ChemieXtra Ausgabe 7_ 8_2013

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CHEMIE

Farbechte bunte Pigmente aus amorphen Anordnungen von Siliciumdioxid und Russ

Aus Schwarz und Weiss wird Bunt Es ist ärgerlich, wenn Farben mit der Zeit verblassen, etwa durch Lichteinwirkung. Japanische Wissenschaftler stellen jetzt einen neuen Typ farbechter, umweltfreundlicher Pigmente vor. Sie bestehen aus Submikrometergrossen Siliciumdioxid-Partikeln und Industrieruss und werden einfach aufgesprüht. So entstehen hochbelastbare, farbechte Pigmente.

chen können auch ohne Absorption spektraler Anteile farbig erscheinen, weil es zu einer wellenlängenabhängigen optischen Interferenz, Brechung und Lichtstreuung kommt. Die Farbe hängt von der Partikelgrösse ab.

Techniken, um Mattheit und Irisieren der Farben zu umgehen

Organische Farben verblassen, weil sie von UV-Licht angegriffen werden. Anorganische Pigmente verblassen zwar nicht, basieren aber häufig auf toxischen Schwermetallen wie Chrom. Yukikazu Takeoka und Shinya Yoshioka und ihre Kollegen von den Universitäten Nagoya und Osaka setzen für ihre neuartigen Pigmente dagegen auf Siliciumdioxid (SiO2), dem Hauptbestandteil von Sand. Submikrometer-grosse SiO2-Partikel erscheinen weiss für das menschliche Auge. Woher soll also die Farbe kommen?

Allerdings irisieren Strukturfarben normalerweise, das heisst, der Farbeindruck variiert je nach Beleuchtungs- und Blickwinkel. Schuld ist die hohe Ordnung der Teilchen in ihrem Kristallgitter. Die Forscher wollten daher das Kristallisieren vermeiden und die Teilchen in einer nichtkristallinen, amorphen Anordnung erhalten – eine sehr schwierige Aufgabe. Die Wissenschaftler lösten das Problem, indem sie die Siliciumdioxid-Nanopartikel in Methanol dispergierten und auf die zu färbende Fläche aufsprühten. Das Methanol verdampft während des Sprühvorgangs, sodass das SiO2 als trockenes Pulver auf die Fläche gelangt, wo es eine dünne, gleichmässige Membran aus amorphen Teilchen bildet und keine Gelegenheit mehr zum Kristallisieren bekommt. Ein Polyelektrolyt kann die Struktur der kolloidalen amorphen Anordnung zudem stabilisieren. Je nach Partikelgrösse erhielten die Forscher Membranen von weisslich-blau (230 nm) bis weisslich-pink (360 nm).

Herkömmliche Pigmente absorbieren einen Teil des sichtbaren Lichts, die reflektierten Teile addieren sich dann zu einem bestimmten Farbeindruck. In der Natur weit verbreitet, zum Beispiel bei Schmetterlingen, ist daneben ein anderes Prinzip der Farbentstehung, die sogenannten Strukturfarben: Anordnungen von sehr kleinen Teil-

Mit amorphen Strukturen lassen sich allerdings nur sehr blasse Farben erzielen. Aber auch für dieses Problem fand das Team eine Lösung: Werden Russpartikel zugegeben, lässt sich die Farbsättigung deutlich erhöhen. Der Grund: Die Russpartikel reduzieren die Lichtstreuung über das gesamte sichtbare Spektrum. So sind mit der

Farbecht: Pigmente mit verschiedenen winkelunabhängigen Farben wurden mit einer aussergewöhnlich einfachen Sprühmethode hergestellt. Die Methode basiert auf der Nutzung von Submikrometer-grossen SiO 2 -Partikeln und Industrieruss. Ein Polyelektrolyt, der an den Partikeln haftet, kann die Struktur der kolloidalen amorphen Anordnung stabilisieren und damit hochbelastbare, farbechte Pigmente erzeugen.

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Unterschiedlich gefärbte Membranen aus Siliciumdioxid-Nanopartikeln der Grösse 230 nm, 280 nm and 360 nm (von links nach rechts) und schwarzen Partikeln Bilder: Y Takeoka et al. Production of Colored Pigments with Amorphous Arrays of Black and White Colloidal Particles. Angew Chem Int Ed, 52(28): 7261–7265 (2013). DOI: 10.1002/ anie.201301321. Copyright Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA. Reproduced with permission.

neuen Technologie sowohl intensiv gefärbte Bilder in vielen satten Farben als auch Malereien in blassen, matten Farben im japanischen Stil möglich. Ausser für Kunstobjekte könnten die Pigmente auch in Fassadenfarben und Autolacken sowie in kosmetischen Produkten Anwendung finden. Quelle: Angewandte Chemie Originalpublikation Y Takeoka et al., «Production of Colored Pigments with Amorphous Arrays of Black and White Colloidal Particles», Angew Chem Int Ed 52(28), 7261–7265 (2013)

Kontakt Prof. Yukikazu Takeoka Department of Molecular Design and Engineering Nagoya University Japan ytakeoka@apchem.nagoya-u.ac.jp www.apchem.nagoya-u.ac.jp/06-BS-2/ sekilabo/index.html

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