Unternehmerdialog mit Rainer Kober für die Bayreuther Dialoge 2011

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Wissen. Gewissen. Nichtwissen. Unternehmerdialog



Herr Kober, Sie mussten nach der BeinaheInsolvenz 1966 das komplette Unternehmen umkrempeln und haben eine neue Produktionssparte eingeführt. Woher nahmen sie die Idee?

mit Rainer Kober Rainer Kober (70) führt seit 1966 die Geschäfte des Keramikwerks in Steinwiesen bei Kronach. Mehrfach musste Kober in seiner Laufbahn für das Werk völlig neue Produktlinien entwerfen und neue Geschäftsfelder erschließen, weil alte Märkte verschwanden. Als das Werk 2005 vor der Schließung stand, kaufte Kober es mit seinem Privatvermögen.

Ein Unternehmen funktioniert nur, wenn man eine ordentliche Geschäftsidee hat. Wenn einem die wegbricht muss man schauen: Was sind meine Ressourcen? Wofür gibt es einen Markt? Wir waren die Allerersten, die Porzellanartikel in durchsichtigen Geschenkverpackungen anboten. Die waren alle gleich verpackt, mit roter Umrandung und dem Schriftzug: „Funny Design“. Nach fünf Jahren haben wir damit fünf Millionen Mark umgesetzt.

Kann ein Studium auf so eine Arbeit überhaupt vorbereiten? Führungskräfte sollten sich folgende Fragen stellen: Wo will ich hin? Was brauche ich für Mittel und Werkzeuge? Es sollte die Aufgabe der Universitäten sein, Menschen beizubringen, Antworten auf diese Fragen zu finden und sie umzusetzen. Denn in der Berufswelt lernt man es nicht. Es hat mich immer gewundert, dass dieses sehr wichtige Praxiswissen in keinem Studium vorkommt. Stattdessen wird dieses Wissen häufig von Seminar-Unternehmern vermittelt. Tut es einem Unternehmen gut, sich immer wieder neu zu erfinden?


Sich schnell anzupassen, ist eine im Mittelstand sehr verbreitete Fähigkeit. Das ist ein Vorteil großen Unternehmen gegenüber. Man kann es mit einem Boot vergleichen: Je kleiner das Schiff, desto beweglicher und wendiger ist es. Als Mittelständler ist man geradezu dazu gezwungen, sich immer wieder neu zu erfinden. Sie haben in einem Interview gesagt: „Politik kann nicht gestalten, Politik kann nur verwalten.“ Wie sehen Sie die Aufteilung von gesellschaftlicher Verantwortung zwischen Politik und Unternehmen? Als Privatperson können Sie nicht mehr aus ihrem Portemonnaie herausnehmen, als sie hineintun. Wenn Sie das tun, setzen Sie ihre

Existenz aufs Spiel. Für den Unternehmer gilt dasselbe. Der Politiker verwaltet Steuergelder, die er bekommt. Er sieht nicht die existenziell Seite, vielleicht, weil er das nicht gewohnt ist. Wir Unternehmer sind diejenigen, die gestalten. Ist Ihr Gewissen der Antrieb für Ihr gesellschaftliches Engagement? Der größte Beweggrund ist natürlich die Liebe zu meiner Heimat. Unser Hauptproblem ist, dass die Menschen eine Perspektive brauchen, um initiativ zu werden. Es gibt hier wenig Selbstbewusstsein. Man neigt dazu zu sagen: „Hier in Oberfranken ist eh nichts los, und wir können eh nichts. Die Grenze war da und es ist alles so schwer.“ Das

ist falsch. Oberfranken ist eine gesegnete Region. Um das zu zeigen gebe ich das Magazin „Echt Oberfranken!“ heraus. Schon das Cover des Heftes soll ausstrahlen, das Oberfranken toll ist. Es geht mir darum, die Leute aufzuwecken. Doch wie können wir das machen? Wir müssen dafür sorgen, dass diese Entwicklung eine Eigendynamik bekommt und sich irgendwie multipliziert. Wie könnte das gehen? Ich werde persönlich initiativ, wenn ich eine Perspektive habe. Es nützt nichts, dass ich darüber theoretisch referiere: Initiativen müssen ausstrahlen, was es hier Tolles gibt.


Geben Sie uns ein Beispiel. Der Verein ‚Kronach kreativ’, dessen Vorsitzender ich bin, hat dieses Jahr zum achten Mal ‚Kronach leuchtet‘ organisiert. Das ist eine Lichtinstallation, für die 80.000 Menschen in nur einer Woche diese kleinen Stadt Kronach besucht haben. Inzwischen machen die Kirchen gemeinsam eine lange Kirchennacht und die Museen öffnen nächtelang. Der Forst hat dieses Jahr einen Rundgang im Wald erleuchtet. Alle sind begeistert. Die Leute identifizieren sich wieder mit ihrer Umgebung und fangen an, sich zu engagieren.


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