur Abtreibung engagierten. Grafik: gwi-boell.de*
Leseprobe

I 44,1 Ein erster Überblick

Analysieren Sie anhand der Mindmap das Problemfeld einer ungewollten Schwangerschaft. M30: Texthintergrund ermitteln. Was haben Sie bis jetzt noch nie bedacht?

o 44,1 Ziele einer Abbruch-Statistik

1. Arbeiten Sie die Gründe für eine Abtreibung heraus.

2. Entwerfen Sie einen statistischen Fragebogen. Welche Aspekte sollten bei einer Abtreibungsstatistik anonym erhoben werden? Vergleichen Sie diese mit der Liste im Lösungsteil. 

3. Problematisieren Sie die Ziele einer Abbruchs-Statistik. Was kann Abtreibungen wirksam verhindern?

I 45,1 Ethische Positionen zum Schwangerschaftsabbruch

1. Vergleichen Sie die verschiedenen Positionen. Was unterscheidet sie?

2. Begründen Sie Ihre Haltung mit einer der genannten Positionen oder weiteren noch nicht benannten Aspekten.

46 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 2. UNGEWOLLT SCHWANGER WERDEN | arBeITSaUFgaBeN
Leseprobe

D 44 Hänsel und Gretel und die Babyklappe

Erklären Sie mit eigenen Worten den Zusammenhang, der zwischen dem Märchen und der Babyklappe hergestellt wird. Welche Gründe könnte es geben, dass die Abtreibung der Babyklappe „zuvorkommt“?

v 44 Hilfen bei ungewollten Schwangerschaften

M24: Internetrecherche. Arbeiten Sie durch Ihre Recherche das Wesentliche einer der genannten Hilfestellungen (Babyklappe, Anonyme Geburt, Pflegefamilie, Freigabe zur Adoption) bei ungewollter Schwangerschaft heraus. Erörtern Sie, unter welchen Umständen diese Hilfestellungen tatsächlich dienlich sein können.

e 45 Ein Streitgespräch

M34: Szenische Umsetzung. Besetzen Sie dabei aber die Rollen so, dass Sie jene Person mimen, deren Einstellung Sie eigentlich nicht teilen.

k 47

Kompetenzcheck

Ich kann verschiedene Hilfsangebote bei ungewollten Schwangerschaften benennen und beschreiben. Ich kann verschiedene ethische Positionen zur Abtreibung darstellen und mich selber begründet positionieren.

Ich kann die Verantwortung für ein Kind argumentieren.

Ich kann beurteilen, ob eine Person (bei ungewollter Schwangerschaft) sich in einer verzweifelten Lage befindet und Hilfe benötigt.

47 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Leseprobe

GATTACA (1997)

gattaca ist ein dystopischer US-amerikanischer ScienceFiction-Film aus dem jahr 1997. regie: andrew Niccol. Mit ethan hawke, Uma Thurman, jude Law.

Die direkte Manipulation menschlicher Gene (Gentherapie) stellt eines der wichtigsten bioethischen Probleme dar, mit denen die Gesellschaft auf dem Weg ins 21. Jh. konfrontiert ist. Der Science-Fiction-Film projiziert aus dem heutigen begrenzten Einsatz der Gentherapie eine fiktive Welt, in der die genetische Manipulation des Menschen gefördert wird. Die Filmemacher agieren als Bioethiker, die die Folgen einer uneingeschränkten Mensch-Gen-Therapie vorhersagen.

Drei Themen stehen im Zentrum:

1. die genetische Diskriminierung

2. die kulturellen Konsequenzen der absehbaren Genetik

3. der Verlust der menschlichen Vielfalt.

Der Film ist insofern einzigartig, als er nicht die Technologie selbst bemängelt, sondern die gesellschaftliche Akzeptanz einer Ideologie in Frage stellt, die besagt, dass der Mensch nichts anderes als die Summe seiner Gene sei. GATTACA ist ein Film, der versucht, eine von Wissenschaftlern konstruierte Black Box aufzubrechen, die eine von Genen dominierte Welt darstellt.

4. „Kinder machen“

?Paare nehmen viele Strapazen auf sich und geben auch viel Geld aus, um sich den Wunsch nach einem eigenen Kind zu erfüllen. Rechtfertigt ein Kinderwunsch jedes Mittel?

o 48,1 Kinderwunsch

Der finnische Philosoph Matti Hayry (*1956) meint, dass sich die meisten Menschen Kinder wünschen, sich jedoch die Erwartungen an diese Wunschkinder unterscheiden. Gleichzeitig würden viele Gesellschaften, offiziell oder inoffiziell, viele Erwartungen unterstützen: „So waren Neugeborene mit Behinderungen in der Vergangenheit aus der Kategorie der gewünschten Nachkommen ausgeschlossen. Gesundheit und normale* körperliche und geistige Entwicklung wurden oft als vernünftige elterliche Erwartungen angesehen; und Hoffnungen auf Schönheit, Stärke und Intelligenz waren auch nicht immer verpönt. Es wurden verschiedene Methoden vorgeschlagen, um die begehrten Ergebnisse zu erzielen.“

* Anmerkung des Autors im originalen Text: „Mit ‚normal‘ meine ich hier ‚durchschnittlich‘ oder ‚so wie all die anderen‘,wie sie von Eltern gesehen werden.Damit soll keinerleiWertung verbunden sein.“ Häyry: Rationality, 52

I 48,1 Assistierte Reproduktion (Reproduktionsmedizin)

Mit diesem Begriff sind medizinische Hilfen und Techniken gemeint, die Paaren oder Einzelpersonen dabei helfen, Nachwuchs zu bekommen. Dazu gehören:

Fortpflanzungsmedizingesetz (FMed g ) in Österreich

Am 4.6.1992 trat in Österreich die erste Fassung des Fortpflanzungsmedizingesetzes in Kraft. Damit wird eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung in einer Ehe, eingetragenen Partnerschaft oder in einer Lebensgemeinschaft gesetzlich geregelt. Sie ist nur zulässig, wenn (1) nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung alle anderen möglichen und den Ehegatten oder Lebensgefährten zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr erfolglos gewesen oder aussichtslos sind, (2) ein Geschlechtsverkehr zur Herbeiführung einer Schwangerschaft den Ehegatten oder Lebensgefährten wegen der ernsten Gefahr der Übertragung einer schweren Infektionskrankheit auf Dauer nicht zumutbar ist (3) eine Schwangerschaft bei einer von zwei miteinander in eingetragener Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft lebenden Frauen herbeigeführt werden soll. Eine PID ist nur zulässig wenn nach drei oder mehr Übertragungen entwicklungsfähiger Zellen keine Schwangerschaft herbeigeführt werden konnte und Grund zur Annahme besteht, dass dies auf die genetische Disposition der entwicklungsfähigen Zellen und nicht auf andere Ursachen zurückzuführen ist oder auf Grund der genetischen Veranlagung zumindest eines Elternteils die ernste Gefahr besteht, dass es zu einer Fehl- oder Totgeburt oder zu einer Erbkrankheit des Kindes kommt. Vgl. Gültige Fassung BGBl. I Nr. 58/2018; www.ris.bka.gv.at

■ Besamung (Insemination homolog [Samen des Partners]). Das Einbringen von Samen in die Geschlechtsorgange der Frau ist die häufigste Form der „künstlichen Befruchtung“ (in Ö. erlaubt).

■ Samenspende (heterolog [anonymer Samenspender]) für eine Insemination (in Ö. erlaubt).

■ In-vitro-Fertilisation („Befruchtung im Glas“): Die Vereinigung von Eizellen und Samenzellen außerhalb des Körpers der Frau (heterolog, homolog) und das Einbringen von Embryonen in die Gebärmutter oder in den Eileiter einer Frau (in Ö. erlaubt).

■ Eizellenspende: Das Einbringen von Eizellen oder von befruchteten Eizellen in die Gebärmutter oder den Eileiter einer Frau (in Ö. erlaubt).

■ Leihmutter bzw. Ersatzmutterschaft: Eine Frau trägt den mit Hilfe der In-vitro-Fertilisation gezeugten Embryo eines anderen Paares aus (in Ö. verboten).

■ Social Egg Freezing: Das vorsorgliche „Einfrieren“ von unbefruchteten Eizellen aus nichtmedizinischen Gründen, um eine Schwangerschaft auf später verschieben zu können (in Ö. verboten).

■ Präimplantationsdiagnostik (PID): Jede Methode zur genetischen Untersuchung entwicklungsfähiger Zellen vor deren Einbringen in den Körper einer Frau sowie zur genetischen Untersuchung anderer nach Abschluss der Befruchtung der Eizelle entstehender Zellen (in Ö. teilweise erlaubt).

48 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 2. BEGINN DES LEBENS
D 48 DIALOGE
v 48 VERNETZUNGEN
– KULTUREN – RELIGIONEN
Leseprobe

o

49,1 Ich will mein Geheimnis hüten

Anna Maria Brunnen, freie Autorin von „ZEITmagazin ONLINE“, schreibt über eine Frau, die durch eine Embryonenspende doch noch Mutter wird.

„Ich feiere meinen 46. Geburtstag. Meine Gäste wollen mit mir anstoßen, doch ich tue nur so, als wenn ich am Sektglas nippen würde. Ich rühre keinen Alkohol mehr an, denn ich bin im sechsten Monat schwanger. Keiner weiß es, keine merkt es, ich trage einfach die üblichen hohen Schuhe und dazu einen weiten, langen, dunklen Pulli. Ich würde allen so gern erzählen, dass ich ein Kind erwarte. Aber ich traue mich nicht. Dafür fehlt mir die Zuversicht nach sechs Jahren, in denen gefühlt hundert Versuche gescheitert sind.

Ich habe es mir lange schon abgewöhnt, darüber zu sprechen. Die Anwesenden wissen nicht, dass ich jahrelang durch halb Europa gereist bin, zu Kliniken in Deutschland, Dänemark, Spanien und Tschechien. Dass ich einen großen Schuhkarton voll mit Spritzen besitze, die ich mir zur hormonellen Stimulation vor Eientnahmen oder Transfers selbst gegeben habe. Dass ich die Freundschaft zu meinem besten Freund verloren habe, weil er mir die Unterschrift verweigert hat, aus Angst, mein Kind könnte ihn auf Unterhalt verklagen. Dass ich mein gesamtes Erspartes investiert habe, um endlich schwanger zu werden.

Deshalb fehlt mir an diesem Tag im September der Mut, mich mit allen über das zu freuen, was in mir vorgeht. Ich will mein Geheimnis hüten, bis ich selbst fest daran glauben darf, dass ich endlich Mutter werde. Und ich merke gleichzeitig, wie sehr diese verzweifelten Eskapaden mich innerlich betäubt haben. Viele Freundinnen und Cousinen von mir sind spät oder sogar superspät Mutter geworden, teilweise mit Mitte vierzig oder noch älter. Und, anders als in meinem Fall, ohne Hilfe von außen, meines Wissens nach. Nur mein Kind ist dank moderner, in Deutschland verbotener Reproduktionsmedizin entstanden: in einer Petrischale in einem anderen Land mit den Zutaten zweier fremder Wesen.“ Brunnen, Wunderkind; zeit.de*

B 49 ZUM BILD

e lternschaft und Care- e thik

… Michael Feichtinger, Facharzt für gynäkologie und geburtshilfe. Seit 2018 leitet er das WunschbabyInstitut, Österreichs erstes zentrum für künstliche Befruchtung.

Foto: medmedia.at*

Welche Herausforderungen Paare bei künstlicher Befruchtung erleben.

„Medizinisch betrachtet ist dasAlter der größte Feind des Kinderwunsches. Die menschliche Fortpflanzung ist nämlich einfach schrecklich kompliziert.Ab dem 35. Lebensjahr produziert der Eierstock weniger Eizellen. Gleichzeitig nimmt die Zahl jener Eizellen zu, die genetisch nicht gesund sind.“

„In Österreich kommen pro Jahr etwa 4000 Kinder durch künstliche Befruchtung zurWelt.Was auffällt, die Frauen werden immer mehr und immer älter. Im Durchschnitt sind sie beim Erstversuch 35 oder 36 Jahre alt. Ihr Kinderwunsch besteht kürzer. Sie kommen quasi in dem Moment zu uns, in dem sie sich für ein Baby entschieden haben.“

„Jedes Paar, bei dem eine medizinische Indikation vorliegt, darf hierzulande eine künstliche Befruchtung durchführen. Dazu gehören etwa ein verschlossener Eileiter oder Hormonstörungen bei Frauen. In mehr als 50 Prozent der Fälle liegt das Problem aber an einem schlechten Samenbefund des Mannes.“

Wiesemann: Reproduktion, 202

„Elternschaft kann definiert werden als eine persönliche Beziehung von umfassender,unkündbarer und liebevollerVerantwortung für das Leben eines anderen Menschen.Diese moralisch einzigartige Konstellation ermöglicht es Kindern,sich im Schutze förderlicher,vertrauensbasierter Familienbeziehungen zu selbstständigen Erwachsenen zu entwickeln.“

 Impuls: Die Eltern-Kind-Beziehung ist ein Modell einer Fürsorge-Ethik. Problematisieren Sie Elternschaft aus der Perspektive einer Fürsorge- bzw. Care-Ethik (vgl. S. 14f.).

„Auch gleichgeschlechtliche weibliche Paare dürfen seit 2015 in Österreich eine künstliche Befruchtung durchführen … Die Frau, die die Eizelle hergibt, darf maximal 30 Jahre alt sein, da mit zunehmendem Alter die Qualität der Eizellen abnimmt.“

O-Töne zitiert aus: Die Presse, 14. Julli 2021.

49 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Otto Dix: Neugeborenes, von zwei Händen gehalten (Ursus), 1927. Bild: fink-verlag.de*
e 49 ETHICA fragt … Leseprobe

o 48,1 Kinderwunsch

Problematiseren Sie den Satz des Textes: „[V]iele Menschen haben spezifische Ansichten über die Art von Kindern, die sie wollen, und viele Gesellschaften, offiziell oder inoffiziell, unterstützen ihre Ansichten.“

I 48,1 Assistierte Reproduktion

1. Arbeiten Sie vier in Österreich erlaubte medizinisch unterstützte Fortpflanzungsmöglichkeiten heraus. 

2. M28: Textgestaltung, grafisch, stellen Sie dies grafisch dar

Leseprobe

o 49,1 Ich will mein Geheimnis hüten

1. M14: Placemat-Methode In der Mitte des Blattes steht „Recht auf ein Kind?“.

2. Problematisieren Sie die möglichen Gründe für die im Text erwähnten „verzweifelten Eskapaden“ der werdenden Mutter.

3. Gestalten Sie mit jemandem aus der Klasse einen kurzen Dialog, in dem die Schwangere einer ihr nahestehenden Person ihre Problematik und ihre Gefühle anvertraut.

50 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 2. „KINDER MACHEN“ | arBeITSaUFgaBeN

D

48 GATTACA (1997)

M36: zwickmühle. Problematisieren Sie folgende Zwickmühle: Wenn es tatsächlich möglich wäre, zwischen (A) einer natürlichen Zeugung und (B) einer perfekten Zeugung eines Kindes zu wählen, was würde jeweils für/gegen A oder B sprechen.

v 48

Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) in Österreich

e 49 +

D 48

k 51

1. Arbeiten Sie die im Text genannten Bedingungen für eine medizinisch unterstützten Fortpflanzung mit einem Begriff heraus.

2. Die PID stellt ein technisches Ausleseverfahren gesunden Nachwuchses dar. Erörtern Sie die Gefahr, dass hier behindertes Leben selektiert wird. M10: Debatte. Führen Sie dazu eine Debatte durch.

Das Wunschbaby-Institut

Leseprobe

M35: gedankenexperiment. Stellen Sie sich vor, dass zukünftig mehr und mehr Kinder durch Samen aus einer Samenbank gezeugt werden. Samenspender könnten nach folgenden Kriterien ausgewählt werden: Haarfarbe, Augenfarbe, Herkunft, Haartyp, Statur, Blutgruppe, Größe, Gewicht … Was wären die guten Folgen, welche negativen Folgen könnte dies haben?

Ich kann mich über medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit anderen kritisch austauschen.

Ich kann über wesentliche Aspekte des Fortpflanzungsmedizingesetzes in Österreich Auskunft geben.

Kompetenzcheck

Ich kann den Kinderwunsch und ein „Wunschbaby“ kritisch miteinander in Beziehung setzen.

Ich kann Elternschaft aus fürsorge-ethischer Sicht beleuchten.

51 interagieren & sich mitteilen ethica beherzt | begründet | handeln 2

a nregungen für die Biomedizin aus buddhistischer Sicht

Die Beurteilungen von Handlungen geschehen nicht anhand von Kriterien wie „gut“ oder „schlecht“, sondern durch die Untersuchung, ob diese „heilsam/förderlich“ oder „unheilsam/ schädlich“ sind. Für die Beurteilung einer Handlung wichtig sind dabei der Handlungsantrieb, die Motivation und die Folgen.

„unheilsam/schädlich“

Schädlich ist z. B. vom Handlungsantrieb her gesehen alles, was aus Gier, Hass oder Verblendung geschieht, aber auch das, was zur Verstärkung der illusionären Verkennung und der „EgoVerhaftung“ führt.

„heilsam/förderlich“

Zu den zentralen Grundlagen der „Sittlichkeit“ gehört in allen buddhistischen Traditionen das Gebot des „Nicht-Verletzens“ (ahimsa). Es stellt eines der „fünf Grundgebote der Sittlichkeit“ dar und gebietet, vom „Töten lebender Wesen“ Abstand zu nehmen.

Das Gebot des „Nicht-Verletzens“ ist der Form nach eine Selbstverpflichtung: „Ich nehme die Übungsregel auf mich, mich des Tötens lebender Wesen zu enthalten.“

5. Future Baby

?Das Fortbestehen der Menschheit hängt davon ab, dass Menschen Kinder bekommen. Doch wie wird das zukünftig geschehen? Kommt es zu einer Abkehr von der natürlichen Zeugung? Wird die optimierte vorgeburtliche Selektion selbstverständlich und das „Designerbaby“ üblich?

I 52,1 Zukünftige Techniken der Biotechnologie Zu den schon in I 48,1 beschriebenen assistierenden Reproduktionstechniken stellen uns weitere Biotechnologien vor schwierige ethische Entscheidungen:

■ Embryonenforschung: Wissenschaftliche Untersuchungen mit und an (künstlich erzeugten) Embryonen.

■ Stammzellenforschung an Körperzellen, die sich in jegliches Gewebe oder in bestimmte festgelegte Gewebetypen entwickeln können.

Milestones der Biotechnologie

1823: Entdeckung der menschlichen Eizelle

1865: Entdeckung der Vererbungsregeln (G. Mendel)

1878: Beobachtung des Eindringens einer Samenzelle in eine Eizelle durch das Mikroskop

1936: Geburt eines Kaninchens nach Zeugung im Reagenzglas

1953: Entwicklung eines Modells der DNA (Watson/Crick)

■ Klonen (griechisch klon = Zweig, Schössling): Erzeugung eines oder mehrerer genetisch identischer Individuen von Lebewesen.

■ Kryonik (Einfrieren): Tiefgefrieren insbesondere von (überzähligen) Eizellen, Spermien und Embryonen.

Nach Schlieter: Biomedizin, 7

■ Genome Editierung/Genomchirurgie: Molekularbiologische Techniken zur Veränderung von DNA, einschließlich des Erbguts von Pflanzen, Tieren und Menschen.

I

Leseprobe

„Dann editieren wir halt!“ – Die Genschere

1969: Zeugung eines Menschen im Reagenzglas ohne Einpflanzung

1973: Produktion des ersten gentechnisch veränderten Bakteriums

1977: Einfrieren einer menschlichen Eizelle

1978: Erstes Baby nach einer künstlichen Befruchtung

1978: Geburt eines Kalbs, das als Embryo eingefroren worden war

1984: Einsatz des genetischen Fingerabdrucks

1984: Kreuzung aus Schaf und Ziege („Schiege“)

1984: Geburt eines Kindes mit einer genetischen und einer gebärenden Mutter (Australien)

1990: Das Human-Genom-Projekt beginnt

1997: Klonen des Schafes „Dolly“ (Schottland)

2003: Die komplette Sequenz des menschlichen Genoms liegt vor

2003: Gewinnung von „Eizellen“ aus embryonalen Stammzellen von Mäusen

2010: Das Molekül Cas9 schneidet DNA-Doppelstränge

2020: Chemie-Nobelpreis für die Genschere CrisprCas9 oesterreich.gv.at

Der Mensch ist dabei, die Entwicklung des Lebens von morgen grundlegend zu verändern. Möglich macht das eine neue Gentechnik: Crispr/Cas9, kurz Crispr. Die Abkürzung Crispr steht für Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats. Im Englischen wird diese Gentechnik als Genome Editing bezeichnet, weil das Erbgut damit redigiert (edited) werden kann wie ein Text. In Deutschland wird oft der Begriff Genchirurgie verwendet. Das Gentechnik-Werkzeug besteht aus einem Riesenmolekül namens Cas9, das wie eine winzige Schere funktioniert und das Erbgut zerteilen kann und aus einer Molekülsequenz, die als Adresscode dient. Mit dieser Genschere wollen Forschende zukünftig Tiere und Pflanzen gestalten. Sie versprechen, damit Menschen zu heilen, die Aids, Krebs oder genetische Erbkrankheiten haben. Der Mechanismus ist simpel, billig und hocheffizient. Das macht ihn so vielversprechend für Wissenschaft und Wirtschaft – und so umstritten. Das neue Universalwerkzeug der Gentechnik kann das Erbgut (DNA) von Menschen, Tieren und Pflanzen so präzise verändern, wie keine Technik zuvor.

Problematisch sind einerseits sogenannte Off-TargetEffekte, bei denen versehentlich Erbgut-Abschnitte durchtrennt werden, andererseits gezielte Eingriffe an den Keimzellen (Samenzellen bzw. Eizellen), weil dadurch das veränderte Erbgut weitervererbt werden kann. vgl. zeit.de*

52 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 2. BEGINN DES LEBENS
D 52
v 52
DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN
VERNETZUNGEN
52,2

I

Trugschlüsse und Argumentationslinien

In ethischen Debatten werden oft folgende Argumente verwendet:

1. Das Dammbruchargument

Damit ist gemeint, dass mit einer Handlungsweise (z. B. der Verwendung der Genschere) etwas ins Rollen kommt, das nicht mehr aufgehalten werden kann. Es wird gefragt: „Was kommt als nächstes“, wenn dieser Damm bricht, z. B. wenn die Genschere für ein Designerbaby eingesetzt würde. Das sogenannte Dammbruchargument (auch: Slippery-Slope-Argument oder Argument der schiefen Ebene ) muss immer konkret in seiner Stichhaltigkeit geprüft werden.

2. Der Sein-Sollen-Fehlschluss

Beispiel: (A) Thomas ist ein Bub. (B) Buben spielen mit Autos. (C) Thomas soll mit Autos spielen. Bei diesem Sein-Sollen-Fehlschluss wird aus Sachbeschreibungen („So ist es!“ in den Prämissen [Annahmen] A und B) eine Norm („So soll es sein!“ im Schluss C) gefolgert. Bei einem korrekten moralischen Argument muss zumindest eine der Prämissen (A, B), die in das Argument eingehen, eine bewertende oder empfehlende Prämisse sein.

Z. B.: (A) Thomas ist ein Bub, (B) Buben sollen mit Autos spielen, (C) Thomas soll mit Autos spielen. Dass die Norm in (B) richtig/gut ist, müsste allerdings erst begründet werden.

Sein-Sollen-Fehlschlüsse liegen auch vor, wenn ein Wort gleichzeitig mit einer beschreibenden und mit einer wertenden Bedeutung verwendet wird.

Nennt man beispielsweise etwas „natürlich“, kann damit einerseits die Abwesenheit technischer Manipulation (natürlich = nicht künstlich), andererseits aber auch eine positive Wertung (natürlich = gut) gemeint sein. In ethischen Diskussionen ist es deshalb wichtig, dass die bewertenden oder empfehlenden Prämissen offengelegt werden. Nur so kann ein Sein-Sollen-Fehlschluss vermieden werden. Vgl. Pfeifer: Didaktik, 207ff.

B 53 ZUM BILD

Future Baby

Maria Arlamovsky, die Regisseurin des Films „Future Baby“, besuchte für ihren Film Personen rund um den Globus, die in der Medizin, in Wissenschaft, Technik, in Kliniken oder in sterilen Laboratorien tätig sind. Sie begleitete Paare mit Kinderwunsch, Eizellenspenderinnen und Leihmütter zu Untersuchungen und Eingriffen. Sie lässt zustimmende und skeptische Personen zu Wort kommen und spricht mit der ersten Generation künstlich gezeugter Kinder.

 Impuls: Entwerfen Sie eine Phantasiegeschichte/ein Comic und beschreiben Sie einen „perfekt“ designten Menschen.

Das Bedürfnis nach „Risikoprävention“verleiht dem Kind, einem „Produkt der Liebe“, Warencharakter. Foto: futurebaby.at*

… Maria arlamovsky. Sie arbeitet und lebt mit ihrer Familie in Wien und ist regisseurin des Films „Future Baby“. Foto: addisfilmfestival.org*

Über die Unterscheidung von genetischen, leiblichen und sozialen Müttern sowie das Phänomen „Social Freezing“.

„Die Trias ‚Vater-Mutter-Kind‘ ist schon länger überholt. In Zukunft werden wir neue Rollennamen benötigen, weil das Repertoire erweitert wird. Es wird genetische Mütter und soziale Mütter geben, sowie Bäuche, die man mieten kann.All das kommt massiv auf uns zu und wir dürfen davor nicht dieAugen verschließen, denn es passiert ja bereits.“

„Man geht verstärkt dazu über, jungen Frauen einzutrichtern, ihre Eizellen einfrieren zu lassen. Diese vermeintliche Versicherung eröffnet in meinenAugen einen noch größeren Markt, und man hat das ideale Geschäftsmodell gefunden.Warum fordern junge Frauen nicht lieber von Arbeitgebern oder Politikern: Schafft mir Lebensbedingungen, in denen ich Lust habe, mich zu vermehren, und nicht mehr unter jenem sozialen Druck stehe, der mir die Befriedigung des Kinderwunsches erst in höherem Alter erlaubt.“

„Aus der Leihmutter-Perspektive gilt es eine Unterscheidung zu machen, zwischen jenen knapp zehn Prozent, die ihre eigenen Eizellen zurVerfügung stellen und jenen, die fremde befruchtete Eizellen in sich austragen. Leihmütter, die das in den meisten Fällen des Geldes wegen machen, versuchen natürlich, so wenig Bindung wie möglich zu dem Kind aufzubauen.

O-Töne zitiert aus: ww.film.at*

53 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
e 53 ETHICA fragt …
53,1
Leseprobe

I 52,1 Zukünftige Techniken der Biotechnologie

1. M25: r eferat. Stellen Sie eine der Reproduktionstechniken sachlich dar.

2. M10: Debatte. Einigen Sie sich in der Lerngruppe auf eine Reproduktionstechnik, und führen Sie dazu eine Debatte entsprechend der Methode. Was spricht dafür, was dagegen, diese Technik anzuwenden?

■ Embryonenforschung

I 52,2 + I 53,1

■ Stammzellenforschung

■ Klonen ■ Kryonik (Einfrieren)

Beispiel für einen Sein-Sollen-Fehlschluss: Prämisse (A): Das Verändern des Erbgutes ist technisch möglich. Prämisse (B): Die Natur verändert stetig das Erbgut. Schluss (C): Das Verändern von Erbgut ist moralisch erlaubt.

1. Erläutern Sie jemandem aus der Lerngruppe den Sein-Sollen-Fehlschluss an diesem genannten Beispiel. 

2. M07: r ational argumentieren. Nehmen Sie zum Thema „Genschere“ Stellung Formulieren Sie Ihre begründete Meinung und tauschen Sie sich mit den Mitlernenden aus. Wie lässt sich der Einsatz ethisch rechtfertigen: Inwiefern ist ein Dammbruch zu befürchten?

54 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 2. FUTURE BABy | arBeITSaUFgaBeN 54
„Dann editieren wir halt!“ – Trugschlüsse und Argumentationslinien
Leseprobe

D 52 Anregungen für die Biomedizin aus buddhistischer Sicht

M32: Textvisualisierung. Stellen Sie die wesentlichen Gesichtspunkte des Textes gemäß der Methode dar.

v 52 Milestones der Biotechnologie

M34: Szenische Umsetzung. Beispiele der biotechnologischen Entwicklung seit 2005. Stellen Sie diese szenisch dar.

e 53 Eine Regisseurin bittet zum Interview

Fassen Sie die Erkenntnisse der Regisseurin zusammen, die sie durch ihren Film gewonnen hat.

k 55

Ich kann Meilensteine der Biotechnologie nennen.

Kompetenzcheck

Ich kann zukünftige Biotechnologien unter ethischen Gesichtspunkten beleuchten.

Ich kann für ethisch vertretbare Anwendungsgebiete der Genschere benennen.

Ich kann die Herausforderungen der modernen Biotechnologien mit meinen eigenen Vorstellungen in Beziehung setzen.

55 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Leseprobe

„Das Leben der Tiere“ von john M. Coetzee

Der Literaturnobelpreisträger (2003) John Maxwell Coetzee (*1940) beschreibt in seinem Roman „Das Leben der Tiere“ folgende Handlung: Die australische Schriftstellerin Elizabeth Costello wurde von einer ausgezeichneten US-amerikanischen Hochschule eingeladen, dort die jährlichen Gastvorlesungen zu halten. Sie behandelt in ihren Vorträgen jedoch nicht ihre Romane, sondern ein Problem, das sie persönlich seit längerem sehr beschäftigt: das Verhältnis zwischen Menschen und Tieren und die menschliche Grausamkeit gegenüber nichtmenschlichen Tieren.

Nach Costellos erster Vorlesung findet ein Abendessen ihr zu Ehren statt. Der Rektor des College, Professor Garrard, hat sie eingeladen. Die Kritik Costellos am brutalen Umgang mit Tieren hat im Kollegium Irritation und Widerspruch erzeugt.

Im Gespräch regt Garrard eine lebhafte Diskussion über reine und unreine Nahrungsmittel, über Schlachtvorschriften und religiöse Speisevorschriften an. Alles Rituale, mit denen man schon in der Antike den Segen Gottes für das Schlachten und Essen von Tieren erbeten hat. „Vielleicht ist das der Ursprung der Götter“, meint Costello. „Vielleicht haben wir die Götter erfunden, damit wir sie verantwortlich machen können. Sie haben uns erlaubt, Fleisch zu essen. […] Es ist nicht unsere Schuld, es ist die ihre.Wir sind nur ihre Kinder. Das ist bequem. Gott hat uns gesagt, dass es in Ordnung ist.“ Coetzee: Leben, 43

VERNETZUNGEN

Was ist ein Tier?

Unter „Leben“ ist die Daseinsweise der Organismen (Pflanzen, Tiere, Menschen) im Gegensatz zum anorganischen Sein zu verstehen. Die wichtigsten Merkmale des Lebens sind Stoffwechsel, Wachstum und Fortpflanzung.

Tiere (T.) sind Lebewesen, bei denen im Gegensatz zu Pflanzen die Gewebezellen nicht von einer Zellwand umgeben sind, Bewegungsvermögen und Empfindungsleben hervortreten und v. a. im Stoffwechsel Zerfall organischer Stoffe vorherrscht; dieser führt zu reichlicher Ausscheidung von stickstoffhaltigen Stoffen und Kohlensäure und bedingt, dass die T. von Pflanzen oder anderen T. als Quellen organischer Nahrung abhängig sind (Heterotrophie).

Das Bewegungsvermögen tritt bei gewissen T. so zurück, dass diese lange als Pflanzen gegolten haben: Korallen, Schwämme. Der Körper der T. besteht aus einer einzigen Zelle (Einzeller) oder aus vielen (Vielzeller), die infolge Arbeitsteilung verschiedene Gewebe und Organe bilden.

Die Größe der T. variiert von einigen tausendstel Millimetern (Protozoen) bis zu über 30 m (Blauwal). Die Zahl der festgestellten lebenden Tierarten wird mit rund 1,2 Mio. angegeben, etwa 500 Mio. Arten sind im Lauf der Zeit ausgestorben.

Vgl. Brockhaus 2, 544.916

1. Als Tiere leben ?

Nicht-menschliche Tiere sind Teil unserer Lebenswelt. Was verbindet uns mit ihnen? Wie sollen wir uns ihnen gegenüber verhalten?

o 56,1 Tiere beziehen sich auf Tiere

Der Biologe und Verhaltensforscher Kurt Kotrschal (*1953) führt aus, dass sich Tiere – und damit auch die Menschen –immer schon auf andere Tiere bezogen:

„Da Tiere im Gegensatz zu grünen Pflanzen heterotroph sind, sich also von Anderen ernähren müssen, gab es ökologische Interaktionen zwischen den Arten, seit mehr als eine davon auf dieser Erde lebt. Arten und Individuen konkurrieren um Nahrung und andere Ressourcen und, nein: Sie trachten einander nicht primär nach dem Leben. Letzteres geschieht gar nicht so selten innerartlich, im Zuge von sozialen Auseinandersetzungen. Wenn aber ein Räuber seine Beute verzehrt, dann geht es vielmehr um den Energiefluss; der Tod ist dabei nicht das Ziel, sondern in Kauf zu nehmender Kollateralschaden. Gerade in Räuber-Beute-Beziehungen entwickelte sich eine hohe Fähigkeit zur gegenseitigen Aufmerksamkeit. Wenn ein Fuchs das Verhalten der Beutegänse falsch einschätzt, verpasst er eine Mahlzeit. Wenn aber die Gans den Fuchs falsch einschätzt, ist sie schlicht tot. […] Wahrscheinlich reflektieren die großhirnigen Tiere […] sogar in gewissem Maß über sich in Beziehung zu den Anderen, über soziale oder ökologische Zusammenhänge; wenn sie denken, tun sie das in Bildern, denn die Worte einer hoch differenzierten Symbolsprache fehlen den anderen Tieren. Diese Sprachfähigkeit gekoppelt mit einem ‚philosophischen Modul‘ im Gehirn ist das Alleinstellungsmerkmal des Menschen.“

Kotrschal: Vorwort, 9.

I 56,1 Artgerechte Tierhaltung: Wie Tiere leben wollen Im sogenannten „Präferenztest“ – Erfassung physiologischer Parameter und Beobachtung des Spontanverhaltens in der jeweiligen Haltungsumwelt – können Tiere selbst „befragt“ werden, welche Faktoren in ihrer Umwelt sie bevorzugen und damit aus ihrer Sicht Hinweise geben, was sie für ein ausgezeichnetes Wohlergehen benötigen. Wird Meerschweinchen in einer Apparatur beispielsweise die Wahl gegeben, ob sie lieber zusammen mit einem Zwergkaninchen, einem anderen Meerschweinchen oder allein leben möchten, so entscheiden sich fast alle Tiere für das Zusammensein mit dem Artgenossen.

Der Test hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Hausmeerschweinchen heutzutage nicht mehr, wie früher häufig üblich, zusammen mit Zwergkaninchen oder einzeln gehalten werden, sondern tiergerecht, das heißt, zusammen mit einem oder mehreren Artgenossen.

Vgl. Sachser/Richter/Kaiser: Grundbegriffe,157

56 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 3. TIERETHIK D 56 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 56
Leseprobe

Tierethik – Tierschutz – Tierrechte

In der akademischen Diskussion wie auch in der aktivistischen Szene spielt die begriffliche Abgrenzung von Tierschutz und Tierrechten eine besondere Rolle:

1. Im Tierschutz wird der „Nutzungsanspruch“ des Menschen gegenüber den Tieren durch Gesetze eingeschränkt. Es lassen sich zwei Formen unterscheiden:

a) Beim anthropozentrischen Tierschutz haben Menschen den Tieren gegenüber bloß indirekte Pflichten. So dürfen z. B. keine Tiere gequält werden, weil dadurch das Eigentum des Anderen geschädigt oder dessen ästhetisches Empfinden gestört wird. Die Pflichten gegenüber den Tieren sind also von den Menschen abhängig.

b) Der ethische Tierschutz stellt das Tier „um seiner selbst willen“ ins Zentrum. Der Mensch ist ihm gegenüber direkt verpflichtet, und zwar deshalb, weil es sich dabei um ein Lebewesen handelt, das fähig ist, Freuden zu erleben und Schmerzen zu erleiden. „Tatsächlich ist gerade der ethische Tierschutz stark an der Empfindungsfähigkeit von Tieren ausgerichtet und damit dem Grundsatz verpflichtet, dass es moralisch unzulässig ist, Tiere über das erforderliche Maß hinaus leiden zu lassen. […] Es geht demnach bloß darum, wie wir mit Tieren, die wir für unsere Zwecke gebrauchen, umgehen sollten, und nicht um die Frage, ob wir sie überhaupt nutzen dürfen.“ […]

2. Von der Tierrechtsbewegung wird der „Nutzungsanspruch“ grundlegend in Frage gestellt. Den Tieren werden folgende Rechte zugesprochen:

a) Moralische Rechte kommen Lebewesen aufgrund gewisser Eigenschaften, Fähigkeiten, Bedürfnisse zu.

b) Gesetzliche Rechte verleiht der Staat.

c) Hinter positiven Rechten steht der Anspruch auf Beistand und Hilfeleistung.

d) Negative Rechte beanspruchen zumindest, das Wohlergehen nicht zu beeinträchtigen.

e) Im Falle positiver Rechte gelten direkte Pflichten des Menschen, z. B. Handlungs- und Hilfspflichten. von Tieren, z. B. darf der Menschen ein Tier nicht in seiner Freiheit einschränken. Vgl. Petrus: Rechte-Ansatz, 83f.

B 57 ZUM BILD

Der Nacktmull

Die Nager – Verwandte des Hamsters – nur auf ihr Äußeres zu beschränken wäre dumm. Die Nacktmulle lassen Forschende wegen ihrer Fähigkeiten und ihres Verhaltens staunen. Sie werden über 30 Jahre alt, erkranken nicht an Krebs und organisieren sich wie Bienen oder Ameisen.

 Impuls: Erläutern Sie, in welchen Situationen Sie welchen Tieren mit Skepsis, Neugier, Spielfreude, Abneigung … begegnen.

Über Tierschutz, artgerechte Tierhaltung sowie gesetzliche Mindeststandards in Österreich.

„Tierschutz hat mehrereAspekte für mich. Zuallererst bedeutet er,Tiere als Lebewesen mit Emotionen und individuellen Bedürfnissen zu sehen. In weiterer Folge sehe ich uns Menschen in der Verantwortung,Tieren, die Hilfe brauchen, zu helfen undTieren, die zum Wohl des Menschen gehalten werden, optimale Lebensbedingungen zu schaffen. Unabhängig davon, ob es sich um Nutztiere handelt oder nicht.“

„Wenn wir vom gesetzlichen Mindeststandard ausgehen, so ist die Tierhaltung bei den Schweinen am schlechtesten. Stichwort: Vollspaltenböden.Auch bei den Rindern ist eine permanente Anbindehaltung zwar nicht mehr oft, aber immer noch möglich. Etwas besser ist der gesetzliche Mindeststandard bei der Geflügelhaltung. Dennoch ist der gesetzliche Mindeststandard der Tierhaltung in Österreich auf keinen Fall tiergerecht.“

„Wir als Tierschutzverein verlangen zumindest, dass die Tiere ihre angeborenen Verhaltensweisen weitgehend ausleben können, wie etwa Futtersuchtrieb, Ruhemöglichkeit oder Zugang zu natürlichem Licht.Wir empfinden Freilandhaltung vonTieren als tiergerecht, wenn alle dazugehörigen Bedingungen wie Fütterung, weiche und geschützte Liegebereiche oder Schutz vor Wildtieren auch optimiert sind.“

O-Töne aus: tierschutz-austria.at*

57 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 e 57 ETHICA fragt … I
57,1
Nacktmull. Foto: istock.com ... die Tiermedizinerin Carina kriegl vom Tierschutzverein „gesellschaft zukunft Tierwohl“. Bild: voeht.at*
Leseprobe

o 56,1 Tiere beziehen sich auf Tiere

M35: g edankenexperiment : Stellen Sie sich vor, dass die Tiere ihre artgerechten Bedürfnisse selbst formulieren könnten: Was sagt die Gans, was sagt der Fuchs?

I 56,1 Artgerechte Tierhaltung: Wie Tiere leben wollen

Erklären Sie den Zusammenhang zwischen „Präferenztest“ und artgerechter Tierhaltung.

D 56 „Das Leben der Tiere“ von John M. Coetzee

Stellen Sie sich vor, Sie wären mit Elisabeth Costello zum Essen verabredet. Sie unterhalten sich mit ihr über das Thema „Fleischkonsum.“ Gestalten Sie einen kurzen Dialog zwischen Ihnen und Frau Costello, der das folgende Zitat enthält: „Vielleicht haben wir die Götter erfunden, damit wir sie verantwortlich machen können. Sie haben uns erlaubt, Fleisch zu essen. [...] Es ist nicht unsere Schuld, es ist die ihre. Wir sind nur ihre Kinder. Das ist bequem. Gott hat uns gesagt, dass es in Ordnung ist.“

Begründen Sie dabei Ihren Standpunkt.

v 56 Was ist ein Tier?

Formulieren Sie folgende Sätze an der Tafel fertig: Tiere dürfen …, können …, sollen …, müssen ... Setzen Sie dann statt „Tier“ Ihr Haustier oder Ihr Lieblingstier ein.

Erörtern Sie die Frage: Was ändert sich am Ergebnis?

58 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 3. ALS TIERE LEBEN | arBeITSaUFgaBeN
Leseprobe

o 57,1 Tierethik – Tierschutz – Tierrechte

1. Sehen Sie nebenstehende Grafik an, dann M06: Äußern der Meinung. Spielen die vermeintlichen Unterschiede zwischen Menschen und Tieren moralisch überhaupt eine Rolle? Bilden Sie eine Kleingruppe mit jenen, die Ihre Meinung teilen. M07: r ational argumentieren. Welche Argumente stützen Ihre Meinung. Diskutieren Sie anschließend mit Ihren Meinungskontrahenten im Plenum.

2. Ist es Ihrer Ansicht nach ethisch verpflichtend, den Tierschutz in welcher Form auch immer (Spenden für Organisationen u. a.) zu fördern? Begründen Sie Ihre Meinung.

3. M35: g edankenexperiment. Stellen Sie sich vor, ab morgen würden alle Tierschutzorganisationen abgeschafft. Erörtern Sie einige Probleme, die sich daraus ergeben würden.

e 57 „Gesellschaft Zukunft Tierwohl“

k 59

Quelle: Kockel: Tierethik, 10f.

Inzwischen unterscheiden wir zwischen verschiedenen Auffassungen darüber, in welchem Verhältnis Tier und Mensch zueinander stehen und ob wir überhaupt eine klare Grenze zwischen uns und dem Rest ziehen können.

Inzwischen unterscheiden wir zwischen verschiedenen Auffassungen darüber, in welchem Verhältnis Tier und Mensch zueinander stehen und ob wir überhaupt eine klare Grenze zwischen uns und dem Rest ziehen können.

Differentialismus

Differentialismus: Tier und Mensch unterscheiden sich prinzipiell voneinander.

Tier und Mensch unterscheiden sich prinzipiell voneinander.

Assimilationismus

Assimilationismus: Es gibt keine prinzipielle „anthropologische Differenz“.

Es gibt keine prinzipielle „anthropologische Differenz“.

Gradualismus

Gradualismus: Tier und Mensch unterscheiden sich nur dem Grade nach, nicht prinzipiell.

Leseprobe

Tier und Mensch unterscheiden sich nur dem Grade nach, nicht prinzipiell.

Skeptizismus

Skeptizismus: Es kann kein Wissen darüber geben, ob und wie wir uns vom Tier unterscheiden.

Es kann kein Wissen darüber geben, ob und wie wir uns vom Tier unterscheiden.

Eine der zentralen Fragen der Tierethik lautet daher: Spielen die vermeintlichen oder tatsächlichen Unterschiede moralisch überhaupt eine Rolle? Und wenn ja, inwiefern?

M20: Begriffsanalyse. Analysieren Sie die „Mindeststandards der Tierethik“ in den Aussagen von Dr. Carina Kriegl. 

M INDEST- STANDARD

Ich kann die Begriffe Tierethik, Tierschutz und Tierrechte unterscheiden.

Ich kann eine perspektivische Haltung zu artgerechter Tierhaltung einnehmen.

Kompetenzcheck

Ich kann differenziert zum Verhältnis Mensch und Tier Stellung beziehen.

Ich kann Tier-Tier-Beziehungen aus verschiedenen Perspektiven beschreiben.

59 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
PB 11

Der k leine Prinz und der Fuchs

„Wer bist du?“, fragte der kleine Prinz. „Du bist sehr hübsch …“ – „Ich bin ein Fuchs.“ ... „Komm und spiel mit mir“, schlug der kleine Prinz vor. „Ich bin so traurig …“ – „Ich kann nicht mit dir spielen“, sagte der Fuchs. „Ich bin nicht gezähmt.“

„Ah! Verzeihung“, sagte der kleine Prinz.

„Was bedeutet ,zähmen’?“ – „Du bist nicht von hier“, sagte der Fuchs, „was führt dich her?“ – „Ich suche die Menschen“, sagte der kleine Prinz. „Was bedeutet ,zähmen’?“

„Die Menschen“, sagte der Fuchs, „sie haben Waffen und sie jagen. Das ist ärgerlich! Sie halten sich auch Hühner. Das ist ihr einziges Interesse. Suchst du Hühner?“

„Nein“, sagte der kleine Prinz. „Ich suche Freunde. Was bedeutet ,zähmen’?“

„Das wird oft ganz vernachlässigt“, sagte der Fuchs. „Es bedeutet ,sich vertraut miteinander machen’.“

„Vertraut machen?“ – „Natürlich“, sagte der Fuchs. „Du bist für mich nur ein kleiner Junge, ein kleiner Junge wie hunderttausend andere auch. Ich brauche dich nicht. Und du brauchst mich auch nicht. Ich bin für dich ein Fuchs unter Hunderttausenden von Füchsen. Aber wenn du mich zähmst, dann werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzigartig sein. Und ich werde für dich einzigartig sein in der ganzen Welt …“

exuperysprinz.de

VERNETZUNGEN

h istorische Stationen einer e thik des Tieres

■ Tierschutzbestimmungen finden sich in der Bibel und bei antiken Philosophen, aber auch die allgemeine Ansicht, dass Tiere zum Nutzen des Menschen bestimmt sind.

■ Der Theologe Thomas von a quin (1225–1274) bekräftigt in mehreren Schriften die Rechtmäßigkeit der Tiertötung.

■ Der Jurist und skeptische Philosoph Michel de Montaigne (1533–1592) übte in seinen Essays (1580) vielfältige Kritik an der menschlichen Arroganz gegenüber Tieren.

■ Der Philosoph, Mathematiker und Naturwissenschaftler r ené Descartes (1596–1650) sah im Tier lediglich eine Maschine.

■ Nach Immanuel kant (1724–1804) darf man Tiere nicht quälen, weil andere Menschen Mitleidsgefühle bekommen könnten, auch Gefühle, die man selbst auch nicht haben möchte.

■ jeremy Bentham (1748–1832) formuliert, dass der Tag kommen wird, an dem auch Tiere in den Kreis der moralischen Gemeinschaft aufgenommen werden. Die Fähigkeit zu leiden ist für ihn die entscheidende Gemeinsamkeit zwischen Mensch und Tier.

■ Als eigenständige philosophische Bereichsethik ist die Tierethik erst in den 1970er Jahren entstanden. Initialzündungen waren etwa Peter Singers einflussreiches Buch „ a nimal Liberation“ (1975) und Tom Regans „The Case for a nimal r ights“ (1983). Vgl. Ach/Borchers: Geschichte, 3–24

2. Tiere zähmen

?Tiere sind zum täglichen Begleiter des Menschen geworden. Als Haustier, im Sport, zur Unterhaltung, zur Therapie, als Spielzeug und als Freund. Wir haben uns Tiere gezähmt und gefügig gemacht, doch wie rechtfertigen wir ethisch unseren Umgang mit Tieren?

o 60,1 Fragen der Tierethik

Der Bioethiker Johann S. Ach, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Bioethik der Universität Münster, beschreibt die vielfältigen Aspekte der „Tierethik“:

„Die in der Tierethik behandelten Fragen sind vielfältig und betreffen beinahe alle Aspekte des menschlichen Umgangs mit Tieren. Tierversuche und die Möglichkeit der Xenotransplantation beispielsweise werfen die Fragen auf, ob überhaupt, und wenn ja, wie der Nutzen dieser Praktiken für den Menschen gegen die Schmerzen, Leiden oder Belastungen für die betroffenen Versuchstiere bzw. für die als ‚Organquellen‘ herangezogenen Tiere abgewogen werden kann.

Im Hinblick auf die landwirtschaftliche Nutzung von Tieren, Massentierhaltung, Tiertransporte und die Praxis des Fleischverzehrs stellt sich die Frage, ob es moralisch gerechtfertigt werden kann, Tiere zu züchten und zu Zwecken der Nahrungsgewinnung oder als Ressource für Bekleidungsmaterialien zu töten. Der Gebrauch von Tieren zu Zwecken der Unterhaltung im Zirkus oder ihre Haltung als Heim- und Schoßtiere wirft die Frage auf, ob Tiere auch jenseits eines Anspruchs auf Schmerz- und Leidensfreiheit ein Recht darauf haben, nicht instrumentalisiert zu werden. Mit Blick auf die Haltung von Tieren in zoologischen Gärten und Aquarien kann nicht nur gefragt werden, ob sich der Schutz einer Art bzw. der Erhalt der Artenvielfalt auf eine Weise begründen lassen, die es als gerechtfertigt erscheinen lassen, die moralischen Ansprüche einzelner tierlicher Individuen zu überbieten, sondern auch, ob zumindest bestimmte Tiere (moralische) Rechte besitzen, zu denen auch Freiheitsrechte gehören könnten.

Die Möglichkeiten der gentechnisch gestützten Merkmalszüchtung und der Herstellung transgener Tiere werfen die Frage auf, ob Tiere eine Würde besitzen, die einen Eingriff in ihre ‚genetische Integrität‘ ausschließt. Im Zentrum der Tierethikdebatte steht die Frage nach dem moralischen Status von Tieren, also die Frage, ob bzw. welche Tiere ,moralisch zählen‘ und entsprechend zur ,moralischen Gemeinschaft‘ gehören.“

Ach: Tierethik, 192f.

60 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 3. TIERETHIK D 60 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 60
Leseprobe

I 61,1

Der Mensch im Mittelpunkt – Anthropozentrik

Im Mittelpunkt des anthropozentrischen Ansatzes steht der Mensch. Ihm wird eine Sonderstellung wegen seiner Vernunftbegabung, wie die Aufklärung sagt, oder wegen seiner Sonderstellung als beseeltes Lebewesen oder als „Ebenbild Gottes“, wie die christliche Theologie sagt, eingeräumt. Seine Interessen müssen geschützt werden. Nur der Mensch ist Adressat/Objekt ethischen Handelns. Tierische, pflanzliche und nicht-lebendige Umwelt haben kein Recht und kein Schutzinteresse aus sich heraus. Lediglich als Umwelt für den Menschen sind sie von ethischer Relevanz.

Grundannahme ist, dass der Mensch – egal ob als das am höchsten entwickelte und über Rationalität verfügende Lebewesen oder als von Gott eingesetzter „Herrscher über die Natur“ („Macht euch die Erde untertan“) – die Natur in seinen Dienst stellen dürfe. Der fundamentale Unterschied zwischen Mensch und Tier und die Vormachtstellung des Menschen wird mit dessen besonderen humanen Qualitäten, zum Beispiel mit Leidensfähigkeit, Lebenswille, Bewusstsein, Ich-Bewusstsein, Vernunft, Seele, Individualität, Ich-Gefühl, Selbstreflexion, Selbstwertgefühl, Würde, Sprache begründet. brgdomath.com*

Geringe Dauer an Glücksfähigkeit

In einemTiergarten, einem Zoo oder in einem Haus des Meeres können Menschen verschiedene Tiere erleben. Oft wird bei aller Freude und Begeisterung auch gefragt, ob das Halten vonTieren in solchen Umgebungen tatsächlich artgerecht und notwendig ist. Foto: istock.com

61,1

Leseprobe

Der deutsche Schriftsteller und Philosoph David R. Precht (*1964) sieht im Menschen „das einzige Tier, das sich bewusst dazu entscheiden kann, unmoralisch zu handeln! Er ist nicht das einzige Tier, das lacht – auch Schimpansen können lachen. Aber er ist das vermutlich einzige Tier, das andere auslacht. Und es ist anzunehmen, dass Menschen auch die einzigen Tiere sind, die andere Angehörige der eigenen Art hassen können: Menschen, die anders sind als sie, Menschen, die eine andere Hautfarbe haben, Menschen, die an etwas anderes glauben, Menschen, die mehr besitzen als sie, Menschen, die in anderen Ländern oder Kulturkreisen leben. Warum das so ist, ist nicht leicht zu sagen. Ein Hinweis könnte sein, dass der Mensch das Tier mit der wahrscheinlich geringsten dauerhaften Glücksfähigkeit ist.“

Precht: Egoist, 88

B 61 ZUM BILD

Natur als Selbstbedienungsladen?

Der Mensch ist einerseits Teil der Natur, andererseits „bedient“ sich der Mensch der tierischen und pflanzlichen Natur, um zu überleben, sich an ihr zu erfreuen und aus ihr Nutzen zu ziehen.

 Impuls: Gestalten Sie in der Lerngruppe ein Plakat. Schreiben Sie die Überschrift „Natur als Garten – Natur als Selbstbedienungsladen“ in die Mitte. Ordnen Sie jene Begriffe rundherum an, die Sie damit assoziieren. Problematiseren Sie in Kleingruppen jeweils einen der Begriffe.

... Laura zodrow, autorin und Mitgründerin des Tierschutzvereins „animal public“. Sie zeigt aus verschiedenen Perspektiven die Fragwürdigkeit von Tierhaltung für zirkusse.

Foto: animal-public.de*

Noch heute werden Tiere zur Belustigung des Menschen ausgebeutet und zum Freizeitvergnügen eingesetzt. Warum wir unseren Umgang mit Tieren hinterfragen müssen.

„Obwohl sich unser Wissen über Tiere und unser Tierschutzverständnis in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt haben, hat sich in Zoos und Zirkussen für dort gehalteneTiere kaum etwas geändert. Zwar versuchen sie sich heute als Bildungseinrichtungen zu präsentieren, die einen Beitrag zumArtenschutz leisten, tatsächlich sind es nach wie vor Unternehmen, die Geld mit der Zurschaustellung gefangengehaltenerTiere verdienen.“

„Die Tiere werden unter widernatürlichen Umständen auf engstem Raum den Massen präsentiert. Ihre natürlichen Verhaltensweisen können sie dort nicht annähernd ausleben. Ganz besonders schlimm sind die Haltungsumstände in reisenden Zirkusunternehmen, die alle paarTage an einen anderen Ort ziehen. DieTiere verbringen einen Großteil ihres Lebens eingesperrt in winzige Tiertransporter. Die Folge solcher Haltungsbedingungen sind physische und psychische Erkrankungen.“

„Im Zirkus ist es an der Zeit, die Haltung und Dressur von Tieren zu beenden. Die bloße Tatsache, dass etwas eine Tradition hat, kann kein Rechtfertigungsgrund für sein Fortbestehen sein, wenn es den heutigen Wertvorstellungen nicht mehr entspricht. Und das ist bei der Haltung von Wildtieren im Zirkus der Fall.“

O-Töne aus: hpd.de*

61 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 e
61 ETHICA fragt …
o
?

o 60,1 Fragen der Tierethik

Nehmen Sie zu drei der folgenden Thesen begründet Stellung :

a) Das Haustier ist der beste Freund.

b) Wer ein Haustier besitzt, ist ein Egoist.

c) Das Haustier zeigt, was für ein Mensch der/die Besitzer/in ist.

d) Ein Haustier kann man nicht besitzen.

e) Ohne Haustiere wäre das Leben der Menschen ärmer.

f) Für viele Menschen ist ein Haustier nur Mittel zum Zweck.

I 61,1 Der Mensch im Mittelpunkt – Anthropozentrik

1. Skizzieren Sie den Begriff Anthropozentrik.

2. Ermitteln Sie Begriffe, die aus anthropozentrischem Blickpunkt die Vorangstellung des Menschen gegenüber dem Tier begründen sollen.

3. Erörtern Sie negative Auswirkungen des anthropozentrischen Ansatzes auf globaler Ebene.

o 61,1

Geringe Dauer an Glücksfähigkeit

Gestalten Sie eine Zeichnung (Comic, Karikatur …) zum Text von Richard David Precht.

62 Alle Menschen streben nAch glück ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 62 3. TIERE ZäHMEN | arBeITSaUFgaBeN
Vgl. Seelhorst, Mensch im T ier, 33–40
Leseprobe

D 60 Der kleine Prinz und der Fuchs

1. M34: Szenische Umsetzung. Der kleine Prinz und der Fuchs

1. Entwickeln Sie folgende Gedanken: Warum möchte der Fuchs, dass er gezähmt wird? Ist gezähmt zu werden etwas Erstrebenswertes? Begründen Sie Ihre Einschätzung.

2. Der Fuchs beschreibt das „Zähmen“ als ein „Sich-miteinander-vertraut-Machen“. Interpretieren Sie diesen Zusammenhang in der Mensch-Tier-Beziehung.

v 60 Historische Stationen einer Ethik des Tieres

Gestalten Sie arbeitsteilig in Kleingruppen jeweils ein Plakat zu einem der folgenden Themen:

1. Tierschutz in der Antike; 2. Michel de Montaigne und die Arroganz gegenüber Tieren; 3. René Descartes: „Maschine Tier“;

4. Jeremy Bentham: „Tag der moralischen Gemeinschaft“.

e 61 Tiere im Zirkus

M12: Fishbowl. Diskutieren Sie die Aussagen von Laura Zodrow.

k 63

Ich kann den Begriff „Anthropozentrismus“ und Zusammenhänge damit erklären.

Ich kann historische Eckdaten der Tierethik benennen und charakterisieren.

Kompetenzcheck

Ich kann mindestens drei Aspekte einer Tierethik nennen und sie darstellen.

Ich kann das Thema „Tiere im Zirkus“ analytisch betrachten und begründet Stellung beziehen.

63 analysieren & reflektieren etHiCa beherzt | begründet | handeln 2 63
Leseprobe

Totem und Totemismus

Totem (aus der Ojibwa-Stammessprache) heißt sinngemäß „er ist aus meiner Verwandtschaft“. Mit einem Totem kann eine Tier- oder Pflanzenart gemeint sein mit der sich ein menschlicher Sozialverband (z. B. eine indigene Gruppe in Nord- oder Südamerika oder in Melanesien), emotional verbindet. Diese Verbindung zeigt sich in einem respektvollen Umgang mit dem Totem etwa als Tötungsoder Speiseverbot. Der Totemismus meint eine auf gefühlsmäßige und ursprüngliche Abstammung zurückgeführte Bindung an bestimmt Tiere oder Pflanzen.

„Dahinter steht möglicherweise der Wunsch, den menschlichen Lebenskreis mit der meist als Bedrohung empfundenen Wildnis zu versöhnen und somit die Zweiteilung des Kosmos aufzuheben, indem man die Natur systematisch zu ordnen sucht und zwischen deren Erscheinungsformen und eigenen Sozialeinheiten verwandtschaftliche Beziehungen baut.“

Religiöse Bedeutung gewinnt dieser Prozess durch die Heiligung bestimmter Symbole und Orte.

Von der Deutung des Totemismus als „universelle Urreligion“ ist die Forschung mittlerweile abgerückt. Totems sind Ausdruck bestimmter Gruppenidentitäten und werden nicht notwendigerweise verehrt. Vgl. Brockhaus der Religionen, 645

VERNETZUNGEN

Das Tierschutzgesetz (TSch g )

§ 1. Ziel dieses Bundesgesetzes ist der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf. Bundesgesetz über den Schutz der Tiere (Tierschutzgesetz – TSchG)

§ 5, Abs. 1: Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

§ 6, Abs. 1: Es ist verboten, Tiere ohne vernünftigen Grund zu töten.

§ 7, Abs. 1: Eingriffe, die nicht therapeutischen oder diagnostischen Zielen oder der fachgerechten Kennzeichnung von Tieren in Übereinstimmung mit den anwendbaren Rechtsvorschriften dienen, sind verboten.

§ 32, Abs. 1: Unbeschadet des Verbotes der Tötung nach § 6 darf die Tötung eines Tieres nur so erfolgen, dass jedes ungerechtfertigte Zufügen von Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwerer Angst vermieden wird.

Weitere gesetzliche Regelungen: Tierversuchsgesetz, Tiertransportgesetz ris.bka.gv.at

3. Tiere essen

?Wir essen Tiere und deren Produkte. Manche Menschen verzichten teilweise oder ganz darauf. Wann ist es erlaubt, Tiere zu töten? Wie viel Fleisch müssen wir unbedingt zu uns nehmen?

Tiere verdienen es …

64,1

Die US-amerikanische Philosophin Evelyn Pluhar (*1947) hat sich speziell mit dem „moralischen Status von Tieren“ beschäftigt. Sie schreibt: „Wenn es Menschen verdienen, ungeachtet ihrer intellektuellen Fähigkeiten respektvoll behandelt zu werden, dann verdienen dies auch viele nichtmenschliche Lebewesen, ganz unabhängig davon, wie gut sie uns schmecken mögen. Moralische Akteure sind dazu verpflichtet, in ihren Handlungen konsequent und gerecht zu sein. (Dagegen sind kleine Kinder, geistig beeinträchtigte Menschen, Hunde, Katzen, Tiger usw. für das, was sie tun, nicht moralisch verantwortlich.) Wenn wir uns diesen Gedanken lebhaft vor Augen führen, dann sind Gefühle und Verpflichtungen miteinander im Einklang. Wenn wir versuchen, uns in ein Opfertier hineinzuversetzen (auch in ein menschliches Opfertier), sind wir weit weniger geneigt, ein Lebewesen zum Opfertier zu machen, besonders dann, wenn es nur um den Gaumenkitzel geht. Alle Wesen, denen es etwas ausmachen kann, was mit ihnen geschieht, die ein Ergebnis einem anderen vorziehen können, haben ein Leben, das sich moralisch gesehen nicht auf das Vergnügen anderer reduzieren lässt. Wir können ein Interesse an ihnen haben, weil sie ein Interesse an sich haben. Für sie hängt etwas davon ab, was der nächste Augenblick mit sich bringt, genau wie dies für uns gilt. Ich muss weder etwas von Infinitesimalrechnung [Differential- bzw. Integralrechnung] noch von Lyrik verstehen, um ein Leben zu besitzen, das für mich von Bedeutung ist.“ […] Pluhar: Recht, 305

Ausweglos?

www.margit-krammer.at

64 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 3. TIERETHIK D 64 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 64
o
o 64,2
Leseprobe

o 65,1

Der lange Schatten der Viehzucht

Der Theologe und Ethiker Kurt Remele (*1956) prägte das Bild vom „langen Schatten der Viehzucht“. Dabei bezog er sich auch auf den Historiker Harrari und schreibt: „,Das Schicksal der Tiere in industriellen Anlagen […], ist eines der vordringlichsten ethischen Anliegen unserer Zeit, allein schon wegen der Zahlen, um die es hierbei geht. Heutzutage leben die meisten großen Tiere in Tierfabriken. Wir stellen uns vielleicht vor, dass unser Planet von Löwen, Elefanten, Walen und Pinguinen bevölkert ist. Das trifft vielleicht auf den Fernsehkanal von National Geographic zu, auf Disneyfilme und auf Kindermärchen, aber es stimmt nicht für die Welt, wie sie ist. Es gibt 40.000 Löwen auf der Welt, aber im Gegensatz dazu gibt es ungefähr eine Milliarde Zuchtschweine; 500.000 Elefanten und eineinhalb Milliarden Kühe als Nutztiere, fünfzig Millionen Pinguine und zwanzig Milliarden Hühner. Diese riesige Anzahl an sogenannten Nutztieren, die allermeisten davon in industrieller Tierhaltung, führt nicht nur zu immensem Tierleid, sondern produziert auch ein ungeheures Maß von Umweltverschmutzung und Umweltzerstörung.

Wer Rinderbraten oder Rindersteak konsumiert, sollte sich bewusst sein, dass Rinder Unmengen von Methangas produzieren und ausrülpsen und dass Methangas deutlich mehr zur Erderwärmung beiträgt als Kohlendioxid. Er oder sie sollte der Tatsache gewahr werden, dass man 13 kg Getreide braucht, um ein einziges Kilogramm Rindfleisch zu produzieren. Um 1 kg Rindfleisch für einen Hamburger in einem Fast-Food-Restaurant herzustellen, benötigt man 12-mal so viel Wasser wie für einen Kilo Brot, 64-mal so viel wie für ein Kilo Kartoffeln und 86-mal so viel wie für einen Kilo Tomaten. Der britische Journalist John Vidal hat dargelegt, dass Omnivoren [Allesesser] auch wesentlich mehr Lebensraum in Anspruch nehmen als Vegetarier und Veganer: ,Eine Familie in Bangladesch, die sich von Reis, Bohnen, Gemüse und Obst ernährt, kann auf ca. 4047 m2 oder weniger Landfläche leben. Ein durchschnittlicher US-Amerikaner, der etwa 121,5 kg Fleisch konsumiert, braucht 20-mal mehr.‘“ Remele: Würde, 143f.

B 65 ZUM BILD

Karikatur: Oliver Sebel, 2016; (GenauerTitel siehe Lösungsteil).

Grafik: lebensmittelzeitung.net*

e 65 ETHICA fragt …

Leseprobe

... kurt remele, Professor für ethik und gesellschaftslehre an der katholisch-Theologischen Fakultät graz. zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen u. a. die Umwelt- und Tierethik. Foto: de-academic.com*

Über den Wert von Tieren, fleischlose Ernährung sowie die Notwendigkeit, unseren Fleischkonsum zu reduzieren.

„Ich finde, es ist wichtig zu sagen, dass man mitTieren nicht alles machen kann. So wie alle Menschen haben auch Tiere eine Würde, einen Eigenwert.“

„Wenn der Hauptgrund, warum ich ein Tier esse, darin liegt, dass ich lieber Steak als Bohnen esse, dann ist aus ethischer Sicht das Interesse des Tieres ‚nicht getötet zu werden‘ höher zu stellen als das Interesse des Menschen ‚ein bestimmtes Geschmackserlebnis zu haben‘.“

„Ich glaube,dass in Österreich und Deutschland die Zahl der Vegetarier und Veganer steigt.Weltweit jedoch nimmt der Fleischkonsum zu, weil Fleisch gerade in aufstrebenden Ländern wie China oder Indien ein Symbol fürWohlstand ist.“

Massentierhaltung ohne a lternative?

Der Karikaturist Oliver Sebel nimmt das aktuelle Branchengeschehen des Lebensmittelhandels aufs Korn. Er fragt mit spitzer Feder, wie eine Alternative aussehen würde.

 Impuls: M44: k arikaturenüberschrift finden.  Erörtern Sie, inwiefern die Art der Tierhaltung ein Kriterium dafür sein kann, ob man es mit dem Mitgefühl für Tiere und dem Tierrecht ernst meint?

„Ernährungswissenschaftlich gesehen ist Fleischkonsum für den Menschen, wenn man gut informiert ist, nicht notwendig.Viele Studien zeigen, dass eine vorwiegend pflanzliche Ernährung gesünder ist als eine fleischintensive.“

„Es ist sehr wichtig, den Fleischkonsum zu reduzieren, auch mit Maßnahmen wie beispielsweise einer Fleischsteuer. Zumindest sollen im Fleischpreis die externen Kosten der nächsten Generationen, wie etwa Klimabelastungen, enthalten sein. Fleischpreise sollen Kostenwahrheit widerspiegeln.“

O-Töne zitiert aus: begegnung-online.de*

65 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2

o 64,1 Tiere verdienen es ...

Formulieren Sie einen Zeitungs-Kommentar zum Text „Tiere verdienen es …“.

o 64,2 Ausweglos?

1. Beschreiben Sie die dargestellte Situation.

2. Begründen Sie, inwiefern diese Karikatur das heutige Denken bezüglich Tierethik gut bzw. weniger gut zum Ausdruck bringt.

o 65,1 Der lange Schatten der Viehzucht

M03: Sechs h ütchen. Problematisieren Sie die „Fleischproduktion“ und den „Fleischkonsum“ gemäß der Methode.

66 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 3. TIERE ESSEN | arBeITSaUFgaBeN
Leseprobe

D 64 Totem und Totemismus

Indigene Völker fühlten sich mit dem Totemtier verbunden. Erörtern Sie folgende Fragen:

• Wie ist Ihre emotionale Bindung zu (Haus-)tieren?

• In welchen Situationen können (Haus-)tiere Zuversicht und Kraft geben?

v 64 Das Tierschutzgesetz (TSchG)

Wir erzeugen Lärm und Schadstoffe, z. B. Silvesterfeuerwerke u. a. Es schadet uns und den Tieren. M10: Debatte. Problematisieren Sie diese Tatsache: Ist dies mit dem Tierschutzgesetz vereinbar?

e 65 Fleischlose Ernährung

k 67

Leseprobe

Erörtern Sie die Frage mit Hilfe der Aussagen Kurt Remeles: Ist fleischlose Ernährung eine Frage des persönlichen Geschmacks oder Teil einer ethischen Verantwortung für alle?

Ich kann mehrere Eckpunkte des Tierschutzgesetzes charakterisieren.

Ich kann mir zum „langen Schatten der Viehzucht“ ein kritisches Urteil bilden.

Kompetenzcheck

Ich kann zum Thema „Fleischproduktion“ und „Fleischkonsum“ qualifiziert argumentieren.

Ich kann zur scheinbaren Ausweglosigkeit einer guten Tierethik kritisch Stellung beziehen.

67 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2

Tierethische Fragen aus christlicher Sicht – ein Impuls „Sämtliche Geschöpfe des Universums bilden alle miteinander eine Art universale Familie. Den Menschen kommt in dieser Familie eine besondere Verantwortung für das Wohl der anderen Geschöpfe zu. Diese Verantwortung bedingt, dass […] eine gesundheitswissenschaftlich informierte vegetarische, wenn nicht gar vegane Ernährungsweise im Allgemeinen als ethisch vorzugswürdig anzusehen ist […] Bei allen Unterschieden im Einzelnen gilt dies für die brutalen Tiermassaker der Stierkämpfe ebenso wie für den todbringenden Freizeitspaß der Hobbyjagd, für Zirkusveranstaltungen mit Tiernummern ebenso wie für Zoos, die trotz ihrer Bemühungen um Bildung und Artenschutz im letzten doch ,Schauveranstaltungen auf Kosten der tierischen Zwangsdarsteller‘ bleiben. Tierversuche werden heute von zahlreichen Experten als ethisch und wissenschaftlich fragwürdig bewertet. […] Die vorliegenden Daten, die die Unzuverlässigkeit von Tierexperimenten aufzeigen, widerlegen die seit langem bestehende Behauptung, dass Tierexperimente für die Verbesserung der menschlichen Gesundheit notwendig und deshalb auch ethisch gerechtfertigt seien. Für Heim- und Kumpantiere zu sorgen kann ethisch legitim und menschlich wertvoll sein, solange die Tiere nicht als Eigentum des Menschen betrachtet werden und die Fürsorge für sie nicht Formen der Vermenschlichung (Anthropomorphismus) annimmt, die den Tieren schaden.“ Remele: Würde, 141f.

VERNETZUNGEN

Tierversuchsgesetz: erlaubte zwecke von Tierversuchen Tierversuche dürfen nur durchgeführt werden, soweit sie zu einem der folgenden Zwecke unerlässlich sind: 1. Grundlagenforschung; 2. angewandte Forschungen zur a) Verhütung, Vorbeugung, Diagnose oder Behandlung von Krankheiten bei Menschen, Tieren oder Pflanzen oder b) Beurteilung, Erkennung, Regulierung oder Veränderung physiologischer Zustände bei Menschen, Tieren oder Pflanzen oder c) Verbesserung des Wohlergehens der Tiere und Produktionsbedingungen für die zu landwirtschaftlichen Zwecken aufgezogenen Tiere oder 3. Entwicklung und Herstellung von Arzneimitteln, oder 4. Schutz der natürlichen Umwelt im Interesse der Gesundheit oder des Wohlergehens von Mensch oder Tier.

4. Tiere nutzen

Tiere werden in Tierversuchen als „Versuchskaninchen“ benutzt, in den modernen Biotechnologien manipuliert (transgene Tiere, Xenotransplantation) Welche ethischen Anforderungen sind dabei zu beachten?

„Für das Wohl aller Tiere, die leiden können“

Der australische Bioethiker Peter Singer gilt als einer der radikalsten Denker der Gegenwart. In einem Interview spricht er über Tierwohl, Menschenaffen und Tierversuche:

■ „Das Problem bei den Tierversuchen besteht darin, dass den Interessen der Tiere dabei überhaupt keine Rechnung getragen wird, ganz im Gegensatz zu klinischen Versuchen mit menschlichen Patienten. Ich denke, dass auch Tiere ein Interesse haben, nicht zu leiden. Aber das wird überhaupt nicht berücksichtigt.“

Leseprobe

Tierversuchsgesetz: grundsätze von Tierversuchen

1. Tierversuche sind so zu gestalten, dass sie die geringsten Schmerzen, Leiden, Ängste oder dauerhaften Schäden verursachen.

2. Tierversuche dürfen nur an Tieren durchgeführt werden, die die geringste Fähigkeit zum Empfinden von Schmerzen, Leiden oder Ängsten haben oder die geringsten dauerhaften Schäden erleiden.

3. Ist der Tod als Endpunkt unvermeidbar, muss der Tierversuch so gestaltet sein, dass a) möglichst wenige Tiere sterben, b) die Dauer und Intensität der Schmerzen, des Leidens und der Ängste auf das geringstmögliche Maß reduziert wird und c) die Tötung soweit als möglich schmerzfrei ist. Tierversuchsgesetz (§ 5, § 6); nach: ris.bka.gv.at/*

[…]

■ Es muss immer darum gehen, „[…] das Leid der Tiere möglichst gering zu halten und sich möglichst gut um sie zu kümmern. Aber das sollte man bei der Zulassung solcher Versuche vorher immer sicherstellen. Bei der gegenwärtigen Praxis wird das jedoch viel zu wenig berücksichtigt. Ich denke, dass man sich jeden entsprechenden Forschungsantrag im Hinblick auf diese Frage genau anschauen und von Fall zu Fall entscheiden muss.“ […]

■ „Entscheidend ist die Fähigkeit, Leid zu empfinden, und diesbezüglich gibt es natürlich ein Kontinuum. Ganz klar ist, dass Säugetiere und Vögel Leid und Schmerz empfinden können sowie Wirbeltiere ganz generell. Es gibt aber sicher auch Nicht-Wirbeltiere, die leiden können wie etwa der Oktopus. Bei Insekten scheint das – nach allem, was wir aus ihrem Verhalten schließen können – hingegen nicht so zu sein.“ […]

■ „Ich denke, dass es auch beim Umgang mit Menschenaffen einigen Fortschritt gegeben hat. So ist in den meisten Ländern – die USA sind eine Ausnahme – die Forschung an Menschenaffen verboten worden. Auch in Österreich ist das gelungen, wo es ein großes Forschungsprogramm gegeben hat.“ […]

■ „Grundsätzlich geht es mir darum, für das Wohl aller Tiere einzutreten, die leiden können. Die Menschenaffen können aber besonders gut dabei helfen, diese falsche Kluft zu überbrücken, die wir zwischen uns und den anderen Tieren errichtet haben. In meinen jüngeren Arbeiten habe ich mich aber sehr viel mehr mit Tieren beschäftigt, die in der Agro-Industrie und unter Intensivhaltung leiden. Es gibt in einer einzigen Legehennenbatterie wahrscheinlich mehr Leid als in allen Schimpansengehegen in Österreich zusammen.“ […] derstandard.at*

68 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 3. TIERETHIK D 68 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 68
o 68,1 ?

I 69,1

Was kann / darf / soll die Zukunft bringen?

Neben künstlicher Besamung, Klonierung u. a. werden

zukünftig einige Biotechnologien mit Tieren forciert:

■ Tiere zu Zwecken der Nahrungsmittelproduktion genetisch optimieren.

■ Tier-Tier bzw. Tier-Mensch-Mischwesen.

■ Gen-Pharming-Medikamente aus der Milch transgener Tiere.

■ Neue Verfahren wie das Genome Editing ermöglichen es Forschern, sehr genau das Erbgut von Lebewesen zu manipulieren.

■ Xenotransplantation: Schweine, deren Organe von Transplantationspatienten besser vertragen werden.

o 69,1 Therapietiere als Begleittiere

Der Ethiker Peter Kunzmann (*1969) erläutert einige Aspekte zur „Nutzung“ von Begleittieren aus ethischer Sicht:

Leseprobe

„In den letzten Jahrzehnten hat eine Form der Nutzung von Tieren zunehmenden Zuspruch gefunden, die darauf beruht, ,dass eine qualifizierte Anbahnung von MenschTier-Interaktionen geeignet sein kann, positive Effekte bei Menschen auszulösen‘. Diese ,positiven Effekte‘ können je nach Kontext genutzt werden in pädagogischer, therapeutischer und/oder medizinischer Absicht, sie sollen sich auswirken z. B. auf Kinder (vor allem auf solche mit besonderen Bedürfnissen), auf Kranke oder auf alte Menschen […] Tiere fungieren als ,Dienstleister‘ in der sozialen Arbeit, [sie] dienen in offenen Kontakt-Situationen als Beziehungsmedium, in Behandlungssettings als Medium und Co-Therapeut in umwelt-, bewegungs- und freizeitpädagogischen Bildungsangeboten und in arbeitspädagogischen Maßnahmen als Lernimpuls [...]. [Tiere] werden zur Herstellung eines therapeutischen Milieus genutzt, oder sie werden im Rahmen von Tierbesuchsdiensten zeitweise dorthin gebracht. [...] In Einrichtungen der stationären Erziehungshilfe werden zunehmend Tiere wie Esel, Pferde oder auch Lamas gehalten, um Kindern und Jugendlichen förderliche Entwicklungsbedingungen zu schaffen. Schulen bieten Projekte mit Schulhunden an. Ferienfreizeitprogramme für Kinder und Jugendliche umfassen auch Reiterferien.“

Kunzmann: Begleittiere, 233.

ZUM BILD

a us dem Film „Safari“ von Ulrich Seidl

„In den Weiten der Wildnis, dort, wo es Buschböcke, Impalas, Zebras, Gnus und anderes Getier zu Tausenden gibt, machen sie Urlaub. Deutsche und österreichische Jagdtouristen fahren durch den Busch, sie liegen auf der Lauer, sie gehen auf die Pirsch“.

 Impuls: Die Problematik, die der Film anspricht, wird hier auf ein Bild reduziert. Formulieren Sie einen Text zu den beiden im Bild dargestellten Personen.

Foto: ulrichseidl.com*

... Dilyana Filipova von „Ärzte gegen Tierversuche“. Sie setzt sich für tierversuchsfreie Forschung ein.

Foto: cewis.uni-koeln.de/organizers

Ob es Tierversuche in der medizinischen Forschung noch braucht, wie effizient sie sind und welche Gefahren sie mit sich bringen.

„Leider wird die tierversuchsfreie medizinische Forschung kaum finanziert. Eine Studie zeigte, dass die Förderung der tierversuchsfreien Methoden in den einzelnen EU-Ländern weniger als einem Prozent des jeweiligen Forschungsbudgets entspricht.“

„Tiere, die fürVersuche benutzt werden, verbringen ihr ganzes Leben in sehr engen, kahlen Käfigen und in einer komplett künstlichen Umgebung, die keineswegs als artgerecht bezeichnet werden kann. Alles wird standardisiert und einheitlich gehalten – die künstliche Beleuchtung, die Lüftung und derTagNacht-Rhythmus.“

„Ergebnisse aus Tierversuchen können überhaupt nicht zuverlässig auf den Menschen übertragen werden. Bei der Medikamentenentwicklung scheitern ca. 95 Prozent aller Medikamentenkandidaten, die sich im Tierversuch als wirksam und sicher erwiesen haben, in den darauffolgenden Studien mit Menschen.“

„Nur durch eine tierversuchsfreie Forschung ist es möglich, Menschen nicht zu gefährden. Denn die Ergebnisse ausTierversuchen täuschen häufig eine Sicherheit vor, die nicht existiert. EU-weit sterben rund 200.000 Menschen jährlich an den Nebenwirkungen von tierversuchserprobten Medikamenten.“

O-Töne zitiert aus: environition.at/tierversuch/

69 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 e 69
ETHICA fragt
B 69
Ulrich Seidl: „Dann schießen sie, weinen vor Aufregung und posieren vor ihren erlegten Tieren. Ein Urlaubsfilm über das Töten …“

o 68,1 „Für das Wohl aller Tiere, die leiden können“

1. Skizzieren Sie die Argumentationslinie von Peter Singer.

2. Wenn man in Tieren leidensfähige Wesen sieht, müssten nach Singer einige Dinge geändert werden. Erläutern Sie dafür einige Beispiele und charakterisieren Sie weitere problematische Bereiche.

I 69,1 Was kann / darf / soll die Zukunft bringen?

„Pflanzen existieren um der Tiere willen, und die wilden Tiere um des Menschen willen. Haustiere sind ihm zu Nutzen, und er ernährt sich von ihnen, die wilden Tiere (oder jedenfalls die Mehrzahl davon) isst er, und er fertigt aus ihnen andere für das Leben zweckmäßige Dinge wie Kleidung oder verschiedene Werkzeuge. Da die Natur nichts Zweckloses oder Unnützes hervorbringt, so ist es unleugbar wahr, dass sie alle Tiere um des Menschen willen hervorbrachte.“

Aristoteles: Politik I, 1256b zit. nach bpb Quellentexte T ierethik Formulieren Sie Argumente, die gegen bzw. für diese Sichtweise sprechen könnten.

o 69,1 Therapietiere als Begleittiere

Leseprobe

Erstellen Sie eine Tabelle, in der die Vor- und Nachteile der Nutzung von Tieren für Menschen und Tiere ersichtlich werden.

• Titel: Tiernutzung.

• Spalten: Form der Tiernutzung – Menschen (Vorteile/Nachteile) – Tiere (Vorteile/Nachteile)

• Zeilen (in der Spalte „Form der Tiernutzung“: Haustiere/Unterhaltung/Zootiere/Sport/Tierversuche/Tierprodukte).

Idee: Sonja Enzinger: Mensch und T ier auf Augenhöhe in: ZSPE 2019/4, 75

70 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 3. TIERE NUTZEN | arBeITSaUFgaBeN

D 68

Tierethische Fragen aus christlicher Sicht – ein Impuls

M30: Textreduktion. Nennen Sie die „Restsätze“ hier.

v 68 Tierversuchsgesetz

M35: g edankenexperiment. Stellen Sie sich vor, es können keine Tierversuche mehr durchgeführt werden: Welche Auswirkungen könnte dies auf Ihr Leben haben?

e 69 Brauchen wir noch Tierversuche?

Formulieren Sie ein Feedback auf das Statement von Dilyana Filipova in Form einer E-Mail.

k 71

Ich kann drei Grundsätze des Tierversuchsgesetzes charakterisieren.

Ich kann mich über den Begriff „Leidensfähigkeit“ des Tieres mit anderen im Gespräch reflektiert auseinandersetzen.

Kompetenzcheck

Ich kann philosophische Ansätze einer Tierethik mit Impulsen aus der christlichen Tierethik in Beziehung setzen.

Ich kann die Problematik einer „Tiernutzung“ differenziert beurteilen.

71 interagieren & sich mitteilen ethica beherzt | begründet | handeln 2
Leseprobe

Huldigung allen Fliegen, Spinnen, Fischen, Mäusen und Hunden

Warte auf Regen

dann kaufe

einen Fliegenfänger

einen Besen

eine Angel

eine Mausefalle und ein Halsband

Auf dem Heimweg rede kein unnötiges Wort

Zu Hause zünde drei Kerzen an alle verschieden groß

lege davor einen Gedichtband

ein Buch über den Kosmos und ein Buch mit philosophischen Abhandlungen

Dann

zertrete den Fliegenfänger zerbreche den Besen zerreiße die Angel zerschlage die Falle zerschneide das Halsband und verbrenne alles oder wirf es in die Mülltonne

Ji ˇ r í Kolá ˇ r ethikguide.org*

VERNETZUNGEN

a nthrozoologie – vermenschlichung ist keine Tierliebe

Die Anthrozoologie untersucht die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Tier, um so das menschliche Sozialverhalten zu ergründen.

Unsere Beziehung zu Tieren wird nicht nur kulturell beeinflusst. Offenbar sind wir auch von Natur aus von Lebewesen fasziniert. Der Mensch lässt sich von seinen Haustieren trösten. Ihre Anwesenheit wirkt sich auch positiv auf Hormonhaushalt und StressErleben aus.

■ Die meisten Menschen beteuern, dass sie an ihren Haustieren vor allem die Gesellschaft schätzen.

■ Ein Tier kann die Rolle des Trostspenders übernehmen.

■ Viele Menschen fühlen sich von ihren Haustieren seelisch unterstützt.

■ Ausprägungen der Tier-Mensch-Bindung scheinen sich auch hormonell auszuwirken.

■ Viele Tierbesitzer betrachten ihre Lieblinge als Vorbild.

■ Tierhalter übertragen ihre persönlichen Überzeugungen zum Teil auf ihre Tiere.

■ Auch Personen ohne soziale Defizite können von ihnen psychisch profitieren.

wp.focus-arztsuche.de*

5. Tiere lieben

Wir lieben Tiere. Der Verlust eines geliebten Tieres hinterlässt eine Lücke. Alte Tiere werden auf „Gnadenhöfen“ bis zum Tod versorgt. Wie weit soll die Tierliebe gehen? Haben Tiere den Menschenrechten vergleichbare Rechte?

o 72,1

Was uns erschüttert

Die Kolumnistin Birgit Schmid, selbst Katzenhalterin, beschäftigt die Frage, warum die Liebe zu Tieren oft mit der Enttäuschung über Menschen zusammenhängt:

„Die Umlagerung der Zuneigung beobachtet man vor allem bei älteren Leuten. Je älter man wird, desto öfter wurde man verraten und im Stich gelassen, während Tiere einen nicht enttäuschen. Sie müssen nicht einmal etwas dafür tun: Tiere speichern unsere Gefühle und strahlen sie als Wärme ab. Sie bieten beständig Trost und nehmen jeden Menschen an in seinem Eigensinn, der im Alter stärker wird. […] Die größer werdende Empathie für Tiere zeigt sich zurzeit an politischen Initiativen. Die eine will die Einfuhr von Stopfleber verbieten und eine andere die Jagd in unseren Wäldern. Aber auch im persönlichen Umfeld sehe ich es. Ich kenne Bäuerinnen, die das Fleisch der eigenen Tiere nicht mehr essen, je länger sie mit ihnen leben. Besitzt man ein Haustier, dehnt sich das Mitgefühl grenzenlos aus. Was passiert da genau? Ein Haustier befähigt einen, sich in andere Lebewesen hineinzuversetzen. […] Und doch gibt die Tierliebe zu denken. Der Esel in den Ferien im Süden, den sein Besitzer peitscht, rührt uns oft mehr als die Bilder von Menschen auf der Flucht, die alles verloren haben. Man rechtfertigt sich damit, dass der Krieg ja menschengemacht sei. Und verurteilt die Spezies, der man selber angehört, für ihren Zerstörungswillen. Tiere hingegen sind unschuldig und schutzlos. Wenn man dann doch die Federn zusammenwischt, weil der Vogel nicht zu retten war, sagen wir, das sei halt Kater Fritz’ räuberische Natur. Und sind fasziniert vom Wilden, das nachts so zärtlich an unserer Seite liegt. Noch eine Deutung bietet sich an. Indem wir mit den Tieren mitfühlen, machen wir deren Hilflosigkeit zu unserer eigenen. Das Leben ist unwägbar, immer mehr wird einem bewusst, was es zu verlieren gibt. Man trauert um Verlorenes, fühlt sich ohnmächtig und identifiziert sich also mit der leidenden Kreatur.“ […] Schmid: Tierschicksale

72 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 3. TIERETHIK D 72 DIALOGE – KULTUREN
v 72
– RELIGIONEN
?
o 72,2
Empathie, Mitleid und Liebe
Leseprobe
Grabgestaltung Tierfriedhof Wien 6. tfwien.at/galerien

73,2

Fühlen, was die Welt fühlt

Der Arzt und Neurowissenschaftler Joachim Bauer (*1951) sieht ein Grundübel heute im „Zuviel“ von fast allem. Heraushelfen kann nur eine Auflehnung, ein entschlossenes Bekenntnis zu Selbstbestimmung und Übernahme von Verantwortung. Die Welt der Gefühle ist zwar keine Quelle von Moralität, jedoch kann richtiges Handeln „wahre Zufriedenheit“ (I. Kant) auslösen. „Wir sind aufgerufen, uns in unserer inneren Haltung und mit unserem Verhalten gegenüber der Natur neu aufzustellen. Die Natur ist für den Menschen nicht nur ein Lebensraum, sie kann ihm als eine gewaltige medizinische und soziale Ressource dienen. […] Die Lebensweise jedes Einzelnen ist für die Menschheit als Ganzes von Belang. Daher fallen ökologisch relevante Aspekte der Lebensführung in den Gültigkeitsbereich des kategorischen Imperativs.

Zur Umstellung der individuellen Lebensweise hinzukommen muss eine entschiedene Neuausrichtung der Politik. Wichtigste nationale und internationale Politikziele sind die Zero-Carbon-Economy und eine Reform der Landwirtschaft. Unsere Städte müssen naturfreundlicher gestaltet, Kleingartenanlagen sollten ausgebaut oder neu gegründet werden. […] Was uns leiten sollte, sind Vernunft und – da, wo sinnvoll – „hedonischer Verzicht“ [griech. hedone = Lust, Vergnügen]. Das Ziel ist gutes Leben für unsere und die nachfolgenden Generationen.

Tugendethik in der Tierethik

Leseprobe

hannes royer, Bergbauer in Schladming er gründete den verein „Land schafft Leben“ mit dem ziel, konsumenten transparent zu zeigen, wie Lebensmittelproduktion funktioniert. Foto: www.kleinezeitung.at

Bauer: Fühlen, 150f.

Die deutsche Philosophin Dagmar Borchers (*1965) beschäftigt sich unter anderem mit der Tugendethik in der Tierethik. Diese „fragt, welche Tugenden einschlägig seien im Umgang mit Tieren. Mitgefühl und Liebe spielen hier eine besonders wichtige Rolle. [...] Tatsächlich zeigt sich in vielen Diskussionen um Anwendungsfragen der Tierethik, dass menschliche Schwächen – Laster wie Eitelkeit, Gier, Unmäßigkeit oder Rücksichtslosigkeit – maßgeblich für das Leiden von Tieren (in der Massentierhaltung, der Zucht, dem Sport etc.) verantwortlich sind. Ohne den Rekurs auf Tugenden wie Mitgefühl, Verantwortungsbereitschaft, Fürsorge, Gerechtigkeit etc. wird man in der Tierethik vermutlich nicht auskommen.“ Borchers: Tugendethik, 110.

B 73 ZUM BILD

Tiere sind nicht immer lieb

Heuschreckenplagen stellen für Millionen von Menschen eine Nahrungskatastrophe dar. Sie kämpfen deshalb gegen derlei Plagen an und versuchen, ihren Besitz zu schützen. Für viele klingen Insekten auf der Speisekarte deshalb wie ein Hohn.

 Impuls: M18: vier-Felder-Szenario. Tiere können den Menschen auch bedrohen. Was ist zu tun?

Warum Fleisch noch immer viel zu billig ist und wir weniger, dafür hochwertigeres Fleisch essen sollen.

„Eine zukunftsfähige Landwirtschaft gibt es nicht zum billigsten Preis. Die Österreicher wollen beim Essen einen Mercedes zum Dacia-Preis. Fleisch ist viel zu billig. Ich habe kürzlich verglichen: Fleisch im Katzenfutter ist deutlich teurer als ein gutes Stück Schnitzel. Das System ist verrückt.“

„Es ist nicht egal, was wir essen. Jeder Mensch nimmt pro Jahr eine Tonne Essen und Trinken zu sich. Man kann nicht einfach glauben, dass es keine Auswirkung hat, was durch unsere Körper geht. Es gibt, außer Sex, nichts Intimeres als Essen.“

„Der Frischfleischkonsum geht bei den Jungen viel dramatischer zurück. Dafür essen wir umso mehr Fleisch in versteckter Form, wo man nicht nachvollziehen kann, wo es herkommt: Salami zum Frühstück, Schinken auf der Pizza. Gleichzeitig gibt es noch immer Extrem-Aktionen zu Frischfleisch. Das stimmt mich traurig, wenn für 2,99 Euro pro Kilo einTier sterben muss.“

„Dann ist ein Tier nicht länger ein Tier, sondern ein Produktionsmittel.Würden wir weniger, dafür hochwertigeres Fleisch essen, ginge es allen besser: Den Tieren, weil es mehr Tierwohl gibt, den Menschen, weil es bekömmlich ist, und den Bauern, weil sie ohne Massenproduktion überleben.“

O-Töne zitiert aus: kleinezeitung.at*

73 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
o
o 73,1
Heuschreckenplagen: Sie verputzen gnadenlos die Ernte der Bauern und der Bevölkerung. Foto: img.zeit.de*
e
73 ETHICA fragt …

o 72,1 Was uns erschüttert

M21: Brainwriting. „ Rühren uns Tierschicksale mehr als Schicksale von Menschen in Not?“

o 72,2 Empathie, Mitleid und Liebe

1. M24: Internetrecherche. Welche Angebote der Tierbestattung gibt es in Ihrer Stadt/Gemeinde?

2. M35: g edankenexperiment. Gründen Sie eine Tierbestattung und entwerfen Sie dazu einen Flyer mit Ihrem Angebot.

o 73,1 Fühlen, was die Welt fühlt

M27: Texte zerschnipseln . Gehen Sie entsprechend der Methode vor. Formulieren Sie die Kernaussage in drei Sätzen.

o 73,2

Tugend in der Tierethik

Ermitteln Sie drei „Laster“, die die Tierethik berühren. Welche Tugenden wären notwendig? 

74 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 3. TIERE LIEBEN | arBeITSaUFgaBeN
Leseprobe

D 72 Huldigung allen Fliegen, Spinnen, Fischen, Mäusen und Hunden

Gestalten Sie das Gedicht mit Hilfe von Symbolen/Emojis.

v 72 Anthrozoologie – Vermenschlichung ist keine Tierliebe

M11: Diskussion. Das Halten von Haustieren bedeutet nicht in jedem Fall, dass Tiere vermenschlicht werden. Welche Tierarten werden von Mitgliedern Ihrer Lerngruppe gehalten und warum?

Erörtern Sie die Gründe, die ein Abgleiten in die Vermenschlichung von Tieren begünstigen bzw. sogar rechtfertigen.

e 73 Mehr als ein Produktionsmittel

k 75

1. Arbeiten Sie jene Aspekte heraus, die nach Hannes Royer allen Beteiligten ein „Mehr“ an Wohlsein bringen könnten.

2. Nehmen Sie dazu Stellung

Leseprobe

Ich kann mehrere Handlungsfelder der Anthrozoologie charakterisieren.

Ich kann die Tugendethik in das Nachdenken über Tierethik einbeziehen.

Kompetenzcheck

Ich kann zum Spannungsfeld Gefühl und Vernunft reflektiert Stellung beziehen.

Ich kann die Herausforderungen der Tierethik mit meinem eigenen Lebensentwurf in Beziehung setzen.

75 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2

Begriff

Symbol Ding

Das semiotische Dreieck ist ein in der Sprachwissenschaft und Semiotik verwendetes Modell. Es soll veranschaulichen, dass ein Zeichenträger („Symbol“) sich nicht direkt und unmittelbar auf einen außersprachlichen Gegenstand („Ding“) bezieht, sondern dieser Bezug nur mittelbar durch eine Vorstellung/einen „Begriff“ erfolgt. Das semiotische Dreieck macht darauf aufmerksam, dass jede „medial vermittelte Information“ nicht einfach „die Wirklichkeit“ abbildet. Sie ist sowohl beim Sender als auch beim Empfänger der Botschaft eingebunden in dessen Vorstellungswelt über diese Wirklichkeit.

1. Mediales Handeln

?Ich vermittle mich. Andere vermitteln sich. Nicht zuletzt über die Datennetze und modernen Kommunikationsmittel. Was geht das die Ethik an?

I 76,1 Medium

Ein „Medium“ (von lateinisch: „medium“ = „Mitte“) ist in der zwischenmenschlichen Kommunikation ein vermittelndes Element, welches aus Sprache, Zeichen oder Symbolen bestehen kann. In der Alltagssprache meinen wir mit dem Begriff „Medien“ meist Massenmedien wie Zeitung, Fernsehen, Radio, Film und Internet. Das Besondere an ihnen ist, dass sie gleichzeitig eine große Anzahl von Menschen erreichen und auf diese Weise Inhalte einer breiten Öffentlichkeit vermitteln können. Medien werden oft in folgende Bereiche untergliedert:

■ „Primäre Medien sind […] Medien des ‚menschlichen Elementarkontaktes‘. Dazu gehören die Sprache sowie nichtsprachliche Vermittlungsinstanzen wie Mimik, Gestik, Körperhaltung, Blickkontakt etc. Allen diesen originären Medien ist gemeinsam, dass kein Gerät zwischen die Kommunikationspartner geschaltet ist ‚und die Sinne der Menschen zur Produktion, zum Transport und zum Konsum der Botschaft ausreichen‘.

Mediengeschichte

Nach Werner Faulstich gibt es vier Phasen der Medienentwicklung:

■ Phase a : Die Zeit der Menschmedien bis ca. 1500 n. Chr. Hierzu gehören: Sprache, Erzählung, Ritual, Mythos, Spiel und die Schrift.

■ Phase B: Die Verlagerung des kulturellen Gewichts auf die Druckmedien . Diese Phase reicht von 1500 bis 1900. Die Druckmedien entwickeln sich von Individualmedien zu Massenmedien. [ Printmedien: Zeitung, Buch; Plakate].

■ Phase C: Der Durchbruch der elektronischen Medien . Diesen Durchbruch haben wir im letzten Jahrhundert verfolgen können. [Rundfunk: Radio, TV; PC].

■ Phase D: Die Entwicklung der digitalen Medien seit dem Ende des 20. Jahrhunderts. [Onlinemedien mit der Möglichkeit, interaktional und individuell medial zu agieren: E-Mail, Messenger, Onlinezeitungen, Streaming-Dienste. Möglich sind diese Interaktionen durch PC mit Internetzugang, Tablet, Computer- und Konsolenspiele, Smartphone, digitales Fernsehen u. v. m.]

Vgl. Haberer: Theologische Perspektiven, 110.

■ Sekundäre Medien sind dann jene, die auf der Produktionsseite technische Geräte erfordern, nicht aber beim Empfänger zur Aufnahme der Mitteilung. Gemeint sind Rauchzeichen, Feuer- und Flaggensignale sowie alle jene Manifestationen menschlicher Mitteilungen, die der Schrift (z. B. öffentliche Inschriften, Brief etc.), des Drucks (Einblattdruck, Flugblatt, Flugschrift, Zeitung, Zeitschrift, Buch, Plakat) oder einer anderen Form der materiellen Speicherung und Übertragung (z. B. Kopie) bedürfen.

■ Mit tertiären Medien sind alle jene Kommunikationsmittel gemeint, bei denen sowohl auf Seiten des Senders (zur Produktion und Übermittlung) wie auch auf Seiten des Empfängers (zur Rezeption) ein technisches Mittel erforderlich ist. Dazu gehören der gesamte Bereich der Telekommunikation (Telefon, Telegrafie, Funkanlagen etc.) sowie v. a. die elektronischen Massenmedien wie Radio, Fernsehen, Film, ebenso Videotechniken, in einem weiteren Sinn auch Computer und Datenträger unterschiedlicher Art.

■ Mit Blick auf die computervermittelte Kommunikation […] ist diese Typologie noch zu erweitern um die quartären Medien. Diese bedürfen auf Sender- wie Empfängerseite einer Onlineverbindung und vermögen Texte, Töne, Bilder, Grafiken etc. multimedial zu integrieren. ‚Neu ist außerdem, dass bei diesen Medien die bislang eher starre Rollenzuschreibung in Sender und Empfänger durch interaktive Momente eine gewisse Flexibilität erfährt‘.“

Pürer: Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, 68f.

76 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 4. MEDIENETHIK
D 76 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 76
VERNETZUNGEN
Das semiotische Dreieck
erweckt beziehtsichauf steht für Grafik: upload.wikimedia.org* Leseprobe

Das Sender-Empfänger-Modell

Sender-Empfänger-Modell nach Warren Weaver/Claude E. Shannon: The Mathematical Theory of Communication, Illinois 1949).

Wenn Menschen miteinander kommunizieren (egal ob „direkt“, über technische Mittel oder „medial vermittelt“), werden sie zu Sendern und Empfängern. Der Sender möchte etwas mitteilen, zum Beispiel Gefühle, Ansichten, Wünsche oder eine Sachinformation. Das geschieht aber nicht durch Gedankenübertragung, sondern das, was ausgedrückt werden soll, wird codiert. Sprache, Schrift oder Körpersignale „transportieren“ die Botschaft zum Empfänger. Es wird also ein Signal ausgesendet. Der Empfänger muss das Signal wieder entschlüsseln, also decodieren. Erst wenn er den Code „geknackt“ und die Botschaft interpretiert hat, kann er darauf reagieren und selbst zum Sender werden.

Mit welchen Mitteln kommuniziert werden kann

■ Verbale Kommunikation (lateinisch verbum = Sprechen, Wort; communicatio = „Mitteilung“, Information): der gesprochene Informationsaustausch.

■ Paraverbale Kommunikation (griechisch para = neben[her]): die individuellen Aspekte der Kommunikation (z. B. Stimme, Tonfall, Lautstärke, Sprechtempo).

■ Nonverbale Kommunikation: Teile der Kommunikation, die nonverbal („nicht-verbal“) stattfinden, z. B. durch: Gestik, Bewegungen außerhalb des Gesichts (z. B. mit den Schultern zucken, die Faust ballen); Mimik, Bewegungen im Gesicht (z. B. Lachen, mit den Augen rollen, auf die Unterlippe beißen); Körperhaltung. br.de*

B 77 ZUM BILD

11 000 100 000 o bjekte

Bücher sind schriftliche Kommunikation über Raum und Zeit. Die Österreichische Nationalbibliothek „sammelt“ als einzige Bibliothek des Landes Belegexemplare von allen in Österreich erschienenen Publikationen inklusive der Offline-Medien sowie auf der Grundlage des Universitätsgesetzes alle an österreichischen Universitäten approbierten Dissertationen.

 Impuls: Geben Sie kurz den Inhalt des zuletzt gelesenen Buches wieder.

… den kanadischen Medienphilosophen Marshall McLuhan (1911–1980), dessen Werke und Ideen über Medien nach wie vor von Bedeutung sind. Foto: wienerzeitung.at*

Warum nicht im Inhalt die Botschaft steckt, sondern vielmehr im Medium selbst, es „heiße“ und „kalte“ Medien gibt und jedes Medium eine Ausweitung bzw. Amputation unseres Körpers ist.

„Die Botschaft,so schien es immer,sei der Inhalt,doch das Medium selbst ist die Botschaft.Das soll nur heißen,dass sich durch die Einführung eines Mediums oder einer neuenTechnik tiefgreifende persönliche und sozialeAuswirkungen ergeben.Die wahre Botschaft von elektrischem Licht beispielsweise war allein dieTatsache,dass es die Formen des menschlichen Zusammenlebens erheblich verwandelt hat.“

„Es gibt ein Grundprinzip zur Unterscheidung zwischen einem heißen Medium, wie dem Radio oder dem Film, und einem kalten Medium, dem Telefon. Ein heißes Medium erweitert duch seinen Detailreichtum nur einen Sinn allein und verlangt nur in geringemAusmaß persönliche Beteiligung. Bei einem kalten Medium bekommt man hingegen nur eine dürftige Summe an Informationen, vom Rezipienten muss deshalb viel ergänzt werden.“

„Jedes Medium ist eine Ausweitung oder Selbstamputation unseres natürlichen Körpers und verlangt auch ein neues Verhältnis oder ein neues Gleichgewicht der anderen Organe. Das Rad stellt eine Absonderung des Fußes dar. Es muss als Produkt eines Prozesses begriffen werden, den die Medien Schrift und Geld in Gang brachten. Sie beschleunigten Handel und Verkehr enorm, was zur Überlastung des Fortbewegungsmittels Fuß führte.“

77 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 e
… I 77,1
77 ETHICA fragt
Österreichische Nationalbibliothek Wien Foto: fotocommunity.de*
O-Töne aus: Baltes, Medien,
112–125.
Grafik: br.de*
Leseprobe

I 76, 1 Medium

Gestalten Sie ein Medientagebuch in tabellarischer Form. Erfassen Sie, wie lange Sie täglich für die Schule am PC/Laptop arbeiten. Wie viel Zeit bleibt Ihnen für Ihre Freizeit? Wie gestalten Sie diese, wenn Sie verschiedenste Medien nutzen: Wie viel Zeit verwenden Sie im Durchschnitt für Kommunikation (Social Media, Handy)? Wie viel lesen Sie im Internet, wie sieht es mit gedruckten Büchern, Comics usw. aus? Hören Sie Musik mit dem Handy, MP3-Player, CD-Player? Wenn Sie an Filme denken: Gehen Sie dazu ins Kino, schalten Sie den Fernseher ein oder streamen Sie? Spielen Sie täglich am Handy oder am PC?

Leseprobe

I 77,1 Das Sender-Empfänger-Modell

M34: Szenische Umsetzung. Bilden Sie Vierergruppen. Jeweils zwei Schüler überlegen sich einen Satz und versuchen, diesen pantomimisch darzustellen. Die anderen beiden interpretieren, was gemeint sein sollte. Sprechen Sie über Ihre Erfahrungen und formulieren Sie Schwierigkeiten, die bei der nonverbalen Kommunikation auftreten können.

78 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 4. MEDIALES HANDELN | arBeITSaUFgaBeN 78

D

76

Das semiotische Dreieck

Gestalten Sie das semiotische Dreieck zum Wort „Apfel“. Problematisieren Sie die Aussage „Das semiotische Dreieck macht darauf aufmerksam, dass jede medial vermittelte Information nicht einfach die Wirklichkeit abbildet“ anhand dieses Beispiels.

v 76 Mediengeschichte

Entwerfen Sie eine Tabelle mit den vier Phasen der Mediengeschichte. Strukturieren Sie jede Phase nach Hauptmedium sowie Zeit des Vorkommens und finden Sie eine grafische Darstellung des Mediums. Wie könnte sich die Mediengeschichte weiterentwickeln?

e

77

„The medium is the message!“

Skizzieren Sie die Aussage McLuhans: „Das Medium ist die Botschaft.“

k 79

Ich kann den Zusammenhang von Begriff – Ding – Symbol sachgerecht erklären.

Ich kann verschiedene Medien und deren Spezifika unterscheiden.

Kompetenzcheck

Ich kann verschiedene Formen der Kommunikation beschreiben.

Ich kann mediales Handeln aus verschiedenen Perspektiven wahrnehmen.

79 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 79
Leseprobe

e ine vorläuferin von a L e X a

Der Informatiker Joseph Weizenbaum (1923–2008) hat im Jahre 1966 das Computerprogramm ELIZA entwickelt. Es sollte die Möglichkeiten der Kommunikation zwischen einem Menschen und einem Computer über natürliche Sprache aufzeigen.

ELIZA verwendete einen Thesaurus (lat. thesaurus = „Schatz“, „Schatzhaus“), eine Sammlung von Oberbegriffen, Unterbegriffen und Synonymen. Die Eingabe wird durchsucht, ob sie ein Wort enthält, das im Thesaurus vorhanden ist. Von diesem Wort ausgehend wird dann nach Synonymen, meist aber nach Oberbegriffen gesucht. Der sogenannte „Eliza-Effekt“ wird heute bei vielen Bots ausgenutzt. chatbots.org*

o 80,1

2. Zugang zu Medien

?Zu welchen Medien haben Menschen Zugang? Was oder wer verhindert womöglich diesen Zugang? Welche personalen, sozialen, ethischen Kompetenzen braucht es im Umgang mit modernen Medien?

Zugang ist keineswegs selbstverständlich „Seit 2015 haben rund 66 Länder weltweit den Zugang zu sozialen Netzwerken blockiert oder zumindest eingeschränkt. Zu diesem Ergebnis kommt das Online-Privacy- und Security-Unternehmen Surfshark im Rahmen seiner Studie unter 185 Nationen. Momentan blockieren etwa drei Prozent der untersuchten Länder den Zugang zu Social Media und Kommunikations-Apps – die meisten befinden sich in Asien. In China, Nordkorea, Turkmenistan und dem Iran sind hauptsächlich ausländische soziale Netzwerke wie etwa Twitter und Facebook gesperrt. Wobei zu erwähnen ist, dass China sein ganz eigenes nationales Ökosystem an sozialen Netzwerken und Kommunikations-Apps besitzt. Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate beschränken die Nutzung von Internet-Telefonie durch Voice-Over-IPs. Laut Analyse stehen solche Restriktionen oft im Zusammenhang mit undemokratischen Regierungen. Daher haben afrikanische und asiatische Länder in den vergangenen fünf Jahren am häufigsten Zugänge eingeschränkt. Die Restriktionen sind allerdings in den meisten Fällen nur vorübergehend.“

Was ist Medienkompetenz?

„Medienkompetenz gilt als Schlüsselqualifikation der Informationsgesellschaft. In der Regel umfasst der Begriff neben dem technischen Wissen, wie digitale Medien bedient werden, auch die Fähigkeit, verantwortungsbewusst und kritisch mit Medien umzugehen sowie ein Verständnis dafür, wie Informationstechnologien funktionieren. Damit dies gelingt, braucht es Lese- und Schreibkompetenzen, denn auch multimediale Inhalte wie Bilder und Filme müssen ‚gelesen‘ und verstanden werden. Zu einem zeitgemäßen Verständnis von Medienkompetenz gehören zudem der sorgfältige Umgang mit persönlichen Daten, das Beachten von Verhaltensregeln, das Abschirmen von digitalen Ablenkungen, das Filtern von unüberschaubaren Mengen an Informationen und das Einschätzen der Qualität der Inhalte. Im pädagogischen Bereich hat sich das ‚DagstuhlDreieck‘ (2016 auf Schloß Dagstuhl entwickelt) durchgesetzt, um die Perspektiven der digitalen Bildung zu veranschaulichen.“ zhaw.ch*; Grafik: riecken.de*

Leseprobe

Bocksch, in: de.statista.com*

I 80,1 Drei Formen einer „digitalen Kluft“ (digital divide) Das Bemühen um Zugang zum Internet wird durch drei Arten einer digitalen Kluft beeinflusst:

1. Gender Divide

Im Jahr 2020 haben global 62% aller Männer und 57% aller Frauen das Internet benutzt. Die GenderParität* ist von 0,89 (2018) auf 0,92 (2020) gestiegen.

2. Social Divide

Der Internetzugang schafft Beziehungen und soziale Verbindungen zwischen Menschen mit gemeinsamen Interessen. Nicht verbundene Gruppen werden ausgegrenzt, da sie nicht an den Vorteilen partizipieren.

3. Universal Access Divide

Menschen mit körperlichen Behinderungen sind oft benachteiligt, wenn es um den Zugang zum Internet geht. Sie verfügen möglicherweise über die erforderlichen Fähigkeiten, können aber die verfügbare Hard- und Software nicht nutzen. Einige Teile der Welt werden aufgrund mangelnder digitaler Kompetenzen, eines niedrigen Bildungsniveaus und einer unzureichenden Breitbandinfrastruktur vom Internet und seinem Potenzial getrennt bleiben.

* der Wert 1 würde eine völlige Geschlechter-Gleichstellung bedeuten Vgl. digitaldividecouncil.com*; www.itu.int*

80 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 4. MEDIENETHIK D 80 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 80 VERNETZUNGEN

Mensch – Medien – Moral

Bezugnehmend auf Paul Wazlawicks Worte („Man kann nicht nicht kommunizieren“) meint der Medienethiker

Rüdiger Funiok (*1942): „Als soziales Wesen wird auch mein Schweigen oder Nichtreagieren von den anderen als eine Mitteilung gedeutet. Unsere direkte Kommunikation wurde in den letzten Jahrhunderten zunehmend ergänzt durch die medial beförderte öffentliche Kommunikation. Medienangebote informierender oder unterhaltender Art prägen unsere Kultur, Kommunikationsnetze bilden eine wesentliche Infrastruktur der Wirtschaft, des Bildungssystems. ‚Man kann nicht nicht Medien gebrauchen‘, ließe sich formulieren. Wir gebrauchen Medien rund um die Uhr, in der Arbeit und in der Freizeit. Will man sich nicht ausschließen aus den verschiedenen Gesprächsräumen einer Gesellschaft, muss man Medien nutzen.

Eine mediale Welt in digitalen Netzwerken, in der die Menschen zu verschwinden drohen.

Leseprobe

Mensch – Medien – Moral. Während die Medien immer mehr zum aktuellen Menschsein gehören, scheint es mit der Moral umgekehrt zu sein. Sie ist in mancher Hinsicht auf dem Rückzug. Wir sind uns nicht mehr sicher, wo welche Normen gelten, wo moralische Überzeugungen überhaupt noch relevant sind. Im Zuge gesellschaftlicher Differenzierung und Individualisierung scheinen große Bereiche und kleine Lebenswelten nach ihren eigenen Gesetzen und Normen zu funktionieren. Übergreifende Werte und Normen sind uns nicht mehr so klar. Sicher gilt: ‚Man kann nicht nicht bewerten‘, wie man in Anlehnung an Paul Watzlawick formulieren könnte. Denn wir formulieren in Gedanken oder in Worten ständig Bewertungen, wir vergleichen, messen an Standards, evaluieren fremde und eigene Handlungen. Und eine große Zahl dieser Bewertungen sind moralischer Art: ‚So zu handeln ist nicht richtig, das ständige Lügen dieses Politikers ist zu verurteilen‘ – moralisch zu verurteilen. […] Verantwortung kann […] mit Recht als ‚ethische Schlüsselkategorie‘ bezeichnet werden. Wendet man diese Kategorie auf die Medienkommunikation an, so tragen alle Akteure und Betroffenen ihre jeweilige Verantwortung. Der Appell, im Prozess der Erstellung, Verteilung und Nutzung von Medienangeboten Verantwortung zu übernehmen, wendet sich an alle, die in einem gestuften Sinne – Verantwortung tragen.“

81 ZUM BILD

Medienkommunikation

Funiok: Moral, 102f.

Über die Schwierigkeit, zwischen wahr und falsch zu unterscheiden, fehlende Digitalkompetenz und warum wir eine digitale Ethik brauchen.

„Die Verständigung über Fakten wird immer schwieriger, was den Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft erschwert. Unsere Informationswelt hat sich durch die Digitalisierung gravierend verändert. Menschen basteln sich ihre individuelle Wahrheit so zusammen, wie es ihnen gefällt. Das verhindert aber, dass wir uns auf eine gemeinsameWahrheit beziehen können.“

… die Medien- und kommunikationswissenschaftlerin Petra grimm, die sich insbesondere der „digitalen ethik“ widmet. eurac.edu/* B

Medienkommunikation ist grundlegend für eine Demokratie. Die Gesellschaft will informiert, orientiert, beteiligt und einbezogen werden. Auch an eine vermittelte Kommunikation ohne direkte zwischenmenschliche Begegnung müssen ethische Fragen nach Wahrhaftigkeit, Struktur, Freiheit, Fairness, Transparenz u. a. gestellt werden.

 Impuls M35: g edankenexperiment. Stellen Sie sich vor, es gäbe für eine gewisse Zeit nur traditionelle Medien wie Briefe o. Ä. Wie würde dies unsere Kommunikation verändern?

„Die beste Strategie gegen Fake-News istAufklärung. Ich plädiere schon seit Jahren für ein eigenes Unterrichtsfach Digitalkompetenz. Jugendliche nutzen digitale Medien zwar ausgiebig, aber es fehlt ihnen oft an digitalen Kompetenzen, sie nicht nur an der Oberfläche gut zu bedienen, sondern auch dieWirkungszusammenhänge zu erkennen.Wie kann ich meine Privatheit schützen? Wie bildet man sich eine Meinung? Was leisten Medien für die Demokratie?“

„Digitale Ethik soll aufzeigen, was der digitaleWandel mit uns als Person und als Gesellschaft macht. Es ist eine zivilisatorische Herausforderung, unsere gesellschaftlichen Errungenschaften, unsere Grundwerte in dieses System zu implementieren. Dafür soll die digitale Ethik Instrumente undArgumente liefern. Es geht darum, Menschen zu befähigen, sich eine Haltung anzueignen und digitale Zivilcourage zu fördern.“ O-Töne aus: eurac.edu/de/blogs*

81 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 e 81 Ethica fragt o 81,1
Foto: kultkino.ch*

o 80,1 Zugang zu Medien

Der Zugang zu primären bis tertiären Medien (I 76,1) soll als Menschenrecht gesichert werden. Analysieren Sie dazu folgende Fragen: 1. Welche offiziellen Benutzerkarten für Bibliotheken besitze ich? – 2. Welcher Medienzugang ist kostenfrei bzw. kostenlos? 3. Welche Medien nutze ich überhaupt nicht? 4. Wofür nutze ich meinen Medienzugang hauptsächlich? – 5. Wie viel Zeit verbringe ich mit „primären Medien“?

I 80,1 Drei Formen einer „digitalen Kluft“ (digital divide)

Beurteilen Sie Ihren Beitrag als Einzelperson oder als Klassengemeinschaft zur Überwindung dieser Kluft.

o 81,1 Mensch – Medien – Moral

Formulieren Sie die Hauptaussagen des Textes in drei Thesen. 

82 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 4. ZUGANG ZU MEDIEN | arBeITSaUFgaBeN 82
1. 2. 3. 4. 5.
Leseprobe

D 80 Eine Vorläuferin von ALExA

M14: Placemat. Unter einem Bot (englisch robot „Roboter“) versteht man ein Computerprogramm, das fast automatisch Aufgaben erledigt, ohne dabei auf eine Interaktion mit einem menschlichen Benutzer angewiesen zu sein. Diskutieren Sie gemäß der Methode den Einsatz von Bots und anderen intelligenten Systemen (Alexa, Siri).

v 80 Was ist Medienkompetenz?

Ordnen Sie die Buchstaben [T] = Technologische Perspektive, [A] = Anwendungsorientierte Perspektive, [G] = Gesellschaftlich-kulturelle Perspektive des „Dagstuhl-Dreiecks“ als Hauptbezugspunkt folgenden Kompetenzen der Medienbildung [vgl. mediamanual.at/mediamanual/leitfaden/medienerziehung/modell/21kompetenzen.php ] zu :

1. [ ] Kriterien der Mediengestaltungen erkennen und benennen. 2. [ ] Informationsquellen erfassen, zitieren, vergleichen.

3. [ ] kommunikatives Handeln reflektiert wahrnehmen, verstehen und gewaltfrei gestalten. 4. [ ] Medienangebote und Informationen auswählen, interaktiv nutzen, kommunizieren und präsentieren. 5. [ ] Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung analysieren. 6. [ ] Medienprodukte vergleichend analysieren. 7. [ ] Medieneinflüsse und Wertvorstellungen erkennen und benennen. 8. [ ] medienrechtliche Aspekte erläutern. 9. [ ] Interessen und Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung aus unterschiedlichen Blickwinkeln beurteilen. 10. [ ] Kreativität in der Gestaltung zeigen. 11. [ ] eigene Rechte, Interessen, Grenzen und Bedürfnisse wahrnehmen. 12. [ ] Medieninhalte und Mediengestaltungen kritisch bewerten. 13. [ ] kritisches und kreatives Denken und Handeln als Grundhaltungen zeigen. 14. [ ] sich als selbstwirksam erleben. 15. [ ] zielgerichtet und weltoffen mit Personen und Systemen kooperieren. 16. [ ] eigene Medienbeiträge und interaktive Anwendungen gestalten und verbreiten. 17. [ ] Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sicher und kritisch benutzen. 18. [ ] kritisch denken und Probleme lösen. 19. [ ] selbstständig Ziele setzen, auswählen, planen, realisieren und überprüfen. 20. [ ] Informationen und Wissen interaktiv nutzen. 21. [ ] eigene Medienbeiträge und Anwendungen planen, umsetzen, präsentieren und publizieren. 

e

81 Digitale Ethik

Arbeiten Sie die drei Aspekte heraus, die eine digitale Ethik notwendig machen.

k 83 Kompetenzcheck

Ich kann die Herausforderung der „digitalen Kluft“ reflektiert darstellen.

Ich kann den Zusammenhang zwischen medialem Handeln und Moral reflektiert darstellen.

Ich kann den Begriff „Medienkompetenz“ darstellen.

Ich kann Beispiele nennen, die einen Zugang zu Medien verhindern.

83 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 83
Leseprobe

a us der r ede zur verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2014

Jaron Lanier (*1960), US-amerikanischer Informatiker und Künstler, über Menschsein, Medien und Algorithmen.

„Je fortschrittlicher die Technologie ist, desto schwieriger wird es, zwischen Algorithmen und Konzernen zu unterscheiden.Was ist Google heute, oder Facebook? […] Wenn Algorithmen Personen sein können, dann sind es auch Konzerne, wie es in den USA schon jetzt der Fall ist.Was ich heute hier sage, ist, dass weder ein Algorithmus noch ein Konzern eine Person sein sollte! Der neue Humanismus behauptet, es ist richtig zu glauben, dass Menschen etwas Besonderes sind, nämlich dass Menschen mehr sind als Maschinen und Algorithmen. Es ist eine Behauptung, die in Tech-Kreisen zu rüdem Spott führen kann, und es gibt auch keinen Beweis, dass sie stimmt.

Wir glauben an uns selbst und aneinander, aber es ist eben nur Glaube. Es ist ein pragmatischerer Glaube als der traditionelle Glaube an Gott. Er führt zum Beispiel zu einer faireren und nachhaltigeren Wirtschaft und zu besseren, zurechnungsfähigeren Technologien […] Darf ich vorschlagen, dass die Technologen wenigstens versuchen, so zu tun, als würden sie an die menschliche Besonderheit glauben, nur um zu sehen, wie es sich anfühlt?“ Lanier, in: friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de*

3. Qualifiziert nutzen

Musik genießen, News lesen, Podcasts hören, Serien fröhnen. Wie, wozu … nutzen wir Medien? Sind eine Aus-Zeit von Medien, eine handyfreie Zone oder eine internetfreie Zone notwendig?

o 84,1 Recht auf Zugang zu Medien und Schutz

Der Artikel 17 der „Kinderrechtsdeklaration“ will die Rechte von Kindern und Jugendlichen bis 18 Jahren in besonderer Weise schützen.

„Die Vertragsstaaten erkennen die wichtige Rolle der Massenmedien an und stellen sicher, dass das Kind Zugang hat zu Informationen und Material aus einer Vielfalt nationaler und internationaler Quellen, insbesondere derjenigen, welche die Förderung seines sozialen, seelischen und sittlichen Wohlergehens sowie seiner körperlichen und geistigen Gesundheit zum Ziel haben. Zu diesem Zweck werden die Vertragsstaaten

Datenschutz

„Datenschutz bedeutet, dass jeder Mensch grundsätzlich selbst entscheiden kann, wem, wann und welche seiner persönlichen Daten zugänglich sein sollen.

Leseprobe

Mit persönlichen Daten sind genau genommen personenbezogene Daten gemeint. Dazu gehören alle Daten, mit denen unmittelbar auf eine bestimmte Person geschlossen werden kann (z. B. Name,Adresse, Geburtsdatum oder Alter).Als solche Daten können aber auch Ihre E-Mail-Adresse oder die IPAdresse Ihres Computers gelten. Besonderen Schutz genießen die sensiblen Daten. Dazu gehören Informationen über Ihre Gesundheit, politische Einstellung, religiöse oder philosophische Überzeugungen,ethnische Herkunft und Ihr Sexualleben.

Sich völlig anonym durch den Alltag zu bewegen ist heutzutage so gut wie unmöglich. Ob beimTelefonieren, beim Einkaufen, bei der Urlaubsbuchung, beim Arztbesuch oder beim InternetSurfen – fast immer werden jede Menge persönliche Daten erfasst.Teils offensichtlich, oft aber auch ohne unser Wissen. Für einenTeil der verfügbaren Daten von uns sind wir aber auch selbst verantwortlich, weil wir sehr freizügig mitAngaben zur eigenen Person umgehen. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, welche Datenspuren man hinterlässt und welche Folgen das haben kann.“

saferinternet.at*

o 84,2

a. die Massenmedien ermutigen, Informationen und Material zu verbreiten, die für das Kind von sozialem und kulturellem Nutzen sind […];

b. die internationale Zusammenarbeit bei der Herstellung, beim Austausch und bei der Verbreitung dieser Informationen und dieses Materials aus einer Vielfalt nationaler und internationaler kultureller Quellen fördern;

c. die Herstellung und Verbreitung von Kinderbüchern fördern;

d.die Massenmedien ermutigen, den sprachlichen Bedürfnissen eines Kindes, das einer Minderheit angehört oder Ureinwohner ist, besonders Rechnung zu tragen;

e. die Erarbeitung geeigneter Richtlinien zum Schutz des Kindes vor Informationen und Material, die sein Wohlergehen beeinträchtigen, fördern.“ unicef.de*

10 Gebote für Medienkonsum

Der niederländische Kommunikations- und Medienprofessor Cees Hamelink (*1940) schlägt folgende „Gebote“ für Medienkonsum vor:

1. Seien Sie ein aufmerksamer und differenzierter Medienkonsument.

2. Kämpfen Sie aktiv gegen jede Form von Zensur.

3. Behindern Sie nicht die redaktionelle Unabhängigkeit.

4. Akzeptieren oder unterstützen Sie keine Form von Rassismus und sexistischem Verhalten durch Medien.

5. Suchen Sie immer nach alternativen Informationsquellen.

6 Beanspruchen Sie mehrere Informationsangebote

7. Schützen Sie Ihre eigene Privatsphäre.

8. Seien Sie selbst eine zuverlässige Informationsquelle, um eine verantwortete Mund-zu-Mund-Kommunikation zu bieten.

9. Verwickeln Sie sich nicht in gewinnsüchtigen, korrupten oder voreingenommenen Journalismus.

10. Fordern Sie von Medienproduzenten eine Haftung. communicationmodel.blogspot.com*

84 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 4. MEDIENETHIK D 84 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 84
VERNETZUNGEN
?

o

85,1

Plattformen zum Testen von Identitäten

„… Soziale Netzwerke und Messenger [bieten für Jugendliche] einen Raum, um Teil-Identitäten frei von Raum und Zeit auszutesten. Mithilfe von Fotos, Texten, Videos, Collagen usw. stellen sich die Jugendlichen selbst dar und hoffen auf Bestätigung durch Gleichaltrige. Selbst wenn man im Alltag eine eher zurückhaltende Person ist, bietet die Tatsache der indirekten Kommunikation einen entscheidenden Vorteil und damit auch einen weiteren Grund für die enorme Faszination rund um die sozialen Netzwerke und Messenger.“

lmz-bw.de*

I 85,1

Auf Social-Media-Plattformen können viele verschiedene „Geschäftsmodelle“ realisiert werden. Immer häufiger tritt das Geschäftsmodell Hate Speech („Hassrede“) auf. Oft werden folgende Personen/Personengruppen „ins Visier genommen“:

■ R assismus und Fremdenfeindlichkeit (Diskriminierung aufgrund der Abstammung),

■ A ntisemitismus und antimuslimischer Rassismus (Diskriminierung von Juden und Muslimen),

■ Sexismus (Diskriminierung aufgrund des Geschlechts),

■ Homo- und Transphobie (Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung),

■ Antiziganismus (Diskriminierung von Sinti und Roma),

Leseprobe

… die journalistin Martina Marx, die sich mit dem Mediennutzungsverhalten von jugendlichen beschäftigt.

Foto: fh-joanneum.at*

Über die Mediennutzung von Jugendlichen und journalistische Angebote für junge Menschen.

■ Ableismus (Behindertenfeindlichkeit),

■ Klassismus (Vorurteile aufgrund der sozialen Herkunft),

■ Lookismus (Diskriminierung aufgrund des Aussehens).

B 85 ZUM BILD

k örper und Medien

Das Bild problematisiert die Faszination von digitaler Kommunikation, selbst wenn eine körperliche Nähe in der Kommunikation möglich wäre. Ist technisch unvermittelte, interpersonale Interaktion noch möglich bzw. ist sie überhaupt noch gewünscht?

 Impuls: Untersuchen Sie Ihr persönliches Nutzungsverhalten am Beispiel des Smartphones: Dauer, Zweck u. a.

„Junge Menschen sind interessiert an Nachrichten und Medien. Sie suchen ihre Informationen online, und das vor allem in Sozialen Medien. 65 Prozent junger Menschen zwischen 18 und 24 Jahren definieren ihre Hauptnachrichtenquelle als online. Traditionelle Medienangebote wie Print, TV und Radio erreichen diese Altersgruppe kaum. Über alle Altersklassen hinweg gesehen ist der hauptsächliche Weg zum Auffinden von Nachrichten der direkte über die App der Medienmarke. Auf Rang zwei folgen die Sozialen Medien.“

„Grundsätzlich unterscheidet sich Journalismus für junge Menschen nicht großartig von jeder anderen Art von Journalismus. Für Jung wie Alt gilt, was einst schon Josef Pulitzer gesagt hat: Was immer du schreibst, schreibe kurz, und sie werden es lesen. Schreibe klar, und sie werden es verstehen. Schreibe bildhaft, und sie werden es im Gedächtnis behalten.“

„Aus dem Mediennutzungsverhalten von Jugendlichen zeigt sich, dass es für Jugendliche Nischenprodukte braucht, die speziell auf die Zielgruppe zugeschnitten sind. Für Journalisten, die für junge Medien arbeiten, heißt es, mit den Usern auf Augenhöhe zu kommunizieren, zu verfassen bzw. zu produzieren. Es bedeutet, die Perspektiven und Lebensrealitäten der Zielgruppe in die Berichterstattung zu inkludieren.“

O-Töne aus: uibk.ac.at*

85
| begründet | handeln 2
ETHICA. beherzt
e 85 ETHICA fragt … Geschäftsmodell Hass „Social Network“ von Peter Picciani (2015). Foto: nw.de* toonpool.com*

o 84,1 Recht auf Zugang zu Medien und Schutz

1. Ordnen Sie den Spalten A.–C. wichtige Stichworte des Textes zu.

2. Problematisieren Sie in der Lerngruppe fehlende Aspekte (Spalte D.). 

A. Worauf zielen die Vertragspartner ab?

B. Womit sollen diese Ziele erreicht werden?

C. Auf welche Gefahren wird im Artikel 17 hingewiesen?

D. Welche Aspekte werden im Text nicht angesprochen?

o 84,2 10 Gebote für Medienkonsum

1. Stellen Sie die „10 Gebote für Medienkonsum“ als Piktogramme dar

2. Begründen Sie an einem Beispiel deren Wichtigkeit.

o 85,1 Plattformen zum Testen von Identitäten

Leseprobe

Analysieren Sie Ihre Präsenz in den Sozialen Medien unter folgendem Gesichtspunkt: „Selbstdarstellung – Be your self(ie)“

I 85,1 Geschäftsmodell Hass

1. Erörtern Sie in der Lerngruppe folgende Fragen:

a) Welche Formen der Hate-Speech sind Ihnen schon untergekommen?

b) Welche Vorkommnisse sollte man melden? (z. B. auf: www.nohatespeech.at/)

2. Diskutieren Sie gute Maßnahmen gegen Hassreden im Netz.

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit – Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus – Sexismus – Homo- und Transphobie –Antiziganismus – Ableismus – Klassismus – Lookismus

86 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 4. QUALIFIZIERT NUTZEN | arBeITSaUFgaBeN 86

D 84 Aus der Rede zur Verleihung des Friedenspreises 2014

1. Arbeiten Sie die Leitgedanken des Textes heraus.

2. Untersuchen Sie Ansätze in der heutigen digitalen Welt, in denen „Algorithmen“ (z. B. bei Suchmaschinen, Bots oder Apps) Ihrer Meinung nach typische Eigenschaften des Menschen gefährden könnten.

v 84 Datenschutz

1. Stellen Sie in einer Tabelle ihre im Netz frei gegebenen personenbezogenen Informationen dar.

2. Diskutieren Sie die Ergebnisse mit jemanden aus der Lerngruppe im Hinblick auf mögliche Schwierigkeiten, die sich aufgrund einer Veröffentlichung ergeben könnten.

e 85 Mediennutzungsverhalten von Jugendlichen

M11: Diskussion. Hat die Journalistin M. Marx mit ihrer Behauptung Recht, dass es für Jugendliche „mediale Nischenprodukte“ braucht?

k 87

Ich kann verschiedene Rahmenbedingungen für eine gute Mediennutzung begründet beurteilen.

Ich kann mich mit „Geboten“ des Medienkonsums kritisch auseinandersetzen.

Kompetenzcheck

Ich kann den Begriff „hate speech“ mit Beispielen situationsbezogen richtig verwenden.

Ich kann mein persönliches Mediennutzungsverhalten kritisch beurteilen.

87 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 87
Leseprobe

S a MSTag wehe denen ohne tv die müssen samstag abend gedichte schreiben oder fahrrad fahren oder socken stricken oder kessel putzen oder leisten nageln oder blumen gießen oder auto waschen oder borde basteln

oder nägel schneiden oder kissen schütteln oder wäsche bügeln oder schuhe putzen oder brote essen oder schlüssel klappern oder zwiebel schneiden oder bretter sägen oder bücher lesen oder haare waschen oder fenster öffnen oder passen oder alles passieren lassen

Elfriede Czarda: UnGLÜX REFLEXE

4. Verantwortungsvoll gestalten ?

Wir erzeugen und gestalten Medien professionell oder als Zeitvertreib und Hobby. All das geschieht meist im öffentlichen Raum. Unsere Mediengestaltungen sind daher auch einer (erwünschten) Wertung ausgesetzt.

o 88,1 Wozu brauchen wir Medienethik?

Werbeethik

Nach der deutschen Ethikerin Dagmar Fenner (*1971) ist Werbung „die Gesamtheit der gezielten Versuche, mittels der Medien und zu ökonomischen Zwecken die Meinung und das Verhalten der Menschen öffentlich zu beeinflussen“. Werbung hat eine bekanntmachende, ethisch unproblematische, aber auch eine suggestive, manipulative Funktion, die ethisch problematisch ist.

Dagmar Fenner fasst Aspekte einer ethisch illegitimen Werbung in fünf Punkten zusammen:

1. manipulative Werbung

Steuerung von Bewusstsein und Verhalten ohne Wissen und Willen der Betroffenen. Dazu gehören getarnte W., verfälschende W., subliminale (Kurzeinblendungen) Werbung

2. frauenfeindliche Werbung

Instrumentalisierung des nackten Körpers

3. verunglimpfende Werbung

Beleidigende und erniedrigende Pauschalurteile werden verstärkt.

4. mitleiderregende Werbung

Das Leid anderer wir instrumentalisiert; „Tränendrüse“.

5. gewaltverherrlichende Werbung

Unmoralische Art, Aufmerksamkeit zu erzeugen.

Fenner: Ethik, 307–310

Der Schweizer Dozent für Wirtschaftskommunikation Christoph Eisemann hat sogenannte Dedication-Videos/ Widmungs-Videos untersucht und analysiert. Er kommt dabei zum Schluss, „dass diese Videos, in denen – meist männliche – Jugendliche Szenen aus ihrer jeweiligen Peergroup filmen, zu einer kunstvollen Collage zusammenstellen und der eigenen Freundin widmen, eine sehr starke Wertorientierung aufweisen. Auch wenn kein explizites Bekenntnis erfolgt, zeugt die Art und Weise, wie diese Darstellungen erfolgen, welches Referenzsystem ihnen zugrunde liegt etc., davon, dass diese Jugendlichen anscheinend eine ganze Reihe von Werten als wichtige Bestandteile ihres Lebens erachten, so etwa Liebe, Treue, Freundschaft und Ehrlichkeit. […] Jedenfalls wissen die wenigsten Menschen, welche moralphilosophischen Überlegungen den unterschiedlichen normativen Zugängen zugrunde liegen, und fragen sich, vor die Wahl gestellt, kaum, welche Handlung auf welche Weise gerechtfertigt werden könnte. Vielmehr reagieren sie auf die an sie gestellten Anforderungen aus ihrer Gewohnheit heraus, wobei die ihr Handeln begleitenden Überlegungen eher dazu dienen, zu rechtfertigen, wofür eine Präferenz besteht, als von einem Punkt Null ausgehend durch Abwägen der Für und Wider eine ausgeglichene verantwortliche Entscheidung zu treffen.“ […]

Wir brauchen die „Medienethik, um ein bestimmtes Niveau an Verantwortungsgefühl und gegenseitiger Rücksichtnahme aufrecht zu erhalten. Zum anderen brauchen wir sie, weil eben nicht nur moralisch gute Entscheidungen getroffen werden, sondern auch viel Bedenkliches geschieht, weil sowohl die Gesellschaft als Ganze als auch der Einzelne ihre moralische Kompetenz immer noch verbessern können und sollen bzw. es in diesem Zusammenhang die Aufgabe der Ethik ist, für Verantwortung zu sensibilisieren und eine ‚möglicherweise schlummernde Fähigkeit des Menschen zu verantwortlichem Handeln [zu] wecken.‘ […] Die Aufgabe der Ethik ist es aber, über die rechtlichen Bestimmungen [Medienrecht etc.] hinauszugehen und diese zu ergänzen.“

Paganini: Rekonstruktive Medienethik, 72f.

88 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 4. MEDIENETHIK D 88 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 88 VERNETZUNGEN
Leseprobe

I 89,1

Journalistische Qualitätskriterien

■ Richtigkeit: Dokumentierte Informationen sollen inhaltlich korrekt und genau wiedergegeben werden;

■ Relevanz: das Wesentliche und gesellschaftlich Relevante soll gezeigt werden;

■ Aktualität: die Berichterstattung muss aktuell sein und Neuigkeitswert haben;

■ Verständlichkeit: Informationen sind für die Leser verständlich darzustellen;

■ Transparenz: die Quellen der Informationen müssen offengelegt und überprüft werden können;

■ Vielfalt: eine inhaltliche Bandbreite an Themen und Meinungen ist darzustellen;

■ Unabhängigkeit: Redaktionen und Journalisten sollten frei von Vorgaben inhaltlicher Art arbeiten;

■ Ein wichtiger journalistischer Grundsatz ist zudem die Trennung von Berichterstattung (Meldung, Nachricht) und Meinung (Kommentar, Glosse) studlib.de*

o 89,1 Die drei Siebe Nach einer Sokrates zugeschriebenen Erzählung sollte jede Nachricht durch drei Fragen (Siebe) gefiltert werden:

B 89 ZUM BILD

SiebderWahrheit

Isteswirklichwahr, wasDuerzählen willst?HastDues geprüft? nein?

SiebderGüte

Wennesnicht sicherwahrist, wenigstenistesdanngut?

Leseprobe

... die journalistin Maria ressa. Sie hat auf den Philippinen die onlineNachrichtenwebsite „rappler“ aufgebaut und wurde 2021 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Foto: wikipedia.org*

Die Philippinen sind ein Land, in dem Pressefreiheit mit Füßen getreten wird. Maria r essa erzählt über den k ampf gegen Machtmissbrauch und den wachsenden a utoritarismus.

„Ich schlafe mit der Sorge, dass wir am Ende unserer Demokratie angelangt sind. Unser Präsident Duterte wurde zwar demokratisch gewählt, aber kaum war er im Amt, hat er begonnen, unsere Demokratie von innen auszuhöhlen. Die Philippinen sind mittlerweile nur noch eine Diktatur, die sich als rechtsstaatliche Demokratie tarnt.“

SiebderNotwendigkeit

Wenneswedersicher wahrnochgutist,istes dannnotwendig, eszuerzählen?

Internationaler Tag der Pressefreiheit

nein? nein?

arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at

Seit 1994 wird am 3. Mai auf Verletzungen der Pressefreiheit sowie auf die grundlegende Bedeutung freier Berichterstattung und der Existenz von Demokratien aufmerksam gemacht. „Reporter ohne Grenzen“ nutzen diesen Tag, um auf Gewaltmaßnahmen wie etwa die Inhaftierung oder Tötung von Journalisten und Journalistinnen hinzuweisen.

 Impuls: Interpretieren Sie das Bild und entwerfen Sie ein anderes Signet zum Anlass dieses Tages.

„Facebook ist ein Werkzeug zur Verhaltensmanipulation. Es zersetzt unsere Gesellschaft und lässt Lügen als Tatsachen erscheinen. Das hat es Präsident Duterte ermöglicht, seine Macht zu sichern. Die Philippinen sind weltweit das Land, dessen Bevölkerung die meiste Zeit in Sozialen Medien verbringt. Facebook ist unser Internet. Facebook verändert die Realität. Nur durch Facebook war diese Machtfestigung und der Tod der Demokratie hierzulande erst möglich.“

„Zusammen mit mehreren Kolleginnen habe ich die OnlineNachrichtenwebsite Rappler gegründet. Es war alles nur ein Experiment – aber es gelang. Die Mächtigen mögen es nicht, wenn man sie zur Rechenschaft zieht. Und bei Präsident Duterte haben wir das von Beginn an getan: Nur wenige Stunden nach dem Beginn seiner Amtszeit wurden die ersten Menschen umgebracht – und wir haben berichtet. Seit Jahren werden wir bedroht, beschimpft, verhaftet und verurteilt. Trotzdem kämpfen wir weiter.“

O-Töne aus: sueddeutsche.de*

89 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
e 89 Ethica fragt
Grafik: Tag der Pressefreiheit. Grafik: gpa.at*
T R x E p U g h U l S W K b U S U i U ! ; U a m ;-) c # T R x EU g U l S U i U ! a c # T R x E U U ! c # ?
? ?

o 88,1 Wozu brauchen wir Medienethik?

M35: g edankenexperiment. Sie verantworten ein Medienprodukt (z. B. eine Zeitung, einen TV-Kanal usw.): Formulieren Sie das Leitbild für Ihr Medium unter medienethischen Gesichtspunkten.

I 89,1 Journalistische Qualitätskriterien

1. Der Verein MISCHA fördert den kritischen Umgang mit Medien in der Schule. In diesem Sinne stellt er auch verschiedene Medien für Studienzwecke gratis zur Verfügung. Einigen Sie sich in der Lerngruppe auf ein Produkt und bestellen Sie dieses in der gewünschten Form. (mischa.co.at )

2. Beurteilen Sie das ausgewählte Medium (aufgeteilt in Gruppen):

a) Inwieweit werden die journalistischen Qualitätskriterien erfüllt?

b) In welchen Punkten sind sie gefährdet? Nennen Sie mögliche Gründe dafür

o 89,2 Die drei Siebe

Erklären Sie den Zusammenhang der drei „Siebe“ anhand folgender Beispiele aus dem Alltag: 1. Kaufberatung für eine befreundete Person; 2. Weitererzählen von einem mitgehörten Erlebnis; 3. Ein Schwank aus Ihrem Leben.

90 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 4. VERANTWORTUNGSVOLL GESTALTEN | arBeITSaUFgaBeN 90
Leseprobe

v 88

1. Interpretieren Sie das Gedicht „Samstag“.

2. Beschreiben Sie Ihre „medienfreie“ Freizeitgestaltung.

e

89

Werbeethik

Ermitteln Sie jeweils ein Beispiel für ethisch illegitime Werbung und begründen Sie Ihre Auswahl.

Mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet

„Für ihren couragierten Kampf für die Meinungsfreiheit“ erhielt Maria Ressa den Friedensnobelpreis. Diskutieren Sie in der Lerngruppe den Zusammenhang von Meinungsfreiheit und Frieden.

k 91

Ich kann mich mit anderen über den Wert der Pressefreiheit qualifiziert austauschen.

Ich kann ethisch illegitime Aspekte der Werbung charakterisieren und dazu begründet Stellung nehmen.

Kompetenzcheck

Ich kann mich über journalistische Qualitätskriterien qualifiziert äußern.

Ich kann den Begriff „Medienethik“sachgerecht darstellen.

91 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 91 D 88 SAMSTAG
Leseprobe

ein gedicht von Liao Yiwu

Am 4. Juni 1989 schlug das chinesische Militär am Tian‘anmen-Platz (deutsch: Platz am Tor des Himmlischen Friedens) in Peking eine Protestbewegung gewaltsam nieder. „Im ehrenvollen Gedenken“ an die Opfer des Tian‘anmen-Massakers verfasste der chinesische Dichter

Liao Yiwu (*1958) folgendes Gedicht:

Und wieder veranstaltet das Zentralkomitee von Utopia ein Massaker. Ist der Premier erkältet, muss dasVolk husten, sonst verhängen wir den Kriegszustand.

Zu Tausenden fällt der unbewaffnete Mob. Profikiller in stählernem Rüstzeug baden im Blut, legen Brände unter geschlossene Fenster.

Polieren sich die Stiefel mit den Röcken toter Mädchen ohne zu zittern. Nein, herzlose Roboter zittern nicht.

Sie sind nur auf eines programmiert: den zerfledderten Erlass in ihren Händen.

Im Namen desVaterlands massakrieren wir dieVerfassung.

Im Namen derVerfassung massakrieren wir die Gerechtigkeit.

Im Namen der Mütter erwürgen wir ihre Kinder.

Im Namen der Ehefrauen meucheln wir die Ehemänner.

Im Namen der Bürger setzen wir die Stadt in Brand.

Feuer frei! Schießt! Schießt aufAlte, Kinder, Frauen […]

5. Manipulation und Gewalt

?Eine Bilder- und Videoflut prasselt auf uns herein. Mediale Darstellungen von Gewalt werden schnell verbreitet. Mit Bildern und Botschaften lässt sich aber auch manipulieren.

o 92,1 Was man sehen kann – oder auch nicht

Dieses Bild aus dem Jahre 2003, aufgenommen im IrakKrieg, zeigt einen irakischen Soldaten, dem ein amerikanischer Soldat zu trinken gibt. Der Bildausschnitt legt in der Betrachtung eine fürsorgende Haltung des amerikanischen Soldaten nahe.

Mediale g ewalt

amnesty.de*

Für eine Beschäftigung mit Mediengewalt ist besonders zu beachten:

1. Medienkonsum, also etwa das Lesen einer Zeitung oder das Ansehen eines Filmes, ist stets ein aktiver Prozess Die Inhalte werden immer mit einer bestimmten Absicht konsumiert und individuell verarbeitet.

2. Es hängt von der Persönlichkeit der Empfängerin/des Empfängers ab, ihren/seinen Nutzungsmotiven und der Rezeptionssituation – z. B. ob ein Film allein oder in der Gruppe angesehen wird –, wie Botschaften und Medieninhalte verstanden werden.

3. Die Faszination von Mediengewalt ist u. a. im Inhalt zu finden: Neugierde, was hinter dem Link des Freundes steckt; der Wunsch nach Unterhaltung, Aufregung und Beendigung der Langeweile; der Reiz des Außergewöhnlichen oder sogar Verbotenen, das noch dazu sehr einfach zugänglich ist; oder das gemeinsame Auseinandersetzen mit der Peergroup.

4. Die a ngstlust – das lustvolle Erleben einer bedrohlichen Situation in sicherer Umgebung – spielt für den Genuss von Action- und Horrorfilmen eine große Rolle.

Vgl. saferinter net.at*

o 92,2 Etwas über Bilder wissen

Der Schweizer Medienexperte Peter Holzwarth beschreibt den enormen Einfluss der Bilder:

1. Im digitalen Zeitalter kann man keinem Foto mehr trauen. Jedes Bild könnte mit computergestützten Bildbearbeitungsprogrammen pixelgenau verändert worden sein.

2. Schon vor der Erfindung von Computern wurden Fotografien verändert und manipuliert. Beispielsweise wurden in Ungnade gefallene Politiker von fotografischen Abbildungen wegretuschiert.

3. Auch durch Perspektive, Bildausschnitt, Bildunterschrift und weitere gestalterische Mittel lassen sich Bedeutungen verändern und in bestimmte Richtungen lenken.

4. Kinder und Jugendliche sind heute so stark wie nie mit medial konstruierten Schönheitsidealen konfrontiert.

5. Unser Wissen von der Welt (z. B. unbekannte Länder) wird maßgeblich durch mediale Bilder geprägt.

6. Werbung arbeitet bewusst mit wirkungsvollen Bildern und versucht so auf unsere Kaufentscheidungen Einfluss zu nehmen.

7. Für eine funktionstüchtige Demokratie sind bildkompetente und kritische Personen unerlässlich, denn die Meinungsbildung in politischen Prozessen erfolgt heute vor allem über Bildmedien. Holzwarth: Bilder; phzh.ch*

92 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 4. MEDIENETHIK D 92 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 92 VERNETZUNGEN
Foto: AP Photo / Itsuo Inouye; Montage: Ursula Dahmen / Der Tagesspiegel; swissinfo.ch*
Leseprobe

o 93,1 Niklas Luhmann über Massenmedien (1994)

„Was wir über unsere Gesellschaft, ja über die Welt, in der wir leben, wissen, wissen wir durch die Massenmedien. Das gilt nicht nur für unsere Kenntnis der Gesellschaft und der Geschichte, sondern auch für unsere Kenntnis der Natur. Was wir über die Stratosphäre wissen, gleicht dem, was Platon über Atlantis weiß: Man hat davon gehört. […] Andererseits wissen wir so viel über die Massenmedien, dass wir diesen Quellen nicht trauen können. Wir wehren uns mit einem Manipulationsverdacht, der aber nicht zu nennenswerten Konsequenzen führt, da das den Massenmedien entnommene Wissen sich wie von selbst zu einem selbstverstärkenden Gefüge zusammenschließt. Man wird alles Wissen mit dem Vorzeichen des Bezweifelbaren versehen – und trotzdem darauf aufbauen, daran anschließen müssen. […] Wir haben es – so die These […] – mit einem Effekt der funktionalen Differenzierung der modernen Gesellschaft zu tun: Man kann ihn durchschauen, man kann ihn theoretisch reflektieren.“

I 93,1

Aufrichtigkeit und Genauigkeit

Plaudernde Menschen angesichts des Einsturzes des World Trade Centers am 11. 9. 2001 im Hintergrund. Der Fotograf veröffentlichte das Foto erst fünf Jahre später. Es löste viele Diskussionen aus Foto: Thomas Hoepker, in: theguardian.com*

Luhmann: Massenmedien, 9

Zur Wahrhaftigkeit gehören nach Ansicht des Ethikers

Leseprobe

Bernard Williams (1929–2003) zwei Tugenden: Aufrichtigkeit und Genauigkeit. Die Aufrichtigkeit bezeichnet das Bemühen eines Menschen, das zu äußern, was er für wahr hält, und andere nicht über seine Ansichten und Gedanken zu täuschen. Genauigkeit erfordert, seine Äußerungen im Hinblick auf faktische Wahrheit zu überprüfen und sich um die Richtigkeit seiner Aussagen zu bemühen. Williams meint, Genauigkeit sei „die Tugend, von der die Menschen dazu angeregt werden, mehr Mühe, als sie sonst angewendet hätten, in den Versuch der Wahrheitsfindung zu investieren, anstatt einfach mit einem überzeugungsartigen Etwas vorliebzunehmen, das ihnen in den Sinn kommt“. Wahrhaftigkeit ist also das Bemühen, sich auf nachprüfbare Fakten zu beziehen und diese anzuerkennen. Wahrhaftigkeit als Bestreben, die Wahrheit zu erkennen und die Lüge zu enttarnen, muss als fundamentales ethisches Prinzip anerkannt werden.

B 93 ZUM BILD

Vgl. Williams: Wahrheit, 136.

Wir sehen Bilder und denken in Bildern Bilder von den Terroranschlägen am 11. September zeigen Zerstörung, Entsetzen, Trauer, Tod und Verzweiflung. Thomas Hoepker fing eine ganz andere Situation ein. Er war im Auto auf dem Weg nach Manhattan, die rauchenden Türme des World Trade Centers vor Augen, das Radio meldete 20.000 Tote. Der Weg dorthin war ihm allerdings versperrt. Da entdeckte er in einem Park in Brooklyn diese jungen Menschen. Salzburger Nachrichten, 11.9.2021, 24.

 Impuls: Das Bild ist verstörend angesichts des Ereignisses: Problematisieren Sie den Inhalt des Bildes.

... den Sozialethiker alexander Filipovic, der sich mit Fragen zur Medienethik und Technikethik auseinandersetzt. Foto: se-ktf.univie.ac.at*

Über die Macht von Bildern, die Frage nach der Wahrheit und mediale Wirklichkeitsgestaltung.

„Alles, was wir mit eigenen Augen sehen, halten wir für wahr. Das ist ganz tief in uns drinnen, eine menschliche Gegebenheit: Wir vertrauen unserem Augensinn. Das ist vielleicht auch eine evolutionäre Folge. Das heißt, wenn wir etwas Gefährliches sehen, laufen wir weg, oder wenn wir ein Nahrungsmittel sehen, laufen wir hin.“

„Bei Bildern können wir uns jedoch nicht sicher sein, dass wir die Welt sehen, wie sie wirklich ist. Man hat immer eine Interpretation von Welt – vielleicht eine bösartige – oder eine bösartig in die Welt gesetzte Falschmeldung. Wir sind mittlerweile gewohnt, Texten zu misstrauen. Bei Bildern haben wir da noch unsere Schwierigkeiten.“

„Unsere Weise, die Welt zu betrachten, funktioniert durch Fotografie. Wir schauen uns durch das Handy die Wirklichkeit an. Dann veränderen wir das Bild, schneiden es zu, legen einen Filter drauf, versehen es mit einem Kontext und einem Text und verteilen das dann via Instagram, Facebook oder Twitter. Das heißt: Eigentlich machen die Leute diese mediale Wirklichkeitsgestaltung selbst. Wir leben in einer redaktionellen Gesellschaft, in der die Menschen, die publizieren, ähnliche Maßstäbe für das Publizieren von Bildern einüben müssen wie Journalisten.“

O-Töne aus: Die Furche, 29.09.2017, 14

93 ETHICA.
| begründet | handeln 2
beherzt
e 93 ETHICA fragt …

o 92,1 Was man sehen kann – oder auch nicht

Bildunterschrift 2:

1. Problematisieren Sie, inwieweit die Bildunterschrift in O 92,1 dem Bildinhalt entspricht.

2. Für die Platzierung des Bildes wurde ein Bildausschnitt gewählt. Damit wird auch die Aussage des Fotos geprägt. Entwerfen Sie Bildunterschriften für das Originalfoto sowie auch für den zweiten Bildausschnitt.

Die Wahl eines bestimmten Bildausschnittes kann die aussage eines Fotos komplett verändern.

3. Diskutieren Sie : Wer hätte Interesse an einer solchen „Manipulation“ der Bildbotschaft?

Die in der Mitte abgebildete Farbfotografie entstand im März 2003 im Irak.

entwerfen Sie Bildunterschriften für das Originalfoto sowie für die beiden Bildausschnitte.

Wer hat Interesse an der Manipulation?

Im

Bildunterschrift 1:

Bildunterschrift 3:

Bildunterschrift 2:

o 92,2 Etwas über Bilder wissen

1. Beschreiben Sie, in welcher Form Sie eine der Behauptungen in Ihrem Alltag schon erlebt haben.

kann die aussage eines entstand im März 2003 im Originalfoto sowie für die bei-

2. Nehmen Sie zu einer der genannten Behauptungen Stellung

Bildunterschrift 3: die Köpfe.» Bill Gates

o 93,1 Niklas Luhmann über Massenmedien (1994)

Laut dem Ergebnis der Österreich-Auswertung des „Reuters Institute Digital News Report“ (2021) ist das Vertrauen in Medien in Österreich gestiegen (www.sn.at/panorama/medien/digital-news-report-2021-vertrauen-in-medien-ist-gestiegen-105612598 ).

1. Begründen Sie Ihr Vertrauen/Misstrauen in die Medienlandschaft Österreichs.

2. M08: Diamond ranking. Ihr vertrauenswürdigstes Medium steht ganz oben … das Medium, dem Sie am wenigsten vertrauen, steht ganz unten. Begründen Sie Ihre Entscheidung.

94 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 4. MANIPULATION UND GEWALT | arBeITSaUFgaBeN 94
Nur zur internen Verwendung für Unterrichtszwecke. © 2007 Museum für Kommunikation, Bern & Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland  Nur zur internen Verwendung für Unterrichtszwecke. © 2007 Museum für Kommunikation, Bern & Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 
«Wer die Bilder beherrscht, beherrscht die Köpfe.» Bill Gates Irak-Krieg … Im Irak-Krieg … Leseprobe

I 93,1 Aufrichtigkeit und Genauigkeit

Aufrichtigkeit und Genauigkeit spielen eine große Rolle bei der Formulierung einer Headline. Oft gibt die Überschrift (Headline) eines Artikels den im Textkörper formulierten Inhalt sehr ungenau, manchmal sogar bewusst missbräuchlich, wieder. (Über)prüfen Sie diese Behauptung an einem konkreten Beispiel durch einen Faktencheck.

D 92 Ein Gedicht von Liao yiwu

1. Lesen Sie das ganze Gedicht, das von massiver Gewalt berichtet (www.amnesty.de/journal/2012/oktober/massaker ).

2. M24: Internetrecherche. Was geschah am 4. Juni 1989 auf dem „Platz des himmlischen Friedens“?

3. Setzen Sie das Gedicht mit den Ergebnissen der Recherche in Beziehung. Welchen Beitrag leistet das Gedicht zum Verständnis des Ereignisses? Was tragen publizierte „Tatsachenberichte“ zum Verständnis des Ereignisses bei?

v 92 Mediale Gewalt

M12: Fischbowl. These: „Gewalt in Unterhaltungsmedien macht Menschen und Gesellschaft aggressiv.“

Beziehen Sie die vier Aspekte von V 92 mit ein.

e 93 Die Macht der Bilder

Fassen Sie die Aussagen des Medienethikers A. Filipovic über die „Macht der Bilder“ zusammen

k 95

Ich kann verschiedene Aspekte der Anziehungskraft von medialer Gewalt benennen.

Ich kann die Problematik der Manipulation im Medienbereich erkennen.

Kompetenzcheck

Ich kann zu den Werten „Aufrichtigkeit“ und „Genauigkeit“ als ethischer Basis für den Umgang mit moralischen Problemen reflektiert Stellung nehmen.

Ich kann den Umgang mit Medien in meinen eigenen Lebensentwurf einordnen.

95 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 95
Leseprobe

Der Streit der Meinungen

Demokratien [...] rechnen mit der Vielfalt der Lebensstile und daher auch mit verschiedenen Vorstellungen vom guten Leben. An die Stelle von nicht hinterfragbaren Wahrheitsansprüchen setzen sie den Streit der Meinungen – einen Streit, der durchaus mit Engagement, aber ohne Gewalt, sei es physische oder psychische, zu führen ist. Demokratische Verfahren öffnen einen Raum, in dem dieser Streit ausgetragen werden kann und über Aushandlungsprozesse und Kompromisse zu Entscheidungen führt. Die rechtsstaatliche Ordnung bildet die Regeln für die demokratische Urteilsbildung. Sie ist ein Schutzraum der Freiheit, die es gegen jene zu verteidigen gilt, die sie auszuhebeln versuchen. Derzeit ist es hier von besonderer Bedeutung, denjenigen entgegenzutreten, die unter Berufung auf einen angeblich unmittelbar erfassbaren Volkswillen den Rechtsstaat infrage stellen. Dabei gilt es, das Recht zu verteidigen, die eigene Meinung auch dann zu äußern, wenn sie der Mehrheit widerspricht. In dieses Recht darf nur innerhalb der engen Grenzen eingegriffen werden, die die Rechtsordnung selbst zieht. Die politische Auseinandersetzung ist dort besonders notwendig, wo die Grundlagen und die künftige Gestalt des Gemeinwesens berührt werden. Die gegenwärtigen Auseinandersetzungen etwa um soziale Gerechtigkeit, um Zuwanderung, um gesellschaftlichen Zusammenhalt, um das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit, um die Gestaltung der Globalisierung oder auch um Ehe, Familie und Lebensformen betreffen die Grundlagen des Gemeinwesens und bedürfen daher der intensiven Diskussion.EKD: Konsens und Konflikt, 11

1. Konflikte sind normal

?Interessen, Meinungen und Ziele sind nicht immer in Überstimmung zu bringen, nicht in sich selbst und noch weniger mit anderen. Konflikte gehören jedoch zum Leben und sind jedenfalls ambivalent. Sollen Konflikte immer gelöst werden?

I 96,1 Erscheinungsformen und Dynamiken eines Konflikts

Bei einem Konflikt (lateinisch confligere = „zusammentreffen, kämpfen“) treffen unterschiedliche Einstellungen, Erwartungen, Interessen, Meinungen, Wertvorstellungen oder Ziele von Organisationen, Personen, gesellschaftlichen Gruppen oder Staaten aufeinander.

Man kann folgende Erscheinungsformen unterscheiden:

Latenter (1a) und manifester (1b) Konflikt

Ein latenter Konflikt liegt vor, wenn den Konfliktparteien ihre Unvereinbarkeiten nicht bewusst sind.

In manifesten Konflikten wissen die Beteiligten um die Auseinandersetzung.

Formloser (2a) und institutionalisierter (2b) Konflikt Konflikte entstehen oft formlos. Die Beteiligten versuchen den Konflikt selber in den Griff zu bekommen. Ein institutioneller Rahmen (z. B. Mediation [Vermittlung], Gerichtsverhandlung) kann Sicherheit schaffen.

Kalter (3a) und heißer (3b) Konflikt

konfliktarena und konfliktausdehnung

Ein Konflikt [Widerstreit, Zwiespalt] kann sich innerhalb einer einzigen Person, zwischen mehreren Personen oder zwischen mehr oder weniger großen Gruppen abspielen. In Abhängigkeit von der Größe und dem Organisationsgrad der Konfliktparteien lassen sich vier verschiedene Konflikttypen unterscheiden:

■ intrapersonale konflikte: Das sind Konflikte, die eine Person mit sich selbst austrägt. Z. B.: unvereinbar erscheinende Gefühle, Widerstreit der Überzeugungen, Werte, Motive, Interessen und Ziele (vgl. Dilemmata Kap. I).

■ mikro-soziale/interpersonale konflikte (mikro = „klein“): Diese Konflikte bezeichnen Auseinandersetzungen zwischen zwei oder mehreren Personen. Das wichtigste Merkmal ist, dass die Beteiligten direkt miteinander interagieren und kommunizieren.

■ meso-soziale konflikte (meso = „mittig“): In diesen Konflikttyp sind mindestens zwei Großgruppen bzw. Organisationen (z. B. Vereine, Verbände, Unternehmen, Schulen, Verwaltungseinrichtungen) involviert. Ein Großteil der Kommunikation und Interaktion verläuft nicht mehr direkt, sondern über Personen, die für die Gruppe sprechen bzw. sie repräsentieren.

■ makro-soziale konflikte (makro = „groß“): Hier sind die Konfliktparteien Großgruppen wie nationale Verbände, staatliche Organisationen, Regierungen/Staaten, Staatenbündnisse und/ oder internationale Organisationen.Vgl. Schrader: Formen; bpb.de*

Bei einem kalten Konflikt verbergen die Beteiligten ihre Gefühle. Die Auseinandersetzung findet indirekt statt. Heiße Konflikte sind an der Emotionalität und dem Aktionismus der Parteien erkennbar.

Gewaltloser (4a) und gewaltsamer (4b) Konflikt

Solange Konfliktparteien einander weder seelisch noch körperlich zu verletzen suchen, liegt ein gewaltloser Konflikt vor. Die Überschreitung der Schwelle zum gewaltsamen Konflikt macht die erreichte Eskalationsstufe sichtbar.

Dynamischer (5a) und verhärteter (5b) Konflikt

In einem dynamischen Konflikt versuchen die Konfliktparteien die Auseinandersetzung zu lösen. Der verhärtete Konflikt signalisiert einen Dauerzustand.

Endogener (6a) und exogener (6b) Konflikt

Endogene (griech: endogen = „im Inneren erzeugt“) Konflikte entstehen innerhalb einer Beziehung, Gruppe oder Organisation. Dagegen werden exogene Konflikte „von außen“ hineingetragen.

Symmetrischer (7a) und asymmetrischer (7b) Konflikt

Die Konfliktparteien können einander ebenbürtig oder unterschiedlich mächtig sein. Im ersten Fall spricht man von symmetrischen und im zweiten Fall von asymmetrischen Konflikten. Vgl. Schrader: Formen; bpb.de*

96 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 5. ETHIK DES KONFLIKTS
D 96 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 96
VERNETZUNGEN
Leseprobe

I

Gegenstand und Ursache – Fünf Grundtypen

1. I n Kommunikations- bzw. Verhaltenskonflikten wird die Ursache vor allem einer bestimmten Art der Kommunikation und/oder des Verhaltens einer oder mehrerer Konfliktparteien zugeschrieben. Das Konflikte auslösende und verstärkende Verhalten kann von nonverbalen Signalen über verbale Äußerungen bis hin zu offener physischer Gewalt zwischen einzelnen Personen oder (Groß-)Gruppen reichen.

2. In Sachkonflikten können die Parteien entweder materielle oder immaterielle Interessen und Ziele verfolgen. In beiden Fällen streiten sie um die Verfügung über ein knappes Gut. In materieller Hinsicht kann das ein lukrativer Posten in einer Behörde oder ein Stück Land sein.

Knappe Güter in immaterieller Hinsicht sind z. B. Anerkennung, Prestige oder die Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Typische Sachkonflikte sind Macht-, Status-, Interessens- und Verteilungskonflikte.

3. In Beziehungskonflikten treffen unvereinbare Beziehungsdefinitionen sowie Selbst- und Fremdbilder der Beteiligten aufeinander. Hintergrund sind unterschiedliche Annahmen und Erwartungen, Werte und Überzeugungen, Glaubenssätze und Rollenverständnisse der Beteiligten.

Typische Beziehungskonflikte sind Anerkennungs-, Rollen-, Diskriminierungs- und Marginalisierungskonflikte.

4. Ein sozio-struktureller Konflikt liegt dann vor, wenn ungerechte soziale Strukturen eine ausschlaggebende Ursache für die Auseinandersetzung sind. Strukturen sind Gewohnheiten, Institutionen und Regeln, nach denen Menschen einer Gruppe bzw. Gesellschaft ihr Verhalten mehr oder weniger unbewusst ausrichten. Sie werden deshalb auch als (strukturelle) Tiefendimensionen von Konflikten bezeichnet.

5. Sozio-kulturelle Konflikte bilden sich besonders an sozialen Bruchlinien heraus, die das gesamte gesellschaftliche Zusammenleben durchziehen und prägen. Dazu zählen die Unterschiede zwischen Geschlechtern, Generationen und Familien ebenso wie die Abstufungen zwischen Schichten, Milieus und Berufsgruppen. Schrader: Formen; bpb.de*

B 97 ZUM BILD

Mauern niederreißen

Im Laufe eines Konflikts kann es vorkommen, dass hohe und dicke Mauern „aufgebaut“ werden, die einer Lösung scheinbar gänzlich entgegenstehen.

 Impuls: Erörtern Sie die Frage: Woran merke ich, dass ich mich in einem Konflikt befinde?

Die Aussage „No-condition is permanent“ macht den einen Hoffnung und anderen vielleicht Angst.

… den kommunikationspsychologen Friedemann Schulz von Thun über die kunst der kommunikation und Bearbeitung von konflikten.

Foto: hanser-literaturverlage.de*

In Gesprächen zwischen Menschen entstehen immer auch Anlässe für Missverständnisse, Konflikte und Zerwürfnisse. Warum das so ist und wie wir uns am besten verständigen können.

„WirmögendiegleicheSprachesprechenundeinander,oberflächlich betrachtet,verstehen.Da wir uns aber immer,mehr oder minder bewusst,aufvierEbenenbegegnen,lauerndaunentwegtMissverständnisse.IneinundderselbenÄußerungsteckennämlichimmer vierBotschaften[„Schnäbel“/„Ohren“]gleichzeitig:EineSachaussage,eineBeziehungsaussage,eineSelbstkundgabeundeinAppell.“

„Wenn sich Menschen angegriffen und zugleich in ihrem Selbstwertgefühl bedroht fühlen,ziehen sich viele zurück.Die Kränkung schmerzt und lähmt,und ein beleidigter Mensch ist nicht mehr konfliktfähig.Aber auch ein Rückzug oder eisiges Schweigen ist Kommunikation,und es ist möglich,auf die darin steckende Selbstoffenbarung oder auf den darin steckendenAppell zu reagieren,sofort oder manchmal später.“

„Je mehr sich der eine zurückhält,desto zudringlicher wird der andere,redet,fordert.Betroffene sollten einmal bewusst ganz anders reagieren als gewohnt.Man könnte,statt sich abzuwenden,einmal eine kleine Rede aus dem Herzen halten.Oder man begegnet dem anderen ganz bewusst mit Empathie,versucht,sich einzufühlen in Bedrängnis und das Gefühl,derAngeklagte zu sein.Vielen gelingt das aus eigener Kraft nicht.Oft kann das eingefahrene Muster mit Hilfe eines Mediators durchbrochen werden.“ O-Töne zitiert aus: geo.de*

97 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 e
97 ETHICA fragt
97,1
Foto: aspr.ac.at*
Leseprobe

I 96,1 Erscheinungsform eines Konflikts

Ordnen Sie den angeführten Beispielen zwei mögliche Konfliktformen zu . 

1a) latenter – 1b) manifester Konflikt; 2a) formloser – 2b) institutionalisierter Konflikt; 3a) kalter – 3b) heißer Konflikt; 4a) gewaltloser – 4b) gewaltsamer Konflikt; 5a) dynamischer – 5b) verhärteter Konflikt; 6a) endogener – 6b) exogener Konflikt; 7a) symmetrischer – 7b) asymmetrischer Konflikt

A Die Lehrerin bevorzugt einen Schüler gegenüber anderen in der Klasse..

B Niemand aus der Klasse stellt sich der Klassenvertretungswahl.

C Robin leidet darunter, dass er sich die teuren Markenschuhe nicht leisten kann.

D Zwei streitende Schülerinnen werden von der Direktion zum Konfliktgespräch eingeladen.

E Der Klassenkassier kann der Klasse nicht erklären, wieso in der Kasse Geld fehlt.

F Mitarbeitende eines Unternehmens sind seit einigen Monaten innerlich unzufrieden.

G Zwei Nachbarn verabreden sich auf einen Kaffee, um Unstimmigkeiten zu besprechen.

H Seit einem Monat redet Max nicht mit seinem Bruder. Dieser hat ihn nämlich geohrfeigt.

I 97,1 Gegenstand und Ursache – fünf Grundtypen

Ordnen Sie folgende Konflikte den fünf Grundtypen zu

1. Kommunikations- bzw. Verhaltenskonflikt; 2. Sachkonflikt; 3. Beziehungskonflikt;

4. sozio-struktureller Konflikt; 5. sozio-kultureller Konflikt.

a) Im Büro einer Firma reden die Mitarbeiter in Abwesenheit einer Kollegin schlecht über sie.

b) Nach dem Kauf eines „refurbished“ Smartphones stellt die Käuferin fest, dass das Gerät nicht einwandfrei funktioniert, und nimmt Kontakt mit dem Verkäufer auf.

c) Eine alleinerziehende Mutter findet aufgrund der mangelnden Kinderbetreuungsplätze seit einem Jahr keine Erwerbstätigkeit.

d) Nach einem Streit vertraut die Mutter ihrer Tochter nicht.

Leseprobe

e) Auf der Titelseite einer Tageszeitung steht: „Die Integration vieler Zuwanderer ist nicht möglich“.

D 96 Der Streit der Meinungen

1. Arbeiten Sie anhand des Textes einige Eckpunkte einer demokratischen Streitkultur heraus 

2. Untersuchen Sie an einem selbstgewählten gesellschaftlichen Streitfall den „Streit der Meinungen“.

98 1. glück – Alle Menschen streben nAch glück ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 5. koNFLIkTe SIND NorMaL | arBeITSaUFgaBeN

v 96 Konfliktarena und Konfliktausdehnung

Stellen Sie ein aktuelles Beispiel eines mikro-sozialen sowie eines makro-sozialen Konfliktes in ihren Grundzügen dar.

e 97 Die Kunst der Kommunikation – Vier Ohren und vier Schnäbel

Da jede Nachricht mit einer speziellen Absicht abgeschickt wird und dem Sender diese oft gar nicht bewusst ist, kann man sich leicht vorstellen, wie schnell es zu Missverständnissen kommt.

Häufig eskaliert dann eine Situation, und es gelingt erst im Nachhinein, die missratene Kommunikation wieder aufzuklären.

Ordnen Sie die folgenden Aussagen einem der „vier Schnäbel/Ohren“ zu: 

A Situation Aussage: Schnabel/Ohr:

B Situation Aussage: Schnabel/Ohr:

C Situation Aussage: Schnabel/Ohr:

D Situation Aussage: Schnabel/Ohr:

Ein Ehepaar fährt im Auto, sie fährt und wartet an einer Ampel. Er: „Du, da vorne ist grün!“

Sie: „Fährst du oder ich?“

Ein Ehepaar fährt im Auto, sie fährt und wartet an einer Ampel. Er: „Du, da vorne ist grün!“

Sie: „Ok, danke!“

Ein Ehepaar fährt im Auto, sie fährt und wartet an einer Ampel. Er: „Du, da vorne ist grün!“

Sie: „Mein Gott, du kommst schon noch rechtzeitig zum Zug!“

Ein Ehepaar fährt im Auto, sie fährt und wartet an einer Ampel. Er: „Du, da vorne ist grün!“

Sie: „0 ja, entschuldige, ich bin so unaufmerksam heute.“

k 93

k 99

Kompetenzcheck

Ich kann die Bede

Ich kann den „Streit der Meinungen“ als prinzipiell gut für eine lebendige Gesellschaft wahrnehmen.

Ich kann die Begriff

Ich kann die „Arena des Konflikts“ umfassend beschreiben.

Ich kann den Begr

Ich kann verschiedene Formen und Typen von Konflikten wahrnehmen und deuten.

Ich kann mein eig

meinen persönlichen Umgang mit Konflikten beschreiben.

99 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Leseprobe

– KULTUREN – RELIGIONEN

konflikte und Spannungen akzeptieren

Für den Psychoanalytiker Erich Fromm (1900–1980) ist die Fähigkeit, Konflikte und Spannungen zu akzeptieren (anstatt ihnen aus dem Wege zu gehen) eine Voraussetzung für ein authentisches Leben: „Dieser Gedanke steht in völligem Widerspruch zu der heute gängigen Meinung, dass Konflikte möglichst zu vermeiden seien. Die gesamte moderne Erziehung läuft darauf hinaus, dem Kind die Erfahrung von Konflikten zu ersparen.Alles wird ihm leicht gemacht, jeder behandelt ihn mit Nachsicht. Die ethischen Normen werden so nivelliert, dass es nur selten Gelegenheit bekommt, den Konflikt zwischen Wunsch und Norm zu erleben. Es ist ein allgemein verbreiteter Irrtum, Konflikte seien schädlich und daher zu vermeiden. Das Gegenteil trifft zu. Konflikte sind die Quelle des Staunens, der Entwicklung der eigenen Kraft und dessen, was man als ‚Charakter‘ zu bezeichnen pflegte.Vermeidet man Konflikte, so wird man zu einer reibungslos laufenden Maschine, bei der jeder Affekt sofort ausgeglichen wird, bei der alle Wünsche automatisch ablaufen und alle Gefühle verflachen. [...] Diese Konflikte gilt es, bewusst zu erkennen, sie tief zu erleben und sie nicht nur mit dem Verstand, sondern auch mit dem Gefühl zu akzeptieren.Werden sie verleugnet oder nur verstandesmäßig erlebt, so führt das zu einem oberflächlichen, nur am Rande verlaufenden Erleben.“ Fromm: Authentisch, 151f.

2. Konflikt und Kompromiss

Zur Konfliktbewältigung gehören wohl auch Kompromisse. Bedeutet das Eingehen eines Kompromisses das Aufgeben einer klaren Haltung? Wie ist der Kompromiss ethisch zu bewerten?

I 100,1 Wie verhalten sich Konflikt und Kompromiss zueinander?

„Da muss es doch einen Kompromiss geben“, sagt man bei scheinbar unlösbaren Konflikten. Wenn alle anderen Versuche (Überzeugung etc.) scheitern, wird die Sache im Hinblick auf die Überzeugungen und Wünsche in einem Kompromiss ausgehandelt. Dabei ist man auf Kooperation angewiesen, man tut vielleicht etwas, von dem man nicht restlos überzeugt ist. Man lässt sich auf einen Kompromiss ein, weil man entgegenkommend sein möchte, weil damit eine extremere Position vermieden werden kann, die noch schlechter erscheint. Im Kompromiss sind beide Konfliktpartner „gleichermaßen unzufrieden“.

o 100,1

Wie sind Kompromisse ethisch zu bewerten?

Manche Menschen vertreten die Meinung, dass Kompromisse nicht automatisch etwas Gutes bewirken. Der Ethiker Marcus Düwell (*1962) fragt, welche ethischen Fragestellungen durch die verschiedenen Konfliktlösungsversuche berührt werden.

„Weitgehend unklar ist jedoch, wie Kompromisse ethisch zu bewerten sind. Kommen wir lediglich einer unvollkommenen Wirklichkeit entgegen, wenn wir Kompromisse schließen?

Was ist Mediation?

Eine Mediation (Vermittlung) ist ein Verfahren zur Konfliktregelung auf freiwilliger Basis.

In der Mediation unterstützen Mediatoren oder Mediatorinnen die Parteien bei der Wahrung der Interessen und ermöglichen ein konstruktives Gespräch. Mediation wird in verschiedenen Rechtsbereichen erfolgreich angewendet, zum Beispiel bei Konflikten in der Familie oder bei Trennung/Scheidung. Vgl. sozialministeriumservice.at

Mögliche Phasen einer Mediation

1. Begrüßung und einführung. Markierung des Kontextes; Festlegung der geltenden Kommunikationsregeln.

2. Darstellung der Positionen bzw. Sichtweisen. Umschreiben der sachlichen Aspekte des Konflikts.

3. vertiefung: von den Positionen/Sichtweisen zu den Interessen, Gefühlen und den konflikterhaltenden Mustern.

4. Lösungssuche Brainstorming: Schaffung eines Kontextes, in dem alle Lösungsideen artikuliert und aufgelistet werden können.

5. erarbeitung einer einvernehmlichen vereinbarung. Konkretisierung der Lösungsideen und gründliche Vorbereitung ihrer Umsetzung; Verschriftlichung in Form einer gemeinsamen Vereinbarung.

Kleve: Mediation, 184

Ist ein kompromissbereites Handeln nur ein unvollkommen moralisches Handeln?

Gibt es Lebensbereiche, in denen ein Kompromiss schlechthin unmoralisch ist, auch wenn große Nachteile zu erwarten sind?

Zudem verstärken Kompromisse häufig ungerechte Lebensverhältnisse, denn Kompromisse schließt man nur, wenn die Gegenseite in der Lage ist, einen hinreichenden Druck auszuüben. Mit Kompromissen kommt man daher tendenziell stets den Mächtigen entgegen. Zweifellos würde jedoch ein vollständiger Verzicht auf Kompromisse zu Sozialverhältnissen führen, in denen unablässig entschlossene Überzeugungstäter einen kompromisslosen Kampf gegeneinander führen. Die Vorstellung von einer solchen Gesellschaft erscheint unmittelbar bedrohlich.

Aus dieser Perspektive scheint es geradezu moralisch geboten, Kompromisse zu schließen. Andererseits scheint eine Pflicht zum Kompromiss mit dem kategorischen Charakter moralischer Forderungen unvereinbar zu sein. Führt also der kategorische Charakter der Moral zu kompromisslosen Verhaltensweisen, die moralisch fragwürdige Sozialverhältnisse generieren?“

Düwell: Kompromiss, 315

100 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 5. ETHIK DES KONFLIKTS
D 100
DIALOGE
v 100
VERNETZUNGEN ?
Leseprobe

I 101,1 Konfliktlösungsstile im Thomas-Kilmann-Modell

Die Psychologen Kenneth Thomas und Ralph Kilmann unterscheiden in ihrem Konfliktmodell zwei Dimensionen, um verschiedene Konfliktstile herauszuarbeiten. Die vertikale Achse zeigt an, wie ausgeprägt die eigenen Interessen verfolgt werden (Sorge um mich selbst, Selbstbehauptung). Die horizontale Achse bildet ab, wie stark die Interessen von anderen Personen berücksichtigt werden (Sorge um andere, Rücksichtnahme). Die Skalen reichen dabei jeweils von eins bis neun, wobei neun die größte Orientierung abbildet und eins die geringste.

Durchsetzen

„Du verlierst, ich gewinne“

Konsens „Du gewinnst, ich gewinne“

Kompromiss

Vgl. cdn.qualitygurus.com*

o 101,1 Kompromisse zeigen, wer wir sind Nach Avishai Margalit (*1939, israel. Philosoph) zeigt die Kompromissfähigkeit im Handeln Einzelner wie auch zwischen politischen Gruppen, „wer man ist“: „Schließlich erreichen wir als Einzelne wie als Kollektive nur selten, was ganz oben auf der Liste unserer Prioritäten steht. Die Umstände zwingen uns dazu, uns mit weit weniger zufriedenzugeben als wir eigentlich wollen. Wir schließen einen Kompromiss. Ich denke, wir sollten eher nach unseren Kompromissen beurteilt werden als nach unseren Idealen und Normen. Ideale sagen etwas darüber aus, wie wir sein möchten. Kompromisse zeigen, wer wir sind.“ Margalit: Über Kompromisse, 14

B

ZUM BILD

Sprachbilder können hilfreich sein Beziehungen erfordern, dass man aufgeschlossen und kompromissbereit ist. In bestimmten grundlegenden Fragen müssen wir jedoch alle standhaft bleiben und vielleicht bereit sein, eine bestimmte Beziehung zu verlieren oder zu verlassen, was ein Bruch in Integrität, Ethik und den Grundwerten sein könnte.

 Impuls: Erörtern Sie, in welchen Situationen es angemessen und notwendig ist, die grundlegenden Werte und Überzeugungen aufrecht zu erhalten, damit „aus einem Schirm ein Dach“ wird?

Umdrehen und Weggehen: Warum es z eit ist für eine e thik der a bwendung und wir andere Meinungen und a rgumente aushalten müssen.

„In unserer Gesellschaft wird es immer mehr zu einem Privileg, dass wir uns nicht streitend und diskursiv verkeilen, sondern einfach den anderen in seiner Meinung belassen können. Dennoch ist es wichtig, unsere Meinung mit anderen Meinungen in Verbindung zu bringen, sie sozusagen am Argument des Andersdenkenden zu messen, damit wir die Bedeutung unserer eigenen Meinung besser verstehen.“

„Für den Fall, dass keine Einigung möglich ist, soll es auch möglich sein, sich ohne Feindseligkeit zu trennen. Eine ‚Ethik der Abwendung‘ zielt einerseits immer auf die Neugier, zu erfahren, was andere denken. Und andererseits, wenn ein Kompromiss nur geringfügig oder gar nicht möglich ist, sich dann auch wieder zu trennen, ohne den anderen deswegen bekämpfen zu müssen.“

„Unsere Gesellschaften waren ursprünglich derAnsicht, wir sollten immerfort miteinander diskutieren. Ich erinnere an diese Idee, dass im Diskurs der Zwang des besseren Arguments gilt. Aber das geht nicht immer in Gesellschaften.Teil einer guten Gesinnung wäre es zu sagen, dass wir uns miteinander eben inhaltlich nicht verständigen, aber noch miteinander reden können.“

O-Töne zitiert aus: deutschlandfunk.de*

101 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
e 101 ETHICA fragt … 101 Das Bild vom „Guten Schirm“ und das Bild vom „schlechten Dach“. James Russell Lowell (1819–1891), Lyriker, Lehrer, Diplomat. … den Philosophen Peter Strasser, emeritierter Professor für Philosophie und rechtsphilosophie an der Universität graz. Foto: avenue.jetzt*
Kooperationswille Orientierung an Interessen der anderen Durchsetzungsvermögen Orientierung an eigenen Interessen 9 1 9 1
„Du verlierst, ich verliere“ Vermeiden „Du gewinnst, ich verliere“ Nachgeben Leseprobe

I 100,1 Wie verhalten sich Konflikt und Kompromiss zueinander?

1. Nennen Sie Konflikte, bei denen Sie einen Kompromiss eingehen mussten.

2. Charakterisieren Sie Ihre Gedanken und Empfindungen hinsichtlich Zufriedenheit/Unzufriedenheit im Moment der Konfliktlösung sowie in der Nachbetrachtung.

3. Überprüfen Sie Ihre persönliche Kompromissbereitschaft.

o 100,1 Wie sind Kompromisse ethisch zu bewerten?

Erörtern Sie im Zweiergespräch das Spannungsfeld zwischen Kompromissbereitschaft und Kompromisslosigkeit. Halten Sie ein Argument für Kompromissbereitschaft sowie ein Argument für Kompromisslosigkeit schriftlich fest.

I 101,1 Konfliktlösungsstile im Thomas-Kilmann-Modell

Gestalten Sie ein Schaubild mit Konfliktlösungsstilen am Beispiel eines Schüler-Lehrer-Konflikts Ihrer Wahl.

o 101,1 Kompromisse zeigen, wer wir sind

Problematisieren Sie die Hauptthese des Textes: „Die Umstände zwingen uns dazu, uns mit weit weniger zufriedenzugeben als wir eigentlich wollen. Wir schließen einen Kompromiss.“

102 1. glück – Alle Menschen streben nAch glück ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 5. koNFLIkT UND koMProMISS | arBeITSaUFgaBeN
Leseprobe

D 100 Konflikte und Spannungen akzeptieren

1. Nehmen Sie zu folgender Aussage aus dem Text Stellung : „Die gesamte moderne Erziehung läuft darauf hinaus, dem Kind die Erfahrung von Konflikten zu ersparen.“

1. Nennen Sie Konfliktbeispiele unter Jugendlichen, die Ihrer Meinung nach untereinander bewältigt werden sollten.

2. Erläutern Sie die positiven Aspekte der Erfahrung von Konflikten für ein authentisches Leben.

v 100 Was ist Mediation?

Ordnen Sie den unten abgebildeten Signets die entsprechende Phase einer Mediation zu . 

e 101

Eine Ethik der Abwendung

Erläutern Sie die Formulierung „Ethik einer Abwendung“ von Peter Strasser.

k 103

Ich kann mit Hilfe einer „Konfliktmatrix“ einen Konflikt analysieren.

Ich kann den Kompromiss unter ethischer Perspektive analytisch reflektieren.

Kompetenzcheck

Ich kann die Mediation in der Ethik als hilfreiche Methode in verschiedenen Auseinandersetzungen reflektieren.

Ich kann meine persönliche Kompromissfähigkeit analysieren und reflektieren.

103 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
a B C D e Grafik: meeet.de* Leseprobe

e ine g eschichte – a aron der Streitschlichter

Auch scheinbar unüberwindliche Streitfälle zwischen zwei Menschen hielten Aaron nicht davon ab, den Versuch zu wagen, zwischen ihnen zu vermitteln, wie im Streit zwischen den Kontrahenten Reuben und Simon. Zuerst ging er zu Reuben und gab vor, dass Simon bereue, dass er sich ihm gegenüber schlecht verhalten habe. Er setzte sich sodann mit Reuben zusammen, bis dieser sich seine Verbitterung von der Seele geredet hatte. Dann ging Aaron zu Simon und erzählte ihm, dass er gerade auf Reuben gestoßen sei, und dieser mit ihm über seine Scham wegen ihres Streits gesprochen habe. Das Gespräch mit Simon beendete er erst, nachdem sich auch Simon seine Verbitterung von der Seele geredet hatte. Als Reuben und Simon das nächste Mal aufeinandertrafen, konnten sie miteinander reden und einander wie Freunde behandeln.

Natürlich ergibt sich die Frage, ob der Einsatz einer Unwahrheit als Ausgangspunkt für den Versöhnungsprozess mit dem Verbot des Lügens vereinbar ist. Ich glaube, einer erfundenen Aussage, die zu einem guten Zweck eingesetzt wird, keinen Schaden anrichtet und Gutes bewirken kann, kann man wohl ohne Bedenken zustimmen, solange die genannten Voraussetzungen gegeben sind. Insbesondere, wenn das intendierte Gute wie in unserer Geschichte auch noch eintritt, heiligt der Zweck eindeutig die Mittel. Vgl. Weisz; oe1.orf.at*

3. Konflikt und Argument

?Argumentieren gehört zu den gewaltfreien Formen der Lösung von Konflikten. Es geht im Austausch von Argumenten um das Finden einer gemeinsamen Sprache. Wie lässt sich ein Konflikt vernünftig lösen?

o 104,1 Probleme mit dem Verstehen Wo Menschen miteinander sprechen, gibt es auch Missverständnisse. Darüber gibt es natürlich auch viele Witze, z. B.: „Eine Person, die Mathe lehrt, fragt in die Klasse: ‚Was sind vier Prozent von 1000 Dollar?‘ ‚Da haben Sie Recht, Herr Lehrer‘, ruft S. heraus, ‚was sind schon vier Prozent!‘“ Die Gründe für sprachliche Missverständnisse können folgendermaßen beschrieben werden: „Probleme mit dem Verstehen und Interpretieren treten deswegen so leicht auf, weil der Inhalt von sprachlichen Äußerungen vielschichtig ist. Grob lassen sich drei inhaltliche Schichten unterscheiden:

Unterschiedliche Schlichtungsstellen für unterschiedliche Probleme

In Österreich gibt es insgesamt acht staatlich anerkannte Verbraucherschlichtungsstellen:

■ Schlichtungsstelle der E-Control (Probleme mit Gas und Strom)

■ Telekom-Schlichtungsstelle der RTR (Probleme mit Telefon-, Internet- und Rundfunkbetreibern)

Leseprobe

1. die Rolle in der Kommunikation (z. B. Feststellung, Begründung, Rechtfertigung, Vorwurf, Kritik, Lob, Frage, Ausruf, Aufforderung, Bitte, Versprechen, Rat, Warnung, Drohung, Gruß, Abschied usw.);

2. der mitgeteilte Sachverhalt (z. B. Zustände, Vorgänge, Handlungen mit den daran beteiligten Größen, das heißt Gegenständen, Personen und [abstrakten] Größen wie Raum, Zeit, Ursachen, Wirkungen, Bedingungen, Folgen usw.);

3. verschiedene Implikationen, das heißt aus der Äußerung nur indirekt erschließbare Folgerungen, Voraussetzungen und Andeutungen.“

Kienpointner: Vernünftig argumentieren, 68f.

■ Post-Schlichtungsstelle der RTR (Probleme mit PostdiensteAnbietern)

■ Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (Probleme mit Bahn-, Bus-, Schiffs- oder Flugunternehmen)

■ Bankenschlichtung Österreich (Probleme bei Bankgeschäften)

■ Internet Ombudsmann (Probleme bei online abgeschlossenen Verträgen)

■ Ombudsstelle Fertighaus (Probleme und Fragen rund um Fertighäuser)

■ Schlichtung für Verbrauchergeschäfte – Verbraucherschlichtung Austria

Jede dieser Stellen ist auf bestimmte Probleme spezialisiert. Die Verbraucherschlichtung Austria hat dabei die Rolle der „Auffangschlichtungsstelle”. Sie behandelt also alle Fälle, die von keiner der anderen sieben, spezialisierten Stellen behandelt werden. verbraucherschlichtung.at

o 104,2

Unkooperative Techniken des Missverstehens

„Um das eigene Verständnis abzusichern, ist es bei heiklen Themen durchaus angebracht, die Äußerungen der Gesprächspartner kurz zu resümieren und rückzufragen, ob diese Zusammenfassungen die Absichten der Sprecher korrekt wiedergeben. Keinesfalls dürfen in kritischen Diskussionen Äußerungen gezielt ‚missverstanden‘ werden, obwohl sie im jeweiligen Zusammenhang präzis und deutlich formuliert worden sind. Unkooperative Techniken des Missverstehens bestehen häufig darin, dass

■ Ausdrücke wörtlich genommen werden, obwohl sie klar im übertragenen Sinn verwendet wurden;

■ vorsichtige Einschränkungen einfach ‚überhört‘ werden und so dem jeweiligen Gegenüber einseitige oder übertriebene Positionen unterstellt werden;

■ Äußerungen aus ihrem Zusammenhang gelöst und dadurch angreifbar(er) werden;

■ durch bewusstes Missverstehen von einem Thema abgelenkt und zu einem anderen übergegangen wird;

■ dem Gesprächspartner boshafte oder sonstwie unkooperative Absichten unterstellt werden, obwohl sich das aus dessen Äußerungen gar nicht entnehmen lässt.“ Kienpointner: Vernünftig argumentieren, 68

104 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 5. ETHIK DES KONFLIKTS
D 104 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN v 104
VERNETZUNGEN

o 105,1

Positive Techniken des Verstehens

Nach Manfred Kienpointner (*1955, Sprachwissenschaftler) sollten die unkooperativen Techniken in Gesprächen unterlassen werden:

„Statt dessen sind gerade umgekehrt positive Techniken des Verstehens einzusetzen, wie zum Beispiel:

■ Man soll den Sinn der Äußerungen optimal rekonstruieren, unter Zuhilfenahme von Vorwissen, Gesprächszusammenhang, Kenntnis der Gesprächspartner; sollten all diese Voraussetzungen nur mangelhaft gegeben sein, sollte durch Nachfragen Klarheit geschaffen werden.

■ Man soll bis zu einem gewissen Grad Einseitigkeiten oder Übertreibungen gezielt ‚überhören‘ und so Großzügigkeit demonstrieren.

■ Man soll Äußerungen immer relativ zum jeweiligen Zusammenhang interpretieren und dadurch grobe Missverständnisse ausschließen.

■ Man soll Gesprächspartnern so lange als möglich grundsätzliche Kooperativität unterstellen und daher fragwürdige Äußerungen nicht von vornherein als unaufrichtig, offensiv oder gar kränkend auffassen.“

„An einen Tisch setzen“ ist schon mal ein guter Anfang.

Foto: conflict-manager.com*

I

105,1

Kienpointner: Vernünftig argumentieren, 68f.

Die neun Eskalationsstufen von Friedrich Glasl

Nach dem österr. Konfliktforscher F. Glasl (*1941) lassen sich mit diesen (absteigenden) Stufen unterschiedlichste Konflikte analysieren und Ist-Stände erheben.

verhÄrTUNg

Meinungen und Standpunkte verhärten sich

DeBaTTe / PoLeMIk

Polarisierung im Denken, Fühlen und Handeln

TaTeN STaTT WorTe Keiner will nachgeben

FeINDBILD UND koaLITIoNeN

Der Gegner wird zum Feind und die Lager spalten sich

geSIChTSverLUST

Der Gegner wird bloßgestellt

DrohSTraTegIe Drohungen werden gegenseitig ausgesprochen

BegreNzTe verNIChTUNgSSChLÄge

Leseprobe

Der Feind wird immer mehr zur „Sache“

zerSPLITTerUNg / krIeg

Der Feind muss vernichtet werden

geMeINSaM IN DeN aBgrUND

Totaler Krieg zum Preis der Selbstvernichtung

ZUM BILD

Tischordnungen in r edewendungen

Grafik vgl. einfachstimmig.de*

„Etwas auf den langen Tisch schieben“, „reinen Tisch machen“, „am grünen Tisch“, „am runden Tisch“, „das ist vom Tisch“, „auf den Tisch hauen“, „jemanden über den Tisch ziehen“, „unter den Tisch fallen lassen“, „vom Tisch wischen“, „die Karten offen auf den Tisch legen“.

Vgl. Duden: Redewendungen, 724f.

 Impuls: Gestalten Sie Zeichnungen zu den Redewendungen.

… den konfliktforscher Friedrich glasl. er ist Mediator und autor zahlreicher Bücher über konfliktmanagement. Foto: spiegel.de*

Über seine persönliche Motivation, sich mit konflikten auseinanderzusetzen und wie sich konflikte leicht vermeiden ließen.

„Ich bin 1941 geboren, mitten im Krieg, und habe die Bombardements zum Kriegsende bewusst miterlebt. Diese Erinnerungen führten zu einer Frage, die mich fortwährend begleiten sollte: Wie können Menschen so etwas einander antun? So ganz genau weiß ich es immer noch nicht.Aber es wurde zu meinem Lebensthema, Konflikte rechtzeitig zu erkennen und in konstruktive Bahnen zu lenken.“

„Meine Beobachtungen als Konfliktberater habe ich anhand systematischer Befragungen und Inhaltsanalysen überprüft, abstrahiert und so schließlich das Neunstufenmodell entwickelt. Als Hilfsmittel, mit dem man erkennen kann, in welchem Stadium oder eben auf welcher Stufe sich ein Konflikt befindet.“

„Wir achten vor allem auf negative Signale, weil sie Gefahr bedeuten können, und reagieren dann häufig mitAngriff. Im Idealfall gelingt es, dieAggressionen, die in einem aufkommen, in Mut zu transformieren. Beides ist nichts anderes als eine bestimmte Form von Kraft.“

„Eine meiner erstaunlichsten Erkenntnisse ist eigentlich die, dass die meisten Konflikte sich leicht vermeiden ließen, wenn man nach einer Eskalation kurz miteinander darüber sprechen würde.“

O-Töne zitiert aus: managerSeminare 227, Februar 2017, 56–62; managerseminare.de*

105 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 e 105 ETHICA fragt …
B 105
WIN –WIN WIN –LOSE LOSE –LOSE

o 104,1 Probleme mit dem Verstehen

Schauen Sie sich den berühmten Sketch des deutschen Satirikers und Komikers Loriot „Das Frühstücksei“ an –(www.youtube.com/watch?v=YcwAuS3MVmM ).

1. Setzen Sie Aspekte des Konfliktes mit den in O 104,1 genannten drei inhaltlichen Schichten in Beziehung . Welche Aspekte des Konfliktes beziehen sich auf welche Schicht?

2. Ermitteln Sie eine Liste von gängigen Stereotypen/Vorurteilen und diskutieren Sie über wesentliche Grundhaltungen in einer Gesellschaft, die Sie für notwendig halten, um solche Stereotypen/Vorurteile zu vermeiden/abzubauen.

o 104,2 +

o

105,1

Unkooperative (positive) Techniken des (Miss-)Verstehens

M04: r ollenspiel/Perspektivenwechsel. Einigen Sie sich auf ein Konfliktthema. Stellen Sie das Thema in einem Rollenspiel dar. Verwenden Sie dabei die verschiedenen Techniken des Missverstehens bzw. positive Techniken des Verstehens.

I 105,1 Die neun Eskalationsstufen von Friedrich Glasl

Ordnen Sie den angeführten Konflikthaltungen die entsprechende konfliktebene bzw. konfliktstufe zu  konfliktebene: I. Win-Win-Ebene – II. Win-Lose-Ebene – III. Lose-Lose-Ebene konfliktstufe: 1. Verhärtung – 2. Debatte/Polemik – 3. Taten statt Worte –4. Feindbild und Koalitionen – 5. Gesichtsverlust – 6. Drohstrategien – 7. Begrenzte Vernichtungsschläge –8. Zersplitterung/Krieg – 9. Gemeinsam in den Abgrund

Konfliktebene Konfliktstufe Konflikthaltung

A Ich werfe meinen gefüllten Gulaschteller in Richtung „Parkplatzdieb“ und versaue seinen Anzug.

B Ich drohe meinem Kollegen damit, sein Auto zu zerkratzen, wenn er noch einmal meinen Platz verwendet.

C Meine Kollegin sagt dem „Parkplatzdieb“ beim Mittagstisch die Meinung.

D Eine (Lieblings-)Kollegin hat den Parkplatzstreit mitbekommen und will mir helfen.

E Meine Kollege verschließt sein Auto, zeigt mir den Stinkefinger und lässt mich am Parkplatz zurück.

F Meine Kollegin versucht mich zu schützen und bekommt die Ladung Spaghetti unseres Kollegen ins Gesicht.

G Meine Kollege sagt zu mir: „Das ist mein Parkplatz, such dir einen anderen!“

H Ich versuche zu debattieren. Er sagt: „Ich war als erster da!“

I Es beginnt eine Rauferei in der Kantine, wir müssen beide zum Chef und werden beurlaubt.

1. glück 106 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 5. koNFLIkT UND argUMeNT | arBeITSaUFgaBeN
!
Leseprobe

D 104 Eine Geschichte – Aaron der Streitschlichter

1. Bewerten Si e die Handlung Aarons aus ethischer Sicht. Beurteilen Sie, ob das Sagen einer Unwahrheit als Ausgangspunkt für den Versöhnungsprozess mit dem Verbot des Lügens vereinbart werden kann.

2. Das Prinzip „Der Zweck heiligt die Mittel“ wird oft verwendet, um gewisse ethisch problematische Handlungen zu rechtfertigen. Problematisieren Sie dieses Prinzip anhand eines Beispiels.

v 104 Unterschiedliche Schlichtungsstellen für unterschiedliche Probleme

1. Informieren Sie sich über einige Fallbeispiele der Verbraucherschlichtung Austria (www.verbraucherschlichtung.at) und schildern Sie diese im Plenum.

2. Erörtern Sie ähnliche Konflikterfahrungen aus Ihrer unmittelbaren Umgebung.

e 105 Konfliktmanagement

Beschreiben Sie die Arbeit von Friedrich Glasl anhand des Textes.

k 93

k 107

Kompetenzcheck

Ich kann die Bede

Ich kann mindestens drei Schlichtungsstellen nennen und deren Aufgaben beschreiben.

Ich kann die Begriff

Bedeutung von Argumenten in Konflikten einordnen.

Ich kann den Begr

Probleme des Verstehens skizzieren bzw. gute und schlechte Lösungen unterscheiden.

Ich kann mein eig

meine Fähigkeit zur Argumentation in Konflikten zeigen.

107 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Leseprobe

Sechs Prinzipien der g ewaltlosigkeit

Der US-amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King (1929–1968) formulierte folgende Prinzipien der gewaltlosigkeit:

1. Gewaltfreiheit ist eine Lebensweise für mutige Menschen. Es ist ein aktiver gewaltfreier Widerstand gegen das Böse.

2. Gewaltlosigkeit strebt danach, Freundschaft und Verständnis zu gewinnen. Das Endergebnis der Gewaltlosigkeit ist Erlösung und Versöhnung.

3. Gewaltlosigkeit versucht, Ungerechtigkeit zu besiegen, nicht Menschen. Gewaltlosigkeit erkennt an, dass Übeltäter auch Opfer sind.

4. Gewaltlosigkeit besagt, dass Leiden erziehen und transformieren kann. Gewaltlosigkeit akzeptiert bereitwillig die Konsequenzen für ihre Handlungen.

5. Gewaltlosigkeit wählt Liebe statt Hass. Gewaltlosigkeit widersteht der Gewalt gegenüber dem Geist wie auch der gegenüber dem Körper. Gewaltfreie Liebe ist aktiv, nicht passiv. Gewaltfreie Liebe sinkt nicht auf das Niveau des Hassers. Liebe stellt die Gemeinschaft wieder her und widersetzt sich der Ungerechtigkeit. Gewaltlosigkeit erkennt die Tatsache an, dass alles Leben miteinander verbunden ist.

6. Gewaltlosigkeit glaubt, dass das Kollektiv auf der Seite der Gerechtigkeit steht. Der gewaltfreie Widerstand hat tiefes Vertrauen, dass die Gerechtigkeit schließlich siegen wird. kinginstitute.stanford.edu*

4. Konflikt und Gewalt

?Konflikte können sich zuspitzen und bis hin zur Anwendung physischer und psychischer Gewalt eskalieren, wenn sie unzureichend bearbeitet werden.

I 108,1 Die Konfliktmatrix Viele Menschen möchten schnell ein angebliches Grundübel identifizieren, das ganz allein für alle Gewaltkonflikte der Gegenwart und der Vergangenheit verantwortlich ist – sei es die Religion, der Kapitalismus oder die angeblich streitlustige, bösartige und habgierige Natur des Menschen. Derartig verkürzte Aussagen werden der Komplexität der Sache meist nicht gerecht. Denn eine einfache Antwort auf die Frage nach der Ursache von Kriegen gibt es nicht. Gewaltkonflikte können viele Gründe haben. Die Faktoren, welche eine Gruppe plötzlich dazu veranlassen, ihre Ziele mittels direkter Gewalt gegen eine andere Gruppe durchzusetzen, sind vielfältig und vielschichtig.

Das Dreieck der g ewalt*

1. Physische/psychische direkte (sichtbare) gewalt Gewalt, bei der es einen identifizierbaren Akteur, eine identifizierbare Akteurin gibt. Es kann sich um physische oder auch psychische Gewalt handeln.

Leseprobe

2. Strukturelle indirekte gewalt Gewalt, bei der zwar niemand direkt in Erscheinung tritt, aber dennoch anderen Schaden zugefügt wird. Individuen können getötet oder verletzt und manipuliert werden. Die Gewalt ist Teil des Systems.

3. kulturelle indirekte gewalt

Eigenschaften einer Kultur, mit deren Hilfe direkte oder strukturelle Gewalt legitimiert wird. Diese Form der Gewalt tötet nicht oder macht niemanden zum Krüppel, aber sie trägt zur Rechtfertigung bei.

Auf der vertikalen Achse einer Konfliktmatrix stehen fünf Ursachenkategorien :

1. Struktureller Widerspruch: Jedem Krieg liegt ein objektiv feststellbarer gesellschaftlicher Widerspruch zugrunde („Hintergrundursache“). Er könnte kultureller, ökonomischer oder politischer Natur sein.

2. Motivationen und Ziele: Hier geht es um die subjektiven Zielsetzungen der in dieser Struktur verankerten Parteien.

3. Katalysatoren vor Ausbruch der Gewalt: Die subjektive Interpretation des tatsächlichen Widerspruchs manifestiert sich hier im konkreten Handeln der betroffenen Akteure. Für sich allein genommen können nämlich weder Hintergrundursachen noch Mobilisierungsstrategien den Übergang von friedlichen zu gewalttätigen Konfliktlösungsmustern erklären.

4. Auslöser: Der Zeitpunkt des Gewaltausbruchs wird oft durch ein sogenanntes Auslöserereignis (trigger event) bestimmt. Dieses Ereignis kann unmittelbar mit den Hintergrundursachen zusammenhängen. Es kann aber auch völlig losgelöst davon sein.

physisch / psychisch kulturell

direkt indirekt

sichtbar unsichtbar

* nach Johan Galtung, norweg. Friedensforscher, *1930)

5. Katalysatoren nach Ausbruch der Gewalt: Ist der Krieg erst einmal ausgebrochen, können Ausmaß und Intensität der Gewaltanwendung durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden – seien es die Ressourcen, welche den Kriegsparteien zur Verfügung stehen, oder auch nur die Wetterverhältnisse. Die horizontale Achse der Konfliktmatrix beschreibt fünf funktionale Dimensionen: A. Politik; B. Ökonomie und Demographie; C. Kultur; D. Militär/Sicherheit;

E. Umwelt –, die in jeder der fünf zuvor beschriebenen Ursachenkategorien zum Tragen kommen.

Vgl. sicherheitspolitik.bpb.de*

108 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 5. ETHIK DES KONFLIKTS D 108 DIALOGE – KULTUREN – RELIGIONEN
v 108 VERNETZUNGEN
strukturell

o 109,1 Verhalten in akuten Gewaltsituationen

Durch das engagierte Handeln in Gewaltsituationen

kann den Tatbegehenden verdeutlicht werden, dass ihr Verhalten nicht toleriert wird. Opfern wird gezeigt, dass sie Hilfe und Unterstützung erfahren:

„Konkrete Handlungsmöglichkeiten oder gar -anweisungen für effektives Verhalten in Problem- und Gewaltsituationen zu formulieren ist äußerst schwierig, da diese Situationen sehr komplex sind und der ständigen Gefahr schneller Eskalation unterliegen. Zudem müssen Handlungsvorschläge nach spezifischen Bereichen (Schule, Familien, öffentlicher Raum usw.) differenziert werden.

Auch die Frage nach den Motiven für bzw. den Zielen von Übergriffen spielt hierbei eine wichtige Rolle. Soll mit dem Gewaltakt Aufmerksamkeit erzielt, Vergeltung ausgeübt oder Macht demonstriert werden, oder dient er dazu, bestimmte Vorteile zu erlangen?

Werden Übergriffe von Einzelpersonen oder von einer Gruppe ausgeübt? Spielen ideologische Motive (Ausländerfeindlichkeit, rechtsextremes Gedankengut usw.) eine Rolle?

Wichtig ist dabei zu erkennen, dass in akuten Gewaltsituationen andere Handlungs- und Vorgehensweisen gefragt sind als sie im Rahmen von konstruktiver Konfliktbearbeitung, Mediation oder Konfliktmanagement praktiziert werden.

Sinnvoll erscheint es, sich mit potenziellen Droh- und Gewaltsituationen im Vorfeld auseinanderzusetzen (z. B. Notfallpläne auszuarbeiten).

Dies ermöglicht es, in einer Gewaltsituation angemessen zu handeln. Dennoch lässt sich (eigenes und fremdes) Verhalten nur unzureichend vorhersagen, weil solche Situationen

■ oft emotional aufgeheizt sind;

■ in ihrem Verlauf kaum berechenbar und kontrollierbar sind;

■ häufig unvermittelt auftreten, sodass eine besondere Vorbereitung auf die spezifische Situation kaum möglich ist, und sofortiges Handeln erfordern;

■ Absprachen mit anderen oft nur schwer möglich machen.“ Vgl. www.schulische-gewaltpraevention.de*

o hne Worte

Viele Street-Art-Bilder Banksys sind auf ihre Art ungewöhnlich. Hier mag das „Wurfgeschoß“ irritieren. Es sieht so aus, als ob Banksy ein anderes Motiv kopiert und nur den Wurfgegenstand ausgetauscht hätte.

 Impuls: M39: Bildergänzung. Wohin wirft die Person die Blumen? Ergänzen Sie das Bild. Geben Sie dem Bild eine Überschrift.

… die polnische journalistin anna alboth, die durch ihren Friedensmarsch von Berlin nach aleppo bekannt wurde. Foto: ostpol.de*

Tausende Menschen flüchteten aus k riegsgebieten über die Balkanroute nach e uropa. Warum sich die r eisebloggerin a nna a lboth in die g egenrichtung auf den Weg machte.

„Zwei Jahre vor derAktion haben wir Flüchtlinge bei uns aufgenommen.Wir haben kaum über etwas anderes als den Krieg gesprochen.Wie auch? Sie haben großeTeile ihrer Familien verloren. Ich wollte nicht mehr zuschauen, wie die Menschen in Aleppo sterben. Mir war es wichtig, die Syrer selbst wissen zu lassen, dass sie uns nicht egal sind.An einem Abend habe ich dann auf Facebook gefragt:Was, wenn wir alle dort hingehen?“

„Natürlich haben wir nicht den Krieg gestoppt, das hatten wir auch nicht erwartet.Aber wir sind bis zur syrischen Grenze gekommen. Fünf Leute waren auf dem gesamten Marsch dabei. Mit unseren Füßen haben wir eine Brücke gespannt von Berlin bis Syrien. In den acht Monaten haben sich insgesamt 4.000 Leute fürTage oderWochen angeschlossen.“

„Auf der Insel Lesbos haben wir auch Syrer getroffen, die schon in Aleppo von unserer Aktion gehört hatten. Ein Mann erzählte, dass er davon hörte und dann die Info vom Marsch an alle, die er kannte, schickte. Er sagte zu mir:Weißt du,Anna, wenn es einen Krieg gibt, brauchst du zu essen, zu trinken, Medizin.Aber du brauchst zuallererst einen Lebenswillen, den hatten wir alle nicht. Euer Projekt hat uns Hoffnung gegeben.“

O-Töne aus: taz.de/Initiatorin-des-Marsches-nach-Aleppo/!5467120/

109 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 e 109 ETHICA fragt …
B 109 ZUM BILD
Leseprobe
Ohne Worte. Bild: Banksy: Wall and Piece, 21

I 108,1 Die Konfliktmatrix

Insgesamt ergibt diese Konfliktmatrix 25 Schnittpunkte (Ursachenkomplexe) gewaltsamen Handelns. Nicht jeder dieser Komplexe ist in einem Gewaltkonflikt gleich wichtig. Erörtern Sie in der Lerngruppe Begriffe, die zu den Schnittpunkten passen und stellen Sie Ihre Ergebnisse in der Konfliktmatrix dar 

Funktionale Dimensionen A Politik B Ökonomie C Kultur D Militär E Umwelt Ursachenkategorien

1

Struktureller Widerspruch

2 Motivationen und Ziele

3

Katalysatoren vor Ausbruch der Gewalt

4 Auslöser

5

Katalysatoren nach Ausbruch der Gewalt

o 109,1 + v 108 Verhalten in akuten Gewaltsituationen

Führen Sie das sogenannte „Apfelexperiment“ durch. Für eine ganze Gruppe steht ein Apfel bereit. Jedes Gruppenmitglied möchte den Apfel für sich.

1. Wie ließe sich der Konflikt um den Apfel klären? Listen Sie verschiedene Lösungsvarianten auf und nummerieren Sie sie.

2. Legen Sie drei Qualitätsstufen (z. B.: gut – mittel – schlecht) fest und ordnen Sie diese den Lösungsvarianten zu.

3. Stellen Sie eine These auf: Wir behaupten, dass sich durch dieses Experiment zeigen lässt …

4. Vergleichen Sie Ihre These mit der These von Johan Galtung. (V 108) 

5. M11: Diskussion. Welche Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten gibt es zwischen den Thesen? Halten Sie wichtige Schlussfolgerungen schriftlich fest.

1. glück 110 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 5. koNFLIkT UND geWaLT | arBeITSaUFgaBeN
Leseprobe

D 108 Sechs Prinzipien der Gewaltlosigkeit

M29: Texthintergrund ermitteln. Ermitteln Sie drei wichtige Ereignisse aus dem Leben Martin Luther Kings, die den Hintergrund des Textes erhellen können.

v

108

Das Dreieck der Gewalt

Ordnen Sie folgende Konflikte (nach ihrem Hauptschwerpunkt) den drei Grundtypen zu

e

109

a) Absichtliche Verletzung von Menschen

b) Freiheitsentzug durch ein Gerichtsurteil

c) Duldung sexistischer Sprache

d) Ausgrenzung im Arbeitsumfeld

1. physische/psychische Gewalt

2. strukturelle Gewalt

3. kulturelle Gewalt

e) Mangelnde berufliche Aufstiegschancen/Perspektiven

f) Beleidigung einer vorgesetzten Person

g) Zulassung extremistische Positionen im politischen Diskurs

h) Sexueller Missbrauch

i) Unflexible zeitliche Dienstpläne

Leseprobe

Ein Marsch für den Frieden

M35: g edankenexperiment. Sie bekommen eine Einladung, an einem ähnlichen Marsch teilzunehmen. Wie ließe sich das in Ihrer gegenwärtigen Situation organisieren? Aus welchen Gründen wäre es vielleicht unmöglich?

k 93

k 111

Kompetenzcheck

Ich kann die Bede

Ich kann den Zusammenhang von Konflikten und Gewalt darstellen.

Ich kann die Begriff

das „Dreieck der Gewalt“ darstellen und mich darüber qualifiziert austauschen.

Ich kann den Begr

Ich kann eine Konfliktsituation anhand einer Konfliktmatrix erläutern.

Ich kann mein eig

mit Konfliktsituationen gewaltfrei umgehen.

111 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
. 

– KULTUREN – RELIGIONEN

STS – r ed ma uns des aus

Siech‘s einmal auf mei‘ Art

Oder muss i solang red‘n

Bis i net mehr kann

Sieh‘s net nur auf dei Art

Weil sonst glaub i dauert‘s

Mit uns zwei net mehr sehr lang

Red ma uns das aus

I sag immer wieder

Du willst immer recht hab‘n

Ob du recht hast oder net

I sag immer wieder

Red ma uns das aus, weil es

Wird langsam ziemlich spät

Red ma uns das aus

Es Leben is eh net lang

Schad um die Zeit

Zum Hack‘ln und

Streiten, meinst net

Und so lang i kann

Will i mich g‘freun

Drum hör jetzt zua

Sonst wird‘s mir z‘blöd [...]

Writer(s): Schiffkowitz, Lennon, McCartney; Lyrics powered by: musixmatch.com

5. Konflikt – Toleranz – Respekt

?Meinungsverschiedenheiten, Auseinandersetzungen u. a. beginnen im Kleinen und können auch da trainiert werden. Irgendwo sollte man auf jeden Fall anfangen.

o 112,1

Kultur des Streits

Psychologie – e mpathie

„Was immun macht gegen den Bazillus der Gewalt und des Bösen, ist die Fähigkeit zur Empathie (zu einfühlendem Verstehen), das heißt, das frühe kindliche Erleben von Entgegenkommen und Liebe.“ (Arno Gruen, Psychoanalytiker)

Das Haus der EMPATHIE besteht aus verschiedenen Ebenen, die aufeinander aufbauen (Grafik). In diesem Zusammenhang ist auf die Bedeutung sogenannter Spiegelneuronen hinzuweisen, die in allen wichtigen Zentren des Gehirns entdeckt wurden. Sie steuern Erleben und Verhalten.

Der Philosoph C. Fraenkel (*1971) sieht im Streit einen Mittelweg zwischen Krieg und Frieden: „Wir dürfen Menschen, deren Ansichten wir ablehnen, nicht über den Haufen schießen, aber wir sollten sie entschieden kritisieren. Was bringt uns das? Wie schon gesagt, wir nehmen uns nicht ernst, wenn wir nicht überzeugt sind, dass wir im Recht sind und diejenigen, deren Ansichten wir nicht teilen, im Unrecht. Überzeugt zu sein, dass man Recht hat, heißt aber noch lange nicht, dass man tatsächlich im Recht ist. Nehmen wir nur die verwirrende Vielfalt von Überzeugungen und Werten, die im Laufe der Zeit in verschiedenen Kulturen vertreten wurden. Als ich vor einigen Jahren in Kairo mein Arabisch auffrischte, freundete ich mich mit ägyptischen Studenten an. Je besser wir uns kennenlernten, desto öfter sprachen wir über unsere Lebensentwürfe. Sie wollten mich zum Islam bekehren, damit ich nicht für alle Zeiten in der Hölle schmoren müsse. Ich dagegen wollte ihnen meine säkulare Denkweise nahebringen, damit sie ihr Leben nicht für ein illusionäres Jenseits opferten. ‚Kann die Existenz Gottes bewiesen werden?‘, war eine der Fragen, über die wir diskutierten. Ich war überrascht, denn in den Kreisen, in denen ich mich normalerweise bewege, wird diese Frage nie gestellt. Ich verneinte, doch meine ägyptischen Freunde kamen mit einem Beweis. Ich machte sie auf einen Denkfehler aufmerksam, woraufhin sie eine verbesserte Version vorschlugen. Die Diskussion endete ergebnislos.“ Fraenkel: Streit; philosophie.ch*

Prosoziales Verhalten = aktive Fürsorge

2. OG Mitgefühl

1. OG „Theory of Mind“ – kognitive Empathie

EGSelbst-Andere-Unterscheidung

Eißele: Kinder, 36f.

o 112,2

Auch eine Frage der Perspektive

Grafik: Pretterhofer nach: randysrandom.com*

112 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 5. ETHIK DES KONFLIKTS
D 112 DIALOGE
v 112
VERNETZUNGEN
emotionale Empathie UG Gefühlsansteckung
DG
Leseprobe
Just because you‘re right, doesn‘t mean, i‘m wrong. You just haven‘t seen life from my side.

Die politisch-soziale Wertdimension

Nach Ottfried Höffe (*1943, Philosoph) sind Menschen, die denselben Lebensraum miteinander teilen, die sich dabei wechselseitig beeinflussen und mangels verbindlicher Werte dem eigenen Gutdünken folgen, weder als Individuen, noch als Gruppen oder Völker vor Konflikten und Gewalttaten sicher.

„Weder Leib und Leben noch Hab und Gut, überhaupt kein Freiraum persönlicher Lebensführung ist letztlich geschützt. Da ein solcher Zustand dem Selbstinteresse jedes Menschen widerspricht, erkennen alle Gesellschaften eine […] politisch-soziale Wertdimension an. […] Die Grundvoraussetzung besteht in einer politischen Ordnung […] die tendenziell unbegrenzte Willkür aller Menschen einschränkt und ihnen zugleich ein Recht auf Leben und einen Freiraum persönlichen Handelns garantiert. An die Stelle willkürlicher Konfliktlösung tritt ein Rechts- und Verfassungsstaat, der auf der wechselseitigen Anerkennung der Menschen als Personen gleicher Würde, folglich auf den Menschenrechten als den Prinzipien von Recht und politischer Gerechtigkeit gründet. Über die personale Entsprechung, die Gerechtigkeit als Tugend, verfügt, ·wer trotz größerer Macht und Intelligenz andere nicht zu übervorteilen sucht und sein Tun – etwa als Gesetzgeber, Richter, Eltern, Lehrer, Mitbürger – auch dann an der Idee der politischen Gerechtigkeit ausrichtet, wenn das Recht Lücken und Ermessensspielräume lässt oder die Durchsetzung höchst unwahrscheinlich ist. Und jene Gruppen erweisen sich als gerecht, die teils aus kontingenten, teils aus strukturellen Gründen an der pluralistischen Gesellschaft eine Übermacht besitzen und sie trotzdem nicht stets ausnutzen. Ein weiterer Wert liegt beim Gelten- und Gewährenlassen, besser noch: der Achtung andersartiger Anschauungen und Handlungsweisen, der Toleranz. Aus Einsicht, dass kein Mensch schlechthin irrtums- und vorurteilsfrei ist, vor allem aber aus Anerkennung der anderen als freie und ebenbürtige Personen achtet man deren Recht, die eigenen Vorstellungen zu äußern und nach ihnen zu handeln – vorausgesetzt, dass sie nicht dasselbe Recht der anderen beeinträchtigen.“ Höffe: Werte, 142

Leseprobe

… die konfliktberaterin und Friedenslobbyistin Susanne jalka über konstruktives Streiten.

Foto: wissenschaft3000.wordpress.com*

Bezugnehmend auf ein konzept der h arvard University nennt jalka sieben Punkte für eine gute verhandlung.

„Je mehr wir überWünsche, Bedürfnisse und Sorgen wissen, die mit dem Verhandlungsthema zusammenhängen, desto sicherer können wir argumentieren.“

„Gute Vereinbarungen zeichnen sich nicht dadurch aus, dass wir den anderen dazu bringen, das zu wollen, was wir wollen.“

„GuteVereinbarungen bieten Konfliktparteien das Gefühl von Fairness und die Sicherheit, nicht getäuscht worden zu sein.“

ZUM BILD

r echt haben wollen

Menschen haben Rechte vor jeder politischen oder rechtlichen Ordnung. Zu diesen Rechten gehören unter anderem Religionsund Meinungsfreiheit. Eine autonome Lebensgestaltung als Kern der Menschenwürde und der Menschenrechte verpflichtet zu wechselseitigem Respekt und gegenseitiger Anerkennung.

 Impuls: M45: karikaturendenkblasen. Vervollständigen Sie die Denk- bzw. Sprechblasen.

„Falls dieVerhandlung zu nichts führen sollte und Sie abbrechen wollen, sollten imVorfeld alternative Entscheidungen überlegt worden sein.“

„Gesprächsvorbereitungen konzentrieren sich oft zu sehr auf Überlegungen,was man selbst sagen wird.Öffnen Sie IhreWahrnehmung für die Position des anderen.“

„Es ist wichtig, zwischen der Person auf Beziehungsebene und dem Inhalt auf Sachebene zu unterscheiden.“

„Wer imVorhinein möglichst alleVerpflichtungen, Bindungen, Eventualitäten und Konsequenzen bedenkt, kann weitaus besser argumentieren.“

O-Töne zitiert aus: Jalka: Konstruktiv streiten, 158–162

113 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 e 113 ETHICA fragt … o 113,1
B 113
Nicht bloß das Recht des Stärkeren. Foto: s.yimg.com*

o 112,1 Kultur des Streits

Erörtern Sie, in welcher Form Sie im Streit zu Ihrem Recht kommen können bzw. wollen.

o 112,2 Auch eine Frage der Perspektive

Entwerfen Sie die zweite Szene des Comics, in der dieser Konflikt gewaltfrei gelöst wird.

o 113,1 Die politisch-soziale Wertdimension

Arbeiten Sie alle im Text genannten Werte bzw. Menschenrechte heraus 

1. glück 114 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 5. koNFLIkT – ToLeraNz – reSPekT | arBeITSaUFgaBeN
Leseprobe

D 112 STS – Red ma uns des aus

1. Hören Sie sich das Lied an (www.youtube.com/watch?v=ma__vUbGVBk ) und analysieren Sie den beschriebenen Konflikt (siehe dazu V 96 sowie I 96,1).

2. Formulieren Sie weitere Verse, in denen Sie eine Annäherung der divergierenden Positionen in den Raum stellen.

v 112 Psychologie – Empathie

Führen Sie einen Online-Empathie-Test durch, z. B. www.empathie-lernen.de/empathie-test

Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem einer Person aus der Lerngruppe.

e 113 Konstruktives Streiten

Leseprobe

M12: Fishbowl. Suchen Sie sich ein passendes „Streitthema“ und beachten Sie bewusst die Hinweise von Frau Jalka. Vielleicht lassen Sie andere als Beobachtende agieren. Wie ist es gelaufen?

k 93

k 115

Kompetenzcheck

Ich kann die Bede

Ich kann Empathie als Haltung in ethischen Problemstellungen reflexiv einbeziehen.

Ich kann die Begriff

zu einer „Kultur des Streits“ reflektiert Stellung beziehen.

Ich kann zur politisch-sozialen Wertdimension gegen eine willkürliche Konfliktlösung ethisch reflektiert Stellung beziehen.

Ich kann den Begr

Ich kann mein eig

die Werte Toleranz und Respekt mit eigenen Lebensentwürfen in Beziehung setzen.

115 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2

JUDENTUM: HISTORISCHES

Amoriter und Kanaaniter in „Palästina“

Besiedelung durch israelitische Stämme

Zeit der Könige

Zerstörung des 1. Tempels; Babylonisches Exil

Persische Herrschaft

Hellenistische Zeit

Römische Herrschaft

Zerstörung des 2. Tempels; Vertreibung jüdischer

Bevölkerung durch römische Herrschaft; Byzantinische Herrschaft

Arabische Eroberung

Osmanische Herrschaft

Ca. 30.000 Jüdinnen und Juden wandern aus Osteuropa in Palästina ein.

Großbritannien sichert in Palästina die Errichtung eines groß-arabischen Reiches zu.

Balfour-Deklaration

Britischer Sieg über das Osmanische Reich

Britisches Mandat über Palästina

Shoah: 6 Millionen jüdische Opfer; 250.000 Personen jüdischer Identität fliehen nach Palästina.

UN-Teilungsplan für Palästina.

Proklamation des Staates Israel

Arabisch-israelischer Krieg (Unabhängigkeitskrieg): Alle arabischen Nachbarstaaten greifen Israel an. Flucht palästinensischer Bevölkerung (ca. 750.000) aus Israel.

Suezkrieg

Gründung der PLO

Sechs-Tage-Krieg: Eroberung und Besetzung des Westjordanlandes, der Golanhöhen, des GazaStreifens, des Sinai und Ostjerusalems durch Israel.

Nationalabkommen der PLO: Bewaffneter Kampf als einziger Weg zur Befreiung Palästinas. Terrorwelle gegen Israel.

Jom-Kippur-Krieg: Angriff Ägyptens und Syriens auf Israel.

Friedensvertrag zwischen Ägypten und Israel: Der Sinai wird an Ägypten zurückgegeben, Rechte der palästinenischen Bevölkerung nicht berücksichtigt.

Libanonfeldzug Israels gegen die PLO. Jassir Arafats PLO wird aus dem Libanon vertrieben.

Beginn der 1. Intifada (arab. abschütteln): In den israelisch besetzten Gebieten beginnt die palästinesische Bewohnerschaft (unterstützt durch die fundamentalistische Gruppe Hamas) den „Krieg der Steine“. Israel reagiert mit der „Politik der eisernen Faust“.

PLO proklamiert den Unabhängigen palästinensischen Staat; anerkennt Israel. Arafat schwört dem Terror ab.

Osloer Abkommen: Palästinesischer Staat. Palästinensische Selbstverwaltung im Gazastreifen.

Friedensnobelpreis für Arafat, Peres und Rabin

Ermordung des Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin durch einen jüdischen Extremisten

judentum im Überblick

je nach jüdischer glaubensrichtung gibt es heute teilweise andere Sichtweisen oder regelungen.

religionsstifter

Gibt es nicht. Gott selbst hat sich dem Volk Israel über mehrere Propheten mitgeteilt. Die drei wichtigsten sind Abraham, Mose und Elija.

gott

Ein allmächtiger ewiger Gott, JHWH, der für die menschlichen Sinne weder vorstellbar noch ergründbar ist.

geistliches oberhaupt

Gibt es nicht. Die Rabbinen werden heute oftmals als geistliches Oberhaupt einer jüdischen Gemeinde betrachtet. Einen besonderen Stellenwert hat das Oberrabbinat in Jerusalem.

religiöse organisation

Gibt es nicht. Organisationen wie der „Zentralrat der Juden“ in Deutschland oder der „Jüdische Weltkongress“ sind weltliche Interessenvertretungen.

Lehre

Gott schloss mit seinem „auserwählten Volk“ Israel einen Bund. Aus jüdisch-orthodoxer Sicht gilt: „Ehrfurcht vor Gott und Halten der Gebote.“ Rabbi Hillel sagte: „Was dir verhasst ist, das tue auch deinem Nächsten nicht. Das ist die ganze Tora, alles andere ist Auslegung. Geh und lerne!“ (Babylonischer Talmud, Schabbat 31a).

aufnahmeriten

Jedes Kind, das von einer jüdischen Mutter geboren wird, ist automatisch Jude/Jüdin. Söhne werden am achten Tag nach der Geburt beschnitten. Ein Übertritt ist gemäß strenger Regelung allerdings möglich.

Totenriten

Ariel Sharon besucht den Tempelberg: 2. Intifada beginnt.

Ariel Sharon wird Ministerpräsident (1995 Benjamin Netanjahu, 1999 Ehud Barak).

Ausarbeitung der „Roadmap“ mit dem Ziel, bis 2005 einen palästinensischen Staat zu gründen

Gipfeltreffen Bush–Sharon–Abbas in Akaba

Die israelische Armee tötet zwei Hamasführer. Das Parlament billigt Sharons Gaza-Räumungspläne.

Jassir Arafat stirbt. Mahmud Abbas neuer Präsident des Palästinensischen Staates.

Überfall der Hisbollah auf israelische Soldaten; 2. Libanonkrieg Israels;

Kontrolle der Hamas: Gazastreifen, Kontrolle der Fatah: Westjordanland

Vertretung der PLO: Beobachterstatus als Staat

Palästina bei der UNO;

Gaza-Krieg als Reaktion auf anhaltenden Raketenbeschuss der Hamas;

Schwere Auseinandersetzungen zwischen Israelis und palästinensischer Bewohnerschaft.

Vgl. Wirklichkeiten, 35

Erdbestattung auf einem Friedhof – Tote sollen wieder „zu Staub werden“. Beerdigung soll so schnell wie möglich nach dem Tod erfolgen, spätestens drei Tage danach. Feuerbestattung ist verboten. Gräber bleiben schmucklos, beim Besuch legt man traditionell einen Stein auf den Grabstein.

Leben nach dem Tod

Die Seelen der Verstorbenen kehren zu ihrer Essenz in eine spirituelle Dimension zurück. Ihre jeweilige Verfassung entspricht dem im irdischen Leben Erreichten beziehungsweise Nicht-Erreichten. Nach dem Kommen des Moschiach („Messias“) erwartet die Seelen der Gerechten die leibliche Auferstehung und das Ewige Leben in einem nicht genau bekannten Zustand.

heilige Schriften

Die Heilige Schrift, der TANACH, besteht aus drei Teilen: den fünf Büchern Mose (Tora), den Propheten (Nevi‘im) und den Schriften (Ketuvim).

Hinzu kommt noch der Talmud, bestehend aus der der Mischna („Wiederholung“, nachträglich aufgezeichnete mündliche Überlieferungen) und der Gemara („Vervollständigung“, Kommentaren der Schriftgelehrten zur Mischna).

gebote

Leseprobe

verbreitung nach kontinenten

Das Zehnwort, die „Zehn Gebote“, ist Teil der 613 Regeln (248 Gebote und 365 Verbote) der Tora. 1,5 0,5

essensvorschriften

Viele Regeln bestimmen, was koscher, also rein ist. Z. B. Nicht koscher ist Blut, daher muss das Tier geschächtet werden. Weiters darf man nur Säugetiere essen, die Wiederkäuer sind und gespaltene Hufe haben (also kein Schweinefleisch). Der gleichzeitige Genuss von Milch- und Fleischprodukten ist ebenso verboten u. a.

116 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 AMERIKA NORDAMERIKA Miami Buenos Aires Los Angeles Washington Chicago San Francisco New Boston Toronto Hebräischeshe A. JUDENTUM
2500–2000 v. Chr. 1250 v. Chr. 1000–587 v. Chr. 587–539 v. Chr. 539–332 v. Chr. 332–63 v. Chr. 63 v.–324 n. Chr. 70 n./135 n. Chr. 324–638 638 1516–1918 1882–1903 1915 1917 1918 1920–1948 1932–1945 1947 14. Mai 1948 15. Mai 1948 1956 1964 Juni 1967 1968 Oktober 1973 1979 1982 Dezember 1987 1988 1993 1994 November 1995 September 2000 März 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2012 2014 Mai 2021
1. Übersicht
Millionen
Asien Afrika Ozeanien Lateinamerika
0,4 0,1 0,09 0,02
juden
Europa Nordamerika
Russland und Vorderasien

Davidstern

Der „Schild Davids“ (Davidstern) besteht aus zwei ineinander verschränkten Dreiecken. Es wurde erst spät zu einem Symbol des Judentums, das in der Shoah missbräuchlich verwendet wird.

Die Menora , ein siebenarmiger Leuchter, geht zurück auf die goldene Menora im zweiten Tempel.

Die Diaspora-religion

Es gibt weltweit etwa 15 Millionen Juden. Einziger mehrheitlich jüdischer Staat ist Israel (6,8 Mio Juden). Quellen: statista.com; wikipedia.com; religion.orf.at; eigene Recherchen

jüdische einwohner/Städte Prozent

Jerusalem582.45662,2

New York* 2.270.00012,0

Miami*557.0008,5

Los Angeles* 668.0005,4

Paris*220.0001,8

London*190.0001,8

Rom25.0000,7

Madrid*30.0000,5

Berlin*12.0000,3

Wien7.0000,3

* Großraum

jüdische einwohner/Staaten Prozent*

Israel6.773.40073,9

USA5.700.001,78

Frankreich448.0000,73

Australien118.0000,49

Großbritannien292.0000,43

Argentinien179.5000,40

Österreich15.0000,17

Deutschland118.0000,14

weltweit14.787.2000,20

* Anteil an der Gesamtbevölkerung

Spirituelle handlungen

Gebete, Studium der heiligen Schriften, Feiern der Feste, aber auch rituelle Bäder.

rolle der Frau

Keine einheitliche Sichtweise. Grundsätzlich sind Mann und Frau gleichwertig, doch in der Praxis nicht immer gleichberechtigt.

Sexualität und ehe

Die Ehe ist gottgefällige Norm. Sex vor oder außerhalb der Ehe ist unerwünscht bzw. verboten. In der Ehe ist Sex nicht nur Mittel zur Fortpflanzung, sondern ein Geschenk Gottes.

Heiligtümer

Seit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem (70 n. Chr.) gibt es kein zentrales Heiligtum. Noch immer aber ist Jerusalem mit der Westmauer („Klagemauer“) die heilige Stadt. „Ersatzheilig tum“ jeder jüdischen Gemeinde ist die Synagoge, manchmal auch Tempel genannt.

Feiertage (Mondkalender)

Sabbat: wöchentlicher Ruhetag mit Gottesdienst in der Synagoge.

jom kippur: Versöhnungsfest, im Herbst.

Sukkot: Laubhüttenfest, fünf Tage nach Jom Kippur.

Pessach: zum Gedenken an den Auszug aus Ägypten, März/April.

Vgl. weitere Feste auf S. 120

kleidungsvorschriften

Pflicht für Männer ist das Tragen von Gebetsmantel und Gebetskapseln an Stirn und Oberarm beim Morgengebet. Die Kippa, das Käppchen der Männer, ist weit verbreitet, doch nicht überall Pflicht. Im ultra-orthodoxen Judentum tragen die Männer schwarze Hüte, Anzüge und Mäntel, die Frauen Perücken oder Kopftücher und lange Gewänder.

117 ETHICA.
Anteil der Juden an der Weltbevölkerung (in Prozent) AMERIKA EUROPA 0,2 99,8 Paris Aires New York Boston Moskau Kiew Jerusalem Tel Aviv Haifa ISRAEL
Städte mit großen jüdischen Gemeinden
Alphabet eBrÄISCheS aLPhaBeT
Hebräisches
g ebetskapsel
k
ippa
Karten-Grafik:
g ebetsmantel stern infografik ; Fotos: istock.com (4) London Rom Madrid Wien Berlin
5,7 Leseprobe

h eilige Schrift

Die Heilige Schrift des Judentums, die 24 Bücher umfasst, ist der TaNaCh . Dieses Wort setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der drei Teile zusammen: Tora , Nevi’im und ketuvim .

Die Tora (= 5 Bücher Mose)

Der wichtigste Teil des TaNaCh ist die Tora (= Weisung). Sie beinhaltet die Erzählungen von der Erschaffung der Welt und des Menschen von Gott, vom Paradies und der Vertreibung von dort, vom Brudermord durch Kain, von der Sintflut und vom Turmbau zu Babel. Daran schließen sich die Erzählungen über Abraham, Isaak und Jakob, die Errettung des Volkes aus der Sklaverei in Ägypten, den Erhalt des Gesetzes am Berg Sinai und die Führung durch Mose in das gelobte Land [die Bücher Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri, Deuteronomium].

Neben dieser schriftlichen Tora entwickelte sich in der jüdischen Theologie die Idee einer mündlichen Tora, die Moses neben der schriftlichen Version von Gott empfangen habe.

Die Nevi’im (= Propheten)

Man unterscheidet die vorderen Propheten , die die Geschichte von der Eroberung Kanaans bis zum Babylonischen Exil erzählen (Josua, Richter, Samuel und Könige) und die hinteren Propheten , die nach dem Exil das Volk immer wieder auf den rechten Weg zu Gott führen wollen (Jesaja, Jeremia, Ezechiel und 12 weitere Propheten). Alles was die Propheten aber letztlich verkünden bezieht sich auf die Tora des Mose.

Die ketuvim (= Schriften)

In den Schriften ist eine bunte Mischung verschiedener Textgattungen zu finden: Poesie in den Psalmen, Weisheit im Buch Hiob, Geschichtliches in den beiden Büchern der Chronik, usw. Eine besondere Stellung haben die fünf Megillot inne, die im Zentrum eines Festtages stehen: Rut – Schavuot, das Hohelied – Pessach, Kohelet – Sukkot, Klagelieder – 9. Av (Zerstörung des Tempels), Ester – Purim.

Den Schluss des TaNaCh bildet der Ausblick auf das Kommen des Messias.

Jüdisches Leben Erfurt

2. Glaubensgrundlagen ?

Was sind die Grundlagen des jüdischen Glaubens? Im Zentrum steht ein Volk: das auserwählte Volk Israel. Auf welchen Schriften gründet das Judentum? Was beinhalten sie?

o 118,1

Recht und Liebe als Fundament der Welt Recht und Liebe „gleichen einem König, der leere Gläser hatte. Er sprach bei sich: Gieße ich Heißes in sie, werden sie zerspringen, und gieße ich Kaltes in sie, werden sie bersten. Was tat er? Er vermischte das Heiße mit dem Kalten, goss es in die Gläser und sie blieben heil. So sprach auch der Heilige, Er sei gesegnet: Wenn ich die Welt mit dem Prinzip der Liebe erschaffe, werden die Sünder überhand nehmen, erschaffe ich sie mit dem Prinzip des strengen Rechtes, wird die Welt nicht bestehn! Vielmehr will ich sie mit beiden, dem Prinzip des strengen Rechts und mit dem Prinzip der Liebe erschaffen, und hoffentlich wird sie dann Bestand haben! [Midrasch Bereschit Rabba].“ Grözinger: Judentum, 47

I 118,1 Der Talmud

Der Talmud ist die Verschriftlichung der mündlichen Lehre, der die jahrhundertelangen Diskussionen der Gelehrten beinhaltet.

Insgesamt enthält der Talmud einerseits Erklärungen und Interpretationen zu den gesetzlichen Regeln und Normen (= Halacha), andererseits philosophische Gedanken und Erzählungen (= Agada). „Diese Wechselbeziehung von Halacha und Agada im Rahmen kritischer, aber konstruktiver Diskussionen charakterisiert das Wesen des Talmuds.“

Wie ist der Talmud aufgebaut?

Der Talmud setzt sich aus der Mischna (Wiederholung, Lernen) und der jüngeren Gemara (Vollendung) zusammen. Die Mischna stellt die Zusammenfassung der mündlich überlieferten Gesetze dar, deren Endredaktion im 2. Jh. durch Rabbi Jehuda haNassi erfolgte. Sie umfasst 63 Traktate, aufgeteilt in sechs Ordnungen. Inhalt der Mischna:

■ Gebote, die Landwirtschaft betreffend

■ Regelungen für Fest- und Fasttage

VERNETZUNGEN

Israelitische kultusgemeinde Wien

1849 setzte Kaiser Franz Joseph die ersten Schritte zur Anerkennung. 1863 wurde die Israelitische Kultusgemeinde in Wien gegründet. An die 95% aller Juden und Jüdinnen in Österreich leben heute in Wien. Derzeit betreibt man Schul- und Bildungseinrichtungen und setzt sich für den Abbau von antisemitischen Vorurteilen sowie für die Verbesserung der Beziehungen mit anderen Religionsgemeinschaften ein.

Israelitische Kultusgemeinde in Wien (www.ikg-wien.at)

■ Ehe- und Familienrecht

■ Zivil- und Strafrecht

■ Speisevorschriften, Tempelkult

■ Reinheitsgebote

Die Gemara fasst die Auslegungen und Diskussionen der Talmudgelehrten zusammen. Da diese in Babylon und Jerusalem stattfanden, unterscheidet man zwischen dem Jerusalemer und dem Babylonischen Talmud, wobei letzterer hinsichtlich der halachischen Bedeutung der wichtigere ist. Die Endredaktion für den Jerusalemer Talmud fand im 5. Jh. n. Chr. statt, die für den Babylonischen Talmud um 800 n. Chr. SIG Factsheet Talmud

118 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 A. JUDENTUM
g 118 GLOSSAR
v 118
Leseprobe

I 119,1 Die Heiligkeit der Torarolle

Der Text der fünf Bücher Mose (Tora) wird von einem Schreiber (Sofer) auf eine Pergamentrolle (Pergament = geglättete Rindshaut) mit der Hand geschrieben und in einem Toraschrein (Heilige Lade) in der Synagoge aufbewahrt bzw. für den Gottesdienst feierlich auf dem Lesepult (Bima) zur wöchentlichen Toralesung ausgerollt. Bei einer Bar Mizwa (Sohn des Gesetzes) wird ein dreizehnjähriger Junge bzw. bei einer Bat Mizwa (Tochter des Gesetzes) ein zwölfjähriges Mädchen zur Toralesung aufgerufen. Ein Zeigestab (jad) hilft dabei, die Zeile beim Lesen nicht zu verlieren, da die Rolle selbst nicht berührt werden soll.

Torarollen gelten in hohem Maße als heilig, sie bilden die Mitte einer jüdischen Gemeinde. Sie werden immer wieder repariert. Falls sie nicht mehr verwendet werden können, finden sie ihre letzte Ruhestätte auf einem Friedhof, wie ein Mensch. Vgl. Spera: Judentum, 16

Marc Chagall, Übergabe der Gesetzestafeln („Zehnwort“= 10 Gebote) an Mose auf dem Weg in das gelobte Land. Detail im mittleren Wandteppich („The Exodus from Egypt“) im Chagall-Saal der Knesset in Jerusalem, 9,50 x 4,80 Meter. Foto: tourandexplorejerusalem.com*

| ARBEITSAUFGABEN

o 118,1

1 Ermitteln Sie die Pointe der Geschichte.

2. Erörtern Sie im Zweiergespräch die beschriebene Vorstellung von Recht und Liebe.

I 118,1

1. Geben Sie die Defintion zu „Talmud“ in eigenen Worten wieder

2. Stellen Sie einander in Kleingruppen die wichtigsten Inhalte des Talmud dar.

I 119,1

1. Beschreiben Sie die Aufgabe eines Sofers.

2. Erläutern Sie die Bedeutung einer Torarolle für eine jüdische Gemeinde.

3. Setzen Sie die Heiligkeit einer Tora mit etwas in Beziehung , das eine ähnlich hohe Bedeutung hat.

Der Sofer bei der Restaurierung der 100 Jahre alten Torarolle der Synagoge in Innsbruck 2020

Foto: Israelitische Kultusgemeinde Innsbruck

B 119 ZUM BILD

Berg Sinai

Der Berg Sinai (heute ägyptische Halbinsel) ist der Berg der Offenbarung Gottes an das Volk Israel. Durch die Annahme der Gebote wird Israel zu Gottes Volk. Die Tora ermöglicht ein Leben in Freiheit und den Blick auf die Verantwortlichkeit gegenüber der Schöpfung Gottes. In der Kabbala wird der Berg als „Symbol des Sich-Bergens unter den Flügeln der Schekhina, der von Gottes Gegenwart bestimmten Welt, verstanden“. Langer: Sinai

 Impuls: Beschreiben Sie Ihr letztes „Bergerlebnis“, vergleichen Sie in der Gruppe. Was macht Berge anziehend?

g 118

Vielleicht lässt sich in der Schulbibliothek eine Bibel finden. Vergleichen Sie die Aufzählung der Schriften mit dem Inhaltsverzeichnis. Welche Schriften können Sie identifizieren?

v 118

1. Untersuchen Sie den Aufbau der Homepage der Kultusgemeinde: Welche Informationen lassen sich dort finden? Welche fehlen Ihnen?

2. Formulieren Sie in Kleingruppen Fragen, die sich im Zusammenhang mit Menschen jüdischen Glaubens für Sie stellen.

3. Entwickeln Sie Wege, um zu Antworten zu kommen.

119 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
?
Torarollen mit Mantel, Schild, Zeigestab (jad) und Krone vor einem Toraschrein.
Bild: de.academic.ru* Leseprobe

Strömungen im judentum

o rthodoxes judentum

Für diese Strömung ist die Tora direkt von Gott geoffenbart und die Halacha (Religionsgesetz) unveränderlich, verbindliche Richtlinie für ihr Leben. Die Anhänger halten sich strikt an alle Regeln und pflegen eine traditionell ausgerichtete Lebensweise und Glaubenspraxis. Derzeit gibt es neben den Ultra-Orthodoxen auch die Neo-Orthodoxie, die durch ihre Zuwendung zum modernen Leben gekennzeichnet ist.

r eformjudentum

Diese progressive bzw. liberale Ausprägung des Judentums entstand in Deutschland im 19. Jahrhundert. Sie versuchte durch die Anpassung der jüdischen Lebensweise an eine nichtjüdische Umgebung vor allem Übertritte zum Christentum zu verhindern. Die Tora wird als Prozess gesehen, der das von Gott Initiierte als von Menschen weitergeführt betrachtet. Die ethischen Grundsätze der Lehre sind wichtiger als die Religionsgesetze. Beim Gottesdienst herrscht hier Gleichberechtigung der Geschlechter und es wird auch in der Landessprache gebetet.

konservatives judentum

Diese traditionelle Strömung wurde als Reaktion auf das Reformjudentum gegründet. Die Tora enthält für konservative Juden menschliche Interpretation. Die Halacha wird zwar als verpflichtend angesehen, doch ist es möglich, diese an die moderne Lebenswelt anzupassen. Auch hier gibt es eine Gleichberechtigung der Geschlechter, obwohl der Gottesdienst traditionell begangen wird.

Chassidismus

3. Gelebter Glaube ?

Ab dem 13. Lebensjahr beginnt die Verpflichtung, sich an die religiösen Vorschriften zu halten. Wie wird der jüdische Glaube aber gelebt? Nach welchen Kriterien handelt man? Wie kommt man zu einer vertretbaren Entscheidung?

Der jüdische Festkalender

Der jüdische Festkalender richtet sich nach dem Mondkalender und beinhaltet folgende wichtigen Feste:

rosch haSchana

Das „Haupt des Jahres“ ist der jüdische Neujahrstag. Dabei feiert man einerseits die Schöpfung, andererseits wird an das Gericht Gottes gedacht.

jom kippur

Der höchste und heiligste Feiertag im jüdischen Jahreskreis ist der Versöhnungstag. Er schließt unmittelbar an Rosch HaSchana an. Der Jom Kippur wird in der Synagoge betend verbracht und ist durch den Verzicht auf Speisen und Getränke gekennzeichnet.

Sukkot

Fünf Tage nach Jom Kippur wird das Laubhüttenfest (Sukkot) sieben Tage lang gefeiert. Das Fest erinnert an die Wüstenwanderung und an das Wohnen in behelfsmäßigen Behausungen nach dem Auszug aus Ägypten.

Chanukka

Zentralrat der Juden: Lehre mich, 300.

Der Chassidismus wurde im 18. Jahrhundert von Israel ben Elieser gegründet. Bald hatte diese Bewegung weite Teile Osteuropas erfasst. Die Chassidim zeichneten sich durch Lebensfreude, Musik und Tanz aus und eröffneten den Menschen ohne Vermittlung die mystische Welt. Dies führte zu Konflikten mit den Rabbinern. Die meisten Chassidim leben heutzutage in den USA.

VERNETZUNGEN

Feste feiern

Leseprobe

Das achttägige Lichterfest Chanukka wird im Winter begangen. An jedem Abend wird – im Gedenken an die Wiedereinweihung des Tempels nach dem Sieg der Makkabäer – eine weitere Kerze entzündet, bis alle acht Kerzen brennen. Die Menorah (siebenarmiger Leuchter) brannte acht Tage lang, obwohl nicht ausreichend koscheres Öl vorhanden war.

Purim

Im Frühling gedenkt man beim Purimfest der Errettung der Juden im persischen Reich durch Königin Ester.

Pessach

Übelhack: Chassidismus

Feste dienen der Entlastung eines Kollektivs und führen zur Festigung der feiernden Menge. Auf eine Zeit der Vorbereitung folgt fröhliche Ausgelassenheit. Steht mehr die Aktualisierung eines Weltbildes oder einer Idee im Vordergrund, dann spricht man von einer Feier. Diese dient mehr der Besinnung auf das Wesentliche. Die Feiernden werden sich durch Vermittlung von Werten wieder des Zieles ihres Lebens bewusst.

Vgl. Leimgruber: Feste

Pessach (=„Überschreitungsfest“) erinnert an die Sklaverei in Ägypten, das „Überschreiten“ ihrer Behausungen bei der zehnten Plage durch den Todesengel und an den Auszug unter Moses. Das Fest dauert acht Tage lang. In dieser Zeit wird auf gesäuertes Brot verzichtet. Im Zentrum steht das rituelle Mahl, das Lieder und die Erzählung der Befreiung aus der Knechtschaft aus Ägypten beinhaltet.

Schawuot – Wochenfest – Fest der offenbarung

Das Fest ist neben Pessach und Sukkot eines der drei Freuden- und Wallfahrtsfeste, an denen die Juden zu den Zeiten des Tempels die Pflicht hatten, nach Jerusalem zu pilgern. Das Fest wird sieben Wochen nach Pessach gefeiert. Schawuot ist nach seinem Ursprung in der Tora ein Fest der ersten Ernte und der Erstlingsfrüchte. Außerdem erinnert es nach dem Talmud an den Empfang der Tora durch Mose auf dem Berg Sinai und an das Treueversprechen des jüdischen Volkes. Grünfeld: Kalender

120 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 I 120,1 A. JUDENTUM
g 120 GLOSSAR v 120

I 121,1 Religiöse Volljährigkeit

„Mit dreizehn zu den Geboten“ (Abot 5,21). Die religiöse Volljährigkeit erreicht der jüdische Knabe mit 13 Jahren. Er wird damit für erwachsen erklärt. Ab diesem Alter ist er volles Mitglied einer Gemeinde, sollte das lebenslange Studium der Tora beginnen und alle religiösen Vorschriften befolgen. Denn durch die Annahme der göttlichen Offenbarung hat das Volk einen Bund mit JHWH geschlossen und sich verpflichtet, die Gebote zu halten: „Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun; wir wollen gehorchen“ (Ex 24,7). In einer Feier wird die Volljährigkeit auch öffentlich (Bar Mitzwa), indem der junge Mann das erste Mal während des Sabbatgottesdienstes aus der Tora vorliest. Analoges für Mädchen (Bat Mitzwa mit 12 Jahren) gibt es seit dem 19. Jahrhundert im Reformjudentum. Stemberger: Religion, 54f.

Wie entscheiden?

Jankel Adler, Sabbat, Detail, Düsseldorf 1925, Öl auf Leinwand, Mischtechnik, Sand auf Leinwand, 120 x 110 cm (Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jüdisches Museum Berlin, Jens Ziehe © VG Bild-Kunst Bonn, 2018) Bild: artinwords.de*

121,1

Daniel Neumann, Autor der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“, betont die Wichtigkeit der Erfüllung der religiösen Pflichten und gleichzeitig deren tieferes Verstandnis:

„Gerade bei sehr frommen Juden besteht die Tendenz, die Gebote ohne jegliche Reflexion oder jedes Nachdenken auszuführen, eben weil sie von G’tt geboten sind. Erklärungsversuche werden mitunter entschieden abgelehnt, da man befürchtet, dass der g’ttliche Ursprung der Gebote verwässert werden könnte und die Gefahr bestünde, dass am Ende der Mensch und nicht G’tt als Urheber betrachtet werde.

Am anderen Ende des jüdischen Spektrums treffen wir dagegen auf solche Juden, die die Gebote kaum oder überhaupt nicht halten und sich damit rechtfertigen, dass sie als logisch und rational denkende Individuen – jüdische Individuen wohlgemerkt – nicht bereit seien, zahllose Rituale auszuführen, deren Grund sich ihnen nicht auf Anhieb erschließe und in deren Befolgung sie keinen tiefer gehenden Sinn erkennen könnten. […] Obwohl es uns also nicht immer möglich ist, den Sinn aller Vorschriften zu erfassen, den Grund eines jeden Gebots zu verstehen, soll uns das nicht daran hindern, nach tieferem Verständnis der Mizwot zu trachten.“ Neumann: Pflichten

B 121 ZUM BILD

Sabbat

Warum soll der Sabbat (Samstag) als wöchentlicher Ruhetag gehalten werden? (1) Gott hat am siebten Tag nach der Erschaffung der Welt geruht. (2) Die Einhaltung dieses Tages ist laut den 10 Geboten Pflicht. (3) Durch die Errettung aus der Sklaverei in Ägypten hat Gott mit Israel einen Bund geschlossen: „Die Israeliten sollen also den Sabbat halten, indem sie ihn von Generation zu Generation als einen ewigen Bund halten“ (Exodus 31,16).

 Impuls: M24: Internetrecherche. Wie wird dieser Ruhetag im orthodoxen Judentum gefeiert?

| ARBEITSAUFGABEN

I 120,1

1. Gestalten Sie zu jedem jüdischen Fest ein Plakat. Ergänzen Sie den Text mit Bildern.

2. Setzen Sie die Feste mit Praktiken in Beziehung, die vielleicht gar nichts mit Religion zu tun haben und in der Gesellschaft eine Rolle spielen.

I 121,1

Charakterisieren Sie das Verständnis der Volljährigkeit im Judentum.

o 121,1

Nehmen Sie zur Diskrepanz „befolgen“ oder „nicht befolgen“ Stellung . Müssen Regeln befolgt werden, auch wenn sie einem wenig oder nicht einsichtig scheinen?

g 120

Leseprobe

Erarbeiten Sie in Kleingruppen das Wesen jeweils einer Richtung im Judentum und stellen Sie diese anschließend den anderen dar

v 120

1. Setzen Sie Ihr persönliches Verständnis vom „Festefeiern“ mit dem Text in Beziehung :

2. Formulieren Sie Kriterien, z. B. Anlass, Dauer …

3. M35: g edankenexperiment. Stellen Sie sich vor, dass alle religiösen Feste abgeschafft würden und Sie könnten bei der Einführung von neuen Festen mitreden. Was wären Ihre Ideen dazu?

121 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
o

Ökologie

„Im Judentum kommt es auf das Tun an. So darf es nicht verwundern, dass das Judentum keine ‚ökologische Theologie‘ formuliert, sondern sich vor allem auf ökologische Projekte und ökologisches Handeln konzentriert. Die theologische Basis sind die […] Quellen, der hohe Stellenwert der Schöpfungsgeschichte – ma‘ase bereschit, und das religiöse Bewusstsein, vor allem im Hier und Jetzt zu leben mit dem Auftrag, diese Welt verantwortlich zu erhalten und zu entwickeln.“ […]

„So wurde Israel zu einem Ort mit einer ungewöhnlich hohen Zahl von Patenten ökologischer Erfindungen. Einige von ihnen entsprangen geographischen Notwendigkeiten – ein großer Teil des Landes war Anfang des 20. Jahrhunderts nicht der beste landwirtschaftliche Boden. Zu den bekanntesten israelischen Patenten gehört die Erfindung der Tröpfchenbewässerung. […] Weniger bekannt ist eine Erfindung der 1970er Jahre, wie man aus Müll Biogas produzieren kann als eine alternative, saubere und ,grüne‘ Energie für Transport und Kraftwerke. Die Sammlung, Reinigung und Entsalzung von Wasser sind weitere wichtige israelische Umweltprojekte. […]

Die Liste könnte noch verlängert werden, doch diese Beispiele zeigen anschaulich, wie die Zentralität des Themas ‚Schöpfung und Ökologie‘ in der heutigen Zeit im Judentum zum Ausdruck kommt. In jüdischen Gemeinden außerhalb Israels ist der Einsatz des Staates Israel für Ökologie und Umweltschutz in hohem Bewusstsein.“

Böckler: Ansätze, 39ff.

„Die wichtigste Quelle für das Verständnis theologischer Themen im Judentum ist das jüdische Gebetbuch, d. h. die Sammlung der regelmäßig rezitierten Gebetsordnungen für das ganze Jahr. Das Gebetbuch ist das im Judentum meistbenutzte Buch. Es bringt die jüdischen Sichtweisen aus verschiedenen Zeiten zur Sprache, von Bibel, rabbinischer Literatur (Mischna, Talmud, Midrasch), mittelalterlicher Auslegung (Gedichte und Kommentare) bis hin zur Moderne (neue Meditationen und Studientexte).“

Böckler: Ansätze, 6

4. Schöpfung und Ökologie ?

Die beiden Begriffe „Schöpfung“ und „Ökologie“ stellen für jede Ethik eine Herausforderung dar.

Wie geht das Judentum an diese Herausforderungen heran? Was ist dazu aus der Sicht jüdischen Glaubens, Denkens und Handelns zu sagen?

Welche Prinzipien werden verfolgt?

Welche Anknüpfungspunkte für ein gesamtgesellschaftliches Handeln lassen sich entdecken?

o 122,1 Das Prinzip: Du darfst nicht zerstören Der Rabbiner Apel Achivai erläutert das Prinzip „Du darfst nicht zerstören“ folgendermaßen: „Die Einstellung des Menschen gegenüber der Umwelt hängt davon ab, wie er seinen Platz auf der Erde sieht. Der Mensch ist die Krone der Schöpfung; der Schöpfer hat dem Menschen auf vielen Gebieten Fähigkeiten verliehen, die anderen Kreaturen fehlen. […] Aber welche Autorität hat der Mensch von Gott erhalten? Alle Ressourcen der Erde sind geschaffen worden, um sie konstruktiv zu verwenden. […] Dem Menschen wurde die Erlaubnis gegeben, die Schöpfung zu beherrschen, aber die Tora sagt ausdrücklich, dass er sie nicht beschädigen darf. [… ] Der Mensch darf alles verwenden, um etwas zur Schöpfung beizutragen, aber nicht, um sie zu zerstören.[…] Das Verbot ,Du darfst nicht zerstören‘ wird in der jüdischen Tradition ,Bal Taschchit‘ genannt und ist in der Halacha sehr zentral. Vandalismus wird von den Menschen als schlimmes Verhalten verachtet. […] Jeder, der Werkzeuge zerstört, Bekleidung zerreißt, Gebäude zerstört, Quellen austrocknet und Lebensmittel verdirbt, verstößt gegen das Verbot (Maimonides: Mischne Tora. Hilchot Melachim 6:10). […] Bevor der Mensch einen Gegenstand zerstört, muss er prüfen, ob die Umstände das erlauben […].“ Apel: Umgang, 38–42

o 122,2

v 122 VERNETZUNGEN

Brache

Eine Brache ist ein über einen gewissen Zeitraum ungenutztes Grundstück – in der Landwirtschaft meint man damit eine Wiese oder einen Acker (landwirtschaftliche Brache). […] Das zyklische Brachliegenlassen von Feldern und Äckern ist bereits im Alten Testament beschrieben. […] Auch heute kennt man den Begriff der Regenerationsbrache, vor allem aus so genannten „Ungunstgebieten.“

bluehendesoesterreich.at*

Das Prinzip: Verbesserung der Welt

Das Prinzip „Verbesserung der Welt“ erläutert Achivai wie folgt: „Am allerwichtigsten ist es, im Großen zu denken und zu verstehen, dass wir selbst die Welt tatsächlich verändern können, indem wir für eine bestimmte Sache die Verantwortung übernehmen. Das Judentum kennt für dieses Konzept den Begriff ‚Tikkun Olam‘, die Verbesserung der Welt. Wir haben nicht nur die Verantwortung für unsere Gemeinschaft, sondern auch für das Wohlergehen der Welt, um sie zu einem besseren Ort zu machen. Um sich mit der Verbesserung der Welt zu befassen, muss man aufhören, egoistisch zu denken und ständig den eigenen Nutzen in allem zu suchen. Man soll sich kritisch fragen, welche Folgen das eigene Handeln für andere und die Welt haben wird. So sollte man beispielsweise überlegen, ob man beim Autofahren oder Fliegen nicht unnötig zum erhöhten CO2 -Ausstoß beiträgt oder bei der Stromnutzung und dem Heizen nicht unnötig Energie verbraucht.“ Apel: Umgang, 42f.

122 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 A. JUDENTUM
g 122 GLOSSAR
Leseprobe

o

123,1

Das Lied vom blühenden Mandelzweig

Die Autorin Mechthild Alber (*1960) verwendet den blühenden Mandelzweig als Zeichen der Hoffnung. „Freunde, dass der Mandelzweig

Wieder blüht und treibt,

Ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?

Was anmutet wie ein Liebesgedicht, hat jedoch einen ganz anderen Hintergrund. Shalom Ben-Chorin [dt.israel. Religionswissenschaftler 1913–1999] hat es 1942 geschrieben. Mitten im 2. Weltkrieg. Nachdem er als Jude in Berlin massiv bedroht worden war, ist er 1935 nach Jerusalem ins Exil gegangen. Von dort musste er ohnmächtig miterleben, wie sein Volk von den Nazis vertrieben und vernichtet wurde. Er hat mit diesem Gedicht gegen seine eigene Verzweiflung angeschrieben: […]

Dass das Leben nicht verging, Soviel Blut auch schreit, Achtet dieses nicht gering, In der trübsten Zeit.

Tausende zerstampft der Krieg, Eine Welt vergeht. Doch des Lebens Blütensieg Leicht im Winde weht.

Der blühende Mandelzweig wurde für Ben-Chorin nicht zufällig zum Hoffnungszeichen. Die zartrosa und weißen Blüten der Mandelbäume sind die ersten Boten, die den Frühling ankündigen. Hierzulande – aber auch in Israel, wo Ben-Chorin direkt vor seinem Haus einen Mandelbaum stehen hatte. Vielleicht wurde er ja eines Morgens überrascht von seiner Blüte, und dieser Anblick hat etwas in seiner Seele angerührt.

Der blühende Mandelzweig ist schon in der Bibel ein Zeichen der Hoffnung und Ben-Chorin hat als guter Bibelkenner die entsprechende Stelle aus dem Buch des Propheten Jeremia gekannt [… vgl. Jeremia 1,11f.].

Im hebräischen Urtext steckt darin ein Wortspiel. Denn ‚Mandelzweig‘ und ‚wachen‘ klingen auf Hebräisch fast gleich. Der Mandelzweig wird so zum Fingerzeig, dass Gott über seine Welt wacht, auch dann, wenn wir das fast schon gar nicht mehr wahrnehmen können.“

Alber; kirche-im-swr.de*

B 123 ZUM BILD

r abbinerinnen und r abiner Rabbiner und Rabbinerinnen sind hoch angesehen, denn sie haben viele Jahre die Tora und den Talmud studiert. Sie wissen daher sehr viel über ihre Religion und lernen oft ihr ganzes Leben lang immer noch weiter. Wenn es Zweifel und Fragen in religiösen Dingen gibt oder wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen, dann zieht die Gemeinde immer einen Rabbiner hinzu.

 Impuls: Überprüfen Sie Ihre persönliche Praxis, wenn es darum geht, einen Rat einzuholen.

| ARBEITSAUFGABEN

o 122,1

1 Nehmen Sie zum Prinzip „Du darfst nichts zerstören“ aus der Sicht einer „deontologischen Ethik“ (vgl. S. 8) Stellung .

2. Vergleichen Sie die Aussage mit den Varianten eines Kategorischen Imperativs im Sinne von Hans Jonas.

o 122,2

Entwickeln Sie Ideen, wie sich mit der jüdischen Gemeinschaft an einer „Verbesserung der Welt“ arbeiten ließe, ganz unabhängig davon, wie die Begründung ethischer Grundsätze aussieht, ob sie sich mit Gott oder der reinen Vernunft begründen lassen.

o 123,1

1. Interpretieren Sie das Gedicht. Was hat es uns heute zu sagen?

2. Charakterisieren Sie den Mandelzweig als Hoffnungszeichen.

g 122

1. Geben Sie die Beziehung zu Umwelt und Schöpfung aus jüdischer Perspektive wieder.

2. Erläutern Sie Aspekte, die im Dialog mit nicht-jüdischen bzw. nicht-religiösen Menschen von Bedeutung sein können.

v 122

Der Satz „ein Land brach liegen lassen“ ist Menschen aus dem bäuerlichen Bereich jedenfalls bekannt. Viele ahnen dabei nicht, wie lange diese Tradition schon zurückreicht.

M11: Diskussion. Kann es sein, dass wir im Umgang mit der fortschreitenden Umweltzerstörung zu sehr auf altes Wissen vergessen haben?

123 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
?
Leseprobe
In orthodoxen Gemeinden (im Bild: feierliche Ordination von Absolventen des Abraham Geiger Kollegs in der großen Synagoge Rykestraße in Berlin) sind Rabbiner immer Männer, in vielen liberalen jüdischen Gemeinden arbeiten inzwischen auch Rabbinerinnen. Foto: live.staticflickr.com*

Problemlösung in der Bioethik aus jüdischer Sicht

In Kap. 2 wurde bereits ausführlich über bioethische Fragen am Beginn des menschlichen Lebens verhandelt. Diese Fragen werden auch innerhalb des Judentums heftigst debattiert. Der hohe Stellenwert des Fortpflanzungsgebots ist auch ein Grund, warum jüdische Gelehrte moderne Reproduktionstechnologien akzeptieren und fördern.

„Methodisch wird Bioethik in den einzelnen Gruppen (orthodox, konservativ, liberal) betrieben, indem traditionelle Texte interpretiert und auf moderne medizinische und ethische Situationen angewendet werden.Aufgrund ihrer je eigenen religiösen und sozialen Strukturierung haben das orthodoxe, konservative und liberale Judentum aber unterschiedliche Hermeneutiken und Auslegungstraditionen hervorgebracht.

Im Allgemeinen wird in der Orthodoxie nur eine religionsgesetzliche (halachische, 613 Gebote/Verbote umfassende) Vorgehensweise als legitimes Analyseinstrument erachtet. Dabei steht der Einzelfall im Vordergrund. […] Jüdische Bioethik bedeutet diesem Verständnis zufolge die halachische Auswertung moralischer Handlungsoptionen und unterscheidet sich methodisch nicht von der religionsrechtlichen Beurteilung anderer Bereiche jüdischer Religionspraxis wie beispielsweise der Speise- oder Schabbatgesetze. Diese Zugangsweise bioethischer Problemlösung wird im englischsprachigen Raum und in Israel deshalb auch medical halacha genannt. […] Generell besteht die Aufgabe halachischer Autoritäten darin, ausgehend von rechtlichen Texten der Traditionsliteratur (v. a.Talmud und dessen Kommentare) möglichst einen Analogieschluss mit der vorliegenden bioethischen Problemsituation herbeizuführen. […]

In jüdischen Religionskulturen, für die die Halacha keine verbindliche Handlungsanweisung darstellt, wird hingegen in verstärktem Maße auch aggadisches, d. h. narratives Textmaterial herangezogen. Die Erzähltexte, denen manche ethischen Richtlinien entnommen werden können, sind jedoch keine rechtlichen Texte.[…] Auch wenn sich die jüdische Reform und die Orthodoxie in ihren strukturellen und methodischen Auswertungsverfahren voneinander unterscheiden, erörtern beide Richtungen die bioethischen und -medizinischen Neuerungen und Problemstellungen in der Form von sogenannten Responsen (Fragen und Antworten).“

v 124 VERNETZUNGEN

Tradition

5. Moralische Orientierungen ?

Praktiziertes Judentum hat Auswirkungen in alle Lebensbereiche hinein. Wie steht das Judentum zu bioethischen, wirtschaftsethischen Fragen? Welche Rolle spielen die 613 Gebote und Verbote bei der Entscheidungsfindung?

o 124,1 Wirtschaftsethik

Der Informatiker und Talmudexperte Nathan Lee Kaplan sieht das Wirtschaften als integralen Bestandteil der jüdischen Tradition und eines erfüllten und verantwortlichen Lebens:

„Arbeit wird so zum gelobten Mittel eines erfüllten Lebens. [...] Die Wirtschaftsethik spielt in der jüdischen Tradition eine zentrale Rolle. 120 der 613 biblischen Mizwot [religiösen Pflichten] sind wirtschaftlicher Natur. […] Neben diesen vielen Wirtschaftsgesetzen vermittelt die Bibel auch wirtschaftliche Werte und Ideale durch ihre Geschichten und Geisteshaltungen. […] Die wichtigste Bedeutung von Wirtschaftsethik wird auch von der Mischna und Gemara gelehrt. Laut Rabbi Jischmael ist ein Verständnis wirtschaftlicher Sachverhalte der beste Weg, Weisheit zu erlangen, weil es keinen wichtigeren Bereich des Torastudiums gibt (bBaba Batra 175b). Und Rabbi Jehuda lehrt, dass besondere Heiligkeit und Frömmigkeit durch das Einhalten der Gesetze zur Verhinderung und Bestrafung wirtschaftlicher Schäden (Neskin) erreicht werden kann (bBaba Kamma 30a). Die Wirtschaft wird in mehr Traktaten behandelt als alle anderen Themen des Talmuds.

Leseprobe

Werren: Bioethik; bpb.de*

[…] In der nächsten Phase der Entwicklung jüdischer Tradition halten halachische Codices und rabbinische Responsen Gesetzesurteile zu einer Vielzahl wirtschaftlicher Fragen und Auseinandersetzungen fest, […] die Themen wie Diebstahl, Eigentumsbeschädigung, Verkaufs- und Vermiettransaktionen, Geschäftspartnerschaften, Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen und Leihgaben behandeln.

Von einer Tradition kann man sprechen, wenn Erfahrungswissen mehr als drei Generationen lang weitergegeben wurde. Heute möchte man einerseits diese „traditionellen Werte“ hochhalten, andererseits betrachtet man diese oftmals als rein konservativ, also als Gegenstände eines Museums. Wir leben heute in einer multitraditionellen Welt, in der jeder seine Traditionen hat, diese an die moderne Welt anpasst und weitergibt.

Vgl. Noseck, Tradition

[…] Als Kredite im babylonischen Exil zunehmend für Investitions- und weniger für Notdarlehen nachgefragt wurden, entwickelte die Gemara die berühmte Iska (bBaba Mezia 104–105a). Durch dieses halachische Konstrukt wurden Gläubiger zu Investoren und Schuldner zu ‚Managern‘ in einem gemeinsamen Unternehmen. Der Investor kann so einen berechtigten Ertrag auf sein Kapital erzielen, und der Manager bekommt Zugriff auf die Finanzierung, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Gewinnchance und Verlustrisiko werden fair zwischen den beiden Parteien verteilt. Bis heute leben sowohl das Zinsverbot als auch die Iska weiter.“ Kaplan,188f

124 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 A. JUDENTUM
g 124 GLOSSAR

Wie lebt man mit 613 religiösen Regeln, Rabbi Teichmann?

„Fragt man sich nicht manchmal nach dem Sinn all der Gebote und Verbote?

Die Weisen haben unterschieden zwischen Geboten und Verboten, die man mit Logik und Verstand begreifen kann, und solchen, über die man keine Spekulationen anstellen soll, weil diese kaum zu logischen Erklärungen führen.

Sind die Gebote und Verbote unter allen Umständen einzuhalten?

Grundsätzlich: Ja. Manche treten allerdings außer Kraft, wenn Lebensgefahr besteht. […] Es kann auch sein, dass man ein Gebot nicht einhalten kann. […] Es gibt noch etwas Grundsätzliches: Frauen sind wegen ihrer anderweitigen Aufgaben und Pflichten nicht an diejenigen Gebote gebunden, die zu einer bestimmten Tageszeit erfüllt werden sollen.

Wird der Talmud, in dem alle diese Gesetze kommentiert sind, eigentlich ständig auf dem neuesten Stand gehalten?

Nein. Wenn man ein Problem klären will, greift man auf die alten Quellen zurück und fragt sich: Wie kann ich heute in jenem Geiste und auf Grund der Präzedenzfälle entscheiden? Außerdem gibt es eine reiche Literatur, die ‚Scheelot u Teschuwot‘ (,Fragen und Antworten‘), allgemein Responsen genannt.“ Binzegger: Regeln

o 125,2 Wie sieht es mit Sex vor der Ehe aus?

Im Judentum wird die Sexualität grundsätzlich positiv bewertet. Vorehelicher Geschlechtsverkehr wird je Glaubensrichtung unterschiedlich diskutiert und bewertet.

Im orthodoxen Judentum soll Sexualität nur in der Ehe ausgeübt werden. Dabei gelten klare Vorgaben: „Der Geschlechtsverkehr gemäß der Halacha [soll] nicht zu allen Zeiten ausgeübt werden. Ausgehend von einem biblischen Gebot (3.BM 15:19) haben die Rabbinen den Geschlechtsverkehr während der fünf bis sieben Tage der Menstruation und weiteren sieben Tagen, den sogenannten unreinen Tagen, verboten (bNidda 66a).“ Gellis: Sexualität, 269; 272f.

B 125 ZUM BILD

Das Schächten

Das Schächten wird unter detaillierten Regeln nur von gut Ausgebildeten durchgeführt. Ein schneller Halsschnitt tötet das Tier und es verblutet. Sohin kann das Verbot des Blutgenusses eingehalten werden. Eine Betäubung ist nach jüdischen Gesetzen nicht möglich. Neuere Studien haben auch ergeben, dass geschächtete Tiere nicht mehr leiden als anders getötete Tiere.

Nisenholz: Umgang, 26ff.

 Impuls: M24: Internetrecherche. Wie wird das Verbot des Blutgenusses begründet?

|

ARBEITSAUFGABEN

o 124,1

1. M30: Textreduktion: Was bleibt für Sie stehen, dem Sie zustimmen können?

2. Vergleichen Sie die beschriebene Praxis mit der säkularen Finanzwelt und ihrem Umgang mit Geld. Ließe sich eine ideelle Anleihe nehmen?

o 125,1

1. Geben Sie wieder, was es mit den 613 Geboten und Verboten im Judentum auf sich hat.

2. Entwerfen Sie eine Schätzung, nach wie vielen Regeln und Normen Sie leben.

3. Stellen Sie beide „Listen“ gegenüber : Was unterscheidet sie?

o 125,2

Erörtern Sie die Fragen:

Leseprobe

• Welche positiven Aspekte ließen sich den im Text genannten Regeln abgewinnen?

• Worauf gründen in verschiedenen Gruppen unserer Gesellschaft die Regeln im Umgang mit „Sex vor der Ehe“?

g 124

Arbeiten Sie heraus: Wie wird im jüdischen Kontext bei bioethischen Fragen nach Antworten gesucht?

v 124

1. Formulieren Sie die Kernaussage des Textes in einem Merksatz.

2. Überprüfen Sie Ihre persönliche Vorliebe bzw. Abneigung gegenüber Traditionen.

125 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Blick in eine koschere Schlachterei in den USA (AP Archiv). Foto: deutschlandfunkkultur.de*
o
125,1
?

CHRISTENTUM: HISTORISCHES

Kreuzestod von Jesus Christus

Bekehrung des Paulus

Paulusbriefe

Frühe gnostisch-christliche Strömungen Übersetzung des Neuen Testaments ins Lateinische Mailänder Vereinbarung

Konzil von Nizäa, Verurteilung der Lehren des Arius

Der römische Kaiser Theodosius I. erklärt das Christentum zur Staatsreligion. Hieronymus übersetzt das Alte Testament ins Lateinische („Vulgata“).

Festlegung des neutestamentlichen Kanons

Konzil von Chalkedon mit Dogmatisierung der Lehre von zwei Naturen in Christus;

Trennung der orientalischen Kirchen von der Kirche im römischen Kaiserreich

Beginnende Islamisierung vormals christlicher Gebiete im Vorderen Orient und in Nordafrika

Bonifatius‘ Missionstätigkeit trägt zur Verbreitung des Christentums im Raum des heutigen Deutschland bei.

Karl Martell stoppt die Ausbreitung des Islam in Westeuropa.

Bruch zwischen der lateinischen Westkirche und der byzantinischen Ostkirche

Pflichtzölibat von Papst Innozenz II. eingeführt

Zeitalter der Kreuzzüge

Johannes Gutenberg druckt die nach ihm benannte lateinische Bibel.

Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen

Martin Luther (1483–1546) gibt mit seinen 95 Thesen der Reformationsbewegung einen wichtigen Impuls. Beginn der Reformation in Deutschland

Martin Luther übersetzt die gesamte Bibel aus dem Hebräischen bzw. Griechischen ins Deutsche.

Beginn der Reformation in Zürich durch Huldrych Zwingli (1484–1531)

König Heinrich VIII. von England trennt sich von der römischen Kirche und wird 1534 Oberhaupt der Anglikanischen Kirche.

Beginn der Reformation in Genf durch Johannes Calvin (1509–1564)

Konzil von Trient leitet die katholische „Gegenreformation“ ein.

Feierliche Einweihung des Petersdoms in Rom, der in der Sixtinischen Kapelle die berühmten Deckenfresken von Michelangelo beherbergt

Der Dreißigjährige Krieg ist u. a. ein Konfessionskrieg.

1. Übersicht

Christentum im Überblick

je nach konfession gibt es heute aber teilweise andere Sichtweisen oder regelungen.

Westfälischer Friedensschluss in Münster beendet Konfessionskriege.

„Abschaffung“ des Christentums während der Französischen Revolution (1789–1799)

Erstes Vatikanisches Konzil und Entstehung der Altkatholischen Kirche

Hirtenwort der Bischöfe Bayerns: „Klassenhass und Rassenhass sind unchristlich und unheilvoll“.

Gründung des „Ökumenischen Rates der Kirchen“

Zweites Vatikanisches Konzil: das bisher letzte der 21 ökumenischen Konzilien der römisch-katholischen Kirche

Bann von 1054 zwischen Rom und Konstantinopel wird offiziell aufgehoben

Auf Einladung des Papstes: Interreligiöse

Weltgebetstreffen für den Frieden

Charta Oecumenica: Die Konferenz Europäischer Kirchen formuliert Selbstverpflichtungen für die Zukunft der Kirchen.

Das erste neuzeitliche Konzil der Gesamtorthodoxie in Kreta

Vgl. Hutter: Weltreligionen, 63

religionsstifter

Jesus von Nazaret, der zu Beginn unserer Zeitrechnung in Galiläa und Jerusalem gelebt hat; dem Glauben nach der Sohn Gottes bzw. der Christus (Messias).

gott

Es gibt einen Gott in drei Erscheinungsweisen: Vater, Sohn und Heiliger Geist sind in einer Gottheit vereint. Gemeinsam bilden sie den dreieinigen/dreifaltigen Gott.

geistliches oberhaupt

Je nach Konfession unterschiedlich geregelt.

religiöse organisation Je nach Konfession unterschiedlich geregelt.

Lehre

Das größte Gebot ist die Liebe, die sich in Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe zeigt. Wer sie zur Richtschnur seines Handelns macht, baut mit am „Reich Gottes“ und ist Teil am Leib Christi. Die christlichen Kirchen eint ihr Zeugnis gegenüber Jesus Christus und die Teilhabe an seiner Auferstehung.

aufnahmeriten

Allgemein gilt, dass man durch die Taufe in die christliche Gemeinschaft aufgenommen wird. Jugendliche und Erwachsene bestätigen die damit vollzogene Zugehörigkeit durch die Firmung (bei Katholiken) oder Konfirmation (bei Protestanten). Durch die Kommunion in der Eucharistie (Katholiken) bzw. im Abendmahl (Protestanten) nehmen Christen an der rituellen Vereinigung mit Jesus Christus teil. In orthodoxen Kirchen werden alle drei Riten beim Kleinkind gespendet.

Totenriten

Traditionell vorgesehen ist die Erdbestattung mit vorausgehender Totenfeier (Einsegnung).

Leben nach dem Tod

Christen glauben, dass sie, durch Christus vom Tod auferweckt, in der liebenden Gemeinschaft mit Gott leben werden.

heilige Schriften

Leseprobe

Die Bibel umfasst Texte der jüdischen Hl. Schrift (AT) und die Lebens- und Wirkungsgeschichte von Jesus Christus sowie weitere Schriften, wie z. B. Briefe, in denen die christliche Lehre vertieft wird (NT). Die 27 Schriften des Neuen Testaments beschreiben die Lebens- und Wirkungsgeschichte von Jesus Christus. Die vier Evangelien und die Apostelgeschichte erzählen vom Leben und Sterben Jesu. In 21 Briefen und in der Offenbarung des Johannes wird die christliche Botschaft vertieft. Jesus selbst hat nichts Schriftliches hinterlassen.

gebote für klerus/kloster

Priester der katholischen Kirche leben ehelos (Zölibatsverpflichtung). Ordensleute (Nonnen und Mönche) verpflichten sich zu einem Leben nach den „evangelischen Räten“: Armut, Keuschheit, Gehorsam.

gebote

Das Gebot von Gottes-, Nächsten- und Selbstliebe zeigt die Liebe als innerstes Band menschlichen Lebens. Die Christen sind dazu berufen, dieser Liebe entsprechend zu handeln.

essensvorschriften

Es gibt zeitliche Einschränkungen (Fastenzeiten).

kleidungsvorschriften

Gibt es nur für amtlich Handelnde.

126 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 SÜDAMERIKA NORDAMERIKA B. CHRISTENTUM
Jesus Christus, byzantinisches Mosaik, um 1000, St. Apollinare Nuovo in Ravenna. Foto: istock.com Die Bibel mit Altem und Neuem Testament. Foto: istock.com
ca. 30 ca. 32/33 Mitte 1. Jh. 2. Jh. vor 180 313 325 380 ab 390 4. Jh. 451 seit 637 719–754 732 1054 1139 1096–1270 1450–1455 1453 1517 ab 1521 1522 1531 1536 1545–1563 1626 1618–1648 1648 1793 1869–1870 1932 1948 1962–1965 1965 ab 1986 2001 2016
Foto: Neuhold

Christentum in zahlen Es gibt weltweit etwa 2,3 Mrd. Christen, die verschiedenen Konfessionen angehören: römisch-katholisch 1130 Mio. protestantisch 375 Mio. orthodox 250 Mio. andere 600 Mio. Quellen: www.pewresearch.org; statista.com

Anteil der Christen (in Prozent)

Anteil der Christen an der Weltbevölkerung (in Prozent)

Kreuz

Das Kreuz als Symbol für den Opfertod des Jesus Christus

(hier: Kreuz in der bischöflichen Kapelle im Grazer Bischofshaus. Foto: Neuhold

Pilgerausweis und Insignien der Pilger auf dem Jakobsweg: Pilgerstab und Jakobsmuschel. Foto: fotolia.com

rolle der Frau

Grundsätzliche Gleichwertigkeit von Mann und Frau, doch in der Praxis nicht in allen Bereichen gleichberechtigt.

Leseprobe

Sexualität und ehe

5,6

Spirituelle handlungen

Gebete, die als Zwiesprache mit Gott oder gemeinschaftliche Bitte an ihn verstanden werden, wie das Vaterunser. Singen von Liedern, die inhaltlich Gebete, Lobpreisungen Gottes oder Klagen sein können. Gottesdienste, Prozessionen und Wallfahrten.

Die Ehe wird vor Gott geschlossen (teilweise als Sakrament) und wird als lebenslange geistig-leibliche Gemeinschaft geshen. Sex wird als Teil der Schöpfungsordnung verstanden, ist aber nur in der Ehe gestattet. Künstliche Verhütung und Schwangerschaftsabbruch werden in den christlichen Konfessionen unterschiedlich beurteilt.

Christliche Bevölkerung nach Ländern (2010, in Mio.) pewresearch.org*

Ikone

Verehrungswürdiges Heiligenbild, in dem laut Überzeugung der Gläubigen der orthodoxen Kirche der oder die dargestellte Heilige wirkt. Foto: istock.com

heiligtümer

Heilige Stätten der Christenheit sind an vielen Orten entstanden. Zu den wichtigsten gehören:

• Betlehem: als der Geburtsort Jesu

• Jerusalem: Ort der Kreuzigung Jesu

• Rom: Gräber von Petrus und Paulus

• Santiago de Compostela: Grab des Apostels Jakobus d. Ä.

• Canterbury: Grab des Heiligen Thomas Becket

• Marienwallfahrtsorte: Guadalupe (Mexiko), Lourdes (Frankreich), Fatima (Portugal), Tschenstochau (Polen), Mariazell

Feiertage

• Sonntagsgottesdienst

• Weihnachten (25. Dez.): Geburt von Jesus

Christus

• Karfreitag und Ostern (am Sonntag nach dem ersten Frühlings-Vollmond): Fest von Tod und Auferstehung Jesu Christi

• Pfingsten (50. Tag nach Ostern): Ausgießung des Heiligen Geistes

127 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
über
protestantisch römisch-katholisch orthodox AFRIKA SÜDAMERIKA 31,7 68,3
90 70 bis 89 30 bis 69
Hostien symbolisieren bei der Kommunion den Leib Christi.
243 173 108 105 86 78 68 63 56 Österreich Deutschland Dr kongo China Nigeria Philippinen russland Mexiko Brasilien vereinigte Staaten
Karten-Grafik: stern infografik
Fotos: fotolia.com (2); Neuhold

h eilige Schrift

Die heilige Schrift des Christentums ist die Bibel und besteht aus einer Sammlung unterschiedlicher Bücher. Sie stellt die Offenbarung Gottes dar und gilt als vom Geist Gottes inspiriert. Sie besteht aus zwei Teilen: dem Alten (ersten) Testament, also einer Auswahl der jüdischen heiligen Schriften und einigen anderen Büchern und Zusätzen, die sich nicht im Tanach (TaNaCh – vgl. G 118) finden und dem Neuen (zweiten) Testament, das aus 27 unterschiedlichen Schriften besteht.

Inhalt der 27 Bücher des Neuen Testaments

■ Die vier e vangelien berichten vom Leben Jesu. Sie erzählen von seiner Geburt in Betlehem, der Taufe im Jordan, seinen Reden und Taten bis zum Verrat durch Judas, seinem Leidensweg und Tod am Kreuz in Jerusalem und berichten von seiner Auferstehung.

■ Die a postelgeschichte stellt das Leben der christlichen Gemeinden in den ersten Jahrzehnten der Mission im römischen Imperium dar und berichtet auch von den Missionsreisen des Paulus.

■ Die fünzehn paulinischen Briefe zeigen den Schriftverkehr zwischen Paulus und den von ihm gegründeten Gemeinden. Damit kann Paulus den Gemeinden nahe sein und ihnen bei konkreten Fragen helfen. Im 1. Korintherbrief findet sich auch ein erstes Glaubensbekenntnis: „Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, und erschien dem Kephas, dann den Zwölf“ (1 Kor 15,3–5).

■ Die sieben sogenannten katholischen Briefe sind an die gesamte Christenheit gerichtet. Zu ihnen zählen zwei Petrusbriefe, drei Briefe von Johannes sowie ein Judas- und ein Jakobusbrief. In ihnen geht es überwiegend um Glaubensstärkung.

■ Das letzte Buch ist die o ffenbarung des johannes (Apokalypse) und dient der Tröstung unterdrückter Christen, indem ihnen Hoffnung auf Rettung gemacht wird, wenn sie treu ihren Glauben leben.

Das Neue Testament ist ursprünglich auf Griechisch verfasst. Heute existieren Übersetzungen in Hunderten von Sprachen. Bei uns sind die deutsche Einheitsübersetzung und die deutsche Lutherübersetzung am bekanntesten.

VERNETZUNGEN

Die a pokryphen

Als Apokryphen werden Schriften des Judentums und frühen Christentums bezeichnet, die trotz ähnlichen Inhalts keine Aufnahme in den Kanon der Schrift fanden. „Apokryph“ meint zunächst „nicht öffentlich“, d. h. ein Text wurde nicht öffentlich in der Liturgie verlesen. Durch diesen Ausschluss aus der Liturgie wurde er „verborgen“, was die zweite Bedeutung von apokryph ist. Apokryphen sind für das frühchristliche Zeitalter bedeutsam. Sie prägen die Entwicklung der christlichen Legende und Volksdichtung. Als besonderes wäre das Evangelium nach Thomas zu nennen.

2. Glaubensgrundlagen ?

Das Christentum entstand vor rund 2000 Jahren. Was sind die Grundlagen des christlichen Glaubens? Im Zentrum steht nicht ein Buch, sondern eine Person: Jesus Christus. Welche Grundlagen sind für ein christliches Leben notwendig?

I 128,1 Jesus von Nazaret

■ Jesus wurde zwischen 8 und 4 v. Chr. als Jude geboren. Manche Forscher bezweifeln den Geburtsort Betlehem, weil sie annehmen, dass hier nicht eine historisch-geographische Aussage, sondern ein Bekenntnis vorliegt: Jesus ist der verheißene Messias, der in Betlehem geboren werden soll. Den hebräischen Namen Jesu sprach man damals „Jeschua“ aus. Er bedeutet „Gott hilft“.

■ Von der Kindheit Jesu wissen wir kaum etwas. Jesus selbst hat von Josef den Beruf des Bauhandwerkers erlernt und wuchs in Galiläa auf.

■ Etwa im Jahr 27/28 wurde Jesus Schüler von Johannes dem Täufer am Jordan, ohne sich dessen Bewegung endgültig anzuschließen. Er empfand wohl das Gottesbild und die Gerichtsandrohung des Täufers als zu hart und streng.

■ Nach seiner Trennung von Johannes begann Jesus als Wanderprediger durch die Dörfer Galiläas zu ziehen und den Menschen die Frohe Botschaft von der nahegekommenen Herrschaft/Wirklichkeit Gottes zu verkünden. Er nahm Anteil an ihren Leiden und konnte sie oft davon befreien. Gottes- und Nächstenliebe prägten sein Tun und seine Botschaft.

■ Mit seiner Radikalität für das Gute fand er viele Freunde. Wie die jüdischen Rabbinen sammelte er Jünger um sich, leitete diese aber – anders als die Rabbinen – nicht zum ständigen Studium der heiligen Schriften an, sondern band sie an seine Person und seine Lehre.

■ Mit manchen Frommen seiner Zeit, unter ihnen Pharisäer und Schriftgelehrte, geriet er in heftige Kontroversen.

■ Um das Jahr 30 n. Chr. kam Jesus zum Pessachfest nach Jerusalem. Dort feierte er mit seinen Jüngern das traditionelle Pessachmahl, gab ihm aber neue Akzente, indem er es mit seinem von ihm erwarteten Tod und mit dem nahegekommenen Reich Gottes in Verbindung brachte.

■ Durch einen Verrat aus dem eigenen Kreis wurde er auf Veranlassung des jüdischen Hohen Rates unter dem Hohenpriester Kajaphas in einem kurzen Prozess vom römischen Präfekten Pontius PiIatus zum Tod verurteilt. Er starb in Jerusalem wie ein Verbrecher am Kreuz.

■ Schon bald nach dieser Katastrophe traten seine Jünger in der Öffentlichkeit mit dem Bekenntnis auf, Jesus sei nicht im Tod geblieben. Gott habe ihn von den Toten auferweckt. Die Jünger begannen nun den gekreuzigten Jesus in einem ganz neuen Licht zu sehen. Vgl. Laufen, in Trutwin: Jesus, 28f.

128 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 B. CHRISTENTUM
g 128 GLOSSAR
v 128
Leseprobe

Das Apostolische Glaubensbekenntnis (Credo)

Das Wort Glauben (lat. credere, cor dare) heißt das Herz schenken, geben; das althochdeutsche Wort gelouben heißt sich etwas lieb oder vertraut machen; beides ist Ausdruck einer personalen Beziehung. Ich glaube an etwas, einen Inhalt, eine Sache, Aufgabe … Ich glaube jemandem, einer Person (Freund/Freundin, Idol/Vorbild), Gott.

In der Kirche bekennt man sich zu wichtigen Glaubensaussagen, die in Bekenntnissen zusammengefasst sind. Sie werden im Gottesdienst gemeinsam gesprochen. Auf diese Sätze haben sich die Christen der frühen Kirche im vierten Jahrhundert geeinigt, um sich ihres Glaubens zu vergewissern. Sie wurden über die Jahrhunderte weitergegeben.

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche (katholische) Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

129 ZUM BILD

jesus der Christus

www.ekd.de

Gemeinsam mit dem Judentum und dem Islam gehört das Christentum zu den drei monotheistischen (griech: monos = ein; theos = Gott) Religionen: Es bekennt sich zu einem Gott. Das Christentum bezieht sich bereits im Namen auf eine Person: Jesus Christus. Damit sind die historische Gestalt des Jesus von Nazaret und der Glaube an verschiedene Dimensionen seiner Gestalt (z. B. als Christus/Messias/Gesalbter) zum Ausdruck gebracht.

 Impuls – M42: Bilderrahmen. Welche Fragen könnten den Rahmen zu dieser Collage eines Christuskopfes bilden? 

I 128,1

1. Charakterisieren Sie das Leben Jesu in einem Steckbrief.

2. Nennen Sie drei Aspekte des Wirkens Jesu.

3. Formulieren Sie Gründe: Warum konnte Jesus mit seiner Botschaft der unbedingten Gottes- und Nächstenliebe überhaupt Anstoß erregen?

I 129,1

Setzen Sie das Apostolische Glaubensbekenntnis mit dem Leben Jesu I 128,1 in Beziehung . Ermitteln Sie die Übereinstimmungen.

g 128

Leseprobe

1. M32: Textvisualisierung (Schaubild). Erstellen Sie gemeinsam in der Lerngruppe ein Schaubild (Plakat) zum Text.

2. Nehmen Sie ein Neues Testament (Schulbibliothek ...) zur Hand. Geben Sie die Namen und Abkürzungen der 27 Bücher des Neuen Testaments auf dem Plakat wieder.

v 128

1. Erklären Sie den Begriff „Apokryphen“.

2. M24: Internetrecherche. Ermitteln Sie Hintergründe zum „Evangelium des Thomas“.

3. Erstellen Sie eine Liste von „apokryphen“ Evangelien.

129 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Ikona. Collage unter Verwendung des Bildes „Kopf eines Bauern“ von Kasimir Malewitsch (rechte Hälfte, um 1930) und einer klassisch russischen Christus-Ikone, Diözesanmuseum Graz, 2001. Grafik: Diözesanmuseum Graz
| ARBEITSAUFGABEN o 129,1
B

Wie kommt es zu einem Christentum?

Das Christentum ist eine Offenbarungsreligion. Es ruht unmittelbar auf den Fundamenten des Judentums, verbreitete sich schon bald über nationale und ethnische Grenzen hinweg und entwickelte sich zu einer Weltreligion. Zu verdanken ist dies hauptsächlich der Missionierungstätigkeit des Apostels Paulus.

Als Christen werden die Anhänger Jesu bezeichnet, den sie als Christus und Sohn Gottes verehren. Nach christlichem Glauben ist Jesus Christus zugleich Mensch und Gott. Er lebte wie ein Mensch, verkündete das Reich Gottes, wurde verhaftet, gefoltert und unter Pontius Pilatus am Kreuz hingerichtet. Durch seinen Tod am Kreuz leistete Jesus Abbitte für die Sünden der Menschen, so dass alle, die an ihn als Heiland glauben, Erlösung und ewiges Leben erlangen. Die frühen Christen wurden zunächst von den römischen Kaisern verfolgt. Dies änderte sich erst, als Kaiser Konstantin im Jahr 312 (nachdem ihm am Himmel nach der Überlieferung ein Kreuz erschienen war), das Christentum mit der „Mailänder Vereinbarung“ als Religion erlaubte.

Das Christentum entwickelte sich aus der Interpretation der hebräischen Bibel (die man heute als Erstes oder Altes Testament bezeichnet) durch Jesus Christus und dessen Lebensgeschichte und Lehre, wie sie uns im Neuen Testament begegnet.

Das Neue Testament besteht aus den vier Evangelien (der Lebens-, Leidens-, und Auferstehungsgeschichte Jesu), der Apostelgeschichte, den Briefen der Apostel und anderen Briefen) und der Offenbarung des Johannes (Apokalypse).

Das Christentum hat sich in verschiedenen Traditionen entfaltet. Aus dem urchristlichen Entwicklungsstrom bildeten sich 431 die Altorientalen und 1054 (nach der ersten großen Kirchenspaltung [dem so genannten Großen Schisma = Spaltung] aufgrund von Divergenzen in Fragen der christlichen Lehre und politischer Entwicklungen) die Ostkirchen (Orthodoxie) und die Westkirche heraus. Die Westkirche entwickelte sich mit der Reformation (1517, herbeigeführt vom deutschen Mönch Martin Luther, der eine Reform „an Haupt und Gliedern“ forderte) weiter in die römisch-katholische Kirche, in die protestantischen Kirchen und in die anglikanische Kirche.

3. Gelebter Glaube ?

Unterschiedliche christliche Konfessionen sind in der langjährigen Geschichte des Christentums entstanden. Gibt es da Gemeinsamkeiten? Worin liegen die Unterschiede begründet?

I 130,1

Christlicher Jahreskreis

Das zentrale Fest bildet der Sonntag . Einige Feste im Laufe des Jahres sind allen christlichen Kirchen gemeinsam. Einige orthodoxe Kirchen orientieren sich bei der Festlegung der Festtermine aber nach wie vor am Julianischen Kalender.

Weihnachten

Zu Weihnachten wird die Geburt Jesu, des Sohnes Gottes, am 25. Dezember gefeiert. Dem Fest geht in der westlichen Tradition der Advent (in der orthodoxen Tradition eine 40-tägige Fastenzeit) als Vorbereitung auf die Geburt Jesu, des Retters der Welt, voran.

Ostern

Das wichtigste Fest für Christen ist das Osterfest. Als Termin wurde vom Konzil von Nizäa 325 der Sonntag nach dem ersten Vollmond im Frühling festgelegt. Am Ostersonntag wird die Auferstehung Jesu von den Toten gefeiert. Auf dieses Fest bereiten sich viele Christinnen und Christen 40 Tage lang in der sogenannten Fasten- und Bußzeit bzw. Passionszeit vor.

Pfingsten

50 Tage nach Ostern gedenkt man der Sendung des Heiligen Geistes an die Jünger Jesu.

Dies wird als Geburtsstunde der christlichen Kirche gesehen.

Weitere Feste

Leseprobe

Vgl. Gabriel/Geaves: Religionen verstehen, 23ff.

VERNETZUNGEN

julianischer k alender

46 v. C. führte Julius Cäsar einen neuen Kalender ein, welcher auch nach ihm benannt wurde, und ersetzte damit den alten römischen Kalender, der sich am Mond orientiert hatte. Bei der Einführung dauerte dann dieses erste Jahr 445 Tage. Das folgende Jahr, 45 v. Chr., war ein Schaltjahr und hatte daher 366 Tage. Im 16. Jahrhundert wurde der Julianische dann durch den Gregorianischen Kalender abgelöst, der auch als allgemeiner bürgerlicher Kalender gilt. kalender-lexikon

Daneben gibt es noch verschiedene Gedenk- und Festtage, die je nach Lokalkirche und Konfession unterschiedlich begangen werden. Nicht zu vergessen sind auch die Feste und Gedenktage der Mutter Gottes, die es in den orthodoxen Kirchen und der römisch-katholischen Kirche gibt. Nowak, Christentum 81f.

I 130,2 Lebensfeste

Besondere Momente des Lebens (Geburt, Hochzeit, Begräbnis u. a.) der Menschen stellen Anlässe dar, die in den christlichen Kirchen in besonderer Form und unterschiedlichen Ritualen (z. B. in Sakramenten) begangen werden.

Dazu gehören vor allem die Taufe und die Eucharistie (das Abendmahl), die Firmung, die ehe, die Buße, die Weihe, die Krankensalbung. Das Leben der Menschen wird aber auch in anderen Feiern und Ritualen bei Festen und verschiedensten Anlässen (z. B. bei Verabschiedungen und Begräbnissen) spirituell begleitet.

130 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 B. CHRISTENTUM
g 130 GLOSSAR v 130

131,1

Das Hauptgebot der Liebe

„,Gott ist die Liebe‘ (1 Joh 4,8). In Christus ist diese Liebe in ihrer Fülle erschienen. Jesus greift zentrale Weisungen des Alten Testamentes auf: ‚Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft‘ (Dtn 6,5), und ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst‘ (Lev 19,18). Beides führt Jesus zusammen, weil es für ihn eine Gottesliebe ohne Nächstenliebe nicht geben kann.

Er erklärt souverän: ‚An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten‘ (Mt 22,40). Das Doppelgebot von Gottes- und Nächstenliebe zeigt die Liebe als innerstes Band menschlichen Lebens. Die Christen sind – nach dem Beispiel Jesu – dazu berufen, dieser Liebe entsprechend zu handeln. Auf diese Weise antworten sie der zuvorkommenden Liebe Gottes und hoffen – trotz aller Rückfälle in den Egoismus – auf Gottes Erbarmen.“

o 131,2 Das Liebesgebot

„Und Gott segnete den siebtenTag [Sabbat] und heiligte ihn,denn an ihm ruhte er von all seinemWerk,das Gott geschaffen,indem er es machte.“ (Gen 2,3). Mit dem Christentum ist der Sonntag (der erste Tag der Woche) in vielen Kulturen zum „arbeitsfreien“ Ruhetag geworden.

Gotteslob 29,1

Die Judaistin Susanne Talabardon stellt in ihrer Beschreibung der christlichen Moral das Liebesgebot in den Mittelpunkt:

„Die materielle christliche Ethik orientiert sich am Gebot Gottes und dessen Interpretation durch Jesus.

Dabei kann man die Zehn Gebote und deren Deutung in der Bergpredigt und in den Katechismen durchaus als eine Art Grundnorm betrachten. Darüber hinaus bietet das Neue Testament mehrfach das ,Liebesgebot‘ als das Zentrum der christlichen Ethik an. […] Dieses Verfahren, nämlich bestimmte Gebote als besonders wichtig herauszustellen und somit eine Hierarchie, einen hermeneutischen Schlüssel für das gesamte Verhalten zu schaffen, kann man als typisch christliche Ethik bezeichnen. […] Konkret bedeutet die Bestimmung des Liebesgebotes als zentrale Maxime, dass sich der Christ bei seinem Handeln die Frage vorlegen muss, ob das von ihm beabsichtigte Tun dem Anspruch, Gott und das menschliche Gegenüber zu lieben, gerecht wird.“

B 131 ZUM BILD

Der Sonntag

Talabardon: Christentum, 39f.

I 130,1

1. Nennen Sie drei christliche Feste.

2. M06: Äußern der Meinung: Sie werden zu einer Osterjause eingeladen. Sie selbst feiern Ostern nicht. Wie würden Sie auf die Einladung reagieren bzw. sich bei der Jause verhalten?

3. Problematisieren Sie in der Lerngruppe eine Gesellschaft ohne christliche Feste.

I 130,2

Entwerfen Sie ein Ritual für ein Lebensfest, das keinen christlichen Bezug herstellt.

o 131,1

Leseprobe

1. Erläutern Sie das sogenannte Hauptgebot der Liebe.

2. M11: Diskussion. Inwiefern kann das Gebot der Nächstenliebe für Entscheidungen hilfreich sein?

o 131,2

1. Charakterisieren Sie die christliche Basis einer Ethik.

2. Erörtern Sie, inwiefern diese für eine säkulare Ethik anschlussfähig ist und somit auch gemeinsame Projekte umsetzbar wären.

g 130

1. Skizzieren Sie den Begriff „Schisma“.

Bereits im 1. Jahrhundert versammelten sich Christinnen und Christen immer am ersten Tag der Woche, also am Sonntag, um des Leidens und Sterbens Jesu zu gedenken und die Auferstehung des Herrn zu feiern, hoffend, dass auch sie einst auferstehen werden.

Im Jahre 321 führte Kaiser Konstantin den Sonntag dann auch als gerichts- und arbeitsfreien Tag ein. Neben dem Gottesdienstbesuch sollte man auch Zeit zur Muße haben, um zu sich und damit letztlich auch zu Gott zu kommen. Vgl. Hutter: Weltreligionen, 65

 Impuls: Beschreiben Sie eine optimale Sonntagsgestaltung.

2. M25: referat. Erstellen Sie kurze Referate zu verschiedenen Kirchen.

v 130

1. Arbeiten Sie heraus, nach welchem Kalender wir uns zumeist orientieren.

2. Werten Sie in der Klasse aus : Orientiert sich jemand auch noch nach einem anderen Kalender?

131 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Foto: KK | ARBEITSAUFGABEN
o
!

Ökologische k rise

Das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Kirchen, der Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., ruft entschieden zur christlichen Selbstkritik auf:

„Der Mensch, für den die Schöpfung, das Paradies auf Erden, geschaffen wurde, missachtete leider den Auftrag Gottes, dass er die Welt ,bebaue und hüte‘ (vgl. Gen 2,15), und zerstört sie stattdessen durch seine Habgier, er zwingt sie, Früchte hervorzubringen, er verdunkelt die Sonne durch seine wissenschaftlichen Experimente und lässt die Fundamente der Erde erzittern. [...]

Die ökologische Krise unserer Zeit, verehrte Zuhörer, ist kein isoliertes Phänomen […] und darf auch nicht eigenständig betrachtet und behandelt werden. Die ökologische Krise stellt sich als Übergang der moralischen, sozialen und spirituellen Krise vom Menschen auf die Schöpfung dar. Deshalb ist und bleibt jede Betrachtung oder Behandlung der ökologischen Krise und ihrer Folgen ohne unmittelbaren Bezug und ohne Verbindung zur Krise des Menschen in seinen diversen Lebensbereichen unvollständig und greift nicht. Warum sind wir unglücklich? Zum einen die Habgier des Menschen und zum anderen die Missachtung seiner inneren Welt, d. h. seiner Seele, seines Herzens und seines Geistes. Wir Menschen sehen und begehren nur die Materie und nicht den Geist. […] Dies allein ist der wahre Gewinn, den die orthodoxe Kirche als Ausgangspunkt auch beim so genannten ökologischen Problem sieht, sich nämlich auf die Gebote Gottes zu stützen und auf das ständige und ungetrübte Gedenken seiner Gebote. […]

Eine ökologische Ethik kann aus orthodoxer Sicht nur auf dem Geist des Menschen basieren, jenem Geist, der die Möglichkeit des menschlichen Herzens, Gott zu erkennen, bedeutet. […] An erster Stelle muss dieser Geist gesunden und die rechten Gedanken müssen wiederhergestellt werden.Wenn die Leidenschaften nicht bekämpft werden und die Gedanken nicht gereinigt werden, wenn die Eingriffe und ungerechten Handlungen gegenüber der Natur und dem Bild Gottes, unseren Mitmenschen, und der Schöpfung insgesamt nicht beseitigt werden, kann es keine rechten und freundschaftlichen Beziehungen mit der Umwelt geben.“

4. Schöpfung und Ökologie

?Für Christinnen und Christen geht es um die „Schöpfung Gottes“ und nicht bloß um Umweltschutz. Ist es für sie jedenfalls verpflichtend, sich für das „Haus Gottes“ entschieden einzusetzen?

Können Allianzen mit den Menschen guten Willens geschlossen werden?

e nzyklika

Seit dem 18. Jahrhundert werden damit päpstliche Lehrschreiben bezeichnet. Sie richten sich an einige oder alle Bischöfe, an alle Gläubigen und manchmal auch an alle „Menschen guten Willens“. Gegenstand des Schreibens sind meist Fragen des Glaubens, soziale oder moralische Themen. Sie besitzen „ein großes Maß an Verbindlichkeit; wenngleich sie keine unfehlbaren Lehrentscheidungen des Papstes darstellen.“ Kirche+Leben

o 132,1

Umweltethik – Enzyklika Laudato Si (LS)

Das Schreiben (Enzyklika) von Papst Franziskus (2015) richtet den Blick auf die Umwelt, auf das „gemeinsame Haus“.

„Es gibt Formen der Umweltverschmutzung, durch die die Menschen täglich geschädigt werden.“ (LS 20)

„Auffallend ist die Schwäche der internationalen politischen Reaktion. Die Unterwerfung der Politik unter die Technologie und das Finanzwesen zeigt sich in der Erfolglosigkeit der Weltgipfel über Umweltfragen. Es gibt allzu viele Sonderinteressen, und leicht gelingt es dem wirtschaftlichen Interesse, die Oberhand über das Gemeinwohl zu gewinnen und die Information zu manipulieren, um die eigenen Pläne nicht beeinträchtigt zu sehen.“ (LS 54)

„Die christliche Spiritualität schlägt ein anderes Verständnis von Lebensqualität vor und ermutigt zu einem prophetischen und kontemplativen Lebensstil, der fähig ist, sich zutiefst zu freuen, ohne auf Konsum versessen zu sein. [...] Die ständige Anhäufung von Möglichkeiten zum Konsum lenkt das Herz ab und verhindert, jedes Ding und jeden Moment zu würdigen. Dagegen öffnet das gelassene Sich-Einfinden vor jeder Realität, und sei sie noch so klein, uns viel mehr Möglichkeiten des Verstehens und der persönlichen Verwirklichung. Die christliche Spiritualität regt zu einem Wachstum mit Mäßigkeit an und zu einer Fähigkeit, mit dem Wenigen froh zu sein. Es ist eine Rückkehr zu der Einfachheit, die uns erlaubt innezuhalten, um das Kleine zu würdigen, dankbar zu sein für die Möglichkeiten, die das Leben bietet, ohne uns an das zu hängen, was wir haben, noch uns über das zu grämen, was wir nicht haben.“ (LS 222)

„Ein Ausdruck dieser Haltung ist, vor und nach den Mahlzeiten innezuhalten, um Gott Dank zu sagen. Ich schlage den Gläubigen vor, diese wertvolle Gewohnheit wieder aufzunehmen und sie mit Innigkeit zu leben.“ (LS 227)

„Gott, der uns zur großzügigen und völligen Hingabe zusammenruft, schenkt uns die Kräfte und das Licht, die wir benötigen, um voranzugehen. Im Herzen dieser Welt ist der Herr des Lebens, der uns so sehr liebt, weiter gegenwärtig. Er verlässt uns nicht, er lässt uns nicht allein, denn er hat sich endgültig mit unserer Erde verbunden, und seine Liebe führt uns immer dazu, neue Wege zu finden. Er sei gelobt.“ (LS 245)

Papst Franziskus, Enzyklika „Laudato Si“

132 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 B. CHRISTENTUM v 132
VERNETZUNGEN
Patriarch Bartholomaios I.; metropolisvonaustria.at *
g 132 GLOSSAR
Leseprobe

133,1 Friedensethik

Im Jahr 2001 hat die „Evangelische Kirche in Deutschland“ (EKD) ihre Position zur Friedensethik vorgelegt.

„Als grundlegende, interdependente [voneinander abhängige] Komponenten für eine verlässliche Friedensstruktur gelten der Friedensethik:

■ Rechtsstaatlichkeit, die den Schutz der Freiheit gewährleistet, und die daraus folgende Rechtssicherheit,

■ ökonomischer Ausgleich, der zum Abbau krasser ökonomischer Ungleichheiten und damit zur Linderung von Not beiträgt,

■ internationale Organisationen und das Völkerrecht, die dem Schutz vor widerrechtlicher Gewalt dienen, und

■ eine Kultur des Umgangs mit Minderheiten und Menschen anderer ethnischer Herkunft, die der Intoleranz und nationalistischen Tendenzen entgegenwirkt.

Diese vier Komponenten beziehen sich sowohl auf die Verhältnisse innerhalb einer Gesellschaft als auch auf die Beziehungen zwischen Staaten und müssen insofern in globalem Maßstab gesehen werden.

Einer Friedenspolitik, die sich an einem solchen erweiterten Sicherheits- und Friedensbegriff orientiert, muss es – in der Trias [Dreiheit] von

■ Konfliktprävention,

■ Konfliktlösung und

■ Konfliktnachsorge

– sowohl um die politische Bearbeitung tief liegender Konflikte mit dem Ziel eines dauerhaften Friedens als auch um die Verhinderung krisenhaft gewaltträchtiger Zuspitzungen von konkreten Konfliktlagen gehen. Das gilt nicht nur im Blick auf die Beziehungen zwischen Staaten, sondern heute insbesondere auch im Blick auf Konflikte innerhalb von Staaten, deren Bedeutung weltweit stark zugenommen hat. […]

Die evangelische Friedensethik orientiert sich grundlegend am Tötungsverbot des Dekalogs und am Gebot der Feindesliebe, wie Jesus es in der Bergpredigt verkündigt hat.“ Evangelische Kirche in Deutschland; ekd.de*

Im 480. Jahr seit Bestehen der anglikanischen Kirche entschied man sich, eine Frau zur Bischöfin zu wählen. Libby Lane wurde 2019 Großbritanniens erste Bischöfin. Der Erzbishof von York, John Sentamu, leitete die Feier. Queen Elizabeth II. hatte dem zugestimmt.

Foto: altrincham.todaynews.co.uk*

B

133

ZUM BILD

Frau als Bischöfin

Libby Lane wurde als eine der ersten Frauen vor 20 Jahren anglikanische Priesterin. Danach wandten sich viele Anglikaner und auch anglikanische Priester der römisch-katholischen Kirche zu, da sie dieser durchaus biblisch begründbaren Gleichstellung von Mann und Frau nicht zustimmen wollten.

 Impuls – M11: Diskussion. An welche Grenzen Religionen stoßen, wenn sie versuchen sich an die jeweilige Zeit anpassen?

| ARBEITSAUFGABEN

o 132,1

1. M30: Textreduktion: Welche zentralen Passagen bleiben stehen?

2. Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem einer anderen Person aus der Lerngruppe.

o 133,1

Leseprobe

1. M31: Textübertragung in Umgangssprache. Übersetzen Sie die vier „Komponenten für eine verlässliche Friedensstruktur“ in die Umgangssprache.

2. Arbeiten Sie den Beitrag heraus, der von Seiten aller Menschen für ein friedlicheres Miteinander geleistet werden kann.

3. Problematiseren Sie in Kleingruppen das christliche Gebot der Feindesliebe mit den Aspekten Vergebung und Versöhnung. Wie ließe sich das Gebot in eine säkulare Ethik übersetzen?

g 132

1. M30: Textreduktion: Welche zentralen Passagen bleiben stehen?

2. Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem einer anderen Person aus der Lerngruppe.

v 132

Skizzieren Sie den Begriff „Enzyklika“.

133 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 o
?

Bioethik

„Die evangelische Kirche will dazu beitragen, in positiver und kritischer Begleitung des wissenschaftlichen Fortschritts die Würde der einzelnen Menschen zu sichern. Sie hat dabei gerade auch die Schwachen im Blick und die, die sich selbst nicht äußern können. Das christliche Menschenbild und Weltverständnis bildet die Grundlage, auf der die evangelische Kirche viele Beiträge zur Bioethik geleistet hat, so zum Beginn und zum Ende des Lebens, zur Organtransplantation, zur Stammzellforschung, zur Gentechnik und zum Umweltschutz. Die Vielfalt organisatorisch selbstständiger evangelischer Kirchen macht es allerdings nicht leicht, eine spezifisch evangelische Sicht zur Bioethik zu finden. Zu den evangelischen Kirchen zählen die auf Martin Luther zurückgehenden Kirchen ebenso wie die auf Johannes Calvin gründenden reformierten Kirchen und die aus der Zusammenführung beider Bekenntnisse hervorgegangenen unierten Kirchen. Darüber hinaus sind evangelische Kirchen auch die Gemeinschaften der Waldenser und die Böhmischen Brüder, die Quäker, Baptisten und Kongregationalisten, die Methodisten und viele andere. [...]

Die evangelischen Kirchen kennen kein verbindliches Lehramt. Evangelische Lehre entwickelt sich im Pluralismus der Auffassungen oft nur als Frage, die die Entscheidung für die richtige Antwort in die Verantwortung des Einzelnen stellt. Hierin drückt sich ein positives Verhältnis zur geschichtlichen Vielfalt aus, das der Entwicklung von Pluralismus günstig ist.Vor dem Hintergrund dieser Vielfalt äußert sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) auf unterschiedlichen Ebenen und durch verschiedene Organe zur Bioethik. […]

Die bioethische Diskussion darf sich nicht auf Fragen verengen, die vornehmlich nur reiche Länder betreffen [...]. So wichtig diese Fragen sind, sieht die evangelische Kirche auch den hohen Stellenwert, den die Bekämpfung von Krankheit in weniger entwickelten Ländern besitzt.“

5. Moralische Orientierungen ?

Wie alle Menschen verhalten sich Christinnen und Christen zur Welt. Sie zeugen Kinder, wirtschaften u. a. Auf der Basis ihres Glaubens und in der Verschiedenheit der christlichen Kirchen treten sie in Dialog mit der Welt und suchen nach Bündnissen mit anderen Menschen.

o 134,1 Wirtschaftsethik

In seinem Schreiben Evangelii Gaudium [lat. = Freude des Evangeliums) überrascht Papst Franziskus mit der Aussage: „Diese Wirtschaft tötet“. Man dürfe diese Aussage allerdings nicht verkürzen, meint der Sozialethiker Klaus Gabriel: „,Man muss auch die Absätze vorher und nachher lesen, dann wird klar, dass der Papst eine Wirtschaft ablehnt, die auf Ausgrenzung und Marginalisierung [Verdrängung ins Abseits] großer Teile der Bevölkerung beruht.‘ Dadurch wird die Würde des Menschen verletzt und aus Sicht der katholischen Soziallehre darf genau das nicht passieren. ,Denn der Mensch ist nicht nur Arbeitskraft, nicht nur Konsument, sondern er besitzt als Ebenbild Gottes eine unantastbare Würde.‘ [...]

VERNETZUNGEN

g ewissen

Leseprobe

Robbers: Bioethik

„Ist das Gewissen eine selbstbestimmte,individuelle Entscheidung?

‚1/5 Menschenfurcht,1/5Aberglaube,1/5Vorurteil,1/5 Eitelkeit,1/5 Gewohnheit‘,so hat der PhilosophArthur Schopenhauer das Gewissen beschrieben.DerVater der Psychoanalyse Sigmund Freud nennt esdas‚Über-Ich‘.UnddiesesÜber-Ichkannsogarkrankmachen: wenn ein Melancholiker ständig grübelt über das,was er tut und ob er es richtig tut.Und sich selbst erniedrigt,weil er meint,den Normen der Eltern oder der Gesellschaft nicht zu genügen.“

Wawatschek: Gewissen; br.de*

Der Markt wird heute positiv gesehen, aber er brauche eine Rückbindung an den Menschen und klare Regeln, welche die Gesellschaft zu formulieren hat. Es wird auch das Leistungsprinzip bejaht, aber nicht grenzenlos. Klaus Gabriel: ,Es geht um das rechte Mass und das ist eine Frage der Gerechtigkeit.‘ Lassen sich daraus auch Leitlinien für Ethik in der Wirtschaft ableiten? Neben den klassischen Prinzipien der katholischen Soziallehre – dem Personalitätsprinzip, dem Solidaritätsprinzip, dem Subsidiaritätsprinzip [lat. subsidium = Hilfe, Unterstützung] und dem Gemeinwohlprinzip – wird von manchen katholischen Ethikern auch die Nachhaltigkeit als Prinzip eingefordert. Für Klaus Gabriel ist das aus dem Solidaritätsprinzip begründbar: ,Es geht um Solidarität mit den Menschen auf der ganzen Welt und um Solidarität zwischen den Generationen.‘ […]

In der Bergpredigt sagt [Jesus]: ‚Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon (= dem Geldsystem)‘. Auch in der Zeit Jesu waren die Besitzverhältnisse ungerecht, eines der Hauptprobleme war die Verschuldung. Die biblischen Texte machen klar, dass Gerechtigkeit eine Umverteilung von Privilegien erfordert, denn es gäbe ‚genug für alle‘. […]

Wie schwierig es ist, biblische Gebote in der Realität umzusetzen, zeigt das Zinsverbot. Aus Sicht der Bibel ist der Zins abzulehnen. Daher delegierte die Kirche in der Zeit des Frühkapitalismus das Zins- und Bankwesen an die Juden.“ Bauernfeind, Wirtschaftsethik

134 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 B. CHRISTENTUM
g 134 GLOSSAR
v
134

o

135,1 Gebote der katholischen Kirche

„Jeder, der sich zum katholischen Glauben bekehrt und bekennt, steht eigentlich vor dieser Frage: Was sollte ich als Katholik tun, um meinen Glauben zu leben? Was sind die Grundregeln, an die man sich als Gläubiger halten sollte? Klar: Die Bergpredigt Jesu und die Zehn Gebote der Bibel sind wichtige Anhaltspunkte. Ein ebenfalls wesentlicher, aber oft vergessener Teil der Antwort sind die fünf Gebote der Kirche:

1. Du sollst an Sonn- und Feiertagen der heiligen Messe andächtig beiwohnen.

2. Du sollst deine Sünden jährlich wenigstens einmal beichten.

3. Du sollst wenigstens zur österlichen Zeit sowie in Todesgefahr die heilige Kommunion empfangen.

4. Du sollst die gebotenen Feiertage halten.

5. Du sollst die gebotenen Fasttage halten.

Katechismus Katholische Kirche 242–243; www.vatican.va

Sind die Kirchengebote den Zehn Geboten gleichgestellt?

„Nein, sie sind nicht gleichgestellt. Die Zehn Gebote sind göttliche Offenbarung und biblisch begründet. Die Kirchengebote hingegen sind Äußerungen der Kirche und haben sich aus der Tradition und Glaubenspraxis entwickelt. […] Die Kirchengebote versuchen, das Leben im Glauben etwas mehr zu konkretisieren.“ katholisch.de

Wie sieht es mit Sex bei den „Reformierten“ aus?

Huldrych Zwingli (1484–1531), ein Schweizer Theologe, war der erste Reformator in Zürich. Auf ihn geht die Reformierte Kirche zurück.

Ein mit traditionellen Speisen gefüllter Korb für die Osterjause. Sollen christlich Glaubende jedenfalls auf Fleisch verzichten?

Foto: steirische-spezialitaeten.at*

B 135

ZUM BILD

| ARBEITSAUFGABEN

o 134,1

1 Erläutern Sie den Satz „Diese Wirtschaft tötet“.

2. Ermitteln Sie die Prinzipien, auf denen eine katholische Wirtschaftsethik beruht.

3. Beschreiben Sie die Rolle des Marktes im Sinne der katholischen Soziallehre.

o 135,1

Ermitteln Sie, was unter „Kirchengeboten“ zu verstehen ist.

o 135,2

„Zwingli war nicht prüde. Sex war ihm kein Tabu, schon gar nicht Sünde; Sexualität zählt er zu den Grundbedürfnissen wie Essen und Trinken. Die Befriedigung der alltäglichen Bedürfnisse ist ihm so wichtig, dass göttliche Gebote gebrochen werden können. Dies war die ,christliche Freiheit‘, die er sich vorstellte. […] Die Tendenz Zwinglis in Sachen Sexualität kurz zusammengefasst: Alles, was die Menschen machen, in Beziehung zu Gott setzen, in die Güte Gottes einfügen – damit etwas Gutes daraus entstehen kann.“

Leseprobe

Beschreiben Sie den Standpunkt Zwinglis zum Thema „Sexualität“.

g 134

1. Benennen Sie die konkreten ethischen Problemfelder, die im Text angesprochen werden.

2. Erläutern Sie das Zustandekommen von ethischen Positionen in der evangelischen Kirche.

Waldburger: Sexualität – bei Zwingli

verzichten christlich g laubende auf Fleisch?

3. Formulieren Sie vor diesem Hintergrund den Unterschied zwischen einer säkularen und einer ethischen Moral.

v 134

1. Formulieren Sie Ihre ganz persönliche Sicht zum Begriff „Gewissen“.

2. Erläutern Sie die Antwort, die der Text auf die Frage „Ist das Gewissen eine selbstbestimmte, individuelle Entscheidung?“ gibt.

Acker: Tiere essen?

„Doch aus der Bibel heraus sei der Verzicht auf Fleisch nicht zu begründen, meint der Methodist Sebastian Moll. […] Mk 7,15: ,Es gibt nichts, was von außen in den Menschen hinein geht, das ihn unrein machen könnte.‘ […] Ich würde sagen, auch heute gehört diese Freiheit zu den wichtigen Merkmalen des Christentums.“

 Impuls – M06: Äußern der Meinung. Halten Sie diese Begründung für ausreichend, um den Verzehr von Fleisch im Christentum zu rechtfertigen?

135 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
o
135,2
?

ISLAM: HISTORISCHES

Geburt Muhammads, des Propheten des Islam

Beginn des öffentlichen Wirkens mit Predigten

Auswanderung/Hidschra Muhammads aus Mekka nach Medina

Rückkehr nach Mekka und Tod Muhammads

Zeit der vier „rechtgeleiteten“ Kalifen (Abu Bakr, Umar, Uthman, Ali)

Kalifat der Umaijaden in Damaskus

Tod des schiitischen Imam Husain, des Sohnes Alis, in der Schlacht von Kerbela als Ausgangspunkt besonderer schiitischer Märtyrerfrömmigkeit

Schlacht bei Tours und Poitiers; Stopp der weiteren Ausbreitung des Islam in Westeuropa

Kalifat der Abbasiden in Bagdad

Entstehung der rationalistischen Theologie der Mu taziliten

Erste Zeugnisse des Islam in China bzw. lndonesien

Verschwinden des 12. Imam der Schiiten (12-Schia)

Hinrichtung des Mystikers Husain ibn Mansur al-Halladsch in Bagdad

Umaiyadisches Kalifat von Cordoba

Fatimidenherrschaft in Ägypten

Erster Kreuzzug mit Eroberung von Jerusalem

Al-Ghazali, Religionsphilosoph und Theologe, dessen Denken weite Strömungen des Islam bis in die Gegenwart prägt

Dschalal ad-Din Rumi, persischer Sufi-Dichter und Begründer des mystischen MevlanaOrdens

Ende der islamischen Herrschaft in Spanien (Granada); Vertreibung von Juden und Muslimen von der spanischen Halbinsel nach Nordafrika

Dynastie der schiitischen Safawiden im Iran; seither Zentrum der Schia.

Mirza Ghulam Ahmad, Begründer der (missionarischen) Ahmadiya-Richtung, die von der Mehrheit der Muslime als nicht rechtgläubig bewertet wird

Hasan al-Banna, Begründer und Vordenker der (islamistischen) Muslimbruderschaft

Historische Anerkennung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich

Kemal Atatürk schafft das Kalifat ab Gründung des muslimisch geprägten Staates

Pakistan

Errichtung der Islamischen Republik Iran

Kairoer Erklärung der Menschenrechte der Organisation für Islam. Kooperation (OIC) auf der Basis der Scharia

Friedensabkommen von Oslo zwischen Israelis und Palästinenser Islamistisch-fundamentalistisches Regime der Taliban in Afghanistan

„9/11“ – islamistisch motivierte Anschläge in den USA (z. B. World Trade Center)

Ausrufung des Islamischen Staates (IS) ohne jede völkerrechtliche Anerkennung Anerkennung der Alevitischen Glaubensgemeinschaft (ALEVI) in Österreich

Kairoer Großimam Ahmad Mohammad AlTayyeb und Papst Franziskus unterzeichnen in Abu Dhabi das „Dokument über die Geschwisterlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt“.

Vgl. Hutter: Weltreligionen, 95

Islam im Überblick

je nach richtung gibt es heute aber teilweise andere Sichtweisen oder regelungen.

Mohammed in der Höhle von Hira, wo ihm auf einer Stoffrolle Teile des Korans offenbart werden (osmanische Darstellung des Siyer-i Nebi, 16. Jh.)

Foto: en.wikipedia.org*

religionsstifter

Gibt es nicht. Muhammad hat im Koran als letzter Prophet den Menschen die Offenbarungen Allahs übermittelt und erläutert. Den Islam hat Gott selbst gestiftet.

gott

Allah (arabisch „Gott“) ist einzig, allmächtig und ewig. Er ist so groß, dass der menschliche Geist sich ihn nicht vorstellen kann. Deshalb sind auch bildliche Darstellungen Gottes verboten.

heilige Schriften

Der Koran, Gottes Offenbarungen an Muhammad. Er ist unterteilt in 114 Kapitel, Suren genannt. Für Muslime verbindlich ist die Sunna, der vorbildliche Weg des Propheten, schriftlich niedergelegt in den Hadith-Sammlungen/Prophetentraditionen. Für die Aleviten ist die Sunna nicht verbindlich.

geistliches oberhaupt

Je nach Richtung unterschiedlich geregelt. Die Gelehrten, die sich dem Studium des Koran widmen, werden über Jahre zu geistlichen Autoritäten.

religiöse organisation

Gibt es nicht.

Lehre

Islam bedeutet wörtlich Hingabe, Unterwerfung. In den sechs Glaubensartikeln gibt es eine Verbindung zu Judentum und Christentum: der Glaube an den Einen und Einzigen Gott, an seine Engel, an die offenbarten Bücher (Tora, Evangelium und Koran), an die Propheten, an den Jüngsten Tag und an die Bestimmung des Guten und Bösen.

aufnahmeriten

Keine. Wer bekennt, dass er an Allah glaubt und die Lehren Muhammads befolgt, ist Muslim. Allerdings ist es nicht möglich, aus dem Islam auszutreten. In der Tradition kann auf Abfall vom Islam die Todesstrafe stehen.

Die Beschneidung männlicher Kinder ist allgemein üblich, aber keine religiöse Vorschrift.

Muslime in europa Prozent* Frankreich5.800.0008,59 Belgien905.0007,80 Österreich634,0007,12 Schweden730.0007,02

Niederlande1.141.0006,52 Schweiz552.0006,42

Großbritannien4.230.0006,31 Deutschland4.880.0005,86 Dänemark272.0004,69 weltweit ~1,6 Mrd. ~23

* Anteil an Gesamtbevölkerung

gebote

Die fünf Pflichten (Säulen) des Islam

1. Das Glaubensbekenntnis (Schahada).

2. Das fünfmalige tägliche Gebet (Salat).

3. Die sozial-religiöse Pflichtabgabe (Zakat).

4. Das Fasten im Monat Ramadan (Saum).

5. Die Pilgerfahrt nach Mekka (Hadsch). Für Aleviten keine Pflichten.

Totenriten

Ein Verstorbener muss umgehend bestattet werden. Der Leichnam wird in weiße Tücher gehüllt zum Friedhof getragen und mit dem Gesicht Richtung Mekka begraben. Särge sind nicht gebräuchlich. Aufwendiger Grabschmuck ist verpönt.

Leben nach dem Tod

Wer sich Allahs Wegweisung, wie sie in der Scharia, dem göttlichen Gesetz, festgeschrieben ist, unterwirft, kommt nach dem Tod ins Paradies und wird mit ewigen Freuden belohnt. Das Paradies ist ein ewiger Zustand des Friedens und der Freuden, die zum Teil sehr irdisch gedacht werden: murmelnde Bäche, Früchte, großäugige Jungfrauen. Wer wegen Unglaubens oder irdischer Verfehlungen bestraft wird, kommt in die Hölle.

136 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
C. ISLAM 1. Übersicht
NORDAMERIKA
um 570 um 610 622 632 632–661 661–750 680 732 750–1258 8. Jh. 8./9. Jh. 873/74 922 929–1031 973–1171 1096–1099 1058–1111 1207–1273 1492 1501–1732 1835–1908 1906–1949 1912 1924 1947 1979 1990 1996 1996–2001 2001 2002 2015 2019
Gott (Allah) geschrieben auf einer Kachel. Foto: Fotolia.com Kalligraphie mit der Schahada – dem islamischen Glaubensbekenntnis.
Leseprobe

Anteil der Muslime (in Prozent)

über 75 über 50 über 15 über 6 AFRIKA

Die 10 Länder weltweit mit der größten muslimischen Bevölkerung (2010, in Mio.)

Anteil der Muslime an der Weltbevölkerung (in Prozent)

kleidungsvorschriften

Kleidung soll nicht körperbetont sein. Männer sollen von der Hüfte bis zum Knie bekleidet sein. Für Frauen schreibt der Koran das Bedecken des Kopfes und das Verhüllen des Ausschnitts vor, allerdings gibt es dazu unterschiedliche Auslegungen (z. B. keine Kopftuchpflicht bei den Aleviten). Vielerorts gilt heute, dass bei Frauen nur Gesicht und Hände sichtbar sein dürfen. Die Burka (in Afghanistan) oder der Tschador (im Iran) sind regionale Besonderheiten.

essensvorschriften

Der Islam hat ein umfassendes Verständnis von „erlaubt, rein“ („halal“) und „unrein“ („haram“), das nicht nur Lebensmittel und Dinge betrifft, sondern auch Haltungen und Handlungen.

pewresearch.org

Verboten ist Schweinefleisch. Tiere, deren Fleisch erlaubt ist, müssen so geschlachtet werden, dass sie vollständig ausbluten. Alkohol ist untersagt.

rolle der Frau

Vor Allah sind Männer und Frauen gleich. In vielen islamischen Ländern hat die Frau dem Mann zu gehorchen. Die menschenrechtswidrige Genitalverstümmelung von Mädchen ist keine Vorschrift des Islam. Das Zeugnis einer Frau ist laut Koran vor Gericht nur die Hälfte der Aussage eines Mannes wert. Frauen erben nur halb so viel wie ein Mann. Gegenwärtig gibt es viele Transformationsprozesse bezüglich Frau, Familie und Geschlechterrollen (z. B. völlige Gleichberechtigung bei den Aleviten). Dabei werden die herkömmlichen Rechtstraditionen verschiedentlich modifiziert.

Mütze, Gebetskette und Koran.

Der Halbmond mit Stern ist das weltliche Sinnbild des Islam im Vorderen Orient.

Sexualität und ehe

Sex in der Ehe ist ein gottgefälliges Werk. Außerhalb der Ehe ist Sex absolut verboten. Der Islam erlaubt vier Frauen, jedoch nur unter bestimmten Bedingungen und Auflagen. Frauen dürfen nur einen Mann haben. Scheidung ist für Männer einfach, für Frauen möglich, aber mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden.

heiligtümer

• Mekka: Geburtsstadt Muhammads mit der Kaaba, der ältesten islamischen Gebetsstätte.

• Medina: Begräbnisort Muhammads.

• Jerusalem: arabisch „Al Quds“, die Heilige –Ort der Himmelsreise Muhammads.

Feiertage (Mondkalender)

• Freitag: wöchentlicher Feiertag mit gemeinsamem Gebet in der Moschee.

• Fastenbrechen: am Ende des Fastenmonats Ramadan (Sunniten, Schiiten); Aleviten: Fasten-und Trauerzeit Muharram.

• Opferfest: im Monat Dhu’l-hidscha, in den Tagen der Wallfahrt nach Mekka.

• Muhammadfeste (Geburtstag, Himmelsreise u. a.) sind nicht verpflichtende Feste und werden z. B. in Saudi Arabien nicht gefeiert.

137 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
SÜDAMERIKA NORDAMERIKA EUROPA
Kul Sharif Moschee in Kasan, Tatarstan/Russland. Foto: istock.com Foto: Fotolia.com
210 176 167 134 77 77 73 71 34 32
Marokko algerien Türkei Iran Ägypten Nigeria Bangladesch Pakistan Indien Indonesien
Karten-Grafik: stern infografik Foto: istock.com Leseprobe

h eilige Schrift

„Das sind die Zeichen der deutlichen Schrift.Wir haben sie als einen arabischen Koran hinabgesandt.Vielleicht würdet ihr verständig sein. Wir geben dir dadurch, dass wir dir diesen Koran eingegeben haben, den besten Bericht. Du hattest vordem keine Ahnung davon.“

Josefsure 12:1–3

Die heilige Schrift des Islam, die aus 114 Suren (=Kapiteln) besteht, ist der Koran (arab. Al-Qurãn = Rezitation). Der Koran stellt die Offenbarung Allãhs (arab., = Gott*) an den Propheten Muhammad dar, der diese vom Engel Gabriel erhalten hat, und ist Gottes Wort an die Menschen.

Der Koran ist in kunstvoller Sprache geschrieben, die als Sprache Gottes betrachtet und auch als Beweis der Beglaubigung des Propheten gedeutet wird, da er unnachahmlich ist. „Die Gliederung des Textes durch Reimwörter macht nicht nur den Vortrag effektvoller, sondern erleichtert auch das Auswendiglernen.“

So ist es auch nicht verwunderlich, dass manche Muslime den ganzen Koran auswendig können, da der Text ja auch seinem Namen nach laut rezitiert wird. Gültig geschieht dies ihrer Meinung nach aber nur in der arabischen Sprache. Mittlerweile werden Übersetzungen immer wichtiger. Im Alevitentum werden die Koranverse in der jeweiligen Landessprache rezitiert oder gesungen, da man die Gebete und Segnungen auch verstehen will. Eine „Heiligkeit“ der arabischen Sprache ist nicht gegeben.

Die Suren tragen jeweils einen Namen (z. B. Sure 1 al-fãtiha, „die Eröffnende“) und sind grob der Länge nach angeordnet, wobei Sure 2 die längste darstellt. Jede Sure steht im Normalfall für sich; es gibt keine zusammenhängenden Abschnitte oder eine Chronologie. Entscheidend ist der Zeitpunkt und der Ort des „Herabstiegs“ sowie der Anlass der Sure, eines Abschnitts oder eines Verses. Aufgrund dessen kann man etwa die Einteilung der Suren in die, die vor der Hidschra (mekkanische Suren) und die, die nach der Hidschra (medinensische Suren) geoffenbart wurden, treffen. Die ersteren sind geprägt von Verweisen auf das Jüngste Gericht, die zweiteren beinhalten aufgrund der in Medina entstehenden Gemeinde viele rechtliche und kultische Vorschriften.

2. Glaubensgrundlagen

? Was sind die Grundlagen des muslimischen Glaubens? Auf welchen Schriften gründet der Islam? Was beinhalten sie? Welche Bedeutung kommt ihnen als Grundlage des Glaubens zu?

o 138,1 Scharia

Der Jurist und Islamrechtler Cefli Ademi (*1981) formuliert das Ziel und Wesen der Scharia folgendermaßen: „Die Reinheit des Körpers und des Herzens zur vollkommenen Verbundenheit mit Gott, die Vollendung des Menschen, ist das eigentliche Ziel der Scharia. […] Ähnlich wie Wasser zum tiefsten Punkt durchdringt, so bahnt die Scharia den Weg zum Wesentlichen, zu Gott. Dem Menschen obliegt es, aufrichtig zu reflektieren über die Essenz der Dinge und gerade über den Kern seiner selbst, der spiritueller Natur ist bzw. auf Gott zugerichtet (fitra).“ Ademi: Scharia, 139.147

Leseprobe

[* das Wort wird auch von arabischen Christen (z. B. Syrien) verwendet] Vgl. Halm: Islam, 13–16.

VERNETZUNGEN

Islamische g laubensgemeinschaft Österreichs

Die Islamische Glaubensgemeinschaft Österreichs (IGGÖ) ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Sie vertritt die religiösen Belange vieler Muslime in Österreich gegenüber dem Staat. Sie „sieht es als ihre Aufgabe, die muslimische religiöse Praxis bundesweit zu ermöglichen“. Weiters versucht sie, „bestehende Vorurteile, Klischeevorstellungen und alte Ressentiments durch gezielte Information abzubauen und die Förderung verstärkter Teilhabe von Muslim:innen am gesellschaftlichen Leben zu unterstützen“. IGGÖ; www.derislam.at

I 138,1 Scharia

Das Wort Scharia bedeutet „Tränke“, der „Weg zur Tränke bzw. Quelle“, und zeigt auf, dass es sich beim islamischen Gesetz um die „Willensäußerung Gottes“ handelt.

Diese ist einerseits im Koran zu finden, der ja eine Reihe von Rechtsvorschriften, von Ge- und Verboten beinhaltet, andererseits zählen auch das Handeln und Reden des Propheten Muhammad dazu. Daher stellt die Sunna, also die Gewohnheit des Propheten, den zweiten Teil der Scharia dar, die für jeden idealen Muslim gilt. Kleinere Geschichten vom Propheten und seinen Gefährten wurden erzählt und aufgezeichnet (hadíth).

Als echte Hadíth gelten aber nur die, „die eine lückenlose Nennung der Gewährsleute bis hinauf zu einem Propheten genossen, der den betreffenden Ausspruch oder das Ereignis als Ohren- oder Augenzeuge miterlebt hat.“ So entstanden im 9. Jahrhundert 6 solcher Sammlungen. Die Schiiten anerkennen aber nur das als „echte“ Überlieferung an, was Gefährten Muhammads vorbringen, die auch das Kalifat Alis anerkannt haben. Da das nicht so viele sind, haben die Schiiten eine eigene Sunna (4 Bücher), die auch Reden und Handeln der zwölf Imame beinhaltet.

Koran und Sunna geben allerdings nicht auf alles eine Antwort, und so entstand die islamische Jurisprudenz (fiqh), die mittels Konsens und Analogieschluss ihre Entscheidungen trifft und zur Herausbildung von Rechtsschulen (schafiitische, hanafitische, malikitische und hanbalitische Rechtsschulen – sunnitisch – und eine schiitische Rechtsschule) führte.

Bei Fragen wendet man sich dann an einen gut ausgebildeten Religionsgelehrten (Schiiten: an einen Höchsten der geistlichen Hierarchie), der ein Gutachten (fatwã) erstellt, an das man sich aber nicht halten muss.

Vgl. Halm: Islam, 40f, 44–47, 76f.

138 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 C. ISLAM
g 138 GLOSSAR v 138

I 139,1 Sufismus – der Tanz der Derwische

Die Bezeichnung für diese mystische Strömung des Islam stammt vom Begriff „tasawwuf“, der von „suf“ (Wolle) abgeleitet wird und auf das Wollgewand der ersten islamischen Asketen verweist. Kennzeichen der unterschiedlichen sufistischen Strömungen ist die Betonung des religiösen Erlebens, der inneren Dimension der Gesetze gegenüber der nur äußeren Gesetzesfrömmigkeit. Die einzelnen sufistischen Gemeinschaften führen sich über Ali bis zum Propheten Muhammad zurück. Einige Sufi-Traditionen sind sunnitisch, jedoch versteht sich der Großteil als alevitisch, da sie sich auf Ali als Primus zurückführen. Der „Tanz“ Semah ist ein Gebetsritual mit tänzerischen Elementen, wird aber nie um des Vergnügens willen getan. Das Bestreben des Derwisch im Sufismus ist: der vollkommene Mensch zu werden.

Am Anfang stand jedenfalls der Rückzug vom weltlichen und das Eintauchen in ein asketisches Leben.

Der Sufi möchte damit Stufe für Stufe näher zu Allah gelangen, allerdings mit dem Wissen, dass dieser alleine die Reifungsgeschwindigkeit bestimmt. Am Beginn steht dabei immer die Umkehr, und es folgt die ständige Prüfung der Seele, um seine Triebseele, seine Schwächen und seine negativen Eigenschaften zu bekämpfen, wobei

„die höchste Stufe, die ein Mensch erreichen kann, ist, dass seine Seele so rein wird, wie es der Leib des Propheten war.“

Verschiedene Strömungen des Sufismus beginnen sich dann im späteren 9. Jahrhundert zu organisieren und bilden Gemeinschaften. Im frühen 10. Jahrhundert steht dann fest, dass den Weg zu Gott keiner alleine gehen kann, sondern dass es der Anleitung durch einen spirituellen Meister bedarf. Dieser soll den Schüler auf den Weg zu Gott führen, damit er schließlich am Ende des Pfades ganz eins mit Gott wird. Armut, Gottvertrauen, Liebe, Erkenntnis sind einige der Stufen, die es auf dem mystischen Pfad zu erreichen gilt.

Die Sufis beten auf besondere Weise. Hervorzuheben ist hier das Rezitieren des für einen selbst passenden göttlichen Namens. Die laute Rezitation erfolgt nach bestimmten Regeln in Gemeinschaft, wobei die Derwische oftmals in Ekstase fallen. Vgl. Haußig: Islam, 27–31

B 139 ZUM BILD

Mekka

Mekka ist die heilige Stadt der Muslime. Alle Gebete sind nach Mekka ausgerichtet, da dort die kaaba, das Haus Gottes, steht. Der Prophet Muhammad wurde dort geboren, und somit ist auch in dieser Stadt der Islam entstanden. Es sollen dort auch Adam und Eva gelebt haben, und das erste Haus Gottes wurde von Abraham errichtet. Vgl. Enzyklopädie des Islam

 Impuls: Wie hat sich Mekka im Laufe der Zeit verändert?

Gestalten Sie eine Bildgalerie.

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ARBEITSAUFGABEN

o 138,1 + I 138,1

1 Stellen Sie dar, was mit „Scharia“ gemeint ist.

2. Skizzieren Sie Ihr Verhältnis zum Koran.

3. M24: Internetrecherche. Wie wird in Internetmedien über die Scharia berichtet? Welche positiven bzw. negativen Überschriften werden dort gezeichnet?

I 139,1

1. Arbeiten Sie die Grundzüge des Sufismus heraus.

2. Untersuchen Sie in der Lerngruppe, in welchem Zusammenhang jemand etwas über den Sufismus gehört, gesehen ... hat.

3. Vergleichen Sie diese „Bilder“ und Erinnerungen mit den dargebotenen Informationen. Welche Fragen tun sich auf? Was bestätigt sich (nicht)?

g 138

1. Charakterisieren Sie die heilige Schrift des Islam.

2. Gestalten Sie eine Art Steckbrief zum Koran.

3. Vielleicht gibt es in der Schulbibliothek eine Übersetzung des Koran. Vergleichen Sie die dargestellten Informationen mit dem, was Ihnen beim Durchblättern des Koran auffällt.

v 138

Geben Sie die Aufgaben und Ziele der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) in eigenen Worten wieder.

139 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
?
Foto: upload.wikimedia.org* Leseprobe
Totalansicht auf das Zentrum von Mekka (al-Harãm-Moschee).

Sunniten

Die Hauptströmung des Islam, der an die 90% der Muslime angehören, sind die Sunniten. Die Sunniten befolgen alle Bräuche und Traditionen des Propheten Muhammad und seiner Gefährten. Diese sind in der Sunna zusammengefasst und namensgebend für diese Strömung des Islam.

Vgl. Clark: Islam, 31 Schiiten

Es gibt mehr als 100 Mio. Schiiten. Die meisten davon leben im Iran und im Irak. Die Schiiten sind die Anhänger Alis, des Cousins und Schwiegervaters Muhammads. Nach dem Tode des Propheten kam es zu Nachfolgestreitigkeiten. Ali wurde zunächst übergangen, dann jedoch zum vierten Kalifen gewählt. Nach seiner Ermordung wurde sein Grab das erste Heiligtum dieser kleinen politisch-religiösen Gruppe. Nach dem Tod seines jüngeren Sohnes Hussein wurde die Schia zu einer bedeutenden religiösen Bewegung. Die Schiiten sind davon überzeugt, dass Ali eine besondere spirituelle Einweihung seitens des Propheten erhalten habe, welche nach dessen Tode auf die Imame, politische und religiöse Führer, übergegangen sei. Die bedeutendsten Strömungen sind, je nachdem wie viele Imame anerkannt werden, die Fünfer, Siebener oder Zwölfer Schia.

a lawiten

3. Gelebter Glaube ?

Feste und Traditionen haben in den verschiedenen Strömungen des Islam ihren festen Platz. Was wird gefeiert? Nach welchen Kriterien handelt man?

Wie kommt man zu einer vertretbaren Entscheidung?

I 140,1

Islamische Feiertage

Das Opferfest

Das Opferfest stellt das höchste islamische Fest dar, das vier Tage gefeiert wird. An ihm wird an die Opferung Abrahams gedacht, der auf Gottes Wort hin seinen Sohn Ismael opfern sollte. Das Fest ist einerseits ein Tag der Gottergebenheit, andererseits auch ein Tag der Solidarität. „Indem der Muslim opfert, zeigt er seine Ergebenheit gegenüber Allah.“ Das Fleisch des geopferten Tieres wird dann auch mit Bedürftigen geteilt.

Ramadan

Vgl. Clark: Islam, 213–239

Sie stellen eine muslimische Gruppierung dar und stehen den Schiiten nahe. In Syrien leben ca. 2 Mio. Alawiten. In der Türkei, im Golan, im Libanon, weitere 2,6 Mio. dieses Glaubens. Wie im Schiitentum oder dem Alevitentum gilt Ali (der Cousin und Schwiegervater des Propheten) als rechtmäßiger Kalif und Nachfolger von Mohammed.

a leviten

Diese ethnisch-religiöse Gemeinschaft (zwischen 10 und 15 Mio Anhänger v. a. in der Türkei), ist vielfältig. Viele verstehen ihr Alevitentum als eine stark von türkischer Kultur geprägte, in ihrem Kern humanistische Form des Islam, oft unter Verweis auf seine sufischmystischen und spezifisch anatolischen Aspekte. In der religiösen Praxis wichtig sind der Cem-Gottesdienst, das Fasten und Trauern im muslimischen Monat Muharram, die Solidargemeinschaft mit der Wahlverwandtschaft. Ein Großteil der Aleviten sind Türken oder Völker des Balkan.

v 140 VERNETZUNGEN

h eilige Nächte

Vgl. Clark: Islam, 252

„Und wer im Ramadan aus reinem Glauben und die Belohnung von Allah erhoffend fastet, dem werden seine vergangenen Sünden vergeben“ (Buhârî).

Nach dem Fastenmonat wird am ersten Tag des Folgemonats das Ramadanfest gefeiert, das drei Tage lang dauert. Nach dem Gebet in der Moschee erfolgen gegenseitige Besuche, man bringt Geschenke, feiert gemeinsam und stärkt so das Gemeinschaftsgefühl untereinander. Die Verantwortung, die man füreinander hat, zeigt sich auch darin, dass die Pflichtabgabe (Zakat) meist in diesem Monat bis zum festlichen Gebet entrichtet wird.

Gesegnete Nächte

Leseprobe

Am bedeutsamsten ist die Kadr-Nacht, die Nacht am Ende des Ramadans, da in dieser Nacht die Herabsendung des Korans an den Propheten begonnen haben soll. „Wer aus reinem Glauben und den Lohn von Gott erwartend die Kadr-Nacht mit Gottesdiensten verbringt, dem werden seine vergangenen Sünden vergeben.“ (Buhârî)

Vgl. Clark: Islam, 252

Gedenktage

Diese sind ebenfalls nicht verbindlich. Einer davon ist der Geburtstag des Propheten Muhammad . Ihm zu Ehren kommt man in der Moschee zusammen bzw. feiert man auch außerhalb der Moschee.

In allen Weltreligionen finden sich heilige Nächte. So gedenkt man z. B. im Buddhismus in einer Frühlingsnacht der Geburt, des Erwachens und des Todes von Buddha. Im Judentum erinnert die Pessahnacht an die Errettung des Volkes aus der Knechtschaft in Ägypten. Und im Islam besinnt man sich in der heiligsten Nacht auf die Herabsendung der ersten Suren an Muhammad.

Besonders gedenkt man auch des Tages, an dem der Prophet und seine Gefährten Mekka verlassen mussten und nach Medina flüchteten ( Hidschra ).

Die Schiiten sehen den Aschûra-Tag (10. Tag des Monats Muharram) als Trauertag, da an diesem Tag der Enkel des Propheten (Husain) verstorben ist und zum Märtyrer wurde. Islamische Föderation in Wien (IFW); igmg.org*

Berninger: „Heilige Nächte“ www.kalender-

140 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 C. ISLAM
g 140 GLOSSAR
der-religionen.ch

I 141,1 Religiöse Volljährigkeit

Ab der Pubertät wird man im Islam prinzipiell als volljährig betrachtet, und es gilt, die Gebote zu halten und die fünf Säulen als handlungsleitend zu begreifen. Jedoch soll man bereits die Kinder ab dem siebten Lebensjahr zum rituellen Gebet anleiten und auch mit in die Moschee nehmen. Die malikitische Rechtsschule betrachtet das allerdings nur als Empfehlung und nicht als Verpflichtung:

„Die Anweisung im Hadîth ist gemäß der renommierten Meinung (der Malikiten) als Empfehlung zu verstehen. Wenn der Erziehungsberechtigte dem nicht nachkommt, trägt er keine Schuld, weil er nur eine Empfehlung unterlassen hat.“ Pflicht oder Empfehlung; islamweb.net*

o 141,1

Der Prophet als Vorbild

Der Islamwissenschaftler Ali Otgur Ozdil (*1969) beschreibt den Vorbildcharakter des Propheten Muhammad:

„Sowohl der Koran als auch die islamischen Überlieferungen heben den besonders vorbildlichen Charakter des Propheten hervor. ‚Wahrlich, du bist von edlem Charakter‘, heißt es in Sure 68:4 oder: ‚Ihr habt fürwahr im Gesandten Gottes ein vortreffliches Vorbild für den, der auf Gott hofft und auf den Jüngsten Tag und häufig Gottes gedenkt‘ (Sure 33:21) [...] Des Weiteren wird vom Prophet Muhammad überliefert: ‚Ich wurde gesandt, um Charakter und Benehmen der Menschen zu vervollkommnen.‘ […] Eine Entsprechung zur Gesinnungsethik, die ein Typ moralischer Theorien ist, in der Handlungen nach der Handlungsabsicht bewertet werden, und zwar ungeachtet der Handlungsfolgen, finden wir in den zentralen Aussagen des Propheten: ‚Die Absicht des Gläubigen ist wertvoller als seine Handlung.‘“

Für Aleviten kam dem Charakter des Propheten der heilige Ali am nächsten, wie der Gesandte Allahs sagte: „Ich bin die Stadt des Wissens und Ali dessen Tor, und wer wissen erlangen will soll durch das Tor kommen“. Deshalb eifern die Aleviten Ali nach. Vgl. Özdil: Ethik, 121

B 141 ZUM BILD

Das Freitagsgebet

Der Freitag ist für die meisten Muslime [für Aleviten der Donnerstag] der bedeutendste Tag jeder Woche. An ihm sollen sie sich versammeln und gemeinsam beten. Vor dem Gebet wird auch ein Vortrag gehalten, der über Gott bzw. den Islam informiert. Obwohl Muslime überall und zu jeder Zeit Gott anbeten können, hat Gott den Freitag als besonderen Tag den Muslimen zum gemeinsamen Gebet geschenkt (Sure 62:9). Stacey, Freitag  Impuls – M24: Internetrecherche. Welcher Tag der Woche ist anderen Religionen besonders wichtig?

Moscheen (Aleviten: Cem-Häuser) als Orte des Gebets und des Dialogs. „Tage der offenen Tür“ in Moscheen (Bild) zeugen davon. Glaubensritual und Liturgie sind für Sunniten und Schiiten ähnlich, unterschieden davon begehen die Aleviten das Cem-Ritual mit „12 Diensten“. WurdFoto: stringfixer.com*

I 140,1

Ordnen Sie die angegebenen Feste anhand eines interreligiösen Kalenders (z.B. www.kalender-der-religionen.ch) im Jahresablauf.

I 141,1

Nehmen Sie zur Ansicht über religiöse Volljährigkeit im Islam Stellung

o 141,1

1. Beschreiben Sie die Vorbildwirkung des Propheten Muhammad.

2. Setzen Sie die genannte Gesinnung mit Aspekten der Tugendethik in Beziehung.

3.

g 140

Charakterisieren Sie die verschiedenen genannten Richtungen im Islam.

v 140

1. Schildern Sie einander in Kleingruppen Erfahrungen mit der Nacht. Was macht den Unterschied zum Tag aus, obwohl man sich vielleicht am gleichen Ort befindet?

2. „Wenn jeder seine eigene Heilige Nacht feiert und sich verbunden fühlt mit Menschen, die auch ihre Heiligen Nächte haben, entsteht von vornherein ein Gemeinschaftsgefühl.“ (Karl-Josef Kuschel)

M11: Diskussion. Die Bedeutung von Nächten in Religionen ist auffällig. Welche Beispiele aus der nicht-religiösen Praxis fallen Ihnen ein? Welche Rolle spielen sie und welche Bedeutung haben sie?

141 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
?
ARBEITSAUFGABEN
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Leseprobe

Ökologische k rise

Der 1983 in Ljubliana geborene und in Deutschland lehrende Philosoph und islamische Theologe Raid Al-Daghistani betrachtet die ökologische Krise aus der Sicht einer sufischen Geistigkeit (Spiritualität):

„Die ökologische Krise ist im Grunde genommen zuallererst eine Krise des menschlichen Bewusstseins. Die aktuellen ökologischen Herausforderungen verlangen daher nicht nur nach wirtschaftlichpolitischen Maßnahmen, sondern ebenso sehr nach einer spirituellen Antwort. Ein spiritueller Ansatz ist notwendig für eine bewusste und konsistente Auseinandersetzung mit den umweltbezogenen Fragen und Problemen unseres Zeitalters. […]

Der globale Klimawandel ist ein Ergebnis unseres eigenen Verhältnisses zur Umwelt und zur Natur. Um das Verhältnis gegenüber unserem Planeten zu ändern, muss sich der Mensch zuerst selbst radikal, d. h. ganzheitlich und existenziell, in seiner Wahrnehmung, Denkart und Handlungsweise ändern. Die metaphysische Grundlegung des Kosmos allein reicht noch nicht aus, um die Überzeugung in die Tat umzusetzen und positive Veränderungen zu bewirken. Die Lehre des Sufismus bietet einen für die moderne Gesellschaft wichtigen metaphysischen Horizont, nach dem der Mensch als ein Teil der Schöpfungsordnung aufgefasst wird und deshalb eine grundsätzlich ökologische Lebenshaltung bewahren muss. […]

,Man kann in dieser Welt, wie sie ist, nur dann weiterleben, wenn man zutiefst glaubt, dass sie nicht so bleibt, sondern werden wird, wie sie sein soll’, sagte einmal Richard von Weizsäcker. Hiermit wird die alte Weisheit erneut bestätigt, dass nur derjenige die Welt verändern kann, der sich zuerst selbst verändert. Der tiefe Glaube an die Möglichkeit einer Veränderung ist nur der Anfang. Die harte Arbeit am eigenen Selbst der notwendige zweite Schritt. Eine auf den Sufismus gegründete spirituelle Ökologie ist keine bloße konzeptuelle Vorstellung eines realitätsfernen Projektes. Ganz im Gegenteil: Sie ist eine dringende Aufforderung zu Kontemplation und Aktion bezüglich der ökologischen Krise, bei welcher andere Mittel immer wieder versagt zu haben scheinen.“

Al-Daghistani: Sufi, 89–102

4. Schöpfung und Ökologie

?Muslime stehen zu ihrer Verantwortung im Umgang mit der Schöpfung und für den Frieden. Der Mensch hat diese Schöpfung zu bewahren. Es geht um richtigen Konsum und Selbstbeschränkung und Zurückdrängen der Gier.

o 142,1 Umweltethik im Islam

Der deutsch-marokkanische Theologe Ali Ghandour (*1983) plädiert für eine Uberwindung der Maßlosigkeit durch die Kultivierung des Selbst.

„Wenn wir uns die Hauptgründe der Umweltzerstörung anschauen, dann gehört einerseits die maßlose und nur auf Gewinn orientierte Produktion und andererseits die Konsumkultur zu den Hauptfaktoren bei den Problemen, die wir mit der Umwelt haben. […] Maßlosigkeit und Gier sind in diesem Zusammenhang zwei Eigenschaften des menschlichen Verhaltens, die einen unmittelbaren Einfluss auf unsere Umwelt ausüben. Die Verknüpfung der Maßlosigkeit mit der Verdorbenheit auf Erden im Koran trägt einen starken Hinweis darauf, dass die Überschreitung der Maße, von denen das Wohl der Dinge abhängt, zweifellos zum Verderben der Menschen und somit der Erde führt. […]

Der Kapitalismus, welcher die Grundlage der heutigen Weltwirtschaft ist, basiert auf dem Wachstum um des Wachstums willen, sprich der Gewinnmaximierung. Es braucht allerdings keine lange Ausführung, um den besorgniserregenden Zustand der Erde zu erfassen und um den verantwortungslosen Umgang mit den Ressourcen und Lebewesen dieses Planeten zu realisieren. Wir haben es hier mit einer rücksichtslosen Gewinnmaximierung zu tun. […]

Der Konsum an sich ist als menschliches Bedürfnis etwas Neutrales. Gott sagt darüber im Koran: ,O Kinder Adams, richtet euch hübsch bei jeder Gebetsstätte an und speist und trinkt, aber nicht maßlos! – Gewiss liebt Er (Gott) nicht die Maßlosen.‘ (Koran 7:31)

Maßhalten

Das rechte Maß zu leben macht das Leben wertvoll und gilt für alle Bereiche unseres Lebens: Umgang mit Konsum, mit der Schöpfung, mit uns selbst, mit der Arbeit usw. Maßhalten scheint aber ein Fremdwort geworden zu sein. Heute leben wir zwar vielfach im Überfluss, dennoch sind wir nie zufrieden und leiden darunter. Daher gilt es, Maßhalten zu lernen, sich auch Muße zu gönnen, um ein gesundes Leben führen zu können.

Vgl. Grün: Kunst, 8ff.

Dieser Stelle ist zu entnehmen, dass der Wohlstand und das Genießen der Gaben Gottes an sich nicht verpönt sind. Das, was verboten ist, ist die Maßlosigkeit, die durch die Gier und die Unersättlichkeit verursacht wird. Das Ziel der prophetischen Botschaft ist […] die Überwindung schlechter Charaktereigenschaften. […] Ist das Konsumieren von einem Produkt, bei dessen Produktion Unmengen von Wasser verschwendet werden oder Lebensräume von Lebewesen zerstört werden, noch erlaubt? Ist ein Produkt, bei welchem die Menschen wie moderne Sklaven behandelt werden, etwas, was man ohne schlechtes Gewissen konsumieren kann? […] Allerdings, die Vorsicht und Behutsamkeit allein reichen nicht, dazu muss auch ein Wille vorhanden sein, auf Dinge zu verzichten.“ Ghandour: Überwindung,108–113

142 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 C. ISLAM v 142
VERNETZUNGEN
g 142 GLOSSAR
Leseprobe

143,1

Friedensethik

Der Bund der muslimischen Jugend in Deutschland möchte, dass der Islam als eine Motivationsquelle für Jugendliche bei der Gestaltung einer friedlichen und pluralistischen Gesellschaft vermittelt wird.

„Gott sagt: ‚Nichts Gutes ist in vielen ihrer Besprechungen, es sei denn in solchen, die zur Mildtätigkeit oder zur Güte oder zum Friedenstiften unter den Menschen ermahnen. Und wer das im Trachten nach Gottes Wohlgefallen tut, dem werden WIR einen großen Lohn geben.‘ [Koran 4:114] Der Gottesglaube verpflichtet Muslime zu einer Friedensethik. […]

Dschihad bezeichnet primär den inneren alltäglichen Kampf eines Gläubigen. Es ist das innere Bemühen, ein frommer, dienender und wohltätiger Muslim zu werden. Wer im Dschihad lebt, sucht Frieden durch die persönliche Ergebung in Gott und die Bindung an seine Führung mit allen Geschöpfen Gottes. Kriegerische Auseinandersetzungen hingegen sind soweit als möglich zu verhindern; und sollte es doch dazu kommen, so sind diese strengen Reglementierungen unterworfen. […] Ferner widerspricht es dem koranischen Wesensgehalt von Dschihad, ihn als ‚Heiligen Krieg’ zu bezeichnen. Auch qital im Sinn eines Verteidigungskrieges der islamischen Gemeinschaft ist nicht heilig zu nennen. Krieg ist niemals heilig. […] Schließlich haben die Worte Islam und Salam, Friede, dieselbe Wurzel.“

Inamullah Khan, der ehemalige Generalsekretär des Kongresses der Islamischen Welt, meint:

„Islam bedeutet Frieden. Dabei handelt es sich um einen ‚gelebten Frieden, der unterschiedslos allen Menschen’ zugesprochen ist. Religiöses Handeln darf nicht auf die Anhänger der je einen Glaubensgemeinschaft beschränkt bleiben, es muss vielmehr allen Menschen zugute kommen.“

Er sagt weiter:

„Unsere Welt ist längst zu einem ‚großen Dorf’ geworden, in dem wir alle unmittelbare Nachbarn sind. Nachbarn aber sollen Respekt voreinander haben und den Traditionen des jeweils anderen Achtung und Wertschätzung entgegenbringen.“ BDMJ, Die Friedensethik; ditib-jugend.de*

B 143 ZUM BILD

Imamin

2017 eröffnete Seyran Ates in Berlin die Ibn-Rushd-GoetheMoschee. Die Imamin und Frauenrechtlerin hofft, dass es auch bald in Wien eine solche liberale Moschee geben wird, ja bald in ganz Europa Imaminnen predigen können. So soll auch der Dialog mit den anderen Religionen gefördert werden. Vor allem müssen Muslime einsehen, betont sie, dass sie in Europa nicht so leben können, als seien sie in Saudi-Arabien. sueddeutsche.de *

 Impuls: Erörtern Sie die Frage: Soll sich die Glaubenspraxis je nach Land und anderen Gegebenheiten ändern?

| ARBEITSAUFGABEN

o 142,1

1 Nennen Sie die im Text angeführten Hauptgründe der Umweltzerstörung.

2. Skizzieren Sie die Aussagen zur Kritik am Kapitalismus.

3. Nehmen Si e zu den Aussagen über Konsum begründet Stellung

o 143,1

1. Analysieren Sie den Text im Hinblick auf seine Anschlussfähigkeit für eine säkulare Ethik. Was bleibt spezielle islamische Sichtweise? Wo böten sich Übereinstimmungen?

2. Formulieren Sie eine kritische Würdigung des Textes.

g 142

Leseprobe

1. M30: Textreduktion: Welche zentralen Passagen bleiben stehen?

2. Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem von jemandem aus der Lerngruppe.

3. Stellen Sie den „Resttext“ dem Text von O 142,1 gegenüber. Gibt es Gemeinsamkeiten?

v 142

1. M01: Brainstorming: Was fällt Ihnen zum „Maßhalten“ alles ein? Sammeln Sie die Ergebnisse an der Tafel.

2. Ordnen Sie die passenden Begriffe den Aussagen von A. Grün zu.

143 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
Seyran Ates, eine Imamin in Berlin. Foto: img.zeit.de*
o
?

Bioethik

In vielen Ländern der Welt ist die Existenz unterschiedlicher Wertvorstellungen inzwischen zu einer Alltagserfahrung geworden. Kulturell geprägte Werthaltungen führen deshalb auch zu unterschiedlichen Bestimmungen der bioethischen Schlüsselbegriffe „Lebensbeginn“ und „Lebensende“ sowie der moralischen Beurteilung des Einsatzes von Technologien in der Medizin.

Deshalb ist es klar, dass auch in der islamischen Welt bezüglich der Fragen des modernen Lebens (zu denen man in den islamischen Hauptquellen keine hinreichend genauen Musterfälle finden kann) eine erstaunliche Meinungsvielfalt besteht.

Außerdem muss immer beachtet werden, dass die für ethische Fragen entscheidenden Personen (die islamischen Rechtsgelehrten) selber sich auch niemals in einem wertfreien Raum befinden.

Im Wesentlichen haben sich in der Bewertung der Wissenschaft bei Medizinfragen zwei Zugänge herausgebildet:

1. Der wissenschaftsbejahende Ansatz

Nach dem Koran sind alle Naturereignisse und auch die Harmonie im Kosmos Zeichen Gottes (âyât Allah, vestigia Dei). Deshalb kann auch jede Forschungstätigkeit als ein legitimer Versuch betrachtet werden, diese Zeichen Gottes zu verstehen. Das Forschen kann damit sogar als „religiöse Pflicht“ betrachtet werden.

2. Der wissenschaftskritische Ansatz

Osman Bakar, bis 2001 Professor für ,Philosophy of Science‘ an der University of Malaya in Kuala Lumpur, Malaysia, betont den „holistischen“ (ganzheitlichen) Charakter der islamischen Wissenschaften und islamischen Medizin.

Der menschliche Körper ist – vor allem in der mystischen Tradition des Islam – ein Mikrokosmos, dessen Studium nicht auf biomedizinische Wissenschaften und Zwecke beschränkt werden kann.

Im islamischen Glaubensverständnis kann der Wert eines Menschen nicht auf seine körperliche und gesundheitliche Perfektion reduziert werden. Deswegen ist eine Technikanwendung, die solche Grundprinzipien ignoriert, nicht mit dem islamischen Menschenbild vereinbar. Vgl. Ilkılıç: Bioethische Fragen, 206–212

VERNETZUNGEN

g eld

„EinenWert hat Geld letztlich,weil viele „daran glauben“ und jeder erwartet,dass das Geld von anderen auch akzeptiert wird.Einen dahinterstehendenWert (z.B.Gold) hat Geld in modernenVolkswirtschaften nicht mehr. Geld hat mehrere Funktionen:

■ Aufbewahrungsfunktion […].

■ Tauschfunktion […]

■ Recheneinheit: Preise in einer Währung drücken den Wert von Gütern und Dienstleistungen (im Vergleich zu anderen) aus.“ welt-der-bwl.de/Geld.

5. Moralische Orientierungen

?Auch die muslimische Gemeinschaft lebt nicht abseits der Welt. Ihr Streben nach einer gerechten Wirtschaft, dem ethisch richtigen Umgang mit menschlichem Leben, einer verantwortungsvollen Haltung zu Tieren tritt in Dialog zur nichtmuslimischen Welt.

o 144,1 Verschiedene Stimmen zur Wirtschaftsethik im Islam „Ich glaube, man kann islamische Wirtschaftsethik mit einem Begriff verständlich machen: „Workship“. Das heißt, Muslime, die versuchen, eine islamische wirtschaftsethische Perspektive einzugehen, möchten einerseits arbeiten und andererseits auch dabei im Gebet sein. Also ‚Workship‘ machen, Gott näher kommen, auch mittels wirtschaftlicher Taten.“

Ali Aslan Gümüsay, Wirtschaftswissenschaftler

„Machen wir uns nichts vor. Für eine Vielzahl der Muslime gilt: Beim Geld hört der Glaube bzw. die Moral auf. Vermeintlich islamkonforme Versicherungen, Banken oder Immobilienmakler umgehen lediglich den Riba-Gedanken. Ob Aufschlag oder Zins, es bleibt oft ein Etikettenschwindel. Ein Halal-Etikett macht noch keine verantwortungsvolle Finanzpolitik.“

Sineb El Masrar, Autorin und Journalistin

„Das Wesen der prinzipienbasierten islamischen Wirtschaftsethik leitet sich aus dem Ziel ab, für die Gemeinschaft Nutzen zu stiften, Schaden von ihr abzuwenden und dabei individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen. Leider klafft in vielen unserer Länder ein Graben zwischen Realität und religiöser Vorgabe. Das Ziel ist klar, aber der Weg noch weit.“

Zaid El-Mogaddedi, Gründer des Institute for Islamic Banking and Finance (IFIBAF)

„Im Umgang mit Geld spielen für mich besonders die koranischen und prophetischen Leitlinien der Gerechtigkeit und der Barmherzigkeit eine zentrale Rolle, da Geld immer sowohl ein individuelles Privileg als auch eine soziale Verantwortung darstellt. Hierzu gehört zum Beispiel auch das Eintreten für einen nachhaltigen und ethischen Konsum auf der ganzen Welt.“

Melahat Kisi, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Islamische Theologie

„Das Menschenbild des Homo oeconomicus, der nur auf die eigene Nutzenmaximierung bedacht ist, widerspricht der islamischen Wirtschaftsethik. Die Muslime sind religiös angehalten, ihre Lebensweise an den Geboten und Verboten im Islam zu orientieren und adäquate Lösungen zu finden. Heutzutage gibt es Finanzmodelle und religiöse Gutachten, die zum Beispiel den Immobilienkauf für Muslime im Einklang mit den islamischen Leitlinien ermöglichen.“

Murat Celik, Generalsekretär des Landesverbandes Schura Bremen

144 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 C. ISLAM
g 144 GLOSSAR
v 144
Leseprobe

o

145,1

Wie sieht es mit Sex vor der Ehe aus?

Der Journalist Michel Abdollahi (*1981) hat sich 2015 mit einem Schild „Ich bin Muslim. Was wollen Sie wissen?“ auf die Straße gestellt und Fragen beantwortet. Zum Thema „Sex vor der Ehe“ sagt er:

o 145,2

„Aus religiöser Sicht ist es nicht anders als im Christentum. Wer sich wie daran hält, ist dann sicher wieder eine persönliche Frage. Außerdem muss hierzu auch gesagt werden, dass die Regeln unterschiedlich ausgelegt werden und es wiederum islamische Strömungen gibt, die versuchen, die Problematik zu umgehen. Das schiitische Prinzip der vom Imam erlaubten Zeitehe ist im sunnitischen und alevitischen Islam beispielsweise nicht verbreitet.“

Abdollahi: Islam

Was außer Schweinefleisch ist im Islam verboten?

Die Existenz zum Nutzen der Menschen ist auch im Islam die vorherrschende Funktion und der eigentliche Lebenszweck der Tiere. Michel Abdollahi sagt zu Verboten und Geboten generell: „Ich glaube, diese Frage ist nicht so einfach zu beantworten, da es, wie im Übrigen in sämtlichen Religionen, eine Bandbreite an verschiedenen Geund Verboten gibt, die in den zahlreichen islamischen Strömungen diskutiert und teilweise auch ganz unterschiedlich ausgelegt werden. Zudem ist nicht alles gleich verboten. Der berühmte ungarische Orientalist Goldziher verbildlicht es sehr treffend: ‚Nach der Auffassung der muslimischen Theologen wohnt nicht allem, was in den überlieferten Quellen des islamischen Gesetzes in Form von Geboten und Verboten angeordnet beziehungsweise untersagt ist, der gleiche Grad imperativer oder prohibitiver Kraft inne.‘ Von diesem Gesichtspunkte aus unterscheidet die Gesetzeswissenschaft des Islam im Großen und Ganzen fünf Kategorien:

■ religiöse Verpflichtung (Wâdschib oder Fard)

■ empfohlen (Mandûb auch: mustahabb oder Sunna)

■ indifferent (mubâh oder Halâl) erlaubt

■ verpönt (Makrûh)

■ verboten (Harâm)

Im Islam müssen Tiere, die als Nahrung für den Menschen „geopfert“ werden, nach einer bestimmten Form getötet („geschächtet“) werden. Es wird darüber diskutiert, inwieweit diese – wie übrigens auch die konventionelle – Form des Schlachtens „tierwohlgemäß“ sein kann.

Foto: idil-market.de*

| ARBEITSAUFGABEN

o 144,1

1 M02: Mindmapping. Stellen Sie die zentralen Aussagen mittels Mindmap dar.

2 Erörtern Sie im Dreiergespräch jene Stichworte der Mindmap, die Ihnen über alle Religionen hinweg bedeutsam erscheinen.

o 145,1

1. M20: Begriffsanalyse. Was ist unter dem Begriff „Zeitehe“ zu verstehen?

2. Diskutieren Sie die Notwendigkeit eines begründeten Verzichts auf „Sex vor der Ehe“aus ethischen Gründen. Kann es das geben?

o 145,2

1. Ordnen Sie die Begriffe „halal“ und „haram“ in das islamische Verbots- und Gebotsverständnis ein.

2. Entwerfen Sie eine Liste von Regeln, was aus säkularen (nicht-religiösen) ethischen Gründen nicht genossen werden soll.

B 145 ZUM

BILD

Tierschutz

Abdollahi: Islam

Das zeigt, wie differenziert man mit Ge- und Verboten umgehen muss und wie verschieden auch die Interpretationsmöglichkeiten sind.“

g 144

1. M28: Textgestaltung, grafisch. Erarbeiten Sie mittels dieser Methode den Text auf einem Plakat.

2. Überprüfen Sie, ob sich Ähnlichkeiten zu ethischen Modellen der Philosophie entdecken lassen.

„Sehr oft wiederholt sich […] im Islam die prophetische Erzählung über die Frau, die nur deshalb ins Paradies kommt, weil sie eine Katze gefüttert hat, sowie die Erzählung über den Mann, der deshalb ins Paradies gekommen ist, weil er einem Hund aus dem Brunnen Wasser geholt hat.“

Khorchide: Einleitung, 35.

 Impuls: M24: Internetrecherche. Welche Punkte umfasst ein „tierwohlgemäßes“ Schlachten?

v 144

Beschreiben Sie Ihre Haltung zu Geld und materiellen Werten und tauschen Sie sich darüber mit jemandem aus der Lerngruppe aus.

145 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
?
Leseprobe

METHODEN

Wahrnehmung schulen

M01: Brainstorming

... ist eine Methode zur Ideenfindung, die auf spontane Kreativität setzt. Die Lernenden bringen ihre Gedanken ungeordnet in die Runde ein. Die Ergebnisse werden in einer 1. Phase ohne Wertung und Zensur gesammelt und in einer 2. Phase verarbeitet und ausgewertet. Beim „Sturm der Gedanken“ gelten folgende Regeln:

■ Jede Idee ist willkommen

■ Quantität ist wichtiger als Qualität

■ Kritik ist verboten, Beiträge werden nicht kommentiert.

M02: Mindmapping

Bei Themen mit vielen Details und einer gewissen Unübersichtlichkeit lohnt es sich, eine strukturierte, logische Gedankenlandkarte zu entwerfen. So können Zusammenhänge entdeckt und Fakten strukturiert werden. Beim Mindmapping wird mit Hilfe einer Baumstruktur gearbeitet: Das Hauptthema steht in der Mitte, von dort gehen beliebig viele Äste und Zweige weg, in denen Unterpunkte ergänzt werden. Mindmaps werden nach außen hin detaillierter. Es gibt zahlreiche Programme im Internet, mit denen auch digitale Mindmaps erstellt werden können.

M03: Sechs hütchen (nach Edward de Bono) Zuerst werden gemeinsam sechs Hütchen mit unterschiedlichen Farben und Bedeutungen gebastelt.

■ Weiß: Analytisches Denken: Konzentration auf Tatsachen;

■ Grün: Kreatives, assoziatives Denken: neue Ideen;

M04: rollenspiel/Perspektivenwechsel

Den Lernenden werden einzelne Rollen mit entsprechenden Informationen zugeteilt. In einer Gesprächssituation (Diskussion, Talkshow) soll dann jede/r in diese Rolle schlüpfen und agieren. Vorher soll jede/r die Möglichkeit bekommen, die eigene Rolle zu verstehen, um zu überlegen, wie man aus der Perspektive der jeweiligen Rolle auf Fragen antworten bzw. argumentieren würde. Der präsentierte Standpunkt muss dabei nicht der persönlichen Meinung entsprechen.

M05: Soziogramm erstellen

Die Methode ist geeignet, um einen ersten Überblick über Haltungen und Einstellungen zu einem Thema abzufragen. Die Lernenden nehmen bei einer bestimmten Fragestellung im Raum auf einer gedachten Linie oder in Gruppen Aufstellung. Je nach persönlichem Standpunkt wird Position eingenommen, z. B.: Es stellen sich alle jene zusammen, die ...; wenn Sie so denken, dann stellen Sie sich da hin ...; wenn Sie unsicher sind, stellen Sie sich in die Mitte usw. Zu jeder Aufgabe kann die Position erläutert werden.

Erst wenn ich Begründungen anführen kann, die sich gegen Vorurteile richten –wie zum Beispiel, dass aus Angst Vorurteile entstehen –, steigen die Aussichten, dass mein Standpunkt vom Gegenüber angenommen wird.

In der philosophischen Logik hat jedes rationale Argument einen klaren bzw. logischen Aufbau: Aus Prämissen (Annahmen) lässt sich eine logische Schlussfolgerung (Konklusion) ableiten. Das Ziel jedes rationalen Arguments ist es, einen Adressaten von der Wahrheit der Konklusion zu überzeugen.

Beispiel:

Prämisse I: Alle Menschen sind sterblich; Prämisse II: Sokrates ist ein Mensch; Konklusion: Sokrates ist sterblich.

Fehlformen der a rgumentation

Verallgemeinerung

– Berufen auf eine Autorität

– Berufen auf die Tradition

– Verwechslung von Korrelation (Zusammenhänge) und Kausalität (Ursache-Wirkung)

– falscher Umkehrschluss

– Verweis auf die Mehrheitsmeinung

argumentation einüben

M06: Äußern der Meinung

Leseprobe

– Zirkelschluss (Beweisführung, in der das zu Beweisende als Voraussetzung enthalten ist).

g esprächsstrategie

■ Schwarz: Kritisches Denken: Risikobetrachtung, Probleme, Skepsis, Kritik und Ängste mitteilen;

■ Rot: Emotionales Denken, Empfinden: Konzentration auf Gefühle und Meinungen;

■ Blau: Ordnendes, moderierendes Denken: Überblick über die Prozesse;

■ Gelb: Optimistisches Denken: Best-Case Szenario.

Variante I: Entweder werden die Hütchen gleich zu Beginn wie bei einem Rollenspiel verteilt.

Variante II: Oder, immer wenn sich jemand zu Wort meldet, setzt er/sie das entsprechende Hütchen auf.

So wenig wie ich eine Straße einfach so über einen Graben ziehen kann, so wenig bringt es, wenn ich einfach nur meine Meinung sage. Diese Straße wird nicht tragen und sofort in den Graben fallen; meine Meinung wird von meinem Gegenüber nicht für voll genommen. Meinungen muss man stets gut begründen, folglich muss ich die Straße richtig abstützen. Brückenpfeiler, die die Meinung tragen, sind Begründungen. Es ist erlaubt, zu einem Thema (noch) keine Meinung zu haben.

M07: r ational argumentieren

Argumente formuliert man am besten mit einem „weil …“, „da …“ oder „wegen …“, weil nur gut begründete Meinungen auch wirklich überzeugen. Damit die Begründung nicht in der Luft hängt, muss ich Beispiele nennen können, die ein gutes Fundament für die Begründung sind. So bringt es wenig, wenn ich sage: „Vorurteile gegen Fremde sind doof.“.

1. vergewisserung

– Ich habe dich jetzt so verstanden: ... Hast du das gemeint?

– Habe ich deine Argumentation richtig zusammengefasst oder habe ich etwas Wichtiges nicht beachtet?

Würdest du deiner Argumentation auch bis zu diesem Extrem folgen?

– Verstehst du meine Position?

– Ich glaube, du hast mich jetzt so ... verstanden. Ist das richtig?

2. e rgänzungen/ korrekturen

– Meine Auffassung ist nicht unbedingt so, wie du sie verstanden hast.

– Damit du mich nicht falsch verstehst, möchte ich …

– In dem Punkt gebe ich dir Recht. Das bedeutet für meine Begründung ...

– Hier ist noch ein weiterer Gedanke, der zu deiner Auffassung passen könnte.

– Kannst du das noch mal verdeutlichen?

– Ich möchte deinen Gedanken ergänzen/ fortführen.

146 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2

3. Widerspruch/ k ritik

– Ich denke im Gegensatz zu dir, dass …

Ich kann dir in diesem Punkt nicht folgen.

Hier erkenne ich einen Widerspruch in deiner Argumentation.

– Wenn ich deine Argumentation weiterdenke, dann führt das meiner Meinung nach zu folgendem Problem.

– Folgender wichtiger Aspekt kann in deine Argumentation nicht aufgenommen werden.

4. konsenssuche

Wir haben Folgendes gemeinsam.

– Bisher teilen wir folgende Standpunkte und unterscheiden uns in folgenden Aspekten.

– Hier lassen sich unsere Standpunkte verbinden.

– Wenn du mir in diesem Punkt zustimmen kannst, dann können sich unsere Auffassungen annähern.

M08: Diamond r anking ( r autenranking)

Die Lernenden bekommen neun Aussagen/ Konzepte verschiedener Meinungen und werden gebeten, diese in Form einer auf der Spitze stehenden Raute (Diamanten) entsprechend ihres Ranges anzuordnen. Die wichtigste bzw. plausibelste Aussage steht an der Spitze des Diamanten. Die darunter angeordneten sind in ihrer Wichtigkeit den obenstehenden nachgeordnet. So setzen sich die Aussagen entsprechend ihres Ranges nach unten fort. Unten am Fuß des Diamanten wird schließlich die Aussage platziert, die am wenigsten wichtig bzw. plausibel erscheint, beziehungsweise diejenige, die am wenigsten Zustimmung findet. Wenn mehr Aussagen verwendet werden, können so viele verworfen werden, dass noch neun übrig bleiben. Im nächsten Schritt stellen die Lernenden die gewählte Rangordnung der Aussagen vor und erläutert die Anordnung.

Lernenden verteilen sich an den Tischen. Die Gesprächsthemen sind quasi als „Speisekarte“ vorgegeben. Nach einer bestimmten Zeit wechselt man den Tisch und findet sich zu neuen Gruppen und einem anderen Thema zusammen. Auf dem Tischtuch können jederzeit Notizen gemacht werden. Auf ein bestimmtes Benimm ist jedenfalls zu achten.

M10: Debatte (Streitgespräch)

Alle Teilnehmenden können in einer vereinbarten Redezeit jeweils ihren Standpunkt zu einem gemeinsamen Thema präsentieren, ohne dass gleich darüber diskutiert wird. Das Ziel einer Debatte ist es, gegensätzliche Meinungen zu äußern, zu vertreten und zu begründen, sie vergleichend gegenüberzustellen und durch eine Abstimmung eine formale Entscheidung herbeizuführen. Sie hat einen eindeutigen Zweck: Es geht darum, Mehrheiten für alternative Vorschläge oder Positionen zu gewinnen. Bei Gelegenheit könnte man auch einmal eine Parlamentsdebatte direkt oder via TV mitverfolgen.

(Variante: ein Sessel des inneren Kreises bleibt frei für spontane Inputs aus dem Außenkreis) oder sie stellt sich hinter einen Stuhl.

M13: kugellager

Wird zur Entwicklung verbaler und nonverbaler kommunikativer Fähigkeiten genutzt. Um die Methode einsetzen zu können, muss der Klassenraum umgestaltet werden. Zu Beginn werden zwei Sitzkreise gebildet, ein Innen- und ein Außenkreis, so dass jede Person ein Gegenüber hat. Mit einem akustischen Signal wird das Gespräch freigegeben. Die Lernenden tauschen sich mit ihrem Gegenüber über das Thema aus. Nach einigen Minuten gibt die Lehrkraft erneut ein akustisches Signal, die Personen des Innenkreises rutschen daraufhin zwei Plätze im Uhrzeigersinn weiter. Mit neuer Zusammensetzung können die Lernenden dann erneut über das Thema diskutieren.

Leseprobe

M14: Placemat-Methode

g esprächsformen üben

M09: Café

Diese Methode eignet sich sehr gut in einem klassenübergreifenden, mehrstündigen Format. Mehrere Tischgruppen werden mit weißem Packpapier als Tischtuch vorbereitet, Getränke, Knabbergebäck u. Ä. Die

M11: Diskussion

Dabei werden Meinungen und Argumente vorgebracht. Das Ergebnis ist offen. Es braucht gut umrissene Fragestellungen, angemessene Rahmenbedingungen (Zeit, Sitzordnung), eine straffe Leitung mit fixen Gesprächsregeln. Der Moderation kommt ein wichtige Rolle zu: Einhaltung der Regeln und Redezeit, Erteilung des Wortes, Behalten des „roten Fadens“; es wird gewährleistet, dass man auf die vorherige Wortmeldung Bezug nimmt. Zwischenergebnisse und Resultate werden in geeigneter Form festgehalten (z. B. Flipchart).

M12: Fishbowl

Ist eine Methode der Diskussionsführung, die ihren Namen von der Sitzordnung hat. Einige Lernende sitzen in einem Sesselkreis in der Mitte (Fishbowl), alle anderen in einem oder in mehreren Sesselkreisen rundherum.

Reden dürfen nur die Personen im innersten Kreis, und zwar in Form einer direkten Diskussion. Personen im Außenkreis hören zu, können aber jederzeit zum Innenkreis gehen und mitdiskutieren. Diese Person setzt sich entweder auf einen freien Sessel

Jede Gruppe benötigt ein vorgefertigtes Blatt mit vier Außenbereichen und einem Bereich in der Mitte. Zunächst werden die Gedanken, Lösungsansätze und Ergebnisse jedes einzelnen Teammitglieds zu einer Fragestellung in einem der Außenbereiche erfasst (ohne miteinander zu sprechen). Anschließend werden die Einzelergebnisse in der Mitte des Placemats zu einem Gruppenergebnis zusammengefasst. Diese Inhalte können dann im Plenum präsentiert werden.

M15: Schreibgespräch

Auf einem großen Bogen Papier wird in der Mitte die Problemstellung formuliert. Eine Person setzt sich jeweils an eine Seite des Blatts und nimmt zum Problem Stellung (verschiedene Farben verdeutlichen, wer was geschrieben hat). Dann wird das Blatt gedreht oder die Plätze werden gewechselt. Niedergeschriebene Ideen werden verstärkt (unterstrichen), Neues wird dazugeschrieben, nichts darf durchgestrichen werden. Im abschließenden Gespräch über die Ergebnisse werden Schlüsse gezogen.

M16: Sokratisches g espräch

In Anlehnung an den griechischen Philosophen Sokrates, der regelmäßig auf

147 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 mETHoDEn

den Marktplatz von Athen ging und den Menschen Fragen stellte wie „Was ist Gerechtigkeit?“ oder „Was ist Liebe?“, sollen Lernende im Dialog zum eigenen Nachdenken angespornt werden. Grundlage der Gespräche können philosophische und ethische Fragestellungen sein, die zuvor auf die Tafel geschrieben wurden. Das Ziel ist, durch immer wieder neues Hinterfragen der gefundenen Antworten tiefer zu stoßen und gemeinsam zu neuen Erkenntnissen zu gelangen.

M17: vier- e cken-Methode

Zu einer Frage, einem Thema oder einem Problem, bei dem es verschiedene Sichtweisen gibt, kann die Lehrpersonin vier Ecken des Raumes jeweils eine Aussage, ein Bild oder ein kommentiertes Bild aufhängen. Die Lernenden ordnen sich jener Abbildung oder Aussage zu, der sie am ehesten zustimmen können, indem sie sich in die entsprechende Ecke des Raumes begeben. Dort diskutieren die Teilnehmenden, wie sie zu der Aussage stehen (Begründungen, Problematisierungen). Im Anschluss daran wird im Plenum diskutiert.

M18: vier-Felder–Szenario

Das Szenario ist eine Moderationsmethode. Vorgegebene Fragen und Gliederung helfen in der Kleingruppe, das Gespräch zu strukturieren. Besonders fördert es das systematische Er- und Bearbeiten eines Themas. Durch die klare Struktur werden die gewählten Gesichtspunkte sehr schnell abgeklärt. Die moderierende Person bereitet Raster und Fragen auf Plakaten oder A3-Blättern vor.

Mit Texten arbeiten

M19: aBC-Liste

Das Alphabet wird immer wieder als Gedankenstütze hergenommen. Es liegt daher nahe, einen Sachtext anhand des ABC zu strukturieren. Dabei werden neben jedem Buchstaben jene Begriffe notiert, die mit demselben Buchstaben beginnen und sich aus dem Text ergeben.

M20: Begriffsanalyse

■ Dazu zählt etwa die Wortfelduntersuchung, bei der mehrere Worte gesucht werden, die mit dem zu analysierenden Begriff verwandt sind.

■ Weiters kann eine Deduktion (Ableitung) vom Allgemeinen zum detaillierten Einzelfall gemacht werden.

M23: Fragebogen erstellen

Ein Fragebogen besteht aus offenen und geschlossenen Fragen und/oder Feststellungen, mit fixer Anordnung und Formulierung für alle Befragten. So können schnell Gefühle, Gedanken, Interessen, Bestrebungen abgefragt und zur Diskussion gestellt werden. Dafür bieten sich verschiedene Tools an: Tevalo, google Forms. SoSci Survey, Limesurvey u. a.

M24: Internetrecherche

Das Internet ist voll von Informationen zu allen erdenklichen Themen. Ob für Referate, Hausarbeiten oder Klausuren – alle wichtigen Fakten sind nur wenige Klicks entfernt.

Nachfolgende Tipps können helfen, zu einem guten Ergebnis zu kommen:

■ Suche nach Gegenbegriffen

■ Auch die Suche nach Synonymen (www openthesaurus.de) kann die Bedeutung klären helfen.

M21: Brainwriting

Leseprobe

Beim Brainwriting werden die Lernenden in Gruppen (4–5) eingeteilt. Alle bekommen ein Raster mit vier Spalten und vier bzw. fünf Zeilen. Die erste Person schreibt in jede Zelle der ersten Zeile je ein Statement zu einem behandelten Text oder Thema. Dann gibt er das Blatt weiter. Die zweite Person schreibt zu den Ideen des ersten einen Kommentar jeweils in die 2. Zeile, und dann wird das Blatt wieder weitergereicht. Das geht so lange, bis das Blatt wieder bei bei der ersten Person angelangt ist. Das Blatt enthält jetzt eine Liste von Ideen und Notizen, die die ersten Ideen klären und anzweifeln sollen.

1. Wonach suche ich eigentlich?

Was ist mein Thema und welche Informationen benötige ich? Je klarer das Themenfeld im Voraus definiert wird, desto einfacher gestaltet sich die Recherche im Internet.

2. Mit dem Thema vertraut machen Nach der klaren Definition des Themas sollte man sich einen ersten Überblick verschaffen. Dabei kann ein Schulbuch oder (Online-)Lexikon helfen. Dort finden sich die wichtigsten Begriffe und Fakten, mit denen die Recherche gestartet wird. Schritt für Schritt macht man sich mit dem Thema vertraut, entdeckt Besonderheiten und interessante Fakten.

3. Suchbegriffe richtig auswählen

Zum gewählten Thema werden 4 Fragen formuliert, die grundsätzliche Aspekte ansprechen. Formulierungen für (notwendige)

Veränderungen wären z. B.:

■ Ist-Zustand – Soll-Zustand – Ideen zur Umsetzung – erste Schritte

■ Soll-Zustand – Ist-Zustand – Widerstände – Ideen zur Umsetzung

■ Für Entscheidungen und ethische Fragestellungen sind Anfragen erprobt, wie: Vorteile – Nachteile – Maßnahmen –erste Schritte.

Die Gruppen erarbeiten Antworten und präsentieren anschließend die Ergebnisse.

Darüber lässt sich schon eine gute Reflexion anstellen bzw. niederschreiben.

M22: exzerpieren

Ein Auszug aus einem Text (Exzerpt) ist dann sinnvoll, wenn man sich aktiv damit auseinandersetzen und nur die wesentlichen Informationen festhalten möchte. Es werden die wichtigen Aussagen und Inhalte notiert. Andere Formen der Textarbeit (Tabelle, Diagramm, Organigramm …) können in das Exzerpt einfließen. Exzerpieren ist z. B. bei Texten erforderlich, die nicht kopiert (fotografiert), bloß eingesehen werden dürfen (in Bibliotheken).

Das A und O bei Suchmaschinen, wie Google oder ähnlichen, ist die richtige Auswahl der Suchbegriffe. Vollständige Fragesätze sind nicht zu empfehlen. Man verwendet prägnante Schlagwörter, die ein Thema am besten beschreiben. Hilfreich sind Suchanfragen mit „und“, oder „und nicht“ zu kombinieren. So kann man nach mehreren oder alternativen Begriffen suchen und Uninteressantes ausschließen.

4. Welche Suchmaschine?

Google ist die bekannteste und meistgenutzte Suchmaschine. Microsoft Edge oder Yahoo oder DuckDuckGo bieten eine Alternative zu Google.

5. Wikipedia – hilfreich oder ein No-go?

Wikipedia ist oft die erste Anlaufstelle bei der Internetrecherche. Dabei sollte man jedoch im Hinterkopf behalten, dass dort jede/r einen Artikel einstellen kann. Es gibt zwar eine Wikipedia-Administration, die die

148 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 mETHoDEn

Inhalte prüft, es besteht jedoch keine Garantie. Hilfreich sind daher die Quellenangaben unter jedem Wikipedia-Eintrag sowie die Einzelnachweise. So weiß man, ob sich die Verfassenden ausreichend informiert haben.

6. Bibliotheken online nutzen

Wer online recherchiert, muss nicht auf Bücher verzichten. Es gibt eine Reihe an Fachbüchern, Texten oder Essays bei Google Books oder über die Suchmaschine Google Scholar, die oftmals frei einzusehen sind. Manche Bibliotheken bieten Teile ihres Bestandskatalogs online zur Einsicht an, z. B. OPAC (Online Public Access Catalogue).

7. o rganisieren mit Lesezeichen

Man hat einen spannenden Artikel gelesen, findet ihn aber nicht mehr? In einem Buch hätte man die Seite mit einem Lesezeichen markiert. Warum nicht auch, wenn man online recherchiert? Jeder Browser hat die Funktion, Webseiten zu speichern und in Ordnern zu organisieren. So erstellt man sich seine eigene Online-Quellensammlung.

8. e ine zweite Meinung einholen

Wenn man einen guten Artikel gefunden hat, der das gesuchte Thema ausführlich behandelt, ist das erfreulich. Eine Quelle allein reicht aber oft noch nicht. Es ist sinnvoll, nach weiteren Texten zu suchen, die die Angaben bestätigen. So kann man sicher sein, korrekte Fakten recherchiert zu haben. 9. e inen q ualitätscheck machen

Wenn man ausreichend Quellen gesammelt hat, sollte man diese kritisch hinterfragen und einem Qualitätscheck unterziehen. Darauf sollte man achten:

■ Sind die Informationen relevant für das Thema?

■ Sind die Informationen klar und verständlich?

■ Werden die Informationen und Fakten objektiv dargestellt?

■ Hat der Artikel einen erkennbaren Autor bzw. eine erkennbare Autorin?

■ Ist der Aufbau des Textes übersichtlich und ohne auffällige Rechtschreibfehler?

■ Signalisiert die Optik der Website schon, ob es sich um einen seriösen oder unseriösen Anbieter handelt? Sehr oft sind seriöse Anbieter staatliche Stellen bzw. öffentliche (Bildungs-)Einrichtungen, die auch im klaren und übersichtlichen optischen Kleid der Website schon signalisieren: auf mich kannst du dich verlassen.

■ Berufen sich Schreibende auf nachprüfbare Fakten und seriöse Quellen?

10. a ktualität

Sollte man auf tagesaktuelle Informationen zu einem Thema angewiesen sein, sollte man die Twitter-Accounts der großen Tageszeitungen, des ORF, der ARD, des ZDFs, der der dritten Programme wie rbb, NDR, WDR etc. benutzen.

Weitere Infos: www.bpb.de/lernen/grafstat/ partizipation-vor-ort/155244/internetrecherche; sofatutor.com

M25: referat

Die Lernenden fertigen zu einem klaren Thema ein schriftliches (Kurz-)Referat an, das der Lerngruppe präsentiert wird.

■ Inhalt: sachlich korrekt; zeigt Tiefgang und verweist auf größere Zusammenhänge; anschaulich und verständlich aufbereitet; angemessener Gesamtumfang.

■ Präsentation: eloquent, flüssig, lebendig und souverän; lebendig und kurzweilig; passender Medieneinsatz (Bilder, Fotos, Karikaturen, Realgegenstände, Augenzeugenberichte, Ton- und Filmdokumente etc.); Nachfragen der Mitschüler können beantwortet werden.

M26: Texteinordnung in eigene Lebenswelt

Die Wirkung eines Textes darf nie außer Acht gelassen werden. Lesende werden manchmal verstört, gelangweilt, genervt, aufgebracht, empört … von einem Text zurückgelassen. Die Erfahrungen/ Gefühle, die aus dem Text hervorgehen, können etwa in einem Protestsongtext, Leserbrief o. Ä. zum Ausdruck gebracht werden. Alle Lesenden dürfen eine eigene Meinung zum Text haben.

M27: Texte zerschnipseln

Eine Möglichkeit, mit schwierigen Texten umzugehen ist, sie zu zerschnipseln. Dabei wird der Text in kleinere Einheiten zerlegt. Dadurch werden die einzelnen Textbereiche kürzer, leichter überschaubar und einfacher verstehbar. Am Ende wird der Text wieder zusammengesetzt, indem die Ergebnisse der Bearbeitung der einzelnen Schnipsel zusammengefügt werden.

M28: Textgestaltung, graphisch

Auf analoge oder digitale Weise können die

Struktur, der Inhalt u. a. graphisch gestaltet werden. Hier lässt sich mit verschiedenen Gestaltungsformen experimentieren: Tabelle, Einrückung, Gegenüberstellung, Schriftgröße, Raumaufteilung u. a.

M29: Texthintergrund ermitteln

Zwar meinen manche, dass der Autor bzw. die Autorin für das Verständnis und die Deutung eines Textes kaum eine Rolle spiele. Nun, er/ sie hat ihn ja niedergeschrieben, das müsste reichen. Manchmal kann es dennoch hilfreich sein, den geschichtlichen und gesellschaftlichen Kontext des Autors/der Autorin bzw. des jeweiligen Textes genauer zu erforschen. Der „Geist der Zeit“ stellt den Text in ein besonderes Licht. Manchmal reicht schon das Geburtsdatum aus, um sich ein Bild zu machen. Manchmal ist man bei einem Text überrascht, wer ihn geschrieben hat. Verfassende hatten eben auch eigene Vorurteile und Schattenseiten bzw. sind Kinder der Zeit.

M30: Textreduktion

Entgegen üblicher Vorgangsweise, Wichtiges zu unterstreichen, werden bei dieser Form der Textarbeit überflüssiger Text und Füllwörter geschwärzt.

M31: Textübertragung

Für die inhaltliche Aneignung und Auseinandersetzung kann es fruchtbar sein, einen Text in eine andere literarische Gattung (z. B. Zeitungsmeldung, Tagebucheintragung, Gedicht) zu übertragen oder in die Umgangssprache, in einen Dialekt oder in die Erstsprache zu übersetzen.

M32: Textvisualisierung (Schaubild)

Mit Charts sind Strukturelemente gemeint (z. B. Organigramm), die einem Text eine äußere visualisierte Gestalt geben. Dabei können Texte auch mit Piktogrammen angereichert werden. Es ist notwendig, wichtige Begriffe im Text hervorzuheben, Begriffe, die Beziehungen ausdrücken (z. B. im Gegensatz zu), anzustreichen, zu klären, wohin das Thema gehört, auf Cluster, Kausalketten und Hierarchien sowie Zyklen und Zeitabläufe zu achten.

M33: Think – Pair – Share Eine Aufgabe zur Erarbeitung, Durchdringung oder Wiederholung von Lernstoff wird gestellt, die die Lernenden in befristeter Zeit

149 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 mETHoDEn
Leseprobe

individuell lösen. Danach wird die Lösung in vorgegebener Zeit in Zweierteams verglichen und besprochen. Anschließend wird das Ergebnis im Plenum vorgestellt. Die Paararbeit kann alternativ in eine Vierergruppe münden (Think – Pair – Square).

1. Schritt: THINK: Zunächst setzt man sich mit dem Arbeitsauftrag individuell auseinander.

2. Schritt: PAIR: Die Lernenden bilden paarweise Teams und tauschen ihre Arbeitsergebnisse aus. Nach dieser Phase sollten sie in der Lage sein, die Informationen des Gegenübers dem Plenum vorzustellen.

3. Schritt: SHARE: Die Lernenden präsentieren die Ergebnisse der früheren Arbeitsphasen dem Plenum.

M34: Szenische Umsetzung

Einen Sachverhalt szenisch umzusetzen, also nachzuspielen, bietet die Möglichkeit, das Besondere von Ereignissen und Bedingungen „subjektiv“ erfahrbar zu machen. Ein Beispiel ist das Standbild (Freeze), bei dem die Beteiligten ohne Sprache, allein durch ihre „eingefrorene“ Körperhaltung und Mimik, etwa eine politische Haltung oder soziale Beziehung darstellen.

Mit e xperimenten arbeiten

M35: g edankenexperiment

Gedankenexperimente sind Hilfsmittel, um Theorien zu entwickeln, zu untermauern, zu widerlegen, zu veranschaulichen oder weiterzudenken. Mit ihnen lassen sich Situationen fingieren und Modelle entwerfen, die in der Lebenswelt nur schwer zu realisieren sind. Unter Umständen durchbrechen sie

wie nicht richtig. Auch der Zwang zu einer Auswahl zwischen zwei positiven Möglichkeiten kann ein Dilemma sein.

■ Beschreibung der Situation, Herausarbeiten der Problemstellung

■ Bestimmung der konkurrierenden Normen

■ Rechtfertigung der Norm A; Rechtfertigung der Norm B

■ Versuch einer Güterabwägung zwischen den Normen A und B

Mit Bildern arbeiten

M37: analyse von Statistiken und Tabellen Statistiken und Tabellen stellen in Zahlen geordnete Grafiken mit Informationen, Verhältnissen und Veränderungsprozessen dar. Es ist dabei auf die Aussagekraft und die Gefahr vermeintlicher Objektivität zu achten.

■ Ergebnisse mit anderen Untersuchungen vergleichen

■ Schlussfolgerung

M38: Bild-erschließung

1. g enaue Wahrnehmung

■ Was fällt auf?

■ Welche spontane Reaktion kommt?

■ Welche Assoziationen fallen mir ein?

■ Was ist unklar?

■ Im Bild spazieren gehen …

2. Systematische e rschließung

■ Welche Faktoren bestimmen das Bild?

■ Wer ist der Künstler?

■ Wie ist das Bild gestaltet, komponiert?

■ Welche Funktion hat das Bild?

■ So viel wie möglich über das Bild in Erfahrung bringen …

3. a nalyse der r ezeption

1. Bei der Beschreibung anführen

■ Thema/Überschrift

■ Quelle

■ Entstehungsdatum

■ Erhebungszeitraum

■ Auftraggeber

■ Stichprobenumfang (wie viele Befragte?)

■ Inhalt der x- bzw. y-Achse

■ absolute (Anzahl, Menge) oder relative Zahlen (Verhältnis einer absoluten Zahl zur Gesamtzahl, Prozentzahlen)

■ ungenaue Durchschnittsberechnungen

2. Bei der a uswertung erklären

■ wichtigste Aussage

■ Verteilung

■ Auffälligkeiten

Leseprobe

■ Was im Bild lässt mich wie reagieren?

■ Welche Symbole oder Zeichen lösen Inhalte oder Botschaften aus?

■ Das Bild auf mich wirken lassen und in einen Dialog treten …

4. historisch-systematische Überprüfung

■ Wohin ordnet sich das Bild ein?

■ Wie war/ist der Gesamtkontext (Gesellschaft, Philosophie, Politik, Religion etc.), in dem das Bild entstanden ist?

5. kontexterforschung

■ Wo habe ich so etwas schon mal gesehen?

■ Wo gibt es Abweichungen vom Gewohnten?

Regelmäßigkeitsannahmen und gehen der Frage nach, was der Fall wäre, wenn Dinge und Ereignisse ganz anders wären, als sie sind, und also dem widersprechen, was in der Wirklichkeit möglich erscheint. „Angenommen, du könntest unsichtbar sein, was ... ?“ Mithilfe von Experimenten lassen sich Argumente entwickeln, sie sind ergebnisoffen und dienen der Problemlösung.

M36: Dilemmata und z wickmühlen Ein Dilemma (griech. „zweigliedrige Annahme“) bezeichnet eine konflikthafte Lage, die zwei Wahlmöglichkeiten bietet. Jede der beiden Handlungsoptionen erscheint irgend -

■ Gemeinsamkeiten, Gegensätze

■ erkennbare Entwicklungen

■ offene Fragen

■ Widersprüche

■ Zusammenhänge

■ mögliche Auswirkungen/Folgen

■ Prozentwerte

3. Bei der Bewertung ermitteln

■ aktuelle Quelle

■ vertrauenswürdiger Ursprung

■ Zweck der Veröffentlichung

■ eindeutige Angaben

■ unvoreingenommene Informationen

■ fehlende Informationen

■ vergleichbare Werte

■ Handlungsaufforderung

■ Querverbindungen suchen und finden

6. Lebenswirklicher Bezug

■ Welche Einsichten vermittelt mir das Bild?

■ Welchen Einfluss nimmt das Bild auf meine Lebenswirklichkeit?

■ Warum gefällt oder gefällt es mir nicht?

■ Die Wirkung und Rolle des Bildes für mein Leben reflektieren.

M39: Bildergänzungen

Einzelne Segmente werden an die Schüler verteilt und von diesen ergänzt. Am Ende werden alle Teile mit diesen Erweiterungen zusammengefügt und mit dem ursprünglichen Bild verglichen.

150 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 mETHoDEn

M40: Bildbearbeitung analog

In ein fertiges Bild werden durch Malen oder Kleben neue Bildelemente ergänzt, um die Aussage zu verstärken oder zu karikieren o. Ä.

M41: Bildergänzungscollage

Ein Bild wird in die Mitte, an den Rand ... eines größeren, weißen Blattes geklebt und dann nach mehreren Seiten hin mit Bildern erweitert, indem es etwa in die heutige Wirklichkeit situiert wird.

M42: Bilderrahmen

Alle Lernenden bekommen ein Bild, das mit einem bestimmten Thema zusammenhängt. Das Bild wird in einen Bilderrahmen mit Fragen gelegt, die in Einzel- oder Gruppenarbeit beantwortet werden können. Die Aktivität ist nützlich, da es die Lernenden dazu bringt, ein Bild kritisch zu reflektieren. Es ist eine flexible Methode, die genutzt werden kann, um Vorurteile zu prüfen, um über mögliche Ursachen nachzudenken oder um eine Diskussion in Gang zu setzen.

M43: Bild nachstellen

Manchmal lohnt es sich, ein Bild wie auf einer Bühne möglichst detailgetreu nachzustellen.

M44: karikaturenüberschrift finden

Zu einer Karikatur passende Überschriften formulieren.

M45: karikaturendenkblasen

Um mögliche Bedeutungsdimensionen einer Karikatur zu entdecken, werden in die Karikatur zusätzlich Sprach- und Denkblasen eingefügt.

■ Informationen über Karikatur-Schaffende können hilfreich sein.

2. Beschreibung:

■ Beschreiben der Situation bzw. des dargestellten Problems

■ Identifizieren der Figuren und Nationalitäten

■ Die Symbolik und Metaphorik aufdecken

■ Personifikationen auflösen, Symbole deuten, Mensch-Tier-Vergleiche auf Eigenschaften untersuchen, natürliche Erscheinungen und politische Metaphern deuten

■ Welche Informationen bietet die Über- oder Unterschrift, welche Bedeutung hat sie?

■ Analyse des Bildaufbaus (Vordergrund, Hintergrund, Perspektive)

M48: karikaturen elementarisieren

Die verschiedenen Ebenen der dargestellten Karikatur lassen sich oft nicht unmittelbar erschließen. Zur Vereinfachung kann die Karikatur „zerlegt“ werden. In Gruppen erhalten die Lernenden zunächst einzelne Bildelemente der Karikatur. Die Gruppen eins, zwei und drei erhalten je eine der drei abgebildeten Personen, jedoch ohne Sprechblase, die vierte Gruppe betrachtet die Person mit Sprechblase. Jede Gruppe soll beschreiben, was jeweils dargestellt ist und was die Darstellung auslöst. Die Assoziationen werden gesammelt, und erst dann wird die ganze Karikatur gezeigt. So lässt sich einfacher herausfinden, worüber wir lachen, wenn wir die Karikatur sehen, und welche Bildelemente rassistisch aufgeladen sind – auch wenn die Aussage vielleicht antirassistisch gedacht war.

M46: karikaturinterpretation

Karikaturen betrachten – beschreiben –erklären – bewerten.

Karikaturen sind eine überspitzte oder verzerrte Darstellung von Menschen oder Zuständen. Sie wollen durch den Kontrast zur Realität Kritik üben und den Betrachter herausfordern bzw. zum Nachdenken bewegen. Ihre Erschließung trägt zur Wahrnehmungs-, Deutungs- und Urteilsfähigkeit bei.

1. o rientierendes Betrachten:

■ Karikaturen thematisieren

■ Der Druckort bzw. das Erscheinungsdatum können von Bedeutung sein.

■ Entdecken weiterer Gestaltungsmittel (Farbgebung, Schattierungen, Verzerrungen usw.)

■ Zusammenfassung der Gesamtaussage

3. e rklärung:

■ Benennen der angesprochenen politischen, sozialen, wirtschaftlichen oder kulturellen Zusammenhänge und Hintergründe (Einbettung in den Kontext)

■ Benennen der Absicht jener Person, welche die Karikatur herstellt: Wogegen wendet sie sich, was verteidigt sie?

■ Vorstellen des Adressatenkreises.

4. Wertung:

■ Aussagepräzision der Karikatur bewerten

■ Bewerten der darstellerischen Mittel (etwa: Elemente der Verzerrung, Symbolik, Metaphorik, Farbgebung, räumlichen Bildgestaltung)

Leseprobe

■ Passen Bild und Text zusammen?

■ Entdecken sachlicher Fehler in der Karikatur, welche die Darstellungsleistung schmälern?

■ Bewerten der Überzeugungskraft der Karikatur

■ Beurteilung des Witzes, der Boshaftigkeit und Komik

■ Gefahrenpotenzial von Beleidigung

■ Betrachten der Seriosität und politischen Korrektheit.

M47: karikaturen umzeichnen Einfügen der Karikatur in eine andere Umgebung. Vertauschen der Rollen: Z. B. aus Frauen Männer machen und umgekehrt: Was verändert sich in der Aussage?

M49: Motivverfremdung

Ein Kernstück eines Bildes wird ausgeschnitten und in eine neue Bildumgebung verpflanzt.

M50: Segmente aufdecken

Mit Hilfe von Abdeckungen (Overhead-Projektor, Präsentationsprogramm o. Ä.) werden nach und nach Teile des Bildes freigelegt.

Literatur zu Didaktik und Methoden

Brüning, Barbara (Hg.): Ethik/ Philosophie Didaktik. Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II. Berlin: Cornelsen Verlag 32020.

Cohen, Martin: 99 philosophische Rätsel, Frankfurt/ New York: Campus Verlag 2001.

Cohen, Martin: 99 moralische Zwickmühlen. Eine unterhaltsame Einführung in die Philosophie, München: Piper Verlag 52017.

Nida-Rümelin / Tiedemann, Markus (Hg.): Handbuch Philosophie und Ethik. Band I: Didaktik und Methodik, Paderborn: Ferdinand Schöningh 22017.

Ziener, Gerhard / Kessler, Mathias: Kompetenzorientiert unterrichten – mit Methode. Methoden entdecken, verändern, erfinden. Seelze: Kallmeyer / Klett Friedrich Verlag 2012.

151 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 mETHoDEn

Operatoren – Lerntätigkeiten initiieren, lenken und strukturieren

operatoren sind Handlungsaufforderungen in Verbform, die Lerntätigkeiten initiieren, lenken und strukturieren können. Diese Signalwörter geben an, was zu tun ist. operatoren bestimmen die Mittel und Methoden, die Lernenden wählen, um eine Aufgabenstellung bearbeiten zu können.

Der Denk- und Lernprozess kann nur dann erfolgreich sein, wenn Lehrpersonen und Lernende ein übereinstimmendes Verständnis der Definition eines Operators haben. Im Buch eThICa 2 werden nachfolgende Operatoren in den drei Anforderungsbereichen „reproduktion“, „Transfer“, „reflexion“ wie folgt verwendet und verstanden:

aufzählen / (be-)nennen Sachverhalte knapp und präzise aufzählen und auflisten bzw. Begriffe bestimmten Sachverhalten oder Prozessen zuordnen beschreiben / schildern Gegenstände, Sachverhalte, Personen und Vorgänge vollständig, systematisch und geordnet darlegen bezeichnen Sachverhalte, Strukturen und Prozesse begrifflich präzise darlegen aufzeigen / darstellen einen Sachverhalt strukturiert wiedergeben, so dass Beziehungen bzw. Entwicklungen deutlich werden ermitteln aus einem vorliegenden Sachverhalt Informationen entnehmen und für einen bestimmten Zweck verwenden herausarbeiten Strukturen, Leitgedanken, Strategien aus einem Textganzen / aus einem Sachverhalt herauslösen und akzentuiert darstellen skizzieren einen Sachverhalt in seinen Grundzügen verdeutlichen wiedergeben wesentliche Informationen, Sachverhalte oder einen Argumentationsgang strukturiert zusammenfassen zusammenfassen das Wesentliche in konzentrierter und übersichtlicher Form herausstellen

analysieren einen gegebenen Sachverhalt in seine Bestandteile zerlegen, seine wesentlichen Merkmale auf der Grundlage von Kriterien erfassen und ihre Beziehungen zueinander darstellen

auswerten aus Materialien bestimmte Sachverhalte herleiten, die nicht explizit genannt werden

charakterisieren Merkmale bzw. Einzelaspekte eines Objektes, eines Vorgangs oder einer Person kennzeichnen und ihre Bedeutung erläutern

erläutern den eigenen Standpunkt (mit geeigneten Argumenten und Beweismitteln begründet) zu einem bestimmten Thema/Problem/ Sachverhalt/Prozess wiedergeben

interpretieren den Sinngehalt und die möglichen Bedeutungen eines Textes erläutern unter Berücksichtigung des Inhalts, des Aufbaus und der sprachlichen Mittel; eine begründete Stellungnahme formulieren, die aufgrund einer Analyse, Erläuterung und Bewertung erstellt wurde

gegenüberstellen durch vorgegebene oder selbst gewählte Gesichtspunkte begründete Zusammenhänge herstellen bzw. Beziehungen herausarbeiten gliedern Strukturierung eines Sachverhalts

in Beziehung setzen Abhängigkeiten und Zusammenhänge verschiedener Sachverhalte aufzeigen / Nachweisen von Behauptungen durch Textstellen oder bekannte Sachverhalte

Leseprobe

Sachverhalte verknüpfen und einordnen Sachverhalt in einen neuen oder anderen Zusammenhang (Theorie, Modell, Regel, Gesetz, ...) stellen und deuten untersuchen Begriffe bestimmen, formale und inhaltliche Aspekte eines Textganzen oder eines Zusammenhangs unter spezifischen Fragestellungen herausarbeiten und den argumentativen Aufbau oder Wechselbeziehungen strukturiert und systematisiert darstellen vergleichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Sachverhalten und Personen auf der Basis bestimmter Kriterien feststellen, um daraus Schlussfolgerungen zu ziehen widerlegen Argumente dafür anführen, dass eine Behauptung, ein Konzept oder eine Position nicht haltbar ist einordnen / zuordnen / zusammenhänge erklären einen oder mehrere Sachverhalte oder Materialien in einen begründeten Zusammenhang stellen

begründen für einen gegebenen Sachverhalt einen folgerichtigen Zusammenhang zwischen Ursache(n) und Wirkung(en) herstellen beurteilen / bewerten Sachverhalte und Aussagen an geeigneten Kriterien auf ihre Richtigkeit prüfen, indem unter Verwendung von Fachwissen, Fachmethoden bzw. moralischen Werten ein Urteil bzw. eine persönliche Stellungnahme formuliert wird

diskutieren einen Sachverhalt hinsichtlich gegensätzlicher Positionen untersuchen und das Für und Wider abwägen, um zu einem Ergebnis zu kommen

formulieren / entwerfen / entwickeln Ideen, Vorschläge und Maßnahmen darlegen, wobei Ausblicke formuliert und begründet werden

gestalten Entwerfen von eigenen Ideen für Reden, Strategien, Szenarien bzw. Entwickeln eigener Handlungsvorschläge und Modelle erörtern sich kritisch in mündlicher oder schriftlicher Form mit einem Problem, einer Behauptung (These) oder Frage auseinandersetzen problematisieren Wertekonflikte und kontroverse Positionen erfassen und benennen

Stellung nehmen sich zu einer Fragestellung argumentativ und urteilend positionieren (über)prüfen eine Behauptung (Hypothese) an neuen, durch Beobachtung gewonnenen Erkenntnissen messen

152 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
EP ro DUKTI on
r
T r A n SFE r
r EFLEXI on
oPErATorEn

Seite 5/V 4.2

– Rechtspositivismus

1. Persönlich nicht damit einverstanden sein, dass Abtreibung bis zum dritten Monat zwar verboten ist, aber straffrei bleibt, wenn sie durchgeführt wird.

2. Persönlich nicht damit einverstanden sein, dass Tiere in Zoos gehalten werden, obwohl das Gesetz es unter bestimmten Umständen erlaubt.

Seite 7/I 6,1.2

– Das Trolley-Dilemma

Die grafische Lösung könnte etwa sein:

konsequenterweise gibt es da keine Landwirtschaft, keine Seefahrt, keinen Gebrauch von Luxusgegenständen, die von Übersee eingeführt werden müssen; keine bequemen Gebäude; keine Maschinen, mit denen sich größere Lasten bewegen lassen; kein Wissen über die Gestalt der Erde; keine Geschichtsschreibung; keine menschlichen Erfindungen; keine Wissenschaften; keine Gesellschaft, und was das Schlimmste ist, fortwährende Angst und die Gefahr des gewaltsamen Todes; und das Leben des Menschen ist einsam, arm, elend, viehisch und kurz.“

7. Das Recht auf den höchsten erreichbaren Gesundheitsstandard, einschließlich sexueller Gesundheit; mit der Möglichkeit angenehmer, befriedigender und sicherer sexueller Erfahrungen.

8. Das Recht, die Vorteile des wissenschaftlichen Fortschritts und seiner Anwendung zu genießen.

9. Das Recht auf Information.

10. Das Recht auf Bildung und das Recht auf umfassende Sexualkunde.

Seite 11/I 10,1

– Dilemma: Schiffbruch im Südatlantik Lösungshorizont: Aus konsequentialistischer Sicht sollte man eine Handlung genau dann vollziehen, wenn sie die besten Folgen hat. Was wären die besten Folgen im konkreten Fall? In der Tugendethik ist der Charakter eines Menschen dann gut, wenn er menschliche Fähigkeiten in hervorragender Art und Weise ausgeprägt hat. Ist Opferbereitschaft so eine Fähigkeit?

Seite 11/O 11,1.2

– Die Lehre der Mitte nach Aristoteles Stumpfsinn – Besonnenheit – Zügellosigkeit; Verschwendung – großzügigkeit – Geiz; Schüchternheit – Scham – Unverschämtheit; Selbstzweifel – Selbstbewusstsein – Selbstüberschätzung; Kleinmut – Mut – Hochmut.

Seite 12/O 12,1

– „… bellum omnium contra omnes“ (Hobbes)

Mögliche Übersetzung:

„In einem solchen Zustand hat menschlicher Fleiß keinen Platz; denn die Früchte, die er ernten könnte, sind ungewiss: und

Seite 15/G 14.2

– Theory of mind

11. Das Recht, Ehen und andere, ähnliche Arten von Beziehungen einzugehen, zu bilden und aufzulösen, die auf Gleichheit und vollständiger und freier Zustimmung basieren.

Ein dreijähriges Kind lässt Sally die Murmel in der Schachtel suchen. Warum ist das so?

Die „Theory of Mind“ geht aus von der Fähigkeit eines Menschen, mentale Inhalte wie Überzeugungen, Wünsche, Emotionen in sich selbst und in anderen Personen klar zu erkennen. Dies ist erst ab dem vierten bis fünften Lebensjahr der Fall. Kinder können erst in diesem Alter die Perspektive anderer einnehmen und auf den Wissensstand eines Zuhörenden Rücksicht nehmen.

Seite 18/I 16,1

– Verschiedene Arten der Liebe

Seite 30/I 28,1

– Alles gender oder was?

Leseprobe

Seite 30/I 29,1

– Sexuelle Menschenrechte

Sexuelle Rechte sind Menschenrechte im Zusammenhang mit Sexualität. Eine mögliche Übersetzung:

1. Das Recht auf Gleichheit und Nichtdiskriminierung.

2. Das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.

3. Das Recht auf Autonomie und körperliche Integrität.

4. Das Recht, frei von Folter und grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe zu sein.

5. Das Recht, frei von allen Formen von Gewalt und Zwang zu sein.

6. Das Recht auf Privatsphäre.

12. Das Recht, zu entscheiden, Kinder zu haben, die Anzahl und den Abstand der Kinder und die Informationen und die Mittel dafür zu haben.

13. Das Recht auf Gedanken-, Meinungsund Religionsfreiheit.

14. Das Recht auf Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung.

15. Das Recht auf Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben.

16. Das Recht auf Zugang zum Rechtssystem, zur Rechtshilfe und zu Schadenersatz.

Seite 34/I 32,1

– „Treue“ bleibt über den Zeitraum ein hoher Wert (über 80%).

– Kinder haben nach einem Rückgang von 63% (1990) auf 55% (2008) wieder an Wert gewonnen: 60% (2018).

Die Bedeutung „Gute Wohnverhältnisse“ hat wieder stetig zugenommen.

– Wieso es bei „Hausarbeit teilen“ und „Angemessenes Einkommen“ im Jahr 2008 einen Ausreißer nach oben gegeben hat, lässt sich wohl nur vermuten (z. B. „Weltfinanz- und Wirtschaftskrise“).

Seite 34/O 33,1

– Epikur und der Liebesgenuss

Für Epikur lauten die fünf Übel beim Genuss der Liebe:

1. Die Gesetze übertreten;

2. Die guten Sitten verletzen;

3. Nahestehende Menschen kränken;

4. Die eigene Gesundheit zerrütten;

5. Die zum Leben notwendige Habe verschwenden.

153 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 LöSUngSTEIL
LöSUngEn
1A; 2E; 3E/P; 4A/P; 5A; 6P; 7E; 8E; 9A.
1. b) n) – 2. d) o) – 3. c) e) – 4. l) j) – 5. m) p) – 6. g) h) – 7. a) f) – 8. I) k)
elcomblus.com*

Seite 34/O 33,2

– „Generation Doof“

Die im Text angeführten Trennungsgründe lauten: 1. Stefanie sitzt jeden Abend vor der Mattscheibe; 2. Thorsten unternimt nie etwas mit Karina uns spielt lieber Computer; 3. Petra hatte keine Lust mehr mit Markus jeden Abend fünf Bier zu trinken, nur um ein halbwegs unterhaltsames Gesprächsthema zu finden.

Seite 38/I 36,1

– Wann beginnt menschliches Leben?

1C; 2F; 3B; 4E; 5D; 6A

Seite 39/I 37,1

– Ethische und rechtliche Normen

1. Rechtlich nicht vorgeschrieben, einen Autostopper mitzunehmen. Ethisch wäre es vielleicht geboten.

2. Es ist erlaubt, 130 km/h auf der Autobahn zu fahren. Kann es ethisch jedoch zweifelhaft sein?

3. Es ist rechtlich zwar nicht verboten, ein Schulkind mit dem Auto bis vor die Schule zu bringen. Aber ist dies vielleicht ethisch zu hinterfragen.

Seite 43/V 40

– Begrifflichkeiten, Formen und Verfügbarkeit

Die richtige Zuordnung lautet: 1A; 2C; 3D,E,J; 4I; 5F,G; 6F; 7H; 8B,K.

Seite 46/O 44,1

– Ziele einer Abbruch-Statistik

Mögliche Aspekte, die anonym abgefragt werden könnten: Alter, Beziehungsstatus, Finanzen, Grund der ungewollten Schwangerschaft, Medizinische Aspekte u.a.

Seite 50/I 48,1

– Assistierte Reproduktion

Die aktuell in Österreich erlaubten Möglichkeiten der assistierten Fortpflanzung sind: Besamung, Samenspende, In-vitro-Fertilisation; Eizellenspende.

Seite 51/V 48

– Fortpflanzungsmedizinrecht (FMedG) in Österreich

Bedingungen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung (in einer Ehe, eingetragenen Partnerschaft oder in einer Lebensgemeinschaft) sind:

1. Alternativenlosigkeit 2. Infektionsgefahr

durch Geschlechtsverkehr 3. Partnerschaft von Frauen.

Seite 54/I 52,2 + I 53,1

– „Dann editieren wir halt!“ – Trugschlüsse und Argumentationslinien Ein Sein-Sollen-Fehlschluss liegt insofern vor, weil „die Natur“ nur fälschlicherweise als Sollen gewertet wird. Die „Natur“ wird mit „gut“ gleichgesetzt und normativ aufgeladen.

Seite 59/E 57

– „Gesellschaft Zukunft Tierwohl“

Die Mindeststandards beinhalten:

1. Sehen der Emotionen und individuellen Bedürfnisse.

2. Optimale Lebensbedingungen schaffen.

3. Ausleben der angeborenen Verhaltensweisen ermöglichen.

Seite 65/B 65

– „Massentierhaltung ohne Alternative?“

Die Karikatur von Oliver Sebel trägt den Titel: Von der Massentierhaltung zum Urban Farming.

Seite 71/V 68

– Leitende Grundsätze des Tierversuchsgesetzes § 6 (2012)

Testphasen: Labor | Tierversuche | Zulassung für Studien am Menschen: Phasen I bis III | Zulassungsverfahren | Vertrieb.

Seite 74/O 73,2

– Tugend in der Tierethik

Diese drei Laster berühren die Tierethik: Eitelkeit, Gier, Unmäßigkeit. Notwendige Tugenden wären: Mitgefühl, Verantwortungsbereitschaft, Fürsorge.

Seite 82/O 81,1

– Mensch – Medien – Moral

Die drei Thesen könnten etwa lauten:

1. Medien bestimmen zwar immer mehr unseren Alltag, die Standards für den ethisch richtigen Umgang nehmen ab.

2. Wir sind nicht mehr sicher darin, welche ethischen Standards überhaupt gelten sollen.

3. Als einzig gemeinsamer Nenner bleibt uns die Verantwortung.

Seite 83/V 80

– Was ist Medienkompetenz?

1. [T,G] Kriterien der Mediengestaltungen

erkennen und benennen. 2. [A] Informationsquellen erfassen, zitieren, vergleichen. 3. [G] kommunikatives Handeln reflektiert wahrnehmen, verstehen und gewaltfrei gestalten. 4. [A,G] Medienangebote und Informationen auswählen, interaktiv nutzen, kommunizieren und präsentieren. 5. [T,A] Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung analysieren. 6. [G] Medienprodukte vergleichend analysieren. 7. [G] Medieneinflüsse und Wertvorstellungen erkennen und benennen. 8. [A,G] medienrechtliche Aspekte erläutern. 9. [T,A ] Interessen und Bedingungen der Medienproduktion und Medienverbreitung aus unterschiedlichen Blickwinkeln beurteilen. 10. [A,G] Kreativität in der Gestaltung zeigen. 11. [A] eigene Rechte, Interessen, Grenzen und Bedürfnisse wahrnehmen. 12. [G] Medieninhalte und Mediengestaltungen kritisch bewerten. 13. [A,G] kritisches und kreatives Denken und Handeln als Grundhaltungen zeigen. 14. [A] sich als selbstwirksam erleben. 15. [G] zielgerichtet und weltoffen mit Personen und Systemen kooperieren. 16. [T,A] eigene Medienbeiträge und interaktive Anwendungen gestalten und verbreiten. 17. [T,A] Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sicher und kritisch benutzen. 18. [A] kritisch denken und Probleme lösen. 19. [A.G] selbstständig Ziele setzen, auswählen, planen, realisieren und überprüfen. 20. [A] Informationen und Wissen interaktiv nutzen. 21. [T,A] eigene Medienbeiträge und Anwendungen planen, umsetzen, präsentieren und publizieren.

Seite 86/O 74,1

– Recht auf Zugang zu Medien und Schutz

A. Anerkennung der Rolle der Massenmedien; Sicherstellung des Zugangs zu qualitativen Informationen aus nationalen und internationalen Quellen;

B. Verbreitung von nützlichem Material in Massenmedien; Zusammenarbeit bei Herstellung, Austausch und Verbreitung von Informationen; Herstellung und Verbreitung von Kinderbüchern;

C. Gefährdung der sprachlichen Unabhängigkeit von Ureinwohnern; fehlende Richtlinien zu Informationen und Materialen, die das Kindeswohl beeinträchtigen.

D. z.B.: Möglicher Zugang zu Hardware und Software; Schutz vor Missbrauch im digitalen Raum; Cyberkriminalität; mediale Abhängigkeiten.

154 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
LöSUngSTEIL
Leseprobe

Seite 98/I 96,1

Erscheinungsformen eines Konflikts

Plausibel wären etwa folgende Zuordnungen:

A: 1a), 2a), 7b) – B: 2a), 6a), 7b) – C: 1b), 3a), 6b) – D: 2b), 4a), 6a); – E: 1b), 3b), 7a) – F: 1a), 3a), 6b) – G: 2a), 4a), 7a) – H: 1b), 4b), 7a).

Seite 98/I 97,1 – Gegenstand und Ursache – Fünf Grundtypen

Die Zuordnung lautet: a)1; b)2; c)4; d)1; e)5.

Seite 98/D 96

– Streit der Meinungen

Folgende Eckpunkte wären einzubeziehen:

1. Hinterfragbare Wahrheitsansprüche

2. Verzicht auf physische oder psychische Gewalt

3. rechtsstaatliche Ordnung

4. Recht auf freie Meinungsäußerung

Seite 99/E 97

– Die Kunst der Kommunikation –Vier Ohren und vier Schnäbel

A) Schnabel: Sachebene / Ohr: Beziehungsebene

B) Schnabel: Sachebene / Ohr: Sachebene

C) Schnabel: Selbstkundgabe / Ohr: Appell

D) Schnabel: Appell / Ohr: Selbstkundgabe

Seite 103/V 100

– Was ist Mediation?

A1; B5; C3; D4; E2

Seite 106/I 105,1

3A: mangelnde Teilhabe bei Entscheidungen; 3B: Armut, nichts mehr zu verlieren; 3C: Waffenvernarrtheit; 3D: Abschreckung; 3E: Korruption.

4A: ein Attentat auf eine wichtige Persönlichkeit; 4B: massive Preisschwankungen; 4C: Entweihung von Symbolen (Flagge); 4D: Täuschungsmanöver; 4E: Umweltkatastrophe.

5A: Waffenstillstand; 5B: Kriegskasse; 5C: Begeisterung und Kampfmoral; 5D: Waffenarsenal; 5E: Jahreszeit (Winter).

Vgl. sicherheitspolitik.bpb.de/de/m1/articles/the-biccconflict-matrix

Seite 110/V 108

– Handeln in akuten Gewaltsituationen

SACHREGISTER a

Abtreibungsstatistik – 44, 46

Abtreibung – 36, 38, 44–47

Adoption – 44, 47

Ahimsa – 52

Alawiten – 140

Aleviten – 136, 140f.

ALEXA – 80, 83

Allah – 136f., 139, 140, 144

Anglikanischen Kirche – 130, 133

Anonyme Geburt – 44, 47

Anthropozentrik – 61f.2

Anthrozoologie – 72, 75

Apokryphe – 128f.

Apostolische Glaubensbekenntnis – 129

Artgerechte Tierhaltung – 56, 58

Autonomie – 32, 40, 42,f., 153, 158

Die These von Johan Galtung lautet: „Je weniger Alternativen es in einem Konflikt gibt, desto eher kommt Gewalt ins Spiel.“

Seite 111/V 108

– Das Dreieck der Gewalt

a)1; b)2; c)3; d)1; e)2; f)1; g)3; h)1; i)2.

Seite 114/O 113,1

– Die politisch-soziale Wertdimension

Werte: Würde, Geltenlassen, Achtung, Toleranz.

Menschenrechte: Recht auf Leben, Recht auf persönlichen Freiraum, Recht auf freie Meinungsäußerung.

Seite 129/B 129

– Jesus der Christus

– Welche Entstehungszeiten könnten die beiden Bildhäften haben?

B

Babyklappe – 44, 47

Bar (Bat) Mitzwa – 121

Basisemotionen – 14f.

Behinderung – 37f., 41, 44, 48, 80

Besamung – 48, 69, 154

Bildbearbeitung – 92, 151

Billigfleisch – 65

Bioethik – 40, 42, 124, 134, 144, 158ff.

Biotechnologie – 40, 52, 54f.

Blut – 10, 16, 92, 116, 123

Brache – 122

Buddhismus – 36, 39, 140, 158

buddhistisch 52, 55

C

Leseprobe

– Die neun Eskalationsstufen von Friedrich Glasl

A: III,7; B: II,6; C: II,5; D: II,4; E: I,3; F: III,8;

G: I,1; H: I,2; I: III,9.

Seite 110/I 108,1

– Die Konfliktmatrix

In einem Konflikt (Krieg) können folgende Faktoren zusammenspielen.

1A: Streit um Landesgrenzen; 1B: sozial Schwache gegen Reiche; 1C: ethnische Spannungen; 1D: Militärausgaben; 1E: Kampf um Wasser.

2A: Einsatz von gewaltsamen Mitteln; 2B: Gewinnmaximierung; 2C: Bedrohung oder Bereicherung durch andere; 2D: Aufrüstung; 2E: Ressourcenknappheit.

– Worin sind sich die beiden Bildhälften ähnlich?

– Worin unterscheiden sich die beiden Bildhälften?

– Warum ist der Christuskopf geteilt?

– Was könnte der Grund sein, dass beide Bildhälften in dieser Arbeit in eine Collage gebracht wurden?

Care–Ethik – 14f., 49

Chassidismus – 120, 159

Christentum – 3, 24, 120, 126–131, 136, 145, 159f.

Christus, Jesus der – 126–131

CrisprCas 9 – 52

D

Dagstuhl–Dreieck – 80

Dammbruchargument – 53

Datenschutz – 84, 87

Deontologie – 8, 158

Der Kleine Prinz – 60

Designerbaby – 52

digital divide – 80, 82

Digitalen Netzwerke – 81

Dilemma – 6, 8, 10, 12, 14

DNA – 52

Down-Syndrom – 37

Dreieck der Gewalt – 108, 111, 154

Dschihad – 143

e

Ehe – 24, 32, 40, 48, 96, 117f., 125, 127, 130, 137, 145, 160

Eizellenspende – 48, 154

ELIZA – 80

155 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
LöSUngSTEIL | SACHrEgISTEr

SACHrEgISTEr

Elternliebe – 24, 26, 41f., 44, 158

Elternschaft – 40, 49, 51

Embryo – 36f., 39, 45, 48, 52

Embryonenforschung – 52, 54

Empathie – 13, 15, 72, 74, 97, 112, 115, 153, 158

Entscheidung(en) – 5, 7, 32, 52, 88, 96, 113, 123, 131, 138, 148

Eskalationsstufen – 105f., 154, 159

Essensvorschriften – 116, 126, 137

Ethik – 3, 4ff., 8, 10f., 13–17, 24, 44, 49, 60, 63, 65, 76, 81, 83, 88, 96, 100, 101, 103f., 108, 112, 119, 122, 123, 131–134, 141, 143, 151, 158ff.

Evangelische Kirche – 133f., 160

F

Goldene Regel – 8

Gott – 16, 36, 45, 56, 58, 61, 84, 99, 116, 118, 120–123, 126–132, 134–136, 138f., 140–144

Gottesliebe – 16, 131

h

Kryonik – 52, 54

Kugelmensch – 28, 31, 158

Künstlichen Befruchtung – 48, 52

L

Halâl – 145

Harâm – 145

Hate Speech – 85

Haustier – 58, 60, 62, 67, 72

Hebammengesetz – 36

Heilige Schriften – 116, 126, 136

Hohelied – 20, 23, 118

Homosexualität – 16, 25, 32, 158

I

Familie – 15, 20, 33, 40, 47, 53, 65, 68, 96, 100, 137, 158

Femidom – 43

Festkalender – 120

Fleischkonsum – 58, 65ff.

Fleischlose Ernährung – 67

Fleischproduktion – 66f.

Folgen – 6ff., 10, 28, 34, 48, 51ff., 84, 104, 122, 132, 150

Fortpflanzungsmedizingesetz – 48, 51

Freitagsgebet – 141

Freundschaft – 24, 26, 33, 49, 88, 108, 158

FreundschaftPLUS – 24

Friedensethik – 133, 143, 160

Friedensnobelpreis – 89, 91, 116

Fristenlösung – 44

Future Baby – 2, 52, 53f.

g

GATTACA – 48, 51

Gebote – 84, 86, 116, 118f., 121, 124f., 126, 131–136, 141, 160

Gefühle – 14, 16, 50, 60, 64, 72f., 77, 96, 100, 146, 148f., 153

Geld – 5, 11, 40f., 48, 61, 77, 98, 125, 144f.

Gender – 2, 28, 30

Gender-Debatte – 28, 30

Genderismus – 28, 30

Gender Mainstreaming – 28, 30

Gender-Marketing – 28, 30

Gender-Medizin – 28, 30

Gender-Pay-Gap – 28, 30

Gender-Sprache – 28, 30

Gender Studies – 28, 30

Genome Editierung – 52

Genschere – 52, 54

Gerechtigkeit – 3, 4, 10f., 15, 73, 92, 96, 108, 113, 134, 144, 148

Gesinnungsethik – 141

Gewalt – 2, 37, 92, 94–97, 108, 110ff., 133, 153f., 159

Gewaltlosigkeit – 108, 111

Gewissen – 9, 134f., 142

Glaube – 2, 64, 84, 120, 129f., 136, 140, 142, 144, 159

Glück – 3, 4, 6, 7, 10f.

Ideenliebe – 16

Indikationenlösung – 44

Informationsquellen – 83f., 154

Leben – 2f., 6f., 9–12, 16, 23f., 26, 28f., 32, 36, 37– 41, 44f., 49, 51, 56, 58, 62, 64, 67, 69, 70, 72f., 90, 96, 100, 103, 108, 111ff., 116, 118f., 120, 123, 126, 128ff., 135f., 138f., 142, 144, 150, 153, 155, 158ff.

Lebensbeginn – 38, 144

Leihmutter – 48, 53

Liebe – 3, 16–19, 24, 26–29, 32–35, 53, 72ff., 88, 108, 112, 118f., 123, 126, 131f., 139, 148, 153, 158

Liebesambulanz – 25, 27

Lustgewinn – 7, 20

M

Partnerschaft – 16, 20, 24, 32–35, 40f., 48, 154

Pflicht – 2, 4f., 8f., 100, 117, 120f., 141, 144, 158, 160

Pflicht(en) – 6, 8ff., 24, 26, 57, 121, 125, 136, 159

Pille – 25, 40, 41, 43

Polyamorie – 24

Präferenztest – 56, 58

Präimplantationsdiagnostik (PID) – 48

Pressefreiheit – 89, 91

Prophet – 136, 139, 140f.

Psychologie – 10, 14, 112, 115, 158

q

Queer – 28

r

Rabbiner (in) – 39, 123

Instinkt – 6

Intersexualität – 28, 31

In-vitro-Fertilisation – 48, 154

Islam – 3, 112, 126, 129, 136–141, 143ff., 160

Israel – 116-124

j Jesus von Nazaret – 126, 128f.

Journalismus – 89f.

Judentum – 3, 36, 39, 116, 118–125, 129, 136, 140, 159

k

Kalender – 120, 130f., 159

Kants – 8, 14

Kategorische Imperativ – 8

Katholischen Kirche (römisch) – 126, 130, 133, 135

Kinderaussetzung – 44

Kinderrechtskonvention – 36, 39

Kinderwunsch – 48–51, 53

Kleidungsvorschriften – 117, 126, 137

Klimawandel – 142

Klonen – 52, 54, 158

Kommunikation – 33, 76–81, 84f., 96f., 99, 104, 154

Kompromiss – 2, 100–103, 159

Kondom – 41, 43

Konflikt – 2, 12, 96ff., 100, 102–106, 108, 110, 112, 114,f. 154, 159

Konfliktberater – 105

Konflikte – 2, 3, 96ff., 100, 102f., 105, 108, 111, 133, 159

Konfliktformen – 98

Konfliktmanagement – 105, 107, 109

Konfliktmatrix – 101ff., 108, 110f.

Konkurrenz – 12f., 38

Konsequentialismus – 6

Konservatives Judentum – 120

Kontraktualismus – 12f.

Konventionen – 4, 9

Kooperation – 12f., 100, 136

Koran – 136–139, 141–144

Koscher – 116

Krankheit – 36f., 41

Macht der Bilder – 95

Mandelzweig – 123, 159

Manipulation – 2, 48, 53, 92f., 94f.

Massenmedien – 76, 84, 93f., 159f.

Massentierhaltung – 60, 65, 73

Mediation – 96, 100, 103, 109, 154, 159

Medien – 2, 21, 23, 40, 76–86, 88f., 93ff., 154, 158f.

Medienethik – 2, 76, 80, 84, 88, 90ff., 159

Mediengeschichte – 76, 79

Mediengestaltung – 83, 88, 154

Medienkompetenz – 80, 83, 154

Medienkonsum – 84, 86, 92

Mediennutzungsverhalten – 85, 87

Medizinethik – 39, 40, 45

Mekka – 136f., 139f., 160

Menora – 117

Mesotes–Lehre – 11

Mitleid – 4, 14, 72, 74

Mitleidsethik – 14

Moral – 2–5, 7, 12f., 15, 81ff., 100, 135, 144, 154, 159

Moralisches Argument 53

Moralphilosophie – 14

Moschee – 141

Mutterleib – 36, 37

Nächstenliebe – 16, 128f., 131

Nahrungskatastrophe – 73

Nationalsozialismus – 9

Neue Testament – 128, 130f., 155

Neugeborenes – 36, 48

Normen – 12f., 37ff., 81, 100f., 118, 125, 134, 150

Offenbarungsreligion – 130

Ökologie – 2, 122, 132, 142, 159f.

Organtransplantation – 15, 134

Orthodoxes Judentum – 120

Paarbeziehung – 24

Partnerliebe – 16

Ramadan – 136, 137, 140

Recht – 4f., 8f., 13, 16, 24, 36–39, 40, 44f., 50, 60f., 64, 81, 84, 86, 96, 104, 112, 113f., 118f., 131, 146, 153ff., 158

Rechtspositivismus – 4, 158

Reformierte Kirche – 135

Reformjudentum – 120f.

Regeln – 4, 10, 11f., 14f., 20, 96,f., 116, 118, 120f., 125, 134, 139, 145f., 147, 159

Regenbogen – 29

Reprodruktionsmedizin – 48

Respekt – 2, 21, 37, 112–115, 143

S

Leseprobe

Sabbat – 117, 121, 131

Safari – 69

Samenspende – 48, 154

Schächten – 125

Scharia – 136, 138f., 160

Schiiten – 136, 138, 140

Schmerzempfinden – 37

Schöpfung – 2, 16, 119f., 122f., 132, 142, 159

Schwangerschaft 36

Schwangerschaft – 20, 25, 36, 40, 44–48

Schwangerschaftsabbruch – 44ff., 127

Schweinefleisch – 116, 137, 145

Sein-Sollen-Fehlschluss – 53f.

Selbstbestimmungsrecht – 45

Selbstliebe – 16, 126

Semiotische Dreieck – 76, 79

Sexismus – 21, 85, 86

Sexting – 21

Sexualethik – 25ff., 158

Sexualität – 17, 20f., 23–27, 29, 117, 125, 127, 135, 137, 153, 158ff.

Sexuelle Menschenrechte – 29f., 153

Sexuelle Orientierung – 32, 35

Sinai – 116, 118ff., 159

Social Egg Freezing – 48

Social–Media – 85

Sonntag – 127, 130f., 158

Spirale – 43

156 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
N
o
P

Stammzellenforschung – 52, 54

Streit – 3, 96, 98f., 104, 112, 114, 154, 159

Streitschlichter – 104, 107

Sufismus – 139, 142

Sunniten – 140

Synagoge – 117, 119f., 123

T

PERSONEN

a Abbas, Mahmud – 116

Abdollahi, Michel – 45

Ach, Johann – 60

Ademi, Çefli – 138

Adler, Jankel – 121

Feichtinger, Michael – 49

Fenner, Dagmar – 45, 88

Fiedler, Peter – 20

Filipova, Dilyana – 69, 71

Filipovic, Alexander – 93, 95

Fraenkel, Carlos – 112

Frankfurt, Harry – 17, 151

Fromm, Erich – 17, 100

Talmud – 36, 116, 118ff., 122, 123ff., 159

Teleologie – 6, 7

Theory of Mind – 14, 112, 153

Therapietiere – 69, 70

Tier(e) – 2, 3, 52, 56ff., 60–75, 125, 135, 137, 145, 158, 160

Tierethik – 57, 59f., 62, 63, 65ff., 70f., 73ff., 154, 158f.

Tierfriedhof – 72

Tierrechte – 57, 59, 73, 145

Tierschutz – 57, 59, 63, 73, 75, 145

Tierschutzgesetz – 64, 67

Tierversuche – 60, 68–71

Tierwohl – 57, 59, 68, 154

Toleranz – 2, 112, 113ff., 155

Tora– 36, 116, 118–123, 136

Torarolle – 119

Totem (tiere) – 64, 67

Tradition – 24, 61, 122ff., 130, 135f., 144, 146, 159

Transidentität – 28, 31

Trolleyproblem – 6

Tubensterilisation – 43

Tugend – 10f., 74, 93, 113, 154

Tugendethik – 10f., 44, 73ff., 141, 158f.

U

Umweltethik – 132, 142

Utilitarismus – 6f., 10, 44 v

Vasektomie – 43

Verantwortungsethik – 8

Verhütung – 23, 40f., 43, 127

Verhütungsmittel – 40, 41

Vernunft – 61

Verstehen – 104, 106, 112

Vertragsethik – 12, 13

Viehzucht – 65ff.

W

Weiße Rose – 9

Werbeethik – 88, 91

Werbung – 21, 88, 91f.

Wert – 4, 6, 14, 17ff., 23, 65, 91, 113, 144

Wirtschaftsethik – 124, 134f., 144, 159, 160

Wunderkind – 49, 158

z

Alber, Mechthild – 123

Alboth, Anna – 109

Al-Daghistani, Raid – 142

Al-Ghazali, – 136

Al-Tayyeb, Ahmad Mohammad – 136

Apel, Achivai – 122

Arafat, Jassir – 116

Aristoteles – 6, 10f., 36, 70, 153

Arlamovsky, Maria – 53

Ates, Seyran – 143

Funiok, Rüdiger – 81 g

Gabriel, Theodore – 130

Galtung, Johan – 108, 110

Ganslandt, Herbert – 4

Geaves, Ronald – 130

Gellis, Ruth – 125

Georgi, Susanne – 45

Gerrig, Richard – 10

Gesang, Bernward – 9

Gevisser, Mark – 29, 31

Kunzmann, Peter – 69

Kuschel, Karl-Josef – 141

L

Landweer, Hilge – 14

Lane, Libby – 133

Lanier, Jaron – 84

Lapper, Alison – 41

Laufen, Rudolf – 128

Leimgruber, Walter – 120

Lowell, James Russell – 101

Luhmann, Niklas – 93f.

Luther, Martin King – 108

Luther, Martin – 11, 111, 126, 130, 134

M

Machin, Anna – 33

Maglio, Rita – 41, 43

Magritte, René – 33

Zebraeffekt – 17, 19

Zehnwort (Zehn Gebote) – 116, 119

Ziel – 4, 6f., 10, 12, 45, 56, 64, 73, 84, 116, 133, 138, 142, 144, 146ff., 158

Zirkus – 60f., 63

B Balluch, Martin – 73, 75

Banksy – 109

Bartholomaios I. – 132

Bauer, Joachim – 12, 73

Bauernfeind, Georg – 134

Ben-Chorin, Shalom – 123

Bentham, Jeremy – 7, 60

Berger, Adelheid – 24

Berninger, Simon – 140

Bielefeldt, Heiner – 40

Binzegger, Lilli – 125

Böckler, Annette – 122

Bocksch, René – 80

Bonifatius – 126

Bonner, Stefan – 33

Borchers, Dagmar – 60, 73

Bösel, Roland – 9, 17

Bösel, Sabine – 17

Bossert, Leonie – 15

Brunnen, Anna Maria – 49, 145

Bussmann, Bettina – 15, 25 C

Calvin, Johannes – 126

Carlsson, Silvi – 45

Celik, Murat – 144

Chagall, Marc – 119

Cho, Wiiliam – 11

Clark, Malcolm – 140

Coetze, John – 56 D

Deinhammer, Robert – 12

Descartes, René – 60

Dix, Otto – 49

Dressler, Stephan – 32

Dschalal ad-Din Rumi – 136

Düwell, Marcus – 100

Ekman, Paul – 14

El-Mogaddedi, Zaid – 144

Epikur – 33f., 153 F

Faulstich, Werner – 76

Ghandour, Ali – 142

Giordano, Bruno – 17

Glasl, Friedrich – 105ff., 154

Goerger, Klaus – 13

Gräfrath, Bernd – 4

Grimm, Petra – 81

Grözinger, Karl – 118

Gruen, Arno – 112

Grün, Anselm – 20, 142f., 146

Grünfeld, Jonathan – 120

Gümüsay, Ali Aslan – 144

Gutenberg, Johannes – 126

Halm, Heinz – 138

Hamelink, Cees – 84

Hasan al-Banna – 136

Haußig, Hans-Michael – 139

Häyry, Matti – 48

Heinrich VIII. – 126

Hillel – 116

Hobbes, Thomas – 6f., 12f., 153

Höffe, Ottfried – 113

Hutter, Manfred – 126, 131, 136

Leseprobe

Ilkılıç, Ilhan – 144

Innozenz II. – 126

Isabel – 37

Jalka, Susanne – 113, 115

Jonas, Hans – 8, 123

Jonata, Beate – 25

Kaiser, Sylvia – 56, 118, 126, 130f.

Kant, Immanuel – 8f., 10, 14, 60, 73

Kaplan, Nathan Lee – 124

Kerner, Nena – 16

Khorchide, Mouhanad – 145

Kienpointner, Manfred – 104f.

Kilmann, Ralph – 101

Kisi, Melahat – 144

Klee, Paul – 1, 5

Kleve, Heiko – 100

Kotrschal, Kurt – 56

Kriegl, Carina – 57, 59

Malewitsch, Kasimir – 129

Margalit, Avishai – 101

Martell, Karl – 126

Marx, Martina – 85, 87

Masrar, Sineb El – 144

Meister Eckhart – 16

McLuhan, Marshall – 77

Mill, Stuart – 6f.

Montaigne, Michel de – 60

Muhammad – 136-139, 140f.

N

Netanjahu, Benjamin – 116

Neumann, Daniel – 121

Nisenholz, Yaron – 125

Nozick, Robert – 32

Nowak, Kurt – 130 o

Orenstein, Peggy – 21

Özdil, Ali Ötgur – 141

P

Paganini, Claudia – 88

Papst Franziskus – 132, 134, 136

Pauer-Studer, Herlinde – 10

Paulus, von Tarsus – 126, 127f., 130

Petrus, Klaus – 57, 127, 155

Pfenning, Jana – 41, 43

Picciani, Peter – 85

Pizzera, Paul – 32

Platon – 10, 17, 28, 36, 93

Pluhar, Evelyn – 64

Precht, Richard – 8, 61f.

Prochazka, Elke – 21

Pürer, Heinz – 76

Queen Elizabeth II. – 133

Quinn, Marc – 41

Remele, Kurt – 65, 68

Ressa, Maria – 89, 91

Richter, Sophie 56, 113, 118

Robbers, Gerhard – 134

157 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
SACHrEgISTEr | PErSonEn
e
h
I
j
k
q
r

S Sachser, Norbert – 56

Saint-Exupery, Antoine de – 60

Schlieter, Jens – 52

Schmid, Birgit – 72

Schrader, Lutz – 96, 97

Schulz von Thun, Friedemann – 97

Seelhorst, Bernhard – 62

Seidl, Ulrich – 69

Shannon, Claude – 77

Sharon, Ariel – 116

Singer, Peter – 6, 36f., 39, 68, 70

Sokrates – 89, 146, 148

Spera, Danielle – 119

Stacey, Aisha – 141

Stemberger, Günter – 121

Stemmer, Peter – 4, 12

Strasser, Peter – 101, 103

STS – 112, 115

T Talabardon, Susanne – 131

Theodosius I – 126

Thomas, Kenneth – 101

Thomas von Aquin – 60

Tiedemann, Markus – 24, 151

U

Übelhack, Andrea – 120

Voland, Eckart – 41, 44

Waldburger, Samuel – 135

Wawatschek, Veronika – 134

Watzlawick, Paul – 81

Weaver, Warren – 77

Weise, Peter – 12

Weiss, Anne – 33

Weisz, Willi – 104

Weizenbaum, Joseph – 80

Werren, Sarah – 124

Wiesemann, Claudia – 49

Williams, Bernard – 21, 93

Wils, Jean-Pierre – 10

Wilson, Edward O. – 17

Wolbert, Werner – 6

TExTQUELLEN

allgemeine Info zu den Internet-zitaten

• Grundsätzlich werden die Textquellen vor Ort angegeben.

• Die bei einigen Textquellen mit * gekennzeichneten Internetadressen in Kurzform finden sich in folgendem Verzeichnis unter der jeweiligen Bausteinkennung in der ausführlichen Langform.

• Alle Internetadressen wurden abgerufen am 20.07.2022.

o 4,1. Stemmer, Peter: Handeln zugunsten anderer. Eine moralphilosophische Untersuchung. Berlin: Walter de Gruyter 2000, 3f.

v 4. Gräfrath, Bernd/Ganslandt, Herbert: Rechtspositivismus. In: Mittelstraß, Jürgen (Hg.) Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie, Bd. 3 Stuttgart/Weimar: Verlag J. B. Metzler 1995, 514f.

o 6,1. Hobbes, Thomas: Leviathan or the matter, forme & power of a commonwealth ecclesiastical and civil 1651, Part I Chapter 11; zit. nach www.gutenberg.org/cache/epub/3207/pg3207-images.html#link2H_PART1

I 7,1. Celikates, Robin / Gosepath, Stefan: Philosophie der Moral. berlin: Suhrkamp Verlag 32017, 261.265.

Y

Yiwu, Liao – 92, 95

z

g 8. Kant, Immanuel: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. Stuttgart: Reclam 1974 [1785].

g 8. Jonas, Hans: Das Prinzip Verantwortung. Frankfurt a. M.: Insel Verlag 1989.

Zimbardo, Philipp – 10

Zink, Christoph – 32

Zodrow, Laura – 61, 63

Zwingli, Huldrych – 126

Leseprobe

I 8,1. Precht, Richard David: Von der Pflicht. München: Goldmann Verlag 22021,12.

I 9,1. phil.uni-mann-heim.de* – Gesang, Bernward: Spendenpflicht, in: www. phil.uni-mann-heim.de/media/Lehrstuehle/phil/philosophisches_seminar/ Lehrstuhl_Philosophie_II/Dokumente/Gesang/spendenpflicht2013.pdf.

I 10,1. zis-online.com* – www.zis-online.com/dat/artikel/2014_10_856.pdf.

g 10. Pauer-Studer, Herlinde: Tugendethik. In: Rümelin-Nida, Julian u. a. (Hg.): Handbuch Philosophie und Ethik. Band II: Disziplinen und Themen. Paderborn: Ferdinand Schöningh 22017, 79f.

g 10. Wils, Jean-Pierre: Tugend. In: Düwell, Marcus / Hübenthal, Cristop / Micha H. Werner Hg.): Handbuch Ethik. Stuttgart: J.B.Metzlerverlag 2011, 534ff.

v 10. Zimbardo G. Philip / Gerrig J. Richard: Psychologie. München: Pearson Education Deutschland GmbH 182008, 507f.

o 11,1. Aristoteles: Nikomachische Ethik. Übersetzt und herausgegeben von Krapinger Gernot. Stuttgart: Reclam 2019, 2. Buch, Abschnitt 6 (1106b–1108b).

I 12,1. Pauer-Studer, Herlinde: Vertragstheoretische Ethik. In: Stoecker, Ralf u. a. (Hg.): Handbuch Angewandte Ethik. Stuttgart: J. B. Metzler 2011, 32.

I 12,2. Nach Fisher, Roger/William, Ury/Patton, Bruce M.: Das Harvard-Konzept. Sachgerecht verhandeln – erfolgreich verhandeln. Frankfurt – NewYork: Campus Verlag 200221, 19ff.

g 12. Deinhammer, Robert: Gesellschaftsvertrag. In: www.academia. edu/1877868/Gesellschaftsvertrag_Kritische_Bemerkungen_zur_kontraktualistischen_Ethik

g 12. Vgl. Weise, Peter: Konkurrenz und Kooperation, in: www.fairness-stiftung. de/pdf/WeiseKonkurrenzLangfassung.pdf

v 12. DUDEN. Das Herkunftswörterbuch. Mannheim u.a.: Dudenverlag 42006, 858. o 12,1. Hobbes, Thomas: Leviathan or the matter, forme & power of a commonwealth ecclesiastical and civil 1651, Hobbes, Leviathan, Teil 1, Kap. 13; zit. nach www.gutenberg.org/cache/epub/3207/pg3207-images.html#link2H_ PART1

I 12,1. Stemmer, Peter: Kontraktualismus. In: wwwhomes.uni-bielefeld.de/ fhundertmark/Publ/Neuere%20Texte%20der%20Moralphilosophie%20 -%20Essay%202%20-%20Einw%C3%A4nde%20gegen%20den%20moralischen%20Kontraktualismus.pdf.

I 13,1. Vgl. Goerger, Klaus: Kontraktualismus. In: fachverband-ethik.de/fileadmin/user_upload/Baden-Wu%CC%88rttemberg/dateien/unterrichtsmaterialien/1.Reader-Moralbegruendung.doc, 71f.

B 13. Konfuzius: Lun Yu. Gespräche. Eugen Diederichs, Düsseldorf / Köln 1975, Buch 12, Abschnitt 1, 121.

o 14,1. Landweer, Hilge: Gefühl/moral sense. In: Düwell. Marcus u. a. (Hg.): Handbuch Ethik. Stuttgart/Weimar: J. B. Metzler 32011, 366.368.

158 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 PErSonEnrEgISTEr PE n | TEXTqUELLEn v
W

v 14. zeit.de* – www.zeit.de/2015/39/alles-steht-kopf-disney-kinderfilmpsychologie

I 15,1. Leonie Bossert: Theorien der Tierethik. In: Ach, Johann S./Borchers, Dagmar (Hg.) Handbuch der Tierethik. Grundlagen – Kontexte – Perspektiven. Stuttgart: J. B. Metzler 2018, 105.

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o 142,1. Ghandour, Ali: Die Überwindung der Maßlosigkeit durch die Kultivierung des Selbst aus der Perspektive der Sufis. In: Khorchide, Mouhanad, Binay, Sara (Hg.): Islamische Umwelttheologie. Ethik, Norm und Praxis. Freiburg: Herder 2019, 104–114.

o 143,1. ditib-jugend.de* - ditib-jugend.de/?p=571.

B 143. sueddeutsche.de * – www.sueddeutsche.de/panorama/religion-liberale-moschee-in-berlin-eroeffnet-frauen-als-predigerinnen-dpa.urn-newsmldpa-com-20090101-170616-99-872202.

o 133,1. ekd.de* – Evangelische Kirche in Deutschland (EKD): Friedensethik in der Bewährung. In: www.ekd.de/23554.htm.

g 134. Robbers, Gerhard: Bioethik und die Evangelische Kirche. In: www.bpb. de/gesellschaft/umwelt/bioethik/33782/bioethik-und-die-evangelischekirche.

v 134. br.de* – Wawatschek: Gewissen. In: www.br.de/mediathek/podcast/ radiowissen/schlechtes-gewissen-gutes-gewissen-was-die-moral-mit-unsmacht/1249226.

o 134,1. Georg Bauernfeind: Wirtschaftsethik in den Religionen. In: www. businessart.at/wirtschaftsethik-in-den-religionen.

o 135,1. katholisch.de* – Das sind die fünf Gebote der Kirche. In: www. katholisch.de/artikel/13650-das-sind-die-fuenf-gebote-der-kirche.

o 135,2. Waldburger, Samuel: Das Thema Sexualität – bei Zwingli und den Reformatoren, oder: Zwingli aus dem puritanischen Gefängnis befreien. In:

g 144. Ilkilic, Ilhan: Bioethische Fragen in einer wertpluralen Gesellschaft und Bedarf an interkulturellem bzw. interreligiösem Dialog. In: Konrad Adenauer Stiftung (Hg.): Der Islam und das Christentum. Ein Vergleich der Grundwerte für einen interreligiösen Dialog, Ankara: Sankt Augustin 2007, 203–217.

o 144,1. NDR:Stimmen zur Wirtschaftsethik im Islam. In: www.ndr.de/ kultur/sendungen/freitagsforum/Stimmen-zur-Wirtschaftsethik-imIslam,freitagsforum560.html.

o 145,1. Abdollahi, Michel: Wie sieht es im Islam mit Sex vor der Ehe aus? In: www.ndr.de/kultur/Muslim-Islam-Michel,abdollahi130.html.

o 145,2. Ebd.

B 145. Khorchide, Mouhanad: Einleitung: Auf dem Weg zu einer islamischen Umwelttheologie. Wie kann ein verantwortliches Umweltbewusstsein

Teil des religiösen Selbstverständnisses im Islam werden? In: Khorchide, Mouhanad, Binay, Sara (Hg.): Islamische Umwelttheologie. Ethik, Norm und Praxis. Freiburg: Herder 2019, 21–47.

161 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
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BILDQUELLEN

allgemeine Info zu den Internet-zitaten

• Grundsätzlich werden die Bildquellen vor Ort angegeben.

• Die bei einigen Bildquellen mit * gekennzeichneten Internetadressen in Kurzform finden sich in folgendem Verzeichnis unter der jeweiligen Bausteinkennung in der ausführlichen Langform.

• Alle Internetadressen wurden abgerufen am 20.07.2022.

B 5. de.wikipedia.org*– https://de.wikipedia.org/wiki/Hauptweg_ und_Nebenwege#/media/Datei:%20Paul_Klee,_Hauptweg_und_ Nebenwege,_1929,_%C3%96l_auf_Leinwand,_83,7_x_67,5_cm,_Museum_Ludwig_1976.jpg;

I 6,1. simple.wikipedia.org * – https://simple.wikipedia.org/wiki/Trolley_problem#/media/File:%20Trolley_problem.png;

B 7. comicbook.com* – https://comicbook.com/startrek/news/star-trek-captainspock-statue-sideshow-dark-side/#8;

B 9. commons.wikimedia.org * – https://commons.wikimedia.org/wiki/ Category:The_White_Rose#/media/File:Scholl-Denkmal,_M%C3%BCnchen_ (cropped).jpg;

B 11. pixabay.com* – https://pixabay.com/de/photos/gerechtigkeit-statue-ladyjustice-2060093/;

B 13. thinkdeeper.de* – https://thinkdeeper.de/2017/10/08/die-drei-affen-unddas-boese/;

g 14. cfey.org* – https://cfey.org/2016/07/understanding-autism-theory-mindsally-anne-test/;

B 15. catharinasiemer.de* – https://www.catharinasiemer.de/wp-content/ uploads/empathie.jpg;

B 17. ciando.com* – https://www.ciando.com/img/books/extract/3621284400_ lp.pdf;

e 17. kremayr-scheriau.at* – Foto: Stefan Liewehr, in: https://www.kremayrscheriau.at/autoren/roland-und-sabine-boesel/;

B 21. pinkstinks.de * – https://pinkstinks.de/wp-content/uploads/2015/07/ Brosch%C3%BCre-Sexismus-in-der-Werbung-in-Deutschland_Web.pdf;

B 25. de.wikipedia.org* – https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Liebenden_von_ Valdaro#/media/Datei:Mantua2.jpg;

e 25. allegretta.at* – http://www.allegretta.at/2015/03/fruhlingsgefuhle-furden-personlichen.html;

e 29. platform-mag.com* – https://www.platform-mag.com/literature/markgevisser.html;

B 33. Magritte kompakt* – Magritte kompakt. Stuttgart: Belser Verlag o. J., 87; e 33. expressdigest.com* – https://expressdigest.com/psychologist-revealsfathers-guide-to-bonding-with-a-newborn/;

e 37. oneworld.nl* – https://www.oneworld.nl/partner-berichten/peter-singerschrap-het-vlees-uit-onze-voeding/;

38/I 36,1. Fotos 1: falki-design.ch* – https://falki-design.ch/wp-content/ uploads/2009/02/befruchtung.jpg; 2: medlexi.de* – https://medlexi.de/Nidation; 3: bewegungfuerdasleben.com* – https://www.bewegungfuerdasleben. com/n%C3%BCtzlichkeit/;

e 49. medmedia.at* – https://www.medmedia.at/gyn-aktiv/uterustransplantation-pro-und-contra/;

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e 61. animal-public.de* – https://www.animal-public.de/spenden/;

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B 73. img.zeit.de* – https://img.zeit.de/2020-02/heuschreckenplage-ostafrikasomalia-notstand-fs/heuschreckenplage-ostafrika-somalia-notstand-fs01.jpg/ imagegroup/original;

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Leseprobe

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e 89. wikipedia.org* – https://en.wikipedia.org/wiki/Maria_Ressa;

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6: migros.ch – https://famigros.migros.ch/de/schwangerschaft/schwangerschaftskalender/schwangerschaftswoche-23;

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42. de.toonpool.com* – https://de.toonpool.com/ cartoons/%C3%84tsch..._146321;

B 45. gwi-boell.de* – https://www.gwi-boell.de/sites/default/files/ uploads/2016/10/my_body_my_decision.png;

e 45. smalltalk-entertainment.de* – https://smalltalk-entertainment. de/2021/03/08/abtreibung-br-streitgespraech-am-weltfrauentag/;

B 49. fink-verlag.de * – https://www.fink-verlag.de/topic/Neugeborenes;

B 97. aspr.ac.at* – https://www.aspr.ac.at/fileadmin/_processed_/2/8/csm_nocondition-is-permanent-graffiti-aus-Yei_ce409305cd.jpg;

e 97. hanser-literaturverlage.de* – https://www.hanser-literaturverlage.de/ autor/friedemann-schulz-von-thun/;

e 101. avenue.jetzt* – https://avenue.jetzt/author/peterstrasser/;

103/v 100. meeet.de* – https://meeet.de/veranstaltung/mediation-auf-einenblick/;

I 105,1. einfachstimmig.de* – https://www.einfachstimmig.de/leseraum/ konflikte-konstruktiv-bearbeiten-und-loesen;

B 105. conflict-manager.com* – https://www.conflict-manager.com/diekonfliktanalyse;

e 105. spiegel.de* – https://www.spiegel.de/karriere/konfliktforscher-wiestreite-und-zoffe-ich-im-buero-richtig-a-969183.html;

B 109. Bild: Banksy: Wall and Piece. München: Random House 2005, 21;

e 109. ostpol.de* – https://ostpol.de/beitrag/4776-balkanroute-umgekehrt; 112. Pretterhofer, Matthias nach: randysrandom.com* – https://randysrandom. com/wp-content/uploads/6vs9.jpg;

B 113. s.yimg.com* – https://s.yimg.com/ny/api/res/1.2/S6x.Fhp38.fBnauZ-

162 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2
PErSonEnrEgISTEr BILDqUELLEn

MpBLRg--/YXBwaWQ9aGlnaGxhbmRlcjt3PTk2MDtoPTU5NS42NTAzMTk4Mjk0MjQz/https://s.yimg.com/uu/api/res/1.2/KqI.21y.p9Cxv4alO._c4A--~B/ aD01ODI7dz05Mzg7YXBwaWQ9eXRhY2h5b24-/http://media.zenfs.com/en/ homerun/feed_manager_auto_publish_494/2376c86082bc10e6034616f9d 5110e0c;

e 113. wissenschaft3000.wordpress.com* – https://wissenschaft3000.wordpress.com/2013/12/08/susanne-jalka-frieden-entdecken-in-wien/;

I 119,1. de.academic.ru* – https://de.academic.ru/pictures/dewiki/87/Westendsynagoge-toraschrein-2010-ffm-109.jpg;

B 119. tourandexplorejerusalem.com* – https://tourandexplorejerusalem.com/ wp-content/uploads/Chagall-tapestry-Knesset.jpg;

B 121. artinwords.de* – https://artinwords.de/jankel-adler-und-die-avantgarde/;

B 123. live.staticflickr.com* – https://live.staticflickr.com/7397/9089543797_14 652e05e0_b.jpg;

B 125. deutschlandfunkkultur.de* – https://assets.deutschlandfunk.de/FILE_8f0 941ba4ae18f9a22e1dc88dcc1719e/original.jpg?t=1597578977100;

B 133. altrincham.todaynews.co.uk* – https://altrincham.todaynews. co.uk/2015/01/26/uncategorized/former-hale-vicar-libby-lane-ordained-asthe-church-of-englands-first-woman-bishop/;

B 135. steirische-spezialitaeten.at* – https://www.steirische-spezialitaeten.at/ wp-content/uploads/2017/04/osterkorb-fleisch-eier.jpg;

136. en.wikipedia.org* – https://en.wikipedia.org/wiki/File:Siyer-i_Nebi_158b. jpg;

B 139. upload.wikimedia.org* – https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ commons/3/3f/Great_Mosque_of_Mecca1.jpg;

B 141. stringfixer.com* – https://stringfixer.com/files/264317105.jpg;

B 143. img.zeit.de* – https://img.zeit.de/gesellschaft/2017-06/ibn-rushdgoethe-moschee-berlin-2/wide__1300x731;

B 145. idil-market.de* – http://idil-market.de/images/halalfleisch.jpg;

153. Zur Lösung 6/I 6,1: www.elcomblus.com* – https://www.elcomblus.com/ wp-content/uploads/2020/04/The-Trolley-Problem-768x500.png

AUTORINNEN UND AUTOREN

Mag. Petra a ndorfer-Leithgöb M a M a – geb. 1979, lebt in Graz; Fachtheologin; Selbstständige Religionspädagogin; Master Religionswissenschaften; Master Angewandte Ethik; Unterrichtstätigkeit an der HLW Schrödinger Graz (Kath. Religion, Ethik).

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Mag. h einz Finster, geb. 1960, lebt in Eggersdorf bei Graz; Fachtheologe; Selbstständiger Religionspädagoge; Geschäftsführer SONNTAGSBLATT für Steiermark; Professor an der PPH Augustinum (Massenmedien, Medienpädagogik); Verleger.

Thomas k lamminger M a M a geb. 1988, lebt in Weiz; Master Katholische Religionspädagogik; Master Ethik; Unterrichtstätigkeit an der HTL Weiz (Kath. Religion, Ethik, Soziale und persönliche Kompetenz); Entwicklungspolitischer Bildungsreferent der Aktion „Sei so frei“.

Mag. o ttilie e . kumpitsch M a M a – geb. 1960, lebt in Graz; Fachtheologin; Selbstständige Religionspädagogin; Master Ethik; Master Religionswissenschaften; lange Unterrichtstätigkeit an der HTBLVA Graz Ortweinschule (Kath. Religion, Ethik).

Mag. Dr. r obert Pretterhofer geb. 1964, lebt in Weiz; Fachtheologe; Selbstständiger Religionspädagoge; Unterrichtstätigkeit an der HTL Weiz (Kath. Religion, Soziale und persönliche Kompetenz).

163 ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 BILDqUELLEn | AUTorInnEn UnD AUTorEn
BILDqUELLEn | AUTorInnEn UnD AUTorEn

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E in kompetenzorientiertes Arbeitsbuch für die Sekundarstufe II

 Ethik für die Sekundarstufe II

– mit allen Themen des Lehrplans

 eine reichhaltige Fülle an Inhalts-Bausteinen für:

■ Einzigartige Lehrende: Die Vielfalt der Content-Bausteine ermöglicht es jene auszuwählen, die gut zum eigenen „Unterrichtsstil“ passen.

■ Einzigartige Schüler:innen: Die Vielfalt der Content-Bausteine ermöglicht es, auf unterschiedliche Lernsituationen, auf unterschiedliche Charaktere der Schulstandorte und auf die vielfältigen Abstraktions-, Wissens- und Handlungserfahrungen der Schüler:innen zu reagieren.

■ Einzigartige Themen:

Die Vielfalt der Content-Bausteine ermöglicht es, jene auszuwählen, die für die Umstände und Erfordernisse des spezifischen Ethikunterrichtes genau bei diesem Thema angemessen sind.

■ Einzigartige Vorbereitung:

Das inhaltliche „Material“ ist umfangreicher als in den zur Verfügung stehenden Unterrichtseinheiten jeweils erledigt werden kann.

Das Buch möchte bereits eine Sammlung von Inhalten für die Reifeprüfung aus dem Fach Ethik bereitstellen.

SBNR – Ausgabe AHS (1. Auflage 2022) 210.408

ISBN 978-3-7086-1207-2

Andorfer-Leithgöb | Finster | Klamminger | Kumpitsch | Pretterhofer ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2

E in kompetenzorientiertes Arbeitsbuch für die Sekundarstufe II.

www.mohorjeva.at/zalozba_verlag/de | finsterverlag.at | ethica.at

ETHICA. beherzt | begründet | handeln 2 AHS
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