Grundsatzprogramm der SJ Österreich

Page 1

Z T A S D GRUN PROGRAMM


Inhalt 03 Vorworte 05 Die Welt in der wir leben 11 Selbstbild der SJ 14 Sozialistische Jugend und internationale Entwicklung 16 Frauenpolitik 21 Arbeitswelt 25 Die Bedeutung der Sozialpolitik für die sozialistische Bewegung 30 Für eine radikale Demokratisierung! 32 Sicherheit braucht Gerechtigkeit und demokratische Kontrolle 34 Friedenspolitik statt Militarisierung 37 Migrations- und Asylpolitik 39 Bildung & Erziehung 44 Kunst und Kultur 46 Medienpolitik 48 Für eine nachhaltige Politik 50 Die politischen GegnerInnen

Impressum Impressum Medieninhaber: VerlagSozialistische GmbH, Sondernummer I/2005,Amtshausgasse Verlagspostamt 1050 Wien, Erscheinungsort Wien, Herausgeberin undTrotzdem Medieninhaberin: Jugend Österreich, 4, 1050 Wien Erstauflage: 2005 // 2. Auflage: 2020 Zulassungsnummer: GZ02Z032957S, Herausgeberin: Sozialistische Jugend Österreich, alle Amtshausgasse 4, Grafik Layout: b.miklautz@modularplus.com, juraj.veres@sjoe.at 1050und Wien; Erscheinungsjahr: 2005; Grafik+Layout: b.miklautz@modularplus.com; Bilder: Archiv der SJÖ; Bilder: Archiv Sozialistischen powered by der BMSG, gem. § 7Jugend Abs. 2Österreich B-JFG Powered by Bundeskanzleramt, Bundesministerium für Arbeit, Familie und Jugend


Vorwort Anlässlich des 110-jährigen Bestehens der Sozialistischen Jugend haben wir in einem eineinhalbjährigen breiten Diskussionsprozess ein neues Grundsatzprogramm ausgearbeitet und am 30. Oktober 2004 im Zuge unseres 3-tägigen Verbandstages beschlossen. Jede Organisation gestaltet mit der Diskussion und Beschlussfassung eines Grundsatzprogramms eine Standortbestimmung. Diese muss, um die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft zu gestalten, vor allem eine breite Analyse beinhalten. Eine Analyse der momentanen gesellschaftlichen Prozesse, aber vor allem auch eine Analyse der historischen Entwicklungen. Ich bin sehr stolz darauf, dass sich die Sozialistische Jugend im Zuge ihrer Analysen auf die Erkenntnisse des Marxismus berufen, und diesbezüglich eine klare Standortbestimmung ihres Selbstverständnisses auf Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus abgegeben hat. Ich bin auch sehr stolz darüber, dass dieses Grundsatzprogramm nicht eine mehrseitige Abhandlung samt Aufzählung vieler Forderungen ist, sondern vielmehr ein umfangreiches Dokument, dass ein breites Feld der wesentlichen gesellschaftlichen Bereiche berücksichtigt.

den Spatzen, die vom Rossapfel profitieren, wenn das Pferd gut gefüttert wird. Ich hoffe, dass wir mit unserem Grundsatzprogramm einen kleinen Baustein geschaffen haben, um einen Beitrag über die Notwendigkeit der Diskussion zur Überwindung des Kapitalismus geleistet zu haben. In diesem Sinne möchte ich mit Oscar Wilde schließen, der in seinem Essay "Der Sozialismus und die Seele des Menschen" festgehalten hat: "Der größte Nutzen, den die Einführung des Sozialismus brächte, liegt ohne Zweifel darin, dass der Sozialismus uns von der schmutzigen Notwendigkeit, für andere zu leben, befreite, die beim jetzigen Stand der Dinge so schwer auf fast allen Menschen lastet." Freundschaft Andreas Kollross Verbandsvorsitzender der SJÖ bis Nov. 04

Denn um unserem Ziel einer gerechten und solidarischen Gesellschaft, in der Menschen nicht durch andere Menschen ausgebeutet werden, gerecht zu werden, ist es unumgänglich sich immer wieder folgendes vor Augen zu halten: "Das Proletariat, die unterste Schicht der jetzigen Gesellschaft, kann sich nicht erheben, nicht aufrichten, ohne dass der ganze Überbau der Schichten, die die offizielle Gesellschaft bilden, in die Luft gesprengt wird." (MEAW 1, S. 428) Es ist unser aller Aufgabe, die Unzulänglichkeiten des Kapitalismus, und die daraus resultierende Unterdrückung der Mehrheit durch eine kleine Minderheit aufzuzeigen, und dem auch Alternativen entgegen zu stellen. Denn die Meinung der Herrscher dieser Welt gleicht dem Bild von 3


Vorwort Wir wissen woher wir kommen. Wir wissen, wohin wir wollen! Seit über 125 Jahren kämpfen junge Menschen in der Sozialistischen Jugend gegen Ungerechtigkeiten im Kapitalismus. Einem System, das auf der Ausbeutung von arbeitenden Menschen beruht und in dem stets einige wenige profitieren, während der Großteil der Menschen nicht den Lohn und die Anerkennung bekommen, die ihnen zustehen. All die theoretischen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen aus den politischen Kämpfen der Vergangenheit verdichten sich in diesem Grundsatzprogramm, das nach einem langjährigen internen Erarbeitungsprozess am Verbandstag des Jahres 2004 beschlossen wurde und an dieser Stelle neu aufgelegt wird. Als Verbandsvorsitzender bin ich sehr stolz darauf, dass unser Grundsatzprogramm dabei nicht nur ein wahlloses Aufzählen verschiedener Forderungen ist. Ganz im Gegenteil. Es steht auf den Beinen des Wissenschaftlichen Sozialismus und versucht aus einem breiten Blickwinkel verschiedene Bereiche der Gesellschaft aus einer marxistischen Perspektive zu analysieren und in Zusammenhang zu setzen. Es gibt uns ein inhaltliches Fundament, auf dem wir unsere politische Arbeit aufbauen. Dieses Programm beinhaltet daher aber auch einen Handlungsauftrag an uns. Dieser besteht einerseits

darin, die niedergeschriebenen Positionen weiterhin kritisch zu beleuchten, zu diskutieren und bei Bedarf weiterzuentwickeln. Andererseits liegt es auch in unserer Verantwortung, unsere Überzeugungen nach außen zu tragen, um junge Leute in die Organisation zu bringen, sie von unseren Ideen zu begeistern und sie Teil unserer Bewegung für eine bessere Welt werden zu lassen. Die vergangenen Jahre und Jahrzehnte haben uns die Notwendigkeit dieser Aufgabe wieder einmal deutlich vor Augen geführt. Angetrieben von einer ungezügelten neoliberalen Marktlogik spitzen sich die Widersprüche im kapitalistischen System immer weiter zu. Neben wiederkehrenden Wirtschaftskrisen äußert sich dies unter anderem in einer Klimakrise oder in laufenden Attacken gegen Organisationen der arbeitenden Menschen wie Gewerkschaften oder selbstverwaltete Sozialversicherungen. Die großen Konzerne haben klar gezeigt, dass sie ArbeiterInnen am Tisch nur solange dulden, solange sie es müssen, weil jene gut organisiert sind. Werden die organisierten ArbeiterInnen weniger und schwächer, nutzen Konzerne das, um Löhne und andere Standards konsequent zu senken. Die Lehre daraus muss sein, nicht in einem Zustand eines angeblichen Kompromisses zwischen den arbeitenden Menschen und den KapitalistInnen verweilen zu wollen, sondern die Gegensätze zwischen diesen beiden Gruppen klar zu benennen. Als SozialistInnen ist es unser zentrales Ziel, diese Gegensätze aufzulösen. Das gilt es in weiterer Folge den Mittelpunkt unseres politischen Denkens und Handelns zu stellen und lautstark anzusprechen. „Aus taktischen Gründen leiser zu treten, hat sich noch immer als Fehler erwiesen“, sagte Johanna Dohnal einst. Nehmen wir uns das zu Herzen. Wir wollen die sozialistische Bewegung aus der Defensive wieder in die Offensive bringen. Denn wir wissen, dass nachhaltiger Fortschritt nur durch die Verbindung von visionären Ideen und der organisierten Kraft der arbeitenden Menschen erkämpft werden kann. Die herrschenden Ungerechtigkeiten sind nicht in Stein gemeißelt - sie können verändert werden. Ein gutes Leben für alle ist umsetzbar. In unseren Händen liegt die Möglichkeit, Geschichte zu schreiben. Nutzen wir sie! Paul Stich Verbandsvorsitzender


Die Welt in der wir leben "Voll Hunger und voll Brot ist diese Erde, voll Leben und voll Tod ist diese Erde, in Armut und Reichtum grenzenlos. Gesegnet und verdammt ist diese Erde, von Schönheit hell umflammt ist diese Erde, und ihre Zukunft ist herrlich und groß." (Jura Soyfer, "Der Weltuntergang") Die Welt in der wir leben, ist geprägt von Widersprüchen. Während die Leistungsfähigkeit der Weltwirtschaft Jahr für Jahr wächst, nimmt die Verarmung weiter Teile der Bevölkerung zu. Während Großkonzerne Rekordgewinne machen, sinken die realen Einkommen von Millionen Beschäftigten. Während in den westlichen Industriestaaten Millionen Tonnen Nahrungsmittel vernichtet und LandwirtInnen dafür bezahlt werden, nichts anzubauen, um die Preise stabil zu halten, verhungern Millionen Menschen auf der ganzen Welt. Diese Widersprüchlichkeiten sind durchaus kein Zufall. Sie sind keine seltsame Laune der Natur oder höherer Mächte. Politik und Geschichte sind das Produkt menschlichen Handelns und Widersprüche sind Ausdruck entgegenstehender Interessen innerhalb unserer Gesellschaft. Vor über 150 Jahren erkannten Karl Marx und Friedrich Engels im "Manifest der Kommunistischen Partei", dass "die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft, … die Geschichte von Klassenkämpfen" sei. Nur wenn wir bestehende Klassen und ihre Interessen erkennen, können wir auch die Ursachen von Widersprüchlichkeiten in unserer Gesellschaft entdecken, wirksame Strategien gegen Armut, Ausbeutung und Unterdrückung entwickeln und eine Gesellschaft der Freiheit, Gleichheit und der echten Demokratie schaffen.

Der Kapitalismus Die Welt in der wir leben, ist eine vom Kapitalismus geprägte Welt. Die Industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts war gleichermaßen bedingt durch die Entwicklung der kapitalistischen Produktion, wie sie derselben zum Durchbruch verhalf. Der Kapitalismus beseitigte die feudale Wirtschaftsordnung und mit ihr die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse. Er transformierte schrittweise Agrargesellschaften in moderne Industriegesellschaften. Die offene Ausbeutung und Unterdrückung der Bauernmassen durch Leibeigenschaft, Zehent und Schollengebundenheit wurde abgeschafft. Sie wurde ersetzt durch einen subtileren und verschleierteren Ausbeutungsprozess: die Lohnarbeit. Die Lohnabhängigen sind in Ermangelung größeren Vermögens gezwungen, ihren Lebensunterhalt durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft zu verdienen. Die KapitaleigentümerInnen kaufen diese Arbeitskraft. Sie zahlen für diese Arbeitskraft einen Lohn, der unter dem Gegenwert der im Arbeitsprozess erzeugten Güter liegt. Sie schöpfen dabei den "Mehrwert" ab, die Differenz des Werts erzeugter Güter zu den Produktionskosten. Je geringer die Lohnkosten gehalten werden können, desto höher ist der Mehrwert, den die UnternehmerInnen als Profit einbehalten möchten.

5


Unter dem Deckmantel der Vertragsfreiheit vollzieht sich im Kapitalismus also ein Ausbeutungsprozess, der die Minderung von Einkommen und Lebensqualität der Lohnabhängigen zur Voraussetzung des Wohlstands und Reichtums der Besitzenden macht. Die kapitalistische Produktionsweise hat damit auch zwei Klassen geschaffen, deren Interessen einander fundamental widersprechen. Die KapitalistInnen sind darauf angewiesen fremde Arbeitskraft auszubeuten, um ihre Profitabilität zu erhalten bzw. zu steigern. Die Lohnabhängigen müssen gegen ihre Ausbeutung ankämpfen, um nicht um das Produkt ihrer Leistung gebracht zu werden.

Die Rolle des Klassenkampfes Diesen prinzipiellen Interessenskonflikt nennen wir Klassenkampf. Gesellschaftliche Klassen versuchen ihre Interessen durchzusetzen und müssen dies zwangsläufig auf Kosten einer anderen Klasse machen. Höhere Einkommen und Lebensqualität, verbesserte öffentliche Leistungen etc. erfordern es, die Profite der KapitalistInnen zu schmälern und umgekehrt. Veränderungen der Einkommens- und Lebensverhältnisse sind somit immer mit Auseinandersetzungen verbunden, werden also im Kampf errungen bzw. verloren. In diesem Sinne ist der Klassenkampf allgegenwärtig. Wer davon spricht, dass es im "modernen Kapitalismus" keinen Klassenkampf mehr gibt, der verschließt die Augen vor der Realität. Gewiss: Die Lebenssituation der arbeitenden Menschen in der industrialisierten Welt hat sich in den 200 Jahren kapitalistischer Entwicklung enorm gebessert. Drastisch verkürzte Arbeitszeiten, höhere Löhne und Gehälter, ein öffentliches Schul- und Hochschulwesen, Krankenkassen, Pensionsversicherungen, Arbeitslosenunterstützung u.v.m. haben die materielle Situation der Lohnabhängigen entscheidend verbessert. Tatsache ist allerdings, dass die organisierte ArbeiterInnenbewegung all diese Errungenschaften den KapitalistInnen in jahre-, oft jahrzehntelangem Kampf abtrotzen musste. Es sind durch Klassenkampf erreichte Fortschritte, die 6

im Klassenkampf auch wieder verloren gehen können. Die Politik des Neoliberalismus, Sozial- und Bildungsabbau, steigender Druck am Arbeitsmarkt, Massenarbeitslosigkeit etc. sind Ausdruck eines Klassenkampfes "von oben" mit dem die Erfolge der ArbeiterInnenklasse der vergangenen Jahrzehnte wieder beseitigt werden sollen.

Klassenbewusstsein als entscheidender Faktor Die tatsächliche Zugehörigkeit zu einer Klasse führt aber nicht automatisch dazu, die eigenen Interessen immer richtig zu erkennen. Viele Lohnabhängige in der privaten Wirtschaft standen dem Kahlschlag in der Verstaatlichten ebenso gleichgültig oder positiv gegenüber, wie verschärften Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose. Sie erlagen der allgegenwärtigen neoliberalen Propaganda, dass hier bei Privilegien gespart würde, was ihnen - den in der Privatwirtschaft Tätigen - zu Gute käme. Tatsächlich war allerdings jeder Schritt zur Beseitigung von Vergünstigungen für die jeweils "privilegierte" Gruppe mit einem Absinken der allgemeinen Lohn- und Arbeitsstandards verbunden. Denn die besseren Arbeitsbedingungen in gewerkschaftlich ausgezeichnet organisierten (öffentlichen) Großbetrieben hatten in der Vollbeschäftigungswirtschaft eine Schutzfunktion für alle weniger gut organisierten Bereiche. Sie boten für viele eine Ausweichmöglichkeit und erhöhten damit den Druck auch auf private Betriebe, ihren Beschäftigten mehr zu bieten. Eine ähnliche Funktion erfüllt auch der Sozialstaat und insbesondere die Arbeitslosenversicherung: Sie gibt auch den Arbeitslosen ein Minimum an Handlungsspielraum, um einen Arbeitsplatz nach eigenen Vorstellungen zu suchen. Niedrigeres Arbeitslosengeld und verschärfte Zumutbarkeitsbestimmungen machen Arbeitslose von der Wirtschaft leichter "erpressbar" ihre Ansprüche herunterzuschrauben und tragen so zu einer arbeits- und sozialpolitischen Spirale nach unten bei. Erst die Beseitigung von Vollbeschäftigung und erhöhter Druck auf Arbeitslose und in weiterer Folge alle Beschäftigten machen die wachsen-


de Ausbeutung in atypischen Beschäftigungsverhältnissen in heutigem Ausmaß möglich. Entscheidend ist also nicht nur die Zugehörigkeit zu einer Klasse, sondern das Bewusstsein, als Lohnabhängige/r der ArbeiterInnenklasse anzugehören und gemeinsam mit allen anderen Lohnabhängigen, ob SchichtarbeiterIn, LehrerIn, FinanzbeamtIn, EisenbahnerIn, usw. für die gemeinsamen Interessen zu kämpfen. ASVG-Versicherte haben nichts davon, dass öffentlich Bedienstete in Hinkunft weniger Pension erhalten, keine LehrerIn verdient mehr, weil Bankangestellte kein 15. Monatsgehalt mehr bekommen. Die Entsolidarisierung zwischen den Beschäftigten dient der Umverteilung der Einkommen von unten nach oben und schadet allen Lohnabhängigen. Es ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben der sozialistischen Bewegung, den arbeitenden Menschen ihre soziale Stellung in der Gesellschaft auch bewusst zu machen und die grundsätzlichen Gegensätze in unserer Gesellschaft darzulegen. Damit schaffen wir die Grundlage für erfolgreiche Kämpfe der arbeitenden Menschen für eine Gesellschaft der Gleichheit, der Gerechtigkeit und Demokratie, für eine sozialistische Gesellschaft.

7


Wirtschaftskrisen Die kapitalistische Wirtschaft erzeugt aber nicht nur eine ungleiche und ungerechte Verteilung von Einkommen und Vermögen, die selbst ein funktionierender Sozialstaat niemals ausgleichen kann, sie ist auch ständige Ursache wirtschaftlicher Stockungen und Krisen. Niedriges Wachstum bzw. sinkende Wirtschaftsleistung und hohe Arbeitslosigkeit sind ein direktes Produkt kapitalistischen Wirtschaftens. Im Kapitalismus steht nicht die Erzeugung von Gütern zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse im Mittelpunkt, sondern die Produktion von Profit und Kapital. Wenn nun beispielsweise durch sinkende Löhne die Konsumfähigkeit der Lohnabhängigen sinkt und Unternehmen ihre Güter nicht mehr verkaufen können, wird deren Produktion eingeschränkt oder eingestellt, obwohl es durchaus Bedarf an diesen Produkten gäbe. Da sich dieser Bedarf allerdings nicht in Profite umwandeln lässt, besteht unter kapitalistischen Verhältnissen kein Interesse an der Produktion dieser Güter. KapitalistInnen versuchen nun, die mangelnde Profitabilität durch Werksschließungen, durch Fusionen, durch Lohnsenkungen, durch gesteigerte Ausbeutung ihrer Beschäftigten, durch niedrigere Steuerleistungen, durch Umgehung von Umweltschutzbestimmungen etc. auszugleichen - und schaffen damit die Ursachen für die nächste Krise, in der sich dieser Kreislauf wiederholt. Versuche, diese Tendenz durch staatliche Umverteilung von oben nach unten vorübergehend auszugleichen bzw. zu mildern, sind durchaus möglich. Sie sind aber beständigen Angriffen des Kapitals ausgesetzt und bedürfen zu ihrer Verteidigung einer ständigen Politisierung, Mobilisierung und Radikalisierung der arbeitenden Menschen und ihrer politischen Forderungen. Die kapitalistische Profitwirtschaft hat eine ihr innewohnende Tendenz, Krisen hervorzurufen, die die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft beschränken. Nur die Überwindung dieses Systems kann die Probleme der Krise und der Ausbeutung der arbeitenden Klasse endgültig beenden.

8

Weltwirtschaft und Globalisierung "Globalisierung" ist eines der bedeutendsten Schlagworte unserer Zeit. Sie bezeichnet nicht nur die Öffnung nationaler und regionaler Märkte für den Weltmarkt, sie wird auch von vielen PolitikerInnen als "die" abstrakte Ursache wirtschaftlicher und sozialer Probleme dargestellt. Die Schließung von Betrieben, die Kürzung von Sozialleistungen oder die Lockerung arbeitsrechtlicher Bestimmungen; die Zerschlagung der Eisenbahn, die Verscherbelung staatlicher Betriebe oder die Privatisierung öffentlicher Dienste: All das wird uns oftmals als Folge der "Globalisierung", der Notwendigkeit, sich dem "internationalen Wettbewerb" zu stellen, um die "Wettbewerbsfähigkeit" der nationalen Wirtschaft auf dem Weltmarkt zu erhalten, verkauft. Was uns als Naturgewalt präsentiert wird, die uns dazu "zwingt" unseren Lebensstandard abzusenken, niedrigere Einkommen, schlechtere Arbeitsbedingungen, privatisierte öffentliche Dienstleistungen in Kauf zu nehmen, ist aber natürlich nichts anderes als ein Produkt menschlichen Handelns aufgrund der Gesetzmäßigkeit des Kapitals selbst. Von Anbeginn an implizierte der Kapitalismus seine fortlaufende Internationalisierung. Hat dieser Prozess zu den Zeiten von Marx und Engels zunächst den Warenverkehr erfasst, wie im "Kommunistischen Manifest" beschrieben, so erweiterte der kapitalistische Internationalisierungsprozess seinen Bereich nach der Wende zum 20. Jahrhundert um den Kapitalverkehr. Heute erleben wir schließlich die kapitalistische Form der Vergesellschaftung der Arbeit im globalen Ausmaß, die kapitalistische Internationalisierung erfasst also den Produktionsprozess selbst - dies und nichts anderes steckt tatsächlich hinter dem Begriff der Globalisierung. Untrennbar mit den Anforderungen dieser kapitalistischen Internationalisierung verknüpft sind die vor sich gehenden Deregulierungen, Privatisierungen etc. als Versuche dem Kapital neue Profitmöglichkeiten zu schaffen, die Kapitalakkumulation auf Seiten der transnationalen Konzerne zu garantieren und zu beschleunigen. Durch die Privatisierung öffentlicher Dienste in aller Welt, durch Kürzungen oder


Streichungen von Sozialleistungen, durch eine staatliche Steuerpolitik zugunsten des Kapitals ebenso wie durch die Beseitigung "störender" staatlicher Bestimmungen für den Handel. Was konzeptionell im Allgemeinen als "Neoliberalismus" betitelt wird, ist charakterlich nichts anderes als die ungehemmte Neuentfaltung des aggressiven und repressiven Wesens des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium. Die "neoliberale Globalisierung", gegen die sich heute weltweit Menschen zur Wehr setzen, ist der fortgesetzte und internationalisierte "Klassenkampf von oben" durch das transnationale Großkapital.

Aufrüstung und Krieg Mit der Auflösung des Warschauer Pakts und der Sowjetunion fiel eine der wichtigsten Begründungen für die hohen Rüstungsausgaben westlicher kapitalistischer Staaten weg. In den vergangenen Jahren hat allerdings wieder ein verstärkter Gegentrend eingesetzt. Unter dem fadenscheinigen Vorwand, den Terrorismus bekämpfen zu wollen, kaufen und entwickeln Europas und Ameri-

kas Militärs neue Bomber, Kampfjets, Panzer, Raketen, Atombomben, biologische und chemische Kampfstoffe etc. Es ist offensichtlich, dass eine US-Mini-Atombombe ebenso wenig wie ein europäischer Langstreckenbomber Terroranschläge verhindern kann. Das neu eingesetzte Wettrüsten ist kein Programm zur Schaffung globaler Sicherheit, sondern Ausdruck des Versuchs, wirtschaftliche Probleme und Rivalitäten militärisch zu lösen. Neben gewinnträchtigen Aufträgen für den "militärisch-industriellen Komplex" geht es nämlich auch darum, politisch, strategisch oder ökonomisch wichtige Regionen der Welt unter Kontrolle bringen zu können. Dabei ist die immer lauter werdende Forderung nach einer "gemeinsamen Außenund Sicherheitspolitik" der europäischen Union kein Versuch, einer "kriegerischen" US-Politik ein "europäisches Friedensprojekt" entgegenzustellen. Es geht vielmehr darum, auch den europäischen Staaten Rohstoffe und Einflusssphären und der europäischen Rüstungskonzerne ihre Profite zu sichern. Militärische Mittel sollen sicherstellen, dass die imperialistische Ausbeutung anderer Staaten wie bisher fortgesetzt werden kann.

9


Frauen in der Gesellschaft Frauen sind in unserer Gesellschaft einer doppelten Ausbeutung unterworfen. Neben der Ausbeutung, der berufstätige Frauen als zumeist "billige" Arbeitskräfte im kapitalistischen Produktionsprozess unterliegen, sind es auch Frauen, die den allergrößten Teil der unbezahlten Haus-, Pflege- und Erziehungsarbeit leisten. Handelt es sich um Migrantinnen, erschwert das ihre Situation noch zusätzlich. All diese Tätigkeiten, die essentiell für die Aufrechterhaltung unserer Gesellschaft sind, wird an die Frauen "privatisiert". Frauen sind nicht nur als Teil ihrer Klasse, sondern auch innerhalb ihrer Klasse benachteiligt und unterdrückt, sind physischer, sexueller und psychischer Gewalt ausgesetzt. Wir sind überzeugt, dass der Kampf der sozialistischen Bewegung für eine gerechte Gesellschaft gerade auch ein Kampf für die Gleichheit der Geschlechter und die Beseitigung dieser Missstände sein muss.

Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft Die Welt in der wir leben ist geprägt von Ungerechtigkeit. Armut wächst und Arbeitseinkommen sinken, während Unternehmensgewinne Rekordhöhen erreichen. Obwohl sich Wissenschaft und Technik ständig fortentwickeln, werden immer mehr Menschen von hochwertiger Bildung ausgeschlossen. Trotz demokratischer Wahlen setzen sich die meisten PolitikerInnen über die Interessen und die Anliegen ihres Wahlvolks hinweg - argumentiert wird das mit Standortlogik und so genannten Sachzwängen. Trotz verfassungsmäßig garantierter Freiheitsrechte bauen Regierungen weltweit Apparate zur Überwachung und Kontrolle ihrer BürgerInnen auf. Entgegen aller Bekenntnisse zur Gleichheit aller Menschen werden Frauen unterdrückt, MigrantInnen benachteiligt und ungeheuere ökonomische und soziale Ungleichheiten geschaffen.

Für eine gerechte Welt Die Sozialistische Jugend kämpft für eine Beseitigung bestehender Missstände und für eine Gesellschaft, in der Freiheit, Gleichheit und Demokratie nicht nur Schlagwörter sind, sondern Realität. Unser Kampf basiert auf einer eingehenden Analyse bestehender gesellschaftlicher Verhältnisse. Unsere Antworten gehen von den Interessen der werktätigen Menschen, der lernenden und arbeitenden Jugend aus. Weil eine sozialistische Welt möglich ist!

10


Selbstbild der SJ

Jedes Tier hat seinen Beschützer, das sind die Tierschutzvereine, die dafür sorgen, dass das Pferd nicht unnötigerweise vom Kutscher geschlagen wird; die Vögel haben ihre Beschützer, die dafür sorgen, dass sie im Winter ihr Futter finden; und existiert für den Lehrling etwa ein Verein, der dafür sorgt, dass er nicht unmenschlich behandelt wird? Nein! (Gründungsflugblatt der SJ aus dem Jahr 1894)

Seit nunmehr über 110 Jahren gibt es die Sozialistische Jugend. Hervorgegangen aus Bücherskorpion und Jugendbund gründete sich am 4. November 1894 der Verein Jugendlicher Arbeiter. 200 Lehrlinge fanden sich damals zusammen, um eine Vereinigung für sich selbst zu gründen, in der und mit der sie ihre Interessen erkämpfen können. 12, 14 oder 16 Stunden-Arbeits-Tag sechs Tage in der Woche waren um die Jahrhundertwende genauso das Los von Lehrlingen wie der Schulbesuch am Sonntag, für den sie auch noch bezahlen mussten, oder das Züchtigungsrecht des Meisters. Bereits in der Gründungszeit ging es innerhalb des Vereins Jugendlicher Arbeiter zum einen um die Verbesserung ihrer eigenen Lebenssituation im vorherrschenden System. Darüber hinaus wurde aber auf Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus erkannt, dass die Verbesserung einzelner Lebensbereiche innerhalb des Kapitalismus zu erreichen sind, die Befreiung und die Beseitigung der Ausbeutung von Menschen durch Menschen jedoch nur in der Überwindung des Kapitalismus zu schaffen ist. Wir sehen als Sozialistische Jugend das Vorwort von Rosa Luxemburg in der Schrift "Sozialreform oder Revolution" als die geeignetste Form an, diese Aufgabe zu beschreiben, indem sie festhielt: "Kann denn die Sozialdemokratie gegen die Sozialreform sein? Oder kann sie die soziale Revolution, die Umwälzung der bestehenden Ordnung, die ihr Endziel bildet, der Sozialreform entgegenstellen? Allerdings nicht. Für die Sozialdemokratie bildet der alltägliche praktische Kampf um soziale Reformen, um die Besserung der Lage des arbeitenden Volkes noch auf dem Boden des Bestehenden, um die demokratischen Einrichtungen vielmehr den einzigen Weg, den proletarischen Klassenkampf zu leiten und auf das Endziel, auf die Ergreifung der politischen

Macht und Aufhebung des Lohnsystems hinzuarbeiten. Für die Sozialdemokratie besteht zwischen der Sozialreform und der sozialen Revolution ein unzertrennlicher Zusammenhang, indem ihr der Kampf um die Sozialreform das Mittel, die soziale Umwälzung aber der Zweck ist." In dieser Tradition steht die Sozialistische Jugend auch 110 Jahre nach ihrer Gründung. Wir bekennen uns zur Verbesserung der Lebenssituation durch unsere aktive Arbeit innerhalb des kapitalistischen Systems und verwehren uns gegen jegliche Theorie, dass es den Menschen schlechter gehen muss, damit sie für den Sozialismus gewinnbar sind. Gleichzeitig sehen wir aber heute wie damals unser Ziel in einer klassenlosen Gesellschaft, in der Ausbeutung und Unterdrückung beseitigt, die Kontrolle über die Produktion in den Händen der ArbeiterInnen liegt und somit der Kapitalismus durch den Sozialismus ersetzt wird. Als Sozialistische Jugend sind wir uns aber auch dessen bewusst, dass die Überwindung des vorherrschenden Systems auf nationaler Ebene nicht durchführbar ist. Der Sozialismus wird international sein, oder er wird nicht sein. Aus diesem Grund engagieren wir uns auch intensiv auf internationaler Ebene in sozialistischen, sozialdemokratischen und globalisierungskritischen Bewegungen. Nur eine internationale ArbeiterInnenbewegung kann uns unserem Ziel einer klassenlosen Gesellschaft näher bringen. Nur die internationale ArbeiterInnenbewegung hat die Kraft und die Programmatik zur Überwindung des Kapitalismus. Die Sozialistische Jugend ist eine antikapitalistische, antimilitaristische, antifaschistische, antisexistische und internationalistische Organisation, die neben dem Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital auch den Widerspruch der Geschlechter erkennt und die Gleichstellung von Frauen nicht als Nebenwiderspruch betrachtet. Unser Ziel ist die völlige Gleichstellung von Mann und Frau. Aus diesen Überlegungen ergibt sich auch unser Organisationsverständnis. Nur wenn wir die Menschen in Schule, Uni, Wohnort und Betrieb organisieren, werden wir die Veränderung unserer Gesellschaft erreichen können. Des11


halb ist die Sozialistische Jugend eine Mitgliederorganisation, die auf demokratischer Basis innerhalb von Strukturen und Gremien ihre tagtägliche Arbeit leistet. Wer glaubt, jenseits von Mitgliedschaft und Organisierung die Gesellschaft zu verändern, hat erstens die Lehren der Geschichte nicht verstanden und ist zumindest unfreiwillig Handlager der Bürgerlichen. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir auf diese Menschen verzichten können und wollen, sondern es ist vielmehr unsere Aufgabe sie von der Notwendigkeit des sich Organisierens und somit vom Beitritt und von der Mitarbeit in der Sozialistischen Jugend zu überzeugen. Wir sind als Sozialistische Jugend Teil der ArbeiterInnenbewegung und als solcher stehen wir in der Tradition des Klassenkampfes. Dieser kann nur auf Grundlage von Strukturen erfolgreich sein. Als Teil der ArbeiterInnenbewegung haben wir ein Naheverhältnis zu Gewerkschaft und Sozialdemokratie. Wir wissen, dass wir im Moment bei diesen beiden Organisationen eine seit Jahrzehnten stattfindende Verbürgerlichung und FunktionärInnen, die mit dem System Frieden geschlossen haben, feststellen können. Wir wissen, dass ohne die Kraft der ArbeiterInnenbewegung eine Umwälzung nicht stattfinden wird. Trotz aller Kritik an Gewerkschaft und Sozialdemokratie sind sie in Österreich nach wie vor die Organisationen, in denen die Massen der progressiven ArbeiterInnen organisiert sind, und somit in der Lage, die Gesellschaft zu verändern.

12

Die Kraft der organisierten ArbeiterInnen kann sich jedoch nur entfalten, wenn der politische Einfluss der KlassenversöhnerInnen in der ArbeiterInnenbewegung gebrochen wird. Die SJ sieht ihre Aufgabe darin, gemeinsam mit kämpferischen Teilen der ArbeiterInnenbewegung dafür zu kämpfen, dass Sozialdemokratie und Gewerkschaften wieder der Klasse gehören, von der sie in jahrzehntelangen, bitteren Kämpfen aufgebaut worden sind. Erst auf der Grundlage eines sozialistischen Programms ist die ArbeiterInnenklasse in der Lage, den Kampf für eine Umwälzung der Gesellschaft erfolgreich führen zu können. Eine Forderung, die den heutigen Bedingungen entspricht, ist die Forderung nach einer ArbeiterInnenregierung, einer SPÖ-Alleinregierung, die ohne Verpflichtungen an bürgerliche Koalitionspartner, eine wirklich sozialistische Politik durchführen kann. Eine solche SPÖ-Regierung muss sich jedoch, um dem Druck des Kapitals und des Beamtenapparats standzuhalten, auf eine permanente Mobilisierung der ArbeiterInnen stützen. Diese Mobilisierung erfolgt über demokratische, österreichweit vernetzte Betriebsratskörperschaften. Neben der klassischen ArbeiterInnenbewegung arbeiten wir punktuell, aber nicht von vornherein, auch mit diversen sozialen Bewegungen und fortschrittlichen Gruppierungen und Organisationen zusammen, auch wenn diese nicht eine Überwindung des kapitalistischen Systems anstreben.


Nachdem wir uns als Sozialistische Jugend auch zu Verbesserungen innerhalb des Kapitalismus bekennen, sehen wir in einer punktuellen Zusammenarbeit mit diesen Gruppierungen kein Abweichen von unseren eigenen Zielvorstellungen. Wir sind Sozialistinnen und Sozialisten. Unsere Überlegungen basieren auf Grundlage des Marxismus. Als Jugendliche stehen wir in der Tradition unserer ArbeiterInnenbewegung und bekennen uns dazu, dass die Befreiung der ArbeiterInnen nur das Werk der ArbeiterInnen selbst sein kann. Auch wenn wir innerhalb des kapitalistischen Systems nach Verbesserungen streben, wollen wir aber gleichzeitig nicht der Arzt am Krankenbett des Kapitalismus sein, sondern dessen Totengräber. Heute wie damals gibt es eine Vielzahl von Menschen, leider nicht nur deren ProfiteurInnen, die den Kapitalismus mit Zähnen und Klauen verteidigen, und uns erklären, dass unsere Vorstellungen, dass der Marxismus, auf einer utopischen Gedankenwelt aufgebaut sind. Wir begegnen diesen Menschen mit den Worten Otto Bauers: "Die geschichtliche Bedeutung des Werkes von Karl Marx besteht darin, dass er den Sozialismus aus diesem Traumzustand (der Utopie) herausgehoben hat und den Nachweis erbrachte, dass in der Gesellschaft durch den Kapitalismus Tendenzen wirksam werden, die zu seiner eigenen Überwindung führen und den Sozialismus ermöglichen." Als Sozialistische Jugend streben wir in unserem eigenen Interesse und im Interesse aller Werktätigen und arbeitssuchenden Menschen dieser Welt den demokratischen Sozialismus an. Jenen, die uns dabei als UtopistInnen bezeichnen, widmen wir aus unserer Broschüre "Warum sind wir SozialistInnen" von Josef Hindels einen kurzen Auszug, der gleichzeitig die Grundlage dafür ist, warum wir SozialistInnen sind: "Es gibt kaum einen großen Fortschritt auf wissenschaftlichem und technischem Gebiet, der nicht lange bevor er Wirklichkeit wurde von Träumern, von Utopisten vorausgesagt wurde. Die Phantasie hat schon oft eine fortschrittliche Rolle in der Geschichte gespielt. Die konservativen Spießbürger haben gelacht und gehöhnt, wenn davon die Rede war, dass die Menschen fliegen, den Boden des Meeres erforschen, oder in die Tiefe des Erdballs eindringen werden.

Aber die Entwicklung hat nicht den konservativen Spießbürgern, sondern den scheinbar weltfremden Utopisten und ihren Phantasien Recht gegeben. Heute wagen es die konservativen Spießbürger kaum mehr, den weiteren wissenschaftlichen und technischen Fortschritt, zum Beispiel im Bereich der Weltraumfahrt, zu bezweifeln. Wer einen Flug zu einem anderen Planeten voraussagt, gilt nicht mehr als verrückt. Aber dass die Menschen auf dieser Erde eine Gesellschaftsordnung verwirklichen, die den Träumen der Urchristen und utopischen SozialistInnen nahe kommt, eine Gemeinschaft, wo es keine Ausbeutung, keine Unterdrückung, keine Klassen mit gegensätzlichen Interessen gibt das wird noch immer als "unmöglich" bezeichnet, weil angeblich die menschliche Natur nicht geändert werden kann, weil es arm und reich, oben und unten "immer" gegeben hat und "immer" geben muss." In der Auseinandersetzung mit dieser konservativen Geisteshaltung ergibt sich die erste Antwort auf die Frage: Warum sind wir SozialistInnen? Wir sind SozialistInnen, weil wir nicht nur den wissenschaftlich-technischen, sondern auch den gesellschaftlichen Fortschritt für möglich halten: Wenn die Menschen es fertig gebracht haben, Raketen, Raumschiffe und Computer zu konstruieren, dann sind sie auch imstande, eine neue Gesellschaft zu verwirklichen, in der alle die gleichen Chancen haben, in der es keine Klassenunterschiede gibt. Wir sind SozialistInnen, weil uns das Argument, dass etwas "immer" so war und daher auch "immer" so bleiben muss, nicht überzeugt. SozialistIn sein bedeutet: den menschlichen Fortschritt auch im gesellschaftlichen Bereich zu bejahen. Wir sind SozialistInnen, weil wir an eine unveränderliche Natur des Menschen nicht glauben, sondern überzeugt sind, dass menschliche Eigenschaften weitgehend von den Umwelteinflüssen, vom sozialen Milieu abhängen."

13


Sozialistische Jugend und internationale Entwicklung Die Erkenntnis, dass die Trennlinien der kapitalistischen Gesellschaft nicht entlang nationaler, ethnischer oder kultureller Grenzen, sondern zwischen den gesellschaftlichen Klassen verlaufen, macht uns SozialistInnen zu entschiedenen GegnerInnen jeder Form des Nationalismus und zu überzeugten InternationalistInnen. Der von Marx und Engels geprägte Aufruf "ProletarierInnen aller Länder, vereinigt euch" hat an Bedeutung nichts verloren. Gerade angesichts der politischen und ökonomischen Entwicklungen der letzten Jahre ist die internationale Solidarität der arbeitenden Menschen heute wichtiger denn je!

Militärische Repression und wirtschaftliche Ausbeutung Militärische Interventionen der Vereinigten Staaten und anderer Staaten sind Ausdruck der derzeit zunehmenden Bereitschaft, ökonomische und politische Interessen nicht nur auf dem Weg wirtschaftlichen Drucks, sondern auch mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Die Sozialistische Jugend lehnt diese Neuauflage des direkten Imperialismus entschieden ab. Wir treten vehement dagegen ein, die Gewinne einiger Großkonzerne mit Elend und Not hunderter Millionen Menschen in den Entwicklungsstaaten zu bezahlen. Wir kämpfen aber nicht nur gegen direkte militärische Interventionen an, wir fordern auch ein Ende der institutionalisierten Ausbeutung der Menschen in den Entwicklungsstaaten durch Organisationen wie den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Welthandelsorganisation (WTO). Mit ihren Freihandelsverträgen und "Strukturanpassungsprogrammen" versuchen sie, die Profite westlicher Konzerne auf Kosten der lokalen Bevölkerung zu sichern. Um diesen Strukturen gegenzusteuern bedarf es einer verstärkten Vernetzung der Gewerkschaften, sowie allgemein der ArbeiterInnenschaft 14

und den Aufbau schlagkräftiger internationaler Organisationen.

Kampf der Ausbeutung der Entwicklungsländer Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der "Dritten Welt" den Marktkräften zu überlassen, ist gleichbedeutend mit dem Einverständnis, hunderte Millionen Menschen auch weiterhin in Armut und Elend zu belassen. Wir unterstützen deshalb im Rahmen unserer Möglichkeiten solidarisch die Bildung und das Engagement lokaler Organisationen arbeitender Menschen in Lateinamerika und weltweit in ihrem Kampf gegen WTO und IWF, ihren Kampf gegen die Ausbeutung der Menschen durch den Kapitalismus. Um den Menschen in den Entwicklungsländern eine lebenswerte Perspektive zu geben, braucht es aber neben dem lokalen Kampf gegen den Kapitalismus auch eine echte Unterstützung durch die entwickelten Staaten. Neben einem vollständigen Schuldenerlass für die Entwicklungsländer fordern wir deshalb auch umfangreiche Finanztransfer und gleichberechtigten Zugang zu Wissen. Dabei sind wir uns im Klaren darüber, dass diese Forderungen nur durch den Druck der ArbeiterInnenbewegung und die Solidarität der arbeitenden Menschen eine Chance auf Verwirklichung haben und setzen uns dementsprechend für die Stärkung internatioaler Solidarität ein.


Internationalismus ist nicht Euronationalismus! Die Sozialistische Jugend ist eine aktive Vorkämpferin für die Beseitigung der bestehenden nationalen Grenzen. Wir sehen aber keine Verbesserung darin, eine alte durch eine neue Form des nationalen Chauvinismus zu ersetzen. Wenn davon die Rede ist, die "Europäische Union" als "Gegengewicht" zu den USA zur "zweiten Supermacht" zu gestalten, lehnen wir diese Politik entschieden ab. Denn unser Kampf gegen Chauvinismus, Militärinterventionen und die kapitalistische Ausbeutung von Menschen richtet sich sowohl gegen US-amerikanische, wie französische, britische oder deutsche imperialistische Akte.

15


Frauenpolitik Die Sozialistische Jugend steht für eine Gesellschaft, in der alle Menschen, egal ob Männer oder Frauen die gleichen Möglichkeiten haben.

Unterdrückung ... immer schon? Die Geschichte der Menschheit ist geprägt vom Unterschied zwischen Klassen - zwischen Unterdrückern und Unterdrückten, zwischen arm und reich, zwischen Lohnabhängigen und KapitalbesitzerInnen. Das Spezielle an der Geschichte der Frauen aber ist die Tatsache, dass sie die am dauerhaftesten, konsequentesten und allumfassendsten unterdrückten Menschen unserer Existenz sind. Und das, obwohl Frauen etwas mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen. Einerseits werden sie genau wie lohnabhängige Männer - von den Herrschenden der Gesellschaft unterdrückt, die an der Ausbeutung der Menschen zugunsten ihrer eigenen Profitsteigerung interessiert sind. Andererseits sind Frauen auch innerhalb ihrer eigenen sozialen Schicht, ihrer Klasse nicht gleichberechtigt, egal ob diese nun herrscht oder beherrscht wird. Ohne die kostenlose bzw. billige Arbeitskraft, die Frauen liefern, wäre ein Aufrechterhalten der bestehenden Gesellschaftsordnung nicht möglich. Während die großen Kulturen des antiken Griechenlands oder Roms auf dem Rücken der Sklavinnen und Sklaven aufgebaut wurden, so wäre eine Entwicklung der fortschrittlichen Gesellschaft, wie wir sie kennen, nicht möglich gewesen, hätte sie nicht zum Großteil auf die kostenlose Arbeitskraft der Frau aufbauen können. Die totale Gleichberechtigung der Frauen kann in diesem System, das sich stark auf die Unterdrückung und Benachteiligung derselben stützt und davon profitiert, nicht gewährleistet werden. Solange es Menschen gibt, die andere Menschen unterdrücken und solange es Menschen gibt, die vom Leid anderer Menschen profitieren, solange also das kapitalistische System existiert, solange wird es auch 16

Frauen geben, die in diesem System benachteiligt, ausgebeutet, unterdrückt und getötet werden. Deshalb sehen wir die vollständige Gleichberechtigung der Geschlechter immer im Zusammenhang mit der Überwindung des kapitalistischen Systems und deshalb muss unser Kampf auch immer den Kampf gegen den Kapitalismus darstellen. In diesem Kampf gibt es aber viele Schritte, die auch im bestehenden System zur Verbesserung der Situation von Frauen beitragen können. Wir treten offensiv für jede Reform ein, die die Situation der Frauen in diesem System verbessert!

"Wir werden nicht als Frauen geboren..." Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts versuchen uns Konservative immer wieder glauben zu machen, es gäbe "naturgegebenen" Eigenschaften von Mann und Frau und dass sich die Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern daraus ableiten würde. Männer seien dazu geschaffen, das öffentliche Leben zu gestalten, sich in Beruf und Politik einzubringen und die Familie zu ernähren, Frauen dazu, den Haushalt zu führen, Kinder zu versorgen und zu pflegen und die Ehemänner wieder aufzupäppeln, wenn sie erschöpft nach Hause kommen. Von wenigen wird das heute so direkt gesagt, aber die Grundsätze, die sich daraus ableiten, haben in unserer Gesellschaft bis heute Geltung. Wir sind überzeugt davon, dass Frauen und Männer nicht von "Natur aus" verschieden sind. Wir sehen natürlich biologisch eindeutige Unterschiede. Daraus leiten sich aber keine sozialen Eigenschaften oder besondere Verhaltensweisen ab. Die englische Sprache unterscheidet zwischen "sex", dem biologischen Geschlecht, und "gender", dem sozialen Geschlecht, also der Geschlechtsidentität. Das soziale Geschlecht ergibt sich aus der Summe jener Eigenschaften, die als typisch weiblich oder typisch männlich angesehen werden. Gender beschreibt schlicht und einfach die gesellschaftlichen Geschlechterrollen, die Vorstellungen und Erwartungen, wie Frauen und Männer sind bzw. sein sollen. Es sind Identitätskonzepte, die auf Basis


des biologischen Geschlechts zugeordnet werden. Es sind Zuschreibungen, die sich verändern können und von Kultur zu Kultur unterschiedlich sind und allen Menschen bis zu einem gewissen Grad anerzogen werden.

... sondern dazu gemacht ..." Burschen weinen nicht, Mädchen raufen nicht. Burschen dürfen laut sein und müssen lernen sich durch zu setzen, Mädchen müssen ruhig und freundlich sein und lieb aussehen. Mädchen machen mit den Müttern den Haushalt, während Burschen mit dem Vater das Auto reparieren oder den Rasen mähen. Wenn wir Zeitungen aufschlagen, wird uns genau das gleiche Bild vermittelt: Männer finden sich auf den Politik- und Wirtschaftsseiten, Frauen eher in der Garten- und Kochecke. Die Werbung präsentiert uns an jeder Straßenecke wie Frauen auszusehen haben: da geht es um den perfekten Busen und schlanken Bauch. Männer brauchen das nicht. Sie macht angeblich der berufliche Erfolg sexy. Dass wir mit der unterschiedlichen Erziehung auch unterschiedliche Interessen und Verhaltensweisen erlernt bekommen, steht außer Frage. Die gesellschaftlichen Rollenbilder wirken sich aber nicht nur in Vorurteilen und Klischeedenken aus. Sie sind die Ursache für viele unmittelbare Benachteiligungen, die Frauen im täglichen Leben widerfahren.

Frauen und Arbeit Frauen sind insgesamt weniger häufig erwerbstätig als Männer. In Österreich arbeiten knapp mehr als die Hälfte aller erwerbsfähigen Frauen auch tatsächlich in einem Lohnverhältnis, womit Österreich EU-weit an letzter Stelle liegt. Eine Erhöhung der Erwerbsquote ist nicht nur unerlässlich für ein funktionierendes Sozialsystem, sondern auch die Vorraussetzung für die Eigenständigkeit der Frauen. Lohnarbeit ist die Basis für materielle Unabhängigkeit, darüber hinaus aber auch eine Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln, mit dem Beruf zu wachsen und eine Identität aufzubauen, die unabhängig von Kindern 17


und Ehemann Geltung hat. Deshalb treten wir für das Recht von Frauen auf Erwerbsarbeit ein, und vor allem für die Schaffung von Möglichkeiten dieses Recht auch wahrnehmen zu können. Wenn Frauen einer Lohnarbeit nachgehen, dann verdienen sie durchschnittlich um ein Drittel weniger als ihre männlichen Kollegen in gleichen oder gleichwertigen Berufen. Einerseits, weil Frauen vor allem im Dienstleistungsbereich arbeiten, während Männer stark in handwerklichen oder produktiven Berufssparten tätig sind. Von Frauen dominierten Berufssparten sind systematisch unterbezahlt. Andererseits ergibt sich der Lohnunterschied natürlich, weil höhere Positionen fast ausschließlich von Männern eingenommen werden. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt darin, dass Frauen stark in atypischen Beschäftigungsverhältnissen, also Teilzeit oder geringfügig arbeiten. Teilzeitarbeitskräfte gibt es vor allem in Niedriglohn-Bereichen. Das bedeutet nicht nur schlechtere Versicherungsleistungen, sondern auch de facto keine Aufstiegsmöglichkeiten. Sechs von zehn Frauen, die in atypischen Beschäftigungsverhältnissen stehen, geben als Grund dafür die Betreuung von Kindern, anderen Verwandten oder andere familiäre Gründe an. Das ist einer der wesentlichsten Gründe für die Benachteiligung von Frauen am Erwerbsmarkt: Frauen verrichten drei Viertel ihrer gesamten Arbeitszeit im unbezahlten Bereich. Daraus lässt sich ableiten, dass Frauen in Österreich mehr als die Hälfte der anfallenden Arbeit verrichten, aber nur knapp ein Drittel des ausbezahlten Gehaltes bekommen. Wird daraus ein Stundenlohn berechnet, bedeutet das, dass eine Männerarbeitsstunde in Österreich mehr als doppelt so viel wert ist, wie eine Frauenarbeitsstunde.1 Auch aus diesem Grund wollen wir die Möglichkeit für Hausfrauen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Damit soll keineswegs ein "Hausfrauenlohn" erkämpft, sondern ganz im Gegenteil Bewusstseinsarbeit unter den Frauen sowie in der Öffentlichkeit geleistet und Ziele, wie die Vergesellschaftung der Haus- und Pflegearbeit erreicht werden. Die Sozialistische Jugend fordert eine Neuverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit. Kinderbetreuung und Altenpflege sind gesellschaftlich notwendige Arbeiten, die 18

1

nicht unbezahlt auf den Rücken der Frauen abgewälzt werden dürfen. Die Gesellschaft muss mit umfassenden öffentlichen Betreuungseinrichtungen ihrer Verantwortung Rechnung tragen. Auch andere Teile der Hausarbeit können gesellschaftlich organisiert werden. Zum Beispiel ist es nicht notwendig, dass alle Hauhalte für sich allein kochen oder Wäsche waschen. Hausarbeit muss gemeinschaftlich erledigt und von Männern und Frauen zu gleichen Teilen getragen werden. Kollektivverträge müssen gewährleisten, dass geleistete Arbeit von Männern und Frauen sich auch in gleicher Bezahlung niederschlägt. Statt mehr Teilzeitbeschäftigung fordern wir eine generelle Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Dadurch würden zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen, mit denen sich die Frauenerwerbsquote steigern lässt. Die Familie darf nicht länger ein Ort sein, der zu Lasten der Frauen als "Keimzelle" der Gesellschaft dient. Die Sozialistische Jugend tritt für eine Gesellschaft ein, die nicht von Einzelnen zu deren Nachteil getragen wird, sondern von allen Beteiligten in gleichen Maßen. Familie bedeutet für uns nicht notgedrungen "Mutter-Vater-Kind". Familie muss eine frei gewählte Lebensgemeinschaft sein, nicht eine gesellschaftlich erzwungene Konstellation. Familie darf nicht bedeuten, der einen Hälfte alle Pflichten aufhalsen.

"Ob Kinder oder keine, bestimmen wir alleine" Für Frauen ist die Entscheidung, Kinder zu bekommen ein gravierender Einschnitt in ihr Leben. Erst seit den 1960er Jahren, als die "Pille" entwickelt wurde und auf den Markt kam, können Frauen eine zuverlässige Geburtenplanung betreiben. Jahrhunderte davor waren Frauen ihrer biologischen Fähigkeit, Kinder zu gebären, unterworfen und ihr Lebensentwurf war davon stark beeinflusst. Erst seit den 1960er Jahren können Frauen ihre Sexualität leben, ohne Angst vor einer Schwangerschaft haben zu müssen. Damit wurde ein Meilenstein in der Selbstbestimmung der Frau gelegt. Wir stehen für diese Selbstbestimmung ein und fordern umfassende Aufklärungskampagnen in Schulen und die Abgabe von Verhütungsmittel auf Krankenschein.

Geschlechtsspezifische Disparitäten 2002, Bundesanstalt Statistik Austria, Wien 2002


Einen weiteren Meilenstein hat die Frauenbewegung in den 1970er Jahren erkämpft: das Recht auf Schwangerschaftsabbruch. Es wird immer ungewollte Schwangerschaft geben. Die Entscheidung, ob Frauen, in ihrer momentanen Lebenssituation Kinder bekommen können oder wollen, können sie nur selbst treffen. Die Sozialistische Jugend tritt für das Recht auf Selbstbestimmung ein und erkennt das Recht auf Schwangerschaftsabbruch als einen ihrer Träger an. Schwangerschaftsabbruch ist Frauenrecht und hat im Strafgesetzbuch nichts verloren. Schwangerschaftsabbrüche müssen in allen öffentlichen Spitälern auf Krankenschein durchgeführt werden können und Frauen, die sich für einen Abbruch entschließen, müssen vor fundamentalistischen AbtreibungsgegnerInnen geschützt werden.

Frauen sind keine Ware zum Verkauf! Der Charakter der "Ware", den Frauen in unserer Gesellschaft tragen, kommt am deutlichsten zum Tragen im System der Prostitution. Ein System, in dem Frauen gekauft und verkauft werden wie eine Ware. Gekauft wird nicht der Sex oder der Körper, wie viele es deuten mögen, gekauft wird die Frau, ihre Würde, sowie Macht und Bestimmung über sie.

Die Sozialistische Jugend tritt für eine Gesellschaft ein, in der keine Menschen gezwungen sind, sich selbst über ihren Körper zu verkaufen. Wir erachten Prostitution als eines der widerlichsten Übel unserer Gesellschaft an. Der Kampf für eine gerechte Gesellschaft muss gleichzeitig ein Kampf gegen die Prostitution sein! Wer meint, Prostitution basiere auf der Freiwilligkeit der Frauen, verkennt die ökonomischen Zwänge unserer Gesellschaft völlig. Solange Prostitution existiert, sind wir aber solidarisch mit den Prostituierten und fordern deren soziale Absicherung. Ein Verbot von Prostitution würde diese nicht abschaffen, sondern sie nur in die Illegalität drängen und Prostituierte wären so ihren Zuhältern und Freiern ohne Möglichkeit zur Hilfestellung oder Kontrolle durch öffentliche Einrichtungen ausgeliefert. Gesundheitsuntersuchungen und Behandlungen müssen frei zugänglich sein. Daneben muss es eine Reihe von Angeboten geben, die betroffenen Frauen die Chance auf einen Ausstieg geben. Es muss auch die Möglichkeit der gewerkschaftlichen Organisation von Prostituierten geschaffen werden.

Nach Drogen- und Waffenhandel ist Prostitution der drittgrößte Markt der Welt. Viele Menschen, zum allergrößten Teil Männer, machen damit gewaltige Umsätze. Prostitution ist untrennbar verbunden mit Frauenhandel. Frauen werden unter Vortäuschung falscher Tatsachen in industrialisierte Länder gelockt. Dort werden ihnen die Papiere genommen und sie werden zur Prostitution gezwungen. 19


Um Menschenhändlern auf die Spur zu kommen, müssen für die Opfer umfassende Beratungseinrichtungen und Institutionen, die sie auch während und nach einem allfälligen Prozess begleiten, geschaffen werden. Die Voraussetzung für ein erfolgreiches Vorgehen gegen Menschen- handel ist aber die Legalisierung aller in Österreich lebenden MigrantInnen. Kein Mensch ist illegal!

Gewalt gegen Frauen Wir leben in einer Gesellschaft, in der Gewalt gegen Frauen Tradition hat. Denn es ist eine von Männern dominierte Gesellschaft, in der die Frauen in der schwächeren Position sind. Rechtliche Benachteiligungen und ökonomische Abhängigkeit sind der Boden, auf dem Gewalt gedeiht. Die Gewalt, der Frauen in dieser Gesellschaft ausgesetzt sind, hat viele Facetten. Sie beginnt bei der schlechteren Bezahlung, bei den geringen Aufstiegschancen und den faktisch eingeschränkten politischen Mitsprachemöglichkeiten. Diese Ungleichheiten sind die Basis für die demütigendste Form der Diskriminierung von Frauen, der Gewalt gegen Körper und Psyche. Diese Demütigung existiert auf der ganzen Welt. Keine Frau, unabhängig von Einkommen, Klasse, Kultur, Hautfarbe oder Alter ist vor physischer, psychischer oder sexueller Gewalt sicher. Nach Angaben der Polizei wird in Österreich jede fünfte, in einer Beziehung lebende Frau, Opfer von Gewalt, jede zweite gibt an, in ihrem Bekanntenkreis von einer misshandelten Frau zu wissen. Viele Opfer werden von den Tätern so eingeschüchtert, dass sie es nicht wagen, von ihren Erlebnissen zu erzählen, geschweige denn sie anzuzeigen. Gesellschaftliche Sichtweisen, wie "sie hat es ja gewollt" oder gar "provoziert" verstärken diese Hilflosigkeit nur noch mehr. Anhand der Zahlen lässt sich aber ableiten, dass es nicht um Einzelfälle geht, sondern dass Gewalt an Frauen ein gesellschaftliches Phänomen ist. Genau genommen ist es die häufigste Menschenrechtsverletzung der Welt. Ursache dafür, dass Gewalt gegen Frauen so stark vorhanden ist, sind die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen. Erst die ungleiche Machtverteilung in 20

Arbeitswelt, Politik, Wirtschaft und eben auch in zwischenmenschlichen Beziehungen bringen Frauen in eine solche Abhängigkeit, aus der heraus sie sich nicht zur Wehr setzen können. Gewalt gegen Frauen ist in keiner Situation zu rechtfertigen oder zu dulden. Weil wir überzeugt sind, dass der Kampf für eine gerechte Gesellschaft und der Kampf für Geschlechtergerechtigkeit Hand in Hand gehen müssen, wissen wir, dass wir überall dort gegen die Unterdrückung der Frauen eintreten, wo sie passiert. Weil eine gerechte Welt ohne die Gleichberechtigung der Geschlechter keine gerechte Welt ist!


Arbeitswelt Arbeit ist die Grundvoraussetzung menschlicher Existenz In der Geschichte der Menschheit haben die letzten 200 Jahre wohl den raschesten und einschneidensten Wandel von Wirtschaft und Arbeitswelt gebracht. Durch die Industriellen Revolutionen konnte sich die Wirtschaftsleistung in einem bis dahin ungeahnten Tempo vervielfachen. Menschliche Arbeit konnte durch den gigantischen technischen Fortschritt produktiver und effizienter genutzt werden, bleibt aber letztlich die unersetzbare Grundlage für die Schaffung von Gütern und Dienstleistungen.

Ausbeutung der ArbeiterInnen

Nicht der Großmut und die Entscheidungskraft einiger Konzernherren, sondern die Arbeit von FabriksarbeiterInnen, Büroangestellten, BusfahrerInnen, LehrerInnen, ÄrztInnen, KrankenpflegerInnen etc. und nicht zuletzt die zumeist unbezahlte Haus- und Pflegearbeit schaffen den uns gewohnten gesellschaftlichen Wohlstand.

Der Kapitalismus teilt die Menschen in solche, die über Kapital verfügen und andere für sich arbeiten lassen können und solche, die auf den Verkauf ihrer Arbeitskraft angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt aufbringen zu können. In der den ArbeiterInnen abverlangten Arbeitszeit erzeugen sie in der Regel mehr, als sie in Form von Löhnen (zuzüglich aller staatlichen Abgaben) erhalten. Den Überschuss schöpfen die UnternehmerInnen als "Gewinn" ab. Tatsächlich handelt es sich bei diesem "Gewinn" aber um den Beschäftigten vorenthaltene Lohnteile. Reichtum einiger weniger setzt deshalb immer die Ausbeutung und relative Armut einer viel größeren Gruppe voraus.

Kapitalismus ist undemokratisch

Die Rolle unbezahlter Hausarbeit

Die entscheidende Rolle, die den Menschen zukommt, die durch ihre Arbeit unseren Lebensstandard ermöglichen, spiegelt sich in unserem Wirtschaftssystem allerdings keineswegs wider. Die wichtigsten wirtschaftlichen Entscheidungen über Produktion, Arbeitsbedingungen, über Investitionen und Arbeitsverteilung liegen im Kapitalismus nicht bei den direkt davon Betroffenen, sondern bei den UnternehmerInnen, ob als EigentümerInnen oder als ManagerInnen. Demokratische Grundprinzipien sind aus einem unserer wichtigsten Lebensbereiche, dem Wirtschaftsleben, noch immer weitgehend ausgeschlossen.

Um dauerhaft die Arbeitskraft von LohnarbeiterInnen ausbeuten zu können, bedarf es ihrer ständigen Reproduktion, d.h. LohnarbeiterInnen müssen über Zeit und Lebensmittel verfügen, um ihre Kräfte zu erneuern. Doch auch die Reproduktion von Arbeitskraft erfordert Arbeit, z.B. Kochen, Putzen, Kinder betreuen, etc. Diese Arbeit wird allerdings zum größten Teil unbezahlt von Frauen erbracht, ein Umstand, der Frauen zu doppelt Ausgebeuteten macht. Die Gleichberechtigung von Frauen in der Gesellschaft erfordert deshalb nicht nur, dass Frauen im Erwerbsleben endlich gleich behandelt werden (gleicher Lohn für gleiche Arbeit), sondern eben auch, dass Haus- und Betreuungsarbeit weitgehend vergesellschaftet bzw. partnerschaftlich aufgeteilt wird, denn nur dadurch kann tatsächliche Gleichheit der Geschlechter gewährleistet werden. 21


Der Markt erzeugt Krisen

Die Rolle der Arbeitslosigkeit

Wir erleben im Kapitalismus aber nicht nur eine ungerechte Verteilung gesellschaftlichen Wohlstands. Die Mechanismen des freien Marktes sorgen auch dafür, dass in einer Welt, die in weiten Teilen noch immer von Hunger, Elend und Mangel regiert wird, regelmäßige "Überproduktionskrisen" auftreten; dass die Produktion dringend benötigter Güter eingestellt wird, bzw. Millionen Tonnen bereits erzeugter industrieller und landwirtschaftlicher Güter vernichtet werden, weil es keine finanzkräftige Nachfrage danach gibt; dass gleichzeitig durch immer aufwendigere Werbung Bedürfnisse künstlich erzeugt werden; dass Forschungs- und Produktionsentscheidungen nicht nach gesellschaftlicher Nützlichkeit, sondern nach Profitaussichten getroffen werden.

Die weltweit herrschende Massenarbeitslosigkeit ist dabei keine zufällige und unbeabsichtigte Nebenerscheinung, sondern wird von neoliberaler Politik bewusst herbeigeführt bzw. in Kauf genommen. Arbeitslosigkeit wird als Waffe eingesetzt, um Löhne zu drücken und Rechte zu beschneiden. Sie dient als eines der wichtigsten Instrumente, um Selbstbewusstsein, Solidarität und Kampfkraft der arbeitenden Menschen zu zerstören und so eine Umverteilungspolitik von unten nach oben zu ermöglichen.

Es sind die Mechanismen des Marktes, das unkoordinierte Agieren konkurrierender Unternehmen, die regelmäßige Krisen erzeugen. Und es sind die unternehmerischen Reaktionen, durch "Rationalisierungen", Lohnkostensenkungen und Entlassungen die "Wettbewerbsfähigkeit" zu erhöhen, durch die sich gesamtwirtschaftlich die Spirale von Krise, Arbeitslosigkeit und sinkenden Einkommen fortsetzt.

Neue Unsicherheiten in der Arbeitswelt Teil dieser aktuellen Rationalisierungsmaßnahmen ist die Erhöhung des Drucks auf die arbeitenden Menschen, die Absenkung von Lohnkosten und ein Abbau sozialstaatlicher Leistungen. In diesem Zusammenhang ist die - von Neoliberalen häufig als "Zukunftskonzept" gefeierte - Forcierung atypischer Beschäftigungsverhältnisse, Teilzeitarbeit, Scheinselbstständigkeit etc. zu sehen. Ebenso wie bei der "Flexibilisierung" von Arbeitsrecht bzw. Arbeitszeiten, beim Abbau sozialer Leistungen und bei der Förderung des "Niedriglohnsektors" geht es darum, den Druck auf die Beschäftigten zu erhöhen und ihren Anteil am Wirtschaftsprodukt zugunsten der Profite abzusenken. 22

Umverteilung von unten nach oben Diese Umverteilung erfolgte nicht nur durch eine Verschlechterung der Arbeitssituation, sondern auch durch die Gestaltung öffentlicher Finanzen. Die Privatisierung vormals staatlicher Industrien und öffentlichen Dienstleistungen in Form von Verkauf und Liberalisierungen eröffnen neue Felder für die Profitwirtschaft. Steuerpolitisch werden Gewinn- und Vermögenssteuern gesenkt, während Konsum- und Lohnsteuern deutlich angehoben werden.

Grundsätze sozialistischer Wirtschaftspolitik Sozialistische Wirtschaftspolitik hat zum Ziel, alle Menschen mit den ihren Bedürfnissen entsprechenden Gütern auszustatten und der Demokratie auch im Wirtschaftsleben zum Durchbruch zu verhelfen. Wir kämpfen für die soziale Besserstellung der arbeitenden Menschen und für ihr Recht, über ihr Leben selbständig entscheiden zu können. Deshalb richtet sich unser Kampf auch auf die Überwindung des Kapitalismus, der einigen wenigen Reichtum und Privilegien verschafft, indem er der großen Mehrheit Rechte, Möglichkeiten und Lebensqualität vorenthält. Wir fordern die Ersetzung des Privateigentums an den Produktionsmitteln durch gesellschaftliches Eigentum und eine demokratische Verwaltung der Wirtschaft.


Denn wir sehen soziale Gleichheit als Notwendigkeit an, um tatsächlich in allen Lebensbereichen Fremdbestimmung durch demokratische Grundsätze zu ersetzen. Erst die soziale Gleichstellung aller Menschen ermöglicht die Durchsetzung echter Freiheit und gesellschaftlicher Demokratie. Damit schaffen wir auch die Grundlage, um die geistigen und körperlichen Potenziale aller Menschen für die Steigerung der allgemeinen Lebensqualität nutzbar zu machen. Wir sind der Überzeugung, dass Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit, soziale Ungleichheit und Elend, Unfreiheit und mangelnde Wirtschaftsdemokratie nicht naturgegeben sind, sondern durch unser gemeinsames Handeln beseitigt werden können. Nachstehend wollen wir einige Schritte skizzieren, mit denen wir eine Überwindung der herrschenden Missstände einleiten wollen.

Kampf gegen Arbeitslosigkeit Die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung ist eine zentrale Aufgabe sozialistischer Wirtschaftspolitik. Wir wollen durch die Schaffung gutbezahlter und sicherer Arbeitsplätze und die Beseitigung von Lohn- und Sozialdumping im Rahmen atypischer Beschäftigungsverhältnisse Vollbeschäftigung wiederherstellen. Mit der dadurch bewirkten Verbesserung der Lebenssituation Millionen arbeitender Menschen, stärken wir auch die Position der organisierten ArbeiterInnenschaft im Kampf um die soziale Gleichstellung aller Menschen. Vollbeschäftigungspolitik bedarf einer radikalen Umverteilung von Einkommen und Vermögen von oben nach unten. Damit werden die BezieherInnen niedriger Einkommen in die Lage versetzt, zusätzliche, dringend benötigte Güter kaufen zu können und damit die effektive Nachfrage zu erhöhen.

Umverteilung durch Steuerpolitik Die Sozialistische Jugend fordert eine umfassende Umverteilung der steuerlichen Lasten, die momentan hauptsächlich von den arbeitenden Menschen getragen werden. Wir verlangen eine drastische Anhebung der Steuern auf Vermögen und Spitzeneinkommen durch die Beseitigung von Steuerprivilegien für Vermögen (z.B."Privatstiftung") die Anhebung der Grundsteuer Wiedereinführung der Vermögensteuer Erhöhung der Gewinnsteuern Erhöhung der Erbschaftssteuer und Verstärkung der Progression Verstärkung der lohnsteuerlichen Progression, Erhöhung des Spitzensteuersatzes die Einführung der Tobin-Steuer und von Kapitalverkehrskontrollen, um Spekulation und Steuerflucht entgegenzuwirken. Erhöhung der Steuern auf Kapitaleinkünfte Diese zusätzlichen Finanzmittel sollen zum Ausbau verbesserter öffentlicher Dienstleistungen und zur Senkung der unteren und mittleren Lohnsteuerklassen Einführung einer Negativsteuer schrittweisen Abschaffung indirekter Steuern wie der Mehrwertsteuer genutzt werden. Wir wollen mit diesen Schritten nicht nur in Österreich zu einer deutlich gerechteren Verteilung der Einkommen beitragen, wir sind auch überzeugt, dass eine verbesserte internationale Zusammenarbeit zur Schließung von Steuerschlupflöchern und zur Verhinderung eines internationalen Steuerwettbewerbs sinnvoll ist, um die Wirkung umverteilender Steuergesetze noch weiter zu erhöhen.

23


Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich Die wachsende Produktivität unserer Wirtschaft ermöglicht es uns, in kürzerer Zeit mehr Produkte zu erstellen. Das ermöglicht kürzere Arbeitszeiten, ohne auf uns gewohnte Güter verzichten zu müssen. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich schafft aber nicht nur ein größeres Maß an Lebensqualität, sondern auch mehr Arbeitsplätze und größere soziale Gerechtigkeit. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich würde den Trend der vergangenen Jahrzehnte - große Teile der Produktivitätssteigerungen den arbeitenden Menschen vorzuenthalten - umdrehen und Einkommen von oben nach unten umverteilen. Das würde zusätzliche Kaufkraft schaffen und den arbeitschaffenden Effekt weiter verstärken.

Verstaatlichung und Vergesellschaftung Wir sehen in der Verstaatlichung von Banken und strategisch wichtiger Industrien einen wichtigen Schritt, um auf das Wirtschaftsleben planend Einfluss zu nehmen. Sozialistische Verstaatlichungspolitik darf sich aber nicht darin erschöpfen, einige Schlüsselunternehmen (vorübergehend) unter die Kontrolle staatlicher Bürokratie zu stellen, sondern muss vielmehr darauf abzielen, immer weitere Teile der Wirtschaft unter die direkte demokratische Verwaltung durch die arbeitenden Menschen zu stellen.

24

Planung der Wirtschaft Wir sind überzeugt, dass wir Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrisen nur dann dauerhaft überwinden können, wenn wir das durch marktwirtschaftliche Profitlogik erzeugte Chaos der "Überproduktion" durch eine planvolle Gestaltung von Investitionen und Produktion ersetzen. Investitionen und Produktion sollen nicht von Gewinnchancen, sondern von gesellschaftlicher Sinnhaftigkeit abhängig gemacht werden und der demokratischen Kontrolle aller unterliegen.


Die Bedeutung der Sozialpolitik für die sozialistische Bewegung Die Schaffung neuer sozialer Leistungen hat jahrzehntelang den Kampf der sozialistischen ArbeiterInnenbewegung geprägt: der 8-Stunden-Tag, bezahlter Urlaubsanspruch, die Kranken- und Unfallversicherung, Arbeitslosengeld und Krankenversicherung, die Schaffung von BetriebsrätInnen, kostenloser Schulbesuch etc. sind das Ergebnis eines oft jahrzehntelangen Ringens der ArbeiterInnenbewegung mit Unternehmen und Regierung. All diese Verbesserungen haben die Lebensqualität der arbeitenden Menschen, der lernenden und arbeitenden Jugendlichen, unerhört gesteigert. Der Wohlfahrtsstaat konnte erfolgreich als Instrument zur materiellen Besserstellung der ArbeiterInnenklasse genutzt werden. Die Erfolge beim Aufbau eines umfassenden Wohlfahrtsstaates haben darüber hinaus in vielen Fällen günstigere Voraussetzungen für die Fortsetzung des Kampfes um eine sozialistische Gesellschaft geschaffen. Erst die deutliche Senkung der zulässigen Höchstarbeitszeit ermöglichte es schwer arbeitenden Menschen, sich politisch zu betätigen, sich in Parteien, Gewerkschaften und Vereinen zu organisieren. Erst die soziale Absicherung gegen Krankheit, Alter, Arbeitslosigkeit gab und gibt vielen Arbeiterinnen und Arbeitern die Sicherheit und den Mut, den Kampf für weitere Verbesserungen aufzunehmen. Nicht zuletzt haben erreichte Erfolge der ArbeiterInnenbewegung immer wieder als Beweis dienen können, dass deutliche Verbesserungen erkämpfbar sind und haben so zu einer Steigerung des Selbstvertrauens der arbeitenden Klasse beigetragen.

Die neoliberale Demontage des Sozialstaats Der weltweit seit den 1980er-Jahren eingesetzte Abbau des Sozialstaats droht nun genau den umgekehrten Effekt zu haben. Die Zerstörung sozialer Netze hat zu einer dramatischen Zunahme der Massenarmut geführt. Das Unvermögen der sozialistischen Bewegung, diese Entwicklung aufzuhalten, ist auch auf mangelnde Entschlossenheit im politischen Kampf zurückzuführen: Die in den 60er und 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts entstandene Annahme, der Sozialstaat könne eine "soziale Marktwirtschaft", einen "sozial gerechten" Kapitalismus schaffen, hat sich als falsch erwiesen. Die Prinzipien und Funktionsweisen des kapitalistischen Wirtschaftssystems stehen in fundamentalem Widerspruch zu sozialer Gerechtigkeit, Gleichheit und echter Demokratie. Unter kapitalistischen Bedingungen sind Schritte zur sozialen Gleichstellung aller Menschen zwar möglich, sie sind aber beständigen Angriffen der KapitalistInnen ausgesetzt, die niedrigere Löhne und Sozialleistungen, "Flexibilisierungen" und längere Arbeitszeiten durchsetzen möchten, um Profite zu maximieren. Die konsequente Verteidigung der Ziele des Wohlfahrtsstaates, wie Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Demokratie, erfordert deshalb die Überwindung des kapitalistischen Wirtschaftssystems, das immer auf die Schaffung von Profiten und nicht auf die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gerichtet ist. Die Sozialistische Jugend erteilt der fatalistischen Einstellung, Verbesserungen der sozialen Lage seien erst in einer "besseren Welt von morgen" möglich, allerdings eine klare Absage. Wir SozialistInnen kämpfen um die gesellschaftliche und wirtschaftliche Gleichstellung aller Menschen. Dieser Kampf beginnt nicht in einer utopischen Traumwelt von morgen, sondern hat im Hier und Heute anzusetzen. 25


Wir sehen den Kampf um den Wohlfahrtsstaat nicht als Ersatz für den Kampf um eine sozialistische Gesellschaft, sondern als einen Teil davon. Die Aufstellung und Erstreitung sozialer Verbesserungen, sind wichtige Schritte zur Stärkung der ArbeiterInnenklasse und ihres Bewusstseins. Deshalb tritt die Sozialistische Jugend mit aller Kraft für die Verteidigung und den Ausbau des Wohlfahrtsstaates ein.

Aufgaben des Wohlfahrtsstaates Ein umfassender Wohlfahrtsstaat hat vier wesentliche Hauptaufgaben zu erfüllen Die Bereitstellung umfassender sozialer Sicherungssysteme soll alle Menschen gegen Risiken wie Armut, Arbeitslosigkeit, Krankheit und reduzierte Erwerbsfähigkeit (Alter, Unfall, Betreuungspflichten) durch Transferleistungen, Versicherungsleistungen und Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen absichern. Die Schaffung umfassender und universeller Leistungen ist eine der wichtigsten Bedingungen, um den wohlfahrtsstaatlichen Einrichtungen umverteilende Wirkung von oben nach unten zu geben und alle am gesellschaftlichen Reichtum zu beteiligen. Damit soll ein größeres Maß an Gleichheit zwischen den sozialen Klassen bzw. den Geschlechtern erreicht werden. Die von Neoliberalen häufig unter dem Titel "höhere soziale Treffsicherheit" oder "Modernisierung des Sozialstaats" geforderte Beschränkung sozialer Leistungen auf "die, die es wirklich brauchen", bedeutet zumeist nichts anderes, als die Umwandlung umfangreicher und umverteilender sozialer Leistungen in kärgliche Almosen für die Ärmsten der Armen. Umverteilung und nachhaltige Armutsbekämpfung im Wohlfahrtsstaat erfordern aber breitenwirksame Sozialsysteme, um erfolgreich sein zu können! Wichtig zur Erfüllung dieser Ziele ist die Erreichung und Erhaltung der Vollbeschäftigung durch die Schaffung gutbezahlter und sicherer (Vollzeit-) Arbeitsplätze. Der emanzipatorische Charakter des Wohlfahrtsstaates schließlich besteht darin, durch die Schaffung von mate26

rieller Sicherheit das Selbstbewusstsein der arbeitenden Menschen zu stärken, die eigene Zukunft selbst zu gestalten, statt sie von anderen gestalten zu lassen. Umfassende soziale Sicherheit vergrößert die Möglichkeiten, das Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten und hat damit eine nicht zu unterschätzende psychologische Wirkung im Kampf der sozialistischen Bewegung. Damit stellt der Wohlfahrtsstaat nicht nur für aktuelle LeistungsbezieherInnen, sondern für alle arbeitenden Menschen einen unschätzbaren Wert dar. Gerade weil wir die emanzipatorischen Züge des Wohlfahrtsstaates für entscheidend halten, lehnen wir den Versuch neoliberaler Kräfte, das Vertrauen in Sozialsysteme durch regelmäßige künstliche Finanzierbarkeits- und Sozialschmarotzerdebatten zu untergraben, ab. Das Problem sozialer Sicherungssysteme liegt nicht in vereinzelten Missbräuchen des Systems, sondern in den gezielten Versuchen der Neoliberalen, die in Jahrzehnten errungenen sozialen Fortschritte der arbeitenden Menschen zu zerstören.


Formen der Erbringung sozialer Leistungen Die Verantwortung für die Bereitstellung umfassender sozialer Sicherheit liegt beim Staat. Die Sozialistische Jugend widersetzt sich vehement dem Versuch, durch das konservative Konzept einer "Bürgergesellschaft", in der "jeder für jeden Verantwortung trägt", Sozialabbau und Privatisierung sozialer Risiken schönzureden. Es ist Aufgabe der öffentlichen Hand, ein umfassendes, hochqualitatives und ausreichend finanziertes System sozialstaatlicher Leistungen allen Menschen zur Verfügung zu stellen. Die Sozialistische Jugend tritt dabei für ein System einer von den Versicherten bzw. ihren VertreterInnen selbst verwalteten Sozialversicherung ein. Die Sozialistische Jugend tritt vehement für ein solidarisches und umlagenfinanziertes öffentliches Sozialversicherungssystem ein. Wir lehnen jede Form der Privatisierung sozialer Sicherungssysteme ab, sei es durch die Zulassung privater MitbewerberInnen zu den öffentlichen Sozialversicherungen, sei es durch die Absenkung öffentlicher Leistungen selbst bei gleichzeitiger Förderung "privater Vorsorge".

Finanzierung sozialer Leistungen Wachsende Aufgaben der Sozialversicherung, wie die Alterung der Gesellschaft und die Erweiterung technisch-medizinischer Möglichkeiten, führen auch zu einer Zunahme der finanziellen Belastung sozialer Sicherungssysteme. Gleichzeitig führt die durch neoliberale Politik erzeugte Massenarbeitslosigkeit, die Schaffung immer mehr atypischer und prekärer Beschäftigungsverhältnisse und das Absinken der Lohnquote am Volkseinkommen dazu, dass der Sozialversicherung dringend benötigte Einnahmen entgehen. Die durch neoliberale Politik erzeugten Finanzierungsschwierigkeiten werden von bürgerlicher Seite regelmäßig benutzt, die Finanzierbarkeit des Sozialstaats an sich in Frage zu stellen und Sozialkürzungen zu legitimieren. Die Lösung der vielzitierten "Finanzprobleme" der Sozialsyste-

me erfordert allerdings in erster Linie eine Abkehr vom Neoliberalismus und nicht einen weltweiten Kürzungswettlauf. Die Sozialistische Jugend fordert entschiedene Maßnahmen, um der Sozialversicherung jene Mittel zur Verfügung zu stellen, die sie für Erhaltung und Ausbau eines hochqualitativen und solidarischen Pensions- und Gesundheitssystems benötigt: Höhere Löhne, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und "atypischer" Arbeitsverhältnisse, mit denen die Sozialversicherungspflicht umgangen wird, sind dringend notwendige und sozial gerechte Maßnahmen, um ein solidarisches Sozialsystem zu erhalten und zu verbessern. Zudem gilt es, die Erwerbsquote - insbesonders der Frauen - anzuheben. Darüber hinaus ist ganz allgemein kritisch zu hinterfragen, wie zeitgemäß die aus dem 19. Jahrhundert stammende Form der Finanzierung der Sozialversicherung - basierend auf den Lohnkosten - heute noch ist. Die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe und damit die Einbeziehung von Zinsen, Abschreibungen und Unternehmensgewinnen in die Sozialversicherungspflicht stellen einen sozial gerechten Schritt zu einer Weiterentwicklung der Finanzierung der Sozialversicherung dar. 27


Pensionen

Armutsbekämpfung

Die Sozialistische Jugend tritt der in Pensionsdebatten regelmäßig geschürten Polarisierung zwischen "Jung" und "Alt" entschieden entgegen. Wir fordern öffentliche Pensionszahlungen in einer Höhe, die den Lebensstandard der in den Ruhestand Tretenden wahren. Diverse Pensionskürzungen haben nichts mit so genannter "Generationengerechtigkeit" zu tun, sie sind vielmehr eine Umverteilung von jungen und älteren Lohnabhängigen zu SpitzenverdienerInnen und Konzernen.

Nach einem Vierteljahrhundert neoliberaler politischer Dominanz ist Armut wieder ein enormes Problem der entwickelten Industrieländer geworden. In Österreich ist knapp eine Million Menschen akut arm oder von Armut bedroht.

Gesundheit Der ungemeine medizinische Fortschritt und die umfangreichen Potenziale für weitere Steigerungen der Lebenserwartung durch neue Behandlungsmethoden und Medikamente stellen einen der größten Erfolge menschlichen Denkens und Handelns dar. Die Sozialistische Jugend fordert, dass alle Menschen weltweit von diesen Errungenschaften profitieren müssen. In Österreich darf die Weiterentwicklung medizinischer Möglichkeiten nicht dazu führen, dass immer mehr Kosten auf ältere und kranke Menschen in Form von Selbstbehalten und Gebühren abgewälzt werden. Wir fordern die Abschaffung bestehender Selbstbehalte und stattdessen eine sozial gerechte solidarische Finanzierung der wachsenden Aufgaben unseres Gesundheitssystems durch höhere Beitragseinnahmen.

Um das Armutsproblem zu lösen, bedarf es unserer Meinung nach dreier Ansatzpunkte: Die Bekämpfung atypischer und prekärer Beschäftigungsverhältnisse und die Schaffung sicherer und gut bezahlter Arbeitsplätze. Die Schaffung der Möglichkeit, Vollzeitjobs auch annehmen zu können. Besonders Frauen müssen von der Gesellschaft durch die Errichtung flächendeckender Kinderbetreuungseinrichtungen von den weitgehend auf sie abgewälzten Betreuungspflichten entlastet werden. Darüber hinaus bedarf es einer Ausweitung öffentlicher Angebote zur beruflichen (Nach-) Qualifizierung. Schaffung einer steuerfinanzierten und existenzsichernden bundeseinheitlichen Sozialhilfe für alle in Österreich lebenden Menschen. Gleichzeitig fordern wir die Abschaffung von Rückforderungsmöglichkeiten bei der Sozialhilfe.

Familienförderungen Obwohl Österreichs Ausgaben für Familien im europäischen Spitzenfeld liegen, weist Österreichs Familienförderung eine Reihe akuter Mängel auf: überdurchschnittliche Armutsgefährdung kinderreicher Familien Unzureichende Finanzierung kinderbezogener Dienstleistungen (z.B. Kinderbetreuungseinrichtungen) Förderung traditioneller Rollenbilder, z.B. durch die Heimbleiberinnenprämie "Kindergeld" Diskriminierung nichtehelicher homo- und heterosexueller Lebensgemeinschaften

28


Die Sozialistische Jugend fordert die Anpassung der Familienförderung an tatsächliche Bedürfnisse - gerade junger Menschen - in Österreich. Die Schaffung einer eingetragenen PartnerInnenschaft die eine rechtlich gleichgestellte Form des Zusammenlebens für homo- und heterosexuelle Paare als Ersatz für die Ehe ermöglicht, die Schaffung flächendeckender Kinderbetreuungseinrichtungen und die (Wieder-) Einführung der Versicherungsleistung Karenzgeld an Stelle des Kindergeldes sind unsere wichtigsten Forderungen für eine gerechte Familienpolitik, die auch zur Gleichstellung der Frauen in der Gesellschaft beiträgt.

Kernpunkt der Frauenförderungspolitik ist es, Frauen die Aufnahme existenzsichernder Erwerbsarbeit zu ermöglichen. Dazu ist es notwendig, die momentan vor allem Frauen aufgehalste Haushaltsarbeit zu vergesellschaften (z. Bsp. durch die flächendeckende Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen), bzw. in Bereichen wo dies nicht möglich ist, eine partnerInnenschaftliche Aufteilung von Hausarbeit durchzusetzen.

29


Für eine radikale Demokratisierung!

Unter dem Begriff der Demokratie wird im Allgemeinen die politische Demokratie in Form des Parlamentarismus verstanden. Diese wird dem Demokratiebegriff (Volksherrschaft) allerdings nicht gerecht.

Die bürgerliche Demokratie Die bürgerliche Demokratie ist das Ergebnis der revolutionären Phase des Bürgertums. Sie befreite die Gesellschaft aus der feudalen Willkürherrschaft und proklamierte Freiheit, Gleichheit und Demokratie für alle Menschen. Anstelle von monarchischer Alleinherrschaft installierte sie den Parlamentarismus, die arbeitsteilige Trennung der Herrschaft in Volksvertretungen. Die bürgerliche Demokratie hat Freiheit, Gleichheit und Demokratie für alle Menschen jedoch nur auf einer abstrakten Ebene, auf der Ebene des Staats, durchgesetzt. Als StaatsbürgerInnen dürfen sich alle Menschen an formaler

Gleichheit und Demokratie erfreuen, während sie sich als Mitglieder der bürgerlichen Gesellschaft immer noch aufgrund ihrer Stellung im Produktionsprozess, aufgrund von sozialer Herkunft, Bildung, Geburt und Geschlecht unterscheiden. Der politische Staat, den das Bürgertum mit Unterstützung des Proletariats erkämpft hat, hat die Unterschiede zwischen den Menschen nicht aufgehoben, er hat sie bloß in den Privatbereich abgedrängt. Die bürgerliche Demokratie ist daher keine allumfassende Demokratie. Die Mitbestimmung der Menschen begrenzt sich auf die abstrakte Ebene des Staates und ihre Rolle als StaatsbürgerInnen. Sie schließt alle anderen menschlichen Lebensbereiche von vornherein aus: Die Unterschiede zwischen den Menschen sind nur insofern Thema der parlamentarischen Demokratie, als sie die kapitalistische Produktionsweise nicht in Frage stellen.

Der bürgerliche Staat Der bürgerliche Staat ist das Rückgrat der kapitalistischen Produktionsweise. Er ist der Garant für den reibungslosen Ablauf von Kapitalverwertung und Akkumulation. Über einen rechtlichen Rahmen regelt er die Marktwirtschaft und formt die dazu notwendigen Rechtssubjekte, die ihre Waren auf den Märkten veräußern können bzw. im Falle des Proletariats, das außer seiner Arbeitskraft nichts zu veräußern hat, müssen. Der Staat steht auf der Seite der kapitalistischen Produktionsweise. Dennoch ist er nicht als monolithischer Block zu fassen, sondern als das Ergebnis eines Kräfteverhältnisses. Die politische Einheit der herrschenden Klasse wird erst über den Staat geschaffen, der dem Klassenkampf daher nicht äußerlich gegenüber steht, sondern mitten involviert ist. Die Differenziertheit der herrschenden Klasse und ihre Konflikte setzen sich im Staat fort. 30


Die Klassenspaltung der bürgerlichen Gesellschaft erfordert, dass die öffentliche Gewalt nicht von allen Mitgliedern der Gesellschaft ausgeübt wird. Die Klassengesellschaft kann nur aufrechterhalten werden durch die scheinbar neutrale Instanz Staat, die das Gewaltmonopol und die Aufrechterhaltung der Produktionsweise in Form von Staatsapparaten ausübt. Diese treten der Gesellschaft in Form von staatlichen Institutionen, wie Militär, Polizei, Justizsystem, Regierung, Ministerien, Parlament oder dem Verwaltungsapparat entgegen, die großteils ohne eine demokratische Legitimierung bestellt werden. Sie sorgen für die fortwährende Reproduktion der gesellschaftlichen Verhältnisse und der kapitalistischen Sachzwänge. Über den Staat kann die herrschende Klasse ihre Interessen in Form von Gesetzen direkt geltend machen. Dabei muss es sich nicht nur um Gesetze handeln, die von den ökonomischen Sachzwängen quasi diktiert werden, um die Produktivkräfte auf das notwendige Niveau anzuheben. Mit Anti-Terror-Gesetzen oder etwa Steueränderungen, die Staatseinkünfte von unten nach oben verteilen, setzt die herrschende Klasse ihre eigenen Interessen durch. Als gesellschaftliches und soziales Verhältnis sind der Staat und seine Politik ein umkämpftes Terrain. In Zeiten einer starken bzw. erstarkenden ArbeiterInnenbewegung können daher auch Reformen durchgesetzt werden, die der herrschenden Klasse aufgezwungen werden, wie etwa Arbeitszeitverkürzungen oder Umverteilungen von oben nach unten. Diese Reformen dienen dazu, die sozialen Bedingungen des Proletariats zu verbessern und sind daher ein wichtiger Ansatzpunkt im Kampf für eine neue Gesellschaft. Gleichzeitig wissen wir, dass der bürgerliche Staatsapparat niemals Instrument für sozialistische Politik werden kann. Eine Analyse des Staates darf sich aber nicht nur auf seine repressiven Aufgaben und Funktionen beschränken. In den Staatsapparaten verkörpern sich auch die herrschenden Ideologien, die für die Konstitution und Reproduktion der gesellschaftlichen Arbeitsteilung, der Klassen und der Klassenherrschaft wesentlich sind. Der Staat ist daher ein fester Bestandteil der kapitalistischen Produktionsweise und darf daher von dieser nicht isoliert analysiert werden.

Er ist unabhängig von seiner konkreten Form ein Herrschaftsverhältnis und muss daher in einer neuen Gesellschaft schlussendlich in seiner Gesamtheit überwunden werden.

Der Kampf um den Sozialismus "Wirkliche Demokratie ist nur in einer neuen Gesellschaft, in der sozialistischen Gesellschaft, möglich. Nur die sozialistische Demokratie stellt die vollkommene Demokratie für die im Kapitalismus unterdrückten, nur formell-politisch gleichberechtigten Werktätigen her. Diese vollständige, sozialistische Demokratie hebt die Klassenherrschaft der Bourgeoisie mitsamt deren Staat auf und setzt an ihre Stelle den sozialistischen Staat, einen demokratischen Staat neuen Typs. Als MarxistInnen wissen wir aber, dass auch dieser Staat nur ein Durchgangspunkt sein kann, eine Etappe, die Grundlage für die Überwindung aller Herrschafts- und Klassenverhältnisse und daher auch der Demokratie und des sozialistischen Staates sein wird. In dem Maße, wie im Sozialismus die Aufhebung der Klassengesellschaft erreicht wird, weicht auch die demokratische Herrschaft des Proletariats zurück, die öffentliche staatliche Verwaltung verliert ihren politischen Charakter, der Staat im eigentlichen Sinne stirbt ab. Mit der Verwirklichung der klassenlosen Gesellschaft, die sich auf dem Boden des Sozialismus entwickelt, tritt schließlich an die Stelle des sozialistischen Staates und auch der Demokratie als Herrschaftsform die freie Assoziation freier Individuen." Wirkliche Demokratie kann sich nicht in herkömmlichen Parlamenten organisieren, in denen sich BerufspolitikerInnen Gedanken über abstrakte Probleme machen. Wirkliche Demokratie muss bei den konkreten menschlichen Problemen ansetzen und alle Lebensbereiche miteinbeziehen. Sie soll sich nicht auf eine periodisch stattfindende Stimmabgabe beschränken, sondern die aktive Einbeziehung aller Menschen ermöglichen. Diese neue Form der Demokratie soll den Berufstypus PolitikerIn abschaffen und die bürgerliche Repräsentativdemokratie in eine aktive Demokratie umstürzen, in der alle Menschen in Entscheidungen direkt eingebunden sind. 31


Sicherheit braucht Gerechtigkeit und demokratische Kontrolle Das Handeln der Menschen wird wesentlich von den gesellschaftlichen Gegebenheiten geprägt, denen sie unterworfen sind. In diesem Verhältnis muss es auch verstanden werden. Soziale Ungerechtigkeit und Armut, hervorgerufen durch ein zu Gerechtigkeit unfähiges kapitalistisches Wirtschaftssystems, sind ein Nährboden für Kriminalität. Demnach hilft jede Maßnahme, die soziale Ungerechtigkeit vermindert, Kriminalität zu vermeiden und Sicherheit zu schaffen. Die Menschen vor Kriminalität und Gewalt, vor allem durch Prävention, zu schützen, ist unser Ziel. Dabei sind für uns die Menschenrechte unteilbar. Effektiver Opferschutz und das Bekenntnis zum Versuch, StraftäterInnen zu resozialisieren sind und dürfen daher kein Widerspruch sein. Wir SozialistInnen erkennen diesen Zusammenhang zwischen sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit. Die Vermeidung und Bekämpfung von Kriminalität kann und darf nicht in der Forderung nach harten Strafen und mehr Exekutive münden. Die Forderung nach einer strengen "Law and Order-Politik" blendet nämlich den Zusammenhang zwischen sozialer Ungerechtigkeit und Kriminalität völlig aus. Es ist daher kein Zufall, dass gerade konservative, rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien am lautesten nach "Law and Order" schreien. In Wirklichkeit verbirgt sich in ihrem Zugang zur Sicherheitspolitik ein versteckter Angriff auf den Sozialstaat. Nicht harte Bestrafung, sondern soziale Gerechtigkeit ist das beste Mittel, um Kriminalität und Gewalttaten zu verhindern. Der Klassencharakter des derzeitigen Strafrechts kommt nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck, dass "Oberschichtsdelikte" weit milder geahndet werden als "Unterschichtsdelikte". Daraus ergibt sich, dass die Verteidigung und die Weiterentwicklung der staatlichen sozialen Sicherheitssysteme, sprich des Sozialstaates, für uns die entscheidenden Bei32

träge zu einer wirklichen Sicherheitspolitik bedeuten. Dieser Sozialstaat wurde von der ArbeiterInnenbewegung in einem ständigen politischen und gewerkschaftlichen Kampf errungen. Er ist jedoch durch die Krisenanfälligkeit des kapitalistischen Wirtschaftssystems und die daraus resultierenden politischen Angriffen massiv gefährdet. Als SozialistInnen erkennen wir die politische Notwendigkeit, den Sozialstaat effektiv zu verteidigen. Dazu muss mensch jedoch auch bereit sein, aktiv an einer grundlegenden Überwindung der kapitalistischen Wirtschaftsordnung zu arbeiten. Unser Zugang zur Sicherheitspolitik lässt sich auch auf die internationale Ebene übertragen. Die globale kapitalistische Wirtschaftsordnung produziert am laufenden Band Krisen- und Konfliktherde, welche unter anderem den Nährboden für die so genannte internationale Kriminalität bildet. Die Vorkommnisse in der Weltpolitik lassen sich aber einfach nicht erklären, ohne die Vermengungen von Staats- und Wirtschaftsinteressen zu berücksichtigen. Es ist entscheidend, dass wir SozialistInnen diese Zusammenhänge begreifen, und vor allem bei der Entwicklung unserer politischen Strategien und Forderungen berücksichtigen. Der häufigste Grund für internationale Krisen und Kriege mit all seinen schlimmen Folgen ist schlicht und ergreifend in dem Kampf um wirtschaftliche Einflusssphären, Absatzmärkte und Rohstoffquellen zu suchen. Sicherheitspolitik auf internationaler Ebene bedeutet für uns SozialistInnen daher nicht das Hochrüsten von Militärblöcken oder das Aufstellen von großen Armeen. Vielmehr muss internationale Sicherheitspolitik eben auch den Anspruch haben, die tiefer liegenden Ursachen der großen Ungerechtigkeiten in dieser Welt zu bekämpfen, und nicht nur deren Symptome, wie z. Bsp. den so genannten Terrorismus.


Die Einschränkung demokratischer Grund- und Menschenrechte unter dem Vorwand Sicherheit schaffen zu wollen, lehnen wir SozialistInnen sowohl auf nationaler wie internationaler Ebene strikt ab. Ziel unseres Rechtsverständnisses ist es, zur Freiheit und Gleichheit der Menschen beizutragen und die Einrichtungen des Rechts- und Sozialstaates gegen Angriffe, die die Stärkung des Staates zu einem Instrument zur Absicherung der Interessen der ohnehin Privilegierten zum Ziel haben, zu verteidigen. Als SozialistInnen wissen wir, dass die Rechtsordnung - der juristische Überbau der ökonomischen Struktur der Gesellschaft - der ständigen Anpassung an die sich ändernden gesellschaftlichen Verhältnisse bedarf und eine Weiterentwicklung zu einer wirklichen demokratischen Struktur erst durch die Überwindung des kapitalistischen Systems möglich wird. In Verpflichtungen, Verträgen und Rechtsabkommen, die auf internationaler Ebene den Privatisierungszwang festschreiben und die Marktöffnung bisher staatlicher Bereiche fordern, sehen wir ein Instrument zur Schaffung eines "totalen Marktes". Diese Entwicklungen bedeuten eine massive Gefährdung der Sicherheitsinteressen der breiten Bevölkerungsmehrheit. Nur ein gemeinsames und koordiniertes Auftreten und die Schaffung kampffähiger internationaler Partei- und Gewerkschaftsorganisationen versetzen uns SozialistInnen in die Lage, in dieser neuen politischen Auseinandersetzung auf transnationaler Ebene zu bestehen. Die rasante Entwicklung der Informationstechnologie macht einen umfassenden Datenschutz notwendig. Speziell der Missbrauch moderner Informationstechnologie durch staatliche Exekutivorgane und anderer Institutionen muss mittels demokratischer Kontrollmechanismen verhindert werden. Deshalb lehnen wir auch die polizeilichen Instrumente Lauschangriff und Rasterfahndung ab und fordern darüber hinaus auch die Abschaffung von Geheim- und Nachrichtendiensten. Als SozialistInnen treten wir generell der Gefahr entgegen, dass das Thema Sicherheit zum Vorwand genommen wird, um neue de facto Überwachungsstaatsmethoden zu verwirklichen. 33


Friedenspolitik statt Militarisierung

34

Neutralität

Euro-Armee

Die Verteidigungspolitik Österreichs war in der Nachkriegsperiode vor allem vom Begriff der Neutralität geprägt. Für verschiedene soziale Klassen hatte diese Neutralität verschiedene Bedeutungen. Als Sozialistische Jugend bekennen wir uns zur immerwährenden Neutralität Österreichs. Wir sind uns zwar dessen bewusst, dass Österreich in den letzten Jahrzehnten seit Bestehen der Neutralität sich nicht nur neutral verhalten hat und vor allem unter kapitalistischem Gesichtspunkt diese Neutralität auch ein Instrument war, um in Zeiten des "Kalten Krieges" auf beiden Ebenen zu partizipieren. Wir halten aber auch aus unserer antimilitaristischen Tradition heraus die Eckpfeiler der Neutralität - keine Stationierung fremder Truppen auf österreichischem Territorium, keine Teilnahme an Kriegen und kein Beitritt zu einem Militärbündnis für ein geeignetes Instrument, um die weltweite Militarisierung nicht auch zur Gänze auf Österreich umzulegen. Neutrale Staaten verpflichten sich völkerrechtlich von sich aus keinen Krieg zu beginnen. So gesehen ist die Neutralität Österreichs ein deutliches Friedensbekenntnis. Vielmehr sind wir der Überzeugung, dass neutrale Staaten einen wichtigen Beitrag zu einem Beginn der Entmilitarisierung beitragen können. Die Entwicklung in Europa und weltweit geht trotz Ende des "Kalten Krieges" in eine andere Richtung. Als SozialistInnen bekennen wir uns jedoch auch zum Internationalismus und daraus resultierend neben der Überwindung des Systems zu einer aktiven weltweiten Sozialpolitik, die durch eine lebendige Außenpolitik einen Ausgleich zwischen Nord und Süd, sowie zwischen Ost und West schafft. Die Beseitigung der Neutralität Österreichs würde nach unserem Gesichtspunkt genau das Gegenteil bewirken und uns ebenfalls in die imperialistische Aufrüstung treiben.

Schon Mitte der 1990er Jahre beteiligte sich Österreich durch die große Koalition an der NATO "Partnerschaft für den Frieden" und unterzeichnete das so genannte "Petersberg"-Abkommen, in dem die Grundlage für den Aufbau eines eigenen europäischen Sicherheitssystems gelegt wurde. Damit wurde die Militarisierung der EU eingeleitet. Wie in dem Kapitel "Die Welt in der wir leben" analysiert, versuchen damit die europäischen Zentralmächte Deutschland und Frankreich ein zweites militärisches Machtzentrum neben den USA aufzubauen, um ihre eigenen imperialistischen Interessen weltweit, aber zunächst auch einmal in Europa selbst durchsetzen zu können. Keine verteidigungspolitische Diskussion mehr, die nicht ohne Hinweise auf ein zu errichtendes europäisches Sicherheitssystem und dessen Erfordernisse stattfindet. Vor diesem Hintergrund sind auch die Anschaffungen von Offensivwaffen, wie zum Beispiel dem Eurofighter, zu sehen. Die österreichische Bourgeoisie will im imperialistischen Wettrennen nicht ewig den letzten Platz einnehmen und betreibt deswegen fieberhafte Aufrüstung. Das Ergebnis einer solchen Politik bedeutet außenpolitisch die Unterwerfung ganzer Völker unter imperialistische Regimes und innenpolitisch die Aushöhlung der Sozialbudgets und einen Abbau von demokratischen Rechten. Die Sozialistische Jugend Österreich kämpft gegen Aufrüstung und Militarisierung. Die Sozialistische Jugend Österreich stellt sich gegen den Aufbau einer EU-Armee, die ein Instrument des imperialistischen europäischen Kapitals wäre. Die Verhinderung der Militarisierung der Europäischen Union ist eine zentrale Aufgabe der Sozialistischen Jugend. Diese Forderung muss in der österreichischen, europäischen und internationalen Sozialdemokratie engagiert vertreten werden.


Allgemeine Wehrpflicht Die materielle Grundlage jeder Militärpolitik sind im bürgerlichen Staat die Streitkräfte. Historisch sind fast alle Heere der bürgerlichen Staaten als Armeen der allgemeinen Wehrpflicht entstanden. Als Antithese zu den feudalen Berufsheeren sollte die gesamte (bzw. eigentlich die Hälfte) der Bevölkerung in die Landesverteidigung eingebunden werden, um so das Entstehen eines von sozialen Interessen freien Heeres zu ermöglichen. Natürlich blieben die Streitkräfte im bürgerlichen Staat immer den Interessen der herrschenden Klasse verpflichtet, weil die Offizierskader großteils aus der Bourgeoisie stammen.

Aber die allgemeine Wehrpflicht wurde zusehends zur Gefahr für die direkte Umsetzung der bürgerlichen Politik sowohl in der imperialistischen Außenpolitik als auch in der repressiven Innenpolitik. Ein Heer, dessen Mannschaften vor allem aus Mitgliedern der ArbeiterInnenklasse besteht, aus Menschen, die soziale Interessen auch und vor allem außerhalb des militärischen Apparats besitzen, sind längst nicht so wie Berufssoldaten geeignet, den Weg für die Bourgeoisie in anderen Weltregionen frei zu schießen und noch weniger, als letzter Schutzschild gegen eine soziale Bewegung im eigenen Land zu dienen. Deswegen kam die allgemeine Wehrpflicht zunehmend in den bürgerlichen Misskredit. In den aggressivsten imperialistischsten Län-

35


dern, den USA und Großbritannien kommt sie nicht mehr zur Anwendung. Die Sozialistische Jugend spricht sich deswegen mittelfristig für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und gegen die Einführung eines Berufsheers auf. Gleichzeitig hält die SJ an der Vision einer Welt ohne Armeen fest. Auch hier ist die Neutralität Österreichs ein Schutzschild gegen die Militarisierungstendenzen. Unser Ziel bleibt deshalb neben einer weltweiten Abrüstung die ersatzlose Abschaffung des österreichischen Bundesheeres. Bis zur Abschaffung des Bundesheeres treten wir als Sozialistische Jugend für eine verbesserte Situation auf allen Ebenen für Präsenzdiener und einer Demokratisierung des österreichischen Bundesheeres ein. Wir lehnen den Einsatz des Militärs für jegliche Polizeiaufgaben ab.

UNO und Völkerrecht Als Sozialistinnen und Sozialisten ist uns klar, dass Völkerrecht und UNO im Moment ein Instrument der herrschenden Klasse ist. Trotz allem können wir jedoch erkennen, dass manche Regeln und Normen es wert sind, in unseren Überlegungen Platz zu greifen. Die Frage, die wir uns in einer Zeit der aggressiven Militarisierung zu stellen haben, ist jene, wie wir mit internationalen Instrumenten diesem entgegenwirken können. Hier spielt auf der einen Seite die Kraft und Solidarität der internationalen ArbeiterInnenbewegung für uns eine wesentliche Rolle. Gleichzeitig sind wir aber der Meinung, dass wir zur Erhaltung des Friedens uns auch anderer Mitteln bedienen sollten. Aus diesem Grund treten wir als Sozialistische Jugend für einen Ausbau und eine Stärkung der UNO ein und sehen diese bei ethnischen Konflikten als einziges Gewaltmonopol, unter der Prämisse einer grundlegenden Demokratisierung der UNO insbesondere des Sicherheitsrates. Das Völkerrecht, verbunden mit der Schaffung eines internationalen Gerichtshofes, ist für uns in der momentanen Entwicklung einer aggressiven imperialistischen Außenpolitik ebenfalls ein Instrument, das diesem entgegenwirken kann. Letztendlich sind wir fest davon überzeugt, dass das Einzi36

ge wirkliche Friedensinstrument der internationale Sozialismus ist. Bis dahin müssen wir jedoch auch mit Instrumenten des bürgerlichen Staates operieren, wenn wir unsere Augen vor der Wirklichkeit nicht verschließen wollen. Neutralität, UNO oder Völkerrecht sind hier Instrumentarien, die wir trotz aller Schwächen nicht den Herrschenden überlassen sollten. Vielmehr sollten wir uns diese im Kampf für eine gerechte und friedliche Welt untertan machen. Die Sozialistische Jugend tritt für eine ABC-Waffen-freie Welt ein und fordert ein atomwaffenfreies Europa als ersten Schritt auf dem Weg zu einer atomwaffenfreien Welt. Die Sozialistische Jugend ist Teil der Friedensbewegung und der weltweiten globalisierungskritischen Bewegung, wo sie antimilitaristische und antikapitalistische Inhalte einbringt.


Migrations- und Asylpolitik Wir leben in einer Zeit, in der Rassismus nach wie vor Teil einer gesellschaftlichen Realität ist, eine Realität, mit der Migranten und Migrantinnen tagtäglich konfrontiert sind. Rassismus wird im öffentlichen Diskurs hingegen oft als Randerscheinung thematisiert, etwa als Ausdrucksform rechtsextremer Gruppierungen oder so genannter "ModernisierungsverliererInnen". Rassismus wird zudem häufig als pathologische Erscheinung abgetan. Diesen Anschauungen ist gemein, dass sie in der Vermeidung der Infragestellung der herrschenden Ordnung, Rassismus als lediglich gefühlsmäßige Einstellung gegenüber "Fremden" behandeln. Dies führt zu der Auffassung, dass Rassismus durch die Veränderung von individuellen Einstellungen etwa durch pädagogische Maßnahmen - zu überwinden sei. Einstellungen und Handlungen der einzelnen Menschen werden dabei von gesellschaftlichen Verhältnissen isoliert. Derartige Betrachtungen blenden demnach bewusst aus, dass Einstellungen und Handlungen in engem Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Verhältnissen, die uns umgeben, stehen. Doch Rassismus, rassistische Denk- und Handlungsweisen sind primär weniger eine Sache der persönlichen Einstellungen, sondern sind eng mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen verbunden. Dies legt nahe, dass Rassismus ursächlich mit staatlichen Praktiken der Ausgrenzung und Stigmatisierung in Zusammenhang zu setzen ist. Nicht die ausländische Herkunft, sondern eine etwaige vor Ort erzeugt Ausschließung macht Migranten und Migrantinnen zu "Fremden", zu einer sozialen Randgruppe. Dieser Status bedingt bzw. begünstigt dann letztlich auf der individuellen Ebene rassistische Einstellungen und Handlungen. Staatlicher AusländerInnenpolitk bzw. der jeweiligen Ausgestaltung dieser kommt von daher eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung bzw. bei der (Re-)produktion von Rassismus zu. Nur eine AusländerInnenpolitik, die auf die Gleichstellung

von AsylwerberInnen und Migranten und Migrantinnen abzielt, vermag Rassismus einzudämmen. Doch betrachtet man die gängige Praxis in Europa bzw. innerhalb der EU, so erkennt man, dass diese oft im Widerspruch dazu steht. Zwar ist zu betonen, dass die EU im Antidiskriminierungsbereich durchaus positive und notwendige Impulse zu setzen vermag, so wird im Gegensatz dazu aber eine durchaus restriktive Einwanderungspolitik verfolgt. Doch anstelle diese Praxis zu hinterfragen, werden mit dem Argument, Rassismus bekämpfen zu wollen, weitere Gesetzesverschärfungen legitimiert. Nicht die gängige Migrationspolitik sondern die "AusländerInnen" selbst werden als Problem definiert. Allerdings ist zu betonen, dass nicht alle Einwanderer und Einwanderinnen als Problem wahrgenommen werden. Vielmehr ist hier von einer selektiven Wahrnehmung zu sprechen. Nicht die Binnenmigration in der Europäischen Union und die hochqualifizierten Arbeitskräfte aus anderen Industrieländern sind von dieser Problematisierung betroffen, sondern vor allem LohnarbeiterInnen aus der Peripherie des kapitalistischen Weltsystems. Derartige Diskriminierungen sind die Grundlage des öffentlichen Diskurses über Einwanderung und der daraus resultierenden Migrationspolitik. Im Zuge dieses Einwanderungsdiskurses wird der frühere biologische Rassismus, der Menschengruppen als minderwertig definiert, vom kulturellen Rassismus, welcher von der prinzipiellen Gleichwertigkeit der Menschen, aber von der Unvereinbarkeit ihrer Kulturen ausgeht, verdrängt. Dies lässt sich durch veränderte geopolitische Interessen erklären. Ist es früher notwendig gewesen, "Eingeborene" als primitiv darzustellen, um Kolonisation und Expansion legitimieren zu können, kann man die aktuelle Abwehr der Migranten und Migrantinnen nur durch ihre Gleichwertigkeit und die daraus resultierende Eigenständigkeit, trotz vorausgegangener Ausbeutung, begründen. Eine derartige Migrationspolitik ist, bedingt durch die seit den 1990ern voranschreitende Angleichung dieses Politikbereiches, als charakteristisch für den gesamten EU-Raum zu bezeichnen. 37


In der Folge des Falls des Eisernen Vorhangs 1989 kam es auch in Österreich wie in vielen anderen europäischen Staaten zu einer deutlichen Verschärfung der AusländerInnengesetzgebung. Kennzeichnend dafür ist die Hochrüstung der Grenzen, die täglich neue Todesopfer fordert. Doch auch die in Österreich davor dominierende "GastarbeiterInnenpolitik" hatte nicht die Gleichstellung zum Ziel, sondern eine flexibel handhabbare Aufnahme bzw. Ausschließung, je nach Konjunkturlage. In den 1990er Jahren ging man jedoch dazu über, Migration nicht mehr primär im Rahmen der Beschäftigung, sondern durch aufenthaltsrechtliche Bestimmungen zu reglementieren. Als zusätzliche Hürde blieben jedoch die vorherigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen in Kraft. Durch diese Bestimmungen wurden und werden viele MigrantInnen in die Illegalität gedrängt, was wiederum zu starken Abhängigkeitsverhältnissen dieser Menschen zu ihren jeweiligen ArbeitgeberInnen führt. Durch ihre rechtlose, da illegale Lage können sie ja nach Belieben von ihren ArbeitgeberInnen ausgebeutet werden. Zusätzlich bringt dies auch die so genannten "inländischen" ArbeitnehmerInnen unter Druck. Da sie sich nun in Konkurrenz zu billigen Arbeitskräften behaupten müssen. War für die GasterbeiterInnenpolitik der jederzeit rückgängig zu machende Aufenthalt von Migranten und Migrantinnen kennzeichnend, so steht die derzeitige Politik für eine präventive Abschottung der Festung Europa. Migrationspolitik in Österreich ist und war eine Politik anhaltender Ausgrenzung, in der es zwar ständig zu Anpassungen kommt, aber zu keiner Umkehr hin zu einer Integration von Einwanderern und Einwanderinnen. Die SJ kämpft für eine anti-rassistische Gesellschaft. Rassistische Ausgrenzung ist für uns eine künstliche und zutiefst menschenverachtende Praxis. Als SozialistInnen bekennen wir uns zum Internationalismus. Die Welt trennt sich für uns nicht nach Nationalität oder Herkunft, son38

dern nach Klassenverhältnissen, der Stellung im Produktionsprozess. Wir stehen dazu, dass Österreich immer ein Einwanderungsland war, nach wie vor eines ist und auch immer eines bleiben soll. Dazu braucht es aber eine ernst gemeinte Integrationspolitik, die nicht nur die Bringschuld der zugewanderten Menschen ist, sondern eine beidseitige Verpflichtung von bereits hier lebenden und den neu hinzukommenden Menschen. Dabei genügt es nicht, zugewanderten Menschen gleiche Rechte, die unserer Meinung nach aber zwingend notwendig sind, wie den bereits hier lebenden Menschen zu geben, sondern es muss alles daran gesetzt werden, ihnen auch gleiche Chancen zu eröffnen. Dies bedeutet die Umsetzung einer umfassenden Politik, die gezielt auf die Bedürfnisse dieser Menschen eingeht und sie als wichtigen Teil unserer Gesellschaft anerkennt. Des weiteren kämpfen wir für eine Welt, in der Menschen völlig frei reisen und sich niederlassen können, wo auch immer sie wollen, ohne dass ihnen bürokratische Hürden (wie z.B.: Visa) in den Weg gelegt werden.


Bildung & Erziehung "Diese Lähmung der Einzelnen halte ich für das größte Übel des Kapitalismus. Unser ganzes Bildungssystem leidet darunter. Dem Studenten bzw. der Studentin wird ein übertriebenes Konkurrenzstreben eingetrichtert und er bzw. sie wird dazu ausgebildet, raffgierigen Erfolg als Vorbereitung für seine bzw. ihre zukünftige Karriere anzusehen. Ich bin davon überzeugt, dass es nur einen Weg gibt, dieses Übel loszuwerden, nämlich den, ein sozialistisches Wirtschaftssystem zu etablieren, begleitet von einem Bildungssystem, das sich an sozialen Zielsetzungen orientiert. In solch einer Wirtschaft gehören die Produktionsmittel der Gesellschaft selbst und ihr Gebrauch wird geplant. Eine Planwirtschaft, die die Produktion auf den Bedarf der Gemeinschaft einstellt, würde die durchzuführende Arbeit unter all denjenigen verteilen, die in der Lage sind zu arbeiten, und sie würde jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind einen Lebensunterhalt garantieren. Die Bildung hätte zum Ziel, dass die Individuen zusätzlich zur Förderung ihrer eigenen angeborenen Fähigkeiten einen Verantwortungssinn für die Mitmenschen entwickeln anstelle der Verherrlichung von Macht und Erfolg in unserer gegenwärtigen Gesellschaft." (Albert Einstein) Erziehung und Bildung sind es, die den Menschen von jungen Jahren an prägen und viel Einfluss auf dessen Entwicklung haben. Während das kapitalistische Bildungsverständnis die Reproduktion der sozialen Klassen anstrebt, sehen wir Bildung als Instrument zur freien Persönlichkeitsentfaltung und Transformation der Gesellschaftsverhältnisse. Erziehung und Bildung der Menschen sollte oberste Priorität haben. In einer Gesellschaft, deren Grundwerte die Gleichberechtigung, die Solidarität, die Demokratie sind bzw. sein sollten, muss das Vermitteln dieser Werte das Ziel dieser Erziehung und Bildung sein.

derthema behandelt, bedarf es einer geschlechtersensiblen Ausbildung von LehrerInnen. Die Interessen und Bedürfnisse von Mädchen müssen im Schulbetrieb stärker berücksichtigt werden und statt der Vermittlung von traditionellen Rollenbildern müssen Mädchen gefördert und gestärkt werden. Auch im Lehrstoff muss eine verstärkte Sichtbarmachung von Frauengeschichte und historischen Frauenfiguren Beachtung finden. Darüber hinaus ist es notwendig, dass die Lebensrealität von Frauen gleichberechtigt in allen Unterrichtsgegenständen einfließt.

Bildung und Ausbildung Anders als die Ausbildung, die ein konkretes Ziel verfolgt (z.B.: die Vermittlung von Fertigkeiten zur Ausübung eines Berufs), umfasst der Begriff Bildung ein viel weiteres Feld. Grundsätzlich bedeutet Bildung die Aneignung von Wissen, allerdings hatte Bildung immer eine darüber hinaus gehende, einem steten Wandel unterworfene Bedeutung, die über den Aspekt Wissen hinausgeht und auch die Entfaltung von Persönlichkeit sowie die Fähigkeit zu sozialem, eigenverantwortlichem Handeln umfasst. Der neuhumanistische Bildungsbegriff des 19. Jahrhunderts, der die allgemeine Persönlichkeitsbildung zum Ziel hatte, erfuhr unter dem Einfluss einer sich immer pragmatischer ausrichtenden Wissenschaftsentwicklung entscheidende Veränderungen, so dass im heutigen Bildungssystem oftmals eine sehr frühe Spezialisierung erfolgt. Allen Zeiten gemein war, dass Bildung, da der Zugang zu ihr nicht allen Menschen gleichwertig möglich war, ein Merkmal zur Unterscheidung gesellschaftlicher Schichten und Klassen war. Diese Unterschiede gilt es zu überwinden.

Das Bildungssystem prägt Rollenbilder und Geschlechterverhältnisse. Neben einem Lehrinhalt, der Frauen und Mädchen in gleichem Maße berücksichtigt und nicht als Son39


Schule Die Schule vermittelt nicht nur Wissen, sie vermittelt auch Wertvorstellungen und soziale Kompetenz. Die in der Schule vermittelten Wertvorstellungen, das vermittelte Geschichtsbild, die männlichen bzw. weiblichen Rollenbilder und vieles mehr prägen die Menschen. Das Erwerben von sozialer Kompetenz, das Erkennen der Gleichheit von Mann und Frau, das Fördern von Demokratiebewusstsein müssen, neben der Vermittlung von Wissen, Ziel der schulischen Ausbildung sein. Die Demokratisierung der Schulen sollte dabei oberste Priorität haben. SchülerInnen müssen auch in jungen Jahren an in die sie betreffenden Entscheidungsfindungsprozesse an den Schulen eingebunden werden, von jungen Jahren an lernen mit Demokratie zu leben. Sowohl bei schulorganisatorischen als auch bei unterrichtsrelevanten Fragen müssen SchülerInnen umfassende Mitgestaltungsrechte eingeräumt werden. Dafür bedarf es neben politischer Bildung grundlegende Rechte, wie z.B. das Recht zu streiken. Auch Didaktik und Lehrinhalte sollten geändert werden. Ein partnerschaftliches, demokratisches Verhältnis zwischen SchülerIn und LehrerIn muss anstelle der starren, hierarchischen Strukturen, die für das heutige Bildungswesen charakteristisch sind, etabliert werden. Das vermittelte idealistische Gesellschafts- und Geschichtsbild sollte durch eine materialistische Weltanschauung ersetzt werden, damit die SchülerInnen ihre Möglichkeiten, gestaltend in die Gesellschaft einzugreifen, auch wahrnehmen. Die Trennung von Kirche und Staat muss, gerade an Schulen, konsequent vollzogen werden. Religionsunterricht ist ebenso abzulehnen, wie das Anbringen konfessioneller Symbole in Schulen und Klassenräumen. Schulbildung muss allen Teilen der Gesellschaft zu gleichen Bedingungen zugänglich sein, weshalb jegliche Art von Schulgeldern (auch verstecktem Schulgeld wie z.B. Selbstbehalte bei SchülerInnenfreifahrten od. Schulbüchern) oder sonstigen Zugangsbeschränkungen abzulehnen ist. Privatschulen sind ebenso abzulehnen wie Werbung an Schulen und jede Form des Sponsorings durch Wirtschaft 40

und Industrie, sowohl was schulische Veranstaltungen als auch Unterrichtsbehelfe angeht, da die Bildung dadurch privaten (Profit-)Interessen unterworfen wird, die im Gegensatz zu den Interessen der Gesellschaft stehen. Außerdem fordern wir eine klare Reduktion der KlassenschülerInnenhöchstzahlen auf unter 20 SchülerInnen.

Gesamtschule Ein Gesamtschulwesen, das nicht zwischen Berufsausbildung und universitärer Weiterbildung differenziert, muss Ziel der Entwicklung des Bildungssystems sein. Nur wenn SchülerInnen in einem gemeinsamen Schultyp unterrichtet werden, ist der größtmögliche Bildungszugang gewährleistet. SchülerInnen müssen neben einer Grundausbildung nach ihren Interessen Ausbildungsschwerpunkte wählen können. Bildung, auch höhere Bildung, muss ohne Hürden für alle offen sein. Unser Ziel ist es, die Trennung von Schule, Uni und Lehrausbildung aufzuheben.

Ganztagsschule Auch die Ganztagsschule ist eine Möglichkeit, die Gleichheit schulischer Bildungsprozesse zu gewährleisten. Gerade Kindern und Jugendlichen von NiedriglohnbezieherInnen bzw. AlleinverdienerInnen kommt dieses Konzept der ganztägigen schulischen Betreuung in Form eines fächerübergreifenden, projekt - und handlungsorientierten Lernunterstützung und Freizeitgestaltung besonders zu Gute. Die Ganztagsschule mit gemeinsamer Teilnahme aller SchülerInnen vom morgendlichen Schulbeginn bis in den Nachmittag bietet die Möglichkeit einer dem Lernrhythmus der SchülerInnen entsprechenden Verteilung der Lernzeit und der freizeitlichen Aktivitäten auf Vormittag und Nachmittag. Auch als Ort sozialer Begegnung und sozialen Lernens eröffnet die Ganztagsschule in weitaus umfangreicherer Form als die Halbtagsschule soziale Kontakte der SchülerInnen untereinander.


Leistungsbeurteilung Ziel der schulischen Ausbildung muss es sein, den Schülerinnen und Schülern Wissen zu vermitteln, nicht Leistung zu beurteilen. Wir fordern daher, jegliche Form der Leistungsbeurteilung abzuschaffen. Der Drang der Menschen, Wissen zu erwerben ist eine wesentlich stärkere Motivation zu lernen, als der zur Zeit herrschende Leistungsdruck es jemals sein kann.

Universität Die Wissenschaften haben in der Vergangenheit viel zum gesellschaftlichen Fortschritt beigetragen. Unserer Meinung nach sollen sie die Werkzeuge zum Erkennen und zur Bewältigung gesellschaftlicher Probleme liefern. Die Inhalte der Lehre und Forschung dürfen nicht die Interessen der lohnabhängigen Mehrheit der Bevölkerung und die von Minderheiten ignorieren. Den Universitäten kommt daher auch eine wichtige Rolle im Kampf um die gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Wohlstandes zu. Als Sozialistische Jugend sehen wir die Universitäten in

diesem Kontext als gesamtgesellschaftliche Institutionen, zu denen daher auch Stellung zu beziehen ist. Wir bekennen uns zum offenen Hochschulzugang. Die Bildung ist Angelegenheit des Staates, er hat diese zu garantieren. Jede Form von Studiengebühren, Einschreibgebühren oder Kostenbeteiligungsmodellen wird von der Sozialistischen Jugend entschieden abgelehnt. Die Sozialistische Jugend fordert den kostenlosen und offenen Zugang zu allen Bildungseinrichtungen. Weiters fordern wir einen leichteren Zugang zur Universität für Nicht-MaturantInnen. Trotz aller Reformen der Kreisky-Zeit, die ohnehin in den letzten Jahren massiv reduziert wurden, sind Kinder aus der ArbeiterInnenklasse an den Universitäten immer noch unterrepräsentiert. Einer der Gründe dafür ist die mangelnde soziale Absicherung der Studierenden und die schlechte Verteilung der Studienbeihilfe. Zu viele Studierende müssen neben dem Studium arbeiten gehen, um sich dieses überhaupt leisten zu können. Die Folge dieser Doppelbelastung ist eine Verlängerung der Studienzeit und damit verbunden natürlich auch die Erhöhung der individuellen und staatlichen Kosten. Studieren muss ohne zusätzlichen Verdienst möglich sein.

41


Besondere Beachtung verdient die Stellung der Frauen an den Universitäten. Dies betrifft besonders die Beschäftigungspolitik der Universitäten, wo Frauen in entscheidenden Rollen massiv unterrepräsentiert sind. Fachhochschulen in ihrer jetzigen Form lehnt die Sozialistische Jugend ab. Kaum vorhandene Möglichkeiten der studentischen Mitbestimmung sowie die Ausrichtung der Fachhochschulen auf die Interessen der Privatwirtschaft stehen im Widerspruch zu dem von uns angestrebten Bildungssystem. Bildung hat sich an den Interessen der Menschen, nicht an den Profitinteressen der privaten Wirtschaft zu orientieren.

Erwachsenenbildung Ebenso schrankenlos wie der Zugang zu Schulen und Universitäten sollte auch der Zugang zur Erwachsenenbildung sein. Weiterbildung darf nicht das Privileg der herrschenden Klasse sein, sondern muss allen Menschen jederzeit offen stehen und von öffentlicher Hand finanziert werden. Weiterbildungsangebote sind flächendeckend bereitzustellen, um ein Stadt-Land Gefälle zu vermeiden.

Wissenschaft und Forschung Wissenschaft ist die Vorraussetzung menschlichen Fortschritts. Das Studium von Phänomenen und Zusammenhängen und das Erkennen von Möglichkeiten des Eingreifens in natürliche und gesellschaftliche Prozesse zum Wohle der Menschheit sollte Aufgabe der Wissenschaft sein. In der Klassengesellschaft ist die Wissenschaft aber den Interessen der herrschenden Klasse unterworfen, da diese es ist, in deren Auftrag die Wissenschaft arbeitet, welche die Forschung finanziert und repräsentiert. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden marktwirtschaftlichen Regeln unterworfen, indem Forschungsergebnisse patentiert und wie Waren gehandelt werden, Forschung, die im Widerspruch zu den Interessen der Herrschenden steht, wird einfach unterdrückt, Erkenntnisse werden zurückgehalten. 42

Diese Verfälschung der Aufgaben der Wissenschaft, die Instrumentalisierung der Forschung, hat eine Einschränkung der Wissenschaft zur Folge, die allein im Interesse der herrschenden Klasse liegt. Sie ist es, die wissenschaftliche Arbeit primär zur Absicherung der eigenen Machtposition einsetzt. Aus diesen Fesseln muss die Wissenschaft befreit werden. Wissenschaft muss dem Fortschritt der gesamten Menschheit dienen, nicht der Profitgier einiger weniger Privilegierter. Wir fordern die Offenlegung aller Forschungsergebnisse und die Aufhebung des Patentrechts.

Lehrlingsausbildung Die Zahl der Lehrstellensuchenden übersteigt jedes Jahr die Zahl der angebotenen Lehrstellen. Viele von denen, die einen Lehrplatz haben, wollten ursprünglich eine ganz andere Ausbildungsrichtung einschlagen. Die Angebote für junge Frauen beschränken sich auf die traditionellen, im Allgemeinen weitaus geringer entlohnten, Frauenberufe. Schutzbestimmungen für Lehrlinge werden Schritt für Schritt abgebaut. Die Zahl der angeboten Lehrstellen nimmt von Jahr zu Jahr ab - die duale Lehrlingsausbildung (Ausbildung in Betrieb und Berufsschule) ist am Ende.

Triale Lehrlingsausbildung In Sachen Lehrlingsausbildung geht es unserer Meinung nach nicht nur um eine quantitative Verbesserung, sprich dass genügend Lehrplätze vorhanden sind, sondern auch um eine qualitative Verbesserung der Lehrlingsausbildung und der Arbeitsbedingungen, damit dem Wort Bildung auch Rechnung getragen wird. Wir wollen die duale Lehrlingsausbildung durch ein triales Lehrlingsausbildungssystem ersetzen. Neben den Komponenten Ausbildung in Betrieb und Berufsschule sollen bei allen Berufssparten, in denen dies möglich erscheint, öffentliche Lehrwerkstätten als zusätzliche Ausbildungskomponente geschaffen werden.


Das derzeitige System kann die quantitative und qualitative Ausbildung jetzt und auch in Zukunft nicht gewährleisten. Ein triales Modell erhöht die Zahl der Lehrplätze und sichert die Qualität der Ausbildung. Bildung ist die Aufgabe des Staates! Nicht nur im Schulbereich, sondern auch bei der Lehrlingsausbildung. Deshalb muss auch die Lehrlingsausbildung auf staatlicher Ebene in Form von Lehrwerkstätten passieren. Jede und jeder, die/der einen Ausbildungsplatz für eine bestimmte Berufssparte möchte, muss diesen auch bekommen! Die Wirtschaft darf dabei allerdings nicht aus ihrer Verantwortung genommen werden, sondern hat in diesem Fall vielmehr die Aufgabe, die praxisorientierte Ausbildung zu gewährleisten und in Form eines Umlageverfahrens auch die öffentlichen Lehrwerkstätten zu finanzieren. Es sind die einzelnen Betriebe, die von gut ausgebildeten FacharbeiterInnen profitieren.

Reform der Berufsschulen Auch im Berufsschulbereich sind Veränderungen mehr als nur notwendig. Eine Entrümpelung des Lehrplanes auf der einen Seite, mehr praxisorientierte Ausbildung, sowie im Sinne des lebenslangen Lernens und der Chancengleichheit mehr Bedacht auf Allgemeinbildung auf der anderen Seite sind notwendig. In letzter Konsequenz streben wir ein Ausbildungssystem an, in dem die Lehrlingsausbildung einen integrierten Bestandteil der modularen Gesamtschule darstellt.

Ziel der Umwälzungen Das Ziel, auf das alle Umwälzungen im Bildungsbereich orientiert sein müssen, ist die Auflösung der Trennung in Schule, Universität und Lehre, da diese nicht nach den Interessen, sondern nach der sozialen Herkunft der Menschen differenziert. Die Trennung der verschiedenen Schultypen reproduziert etablierte Gesellschaftsstrukturen, während ein Bildungssystem, das all diese Bereiche umfasst, gleiche Voraussetzungen für alle Menschen schafft. 43


Kunst und Kultur

Als Marxistinnen und Marxisten verstehen wir Kunst und Kultur als Phänomen des Überbaus, das ebenso wie Religion und Philosophie aus der ökonomischen Basis der Gesellschaft entsteht. Kunst ist sowohl eine Reaktion auf gesellschaftliche Kämpfe und damit Teil des kollektiven Bewusstseins, als auch der individuelle Ausdruck des autonomen Individuums in der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt. "Kultur" meint nicht weniger als die Gesamtheit der Lebensäußerungen einer Gemeinschaft. In der gesellschaftlichen Auseinandersetzung wird "Kultur" in einem elitären Verständnis oft auf geistige oder "klassische" künstlerische Tätigkeiten - zumeist getragen von VertreterInnen der Eliten - reduziert. Als MarxistInnen erkennen wir die herrschenden Ideen als die Ideologie zur Aufrechterhaltung der Klassenherrschaft einer schmalen Elite. Der Begriff Kultur lässt sich nicht vom Alltag der breiten Massen abgrenzen und auf gehobene Unterhaltung des BildungsbürgerInnentums im Theater, Konzerthaus oder Museum beschränken. Das Produkt jeglichen kulturellen Handelns ist Kunst. Die verbreiteten Annahmen, KünstlerInnen besäßen im Unterschied zu anderen Menschen außergewöhnliche Begabungen wie einen "göttlichen Funken" oder das Wort Kunst käme von "Können", schließen den Großteil der Menschen aus der Kunstproduktion aus und lassen ihnen bestenfalls eine Rolle als BetrachterInnen. Was in der gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaft als Kunst gilt, spielt sich zum überwiegenden Teil fernab von der Lebensrealität der arbeitenden Menschen ab.

Kunst im Kapitalismus Dieser elitäre Kunstbegriff spiegelt die kapitalistischen Verhältnisse wider, weil sich Kunst erst als Kunst verkaufen muss, um als solche wahrgenommen zu werden. Diese Auswüchse der kapitalistischen Verwertungslogik dienen nur der Fortsetzung der Klassenherrschaft. Unser Kunst- und Kulturbegriff basiert auf einem prinzipiell egalitärem und emanzipativen Gesellschaftsverständnis; kommt 44

sozusagen "von unten". Wir setzen uns für die Förderung von Kunstrichtungen der Subkultur und Avantgarde ein. Gerade für junge KünstlerInnen ist es schwer, in den oftmals informellen Strukturen Fuß zu fassen. Der bürgerliche Kulturbegriff erschöpft sich in der Subventionierung der Museen, der Theater- und Opernhäuser in den Ballungszentren. Kunst wird ausgestellt, angepriesen und vermarktet. Die Kunst wird zu Markte getragen und die Kulturindustrie ist längst zu einem der wichtigsten Märkte der globalisierten Welt geworden. Kunst wird zu etwas, das sich neben dem Leben abspielt. Kultur findet statt - aber keine Alternative. Die Totalität des menschlichen Ausdrucks wird von den Konzernen nutzbar gemacht, das Kunstwerk zur Ware, die der kapitalistischen Verwertungslogik ebenso unterworfen ist, wie jedes andere Produkt. Entfremdung ist der Kern dieser Kunst, nicht als Gegenstand einen reflexiven Prozesses, sondern als Wesensmerkmal. Kunst muss von ihrem Podest gestoßen werden, um zur Selbstverständlichkeit in einer freien Gesellschaft zu werden. Sie muss und soll nicht verwertbar sein, sie braucht keinen Markt, ihren Wert bestimmt sie autonom und in ihrem Beitrag zum Aufbau des Sozialismus.

Die Rolle von Kunst für eine fortschrittliche Gesellschaft In der liberalen bürgerlichen Gesellschaft wird die Freiheit der Kunst oft damit als erfüllt angesehen, dass sie keine konkreten Funktionen hat und keinen Nutzen braucht, sondern eben für sich "l'art pour l'art" (Kunst um der Kunst willen) steht. Damit wird Kunst zum bloßen Luxus, abgekoppelt von jeder gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Wir betrachten Kunst als Instrument zur Darstellung und Reflexion gesellschaftlicher Widersprüche und Schaffung neuer Perspektiven. Kunst hat auch den Auftrag zur Konfrontation. Sie soll kein "Spiegel, den man der Wirklichkeit vorhält, sondern ein Hammer, mit dem man sie gestaltet" sein, wie es Karl Marx formulierte. Solcherart progressive Kunst hat einen wesentlichen Nutzen


für eine fortschrittliche Gesellschaft, indem sie zur Kritik anregt und Widersprüche aufzeigt. "Der Zeit ihre Kunst der Kunst ihre Freiheit", der bürgerlich-liberale Ansatz von Kunst, die "alles darf" wird von uns nicht unkritisch übernommen. Wir bekennen uns nachdrücklich zur Darstellungsfreiheit des Kunstwerks, denn in der Kunst müssen die gesellschaftlichen Widersprüche, jedes Problem und Tabu dargestellt und thematisiert werden können.

Kunst für alle, Kunst von allen! Damit Kunst einen Beitrag zu einer fortschrittlichen Gesellschaft leisten kann, muss sie ein Teil der Lebenswelt aller Menschen werden und darf sich nicht auf die in Museen und Galerien verwahrten Werke einiger "KünstlerInnen" beschränken. Da jeder Mensch individuelle Fähigkeiten besitzt, die solidarisch für die Gesellschaft nutzbar gemacht werden können, kommt es dabei nicht darauf an, KünstlerIn im herkömmlichen Sinn sein zu wollen. Gleichzeitig setzen wir uns als SozialistInnen für die arbeitsrechtliche Gleichstellung all jener ein, die künstlerische Betätigung als Lohnarbeit ausüben. Für sie soll genauso wie für andere Lohnabhängige eine Sozialversicherung gewährleistet sein. Darüber hinaus geht es darum, allen Menschen das Erschließen ihres schöpferischen Potentials und kreatives Schaffen zu ermöglichen. Grundlage dafür ist eine breite Förderung von Kunstschaffen im öffentlichen Raum und die Subventionierung progressiver Kunst, die sich nicht den Prinzipien des Marktes unterwirft. Gleichermaßen treten wir dafür ein, Kunst und die Auseinandersetzung mit Kunst allen Menschen zugänglich zu machen.

45


Die Entwicklung der sozialistischen Bewegung und der bürgerlichen Demokratie ist eng verknüpft mit der Entstehung von Zeitungen und Zeitschriften, mit denen eine wachsende Personenzahl über soziale und politische Missstände, über gesellschaftliche Auseinandersetzungen und politische Alternativen informiert werden konnten. Die Pressefreiheit ist ein Recht, das den Herrschenden im harten Kampfe abgetrotzt werden musste und das wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen. Darüber hinaus bedarf es aber auch eines aktiven politischen und kulturellen Engagements, um sicherzustellen, dass die Medienlandschaft nicht das Spielfeld einer Handvoll "Medienzaren" wird. Wir treten für eine Medienpolitik ein, die sicherstellt, dass die Interessen und Ansichten der arbeitenden Menschen auch in der veröffentlichten Meinung dargestellt werden und damit einen wesentlichen Beitrag zu einer demokratischen Gesellschaft leistet.

Die Rolle der Medien Medien spielen in unserer Gesellschaft eine zentrale politische Rolle, indem sie direkt und indirekt meinungsbildend wirken: Direkt, weil in Berichten und Kommentaren Meinungen mitschwingen bzw. Standpunkte vorgegeben werden. Indirekt, weil durch die Auswahl der Themen und die Form ihrer Abhandlung politische Tendenzen erkennbar werden. Medien sind also nicht nur TrägerInnen von Informationen, sondern werden auch genützt, um Informationen zu filtern. Gerade deshalb ist eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle von Medien notwendig. Wir halten es deshalb für notwendig, im Schulunterricht mit einem Fach Medienerziehung einen kritischen, reflektierenden Umgang mit Medien zu vermitteln.

Wessen Meinung wird transportiert Gerade in der Medienlandschaft tritt aber der Klassencharakter unserer Gesellschaft deutlich zu Tage. Die meisten Medien sind abhängig von privaten GeldgeberInnen aus der Wirtschaft und damit auch in ihrer Be46

Medienpolitik richterstattung gebunden. Sie beziehen in ihrer Berichterstattung - trotz behaupteter Unabhängigkeit - oft recht deutlich Position für die Interessen der Unternehmen.

Medienlandschaft in Österreich Verschärft wird dieser Missstand in Österreich durch die Konzentration medialer Macht in der Hand eines großen Printmedienkonzerns, der den österreichischen Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt kontrolliert.


Für eine demokratische Medienpolitik

Für den Ausbau sozialistischer Medien

Gerade aufgrund ihrer politischen Bedeutsamkeit ist es unverantwortlich, die Massenmedien dem Einfluss des privaten Kapitals zu überlassen und damit dem größten Teil der Bevölkerung jeden Einfluss auf die Gestaltung von Radio, Fernsehen und Printmedien zu entziehen. Wir fordern einen Ausbau und eine Umgestaltung der staatlichen Presseförderung, um sicherzustellen, dass Medien abseits ökonomischer Interessen von Unternehmen existieren können. Wir fordern eine Zerschlagung medialer Oligopole, wie sie derzeit in Österreich existieren.

Wir möchten mit unserer Politik den Boden für eine neue Gesellschaft ebnen. Dazu erscheint es uns auch unverzichtbar, mit eigenen und neu zu schaffenden Medien, die über die derzeit bestehenden Parteimedien hinausgehen sollen, die Anliegen der arbeitenden Menschen zu vertreten. Dadurch könnten wir nicht nur die öffentliche Schlagkraft unserer politischen Arbeit erhöhen, wir leisten damit auch einen wichtigen Beitrag zur Schaffung eines neuen Bewusstseins auf dem Gebiet der Wissenschaft und des Umgangs der Menschen miteinander jenseits des Neoliberalismus. Die sozialistische Bewegung, die sich immer auch als Kulturbewegung verstanden hat, muss Massenmedien nutzen, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Sie muss durch ihr Engagement in diesem Bereich ihren Beitrag zu einem demokratischen Mediensektor leisten.

47


Für eine nachhaltige Politik Die Ausbeutung aus Profitgier macht auch vor unserer Umwelt nicht halt: Es findet ein globaler Zerstörungswettbewerb der natürlichen Lebensgrundlagen statt. Ob Ölkonzerne in Afrika, Chemieriesen in Südasien oder Bergbauunternehmen in Südamerika - besonders die ehemaligen Kolonialstaaten entwickeln sich, getrieben vom Dogma des shareholder-value, zu ökologischen Ruinen mit katastrophalen Folgen für die lokale Bevölkerung. Die internationalen Bemühungen um einen globalen Umweltschutz stellen, zumindest derzeit noch, ein wenig taugliches Instrument dar. Jeder Ansatz, der den Interessen der Wirtschaftseliten zu wieder läuft, wird durch faule Kompromisse und bewusste Instrumentalisierung zunichte gemacht. Ein gutes Beispiel liefert der Emissionshandel im Kyoto-Regime: Die reichen Staaten können sich von ihren Verpflichtungen zur Reinhaltung der Atmosphäre auch dadurch freikaufen, dass sie Emmissionszertifikate von armen Staaten kaufen. Das Recht, die Umwelt zu schädigen, wird also wie ein Wertpapier gehandelt. Dadurch werden die Verschmutzungen nicht gestoppt, dafür aber die Entwicklung der armen Staaten unterbunden, was wieder im Interesse der oligarchisch organisierten Magnaten liegt. Internationale Abkommen werden aber auch ganz offen dazu verwendet, Umweltschutz als Markthindernis zu unterbinden; Durch das GATS-Abkommen, eine Vielzahl von WTO-Bestimmungen und auch durch die Politik der europäischen Union wird nationalstaatlicher Umweltschutz unterbunden, von der Agrarindustrie, Stichwort genetisch modifizierte Organismen, über das leidige Transitverkehrsproblem bis hin zu internationalen Produktrichtlinien setzt sich der Kapitalismus über alle Hürden hinweg. Neben diesen internationalen Entwicklungen ist auch der nationalstaatliche Umweltschutz oft nur ein lästiger Klotz am Bein der Herrschenden, zu oft nicht vereinbar mit lokalen Eliten. Ob es beim Naturschutz im Interesse der Tourismusindustrie darum geht, die letzten Gletscher zu erschließen, wertvolle Biotope zu vernichten, um dafür einen Golfplatz für ein paar erlesene Clubmitglieder zu errichten oder aber eine neue Schnellstraße durch ein Schutzgebiet 48

zu bauen: Die Liste irreparabler Eingriffe ließe sich beliebig fortsetzen. Gerade auch im Interesse junger Menschen muss diese Entwicklung gestoppt werden, wenn auch zukünftige Generationen an einer intakten Natur teilhaben können sollen. Einer der wesentlichsten Fragen im Zusammenhang mit der ökologischen Debatte ist die Energiefrage. An keinem anderen Beispiel kann die Zerstörungswut des Kapitalismus derart klar erkannt werden. Das Prinzip heißt Ausbeutung ohne Rücksicht auf Verluste. Ob ganze Regionen in Afrika oder im Kaukasus durch billige und unsaubere Erdölgewinnung verseucht werden, ob billige, alte Öltanker auf ihrer Kamikazefahrt auf den Meeren der Welt jederzeit zur Vernichtung von ganzen Ökosystemen führen können das Geschäft mit dem schwarzen Gold akzeptiert keine Hindernisse. Dass diese Art des Wirtschaftens von Haus aus ihr Ablaufdatum mit der Ausschöpfung der Ressourcen hat, hindert den internationalen Kapitalismus nicht, daran festzuhalten. Neue Energiequellen müssen erschlossen werden, welche nicht auf der Ausbeutung von Ressourcen beruhen, sondern regenerierbar sind, wie beispielsweise die Nutzung der Sonnenenergie, der Windkraft, der Geoenergie und zu erforschender Energien. Selbstkritisch muss festgehalten werden, dass die Sozialistische Bewegung diese Probleme zu lange nicht erkannt hat und dadurch viele Menschen in die Arme neuer - bürgerlicher - Ökobewegungen getrieben hat. Durch den alten Widerspruch zwischen ökonomischer Expansion einerseits und ökologischer Nachhaltigkeit auf der anderen Seite wurde das Kernproblem zu lange nicht erkannt: Dass es eben kein Widerspruch sein muss. Ausgehend von der Prämisse, dass die Macht der Konzerne gebrochen werden muss, dass der von Menschen erarbeitete Wohlstand allen Menschen und nicht nur wenigen zukommt, ist eine nachhaltige ökonomische Entwicklung mit den Interessen der Menschen vereinbar. Zahllose Widersinnigkeiten zeigen uns, dass mit Umweltverschmutzung Profit im großen Stil gemacht wird, der ausschließlich Einzelinteressen dient. Allseits bekannt sind die Beispiele im Zusammenhang mit


dem Transitverkehr. Der neoliberale Standortwettbewerb verschärft die sich ohnehin rasant entwickelnde internationale Arbeitsteilung. Die steigende Anzahl von Zeitgeschäften und die de facto Quersubventionierung des LKWVerkehrs durch das Nichtverwirklichen des Prinzips der Kostenwahrheit führen dazu, dass der öffentliche Raum immer mehr zum rollenden Zwischenlager mutiert. LKWs legen eine Unzahl von sinnlosen Strecken zurück, deren Kosten die Allgemeinheit in Form der Aufrechterhaltung der Infrastruktur (Straßen, Autobahnen) und in Form von beeinträchtigten und zerstörten Lebensraum (Umweltschäden) zu bezahlen hat. Durch das Transitproblem kommt es aber auch zu einem internationalen Verdrängungswettbewerb. Güter werden in bestimmten Gebieten mit niedrigen Lohnkosten produziert, um sie dann in einer ganz anderen Volkswirtschaft zu verkaufen: Zwei Systeme prallen aufeinander, ein Produkt wird zu einem Preis verkauft, der nicht dem Wert in dieser anderen Volkswirtschaft entspricht. Dieses System produziert einerseits Arbeitslosigkeit in den Importstaaten und andererseits verhindert es einen gerechten Anteil an der Wertschöpfung in den Produktionsstaaten. Ein Mittel zur Gegensteuerung wäre ein System der Kostenwahrheit, bei dem ökologische und volkswirtschaftliche Kosten in die Gebühren für den Transit eingerechnet werden. Die Einführung der kilometerabhängigen Lkw-Autobahnmaut ist ein erster Schritt in diese Richtung, wenn gleich die angepeilte Gebühr noch bei weitem zu gering bemessen ist.

Kostenwahrheit im Transitverkehr, müssen behoben werden. Gentechnik darf nicht unter Konzernkontrolle stehen. Wir sind für die Versorgung aller Menschen mit gesunden Nahrungsprodukten. Es braucht einen Plan zur Abschaffung der bestehenden Kohle-, Öl-, und Kernkraftwerke und die Entwicklung alternativer Energiegewinnung. Forschung in den Bereichen Geoenergie, Wind, Sonne, Biomasse etc. muss forciert werden. Wir lehnen jedoch weitere Grundlagenforschung im Bereich der Kernenergie nicht ab. Für einen schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen, da auch den kommenden Generationen eine lebenswerte Umwelt zusteht. Für eine sozialistische Wirtschaftspolitik, welche die nachhaltige Entwicklung, den schonenden Umgang mit den natürlichen Ressourcen, die Reinhaltung der Umweltmedien Luft, Wasser Erde und die internationale Gerechtigkeit in den Vordergrund rückt.

Neben dieser, notwendigerweise unvollständigen Darstellung der Problematik steht daher für die Sozialistische Jugend im Vordergrund: Für eine globale Energie- und Umweltpolitik, die eine Entwicklung der ärmeren Staaten mit dem Ziel eines gerechten und gleichen Anteils am Wohlstand der Welt einerseits und eine Sicherung der natürlichen Lebensgrundlage der gesamten Menschheit andererseits beinhaltet. Für eine Verkehrspolitik, die nicht isoliert betrachtet, sondern in ihrer Gesamtbedeutung verstanden wird. Widersinnigkeiten wie beispielsweise die "just in time" Geschäfte oder etwa fehlende volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen im Zusammenhang mit der 49


Die politischen GegnerInnen Dieses Kapitel beschäftigt sich mit unseren GegnerInnen. Obwohl in einem Kapitel abgehandelt, sollen bürgerliche Bewegungen und linke Fehlanalysen nicht auf eine Stufe mit Faschismus, Sexismus, Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus gestellt werden. Das wäre nicht nur inhaltlich falsch, sondern auch verharmlosend. Mit einigen der nachfolgend beschriebenen GegnerInnen arbeiten wir in punktuellen Fragen zusammen. Das bedeutet aber nicht, dass wir deren Analysen oder Weltanschauung teilen, sondern dass es, wenn auch unterschiedlich begründet, durchaus gemeinsame Zielsetzungen geben kann. Als MarxistInnen anerkennen wir, dass es auch SozialistInnen mit feministischen, ökologischen, anarchistischen oder religiösen Überzeugungen gibt.

Rechtsextremismus Rechtsextremismus ist in den Medien und im öffentlichen Bewusstsein oft mit "hohlen Glatzen", die aus Langeweile und Orientierungslosigkeit trinken und Schlägereien suchen, gleichgesetzt. Tatsächlich ist das nur ein Teil des rechtsextremen Spektrums und in keiner Weise eine Erklärung der Ursachen. Rechtsextremismus baut auf der Ideologie der Ungleichheit der Menschen. Daraus leiten sich zentrale Elemente rechtsextremer Ideologie ab: Biologismus rückt das vermeintlich "Natürliche" in den Mittelpunkt gesellschaftlicher und historischer Entwicklungen. Sozialdarwinismus rechtfertigt die Unterscheidung zwischen höher- und minderwertigen Menschen auf Basis dieser "Natürlichkeit". Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus verbunden mit völkischer Ideologie, sind Kernelemente rechtsextremer Theorie und Praxis. Im rechtsextremen Weltbild haben Frauen in erster Linie als Mütter für die Vermehrung des Volkes zu sorgen. Rechtextremismus ist daher radikal antifeministisch. Faschistische Verbrechen wie der Holocaust werden verharmlost oder auch geleugnet.

50

Auf dieser Ideologie der Ungleichheit aufbauend fordern Rechtsextreme ein autoritäres Gesellschaftssystem, in dem jede/r seinen/ihren von der Natur bestimmten Platz hat. Diese "Volksgemeinschaft" soll in sich homogen und konfliktfrei sein. Staat und Regierung gelten als Diener am Volk und an der Spitze der Hierarchie steht ein "starker Mann", ein Führer. Jede Form von Demokratie wird als "Gleichmacherei" abgelehnt. Rechtsextreme sind keinesfalls als gesellschaftlich isolierte Gruppe zu betrachten. Die "Szene" beschränkt sich nicht auf die erwähnten Schläger, sondern reicht weit in die "etablierte Gesellschaft" hinein. Burschenschaften, Kameradschaftsbund, der Österreichische Turnerbund, die Vertriebenenverbände, die FPÖ und andere gut verankerte Organisationen bilden ein wichtiges Rückgrat für die Arbeit kleinerer legaler und illegaler Gruppierungen, die ihre Kameraden auf der Straße rekrutieren. Speziell die FPÖ dient als Sammelbecken der österreichischen Rechtsextremen. Wir als SozialistInnen begreifen, dass Rechtsextremismus der Legitimierung und Absicherung der kapitalistischen Ordnung dient. Rechtsextremismus spiegelt die in der Gesellschaft herrschenden Ideen der Ungleichheit wider, die wir als MarxistInnen bekämpfen.

Rassismus Rassismus ist eine zur Diskriminierung und Unterdrückung entwickelte Ideologie, Praxis und Struktur, nach der bestimmte Menschengruppen oder Völker als kulturell und oder biologisch überlegen und andere als minderwertig gelten. Rassistische Theorien, die versuchen, die Minderwertigkeit bestimmter Menschen wissenschaftlich zu begründen, gewannen im 19. Jahrhundert insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklung des Kapitalismus an Bedeutung und dienten zur Rechtfertigung der imperialistischen Unterdrückung und Ausbeutung anderer Völker.


Vor diesem Hintergrund ist Rassismus durch bloße "Vorurteile" oder "Angst vor Fremden" nicht erklärbar. Entscheidend ist, dass rassistische Ideologie die kapitalistische Ausbeutung stützt, wenn beispielsweise MigrantInnen als weitgehend schutzlose und billige Arbeitskräfte zur Verfügung stehen oder globale Ungerechtigkeiten auf Eigenschaften der Unterdrückten zurückgeführt werden. Rassismus ist aber nicht nur eine Ideologie der herrschenden Klasse. Als gesellschaftliches Verhältnis wird er auch zur Ideologie der Beherrschten. Er gibt ihnen die Möglichkeit sich Menschen, die sozial noch schlechter gestellt sind, überlegen zu fühlen. Wir sind der grundlegenden Überzeugung, dass alle Menschen als solche gleich geboren sind und daher die gleichen Rechte haben müssen. Daher verstehen wir jede Konstruktion von Rassen als Ideologie der Rechtfertigung von Ungleichheiten im Interesse des kapitalistischen Systems und treten gegen jede Form von Diskriminierung und Unterdrückung auf. Das Feindbild Islam wird im so genannten "Krieg gegen den Terror" zur Legitimation von Kriegen, Diskriminierung und Unterdrückung von Minderheiten sowie Abbau demokratischer Rechte gebraucht. Daher lehnen wir Islamfeindlichkeit ab.

Antisemitismus Der Begriff Antisemitismus entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland und bezeichnet jene politische Weltanschauung, die in den Juden und Jüdinnen ein die "Nation" ökonomisch, rassisch, geistig und politisch zersetzendes Element sieht. Der Antisemitismus konnte bei seiner Entstehung an die Jahrhunderte alte Tradition des christlichen Judenhasses anknüpfen. Trotzdem gilt festzuhalten, dass sich der Antisemitismus vom christlichen Judenhass unterscheidet. Während sich Zweiterer vor allem auf religiöse und emotionale Motive gründet, ist der "moderne" Antisemitismus eine politische Anschauung auf Basis rassistisch motivierter Wissenschaft. Der Antisemitismus propagiert die Bekämpfung einer internationalen Verschwörung des Judentums, die angeblich versucht "das Volk" zu zersetzen. Er versucht, ungeachtet der Realität, alle politischen, wirtschaftlichen, usw. Probleme den Juden und Jüdinnen zuzuschieben. Der Antisemitismus propagiert, dass die Juden und Jüdinnen den Nationalstaat von zwei Seiten angreifen: einerseits durch die ArbeiterInnenbewegung, die angeblich den Staat von innen aushöhlen soll, andererseits durch das "internationale jüdische Kapital", welches von außen versucht den Staat zu zerstören. Der Antisemitismus als politische Ideologie dient auch dazu, die Widersprüche des kapitalistischen Systems zu verschleiern. Als Sozialistinnen und Sozialisten ist unsere zentrale Betrachtung immer aus der Sichtweise des Klassenstandpunktes. Auch aus diesem Grund lehnen wir jeglichen Antisemitismus ab und sind vielmehr davon überzeugt, dass auch bei der Bekämpfung und Beseitigung des Antisemitismus die Grundlage die Beseitigung des kapitalistischen Wirtschaftssystems ist.

51


Sexismus Sexismus bedeutet die Diskriminierung einer Person aufgrund ihres Geschlechts. In der Regel richtet sich sexistisches Verhalten gegen die Kategorie Frauen und muss im Zusammenhang mit der generellen Benachteiligung von Frauen in vielen Bereichen des Lebens gesehen werden. Gesellschaftliche Zuschreibungen aufgrund des Geschlechts werden als natürlich betrachtet. Sexismus hat viele Facetten. Er beginnt beim Produzieren von Stereotypen wie "typisch Frau", geht über abfällige Äußerungen wie "Frauen können nicht Auto fahren" hin zu sexuellen Anspielungen und Belästigungen, Vergewaltigungen und Mord. Wir erachten die Gleichberechtigung von Frauen und Männern als einen Grundpfeiler einer gerechten Gesellschaft und verstehen Sexismus in jeder Form als rückschrittlich. Die Unterdrückung von Frauen ist für uns kein Nebenwiderspruch des Kapitalismus, wenn wir auch wissen, dass die Benachteiligung von Frauen mit dem kapitalistischen System in vielen Bereichen untrennbar verbunden ist. Nur durch die Überwindung des Kapitalismus wird nicht automatisch der Sexismus aufgehoben. Wir sehen den Sexismus als unseren Gegner, weil dieser dem reaktionären Weltbild den Rücken stärkt. Unser konsequenter Kampf für eine gerechte Gesellschaft muss mit dem Kampf gegen Sexismus verknüpft sein.

Faschismus Der Begriff Faschismus sorgt seit seinem Aufkommen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Italien für heftige wissenschaftliche und politische Diskussionen. Es existieren zahlreiche unterschiedliche Deutungen des Begriffs und manche bürgerliche HistorikerInnen lehnen ihn als Kategorie für einen bestimmten Typus politischer Bewegungen überhaupt ab. Funktion des Faschismus ist klar die Absicherung der kapitalistischen Herrschaft in der Krise, doch zugleich arbeitet 52

der Faschismus mit pseudorevolutionärer Propaganda und verspricht den Massen der Bevölkerung eine Verbesserung der Verhältnisse. Als SozialistInnen sehen wir im Faschismus eine Form der bürgerlichen Klassenherrschaft. Der Faschismus dient insbesondere den Interessen der ökonomisch mächtigsten Teilen des Großkapitals. Für seinen Erfolg entscheidend ist ein Bündnis des monopolisierten Großkapitals mit den bürgerlichen Eliten in Staatsapparat und Militär bzw. mit um ihre soziale Stellung fürchtenden kleinbürgerlichen Schichten. Gemeinsam ist diesen Gruppen, dass sie die ArbeiterInnenbewegung zurecht (Großkapital) bzw. zu unrecht (KleinbürgerInnentum) als Bedrohung ihrer gesellschaftlichen Position wahrnehmen. Die faschistische Diktatur tritt aggressiv nach Außen und nach Innen auf. Nach Außen sollen neue Rohstoffquellen und Absatzmärkte erobert werden, nach Innen soll in erster Linie die organisierte ArbeiterInnenbewegung zerschlagen werden. Darüber hinaus richtet sich der faschistische Terror gegen alle demokratischen Kräfte. Zusätzlich zur ökonomischen Fragestellung erscheint es uns wichtig, die sozialen, historischen und politischen Gegebenheiten des Faschismus in seiner jeweiligen landesspezifischen Entwicklung mit einzubeziehen. Diese unterschiedlichen Gegebenheiten dienen uns als Erklärungsansatz der verschiedenen Erscheinungsformen des Faschismus. Faschistische Werte und Gesellschaftsvorstellungen sind rechtsextrem und richten sich radikal gegen die ArbeiterInnenbewegung. Wenn wir von Faschismus sprechen, geht es uns vor allem um die Frage nach den sozialen Kräfte und Interessen, welche die Politik maßgeblich bestimmen und nicht etwa um eine bloße Beschreibung seiner Herrschaft. Faschismus betrachten wir als ein Kind des Kapitalismus, dem in der Krise kein anderer Ausweg, als offener Terror gegen die ArbeiterInnenbewegung bleibt. Antifaschismus war daher immer ein Grundwert sozialistischer Bewegungen. Antifaschismus darf nicht erst aktuell werden, wenn eine faschistische Machtübernahme bevorsteht, sondern muss sich im Kampf gegen den Kapitalismus äußern.


Kirche und Religion Als Sozialisten und Sozialistinnen sind wir überzeugt davon, dass die Menschen ihre Geschichte selbst machen. Unser aller Handeln ist geleitet von unseren eigenen Entscheidungen. Für uns gibt es keine höheren Mächte, ob sie nun Geister oder Götter und Göttinnen genannt werden, die unser Schicksal bestimmen. Es sind die Klassenkämpfe, der wissenschaftliche Fortschritt, die Entwicklung neuer Produktionsmittel und deren Verwendung, die unser Leben verändern. Veränderungen der Gesellschaft sind das Werk der Gesellschaft bzw. Teile der Gesellschaft selbst. Von diesem Standpunkt aus gesehen, lehnen wir den Glauben an höhere Wesen ab, die angeblich unser Leben bestimmen. "Die Religion ist das Opium des Volkes"- dieser Satz von Marx bildet den Eckpfeiler der ganzen sozialistischen Anschauung in der Frage der Religion. Für uns SozialistInnen ist die Funktion der Religion und ihrer Institutionen und Organisationen stets als Organ der herrschenden Klassen zu betrachten - Vernebelung der herrschenden Zustände, Verdummung der unterdrückten Klassen. Aber um sich gegen die Religion zur Wehr setzen zu können, darf man sich nicht auf eine reine Propaganda beschränken, sondern man muss ihre Existenz in Zusammenhang mit den sozialen Verhältnissen betrachten.

von uns gemacht werden. Die Trennung von Staat und Religion, die die liberal-bürgerliche Demokratie versprochen hat, ist nirgendwo zur Realität gekommen. Zu groß sind die Verwicklungen und Verbindungen zwischen Staat, Kapital und den religiösen Institutionen. Noch immer hängen Kreuze in den Klassenzimmern und anderen öffentlichen Einrichtungen, noch immer steht in Dokumenten unsere Glaubensrichtung. Religion ist Privatsache für jede und jeden und als solche muss sie auch behandelt werden. Wir sprechen niemanden das Recht auf Glauben ab, dennoch sehen wir es als eine unsere Aufgaben, dafür zu sorgen, dass die Menschen erkennen, dass sie selbst die Schöpfer und Schöpferinnen sind, dass sie ihr Leben selbst bestimmen können, dass sie Geschichte machen.

Die Religion wurde nicht von den gewieftesten Herrschern zur Unterdrückung ihrer Untertanen geschaffen. Im Gegenteil, vielfach ist sie das Produkt von Unzufriedenheit. Ihre Wurzeln sind hauptsächlich sozialer Natur. Der Mensch macht die Religion selbst. Die Religion ist vielfach die Flucht vor dem realen Elend. Sie ist der Ausdruck des wirklichen - sozialen wie geistigen - Elends, aber zugleich auch ein Protest dagegen, dennoch wurde und wird dieses Phänomen von den herrschenden Klassen für ihre Zwecke benutzt. Der Sozialismus strebt jedoch nicht nach einer Illusion. Sozialismus, dass muss etwas Reales sein. Der Protest gegen Unterdrückung, Ausbeutung und dergleichen darf nicht auf einer religiösen Ebene stattfinden. Die Veränderung darf nicht von einem "höheren Wesen" erwartet, sondern muss 53


Liberalismus

Konservativismus

Klassische liberale Parteien und Organisationen gibt es in der heutigen Zeit kaum noch. Der Liberalismus, geboren vom aufstreben BürgerInnentum im 18. und 19. Jahrhundert, hat sein Ziel, den bürgerlichen Staat, erreicht. Der Liberalismus war früher die dominierende Strömung im bürgerlichen Lager. Nachdem seine Ziele, in erster Linie die Herrschaft der Bourgeoisie, erreicht waren, nahm der Konservativismus als Herrschaftsrechtfertigung immer mehr überhand. Und es ist kein Zufall, dass es zu einer solchen Entwicklung gekommen ist, sondern es liegt in der Logik der geschichtlichen Entwicklung. Der klassische Liberalismus als wichtigste Weltanschauung der Bourgeoisie hat für diese seine Aufgabe längst verloren.

Der Konservativismus ist bereits von seinem Kern aus eine durch und durch rechtsbürgerliche Ideologie. Festhalten an bestehenden staatlichen Strukturen, starker Drang zur Schaffung bzw. Rechtfertigung autoritärer Strukturen, Obrigkeitsdenken, rückwärtsgewandte Utopien, versteckte bis offene Frauenfeindlichkeit, Verteidigung der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, Vorgehen gegen kritisches Denken, religiöse Geschichtsauffassung, starke Abneigung gegen die sich selbst organisierende ArbeiterInnenschaft, usw. Auf den Punkt gebracht ist das Programm des Konservativismus das Ablehnen von progressiven Veränderungen, nicht aber von reaktionären.

Die letzten verbliebenen Reste liberaler Unverbesserlicher bauen weiterhin auf den Grundsätzen der freien Marktwirtschaft auf der einen und bürgerlichen Humanismus auf der anderen Seite. Der Liberalismus glaubt an die Idee des Fortschrittes, ist aufklärerisch, parlamentarisch-demokratisch. Aber die liberale Toleranz findet bis heute dort seine Grenzen, wo das Privateigentum an Produktionsmitteln in Frage gestellt wird. An diesem Punkt schließt sich der Kreis zwischen Herkunft und Funktion des Liberalismus. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit gelten nur so lange, so lange sie nicht die Interessen des Kapitals durchqueren. Und damit wird klar, dass der Liberalismus, so menschenfreundlich er in ruhigen Zeiten auftritt, nicht für die Befreiung der Menschen von jeder Form von Ausbeutung und Unterdrückung kämpft, sondern die Klasseninteressen des Kapitals vertritt und auch bereit ist, dies zu verteidigen, auch wenn er selbst mit seinen aufklärerischen Gedanken brechen muss. Das ist die Inkonsequenz des Liberalismus. Es ist eine geschichtliche Tatsache, dass liberale Parteien in Krisenzeiten schnell viele ihrer Inhalte aufgeben und zu Autoritären verkümmern.

Im Unterschied zum Liberalismus lehnt der Konservativismus vertragliches Denken ab. Ist für den Liberalismus der Staat ein Vertrag zwischen den einzelnen Individuen, so verstehen die Konservativen darunter meist eine natürliche, gottgewollte und vor allem ewige Ordnung. Eine solche verkehrte Darstellung soll suggerieren, dass es in der Geschichte der Menschheit keine Alternative zum herrschenden System geben kann. Vom Konservativismus kann man wohl am klarsten sagen, dass er letztendlich nichts anderes ist wie eine Rechtfertigung der vorherrschenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Zustände. Im 18. und 19. Jahrhundert war der Liberalismus die Ideologie des aufstrebenden BürgerInnentums. Aber nachdem dessen Ziele erreicht waren, wurde aus der vormals revolutionären bürgerlichen Bewegung die neue Herrschaftsschicht. Sie hatte ihre Ziele, wie das Zurückdrängen des Feudaladels oder die Schaffung des Freihandels, erreicht. Nun galt es ihre Positionen zu sichern. Eine revolutionäre Theorie war dafür nicht mehr sinnvoll. Die Aufgaben waren nicht mehr Zerschlagen des Feudalismus, sondern Verteidigung des Kapitalismus. Die GegnerInnen waren nicht mehr Adel und Feudalbesitzer, sondern die stärker werdende ArbeiterInnenbewegung. Von diesem Standpunkt lässt sich der Standpunkt des Konservativismus leichter verstehen. Der Konservativismus darf nicht als eine Ideologie gesehen werden, die einfach am "status quo" festhalten will. Sie will Privilegien der herrschenden Klassen und Schichten in Staat und Wirtschaft weiter garantieren und ausbauen.

54


Linke Fehlanalysen Der Anarchismus und das, was wir gemeinhin als linke Kinderkrankheiten bezeichnen, ist alles andere als einheitlich. Es gibt viele anarchistische und andere Strömungen, die trotz ihrer Vielfalt Gemeinsamkeiten aufweisen. Und eben jene Gemeinsamkeiten sind es, die uns als SozialistInnen von ihnen trennen. Es ist ihnen alle innewohnend, dass die Stärke der organisierten sozialistischen Bewegung für sie keine Bedeutung hat. Politische Auseinandersetzungen, Arbeitskämpfe,.. sollen auch dann geführt werden, wenn von vornherein feststeht, dass sie in einer totalen Niederlage enden muss. Auf Verluste wird in dieser Frage keine Rücksicht genommen. Für uns als SozialistInnen ist klar, dass vor jeder Aktion auch nach der Sinnhaftigkeit dieser gefragt wird und dann über ihre Form entschieden wird: Besteht die Aussicht auf Erfolg oder nicht? Wie groß kann der Schaden sein, wenn wir verlieren? Wie ist die beste Form aufzutreten? Erst nachdem diese und andere Fragen beantwortet sind, wird entschieden, ob und wie wir weiter vorgehen. Ein weiteres Problem dieser Standpunkte ist die Verkennung anderer politischer Strömungen. Diese Gruppen sind so realitätsfern, dass sie keinen Unterschied mehr zwischen ihren verschiedenen politischen GegnerInnen sehen. Ob Sozialdemokratie oder Liberalismus, ob Konservatismus oder Faschismus, alle sollen sie aus dem gleichen Boot kommen und auch die gleichen Interessen vertreten. So eine Einstellung schadet nicht nur einer genauen Analyse der politischen Situation, sondern auch den Schlüssen, die daraus gezogen werden sollen. Genauso wie wir sehen sie in der bürgerlichen Demokratie keine wahre Demokratie. Solange wir in einem Klassensystem leben, solange die Wirtschaft nicht ebenfalls demokratisch geleitet wird, kann nicht von einem allumfassenden demokratischen System die Rede sein. Im Gegensatz zu uns wird in vielen Fällen eine Beteiligung an Wahlen aber abgelehnt. Nur allein durch außerparlamentarische Aktionen kann der Kapitalismus überwunden werden, so die Meinung. Wir sind uns bewusst, dass der Sozialismus nicht durch Reformen im Parlament, sondern nur durch die große

Masse der ArbeiterInnen erkämpft werden kann. Trotzdem lehnen wir eine Beteiligung an Wahlen nicht ab. Einerseits dient uns das Parlament als Möglichkeit der Propaganda und Aufklärung, andererseits können wir, wenn wir die Mehrheit errungen haben, mittels Reformen innerhalb des kapitalistischen Wirtschaftssystems Verbesserungen herbeiführen. Ein Boykott von Wahlen ist somit in doppelter Hinsicht zu verurteilen. Einerseits wird negiert, dass innerhalb des vorherrschenden Wirtschaftssystems Verbesserungen möglich sind, andererseits führt der Boykott zu nichts anderem als der Isolierung von den Menschen und SektiererInnentum. Zusätzlich sehen sie in der bürgerlichen Demokratie nur eine Farce. Sie erkennen den Unterschied zwischen bürgerlicher Demokratie und Diktaturen nicht als wären Versammlungs- und Redefreiheit keine Errungenschaften, die es gegen Angriffe zu verteidigen gilt, wie wohl unser Verständnis von Demokratie ein viel weitreichenderes ist, als die bürgerliche Demokratie selbst.

Bürgerliche Bewegungen (z.B. Grüne,...) Oft ist der Unterschied zwischen fortschrittlichen bürgerlichen Bewegungen, wie zum Beispiel den Grünen, und Sozialdemokratischen Parteien oberflächlich nicht zu erkennen. In vielen Punkten gibt es Übereinstimmungen, vor allem in gesellschaftspolitischen Fragen sind es immer wieder "Links"bürgerliche, die fortschrittlichere Meinungen vertreten als so manche traditionelle ArbeiterInnenorganisation. Gesellschaftspolitische Themen nehmen insgesamt in ihrem Auftreten einen weit größeren Platz ein, als in den ArbeiterInnenparteien. Fortschrittliche Positionen in Fragen wie Kirche, Drogen, Homosexualität,... Sind für uns als SozialistInnen natürlich begrüßenswert. Aber gerade in den Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik scheint ein Schleier über den Forderungen z.B. der Grünen zu liegen. Äußerungen zum Thema Verstaatlichung, Lehrlingspolitik, Arbeitsrechte, etc. sind äußerst selten zu hören. Das resultiert vor allem aus ihrer politischen Zielgruppe, die vor allem aus Studierenden, gebildeten Angestellten, 55


Freiberuflichen, KleinbürgerInnen, etc. bestehen. Und eben diese Schichten sind es, die den neoliberalen Kurs der letzten Jahre widerstandslos hingenommen haben. Ganz im Gegensatz zu ArbeiterInnen, die sich in den letzten Jahren immer stärker dagegen auflehnen. Gerade in Zeiten von sozialen Konflikten sieht man die Schwäche linksbürgerlicher Organisationen. Sie verschwinden von der politischen Bühne, als wären sie für einen gewissen Zeitraum nicht existent. Solche Parteien und Gruppen haben weder eine soziale Verankerung in der Bevölkerung noch arbeiten sie daran, eine solche aufzubauen. Somit können sie je nach Bedarf ihre politische Richtung ändern - im Gegensatz zu Parteien wie der SPÖ, die zwar oberflächlich oft einer bürgerlichen Partei ähnelt, aber aufgrund ihrer Basis nicht beliebig schwenken kann. Parteien wie den Grünen ist außerdem vorzuwerfen, dass sie oft eine tiefe Abneigung gegen die ArbeiterInnenbewegung aufweisen und in ihr nicht die Kraft zur Veränderung der Gesellschaft sehen. Der Unterschied liegt darin, dass die Grünen ausschließlich Veränderungen im Rahmen des kapitalistischen Systems anstreben, während wir dessen Überwindung betreiben.

Homophobie Homosexualität, Bisexualität und Transgenderpersonen sind schon immer Realität. Der Umgang damit hat sich aber im Laufe der Zeit stark gewandelt. So waren homosexuelle Beziehungen zwischen Männern in der griechischen Antike hoch angesehen. Je mehr aber unter anderem die Kirche und konservative Kräfte in Politik und Gesellschaft Eingang fanden, desto mehr setzte sich das klassische Bild der Kernfamilie (Vater-Mutter-Kind) durch. Alle Lebensformen, die diesem Bild nicht entsprechen, griffen und greifen die im und für den Kapitalismus in seiner jetzigen Phase wichtige Rollenverteilung zwischen Mann und Frau an. Noch heute gilt diese Form des Zusammenlebens als die Norm, auch wenn sie der gesellschaftlichen Realität längst nicht mehr entspricht. Nach und nach ent56

wickelte sich auch individuelle und strukturelle Benachteiligung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen: Im kleinen Bereich werden diese Benachteiligungen Homophobie genannt. Diese bezeichnet die gesellschaftlich produzierte Angst vor gleichgeschlechtlicher sexueller Orientierung. Das umfasst Nichtwahrnehmung, Diskriminierung, soziale Ausgrenzung bis hin zu Gewalt. Besonders lesbische Frauen sind von dieser Nichtwahrnehmung betroffen. Die Justiz und die Politik räumen PartnerInnenschaften, die nicht der traditionellen Rollenverteilung entsprechen, keinen bzw. eingeschränkten Raum ein, die Wissenschaft sah - und sieht zum Teil bis heute - Homo- und Bisexualität als Krankheit an, in den Medien werden fast immer nur gängige Klischees dargestellt. Für uns als SozialistInnen ist klar, dass es keine Benachteiligung aufgrund von sexueller Orientierung geben darf. Wir sehen Heterosexualität und Kernfamilie nicht als die Norm an, von der alles andere abweicht. Für Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transgenderpersonen und alle anderen Lebensformen (Singles, Alleinerziehende, ...) müssen die selben Rechte gelten wie für alle anderen Menschen. So ist ein allumfassendes Antidiskriminierungsgesetz unverzichtbar. Neben rechtlichen müssen auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine Diskriminierung aufgrund der gewählten Lebensform nicht zulassen.

gs


20.06.2005

22:58

Seite 57

notizen

Was gibt´s sonst noch - Bestellmöglichkeiten: Name Strasse PLZ Geb.datum Tel.

Ort E-mail Beruf

Stk. SJ-Pin (e 1,00) Stk. 3-Pfeile-Pin (e 2,50) Stk. SJ-Blauhemd (e 18,00), Größen S M Broschüre 110 Jahre Sozialistische Jugend DVD 110 Jahre Sozialistische Jugend (e 10,00) Spiel Alle reden vom Wetter (e 55,00) CD Passionierte Proleten (e 8,00) DVD Passionierte Proleten (e 18,00) Trotzdem - Die Zeitung der SJ im Gratis-Abo

Rücksender zahlen wir

L

XL

XXL

Was gibt´s sonst noch - Bestellmöglichkeiten: NameIch will aktiv werden, kontaktiert mich! Strasse PLZ Ort Geb.datum E-mail Tel. Beruf

s.qxd

notizen

Sozialistische Jugend

Amtshausgasse 4 1050 Wien

Rücksender zahlen wir


Hier kannst du uns erreichen: Sozialistische Jugend Österreich SJAmtshausgasse Österreich 4 1050 Wien 4 Amtshausgasse Tel.:Wien 01/523 41 23 1050 Fax: 01/523 415234123 23 85 Telefon: +43 (1) www.sjoe.at Mail: office@sjoe.at office@sjoe.at

Jusos Salzburg

Wartelsteinstrasse 1 SJ Steiermark Eggenberger5020 AlleeSalzburg 49 Tel.: 0662/ 42 45 00 21 8020 Graz Fax:(0)0662/ 42 45 00 50 Telefon: +43 507 026 633 www.jusos-salzburg.at Mail: office@sj-stmk.at salzburg@sjoe.at

Sozialistische Jugend Burgenland 2 SJPermayerstrasse Wien 7000 Eisenstadt Landstraßer Hauptstraße 96/2 Tel.:Wien 02682/ 775 292 1030 Fax: 02682/ 775 295 Telefon: +43 (1) 7138713 www.sj-burgenland.at Mail: office@sj-wien.at office@sj-burgenland.at

SJ Tirol Hans Resel Gasse 6 80202Graz Salurnerstraße Tel.: 0316/ 702 632 6020 Innsbruck Fax: 0316/ 702 438 Telefon: +43 (512) 5366 www.sj-stmk.at Mail: office@sj-tirol.at office@sj-stmk.at

SJG Kärnten Oktober Strasse 28 SJ10. Burgenland 9020 Klagenfurt Permayerstraße 2 Tel.: 0463/ 57 9 87 7000 Eisenstadt Fax: 0463/ 57 9 87 34 Telefon: +43 2682 775 292 www.sjg.at Mail: office@sj-burgenland.at info@sjg.at

Salurnerstrasse 2 SJ Vorarlberg 6020 1Innsbruck St.-Anna-Straße Tel.: 0512/ 53 66 15 6900 Bregenz Fax: 0512/ 53 66 21 Telefon: +43 (0) 677 62086179 www.jusos.at Mail: office@sj-vlbg.at office@jusos.at

SJ Niederösterreich Kastelicgasse 2 SJ Niederösterreich 3100 St. Pölten Kastelicgasse 2 Tel.: 02742/ 22 55 222 3100 St. Pölten Fax: 02742/ 22 55 255 Telefon: +43 2742 2255 222 www.sjnoe.at Mail: office@sjnoe.at office@sjnoe.at

SJ Vorarlberg Mutterstrasse 65 a SJG Kärnten 6800 Feldkirch Lidmanskygasse 15 Tel.: 05572/ 23 26 30 9020 Klagenfurt Fax: 05572/ 23 26 3 14 Telefon: +43 4 6357987 www.jugendkaempft.com Mail: office@sjg.at sj-jugendkaempft@gmx.at

SJ Oberösterreich Landstrasse 36/3 SJ4020 Oberösterreich Linz Landstraße Tel.: 0732/3677 26 34 4020 Fax: Linz 0732/ 77 26 34 25 Telefon: +43 5 77 26 11 702 www.sj-ooe.at office@sj-ooe.at Mail: office@sj-ooe.at

SJ Wien Landstrasser Hauptstrasse 96/2 JUSOS Salzburg 1030 Wien Wartelsteinstraße Tel.: 01/1 713 8 713 5020 Salzburg Fax: 01/ 713 8 713 9 Mail: office@jusossalzburg.at www.sj-wien.at office@sj-wien.at

SJ Steiermark

Jusos Tirol

59


W E A RE S O L I DA RI T Y JUS T I C E & EQ UA L I T Y

nd immer up nu to e nn

aus dem E u ive ro nl pa te

iben. Wir be ble ric e t h da

t. QR co d men e sc rla a pa


, WE R K Ä M P F T N . RE K A NN VE R L I E T, F P M Ä K T H C WER NI . N E R O L R E V HAT SCHON


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.