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„LEICHTIGKEIT BRINGT EINE NEUE ÄSTHETIK HERVOR.“
Was ist die Folge davon?
Nachhaltigkeit ist das Schlüsselthema. Es bedeutet ein großes Umdenken bei der Entwicklung und Fertigung von Produkten ebenso wie im Bauen. Wo kommt das Holz her, woher die Wolle? Wie viel Zement wird in einem Haus verbaut? Wir können in Zukunft auch nicht nur Holzhäuser bauen, dann müssten wir gleich alle Wälder roden. Den ökologischen Fußabdruck zu beachten, führt zu größerer Verantwortung. Wir müssen stärker mit Ressourcen arbeiten, die lokal verfügbar sind. Und wir müssen mit diesen Ressourcen sehr viel bewusster umgehen, als wir es bisher getan haben.
Was bedeutet das für die Produktgestaltung?
Verlagert sich der Fokus von der Form auf den Prozess, also das, was hinter der sichtbaren Hülle steht?
Ich glaube, dass auch in Zukunft das Design sehr vielfältig sein wird. Wir werden jedoch andere Möglichkeiten finden, Dinge upzugraden. Vielleicht sind die neuen Produkte eher additiv aufgebaut und nicht mehr so überbordend und voluminös, was den Materialeinsatz anbelangt.
Damit spielen die Themen Leichtigkeit und Leichtbau eine wichtige Rolle. Also die Frage, wie man bei einer Konstruktion überflüssigen Ballast über Bord werfen kann.
Das ist ein guter Punkt. Je graziler und minimaler man produziert, desto weniger Material fließt hinein. Das ist auch eine ganz klare Vorgabe für die Zukunft. Leichtigkeit bringt ganz sicher eine neue Ästhetik hervor.
Kunststoffe können heute auch aus Lebensmittelresten oder Pflanzenfasern produziert werden. Welche Perspektive steckt in den neuen Materialien?
Es ist eine interessante Zeit, in der wir leben. Der ökologische oder nachhaltige Druck ist so groß, dass auf der Materialseite extrem Spannendes passiert. Auch in der Designgeschichte sind die großen Entwicklungen seltener in saturierten Phasen passiert, die vom Überfluss geprägt wurden. Sie entstanden oft in Phasen sozialer, gesellschaftlicher und industrieller Umwälzungsprozesse. Genau das erleben wir heute.
Ein spannender Vorschlag ist das von Ihnen entwickelte Projekt „Chair Farm“: Pflanzen werden bei ihrem Wachstum so gelenkt, dass sie nach vielen Jahren die Form eines Sitzmöbels annehmen. Wohin führt die Symbiose aus Natur und Design?

Bei diesem frühen Projekt ging es darum, wie man eine industrielle Serienproduktion durch gewachsene Strukturen, sozusagen gezüchtete Stühle und Tische, ersetzen kann. Das ist schon spannend, darüber nachzudenken, alles radikal auf pflanzliche Basis zu trimmen. Was früher in Fabriken produziert wurde, könnte in Zukunft in Gewächshäusern angebaut werden. Dann gibt es zukünftig Farmen für Stühle, wer weiß? Es wird immer weitere Transformationsprozesse geben, bei denen bestimmte Industrien aussterben und andere neu entstehen.
Wie relevant ist bei all der Diskussion um Nachhaltigkeit noch Schönheit?
Ich glaube, dass wir die Gebrauchszyklen von Gegenständen verlängern müssen. Jeder Produktionsprozess führt zu einem gewissen CO2Ausstoß und verbraucht Ressourcen. Es ist immer schlauer, wenn Produkte über viele Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg gebraucht werden, als sich ständig etwas Neues zu kaufen. Da sind wir auch wieder beim Thema des guten Designs. Wenn die Leute zu einem Produkt eine emotionale Bindung aufbauen, wollen sie mit ihm lange leben. Und sie werden es bestimmt nicht wegwerfen. Die Frage ist also: Wie kommt man durch gutes Design zu einem Klassiker, der durch die Zeit hindurch konsistent bleibt? Das ist die Mission für jeden Kreativen: Dinge zu gestalten, die geliebt, genutzt und lange verwendet werden, weil sie qualitätvoll sind.