contamination control report 1/2022

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Wie Prozesse digitalisiert werden Es gibt zahlreiche Beispiele für Gewinne an Effizienz und Qualität durch die Digitalisierung von Prozessen. Nach wie vor bleibt es aber eine Kunst, den IT-Spezialisten in seiner Vorstellungswelt abzuholen und in die Geheimnisse einer konkreten Anlage einzuweihen; gelingt das nicht, fährt man mit angezogener Handbremse. Eine weitere Bremse kann die Angst vor Hackerangriffen auf das digitale System sein – eine reale Gefahr, gegen die sich aber vorgehen lässt. Erwägungen und Diskussionen rund um digitale Projekte finden vor dem Hintergrund eines scharfen weltweiten Wettbewerbs statt. In diesem Umfeld investiert beispielsweise das Pharmaunternehmen Roche nach eigener Aussage stark in den Ausbau digitaler Chemie- und Pharma-Prozesse in der Schweiz. Effizienzgewinne durch Digitalisierung Dabei arbeiten Plattform-Architekten (ITseitig) und Domain-Experten (Prozess­ ingenieure) in einem Team und fungieren als «Übersetzer» zwischen den Bereichen. Schon den Auszubildenden werden beide Bereiche integriert nahegebracht, und beim Rekrutieren neuer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wird grosser Wert auf vernetztes Denken und auf Offenheit gegenüber der persönlichen Weiterbildung im jeweils anderen Bereich gelegt. Neben den Big Playern forcieren auch kleinere und mittelgrosse Unternehmen der Chemie- und Pharma-, der Biotech-, Nahrungs- und Genussmittelbranche digitale Projekte. Ein Beispiel betrifft das Prozessleitsystem beim Schweizer Kräuterzucker-Spezialisten Ricola in Laufen: Er digitalisiert nach und nach alles, was man sich vorstellen kann – von der Lagerung der Rohstoffe in Silos und Tanks über die Zuckerlöserei und verschiedene Mischvorgänge bis aktuell zu den Kochanlagen. Daraus lässt sich vieles lernen. Zum Beispiel liefert hier ein Digitalisierungsspezialist aus der Schweiz (Kundert, Schlieren) Lösungen für einen Produzenten aus der Schweiz, der seine Produkte dann weltweit vermarktet. Nicht von heute auf morgen Des Weiteren ist zu bemerken: Eine Digitalisierung braucht keinesfalls von heute auf morgen mit einem Big Bang zu erfolgen, denn im vorgestellten Beispiel handelt es sich um einen schon über mehr als fünfzehn Jahre laufenden Umgestaltungsprozess. Eines der Erfolgsrezepte steckt

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Bluetooth-Schnittstelle mit Vorteilen bei der Inbetriebnahme: Ein Wartungsbeauftragter startet die «Heartbeat-Verifikation» (Cerabar und Deltabar, Endress + Hauser). (Bild: Endress + Hauser)

in der Software: Erstens wurde von Anfang an nur eine einzige eingesetzt (Plant IT, Proleit, Herzogenaurach), wobei heute verschiedene Module zur Anwendung kommen. Bei der sukzessiven Umstellung der Kochanlagen hat dies zum Beispiel den Vorteil, dass mit einer einmalig für Ricola entwickelten Standardsoftware gearbeitet werden kann. Das senkt den Aufwand pro Kochanlage enorm. Softwareseitig hat sich zudem eine eigens programmierte Schnittstelle zum SAPSystem bewährt. Damit ist praktisch ein komplettes ERP-System (Enterprise Resource Planning) angebunden, und der Hersteller kann auf dieser Basis eine prozessorientierte Materialwirtschaft betreiben. Produktionsseitig geht es im Wesentlichen um das Handling und Verarbeiten von Flüssigprodukten. Temperaturen, Drücke und Fliessgeschwindigkeiten müssen über Sensoren erfasst werden und lassen

Manueller Produktionswechsel im Handum­ drehen: Sichere und nachhaltige Übertra­ gung der Messdaten auf einen mobilen BioReaktor. (Bild: Stäubli AG)

sich dann visualisieren. Auch die heute dafür eingesetzten Software-Module hat man über die Jahre entwickelt. Langzeitperspektive ist die beste Voraussetzung Man kann sich vorstellen, wie motiviert Software-Ingenieure an ein solches Pro-

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